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Der Brautstrauß war ein Veilchen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben, wer die Story schon kennt, wird sich sicherlich wundern, dass auf einmal dieses Kapitel dazwischengeschoben wurde. Eigentlich war Nejis Abschnitt für später angedacht, aber Pläne laufen manchmal nicht so wie sie sollten, bzw. Handlungsstränge. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen des Kapitels. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, entschuldigt bitte, dass das neue Kapitel erst jetzt hochgeladen wird. Bin am Sonntag, also gestern, zu meiner Mum gefahren. 3 1/2 h Fahrt, und als ich das Kapitel überlesen habe, sind mir hier und da noch einige Ungereimtheiten aufgefallen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo und Entschuldigung, dass es so lange gedauert hat mit diesem Kapitel. Leider kamen einige unvorhersehbare Dinge dazwischen, die meine gesamte Aufmerksamkeit gefordert haben und mich vom Schreiben abhielten. Diese Dingen besaßen eine Priorität, der ich alles andere unterordnen musste und damit ist nicht der Jahreswechsel gemeint - Gutes Neues und danke für das Verständnis. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben,
nie ist mir ein Kapitel so schwer über die Finger gegangen, wie dieses. Ihr glaubt gar nicht, oder vielleicht glaubt ihr es mir doch, wie oft ich es umgeschrieben, teilweise gelöscht, neu geschrieben und wieder umgeworfen habe. Ehrlich, die zwei sind echt anstrengend, wenn sie beide miteinander verbal agieren müssen. Sasuke ging mir so auf die Nerven… immer seine „Hn“ Ansprüche und ja kein Wort zu viel.
Kein Wunder, dass bisher immer einer von beiden die Klappe im Lauf dieser Geschichte gehalten oder die Flucht ergriffen hat. :D
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo Du,
ich hoffe, dir geht’s gut und dass du die Möglichkeiten hast, die dir gegeben sind, Abstand zu halten und trotzdem den Frühling zu genießen. –
Es tut mir so wahnsinnig leid, dass es für das neue Kapitel bis Mai gedauert hat und wahrscheinlich wäre noch mehr Zeit vergangen, wenn ich mir nicht selbst das Versprechen gegeben hätte mich endlich an diesem Wochenende wieder an die Tastatur zu setzen. Was rausgekommen ist, siehst du unten und obwohl ich mich mit dem Kapiteleinstieg äußerst schwer getan habe, ging es am Ende sehr flott voran. Komplett anzeigen

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Sakura

Die Orgelmusik trieb ihr die Tränen in die Augen und als sie ihre Umwelt nur noch hinter einem feuchten und verschwommenen Schleicher wahrnehmen konnte, gab sie dem befreienden Blinzeln nach. Rasch hob Sakura die Hand und tupfte sich mit einem Musselin-Taschentuch, in der Farbe ihres Kleides, die verräterische Nässe weg.

Sie ermahnte sich dazu, nicht zu Schluchzen oder einen Schluckauf zu bekommen, denn dem gingen die Gäste zwischen den Bankreihen schon zur Genüge nach. Den Kloß freudiger Tränen hinunterschluckend, sah sie zu Naruto. Er schien nervös. Sein Adamsapfel zuckte im Minutentakt nach oben, während sich seine Hände immer wieder zu Fäusten ballten. Armer Junge. Die Minuten des Wartens mussten unerträglich sein. Sie würde ihm aufmunternd zulächeln, sobald er in ihrer Richtung sah, was er bisher noch nicht getan hatte.

 

Plötzlich wurde das Orgelspiel lauter und es erklangen Töne, die wohl mit zu den Bekanntesten der Musikwelt gehörten. Treulich geführt aus der Oper Lohengrin von Richard Wagner.

Sakura runzelte nachdenklich die Stirn. Wenn sie sich richtig besann, dann gehörte dieses Lied an den Anfang des dritten Aktes. Sie war sich aber nicht ganz sicher und intensiver darüber zu sinnieren war ihr nicht vergönnt.

Das Hauptportal der Kirche wurde geöffnet und strahlendes Sonnenlicht durchbrach die Herrschaft der Dunkelheit. Es verbannte die Schatten in die hintersten Winkel. Mit dem Licht hielt auch die eisige Kälte des Winters Einzug und viele Gäste, besonders die Frauen, schlangen sich ihre Mäntel und Schals noch enger um die wartenden Leiber.

Mitten im Lichtkegel stand die Braut, oder viel mehr ihre Silhouette. Mehr konnten Sakura und all jene, die wie sie zu nah am Altar waren und sich somit am anderen Ende der Kirche befanden, nicht erkennen. Eine zweite Gestalt tauchte auf und bot der Braut den Arm an. Sakura blieb fast das Herz vor Freude stehen als sie den ergreifenden Moment zwischen Vater und Tochter mit ansah. Jetzt musste sie noch stärker als zuvor mit den Tränen kämpfen. Die Braut schritt derweil, von ihrem Vater geführt, über den Kirchgang. Vor ihr warfen zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, Rosenblätter auf den mit Steinplatten versehenen Weg.

Das Portal schloss sich wieder und nun konnte jeder die Braut in ihrer ganzen Schönheit bestaunen.

Sakura seufzte.

Hinata sah umwerfend aus. Rasch wagte Sakura einen Blick zu Naruto. Der stand so stramm da als hätte er in den letzten Sekunden einen Stock verschluckt oder an den Rücken gebunden bekommen.

Die Hände hatten das Fäuste ballen aufgegeben und ruhten steif neben dem Körper, während sein Blick stur gerade aus auf den Altar gerichtet war. Bei dem Anblick hätte Sakura fast gekichert. Rasch wandte sie sich wieder der Braut zu und sang im Stillen den Text zum Brautlied mit.

 

Treulich geführt ziehet dahin,

wie euch der Segen der Liebe bewahr’!

 

Sie wurde durch einen unsanften Stoß in die Rippengegend unterbrochen. Die Übeltäterin stand zu ihrer Rechten und war niemand anderes als Ino, die dritte Brautjungfer, die sich zu ihr beugte und raunte: „Du wirst beobachtet. Auf 12 Uhr.“

Ein kleiner Teil in Sakura wollte Ausschau halten, aber der Rest mahnte sie, es nicht zu tun. Heute war Narutos und Hinatas Ehrentag, ihre Hochzeit und da hatten irgendwelcher Gaffer und besonders ihre Neugier, wer diese Gaffer waren, gefälligst hinten anzustehen.

Sie zuckte lediglich mit den Schultern, ohne den Blick von Hinata abzulassen, die in ihrem Kleid einfach phänomenal aussah. Sakura konnte nicht anders, sie musste sich selbst loben. Zwar stank Eitelkeit, aber in diesem Fall war sie angebracht, schließlich war sie es gewesen, die bei der Kleidersuche dieses Brautkleid gefunden hatte.

 

Sakura erinnerte sich an Hinatas Antwort als sie ihr das Kleid zum ersten Mal gezeigt hatte.

„Ich weiß nicht … ich zieh die anderen erstmal an.“

Ino, Hanabi und eine entfernte Verwandte und angeblich engste Vertraute von Hinatas und Hanabis verstorbener Mutter waren ebenfalls dagegen gewesen. Erst als es kein Kleid schaffte Hinatas Vorstellungen zu entsprechen, wurde es letztendlich doch anprobiert und siehe da, es war das gesuchte Traum-Brautkleid. Ein Traum in Weiß, mit Spitze, angedeuteter Korsage und einem wallenden Rock, der sich wie bei einem Rokoko-Kleid vorne teilte und noch mehr Stoff mit kleinen Applikationen preisgab.

Goldfäden schimmerten im Licht und kleine Stickereien, mit elfenbeinfarben Garn hervorgehoben, waren erst bei genauerer Betrachtung zu erkennen. Einfach herrlich. Die Verkäuferin hatte Sakura am Ende zugeraunt: „Schon in der Kabine hat die Braut das Strahlen angefangen. Gute Wahl!“ – und stolzer Preis!

Da es schulterfrei war, trug Hinata zusätzlich einen wärmenden Bolero mit Blumenmuster und kleinen Schmetterlingen. Schließlich wurde im Winter geheiratet und es war saukalt in der Kirche, natürlich auch draußen.

Den Bolero hatte es kostenfrei zum Kleid und den passenden Schuhen dazugegeben. Aber auch nur weil Ino und sie sich aufs Feilschen verstanden. Sie hatten solange auf die Verkäuferin eingeredet, bis diese mit Tränen in den Augen zustimmte. Hart aber nur gerecht, schließlich waren Schuhe und Kleid exorbitant teuer und weil das in den Augen der Brautjungfern 2 und 3 noch nicht genug war, schafften sie es auch den Schmuck, besonders das Diadem, um die Hälfte zu reduzieren. – Welch ein Triumph!

Trotzdem hatte Hinatas Vater ordentlich in den Geldbeuten greifen müssen, aber die Hyuugas saßen förmlich auf ihrem Geld, welches sie durch Spiele-, Analyse- und Arbeitsablaufoptimierungsprogramme verdienten.

 

Schon merkwürdig, dachte Sakura. Hinata war im Luxus aufgewachsen, doch dafür besaß sie einen ruhigen Charakter und noch viel wichtiger, sie blieb stets auf dem Boden der Tatsachen. Ein sehr vernünftiges, aber unglaublich schüchternes Geschöpf. Kein Wunder das Sakura und Ino sich mit ihr anfreunden mussten. Sie war einfach zu niedlich und strahlte eine Aura aus, die es zu beschützen galt.

Wenn es aber sein musste, dann konnte Hinata auch sehr stur sein. Besonders, wenn es darum ging, den Boden unter den Füßen nicht zu verlieren. Ohne ihr Veto wäre die Hochzeit von Rodrigo noch viel teurer geplant worden.

Rodrigo Estefan war der Hochzeitsplaner, der sich um alles gekümmert hatte und noch immer kümmerte. Schließlich war die Hochzeit noch nicht vorbei und im Vertrag stand, bis die Eheleute in die Flitterwochen abhoben und das passierte erst am Tag nach der Hochzeit.

Rodrigo war der Pompös-Planer schlecht hin. Er und sein Team galten als die Creme de la Creme unter den Hochzeitsplanern und eigentlich hatte er gar keine Zeit gehabt. Trotzdem ließ er sich von Ino ködern. Die war zum damaligen Zeitpunkt eine Praktikantin in seiner Agentur gewesen und ihr war bei einen der Planungstermine ganz ausversehen herausgerutscht, dass die älteste Tochter vom alten Hyuuga heiraten wollte aber noch keinen Hochzeitsplaner an der Hand hatte. Keine zwei Sekunden später hing Robert-Stefan, Rodrigos richtiger Vorname, am Haken. Er schwatzte sich regelrecht selbst auf.

 

Hinata war am Anfang wegen des Preises skeptisch, aber Rodrigos Angebot erschien nach der fünfzehnten, preissenkten Überarbeitung so unwiderstehlich, dass sie einfach nicht hatte „Nein“ sagen können.

 

Nach dem Vertragsabschluss schleppte der Kerl mit seinem Team so viel Glitter und Flitter an, wie Sakura in ihrem ganzen Leben noch nicht auf einen Haufen gesehen hatte. Wäre es nach dem Planer gegangen, ständen Ino, Hanabi und sie in knallpinken Meerjungfrauen-Kleidern da, mit unendlich vielen Rüschen und Pailletten. Dazu den Busen nach oben gedrückt, die Taille abgeschnürt und den Hintern, samt Hüfte eingezwängt. Zum Glück war Hinatas Geschmack dezenter und so trugen sie Kleider in einem zarten, pastelligen Lavendelton, die vom Schnitt einem Jane Austen Roman hätten entsprungen sein können, ähnlich den weißen Kleidern, die Keira Knightley und ihre Schauspielschwestern im Film Stolz und Vorurteil beim Ball von Mr. Bingley getragen hatten – nur figurbetonter und demnach enger geschnitten, und mit langen Ärmel aus dichtgewobener Spitze, die vor der Kälte schützen sollten.

Eine Szene im Film mochte Sakura am meisten. Es war die, in der Elizabeth von Mr. Darcy zum Tanz aufgefordert wurde. Jedes Mal, wenn sie mit Ino den Film ansah und an die Stelle gelangten, trällerte ihre Freundin: „Hm, … magst du die Szene so sehr, weil Mr. Darcy dich an jemanden erinnert?“

„Natürlich nicht“, entgegnete Sakura stets. Sie versuchte es fortwährend damit zu erklären, dass die Art und die Spielweise zwischen den Schauspielern und ihren Figuren sie immer wieder aufs Neue in den Bann zogen. Sie liebte diesen Film, und die Kleidung und … einfach alles. Und jetzt, wo sie selbst solch ein Kleid tragen durfte, schwelgte sie mit ihren positiven Gefühlen für die Hochzeit auf himmlischen Sphären oberhalb von Wolke 7.

 

In Gedanken war Sakura gerade bei: … Rauschen des Festes seid nun entronnen, Wonne des Herzens sei euch gewonnen…, angekommen, da war nun der Zeitpunkt an der Reihe, wo ein jeder, der Empathie im Leib trug, die Luft anhielt. Hinatas Vater überreichte die Hand seiner Tochter an Naruto.

Bei diesem feierlichen Akt fiel Sakuras Blick auf Neji und sie musste leicht schmunzeln. Hinatas Cousin blickt drein als sei gerade jemand gestorben. Na ja, mit Neji war eh nie gut Kirschen essen. Er war irgendwie merkwürdig und zwar noch mehr als die restliche Hyuuga Familie, mit Ausnahme von Hinata – aber hier stand ja eh bald der Nachnamenswechsel an.

Neji

Seine Paradeuniform war eng und steif und behinderte seine Bewegungsfreiheit. Die Orden an der linken Brust wogen schwer und der gestärkte hohe Kragen mit dem kratzigen Saum gaben ihm das Gefühl ein Seil um den Hals zu haben, dessen Ende straff mit der Decke verbunden schien.

Die weißen Handschuhe waren ihm eine Nummer zu klein und spannten, während ihn das Geschaukel der Tresse bei jeder seiner Bewegung störte. Die Ausgehuniform hätte Neji auch gereicht.

Schuld an seiner Aufmachen war dieser Hochzeitsplaner, Roberto… Roderick…Rhododendron… ach, wie auch immer dieser mit Ro anfangende Mensch auch hieß. Irgendwer hatte dem Planer gesteckt, dass es in der Familie Hyuuga einen aktiven Militärgänger gab und irgendwie hatte es dieser Ro geschafft Nejis Vorgesetzten an das Telefon zu bekommen. Das Ende vom Lied war der Befehl die Paradeuniform zu tragen.  

Mürrisch sah Neji an sich hinunter und betrachte die blanken Lederstiefel. Sie waren unbequem. Seine Füße schmerzten seit er sich hineingezwängt hatte und das vor gut vier Stunden. Es war zum Kotzen und richtig Luft holen konnte er auch nicht. Der Gürtel um seine Taille engte ihn in der Bauchatmung ein, doch eine Nummer größer hätte zur Folge, dass seine Uniformsjacke Falten warf. Eine Unding für das Militär, für eine Paradeuniform, für einen Hyuuga.

 

Neji schielte erst nach rechts und dann nach links. Neben ihm, auf beiden Seiten, standen die Trauzeugen 1 und 3 des Bräutigams. Eigentlich hätte es nur einen Trauzeugen geben sollen, da die Braut aber drei Brautjungfern hatte, brauchte es ebenso viele Trauzeugen für den Bräutigam und so waren er und dieser Shikamaru Nara, der anscheinend ein Schulfreund war und es versäumt hatte den Kontakt nach dem Schulabschluss abzubrechen, in das Kielwasser geraten.

Im Gegensatz zu ihm trugen der Nara und Trauzeuge Nummer 1 einen grauen Frack mit lilafarbenen Einstecktuch und silbernen Plastron, passend zur Garderobe des Bräutigams. Der steckte in einem dunkelgrauen Frack und schien sichtlich nervös. – Na sowas, dachte Neji, der Kerl bekam doch hoffentlich jetzt keine kalten Füße, so wie er auf und ab wippte. Es fehlte nur noch, dass der Bräutigam das Übergewicht nach vorne bekam, was Neji, wie er sich selbst eingestehen musste, insgeheim hoffte. – Endlich mal was zum Lachen.

Aber mit Sicherheit würde Trauzeuge Nummer 1 dem Sturz zuvorkommen und souverän dafür Sorge tragen, dass die Ringe, die schön glitzernd auf einem lilafarbenen Kissen drapiert lagen, dabei nicht hinunterfielen, denn die wurden von eben jener Nummer 1 sorgsam gehalten.

Die Brautleute wollten bei den Ringen wohl auf Nummer sicher gehen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der 1. Trauzeuge war niemand anderes als Sasuke Uchiha. Jüngster Sprössling und Miterbe der Uchiha Security. Eine … nein, die Sicherheitsfirma schlecht hin, die auf alle Bereiche ausgelegt war. Von Personenschutz, der sich auch auf das geliebte Haustier ausweiten ließ, egal wie ungewöhnlich oder exotisch, über die Verwahrung von teuren Luxusgütern, wie Schmuck, Kunst-Firlefanz, Kleidung, Häuser, Autos und, und, und … bis hin zur Absicherung von Transporten, bei denen es meistens um Hilfsgüter aber nicht selten auch um Waffen ging, war alles vertreten. Natürlich ließ sich Uchiha Security dies auch saftig bezahlen. Prominente und Staatsoberhäupter schmückten sich nur mit Wachleuten von Uchiha Security, sie nutzten die Firma auch in anderen Bereichen.

 

Neji sah den Uchiha etwas genauer an, dann ließ er seinen Blick über die Gäste schweifen. Er verstand nicht was die meisten Frauen, 95 Prozent, so anziehend an diesem schwarzhaarigen Kerl fanden. Mit der blassen Haut wäre der Typ besser im Tunnel einer Geisterbahn aufgehoben.

In seinen Augen stand Sasuke Uchiha auf einer Stufe mit Hinata und Hanabi. Allesamt schnöselige Abkömmlinge der Hauptfamilie eines großen Clans – okay, hin und wieder nahm er Hanabi da raus. Aber nur hin und wieder, schließlich besaß auch sie den sagenumwobenen goldenem Löffel im Mund. Das goldenen Klo, von dem er immer dachte, seine Cousinen würden ihren Allerwertesten nur auf das Beste vom Besten setzen, hatte er nie gefunden.

Eines musste Neji aber zugeben, der Uchiha schien sich zumindest körperlich nicht auf die faule Haut zu legen. Der Frack ließ erahnen, dass da jemand regelmäßig Sport trieb. Ein weiterer Punkt, den Neji anführte, um Sasuke Uchiha nicht zu mögen: Fitnessstudio.

Leute, die ihren Körper aus dem Fitnessstudio hatten, waren für ihn keine echten Sportler, sondern nur aufgeblasene Büropupser, die früher oder später dem Muskel-Wahn verfielen und von wachhaltende Aufputschmitteln auf Anabolika wechselten. Hm, wann es wohl bei dem Uchiha soweit war?

 

Gerade als sich Neji dem dritten im Bunde gedanklich widmen wollte, wurde das Orgelgedudel lauter und seine Cousine trat ein. Wurde auch höchste Zeit. Der Zappelphilipp am Altar hätte es sicherlich nicht länger ausgehalten. Vielleicht wippte er auch nur so viel, weil er dringend aufs Klo musste. Neji glaubte gehört zu haben, dass der Kerl einen ziemlich zart besaiteten Darm und eine Mini-Blase besaß… und sowas heiratete in die Familie ein. Zum Glück nahm Hinata den Namen ihres Mannes an und nicht umgekehrt. Ein Hyuuga mit Magen-Darm- und Blasen-Problemen, wenn auch nur angeheiratet, war ein nicht zu akzeptierendes Novum.

 

Statt seiner Cousine dabei zuzusehen, wie sie langsam von ihrem Vater geleitet durch die Kirche schritt, beobachtete Neji seine Mitmenschen. Erneut fiel sein Blick auf den Bräutigam, der einen raschen Blick mit dem Uchiha wechselte. Dieser nickte ihm zu, anscheinend eine Geste der Aufmunterung, worauf der Uzumaki ein Lächeln zeigte.

Plötzlich fiel Neji auf, dass der Uchiha seine Aufmerksamkeit von Naruto abwandte, nachdem dieser wieder gerade aus auf den Altar sah, und die Brautjungfern betrachtete. Grübelnd zog Neji die Stirn etwas kraus. Dieser Schnösel beobachtete doch nicht etwa Hanabi… aber nein, es war … und da bemerkte er, wie die blonde Brautjungfer ihre Nachbarin anstieß und in Richtung Uchiha den Kopf neigte.

Was denn? Hatte der Uchiha etwa Interesse an dem Ding mit den rosa Haaren, dem Bonbon? Uh, er hätte dem Uchiha einen besseren Geschmack attestiert.

Neugierig geworden, ob das Bonbon den Blick erwidern würde, und zwar genauso schmachtend wie die anderen Gäste, mit Ausnahme seiner jüngeren Cousine und der blonden Brautjungfer, beobachtete er deren Verhalten und wurde enttäuscht. Das Bonbon zuckte mit Schultern, ohne die Aufmerksamkeit von der Braut zu nehmen, die jetzt fast den Altar erreicht hatte.

Na, sieh einer mal an, die Prozentzahl, der schmachtenden weiblichen Anwesenden war von 95 auf 94 gesunken und das Ansehen vom Bonbon war bei ihm gestiegen.

Sasuke

„Wenn du so weiter machst, kommst du zu deiner eigenen Hochzeit zu spät!“, mit dem Satz war es Sasuke gelungen seinem besten Freund Beine zu machen, damit dieser endlich das Bett verließ.

Sie waren nicht wirklich spät dran gewesen aber lieber zu früh als eine zutiefst gekränkte Braut. Zumindest hatte seine Mutter ihm das eingetrichtert als sie erfahren hatte, dass ihrem jüngster Sohn – sie tat immer als sei er der Jüngste von einem Dutzend und dabei besaß er nur einen älteren Bruder – die ehrenvolle Aufgabe zuteilwurde Trauzeuge und Ringträger zu sein. Sie musste es wissen. Sein Vater war bei der eigenen Hochzeit zu spät gekommen.

 

Seit seine Mutter von der Hochzeit wusste, war kein Tag vergangen, an dem sie ihn nicht mit Fragen dazu bombardiert hatte. Wo wird gefeiert? Welche Kirche? Gibt es einen Planer? Wer plant? Catering? Wie ist der Ablauf? Wie sieht das Kleid aus? Hast du das Kleid gesehen? Gibt es ein Bild von dem Kleid? Warum hast du kein Bild von dem Kleid? Wer sind die Brautjungfern? –

Als er ihr die Namen der drei Brautjungfern nennen konnte, funkelten ihre Augen bei Sakura Haruno auf einmal blitzartig auf und ihr Gesicht erstrahlte. Er hätte es wissen müssen. Seine Mutter mochte sie, warum auch immer. Er konnte der Haruno nichts abgewinnen.

„Hach, eine perfekte Partie, die kleine Haruno“, war die Aussage seiner Mutter gewesen. „Hat sie einen Freund? … Ich weiß noch, wie sie bei den Hyuugas im Pool das Schwimmen gelernt hat.“

„Du warst bei den Hyuugas?“ Diese Tatsache beschäftigte ihn mehr als ihr Interesse an der Haruno und weshalb sie diese eine sogenannte perfekte Partie nannte.

„Ja, natürlich. Bis zum Tod von Hinatas und Hanabis Mutter. Jeden Sonntag war ich dort, wenn dein Vater mit dir und Itachi unterwegs war. Hinata, Sakura und die kleine Ino waren zusammen im Kindergarten und Hinatas Mutter hatte angeboten den Mädchen durch einen zertifizierten Schwimmtrainer das Schwimmen beizubringen. Ino hat sich nur fürs Planschen und Reinspringen interessiert, Hinata hatte Angst vor der Tiefe und sich stets am Beckenrand festgehalten aber Sakura, die hat schon nach der zweiten Stunde nur mit dem Schwimmbrett ihre Bahnen gezogen.“

„Früh übt sich, wer ein Streber sein will“, war ihm da rausgerutscht.

„Sasuke! Du enttäuschst mich. Ich dachte, ich hätte dich zu mehr Empathie für deine Mitmenschen erzogen, die es nicht so leicht haben wie du und dein Bruder. – Ich denk mir eher, sie hat damals schon gewusst, dass das Leben kein Ponyhof mit Regenbogen ist und ausruhen in ihrem Fall Stagnation bedeutet. Im Gegensatz zu dir und deinem Bruder stammt sie nämlich nicht aus einer reichen Familie. Der Grund, weshalb sie diesen elitären Kindergarten und später auch die dazugehörige Grundschule und dann das gleiche College besuchen durfte wie du und die anderen, lag einzig allein an ihrem Ehrgeiz und der Stiftung.“

„Welche Stiftung?“

„Mal ehrlich, du willst mein Sohn sein und weißt nicht, dass ich ehrenamtlich bei einer Stiftung arbeite?“

„Nein.“

„Banause! Die Stiftung ermöglicht es Kindern aus nicht so betuchten Elternhäusern ebenfalls Teil der höheren Gesellschaft zu sein.“

„Und wie hat sie es in diese Auswahl geschafft?“

„Durch Mundpropaganda. Du kennst das doch.“

Sasuke hatte sein Mutter nur mit einer hochgezogenen Augenbraue angesehen und einige Fragezeichen über seinen Kopf erscheinen lassen. Woraufhin seine Mutter sich dazu erbarmte und ihn alles Haarklein erklärte.

„Das Komitee arbeitet eng mit dem Jungendamt zusammen. Die dortigen Mitarbeiter sind dazu aufgefordert besonders in Familien mit wenig Einkommen darauf zu achten, dass die Kinder eine anständige Ausbildung erhalten. Da kommt es natürlich vor, dass die ein oder andere Familie einen Rohdiamanten in ihren Reihen hat, so wie bei den Harunos, und da kommt das Komitee ins Spiel. Wir laden die Eltern mit ihren Kindern zu einem unverfänglichen Nachmittag in die Stadthalle oder das Rathaus ein und unterziehen besonders die Kinder auf spielerische Art und Weise kleinen Tests.“

„Mussten Itachi und ich die auch machen?“, hakte Sasuke nach. Zugleich fürchtete er die Antwort, die ihm möglicherweise ein niederschmetterndes Testergebnis attestierte. Seine Mutter verneinte jedoch und fuhr dann mit ihrer Erklärung fort.

„Bei Sakura stellte sich heraus, dass sie schon im Alter von vier Jahren ein ungemein hohes Interesse an Zahlen und Buchstaben besaß. Sie war in der Lage von eins bis zehn zu zählen und das Alphabet aufzusagen, und zwar…“, hier kam der Achtungszeig in Form eines erhobenen Zeigefingers, „… in der vom Komitee vorgegeben Reihenfolge. Was viel wert ist. Ein Kind kann eine Zahlen- oder Buchstabenfolge auswendig runterbeten, ohne zu wissen wie die Zahlen oder Buchstaben aussehen. –

Viele Eltern glauben somit die Chancen für ihr Kind zu erhöhen.“

Sasuke war nur ein: „Hn“, herausgerutscht, woraufhin die nächste Predigt seiner Mutter erfolgte.

„Kein ‚Hn‘. Glaub mir, aus der kleinen Haruno wird wenigstens was. Soweit ich informiert bin, studiert sie jetzt Medizin, Fachbereich Humanmedizin.“

Da lag seine Mutter goldrichtig. Aber Sasuke sah nicht ein, weshalb er ihr mit einer Bestätigung zeigen sollte, dass er über Sakuras Werdegang nach dem Schulabschluss Bescheid wusste. Am Ende würde sie es noch in die falsche Richtung interpretieren, so wie sie von dieser ihm nachhechelnden Streberin schwärmte. Ja, Sakura Haruno gehörte auch zu diesen fanatischen Weibern, die sich alle zehn Finger nach ihm leckten. Er hasste es!

 
 

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Sasuke entging nicht, welche Aufmerksamkeit ihm die Weiberschar in der Kirche zuteilwerden ließ. Es fühlte sich unangenehm an von Blicken ausgezogen zu werden, die zum Teil von Frauen kamen, welche das Alter seiner Mutter besaßen oder älter waren.

Egal welche der anwesenden weiblichen Gäste er ansah, sie begannen sofort mit dem imaginären Sabbern, gefolgt von einem Augenzwinkern und dem Beißen auf die Unterlippen. Einige rutschten auf ihrem Platz vor und zurück, dezent, aber deutlich signalisierend was sie damit sagen wollten. Grauenhaft. Es ekelte ihn an.

Ein Gast war darunter, dessen Anblick er tunlichst zu vermeiden versuchte, was nur schwer ging, denn die Person saß in der ersten Reihe, auf Seiten des Bräutigams und überstrahlte die anderen Gäste in ihrem signalroten Erscheinungsbild: Karin Uzumaki, eine entfernte Cousine von Naruto mit feuerrotem Haar.

Unter ihrem grellroten XXL-Daunenmantel, mit dem sie locker vier Sitzplätze in der Bank einnahm, trug sie ein enganliegendes und nicht gerade schmeichelhaftes Etuikleid mit sehr großem Ausschnitt; in Weinrot. Jede Rundung, absolut jede und damit waren auch die Speckrollen gemeint, die beim Sitzen generell hervortraten, wurden offenbart. Im Stehen mochte Karin eine ganz adrette Figur machen, aber beim Sitzen … Uh! Kein Augenschmaus und anscheinend hatte sie heute Morgen auch die falschen Schminktöpfe erwischt.

Schon vor der Kirche waren Naruto und er auf sie gestoßen und unweigerlich in ein Gespräch verwickelt worden. Sie hatte mit dunkel geschminkten Augen und falschen Wimpern geklimperte und lasziv an seiner Wange vorbeigehaucht: „Ich würde mich freuen, wenn wir uns zur späteren Stunde nochmal wiedersehen. Nur du und ich.“

Bei diesem Satz war in Sasuke der Fluchtdrang sehr stark angewachsen. Wenn heute einer kalte Füße bekam, dann waren das mit Sicherheit nicht Hinata oder Naruto, sondern er.

Als Karin ihren Verführungsversuch fortsetzte, hätte er ihr liebend gerne auf ihr Kleid gekotzt.

„Horizontal oder stehend, ist mir egal. Ich würde für dich auch auf die Knie gehen. Auf beide Knie, wenn du verstehst“, dabei leckte sie sich über die mit dunkelroter Farbe geschminkten Lippen. Ob sie wusste, dass sich die Farbe auch auf ihren Zähnen widerfand?

Zum Glück waren Naruto und er, und die beiden anderen Trauzeugen in die Kirche gewunken worden und so war er dem roten Etwas entkommen. Allein die Erinnerung an die Szene ließ seinen Magen rebellieren.

 

Sasuke bemerkte Narutos nervösen Blick und er nickte ihm aufmunternd zu. Dabei sah er unweigerlich zu den Brautjungfern und ihm fiel auf, dass Sakura einmal nicht in seine Richtung schaute. Er beobachtete sie und wartete darauf, dass sie Anstalten dazu unternahm, wie sie es immer tat, in dem sie vorsichtig versuchte aus den Augenwinkeln zu ihm hin zu schielen. Aber sie tat nichts dergleichen.

Was sollte das denn? Sonst lag ihr visuelles Interesse doch immer ununterbrochen auf ihm und sie wandte sich erst ab, sobald es ihr gewahr wurde, dass er die Observation bemerkte. Doch jetzt war ihre Aufmerksamkeit nur auf der Tür gerichtet oder mal auf Naruto, aber nie streifte ihr Blick den seinen.

Sasuke war perplex. Hatte sie womöglich doch einen Freund, wie seine Mutter spekuliert hatte?

Ihm kam diese fixe Idee nur in den Sinn, weil Ino ihm vor langer Zeit ebenfalls anschmachtende Blicke zugeworfen hatte. Aber das war auch schon fünf oder sechs Jahre her. Sie war inzwischen verlobt und die einzigen Blicke, die sie ihm gönnte, waren neutraler Natur.

Inos Verlobter war laut Naruto Künstler, speziell im Fachgebiet Malerei. Er war aber auch als Fotograf tätig und angeblich für die heutigen Hochzeitsfotos zuständig. Kennengelernt hatte er diesen Typen noch nie.

 

Sasuke wandte sich von Ino und Sakura ab und wollte gerade mit einem erneuten Nicken Naruto Mut zusprechen, da öffnete sich die Doppeltür der Kirche und Hinata trat ein. Bei ihrem Erscheinen konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen, auch wenn er wegen des blendenden Lichts nicht viel erkennen konnte. Es lag eher an der warmen Erinnerungen, die er mit Hinata verband.

Sie war das erste Mädchen, dass wegen ihm nicht in Schnappatmung verfallen war und zu aller Überraschung stotterte sie kaum in seiner Gegenwart. Der Grund war aber schnell offensichtlich geworden, sie hatte von Anfang an auf Naruto gestanden.  

Hinata und Naruto waren seine besten Freunde. Mit ihr zu reden war ein befreiendes Gefühl, weil sie seine Worte nicht von seinen Lippen aufsog als sei es lebensspendender Nektar und ihn auch nicht mit ihren Blicken auszog. Daher war es das reinste Vergnügen für ihn zu Schulzeiten gewesen, ihr insgeheim unter die Arme zu greifen, damit Naruto sie endlich wahrnahm.

Mit Naruto verband Sasuke eine tiefe und innige Freundschaft. Sie waren fast wie Brüder, eigentlich waren sie Brüder, sogenannte Milchbrüder. Naruto hatte die Bezeichnung herausgekramt und ihm von einer Geschichte erzählt, die Sasuke gar nicht glauben konnte.

„Wir sind Milchbrüder. Wusstest du das?“, hatte Naruto ihn gefragt.

„Wir sind was?“

„Milchbrüder.“

„Was soll das sein?

„Milchbrüder teilen sich die Milch einer Mutter.“

Der Satz hatte damals nicht so recht in Sasukes Verstand gehen wollen, denn er vermied es sich vorzustellen, wie Naruto an der Brust seiner Mutter hing, also an seiner… also an seiner und Itachis Mutter – und noch schlimmer war es, sich das Ganze andersherum zu denken, wie er an der Brust von Narutos Mutter… Stopp!

Er wollte sich weder die Brüste seiner Mutter noch die Brüste von Narutos Mutter vorstellen. Trotzdem hatte er seine Mutter gefragt, ob Narutos Aussage stimmte und die Bestätigung beinhielt das letzte Szenario. Er war von Narutos Mutter gestillt worden.

Natürlich musste seine Mutter ihm dann auch noch die Geschichte dazu erzählen.

„Ich hatte nicht genügend Milch, das war auch schon bei Itachi so, deshalb habt ihr beide neben Muttermilch auch Milch aus Milchpulver bekommen und das Narutos Mutter dich gestillt hat, kam so: ich war bei ihr zu Besuch, natürlich mit dir und habe die Milchfläschchen vergessen. Du hast Hunger bekommen und meine Milch hat nicht ausgereicht und da hat Kushina mir das Angebot gemacht dich zu stillen und so sind du und Naruto Milchbrüder geworden.“

„Zu viel Information“, hatte er kehlig herausgepresst.

Zum Glück war es nur dieses eine Mal gewesen. Und zum Glück gab es damals noch keine Mobiltelefone. Wahrscheinlich hätte seine Mutter das Bild sonst wo gepostet. Sasuke konnte gerade so einen offensichtlichen Schauder unterdrücken als die Erinnerung an das Gespräch ihn überkam.

 

Aus den Augenwinkeln bemerkte Sasuke den musternden Blick von Neji Hyuuga, diesem Militärfanatiker. Hinata hatte ihm erzählt, dass ihr Cousin eigentlich nicht teilnehmen wollte aber dem indirekten Befehl ihres Vaters konnte er sich nicht widersetzen. Dieser hatte sich direkt an Nejis Vorgesetzten gewandt, der kurz darauf auch von Rodrigo Estefan kontaktiert und gefragt worden war, ob die Möglichkeit bestand, die Paradeuniform zu diesem feierlichen Anlass tragen zu lassen.

Zudem wusste Sasuke von Hinata, dass Neji nicht viel von Menschen hielt, die mit dem sogenannten ‚goldenen Löffel‘ in der Schnauze geboren worden waren. Wie töricht, dachte Sasuke. Neji war schließlich auch ein privilegierter Hyuuga. Der sich nur so dumm aufführte, weil er durch die Tatsache, Sohn des Zweitgeborenen zu sein, zur Nebenfamilie gehörte und somit, in späteren Zeiten, zusehen musste wie eine Frau an der Spitze des Hyuuga-Imperiums stand. – Lächerliches Getue. Vor allem in den heutigen Zeiten.

 

Sasuke sah wieder zu Naruto. Der bemühte sich stoisch nach vorne zu blicken und die „Ah!“- und „Oh!“-Ausrufe zu ignorieren, welche die Gäste von sich gaben. Als sich die Doppeltüren schlossen, konnte auch Sasuke einen Blick auf das Kleid werfen. Er verstand nicht viel von Frauenmode, aber eines wusste er, es sah gut aus.

Hinatas kleine Schwester hatte ihm erzählt, dass Sakura das Kleid entdeckte und beim Gedanken daran, wandte sich Sasuke wieder der Haruno zu, die anscheinend Tränen in den Augen zu haben schien.

Trotzdem strahlte sie und ihr Lächeln war sehr einnehmend. Erst jetzt betrachtete er die Kleider der Brautjungfern näher und er wusste nicht warum, aber von den Dreien stand es Sakura am besten. Es schmeichelte ihrer Figur und dieses dezente Lila biss sich auch nicht mit ihren rosa Haaren.

Plötzlich bemerkte er wie Sakura von Ino angestoßen und darauf aufmerksam gemacht wurde, dass von Seiten der Trauzeugen jemand sie beobachtete. Jemand bestimmtes.

Automatisch straffte Sasuke die Schultern und wappnete sich gegen Sakuras Blick. Er würde ihn erwidern. Gebannt sah er sie an, aber sie tat nicht, worauf er wartete. Sie enttäuschte ihn gerade, indem sie schon wieder nicht das tat, was sonst üblich für sie schien. Statt sich von Hinatas Anblick loszueisen, zuckte sie lediglich die Schultern. Ihre Aufmerksamkeit galt allein Hinata.

Aus seiner Enttäuschung wurde Erstaunen. Wo gabs das denn? Sakura Haruno vermied es, die Chance beim Schopf zu packen und ihn anzusehen?

Sasuke war mit dieser erschütternden Erkenntnis nicht allein. Ino machte große Augen und zog die Augenbrauen zusammen. Sie folgte Sakuras Blick und beobachtete wie Hinata vor den Altar geführt wurde.

 

Sasuke bekam das Gefühl, dass er bei der Haruno für den heutigen Tag Luft war. Er hätte darüber erfreut sein sollen, aber das Gegenteil war der Fall und er wusste nicht warum.

Sakura

Die Zeremonie trieb bei Sakura das Wasser so sehr in die Augen, dass sie sich drei, vier Tränen nicht verkneifen konnte. Zum Glück waren von Rodrigo solch wässrigen Ausbrüche eingeplant und so besaß jede Brautjungfer ein Stofftaschentuch, passend zum gesamten Ambiente.

Für die hygienisch Korrekten unter den Teilnehmenden gab es zum Nase pudern einen Berg Recycling-Taschentücher, die in der Produktion mit Lebensmittelfarbe Lila eingefärbt worden waren. Der Mann dachte wirklich an alles. Sogar an die Umwelt.

Als Naruto und Hinata ihr Ja-Wort gaben, konnte Sakura spüren wie ihr Herz vor Freude Saltos schlug. Nie im Leben hatte sie sich vorstellen können, eine Hochzeit so ergreifend zu finden. In Film und Fernsehen waren die meisten Hochzeiten mit Pannen ausgeschmückt oder zu perfekt oder mit einer Wendung in Form von jemanden, der nicht Schweigen konnte und das kurz vor dem ersten oder zweiten Ja.

Aber hier war alles stimmig. Genauso eine Hochzeit wünschte Sakura für sich selbst, für jeden. Einfach ergreifend. Selbst der Ringtausch lief reibungsfrei. Es gab keine peinliche Verzögerung beim Lösen der Ringe vom Kissen, der Trauzeuge hatte vorgesorgt und auch kein Stocken als Hinata und Naruto sich gegenseitig die Ringe über den Finger streiften. Wie sagte man so schön, es läuft und wie es lief, besonders ihre Tränen, die schon wieder kullerten. Zum Glück hatte Rodrigo die Brautjungfern zusammen mit der Braut professionell mit wasserabweisendem Make-up und Festigungsspray schminken lassen. Doppelt hielt besser und sobald der kirchliche Akt vorüber war, würde nochmal nachgelegt werden.

Beim Tausch der Ringe war ihr zum ersten Mal Sasuke ins Auge gefallen. Sie hatte ihn schon vorher bemerkt und auch bei den Proben, aber erst jetzt realisierte sie ihn wirklich. Er sah verdammt gut aus in seinem Frack. Wow.

Für einen Moment wollten ihr kleines, dummes Herz und ihr mickriger, blöder Verstand in das Schema von vor vier Jahren zurückfallen, aber Sakura schaffte es gerade noch rechtzeitig eisern zu bleiben. Es brachte nichts für jemanden zu schwärmen, der davon genervt war und keinerlei Interesse an einem selbst zeigte. Außerdem lenkten solche rosaroten Tagträume nur ab und das konnte und wollte Sakura sich nicht leisten. Ihr Ziel war es so schnell und so perfekt wie irgendwie möglich ihr Studium zu schaffen, um dann an einer der renommiertesten Kliniken als Neurochirurgin arbeiten zu können. Da blieb für Männer und Liebeleien absolut kein Platz, nicht einmal für einen One-Night-Stand, den Ino ständig versuchte für sie anzuleiern.
 

 

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Die Fahrt zum Festsaal war eisig und Sakura mummelte sich noch mehr in die Decken ein. Das Klingeln der Glöckchen, die am Geschirr befestigt waren, drang an ihre Ohren und sie betrachte mit großen Augen die Winterwelt, die im schnellen Trab der Pferde an ihr und den anderen Mitfahrenden vorbeizog.

Ihr Atem bildete weiße Wölkchen, die sie durch die rasche Fahrt hinter sich ließ. Kalt, aber herrlich.

Neben ihr saßen Ino und Hanabi. Die beiden Frauen hatten Hinatas kleine Schwester in die Mitte genommen, um sie so besser vom eisigen Fahrtwind zu schützen.

Den Brautjungfern gegenüber befanden sich die Trauzeugen, die mit männlich ernster Miene den Anschein erzeugen wollten, dass sie die Kälte gar nicht spürten. Anders konnte Sakura es sich nicht erklären. Dabei sprachen ihre Ohren, die Nasenspitzen und die Wangen andere Bände. Sie waren rot gefärbt von Kälte und hin und wieder erschauderte einer von den Dreien, wenn der Wind von der Seite kam.

 

Der Pferdeschlitten des Brautpaars fuhr vorne weg. Angespannt waren drei Schimmel, wie bei einer russischen Troika. Der Kutscher stand und ließ mehr zur Show als zum Antreiben der Tiere die lange Peitsche über die Köpfe der Fahrenden knallen.

 

Sakura und Ino waren skeptisch gewesen als Hinata ihnen den Termin des Hochzeittages mitgeteilt hatte. Aber zusammen mit Rodrigo war ein wunderbares Ereignis entstanden und das eine Woche vor dem ersten Advent und wenige Wochen vor Weihnachten. Was konnte es Schöneres geben als erst diese Hochzeit und dann das Weihnachtfest. Erneut wurden bei Sakura die Augen wässrig. Rasch zückte sie ihr Taschentuch und tupfte sich die nassen Verräter weg, dabei bemerkte sie Sasukes beobachtenden Blick.

Okay, sagte Sakura zu sich selbst, du schaffst das, ohne dich lächerlich zu machen.

Hinter dem vorgehaltenen Tuch holte sie Luft und sammelte all ihren Mut. Sie sah auf, erwiderte seinem Blick und hätte fast im Schwarz seiner Augen gestrauchelt, aber sie riss sich zusammen und zeigte ein sanftes Lächeln, bevor sie sich der Winterlandschaft wieder zuwandte.

Ha! Geschafft, jubelte Sakura triumphierend.

Obwohl… der Blick seiner dunklen Augen hatte sich in ihre Gedächtnis gebrannt und statt der schneebedeckten Bäume sah sie nur diese Augen. Mist!

Um das Bild schnell zu verbannen, blinzelte sie mehrmals hintereinander und sah zusätzlich über die Schulter nach hinten, wo im langsamen Tempo die Autos der Gäste den zwei Schlitten folgten. Schneeketten waren an den Reifen angebracht, damit die Wagen überhaupt vorwärts kamen.

Im ersten Auto, einem silbergrauen Rolls Royce saß Hinatas Familie. Besser gesagt, Hinatas und Hanabis Vater. Sakura glaubte aber durch die Frontscheibe eine weitere Person auf der Rückbank zur erkennen. Womöglich war es diese angebliche Freundin von Hinatas und Hanabis verstorbener Mutter.

Im zweiten Wagen folgten Narutos Eltern. Seine Mutter hatte während der kirchlichen Trauung Rotz und Wasser geflennt, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Orgelspieler hatte aber sein Bestes gegeben, um das Schluchzen zu übertönen und der Geistliche hatte die wichtigen Passagen hinausgebrüllt.

 

„Ist es das?“, fragte Hanabi mit piepsiger Stimme und deutete mit ihrer Hand, die in Handschuhen und Decken eingepackt war, zwischen die Bäume. Dort zeichnete sich ein Gebäude ab. Sakura nickte.

„Ja, glaub schon. Gleich wirds kuschlig warm.“

„Hoffentlich“, bibberte Hanabi.

 

Hinata und Naruto hatten einen kleines Gasthaus mit Möglichkeit zur Übernachtung für mehrere Gäste gemietet, dessen Grundsteinlegung im 17. Jahrhundert gewesen war. Im Laufe der Zeit hatten diverse Besitzer an das Gebäude weitere Komplexe angebaut, ohne die Frontansicht zu verschandeln. Der Anblick im winterlichen Ambiente übermittelte eine warmes Gefühl.

Als sie bei dem Gebäude ankamen, standen vor der breiten Eingangstreppe Hotelpagen und die Direktorin persönlich bereit, um das Brautpaar und deren Gäste in Empfang zu nehmen. Sobald die Kutschen auf dem zugewiesenen Platz zum Stehen kamen, stiegen die Kutscher hinab und öffneten die Türen. Sie halfen den Mitfahrenden, wer wollte, hinaus und bedachten Braut und Brautjungfern mit Handküssen.

Alte Charmeure.

Sakura konnte nicht verhindern, dass sie rot wurde. Ein mädchenhaftes Kichern entkam ihr. Ja, vor sowas Unerwarteten war selbst sie nicht gefeit. Wie peinlich. Aber Ino half ihr, denn sie tat es Sakura gleich. Hanabi, gar nicht darauf vorbereitet, stand bis zum Treppenaufstieg neben sich. Kein Wunder, Hinatas Schwester wurde von den meisten, wegen ihres Gebarens, wie ein Junge behandelt. Alles andere ließ sie unsicher werden.

 

Naruto und Hinata waren von der Direktorin begleitet schon vorausgegangen. Die Brautjungfern folgten rasch und nach ihnen die Trauzeugen mit der restlichen Gästeschaar, die langsam eintrudelte.

Wie von Sakura erhofft, war es im Inneren angenehm warm. Die Mäntel wurden ihnen abgenommen und mehr denn je glaubte Sakura sich in einem Jane Austen Roman wiederzufinden. Wenn ihr vor Kälte nicht das Gesicht eingefroren wäre, sie hätte Ino angesehen und von einem Ohr zum anderen gegrinst.

Stattdessen wandte sie sich um und wollte von ihren Empfindungen erzählen, aber da sah sie sich Sasuke gegenüber. Enttäuscht, nicht ihre Freundin vorzufinden, entwich ihr ein: „Oh!“, und sie drehte sich von ihm weg. Sie sah Ino zusammen mit Hanabi bei Hinata und Naruto stehen und eilte zu ihnen.

„Es ist fantastisch“, lobte Sakura das Brautpaar, denn hiervon hatten nur Hinata, Naruto und Rodrigo gewusst.

Hinata nickte und flüsterte: „Ich habe mich direkt in dieses Gebäude verliebt und wenn du erst die Zimmer siehst.“

„Falls sie es zu sehen bekommt und nicht mit was anderem beschäftig ist“, stichelte Ino, der es nicht entgangen war, dass Sasuke Uchiha vermehrt Sakura im Blick behielt.

„Was willst du damit sagen?“, entgegnete Sakura verwirrt.

„Hm“, machte Ino. „Jemand hat ziemlich böse dreingeschaut als dir dieser schneidige Kutscher den Handkuss gab.“

„Ach, hör auf“, lachte Sakura, die nicht bemerkte, dass die Trauzeugen sich ebenfalls zur Gruppe gesellten. Erst als Naruto sich seinem besten Freund zuwandte, wurde sie sich der drei gewahr.

Sasuke

„Und Sasuke, was sagst du dazu?“

Der Angesprochene sah sich um und zuckte mit Schultern. „Rare Sitzmöglichkeiten und was soll das mit den Häppchen?“

„Das hier…“, begann Naruto lachend und auf den gesamten Saal deutend, in dem, wie jetzt auch die anderen bemerkten, wirklich wenig Stühle standen und noch weniger Tische und der so gar nicht auf die Feier vorbereitet schien, „… ist der Tanzbereich. Zum Gelage geht es da entlang.“

Naruto zeigte auf eine geschlossene Doppeltür.

„Wir wollten hier warten, bis alle eingetroffen sind“, fügte Hinata an.

Sasuke nickte und sah sich nochmal den Raum an. Ja, zum Tanzen war er passend. Er sah zu den Brautjungfern, die den Saal ebenfalls in Augenschein nahmen. Wenn es nach dem Protokoll ging, würde er mit Hanabi tanzen müssen. Sie war die erste Brautjungfer, er der erste Trauzeuge. Also bekam Neji Sakura als Partnerin und Shikamaru musste mit Ino auf Parkett.

 

„Müssen wir wirklich tanzen?“, fragte Hanabi ihre Schwester.

Hinata lächelte. „Nur kurz. Aber bei einer Hochzeit ist es Brauch, dass die Brautjungfern zusammen mit den Trauzeugen nach dem Brautpaar tanzen. Deswegen war Rodrigo auch so darauf erpicht, dass Naruto die gleiche Anzahl an Trauzeugen hat, wie ich Brautjungfern habe.“

Das mit der Tradition war natürlich geflunkert und nur ein Wunsch des Paares gewesen, beziehungsweise Rodrigos Plan für eine gelungene Unterhaltung der Gäste.

„Oh. Na gut.“ Hanabi sah zögerlich zu Sasuke und blickte dann zu ihrem Cousin. Anscheinend wollte sie lieber mit Neji tanzen als mit ihm. Vielleicht war das auch Neji ganz recht. Wie wohl Sakura darauf reagieren würde? Vielleicht reagierte sie auch gar nicht auf ihn, so wie sie es schon die gesamte Zeit tat.

 

Etwas Rotes tauchte in Sasukes Augenwinkeln auf und als er sich dem zuwandte, schloss er die Augen für einen Moment. Er drehte sich weg und begann ein Gespräch mit der nächstbesten Person, die bei ihm stand. Shikamaru.

Egal. Alles war besser als dieser rote Fleck. Aus Narutos Stimme konnte Sasuke die Panik heraushören.

„Karin!“

„Das ist es also?“, fragte die Angesprochene.

„Ja“, entgegnete ihr entfernter Cousin. „Das ist es.“

„Nicht ein bisschen altmodisch?“

„G-ganz und g-gar nicht“, entgegnete Hinata. Obwohl sie vor Aufregung stotterte, war ihre Entrüstung nicht zu überhören.

„Stimmt, ist ja eure Hochzeit.“

 

Sasuke, der immer noch dem Versuch nachging, Shikamaru zu einem Zwangsgespräch zu bringen, glaubte Blut und Wasser zu schwitzen. Das penetrante Parfüm von Karin stieg ihm in die Nase und brachte den Brechreiz zurück.

Shikamaru, der die Lage längst erfasst hatte und scheinbar ebenfalls genervt von dem Parfüm war, fragte: „Was macht die Firma, Uchiha?“

Sasuke antwortete rasch. „Läuft gut. Die Quartalzah …“

„Sasuke“, hauchte Karin säuselnd an sein Ohr. Es kam so plötzlich, dass er vor Schreck fast drei Meter in die Luft gesprungen wäre. Er konnte es noch zügeln und gerade so in ein Schulterzucken umwandeln.

Die Zeit nutzte Shikamaru und er hörte den Nara sagen: „Siehst du nicht, dass sich hier zwei Erwachsene unterhalten.“

Bamm! Das hatte gesessen.

„Was?“, kam es von Karin. Bevor sie aber loslegen konnte über Shikamaru Nara verbal herzufallen wie ein kleiner Terrier, bekam Naruto ein Mikrophon in die Hand gedrückt und legte seinerseits, zusammen mit Hinata los. Den wütenden Blick seiner Cousine beachtete er nicht, stattdessen zeigte er in Sasukes Richtung ein verschwörerisches Zwinkern, das so viel hieß, die werden wir schon los.

 

Nach der kurzen und von Hinatas Seite stotterfreien Dankesrede öffnete der Oberkellner die Doppeltür zum Esszimmer. Sasuke blieb beim Anblick dessen, was da drin aufgetafelt und verziert war, der Mund offen stehen. Er glaubte sich in einer der unzähligen Verfilmungen von Charles Dickens „Die Weihnachtsgeschichte“.

Die Hochzeit hatte sich mit der Vorweihnachtszeit fusioniert. Hoffentlich hingen hier nirgends Mistelzweige.

„Komm schon“, raunte Shikamaru ihm zu, der auch nicht fassen konnte, was er da sah.

Aber Naruto und Hinata schienen glücklich. Na, wenigstens zwei und sie waren die Hauptdarsteller, darauf kam es schließlich an.

 

Die Tische waren zu einer langen Tafel aufgestellt. Die obere Stirnseite war breit und dort ließen sich, gut für alle Gäste sichtbar, das Brautpaar und ihre Eltern nieder, links und rechts von den beiden. Auf den restlichen Plätzen lagen kleine silberne Karten aus, die in verschnörkelter Handschrift den Namen jener Person trugen, die sich dort einfinden sollte.

Auf der Seite der Braut, Hanabi, Sakura und Ino, danach die Gäste, die zur Familie der Braut gehörten und bei Naruto begann Sasuke den Reigen, gefolgt von Neji und Shikamaru. Die Familie von Naruto besaß nur eine geringe Anzahl an Mitgliedern, trotzdem waren es genug, damit Karin so weit wie möglich von Sasuke entfernt saß. Um genau zu sein, am Ende der Aufreihung.

Jeder ließ sich auf seinem angestammten Platz nieder, nur Karin versuchte sich näher an Sasuke zu mogeln, aber Rodrigo wachte mit Argusaugen auf die Reihenfolge und beorderte die junge Uzumaki unter strengem Blick zu ihrem Namensschild zurück.

Sasuke war damit zufrieden. Wenigstens beim Essen würde er vor dieser Frau seine Ruhe haben.

Gedanklich trat er sich jedes Mal aufs Neue in den Hintern, wenn er Karin begegnete und alles nur wegen diesem blöden Fauxpas auf Narutos Geburtstagsfeier von vor vier Jahren. Warum hatte er sich auch zu diesem doofen Trinkspiel überreden lassen?

Das Ende davon war gewesen, dass er den Heimweg nicht mehr antreten wollte und einen Schlafplatz suchte. Aus einem ihm noch immer undefinierbaren Grund, hatte er damals Karins Dekolleté als sehr ansprechend empfunden, um den Kopf darauf zu betten.

Eine fatale Entscheidung.

Zum Koitus war es nicht gekommen, zum Glück, aber es gab ein per Handy aufgenommenes Video, dass ihn wildknutschend mit Karin zeigte. Die Einzelheiten der Aufnahme wollte Sasuke sich jetzt nicht in Erinnerung rufen, aber er trug auf dem Video nur noch seine Shorts und sie ihren Slip. Oben rum war Freiluftpartie angesagt.

Es hatte jede Menge Nerven und eine Stange, wenn Sasuke ehrlich war, zehn Stangen Geld gekostet, um Karin das Video abzukaufen und weitere zehn, damit ein IT-Fachmann sämtliche im WorldWideWeb befindlichen Abkömmlinge löschte.

Die Stimme seiner Mutter klingelte ihm noch heute in den Ohren, der Blick seines Vaters stach noch immer ins Herz und das Seufzen von Itachi, seinem älteren Bruder, brach bei ihm weiterhin Stücke der Seele heraus. Seit diesem Abend trank er zwar weiterhin Alkohol aber in Maßen und schon gar nicht mehr in Kombination mit verrückten Trinkspielen.

 

Um auf andere Gedanken zu kommen, betrachtete Sasuke das Tischgedeck. Je länger er es ansah, umso mehr fand er, dass es gut zum Hochzeitskonzept passte. Zwischen den grünen Tannenzweigen und Efeublättern, ein Hauch von Winter und Weihnachten, fand sich der leichte Lilaton in Form von Bändern, Kerzen und Baumschmuck wieder.

Neugierig was Hinatas Vater von dem Ganzen hielt, schielte er zu diesem und stellte zu seiner Überraschung fest, dass dieser ein anerkennendes Gesicht machte. Zu Narutos Eltern brauchte er nicht zu schauen, beide strahlten schon den ganzen Tag wie kleine Honigkuchenpferde um die Wette.

Er mochte Narutos Eltern. Sie waren all das, was ein Teil seiner Familie nicht war, mit Ausnahme seiner Mutter. Herzlich, warm und immer bereit für ihr Kind einzustehen. Kein Wunder, dass Naruto solch ein sonniges Gemüt besaß und so hilfsbereit geworden war.

Sasuke wurde sich nur allzu sehr bewusst, dass sein Leben ohne Naruto womöglich aus grauer Lethargie bestanden hätte. Durch ihn hatte er von klein auf gelernt, dass es da draußen Farben gab. Apropos Farbe, sein Blick glitt bei der Betrachtung des Raumes und der Gäste automatisch immer wieder zu Sakura, die sich angeregt mit Ino und hin und wieder auch mit Hanabi und Shikamaru unterhielt.

Er wusste nicht, ob es an der feierlichen Stimmung lag, aber sie gefiel ihm heute ausgesprochen gut. Ihr lebhaftes Erscheinungsbild, die grünen, strahlenden Augen und ihr rosiger Teint sprachen ihn an. Warum war ihm das nicht früher aufgefallen? Und damit meinte er nicht früher an diesem Tag, sondern eher so vor drei, vier Wochen als sie sich mit den anderen Trauzeugen und Brautjungfern zu Probe in der Kirche hatten einfinden müssen.

Sasuke zog bei der Erinnerung daran die Augenbrauen zusammen. Schon da hatte sie ihm so gut wie keine Beachtung geschenkt, bemerkte er im Nachhinein. Eine freundliches „Hallo“ und „Wie geht’s?“, waren alles gewesen. Wenn er so darüber nachdachte, erschien sie ihm zum damaligen Zeitpunkt hektisch. Sie hatte in den Pausen auf ihr Handy geschaut und sich auf kleinen Karteikarten Notizen gemacht. Er fragte sich jetzt, ob dies Mitschriften zum Ablauf gewesen waren. Aber wenn die anderen keine Handzettel brauchten, dann sie erst recht nicht. Aber warum dann diese Karteikarten?   

Und wenn er sich richtig erinnerte, wirkte sie bei einer Probe unkonzentriert, war aber im Gegensatz zu Neji, Shikamaru und auch Hanabi nie von Rodrigo mit den Worten gerügt worden: „Ich kleide euch von oben bis unten in Regenbogen-Glitzerstaub ein.“

Im Gegenteil, er hatte sie sogar früher gehen lassen und nichts gesagt als Sakura sich einmal um eine ganze Stunde verspätete.

Sie war zu Rodrigo gegangen, aber der lächelte nur und nahm sie in den Arm. Sie schien an diesem Tag auch erleichterter und entspannter als sonst. Er glaubte sogar zu wissen, dass sie ab da keine Notizen mehr schrieb.

Was zum Teufel war mit dieser Frau los?

Ino

Er tat es schon wieder. Ino verstand nicht, weshalb Sasuke Uchiha immer wieder Sakura anstarrte. Ohne Zweifel, ihre beste Freundin sah heute fabelhaft aus, aber das taten heute fast alle, eine Ausnahme bildete ein rotes Etwas, aber dafür strahlte Hinata umso schöner.

Jahrelang hatte dieser Idiot ihrer besten Freundin die kalte Schulter gezeigt, während sie bemüht war ein gutes Verhältnis zu schaffen. Okay, zu Anfang waren ihre und Sakuras intensive Schwärmereien nicht korrekt. Sie hatten ihm zu Schulzeiten stets schmachtenden Blicke zugeworfen, Sakura länger als sie aber eine Belagerung wie Karin sie immer veranstaltete, war nie dabei gewesen. Und die Sache von vor vier Jahre hatte ihre ganz eigene Liga.

Trotzdem war das keine Antwort zu Sasukes erwachtem Interesse an Sakura. Sie würde heute ein Auge auf ihre beste Freundin haben und mit aller Macht verhindern, dass dieser Idiot Sakura als Schutzschild gegen Karin ausnutzte. Sowas schäbiges verdiente ihre Freundin nicht.

 

An der Sache mit Karin war Sasuke nicht ganz unschuldig. Eigentlich komplett schuldig. Bis heute wusste er nicht, dass Sakura und Naruto beim Versuch ihn von Karin loszueisen gescheitert waren – typisch, wenn der Film riss. Die beiden hatten den Uchiha vor einer Blamage retten wollen. Dass sie nichts ausrichten konnten und auf verloren Posten standen, sahen beide erst ein als Sakura von Sasuke grausam beleidigt wurde und er Karins BH in Narutos Gesicht knallte. Das war auch der Moment gewesen als jemand anfing mit Karins Handy draufzuhalten und Sakura in Tränen ausbrach. Ein katastrophaler Abend für fast alle.

Sasukes Ruf war geschädigt, Narutos Geburtstagsfeiern bekamen bis in alle Ewigkeit einen Alkohollimit (ein Verbot hätte nur zu mehr Alkohol geführt) und Sakura war mehrere Wochen, Monate traf es besser, ein Haufen Elend gewesen. Ein Häufchen schien untertrieben, glich sie doch in ihrer Bewegung und der Reaktionsschnelligkeit einem Zombie. Ino war die Einzige, mit Ausnahme einer glückseligen Karin, die aus der Feier ihren Nutzen zog und der hieß Sai.

Neugierig sah sich Ino nach ihrem Verlobten um. Er hatte ihr im Vorfeld gesagt, dass er Fotos machen würde, von denen die Gäste nicht bemerkten. Hinata und Naruto wollten während der Feier nicht mit Gruppenfotos gestört werden und sie hatten Recht. Es war nervig als Braut und Bräutigam nicht im vollen Ausmaß das Geschehen mitzubekommen, nur wegen eines Fotos vor einer schönen Location oder mit einigen Verwandten. Da verpasste man doch alles. Wer Fotos mit ihnen machen wollte, konnte das auch noch morgen.

Rodrigo und Ino hatten es nämlich geschafft, Naruto und Hinata davon zu überzeugen, dass es nach dem Hochzeitstag auf jeden Fall einen Brunch am nächsten Morgen mit allen Gästen geben musste. Das hatte die zwei natürlich vor das Problem gestellt, wie sie alle für eine Nacht an einem Ort behalten konnten und Ino fand ihre Lösung einfach fabelhaft.

Dieses Haus hatte Charme und sie war sich sicher, Rodrigo hatte seine Hände im Spiel gehabt, um es buchen zu können.

 

Ino nahm die Getränkekarte und beugte sich zu Sakura.

„Teilen wir uns eine Flasche Weißwein?“

„Geht nicht. Ich hab Hirsch bestellt. Da passt Rotwein besser dazu.“

„Oh…“, entgegnete Ino. „Na gut, dann köpf ich den Weißen allein.“

 

Damit das Essen schneller serviert wurde, hatte jeder Gast bei seiner Zusage zur Hochzeit aus den vier angebotenen Gerichten im Vorfeld wählen müssen. Sonderwünsche, wie laktosefrei und kein Gluten, durften in einer extra Zeile niedergeschrieben werden.

Sakura stupste ihre Freundin an. „Mir geht’s nicht anders, ich muss mich durch eine ganze Flasche Rotwein kämpfen, wenn ich nicht auf dem Trocknen sitzen will.“

„Vielleicht auch nicht“

„Was meinst du?“

„Frag Sasuke mal, was er so im Vorfeld bestellt hat?“

Sakura sah Ino perplex an. „Warum sollte ich?“

„Dann kannst du dir die Flasche mit ihm teilen.“

Sakura seufzte und lehnte sich noch weiter zu Ino, um ihr ins Ohr zu zischen: „Was hast du heute andauernd mit Uchiha?“

„Ich hab gar nichts mit ihm. Er scheint aber was von dir haben zu wollen“, zischelte Ino ebenfalls leise zurück.

„Klar, jahrelange Abneigung und plötzlich Sinneswandel?“

„Oder es liegt an was anderem“, und Ino deutete mit dem Finger auf Karin.

„Oh, bitte nicht. Ich wäre glücklich, wenn ich sie heute nicht mehr sehen muss.“

„Lässt sich nicht vermeiden. Sie wird an Sasuke hängen, wie ein Blutegel.“

Bei dieser Umschreibung hob Sakura die Augenbrauen. „Schöner Vergleich.“

„Danke“, entgegnete Ino erfreut und Sakura setzte nach. „Ich hoffe, die beiden nehmen sich ein Zimmer, wenn es zum Wegwerfen der Kleidung kommt.“

Uh! Da hatte jemand etwas noch nicht überwunden. Überrascht von dieser Aussage platzte das: „Sakura!“, lauter als gewollt aus Ino heraus, während sie von ihre Freundin etwas wegrückte. Für einen Moment verstummten die Gespräche um sie herum und die Blicke ruhten auf den beiden.

„Ino!“, rief Sakura ihrerseits aus, um die Sache aufzulösen. „Der Meinung bin ich auch“, und mit einem Lächeln wandte sie sich der Getränkekarte zu.

 
 

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Das Essen war fantastisch und ihre Tischnachbarin, und damit war nicht Sakura gemeint, stellte sich als Liebhaberin von Weißwein heraus. Die Frau hatte ein Dreiviertel der Flache allein getrunken, während Ino noch an ihrem zweiten Glas nippte.

Sakura hatte in Shikamaru einen passablen Abnehmer ihrer Hälfte vom Wein gefunden, während Sasuke zu Inos Überraschung bei Wasser blieb. Da wollte einer aber sowas von auf Nummer sicher gehen.

Die Hauptspeise wurde abgeräumt und nach einer Weile dimmten die Mitarbeiter des Hauses die Lichter. Leise wurde wieder der Hochzeitsmarsch eingespielt und dann kam die Torte.

 

Wahnsinn!

Ino grinste wie ein Heukuchenpferd und im ganzen Saal waren Rufe der Bewunderung zu hören. Statt der Wunderkerzen, die es auf jeder Torte gab, beleuchteten kleine Mini-LED-Laternen die vielstöckige Torte. Wie abgefahren war das denn? Sowas hatte sie noch nie gesehen. Dieses Konzepte fügte sich wie ein Puzzle-Teil in das gesamte Ambiente. Nicht nur was das Essen an sich betraf. Die Laternen schafften es eine Verbindung zu dem Haus aufzubauen und machten die Sache rund.

Sobald die Torte beim Brautpaar angekommen war, wurde das Licht wieder heller. Erst jetzt konnten die Gäste sehen, dass die Torte keinen reinen weißen Font besaß. Die unterste Eben war in dem bekannten Lilaton eingefärbt und verlief sich von Tortenschicht zu Tortenschicht ins Weiß. Kleine Blütendolden, die an Flieder erinnerten, zierten die Zuckerdecke. Diese Torte war ein Traum.

Auf der obersten Torte kniete ein kleiner Naruto vor einer kleinen Hinata unter einem Fliederbogen. Sie waren nicht aus Marzipan, sondern geschnitzt aus zwei Stück Eichenholz, mit denen beide eine wohlig warme Geborgenheit aus Jugendtagen verbanden.

Hinata und Naruto waren selbst auf die Idee gekommen, statt des Marzipanpaars etwas draufzusetzen, dass für sie mehr Bedeutung besaß und nicht ständig im Eisfach stehen musste. Sie hatten sich für Holz entschieden, speziell Eichenholz. Holz war ein warmes Element, stark, aber auch biegsam. Der Baum, zudem die beiden Holzstücke einst gehörten, war Jahre gewachsen, hatte Höhen und Tiefen erlebt, war von Winden gebeugt, vom Regen gepeitscht und von der Sonne gewärmt worden und er stand noch immer, nahe bei Narutos Elternhaus.

Die beiden Figuren waren aus einem Stück des Astes geschnitzt, an dem einst eine Schaukel hing, die besonders im Sommer ein begehrtes Objekt von Kindern gewesen war, die nun als die besten Freunde von Hinata und Naruto bei deren Hochzeit versammelt beieinander saßen.

 

Zwei Jahre vor der Hochzeit hatte während eines Sturms ein Blitz in den Baum eingeschlagen. Der Baum, eine fast 150 Jahre alte Eiche, lebte weiter, doch der Ast mit der Schaukel lag auf dem Boden. Naruto hatte Tage später seinem Vater dabei geholfen den Ast klein zu sägen und die Stücke daraufhin zu einem Freund der Familie gebracht, der daraus Skulpturen schnitzte. In jenem Moment war die Idee in Naruto herangereift.

Ino seufzte. In den beiden Figuren lag so viel Geschichte, dass es ihr die Tränen in die Augen trieb.

Sasuke

Der Schnaps brannte in seiner Kehle als er das Pinnchen in einem Zug leerte. Es war ein Mythos, dass ein Aperitif nach dem Essen der Verdauung half, trotzdem verweigerte keiner der Gäste das Glas. Sasuke beobachtete wie Hanabi das Gesicht verzog als sie daran schnupperte und Sakura hielt sich sogar die Nase beim Trinken zu. Trotzdem zog auch sie eine Grimasse, während Ino ein Juchzer von sich gab.

„Viel zu bitter“, hörte er Sakura sagen, bevor sie aufstand und den Saal verließ. Wahrscheinlich ging sie aufs Klo.

Sasuke ließ sein Blick über die anderen Gäste schweifen und begegnete Inos blauen Augen, die ihn aufmerksam und scharf musterten. Sie hatte ihn mal wieder ertappt. Aber gut, sollte sie doch. Er war ein Uchiha und es gewohnt neben den anschmachtenden Blicken auch böse zu erhalten. Aber von Ino?

Machte sie sich etwa Sorgen um Sakura? Wegen ihm?

Lächerlich. Sakura war erwachsen, außerdem schien sie eh kein Interesse mehr an ihm zu haben…

Sasuke hielt in seinen Gedanken inne. Wenn dem so war, weshalb reagierte Ino dann so merkwürdig? Konnte es sein…

Weiter kam Sasuke nicht. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf Naruto, der mit Hinata aufgestanden war und nun verkündete, dass nach dem üppigen Mal der Hochzeitstanz folgte. Einige bejahten diesen Schritt, andere stöhnten ergeben auf – darunter viele Männer. Anscheinend hatten sie gedacht, dem zu entkommen. Aber zu einer anständigen Hochzeit gehörte neben einem guten Essen auch das Tanzen, insbesondere der Hochzeitswalzer.

 

Sasuke erhob sich ebenfalls und spürte wie der Hosenbund etwas drückte. Zum Glück war das Kuchenstück nicht noch größer gewesen.

 

Die Festgemeinde verließ das Esszimmer und fand sich in dem großen Saal davor ein. Als jeder einen Platz am Rand der Tanzfläche suchte, kam auch Sakura wieder. Anscheinend hatte sie etwas Make-Up nachgelegt. Ihre Lippen besaßen jetzt einen intensiveren Ton und Stirn und Nase einen matten Schimmer.

Sasuke wollte sich von ihrem Anblick loseisen, kam aber erst dazu als sie bei Ino angelangt war und er etwas Rotes in seinem Blickfeld bemerkte. Für eine Flucht war es zu spät und so ergab er sich seinem Schicksal, das Karin hieß und vor ihm zum Stehen kam.

„Sasuke“, schnurrte sie und leckte sich über die Oberlippe. Etwas atemlos kam von ihr die Frage: „Würdest du mir … die Ehre geben?“

„Die Ehre?“, hakte er nach.

„Tanzen.“

„Jetzt? Hier?“

„Ja“, entgegnete Karin und trat näher an ihn heran. Der penetrante Duft ihre Parfüms stieg ihm in die Nase und er musste sich zurückhalten, um diese nicht zuzuhalten.

„Natürlich nicht jetzt“, fuhr Karin fort. „Der jetzige Tanz gehört dem Brautpaar, aber danach.“

„Das geht nicht“, mischte sich eine helle Stimme mit ein.

Sasuke und Karin wandten sich abrupt zu der Person um und Sasuke hätte am liebsten erleichtert geseufzt als er in seiner Retterin Hinatas kleine Schwester erkannte.

„Warum nicht?“, wollte Karin wissen und klang nun nicht mehr atemlos. Eher etwas aufgebracht.

„Sobald die Brautleute die Tanzfläche freigeben, dürfen nur die Trauzeugen und die Brautjungfern mittanzen, und zwar miteinander.“

Für einen Moment blieb Karins Mund offen stehen, dann wandte sie sich an Sasuke, dem nun ebenfalls diese Regel wieder eingefallen war.

„Stimmt das?“

„Ja“, entgegnete er. „Naruto und Hinata haben diesen Wunsch geäußert.“

„Sie werden sicherlich eine Ausnahme machen“, und mit diesen Worten wirbelte Karin herum, um die Menge zu teilen, damit sie zu Naruto und Hinata gelangen konnte.

Sasuke wandte sich an Hanabi. „Danke.“

„Dank nicht mir, dank Naruto und Hinata, die die Regel aufgestellt haben.“

„Das werde ich. Aber mein Dank galt dir, weil du mich vor einem unliebsamen Gespräch gerettet hast.“

„Na, wenn das so ist…“, sagte Hanabi und legte den Kopf schief, „… dann kannst du mir sicherlich den Gefallen tun und nicht mit mir tanzen.“

Sasuke stutzte.

„Versteh mich nicht falsch, Sasuke. Du bist sicherlich ein guter Tänzer aber … ich…“, Hanabi sah hinüber zu Neji. Bevor sie sich weiter erklärte, dass es wegen der Familie war und es besser schien mit einem Familienangehörigen zu tanzen, sagte Sasuke: „Ich verstehe. Dann werde ich…“, er stockte.

Ihm fiel siedend heiß ein, wen er dann auf die Tanzfläche führend würde. Entweder Ino oder Sakura und die Möglichkeit mit Sakura zu tanzen war höher als die mit Ino.

Er sah auf die andere Seite des Saals und beobachtete wie Sakura gerade wegen eines Scherzes lachte. Plötzlich hatte er das Gefühl, dass die Welt sich etwas langsamer drehte.

„Ich geh dann mal rüber zu Neji“, sagte Hanabi. Er brachte nur ein: „Äh, ja“, hervor.
 

 

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Der Tanz von Hinata und Naruto hatte begonnen und da das Licht gedämmt und der Spot nur auf ihnen lag, bekam Sakura nicht mit wie Sasuke sich ihr näherte. Er hatte sie fest im Blick, damit sie ihm bei dem schummrigen Licht nicht verloren ging und es lagen nur noch wenige Meter zwischen ihm und ihr, da trat Ino in sein Sichtfeld.

„Ino“, sagte er leicht perplex über ihr plötzliches Auftauchen.

„Sasuke“, säuselte sie aber mit ein Lächeln, dem etwas wolfartiges anhaftete.

„Willst du dir nicht den Tanz anschauen?“, fragte er in der Hoffnung, ein Gespräch abwenden zu können.

„Keine Sorge. Ich werde dich nur kurz aufhalten. Ich habe den Tausch der Tanzpartnerinnen mitbekommen. Lass dir aber eines gesagt sein, Uchiha. Sollte Sakura am heutigen Abend wegen dir in Tränen ausbrechen, kannst du dein Testament schreiben.“

„Das ist schon geschrieben“, entgegnete er. „Und warum sollte sie wegen mir weinen?“

Nun bekam er etwas zu hören, dass für seine Ohren, ginge es nach Sakura, eigentlich nicht bestimmt war – und dass er es zu hören bekam, lag nur am Alkohol. Bekanntlich löste der ja neben den Hemmungen auch die Zunge.

„Weil sie es schon mal getan hat, als du dich auf Karin geworfen hast.“

Sasuke wollte eine Erwiderung anbringen, aber sein Blick brachte Ino dazu noch mehr zu sagen.

„Du weißt es nicht, du kannst es auch nicht wissen, weil du dich an nichts erinnerst und das, was du weißt, kennst du auch nur von dem Video. Naruto und Sakura haben damals versucht dich von Karin wegzubringen, aber du hast Sakura damals aufs Grausamste beschimpft und Naruto bekam von dir Karins BH ins Gesicht geknallt. Also, wenn du planst den Abend zu wiederholen, sieh zu, dass es nicht vor Sakuras Augen … besser noch, dass es nicht vor der gesamten Hochzeitsgesellschaft passiert. – Ich will Sakura nicht nochmal als lethargischen Zombie erleben. Das eine Mal hat gereicht!“, und mit erhobenen, drohenden Zeigefinger zischte sie: „Und untersteh dich sie als Schutzschild gegen Karin einzusetzen!“

Bevor Sasuke auch nur den Mund öffnen konnte, wirbelte Ino herum und stolzierte zu Shikamaru zurück, der ein Gähnen hinter der Hand verbarg.

 

Sasuke blieb verwirrt zwischen den Gästen zurück. Langsam wanderte sein Blick zu Sakura, die nah bei Hanabi stand und sich leicht zu der Musik wiegte.

Konnten Inos eben gesprochenen Worte der Grund sein, weshalb Sakura ihn kaum ansah? Kaum mit ihm sprach? Mied sie ihn wirklich schon seit vier Jahren?

Er versuchte sich an Begebenheiten und Treffen zu erinnern, an denen sie teilgenommen hatte. Es fiel ihm schwer zu glauben, in der ganzen Zeit nicht mitbekommen zu haben, wie sich ihr Verhalten ihm gegenüber verändert hatte. Anscheinend waren ihre schmachtenden Blicke für ihn zu einer Selbstverständlichkeit geworden. –

Sasuke straffte die Schultern. Ihm wurde bewusst, dass seine Beleidung heftig gewesen sein musste.

Zögernd und nur mit gemäßigten Schritten setzte er seinen Weg in Sakuras Richtung fort. Zugleich dachte er darüber nach, welche Kränkung ausreichte, um Sakura zu vergraulen. Ihm fielen nur zwei Beleidigungen ein und diese zielten zum einen auf ihre Intelligenz und zum anderen auf ihr Aussehen ab. Wahrscheinlich war es „breitstirniger Hohlkopf“ gewesen, obwohl… er musste beachten, dass er zu dem Zeitpunkt betrunken war und breitstirniger Hohlkopf hätte er so, ohne sich zu verhaspeln, nicht aussprechen können. Mit wachsender Sicherheit und einem Bange werdendem Gewissen ahnte Sasuke, dass er die Worte in einer anderen Reihenfolge gesagt hatte.

Hohlköpfige Breitstirn. –

Na toll! Sasuke sog scharf die Luft ein. Diese Beleidigung ging ihm so leichter über die Lippen, gleichzeitig hatte er sich damit aber auf eine Stufe mit Karin gestellt. Sie war die Erste gewesen, von der Sakura diese Kränkung erfahren musste.

 

Er seufzte lautlos und wollte nicht wahrhaben, dass er so weit gegangen war, um Sakura abzuschütteln und das in einem Moment als sie nur sein Bestes im Sinn gehabt hatte, ohne Rücksicht auf ihre eigenen Bedürfnisse.

Sakura

Sakura seufzte und es war ein Seufzer der schmachtenden Träumerei. Sie hatte Hinata noch nie so glücklich gesehen und Naruto noch nie so aufmerksam. Beide schwebten im taktvollen Gleichmaß eines Dreivierteltaktes über das Parkett. Ein Ergebnis aus unzähligen Tanzstunden, die vor sieben Monaten ihren Anfang genommen hatten.

Bei den allwöchigen Sonnabend-Treffen der Freundinnen berichtete Hinata über ihren und Narutos Fortschritt. Lange schien es, dass Naruto es nicht schaffen würde. Die Tanzlehrerin hatte schon Wagenladungen an Taschentüchern verbraucht, um ihre Tränen der Verzweiflung zu trocknen. Aber dann war das Wunder passiert. Zwei Monate vor der Hochzeit platzte 15 Minuten nach Unterrichtsbeginn der Knoten bei Naruto. Die Lehrerin bekam sich vor Freude nicht mehr ein und seitdem stand hinter ihrem Beruf, Tanzlehrerin & Choreografin, der Zusatz: auch bei schwierigen Fällen.

Sakura hatte privat mit Ino einige Stunden genommen, um ihr Wissen aufzufrischen. Sie mussten nur den Walzer können, mehr wurde auf einer Hochzeit von den Brautjungfern nicht erwartet. Der Rest war Privatvergnügen.

 

Das Lied wurde leiser und Sakura hielt Ausschau nach ihrem Tanzpartner. Überrascht stellte sie fest, dass Neji sich mit Hanabi zusammengetan hatte. Sie schluckte und sah sich hilfesuchend nach Ino um, dabei entdeckte sie Sasuke, und zwar unmittelbar neben ihr. Erstaunt blinzelte sie ihn an. Ihr war seine Anwesenheit komplett entgangen, dabei stand er nur drei Schritte von ihr entfernt.

Es hatte eine Zeit gegeben, da wäre ihr das nicht passiert. Aber die lag vor der Alkohol-Karin-Sache. Ino nannte es immer den „Sasuke-Radar“ und machte sich einen Spaß daraus, indem sie manches Mal fragte: „Und, wo ist Sasuke?“ –

Nun… jetzt stand er direkt vor ihr. Unsicher sah sie zu ihm auf, nickte ihm als Zeichen des Hallo’s zu und versuchte aus den Augenwinkeln zu erkennen wo sich Ino aufhielt. Ihr rutschte das Herz in die Kniekehlen als sie ihre Freundin, zusammen mit Shikamaru, am anderen Ende des Saals erspähte. Ihre aufkeimende Idee mit Ino den Tanzpartner zu tauschen, erstickte in jenem Moment.

Sasukes Stimme drang an ihr Ohr und sie sah ihn wieder an.

„Bereit?“

Ihr blieb wohl nichts anderes übrig. Sie konnte spüren wie ihr Herz schneller schlug. Zaghaft nickte sie, fragte aber: „Warum hat Hanabi dich stehen lassen?“ Sakura wusste nicht, ob dem wirklich so gewesen war, aber andersherum konnte sie es sich nicht vorstellen.

„Konservatives Denken“, bekam sie in einer monotonen Stimmlage zu hören.

Sakura runzelte die Stirn. Was meinte er und wen meinte er? War ihm vielleicht die Frage zu konservativ?

Stockend erwiderte sie: „W-wie bitte?“

„Hinatas Familie. Die Hyuugas“

Sakura fand, dass er sich den Zusatz auch hätte sparen können. Sie wusste wer Hinatas Familie war. Das Licht um sie herum wurde noch schummriger und dann lag der Spot, neben dem Brautpaar, auch auf den drei Brautjungfern und den Trauzeugen.

„Bereit?“, wiederholte Sasuke seine Frage und hielt Sakura seinen Arm hin, damit er sie auf die Tanzfläche führen konnte.

Sakura atmete noch einmal tief ein, dann nickte sie ein weiteres Mal und hakte sich unter. Ihr Herz hämmerte einen wilden Galopp als er sie zur Mitte des Saals führte. Um sich zu beruhigen, wiederholte sie wie ein Mantra den Satz: Es ist nur ein Tanz – nur ein Tanz, es ist nur ein Tanz und nicht mehr.

 

Sasuke stellte sich auf und bot ihr seine linke Hand an, damit sie ihre Rechte hineinlegte. Sie kam der Aufforderung mit einem hohen Maß an Konzentration nach. Damit er seinen rechte Hand auf ihren Rücken platzieren konnte, musste Sakura näher an ihn herantreten. Sie vermied jeglichen Augenkontakt aus Angst vor ihrer eigenen Schwäche. Stur sah sie auf sein Plastron und bewunderte das silbrige Paisley-Muster. Sie mochte Paisley, besonders so dezentes. Es passte zu ihm und in dem Moment wo sie das dachte, ärgerte sie sich schon.

Ein Kribbeln erwachte dort, wo seine Hand auf ihrem Rücken zum Liegen kam. Mit einmal fühlte sich die Stelle so warm an. Das Kribbeln breitete sich aus und ließ sie für eine Sekunde die Zehen zusammenziehen.

Vorsichtig und kaum atmend, legte Sakura ihre Hand auf seinen rechten Oberarm. Das Schlagen ihres Herzens dröhnte in den Ohren und sie atmete tief ein. Seine Hand übte einen bestimmenden Druck aus und Sakura sah sich gezwungen einen halben Schritt näher zu ihm kommen.

Sie ließ ihren Blick zu den anderen Paaren schweifen und begegnete dabei Narutos. Zwinkerte er ihr zu? Bevor Sakura darüber nachdenken konnte, begann die Musik und sie erstarrte. Ihr Kopf ruckte zu Naruto und Hinata rum. Auf beiden Gesichtern war ein verschmitzte Lächeln zu sehen.

„Können wir?“

Sie drehte sich zu Sasuke und bemerkte, dass sie schon längst hätten tanzen sollen. Rasch nickte sie und schon begann der Reigen.

 

Während Hinata und Naruto weitestgehend in der Mitte des Saals blieben, waren die anderen drei Paare dazu angehalten den Walzer raumgreifend zu gestalten. Mit jedem Schritt glaubte Sakura ein bisschen mehr von ihrem Verstand zu verlieren.

Das war so unfair. Ja, sie hatte sich immer vorgestellt zu diesem Lied mit Sasuke tanzen zu dürfen. Aber doch nicht so. Nicht jetzt!

Sie liebte dieses Lied und in ihren Träumen war es das Lied für sie gewesen. Jedes Mal, wenn sie es gehört hatte, stellte sie sich genau diesen Moment vor, den sie gerade erlebte. Seit vier Jahren hatte sie den Song nicht mehr gehört und schon waren ihre Gedanken wieder bei Narutos eskalierter Geburtstagsfeier. Wie hatte es nur so weit kommen können?

Sakura wusste nicht was ihr mehr zu schaffen machte. Sasukes Beleidigung oder sein wildes Gefummel und die ausartende Knutscherei mit Karin. Beides wahr für sie schrecklich gewesen. Natürlich spielte der Alkohol seine Rolle, aber niemand hatte Sasuke dazu gezwungen über das Maß zu konsumieren.

 

Sakura war so in ihren Gedanken vertieft, dass sie erst wieder zu den Feierlichkeiten zurückkehrte als der Tanz beendet wurde. Entsetzt stellte sie fest, dass ihr alles entgangen war und sie nicht mal wusste, ob sie gut getanzt hatte.

Atemlos und über sich selbst verwirrt, sah sie zu Sasuke auf. Er sah sie fragend an und sie wusste, dass ihm ihre psychische Abwesenheit nicht entgangen war. Rasch haspelte sie, in der Annahme ihm mehrmals auf die Füße getreten zu sein: „Entschuldige, dass ich so eine miserable Tänzerin bin … ich brauch erstmal was zu trinken.“

Sie gab Sasuke keine Gelegenheit sie aufzuhalten. Hastig drehte sie sich um und verschwand zwischen den Paaren, die nun ebenfalls ihr tänzerisches Können unter Beweis stellen wollten.

Zielsicher steuerte Sakura die Bar an, hinter der eine dunkelgekleidete Frau mit ihrem Kollegen die Getränke ausgab. Lächelnd sah diese ihr entgegen.

„Was darfs sein?“

„Schnaps. Doppelt.“

Die Frau warf ihr einen verwunderten Blick zu, aber Sakura winkte ab und sagte: „Glauben Sie mir, den hab’ ich dringend nötig.“

Sasuke

Wie ein verschrecktes Reh sah Sakura ihn an. Es schien ihr nicht in den Kram zu passen mit ihm zu tanzen. Tanzen zu müssen, denn ihr Blick wanderte durch die Reihen und er wusste, dass sie Ausschau nach Ino hielt, aber für einen weiteren Tausch der Partner war es nun schon zu spät.

Der Hochzeitswalzer, nur für Naruto und Hinata, neigte sich langsam dem Ende zu.

„Bereit?“, fragte er Sakura.

Sie zögerte, gab ihm dann aber ein zaghaftes Nicken.

„Warum hat Hanabi dich stehen gelassen?“

Er hatte gewusst, dass sie ihm diese Frage stellen würde und er schmunzelte als er erkannte, wie sie automatisch davon ausging, dass solch eine Änderung untypisch für ihn war – es sei denn, Karin wäre sein Tanzpartnerin gewesen, aber da hätte er gleich zu Beginn anders reagiert. Das war jedoch eine andere Geschichte.

„Konservatives Denken.“

Ihr Blinzeln verriet ihm, dass sie mit der Antwort nichts anfangen konnte. Sie unterstrich es auch noch mit einem: „W-wie bitte?“

Huch, war das jemand nervös? Es kam selten vor, dass Sakura stammelte.

„Hinatas Familie. Die Hyuugas.“

Erst als er den Namen gesagt hatte, fiel ihm ein, dass es das nicht brauchte. Sakura wusste nur zu gut wer Hinata war und zu welcher Familie sie gehörte.

Sasuke bemerkte wie das Licht im Saal schummriger wurde und ein Lichtkegel ihn und Sakura erfasste. Mit der vollendeten Eleganz eines Gentlemans und ganz so wie er es von zu Hause gelernt hatte, bot er Sakura seinen Arm an und wiederholte seine Frage vom Anfang: „Bereit?“

Sie nickte ihm zu. Sasuke fand ihre Art, wie sie sich bei ihm unterhakte, etwas ungelenk. Nicht in die Richtung der Tollpatschigkeit, was fehlte war der Hauch von Ungezwungenheit. Er bekam immer mehr den Eindruck, dass es ihr widerstrebte seine Tanzpartnerin zu sein.

Die Sakura aus seiner Erinnerung wäre rot geworden, hätte verlegen zu ihm aufgeschaut und gleich wieder die Lider niedergeschlagen. Sie hätte bei seiner Frage, ob sie bereit war, ein mädchenhaftes Kichern hören lassen und ihm gezeigt, wie sehr sie ihn mochte. Aber diese Sakura …

 

Sasuke drehte sich der Tanzfläche zu und führte seine Partnerin aus den Reihen der Zuschauer hinaus und in das Zentrum des Raumes hinein. Unweit vom Brautpaar blieb er stehen und nahm die erste Position ein. Er bot Sakura wortlos die linke Hand an und sie verstand seine stumme Geste.

Zögerlich und mit schneller werdendem Herzschlag legte Sasuke seine rechte Hand auf ihren Rücken. Obwohl Sakura für die Einnahme der erste Position einen ganzen Schritt näher an ihn herangetreten war, reichte es noch nicht, um angenehm zu Tanzen. Es widerstrebte Sasuke sie dazu zu bringen den Abstand nochmals zu verringern, auch wenn es nur ein halber Schritt war, aber wenn der Walzer geschmeidig werden sollte, blieb ihm nichts anderes übrig.

Zu seiner Überraschung kam sie auch dieser Geste nach und als sie so nah vor ihm stand, den Blick stur auf sein Plastron gerichtet, bemerkte er zum ersten Mal ihren Duft. Der sanfte Hauch von Kirschblüten umgab sie. Es überraschte ihn, dass er nicht süßlich schwer in der Luft hing, sondern federleicht den Raum durchdrang, ohne penetrant zu wirken.

Sasuke sah auf Sakura hinab. Ihr rosa Haar hatte sie wie die anderen Brautjungfern zu einem Haarknoten hochgesteckt. Die Frisur war mit Blüten und Perlen verziert und fliederfarbene Bänder schmückten die nach hinten geflochtenen Strähnen.

Er versteifte als er sah, wie sie ihren Kopf bewegte. Aber Sakura blickte nicht wie von ihm erwartet zu ihm auf, sondern schenkte der Umgebung ihre Aufmerksamkeit. Es ärgerte ihn.

Natürlich war ihr anhimmelndes Getue lästig gewesen aber diese 180 Grad Wende gefiel ihm noch weniger. Plötzlich begriff Sasuke, sie sollte ihn ansehen. Das Grün ihrer Augen sollte ihm gelten.

Selbst als die Musik begann, konzentrierte sie sich nicht auf ihn, ihrem Tanzpartner. Er folgte nicht ihrem Blick, sondern fragte mit einem leicht gereizten Unterton: „Können wir?“

Es ging ihm nicht darum, dass sie den Einsatz verpasst hatten und die anderen Paare schon am Tanzen waren. Es ging ihm ums Prinzip.

Seine Frage schaffte, was er sich daraus erhofft hatte. Sie sah ihn an und nickte – mal wieder.

 

Sakura ließ sich wunderbar führen. Es fühlte sich an, als hätte er mit ihr unzählige Stunden im Voraus genommen. Egal in welche Richtung er sie lenkte oder wie schnell oder langsam er das Tempo gestaltete, sie passte sich ihm an.

Er hätte darüber erfreut sein müssen in ihr eine solch exquisite Tänzerin gefunden zu haben, aber sie schien nur physisch da zu sein. Mit ihren Gedanken war sie ganz weit weg. Er sprach sie drei, vier Mal an, aber sie reagierte nicht. Erst als der Tanz endete, blickte sie auf und in ihrem Gesicht konnte er die reine Verwirrung lesen. Erneut widersprach sie dem, was er in Erinnerung hatte. Sie sollte strahlen. Ihn anlächeln. Die gerötete Wangen sollten nicht nur vom Tanz herrühren.

 

„Entschuldige, dass ich so eine miserable Tänzerin bin“, sagte sie atemlos. Ihr Blick schweifte hektisch durch den Raum und rasch fügte sie an: „Ich brauch erstmal was zu trinken.“

Bevor er etwas erwidern konnte, hatte sie sich schon umgedreht und verschwand zwischen den anderen Gästen, von denen einige paarweise die Tanzfläche betraten. Er fühlte sich wie ein begossener Pudel.

Erst Sekunden später kam ihm in den Sinn, ihr nachzugehen, da wurde er aber von Karin abgefangen.

„Sasuke!“, japste diese. „Endlich!“

„Endlich was?“

„Ich dachte schon dieses Lied endet nie. Du hast mir so leidgetan. Haruno hat überhaupt kein Anstand und erst recht kein Taktgefühl. Anstatt glücklich zu sein, mit dir einmal im Leben tanzen zu dürfen, macht sie eine Miene wie ein Trauerklos. Aber keine Sorge, ich bin ein veritabler Ersatz. Nimm mich, führe mich über das Parkett.“

Sasuke hob die Brauen und sah Karin groß an, gleichzeitig nahm er Abstand von ihr.

„Wie viel hast du getrunken?“, wollte er wissen.

„Wieso?“

„Du hast eine Fahne.“

Karin klappte der Mund auf. Rasch hob sie die Hand und atmete gegen die Innenfläche. Ihre Wangen wurden rot. Anscheinend hatte sie es jetzt auch bemerkt. Aber das war für sie kein Grund aufzugeben, stattdessen entgegnete sie: „Na und. Vor vier Jahren hat dich das auch nicht gestört.“

„Lass es!“, knurrte Sasuke.

„Warum? Ist es dir peinlich? Nun, mir nicht. Ich hab jede Sekunden genossen. Besonders deine Lippen auf meinen …“, dabei lächelte Karin ihn verschmitzt an und eröffnete ihm einen tiefen Einblick auf ihr Dekolleté. Sie leckte sich über die Oberlippe und hauchte anzüglich: „Du warst ein sehr unartiger Uchiha … und wer einmal unartig ist, wird es immer wieder sein. Also, warum sträubst du dich so? Wir könnte jede Menge Spaß haben.“

Sasuke schob seine Hände in die Hosentaschen. Er straffte die Schultern und erwiderte im monotonen, trockenem Ton: „Mach dich nicht lächerlich.“

„Schiebst du’s auf den Alkohol?“, Karin lachte und schob ihre rote Brille zurecht. „Du weißt schon, Alkohol holt die tiefsten Abgründe in einem empor und zeigt das wahre Selbst. Du hast an dem Abend nur gezeigt, wer du wirklich bist, wer du wirklich sein willst.“

Dunkel grollte Sasuke Karins Namen zwischen den Zähnen hindurch, aber die junge Frau sprach ungeniert weiter. Um sie herum tanzten die Gäste ausgelassen.

„Mit mir kannst du der sein, den du im tiefsten Inneren eingesperrt hältst. – Du kannst es nicht leugnen, Sasuke. Du willst es und das weißt du. Die unnahbare Seite an dir hat ihren Reiz, ganz ohne Zweifel, aber glaub mir, das hemmungslose Verlangen, dass du vor vier Jahren mich hast spüren lassen war pures Feuer. Es vergeht keine Nacht, in der ich nicht davon Träume, wie es gewesen wäre, wenn wir auch den letzten Schritt gegangen wären. Du und ich…“

Es reichte! Sasuke schnaubte. Er packte Karin am Handgelenk und zog sie durch das Getümmel der tanzenden Gäste zum Ausgang des Saals. Im Vorraum befanden sich nur wenige Leute, entweder auf dem Weg zur Toilette oder nach draußen, für eine Zigarette.

In einer Nische, hinter einem Stützpfeiler, blieb Sasuke stehen und stellte Karin zwischen sich und die Wand.

„Nicht so stürmisch, Uchiha“, lachte diese. „Wir können auch aufs Zimmer gehen.“ Ihr Lachen verstummte als sie in Sasukes Gesicht sah.

„Jetzt hör ganz genau zu, Karin“, knurrte Sasuke. „Was vor vier Jahren passiert ist, ist Vergangenheit. Lass. Es. Ruhen.“

„Oh, bitte. Wie kann ich die Erinnerungen ruhen lassen. Sobald ich daran denke werde ich feucht und sehne mir den Tag herbei, oder auch die Nacht, wo wir die ganze Sache wiederholen, ohne Handy natürlich, aber mit einem vergnüglichen Abschluss, der uns beide den Höhepunkt beschert. Gerne auch mehrmals.“

Sasuke bebte. Er presste seine Zähne aufeinander und sog die Luft scharf ein. „Es wird nicht nochmal passieren.“

„Es war kein Ausrutscher, Sasuke. Du hast es gewollt. Leugne es nicht, oder warum hast du dich gegen Naruto und die Haruno aufgelehnt als sie vorhatten, dich von mir wegzuzerren? Du wolltest mich. Du warst hart. … Ja, schau nicht so. Dein bestes Stück hat sich ziemlich deutlich in der Unterhose abgezeichnet. Du bist geil geworden, wegen mir.“

„Es reicht, Karin!“, warnte Sasuke sie.

„Was? Du kennst das Video. Du weißt, was wir eigentlich tun wollten. Sex auf dem Küchentisch. Im Haus von Narutos Eltern. Schade nur, dass der Alkohol dich zu früh ausgeknockt hat. Gerade als es richtig losging und du mein Höschen runterziehen wolltest, bist du umgekippt. Einfach so. Zack und schon warst du im Land der Träume.“

Erneut schnaubte Sasuke. Er ballte die Hände zu Fäusten.

„Sasuke“, säuselte Karin. „Lass es uns tun. Gehen wir auf mein Zimmer. Ich verspreche dir den Himmel auf Erden zwischen meinen Beinen und wenn das nicht reicht, mein Mund steht dir genauso zu Verfügung. Nicht nur für deine Lippen, wenn du weißt was ich meine. Also, sag nicht es sei ein Ausrutscher gewesen, dem Alkohol geschuldet.“

„Stimmt“, erwiderte Sasuke. „Es war kein Ausrutscher. Ich bin selbst schuld, dass es so weit gekommen ist. Allein mein übermäßiger Konsum an Alkohol hat mich in diese prekäre Lage gebracht. Deshalb kann ich nicht von einem Ausrutscher sprechen. Ich muss mein Tun, so viel Alkohol getrunken zu haben, verantworten und damit auch die daraus resultierenden Folgen… und deshalb wird es nicht noch einmal zu solch einer Situation kommen und schon gar nicht mit dir. –

Finde dich damit ab, dass zwischen uns nichts laufen wird. Weder heute oder morgen. Also … lauf mir nicht nach. Ich habe kein Interesse an dir.“

„Wirklich?“, zischte Karin. „Und wenn ich es weiterhin tue, was wirst du dann machen? Zu Papi rennen oder zu Mami, damit du einen Anwalt bekommst, der dich rausholt? Oder kommst du gleich mit dem Geld angekrochen, damit ich meine Rechte an allen Fotografien und Aufnahmen abtrete? Was wirst du tun?“

Am liebsten hätte Sasuke auf die Wand hinter Karin eingeschlagen.

„Dir die kalte Schulter zeigen, bis du’s kapiert hast.“ Sasuke ärgerte sich selbst über diese Satz. In seinen Ohren klang er schwach. Karin schnaubte und verschränkte die Arme unter der Brust, damit sie diese etwas nach oben drücken konnte.

„Huh! Wie ich erzittere. Du bist weich geworden, Uchiha. Hätte ich nicht gedacht …“, mit einmal sah sie ihn taktierend an und legte den Kopf schief. „… oder ist es wegen ihr?“

Sasuke nahm Abstand und blickte verwirrt auf Karin hinunter. „Wegen ihr?“, wiederholte er.

„Jetzt tu nicht so… ich hab gesehen wie du sie den ganzen Tag schon angeschaut hast.“  Sie schnalzte mit der Zunge und lachte: „Unfassbar! Jahrelang versucht sie deine Aufmerksamkeit zu erheischen und du stößt sie immer wieder von dir weg. Du beleidigst sie sogar mit meinen Worten, Hohlköpfige Breitstirn, und du trittst ihre anhimmelnden Gefühle mit Füßen, aber kaum wendet sich diese Schlampe von dir ab und zeigt dir die kalte Schulter, hechelst du ihr nach, wie ein Hund hinter einer läufigen Hündin.“

Jetzt wusste Sasuke von wem Karin da sprach.

„Rede nicht so.“

„Warum? Haruno ist was sie ist.“

„Deine Wortwahl ist vulgär.“

„So sind Beleidigungen nun mal“, erwiderte Karin. „Sie hat sie verdient, weil ich sie nicht ausstehen kann und jetzt lechzt du ihr auch noch nach. Wieso? Was ist jetzt so besonders an ihr, was vorher nicht besonders war?“

Sasuke wusste selbst nicht, was er antworten sollte. Außerdem trieb Karin das Ganze für seine Nerven viel zu sehr auf die Spitze. Er nahm noch mehr Abstand von ihr. „Du bist anstrengend“, brummte er. Genervt schob er seine Hände in die Hosentaschen und schlug den Weg zu den Toiletten ein.

Karin rief ihm zornig nach: „Ja, lauf nur, Uchiha! Renn weg, wie du es immer tust.“

Neji

Neji zog die Augenbrauen hoch als seine Cousine Hanabi neben ihm auftauchte. Sie sah in Erwartungsvoll an, sodass er sich vollends zu ihr umdrehte.

„Was ist los?“, fragte er ohne wirkliches Interesse.

„Wir haben getauscht.“

Neji neigte den Kopf und verschränkte die Hände auf dem Rücken. „Ihr habt getauscht? Mit wem hast du was getauscht?“

„Ach so, ja. Ich habe beschlossen mit dir zu tanzen. Sakura wird von Sasuke übernommen.“

„Das klingt nicht nach einem Tausch“, analysierte er nüchtern.

„Wie würdest du es denn nennen?“ Hanabi reckte das Kinn vor und pustete eine Strähne, die sich von der Frisur gelöst hatte, aus dem Gesicht. Sie fiel aber wieder an die gleiche Stelle zurück, weshalb sie ihre Hand nahm, um sie hinters Ohr zu streichen.

„Wechsel, den dieser Hochzeits-Clown sicherlich nicht gern sieht.“

„Seit wann interessiert dich, was andere gut heißen? Es sei denn, es ist dein Vorgesetzter oder mein und Hinatas Vater.“

Neji murrte und zugleich stahl sich ein seltenes Lächeln auf sein Gesicht. Es war schief, da er nur den rechten Mundwinkel leicht nach oben zog. Aber es war ehrlich.

Hanabi schaffte es immer ihn aus der Reserve zu holen und in einigen Fällen konnte er ihr nie lange böse sein, so wie jetzt. Sie war so anders als ihre Schwester. Zwischen Hinata und ihm war von der ersten Sekunde ihres Aufeinandertreffens eine Spannung da gewesen. Er wusste nicht, ob es wirklich daran lag, oder ob er es sich eingeredet hatte, aber er gab Hinatas schüchternem Verhalten die Schuld. Als Erbin eines so großen Clans sollte sie mutiger vorangehen, so wie … er stockte. Sein Plan, sich selbst als Beispiel einzusetzen, verlief im Sand als sein Blick auf Hanabi fiel – Hinata sollte wie Hanabi sein.

Die jüngere der beiden Hyuuga Schwestern besaß Führungsqualitäten; nicht immer, aber sie zeigte zumindest die Veranlagung dazu. Sie hatte Mut und ließ sich selten einschüchtern, außerdem war sie die bessere Judoka, hatte sie doch gegen Hinata gewonnen. Noch ein Punkt, der ihn verächtlich auf Hinata hinabblicken ließ. Ein zukünftiges Oberhaupt sollte sich nicht von den jüngeren Geschwistern besiegen lassen. Aber wen wunderte es, Hinata war eine Zweiflerin. In seinen Augen zweifelte sie an allem. Sie brauchte viel zur lange für Entscheidungen und wenn sie doch eine traf, dann nie ohne äußere Beeinflussung.

Neji sah sich im Tanzsaal um und verzog leicht das Gesicht. Er fragte sich, wer es wohl gewesen war, der Hinata alle hochzeitsrelevanten Entscheidungen abgenommen hatte, damit der Termin eingehalten werden konnte.

Während er seinen Blick über die Gäste schweifen ließ, entdeckte er das Bonbon. Sie stand unweit von Hanabi und ihm. Ob das Bonbon von ihrem Glück wusste? – Es war wirklich ironisch. Ausgerechnet die Frau, die den Uchiha keines Blickes würdigte, musste mit ihm tanzen. Aber warum eigentlich?

Mit einem grübelndem Gesichtsausdruck sah er auf Hanabi hinab.

„Was hat Uchiha dir getan?“

„Bitte?“, Hanabi sah ihn verwundert an.

„Was er dir getan hat? Nenn mir einfach den Grund, weshalb du einen Tanz mit mir vorziehst.“

„Ach so“, Hanabi zuckte mit den Schultern. „Nichts. Er hat nichts getan. Wie schon gesagt, ich habe entschieden.“

„Entscheidungen brauchen Gründe.“

Sie sah zu ihm auf und ihr Blick war ernst.

„Familie“, antworte sie.

Familie? Was …? Er war schon drauf und dran nachzuhaken, da machte es aber Klick. Hanabi dachte an die konservative Einstellung der Familie. Sehr löblich, wenn auch nicht unbedingt nötig. Bei solch einem Fest war es den Mädchen und auch den Frauen der Familie gestattet, einen oder zwei Tänze von Männern anzunehmen, die in keiner Verbindung mit dem Hyuuga-Clan stammten. Das Hanabi sich trotzdem gegen diese Möglichkeit entschied, empfand er sehr beeindruckend. In seinen Augen war es nur ein weiteres Indiz, dass Hanabi die bessere Clan-Erbin war.  

„Ich verstehe“, antwortete Neji und obwohl er keine wirklichen Ambitionen dazu aufbringen konnte, sah er es als militärische Pflicht an, das Bonbon über den anstehenden Sachverhalt zu unterrichten.

„Dann werde ich zu der Haruno gehen und ihr mitteilen, dass…“

„Kannst du dir schenken“, unterbrach Hanabi ihn, woraufhin er sie verwundert ansah.

„Schenken?“

„Yep!“ Hanabi blickte über ihre Schulter. Als sie gefunden hatte, wen sie suchte, sagte sie: „Ich glaube, ihm kommt dieser Tausch auch ganz gelegen.“

Neji folgte ihrem Blick und erspähte den Uchiha, der sich am anderen Ende des Saals durch die umstehenden Gäste manövrierte. Er beobachtete ihn und erneut konnte er feststellen, dass der Uchiha immer wieder seine Aufmerksamkeit auf das Bonbon richtete. Langsam verstand er, was seine Cousine mit ihrer Aussage meinte.

„Trotzdem, es ist nur korrekt ihr Bescheid zu geben.“

Er konnte sehen, wie Hanabi bei seiner Bemerkung mit den Augen rollte. Sie seufzte.

„Lass militärisches Denken mal beiseite. Wenn du jetzt zu ihr hinüber marschierst und Meldung machst, passiert folgendes, Sakura wird zu Ino gehen und dann wird es noch einen Tausch geben. Ino wird dann mit dem Uchiha tanzen und Sakura mit Shikamaru.“

„Und, was ist so schlimm daran?“

„Das sollen sie nicht. Ich finde es gut, wenn Sakura mit Sasuke tanzt.“

Neji sah seine Cousine verwundert an, die wurde leicht rot um die Nase und sah verlegen zu Boden. Sie druckste ein wenig rum bis sie ihm eine Antwort gab.

„Ich finde…“, und die nachfolgenden Worte flüsterte sie ihm auf Zehenspitzen entgegen, sodass er sich etwas zu ihr hinunterbeugen musste, „… die beiden geben ein total hübsches Paar ab. Und von Hinata weiß ich, dass Sakura Sasuke mal mochte. Wäre doch toll, wenn sie jetzt und hier zueinander finden würden.“

Neji seufzte. Mit einem fast schon leidigen Blick betrachtete er seine Cousine. Gerade als sich die Überzeugung, Hanabi sei als zukünftiges Clan-Oberhaut wie geschaffen, in ihm festigen wollte, gab sie ihm mit einem brachialen Schlag, von der romantischen Ader kommend, einen auf den Deckel und belehrte ihn, dass auch sie nur eine Frau war.

„Wenn du meinst“, brummte er.

„Das meine ich“, lächelte sie ihm entgegen und drehte sich auf dem Absatz um. Sie lief in die vorderste Reihe der Zuschauer, um ihrer Schwester beim Tanzen zuzuschauen.

 
 

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Neji hatte nicht wirklich viele Tanzstunden genommen. Das Gleiche schien auch auf Hanabi zuzutreffen, und so kämpften sich die beiden durch das Lied und über das Parkett. Hin und wieder sah er zu den anderen drei Paaren, die an den Zuschauern vorbeischwebten. Eines musste er dem Brautpaar lassen, sie wussten was sie taten.

Er hörte Hanabi sagen: „Sakura scheint gar nicht richtig dabei zu sein.“

Neugierig, ob das stimmte, wandte sich Neji zu den angesprochenen Paar um und beobachtete sie einige Schrittfolgen lang. Seine Cousine hatte Recht. Das Bonbon war nicht wirklich bei der Sache, machte aber keinen Fehler. Wahrscheinlich war der Uchiha einfach nur gut im Führen, was er von sich nicht behaupten konnte – zumindest was den Tanz anging; und es ärgerte ihn.

Erneut spürte er, wie sein Fuß an Hanabis vorbeischrammte und er sah nach unten.

„Entschuldige“, brummte er und versuchte sich wieder zur konzentrieren.

„Schon gut“, erwiderte Hanabi. „In der Uniform lässt es sich mit Sicherheit nicht gut tanzen.“

Das stimmte, aber er wollte sich darüber nicht unterhalten, daher fragte er: „Welche Stellung wird eigentlich der Uzumaki einnehmen?““

„Was meinst du?“

„In der Familie. Welche Stellung wird er einnehmen, sobald Hinata das Oberhaupt ist.“ Er hasste es über diese Zukunft zu sprechen, sah er Hinata doch nicht in dieser Führungsrolle.

„Hast du es denn nicht gehört?“

Neji sah zu Hanabi hinunter, die ihn groß ansah. „Was gehört?“

Der Ausdruck in den Augen seiner Cousine wurde ernst und ihre Stimme leiser. „Ich war nicht dabei aber sie und Vater sollen einen heftigen Disput gehabt haben. Es liegt jetzt schon einige Monate zurück. Da war die Hochzeit aber schon beschlossene Sache.“

Das hatte er wahrlich nicht gehört. „Um was ging es?“, wollte er wissen

„Um die Erbfolge. Ich weiß es nur vom Hörensagen, aber Hinata hat Vater darum gebeten sie aus der Erbfolge herauszuschreiben.“

„Was?“ Fast hätte Neji mit Tanzen aufgehört. Er starrte auf seine Cousine hinunter, die sich an ihm klammerte, um wegen seines kurzen Aussetzers nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

„Hinata soll schon lange mit dem Gedanken gespielt haben, das Erbe nicht anzutreten. Natsu hat mir davon berichtet. Vater soll getobt haben. Er wollte sogar die Hochzeit verbieten. Daraufhin soll Hinata gesagt haben, dass er das ruhig versuchen soll, sie werde Naruto trotzdem heiraten. Er sei das Beste in ihrem Leben und sie wird um ihn kämpfen. Sie habe endlich erkannt, was am besten für sie ist und die Position des Clan-Oberhauptes sei es gewiss nicht.“

Neji klingelten bei dem Gesagten die Ohren. Sein Blick suchte Hinata und Naruto, die sich gegenseitig glücklich anlächelten und eine Drehung nach der anderen vollzogen.

„Wie wurde sich geeinigt?“, fragte er.

„Das weiß ich leider nicht. Ich habe Hinata auch nicht gefragt, weil sie ja gar nicht weiß, dass ich Kenntnis von den Geschehnissen habe.“

Neji nickte und in seinem Kopf schwirrten Fragen zum Warum? –

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen als Hanabi kicherte. „Ich find’s toll.“

„Was findest du toll?“

„Hinata.“

„Hm?“

„Na ja, dass sie ihren eigenen Weg gehen will. Mit dem konservativen Verhalten unserer Familie auf ihre Art umgeht. Das finde ich toll. Ich freue mich für sie, in Naruto einen Menschen gefunden zu haben, der sie dabei auch unterstützt.“

Erstaunt über die Worte sah Neji seine Cousine an. Sie schien irgendwie in Redelaune gekommen zu sein, denn sie führte ihren Monolog ungeachtet der Tatsache fort, ob er ihr zuhörte oder nicht.

„Weißt du, Naruto tut Hinata richtig gut. Du bist selten daheim und bekommst daher nicht alles mit. Aber glaub mir, wenn ich dir sage, seit Naruto und Hinata ein Paar sind, habe ich meine Schwester noch nie so glücklich erlebt. Ich konnte dabei zuschauen, wie sie Tag für Tag selbstbewusster geworden ist.

Einmal“, Hanabi kicherte erneut. „Da hat sie sich sogar getraut einen Minirock zu tragen als sie mit Sakura und Ino ins Kino gegangen ist.“

„Wie hat euer Vater damals auf Naruto reagiert?“, unterbrach er ihren Redeschwall.

„Weiß du das denn auch nicht?“

Neji zog die Stirn kraus. Nein, er wusste es nicht. Er hatte sich für sowas einfach nicht interessiert. Es gehörte zu den unzähligen Belangen des Haupthauses, um die sich das Unterhaus nicht kümmern sollte oder wollte. Sie konnten, brauchten es aber nicht zu tun und er hatte nicht gewollt.

„Nein“, gab er zur Antwort.

„Na ja, Naruto und Hinata kennen sich schon länger. Sie haben eine gemeinsame Schulzeit. Als Naruto und Hinata offiziell zusammenkamen war das schon kurios gewesen.“

„Inwiefern?“

„Hinata hat mir erzählt, Naruto wollte er erst mit Vater sprechen, damit der Bescheid weiß, dass seine älteste Tochter einen festen Freund hat. Also hat Hinata Vater gefragt, ob er Zeit finden würde Naruto zu empfangen. Wer Vater kennt, weiß, dass er bei sowas ziemlich gemein sein kann. Er hat Naruto fast ein viertel Jahr zappeln lassen. Ich glaube, er hätte Naruto noch länger warten lassen, wenn da nicht die täglichen Anfragen von Naruto gewesen wären. Das hat Vater irgendwann mürbe gemacht.

Keine Ahnung, was die zwei zu bereden hatten, aber das Gespräch ging fast zwei Stunden. Als Naruto aus dem Arbeitszimmer rauskam, schien er ziemlich durch den Wind, aber … er hat gelächelt. Ab dem Tag waren Hinata und er dann ein Paar und zwar offiziell. Noch am gleichen Abend hat Vater allen verkündet, dass Hinata einen Freund habe. – War ein bisschen peinlich für sie, aber … du weißt ja wie die Familie ist.“

So war das also gewesen. Der Uzumaki schien doch mehr drauf zu haben als gedacht, wenn er in der Lage war das Clan-Oberhaupt von sich zu überzeugen.

„Und wie sind Hinatas Freundinnen?“

„Sakura und Ino?“

„Hm“

„Mega!“, bei dieser Antwort leuchteten Hanabis Augen. „Sie sind richtig klasse. Am Anfang dachte ich, sie würden mich wie die kleine Schwester von Hinata behandeln, also das Anhängsel, aber das haben sie nie. Ich kann sogar jederzeit die beiden bei schulischen Aufgaben um Hilfe bitten. Das hab ich auch bitter nötig, jetzt im letzten Jahr“, nuschelte sie.

„Hm“, kam es von Neji als Zeichen, dass er ihr mehr oder weniger zuhörte.

„Sakura ist in schulischen Dingen ein wahres Ass. Wusstest du das sie neben unserer Muttersprache und Englisch als erste Fremdsprache, auch Latein und Französisch beherrscht. Sie will jetzt auch Deutsch lernen, weil viele Deutsche in unserem Land Urlaub machen und manche nur gebrochenes Englisch können und die Verständigung in den Krankenhäusern und Kliniken nur stockend mit Händen und Füßen zu bewältigen ist. Sie studiert nämlich Medizin. Und in Mathe ist sie auch Klasse. Meistens frage ich immer Sakura, wenn es um schulische Dinge geht und bei Kosmetik-Zeug, da gehe ich zu Ino.“

„Kosmetik?“, platzte es entsetzt aus Neji heraus. Hanabi war in seinen Augen viel zu jung für Kosmetik. Sie sollte noch nicht die Augen und den Mund mit Farbe vollkleistern. Der heutige Tag war eine Ausnahme. Ansonsten hatte Hanabi noch kein Make-up zu tragen.

Hanabi legte den Kopf schief und sagte: „Ja, ich bin alt genug. Andere Mädchen in meinem Alter sind da voll die Profis.“

„Alt genug?“, krächzte Neji. „Du bist gerade mal 14…“

„Jetzt mach aber mal halblang“, unterbrach Hanabi ihn. „Ich bin fünf Jahre jünger als Hinata und jetzt überleg dir wie alt sie ist.“

Neji öffnete den Mund, es kam aber kein Ton hinaus. Ein heftiger Schlag hatte ihn getroffen. Kein körperlicher, eher von der mentalen Sorte. Sein Kopf friemelte die Information auseinander, dass Hanabi schon lange keine 14 Jahre mehr alt war. Seine kleine Cousine war … er rechnete … 19!

Sofort standen alle Männer in diesem Raum auf seiner Observationsliste. Wenn sich auch nur einer ungefragt an seine Cousine heranmachte, in einer unsittlichen Art und Weise, würde er ihm zeigen, was ein Manöver bedeutete. Doch zuvor musste er an die frische Luft, um den Schock zu verdauen. Hoffentlich war das Lied bald zu Ende.

Ino

Ino bedankte sich rasch bei Shikamaru, der das Ganze mit einem Gähnen zur Kenntnis nahm und eilte Sakura nach. An der Bar angekommen, bekam ihre Freundin gerade den Doppelten hingestellt. Skeptisch sah Ino auf das kleine Glas mit der klaren Flüssigkeit, das an Wasser erinnerte.

„So schlimm?“, hakte sie nach.

Sakura zuckte zusammen und wandte sich zu ihr um. Statt einer Antwort, bat sie die Bar-Dame um einen weiteren Schnaps für Ino.

Ino protestierte nicht. Wenn Sakura eine Schnaps trank, dann mit Grund. Sie ließ sich auf den Hocker neben Sakura nieder und angelte nach einer mit Knabbereien gefüllten Schale. Die besaß einen lila Rand, war aber ansonsten schwarz und bis oben hin mit Erdnüssen, Mini-Brezeln und Wasabi-Crackern gefüllt.

„Los erzähl“, forderte sie Sakura erneut auf und griff sich eine Handvoll Erdnüsse.

„Nach dem Schnaps.“

Ino nickte und schob drei Nüsse in den Mund.

 

„So, hier ist deiner!“, sagte die Bar-Dame und stellte das Glas vor Ino hin. Die bedankte sich und stieß dann mit Sakura an. Beide tranken ihre Gläser in einem Zug aus.

„Uh!“ Ino verzog das Gesicht. „Der Schnaps nach dem Kuchen war besser.“

„Gar nicht“, hielt Sakura dagegen. „Der war voll bitter.“

„Überhaupt nicht wahr. Das hier brennt einem den Gaumen und die Kehle weg und scheint im Magen gleich weiter zu machen. Der andere war schön mild und hat nach Kräutern geschmeckt“, bei der Erinnerung an den Magenbitter leckte sich Ino über die Lippen. Sie sah, wie Sakura zum verbalen Gegenschlag ausholen wollte und kam ihr mit einer erneuten Aufforderung zuvor.

„Los, erzähl! Was war los mit dir?“

Ino sah Sakuras Schultern nach unten sinken. Sie konnte förmlich dabei zusehen, wie ihre Freundin in sich zusammenfiel. Nur mit Hilfe des Ellenbogens, den sie auf den Tresen platzierte, schien sie einigermaßen aufrecht sitzen zu können.

„Ich hab nichts mitbekommen“, flüsterte Sakura.

Ino blinzelte und legten Kopf schief. Sie stellte das Glas ab und nahm sich weitere Erdnüsse.

„Was meinst du?“

„Vom Tanz“, erklärte Sakura. „Ich hab nichts davon mitbekommen.“

„Das sah aber nicht danach aus. Du hast sehr konzentriert gewirkt.“

Nun war es Sakura die blinzelte. „Echt?“

„Ja.“

„Aber… ich war mit dem Kopf ganz woanders“, bei den Worten schlich sich auf Sakuras Wangen ein Rotton.

„Ach, wirklich und wo?“ Ino grinste, da sie aus dem Rotwerden ihrer Freundin eine interessante Geschichte erhoffte mit romantischen Zügen.

„Narutos Geburtstagsfeier.“

Das breite Grinsen verschwand aus Inos Gesicht und sie fragte ungläubig: „Ernsthaft?“

Zur Antwort bekam sie ein Nicken.

„Och, Sakura.“

„Was?“, rechtfertigte sich diese. „Es lag an dem Lied.“

„Dem Lie… Oh! Dem Lied“, Ino ging ein Licht auf. „Hm, natürlich. Ich hab in dem Moment gar nicht darauf geachtet, weil ich so angespannt war, die richtigen Schritte zu machen und als ich mir da sicher war, weil auf Shikamaru kann man sich wirklich verlassen, hab ich immer wieder zu dir geschaut.“

„Ja. Statt auf Wolke Sieben zu schweben, fand ich mich in Hölle 666 wieder. Ich kanns nicht fassen, dass die beiden sich das Lied ausgesucht haben. Du weißt ja, wie oft ich Tagträume zu dem Song hatte.“

„Hm. Das brauchst du mir nicht erzählen. Aber...“, und sie fasste Sakura unter das Kinn, damit diese sie ansah. „… stellt dir vor, du hättest mit Neji tanzen müssen. Hanabi und er sahen aus als ob sie gleich zum nächsten Stützpunkt losmarschieren wollten.“

Damit konnte sie Sakura ein Lachen entlocken.

„Ich glaub, ich bestell uns noch einen“, sagte Ino und rief der Bar-Dame den Wunsch zu, ohne auf eine Antwort seitens Sakura zu warten. Die Frau nickte und Ino sah zu der tanzenden Menge, während sie sich wieder eine Handvoll Knabbereien klaubte.

Ein roter Haarschopf blitzte zwischen den kreisenden Paaren auf und Ino biss die Zähne aufeinander. Rasch schob sie Sakura das Glas zu, nachdem sie es hingestellt bekommen hatten.

„Trink! Du wirst es brauchen.“

„Hey, nicht so hastig“, wehrte Sakura ab.

„Okay, dann nimm dir von mir aus vom Knabberzeug. Und dann trink!“, Ino sah ihre Freundin eindringlich an, woraufhin diese mit einem beängstigten Ausdruck im Gesicht ebenfalls eine Handvoll der Knabbereien nahm und diese in Rekordzeit aß.

Sakura hatte die letzte Brezel noch nicht richtig zerkaut, da griff Ino schon zu den Gläsern. Sie drückte es regelrecht in Sakuras Hand und stieß im gleichen Moment auch schon an. Die Flüssigkeit schwappte gefährlich zum Rand hoch, fand aber den Weg zurück, ohne einen Tropfen zu verlieren.

Ino war fest entschlossen, Sakura nicht sehen zu lesen, was sich gerade auf der Tanzfläche abspielte. Selbst wenn es bedeutete, dass sie beide am Ende des Abends so heftig einen sitzen hatten, dass sie am morgigen Tag nicht aus dem Bett kamen und Rodrigo zum Kastenteufel wurde.

Egal. Freundschaft ging in diesem Fall vor und Hinata würde es verstehen, solange Sakura und sie die Hochzeitsfeier nicht sprengten. Schließlich stand nirgends geschrieben, dass die Brautjungfern asketisch feiern mussten.

Ino setzte das Glas an die Lippen und kippte den Inhalt in ihrem Mund, da blitze das Rote am Rand ihres Sichtfeldes erneut auf. Sie wollte nicht hinsehen, tat es aus Reflex trotzdem und verleitete Sakura ebenfalls dazu.

Beide sahen Karin, die von Sasuke am Handgelenk gehalten aus dem Saal gezogen wurde. Die zwei schienen es sehr eilig zu haben. Sasukes Gesicht war nicht zu erkennen, aber Karin grinste zu den umstehenden Reihen.

„Das kann nicht wahr sein“, hauchte Ino leise und wandte sich, nachdem das, in ihren Augen, notgeile Paar den Saal verlassen hatte, zur Bar um und rief: „Noch mal zwei!“

Vorhin erst hatte sie diesem Uchiha eine Predigt gehalten und jetzt tat er es schon wieder und auch noch nüchtern. Schließlich war der einzige Alkohol, den er bisher konsumierte, der Verdauungsschnaps gewesen.

Pah! Erst so tun als sei Karin lästig und dann die Zeit nicht abwarten können. Zumindest nahmen sie sich dieses Mal ein Zimmer, also sollte sie sich nicht aufregen. Der Uchiha war nun mal ein arroganter Schnösel, dem die Gefühle anderer nichts wert waren – und besonders nicht die Weiblichen.

„Du hast Recht, es wird nicht bei zwei Gläsern bleiben.“

Ino zuckte zusammen und sah zu Sakura. Die sah auf ihres leeres Glas hinab und drehte es zwischen ihren Fingern. Sakuras Unterlippe bebte. Ino wollte etwas sagen, aber Sakura kam ihr zuvor.

„Ich bin dumm. So dumm. – Die ganze Zeit habe ich ihn nicht beachtet, selbst beim Tanzen nicht. Und jetzt, wo ich ihn wieder mit Karin sehe, da … da…“, sie schniefte und biss sich auf die Unterlippe. „… da rührt sich mein dummes, unbelehrbares und naives Herz. Warum? Zwischen uns war nie etwas und trotzdem tut es weh, ihn mit ihr zu sehen. Warum kann ich meine Gefühle für ihn nicht abstellen? Warum kann es mir nicht egal sein?“

„Sakura.“

„Ich bin so dumm.“

„Das stimmt nicht“, Ino nahm eine der sauberen lilafarbenen Servietten und hielt sie Sakura entgegen. „Du bist nicht dumm. Wenn einer dumm ist, dann er. Aber sicherlich nicht du. Und Karin, die ist einfach nur beschränkt.“

Sakura schniefte erneut und schluckte. Zu Inos Überraschung nickte sie plötzlich.

„Passt irgendwie.“

„Hm?“

„Na ja. Dumm und beschränkt.“

„Sakura. Ich habe nicht gemeint, dass du…“

„Schon gut.“

Endlich nahm Sakura die Serviette entgegen und tupfte damit die Nässe von ihren Augen. „Ich hab das auch nicht auf mich bezogen. – Ich hätte es nur besser wissen sollen. Ich hätte mir doch denken können, dass Karin es schafft. Sie schafft es immer. Hast du ihr Kleid gesehen? Damit hat sie Blicke auf sich gezogen. Die gesamte Aufmerksamkeit galt ihr. Die meisten Männern hier, hatten nur Augen für sie. Mir tut Hinata richtig leid.“

„Da gebe ich dir Recht, was Hinata angeht. Aber bei dem anderen? Nein! … Warte, lass mich ausreden“, bat Ino. „Karin mag in diesem Kleid ihre Rundungen wahrlich zu Schau stellen aber nicht nur die. Wenn sie sitzt, quilt jede Speckfalte hervor. Das soll jetzt nicht abwertend klingen, schließlich bin ich auch keine fettfreie Zone. Aber, ich weiß im Gegensatz zu ihr, wie ich heikle Bereiche kaschiere. –

Das Kleid ist einfach nur ordinär und wenn Uchiha darauf steht, bitte… dann soll er sich keinen Zwang antun und du solltest endlich Ausschau nach anderen Prachtexemplaren halten. Andere Mütter und Väter haben auch ganz schicke Söhne, von denen es bestimmt einige gibt, die sich alle zehn Finger nach dir lecken würden.“

„Uh! Keine schöne Vorstellung“, entgegnete Sakura. „Alle zehn Finger. Einer ist schon schrecklich.“

„Das war metaphorisch gemeint. Wenn sich einer vor dich hinstellt und anfängt einen Finger nach dem anderen in den Mund zu nehmen, würde ich dir auf jeden Fall raten die Polizei zu rufen.“

Von Sakura kam ein leises Lachen und Ino grinste zurück, bevor sie sagte: „Eines hat der Uchiha aber gelernt, er geht aufs Zimmer.“

Daraufhin hörte sie ihre Freundin seufzen: „Na hoffentlich liegt meines in der entgegengesetzten Richtung.“

Ino prustete los. „Hoffentlich!“

 

Die Bar-Dame stellte neben den bestellten Schnapsgläser zwei weitere hin und erklärte mit einem Lächeln: „Die zwei gehen aufs Haus und werden kein Teil der Rechnung für das Hochzeitspaar sein. Entschuldigt, aber ihr seid mit Ausnahme der älteren Gästeschaar dort drüben, die einzigen hier und ungewollt wird man hinterm Tresen zum Zuhörer. Bei so viel Dramatik werde ich immer ganz weich. Also lasst es euch schmecken.“

„Danke“, erwiderten Sakura und Ino synchron, mit dem gleichen überraschten und zugleich erfreuten Unterton in der Stimme.

 

Sie hatten gerade die bestellten Schnapse ausgetrunken, da fauchte jemand hinter ihnen: „Es ist deine Schuld, Haruno!“

Erschrocken drehten sich die beiden Frauen um und saßen einem roten Etwas, das einer Furie glich, gegenüber. Karin.

„Wie bitte?“, fragte Sakura.

„Tu nicht so scheinheilig. Du hast alles geplant.“

„Dir auch Hallo, Karin“, mischt sich nun Ino mit ein, die langsam die Wirkung der Schnäpse spürte.

„Schieb dir dein Hallo sonst wohin. Ich rede mit Haruno“, fauchte die rote Furie zurück und funkelte sie böse an.

„Hab nicht gesagt, dass du das nicht darfst“, konterte Ino, die bei solchen Steilvorlagen in ihrem Metier war. Niemand, absolut niemand durfte ihre Freunde so von der Seite anmachen. Das durfte nur sie, was aber auch nur vorkam, wenn die Freundschaft am Anfang des Lebens stand, um auf den Zahn zu fühlen, oder am Ende, für ein grandioses Finale.

Karin öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Anscheinend hatte sie den Faden verloren. Ino sah sich in der Pflicht ihr zu helfen.

„Du hast was von Schuld gesagt.“

„Ganz genau“, und damit fand sich Sakura erneut in Karins Blickfeld wieder. Bei dem Blick, den ihr die Rothaarige zuwarf, konnte einem ganz anders werden.

„Du bist schuld!“, keifte Karin erneut.

Sakuras Augenbrauen hoben sich und in ihrer Stimme schwang die pure Ahnungslosigkeit mit. „Das hattest du schon erwähnt. Sagst du mir auch an was?“

„Tu nicht so, als ob du nicht weißt, was du getan hast.“

„Ehm“, kam es zögerlich von Sakura, die ihren Kopf zu Ino drehte, in der Hoffnung von ihr eine Antwort zu erhalten. Aber Ino ging es genauso. Die Augenbrauen waren kurz davor die Form von Fragezeichen anzunehmen.

Erst als Karin: „Sasuke“, zischte, ging bei beiden ein Licht auf. Rasch sah Ino zu Sakura.

Sie hätte mit allem gerechnet, aber nicht mit der Antwort, die ihre Freundin nun gab: „Sakura. Mein Name ist Sakura. Fängt zwar auch mit S und A an, hört jedoch mit Kura auf. Ich buchstabiere ihn dir auch gerne.“

Das brachte bei Karin das Fass zum Überlaufen und sie trat näher an die zwei Frauen heran.

„Lass den Scheiß, Haruno! Gib endlich zu, dass deine gespielte Gleichgültigkeit gegenüber Sasuke, dein perfider Plan ist, seine Aufmerksamkeit zu bekommen.“

„Hä?“, stieß Sakura komplett verwirrt aus.

„Aber glaub mir, ich werde das nicht zulassen. Du bekommst ihn nicht. Ich werde ihm die Augen öffnen und zeigen, was für ein verlogenes Miststück du doch bist, kleine Miss hohlköpf…“

„Wage es!“, unterbrach Ino Karin. „Nenn sie nicht so.“

Ino war so aufgebracht, dass sie vom Hocker aufgestanden war und nun zwischen Karin und Sakura stand. Sie bemerkte es erst, als Sakuras Hand auf ihrer Schulter lag und diese ihren Namen sagte.

„Ino.“

Nach Luft ringend, trat Ino zur Seite. Karin und Sakura sahen sich an und letztere sagte mit ruhiger Stimme: „Ich hab keinerlei Ambitionen auf Sasuke Uchiha. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, er sei an mir interessiert. Aber dem ist nicht so.“

„Lügnerin!“, zischte Karin. „Du willst mir allen Ernstes weiß machen, du empfindest nichts mehr für ihn?“

Sakura seufzte. „Wenn du hören willst, dass ich ihn dir überlasse. Bitte, das kannst du haben. Aber…“

„Du empfindest doch noch was, du falsche Schlange“, unterbrach Karin sie.

Ino ballte die Hände zu Fäusten und rief: „Man kann Gefühle nicht einfach abstellen, wie ein Fernseher oder das Radio, du Idiotin! Es wird immer eine Art Restgefühl bleiben. Ein Nachhall, gefangen in unseren Erinnerungen an Früher“, und mit einem kurzen Blick zu Sakura fügte sie an: „Wenn aber Sakura dir sagt, ihr Verstand ist stärker als ihre Emotionen, dann glaub ihr. Sie wird sich nicht zwischen dich und Sasuke stellen.“

„Wer’s glaubt“, blaffte Karin. „Ich glaube dieser hohlköpfigen Breitstirn mit Mikro-Erbsen-Titten kein Wort.“

Ino sah Rot. Sie wusste nicht, woher sie das mit der roter Flüssigkeit gefüllte Glas auf einmal hatte. Aber sie tat, was mit gefüllten Gläsern nun mal getan werden musste, wenn man wütend war. Mit einer eleganten Armbewegung schüttete sie den Inhalt, der einen wunderbaren flachen Bogen in der Luft beschrieb, in Karins Gesicht.

Nach der Tat sah Ino erschrocken drein.

„Ino!“, japste Sakura. Sie war nun auch aufgestanden.

Währenddessen stammelte Ino: „K-Karin … ich weiß selbst, das war jetzt unangebracht, aber ich habe dich gewarnt, dass du…“, weiter kam sie nicht, weil sie sich ducken musste und das nicht zu spät.

Karins Faust flog knapp über ihren Kopf hinweg und bahnte sich nun den Weg auf ein ganz anderes Ziel zu.

Das warnende: „SAKURA!“, kam von Ino zu spät.

Neji

19! Hanabi und Zahl 19 wollten in Nejis Vorstellung nicht so recht zusammenpassen – nur einer der Gründe, weshalb der Tanz zwischen ihnen gegen Ende des Liedes ein ziemlicher Verhau wurde.

In militärischer Manier brachte Neji seine Cousine zum Rand der Tanzfläche zurück und verabschiedete sich mit einem knappen Nicken. Er brauchte frische Luft, um einen klaren Kopf zu bekommen.

Während er im akkuraten Schritt den Saal verließ, schweiften seine Augen über jeden männlichen Gast; selbst die eigenen Familienmitglieder wurden einer genauen Inspektion unterzogen. Jeder, der seinen stechenden Blick spürte oder ihm begegnete, fühlte sich ein wenig kleiner und vernahm den Anhauch einer Eiszeit. Einige Gäste sahen sich verwundert nach einem offenen Fenster um, da sie sich die plötzliche Kälte nicht erklären konnten.

 

Nejis Weg führte ihn in das Foyer. Die Versuchung war groß, nur in der Uniform hinaus auf die schneebedeckte Terrasse zu gehen. Sein Vorhaben verwehte aber, als beim Öffnen der Doppeltür durch einen anderen Gast, ein eisiger Wind mit Schneeflocken im Gepäck in das Gebäude hineinkam.

Er ließ sich seinen Mantel geben und stellte beim Griff in die Tasche verwundert fest, dass er das Handy dabeihatte.

Überrascht holte er das Gerät heraus und sah es skeptisch an. Er drehte es und besah sich die Rückseite, um sicher zu sein, dass es sich auch wirklich um sein Eigentum handelte. Als ein hauchfeiner Schnitt im Gehäuse dies ihm bestätigt, steckte er es mit einem Schulterzucken in die Manteltasche zurück.

Eigentlich sollte es, nach seinen eigenen Vorschriften, auf der oberen Ablage in seinem Spint liegen und vor allem ausgeschaltet sein. Daher fragte Neji sich, ob er bei seinen Vorbereitungen auf diese Hochzeitsfeier so sehr abgelenkt gewesen war, dass er es eingesteckte.

Während er das Foyer durchschritt, grübelte er über diesen Sachverhalt nach. Das letzte Mal hatte er das Handy kurz nach dem … Nein! Er korrigierte sich. Jetzt wusste er wieder, weshalb das Handy dabei war. Dieser Ro hatte von allen Trauzeugen und auch den Brautjungfern verlangt, dass sie jederzeit erreichbar waren; besonders vor der Zeremonie.

Wie waren die Worte des Planers doch gleich gewesen – „Am Hochzeitstag existiert nur eine Person, der es erlaubt ist zu spät zu kommen und das ist die Braut selbst. … Wenn ich nur ansatzweise erlebe, dass einer von euch und damit ist auch der Bräutigam gemeint, nicht pünktlich an Ort und Stelle steht, kann sich derjenige auf jede Menge Glitzer und Flitter bereit machen. Ja, ich habe mitbekommen, dass ihr alle Angst vor zu viel Glitzer-Glitzer habt. …“

 

Ein eisiger Wind empfing ihn auf der schneebedeckten Terrasse und hüllte ihn mit wild wirbelnden Schneeflocken ein. Zu seinem Bedauern war er nicht der Einzige, der sich nach frischer Luft um die Nase sehnte, obwohl… bei genauerer Betrachtung, konnte es nicht an der frischen, klaren und kalten Brise liegen, die einige Gäste hinaus aus dem Gebäude beordert hatte.

Alle, die er draußen vorfand, standen zu Grüppchen gescharrt um drei Feuerschalen. In ihren Mündern oder zwischen Zeige- und Mittefinger hingen glühende Zigaretten. Es hatte den Anschein, als ob die Raucher, zu einer homogenen Masse verschmolzen, mit dem Feuer um die Wette qualmten. Von beiden stieg fast gleichviel Dampf auf.

Neji ging an ihnen vorbei, hin zu der gusseisernen Terrassenabsperrung. Dort zog der Wind noch heftiger an seinem Haar und dem Mantel und weil die Kälte sich im Bereich seines Nackens einnisten wollte, schlug er den Mantelkragen hoch.

Mit Blick auf die Schneelandschaft dachte er an die Zahl 19. Er konnte es nicht fassen. Wie schnell war die Zeit nur vergangen? Als ob es erst gestern gewesen war, zumindest fühlte es sich für ihn so an, hatte er Hanabi per Satellitentelefon vom anderen Ende der Welt zum 14. Geburtstag gratuliert und heute war sie 19. – Innerhalb eines Herzschlags schienen 5 Jahre vergangen zu sein.

Neji stieß frustriert die Luft aus den Lungen und eine weiße Wolke materialisierte sich vor seinem Gesicht. Der Wind zerriss sie und nahm die Reste mit sich in den weiten, weiten Himmel, der am westlichen Horizont einen orangefarbenen Streifen besaß, in dessen Mitte ein gleißend heller Punkt flimmerte.

Dort, wo sich das Orange des Sonnenuntergangs mit dem Indigo des Abends traf, tauchten sie die wenigen Wolken in ein intensives Pflaumenblau, während der Himmel einen hellgrünen Schein annahm, der alsbald vom Dunkel der Nacht verschlungen wurde.

Im Osten funkelten die ersten Sterne, angeführt vom hellen Mond.

 

Plötzlich vibrierte das Handy. Neji zog es aus der Manteltasche und sah auf das erleuchtete Display. Seine Augen suchten den Grund für den Alarm und entdeckten in der Statusleiste das Zeichen ‚1 Neue WhatsApp Nachricht‘.

Für einen Moment verspürte Neji den Drang die Nachricht abzurufen, doch das Displaylicht erlosch und damit auch seine Ambitionen. Er steckte das Handy unverrichteter Dinge wieder weg.

Der Wind drehte und wehte Neji den Rauch der Zigaretten und die holzige Note der drei Feuer um die Nase. Er verzog das Gesicht und wandte sich vom winterlichen Szenario ab.

Zurück im Foyer wollte er gerade seinen Mantel abgeben als das Handy erneut vibrierte. Genervt entnahm er es der Manteltasche und zog den rechten Handschuh aus. Mit wenigen Fingerstrichen stellte er die Benachrichtigungsart auf ‚Stumm‘.

Als er sein Mantel am Garderobenhaken hing, ruhte das Handy in der rechten Tasche.

 

Zu seiner Überraschung wurde er am Eingang zum Festsaal von Hinata erwartet. Sie lächelte und deutete an, dass sie mit ihm reden wollte. Na super, dachte er bei sich, was jetzt wohl kam?

Für einen Herzschlag lang, wollte er sie meiden aber die kleine Stimme Vernunft riet ihm davon ab. Erstens, es war Hinatas Hochzeitstag. Wer an diesem Tag den Unverstand besaß die Braut zu ignorieren, konnte sich mit einer Schaufel schon mal nach draußen begeben und sein eigenes Grab ausheben. –

Der zweite Grund, weshalb er sich das Gespräch mit Hinata antat, waren Hanabis Worte. Wenn es stimmte und Hinata sich wirklich mit ihrem Vater angelegt hatte, dann konnte sie sich schonmal darauf vorbereiten in seinem Ansehen zu steigen. – Er glaubte dem Braten aber erst, wenn er ihn roch und bisher schien der Ofen noch aus zu sein.

Mit einem formellen: „Cousine“, begrüßte er sie.

„Neji“, entgegnete Hinata freundlich.

„Was gibt es?“, er verschränkte bei den Worten die Hände hinter dem Rücken und ließ seinen Blick in den Festsaal schweifen. Falls sein Verhalten, sie nicht anzusehen und mit einer schleppenden Monotonie in der Stimme zu sprechen, irritierend für sie war, so ließ sie es sich nicht anmerken. Im Gegenteil, sie lächelte weiter, ohne mit der Wimper zu zucken oder die Mundwinkel sinken zu lassen.

„Ich w-wollte dich fragen, ob du deine Ausgehuniform tragen möchtest?“

 

Nejis Mund öffnete sich zu einer Antwort, er klappte ihn aber gleich wieder zu. Die Worte auf seiner Zunge prallten gegen die Zähne und flogen im hohen Bogen zu ihrem Ursprungsort zurück. Zur gleichen Zeit zerlegte sein Gehirn Hinatas Frage. Beim unsichtbaren und nur durch die Stimmfarbe erzeugtem Fragezeichen angekommen, bemerkte er nun, dass er Hinata anstarrte.

Er sah sie nicht an, er starrte sie an. Worauf sie einen Schritt zurücktrat. Sofort unterband Neji seinen manischen Blick und die einzigen zwei Wörter, die er herausbrachte, waren: „Wie bitte?“

Hinata legte den Kopf schief und blinzelte. Während sie ihre Frage wiederholte, wurde sich Neji gewahr, dass er zum ersten Mal ‚Wie bitte?‘ zu ihr gesagt hatte. Eigentlich lautete es bei ihm stets: Was hast du gesagt? oder: Sprich deutlicher!

 

Als seine Ohren die Frage zum zweiten Mal an das Gehirn übermittelten, konnten die Windungen in seinem Kopf schon deutlich mehr damit anfangen. Statt einer Antwort, kam er mit einer Gegenfrage daher.

„Wieso sollte ich?“ Für einen kurzen Moment zweifelte Neji an der Verbindung zwischen seinem Hirn und der Zunge, da Hinata sofort ein Lächeln zeigte, als ob er eben das Kommando dazu gegeben hätte.

„Nun ja“, begann sie und auf ihren Wangen erschien ein leichter Schimmer aus Rot. Sie sah zu den Gästen im Festsaal und schien einen Wimpernschlag lang jemanden zu fokussieren, ehe sie sich zu ihm wieder umwandte und weitersprach. „Von Narutos Vater weiß ich, dass die Paradeuniform sehr unbequem ist. Leider habe ich erst vor dem Essen davon erfahren, sonst hätte ich mich schon bei der Planung dafür eingesetzt, dass du deine Ausgehuniform oder wie Sasuke und Shikamaru einen Frack tragen kannst.“

Neji blinzelte. Er konnte das Blut in seinen Ohren rauschen hören. Hinata und die Bedeutung, sich für etwas einsetzen, wollten genauso wenig zueinanderpassen, wie Hanabi und die Zahl 19.

Um seinen Unglauben zu überspielen, straffte er die Schultern und entgegnete unwirsch, fast grob, was ihm im Nachhinein selbst etwas weh tat: „Das hilft jetzt auch nicht weiter.“

„D-doch“, entgegnete Hinata, die sich mal nicht von seiner Art abschrecken ließ. Eine Premiere, wie er fand.

„Was doch?“

„Ich habe Rodrigo darum gebeten, dass er dir einen Frack oder deine Ausgehuniform besorgt.“

Das ‚und‘, zusammen mit dem Zeichen ‚?‘, lag schon in dem nächsten Atemzug, den er ausstoßen wollte. Aber er schloss die Lippen und blieb stumm. Dem kleinen Funken Hoffnung, dass Hinata in der Lage war Entscheidungen zu treffen, wollte er keine Beachtung schenken. Sie war und sie blieb …, weiter kam sein Gedanke nicht, denn ihre nachfolgenden Worte wandelten das Licht, das auf sie hinunter schien.

„Einen Frack konnte er nicht besorgen, aber deine Ausgehuniform. Sie wurde vor einigen Minuten auf dein Zimmer gebracht. – Ich hoffe, sie ist bequemer als deine Paradeuniform, ansonsten werde ich mit Rodrigo ein ernstes Wort sprechen müssen.“

Neji schluckte. Er schluckte alle Erwiderungen hinunter, die ihm auf der Zunge lagen, bis auf eine und bei der fiel es ihm unglaublich schwer, sie über die Lippen zu bringen. Schließlich war er immer davon ausgegangen, Hinata verdiene sie nicht. Aber sie hatte ihn gerade eines Besseren belehrt und mit einem stotternden Start brach das: „D-danke“, aus ihm hervor.

Er sah wie Hinata mit einem: „Bitte, gern geschehen“, antworte, hörte es aber nicht. Die gellende Stimme einer Frau hallte durch das Foyer. Hinata und er wandten sich zur Quelle um und sahen Rot.

 

„Ja, lauf nur, Uchiha! Renn weg, wie du es immer tust.“

Das rote, schreiende Etwas, wirbelte auf den viel zu hohen Absätzen, Nejis Meinung nach, herum und kam mit unglaublicher Geschwindigkeit auf Hinata zu. Aus einem militärischen Reflex heraus, wie er sich im Nachhinein seine Handlung schönredete, packte Neji seine Cousine am Arm und brachte sie aus der Gefahrenzone, indem er sie an seine Seite zog.

Er verfolgte den Lauf der Rothaarigen und sah, wie diese vor den zwei Brautjungfern, Blondie und Bonbon, zum Stehen kam. Was folgte war eine ziemlich laute Auseinandersetzung, die alle umstehenden Blicke auf sich zog. Dabei verursachte das Rot den meisten Krawall.

Der Disput endete als Hinata: „Nicht doch!“, hauchte und die Hochzeitsgesellschaft dabei zusah, wie Blondie ein Glas mit roter Flüssigkeit im Gesicht der Rothaarigen entleerte und diese zur Antwort das Bonbon K.O. schlug.

Neji bemerkte aus den Augenwinkeln, dass Hinata loslief. Er folgte ihr, verlor aber im entstehenden Tumult den Anschluss. Mit einmal drängte die Masse der Gäste zum Ort des Geschehens und plötzlich befand er sich mitten drin. Als Soldat wusste er, dass Panik und Gegenwehr das falsche Rezept für sowas waren und so lief er mit dem Strom.

Verwundert bemerkte er, wie einige Gäste die Handys zückten und über die Köpfe der vor ihnen Stehenden hielten. Erst ein Blick auf das Display eines Nachbarn, zeigte ihm, weshalb so ein Tumult gemacht wurde. Es ging nicht darum, schnell in Erfahrung zu bringen, wie es dem Bonbon ging, sondern, um das beste Bild von der Bewusstlosen und der rothaarigen Täterin. Die wurde vom Bräutigam und dessen Eltern aus dem Saal gezogen.

 

Neji ballte die Hände zu Fäusten. Es machte ihn wütend, dass die Umstehenden gafften aber keinen Finger krümmten, um seiner Cousine und dem Blondie mit dem ausgeknockten Bonbon zu helfen. Stattdessen filmten und fotografierten sie, verglichen ihre Aufnahmen und bequatschten, wie es dazu gekommen war. Hier und da hörte er den empörten Satz: „Die Jugend von heute ist ganz schön rabiat.“

Da er nicht weiter vorankam, fing er an, jedem, den er erreichen konnte, das Handy aus der Hand zu schlagen. Die empörten Ausrufe ignorierte Neji.

Es dauerte nicht lange, da bekam er mit, wie andere es ihm nachmachten. Zwar nicht so rabiat, aber dennoch mit Erfolg gekrönt. Ein Blick zur Bar verriet ihm, dass seine Cousine und Blondie nicht mehr allein beim Bonbon waren. Dieser Nara hatte sich dazugesellt. Er hob das taumelnde Bonbon hoch und trug sie zum nächsten Sofa.

Sakura

Das Gefühl eines drehenden Schwindels war die erste Empfindung, nachdem die Lichter ausgegangen waren und ein tiefe Schwärze ihr Bewusstsein vereinnahmt hatte. Ein Wirrwarr aus Stimmen drang an Sakuras Ohr und: „Raus!“, war dabei der prägnanteste Ausruf. Weitere empörte, wie auch ahnungslos klingende Rufe mischten sich mit darunter.

„Wie kannst du nur?“

„Was ist denn passiert?“

„Bestimmt der Kreislauf!“ – „Nein, die Cousine des Bräutigams hat ihr eine runtergehauen.“ – „Was?“

„Lass das!“ – „Wieso, sowas muss festgeha… Ey!“ – „Das ist geschmacklos!“ – „Aber die anderen…“ – „Und wenn die anderen vom Hochhaus springen, springst du hinterher?“

 

Die zweite Empfindung waren Hände, die nach ihr griffen und sie in die Senkrechte zerrten, während der Redefluss nicht abnahm. Sakura fühlte sich zu benommen, um gegen das Drängen und Führen von Armen und Händen aufzubegehren. Sie stolperte in den hohen Schuhen vorwärts, bis sie den Boden gänzlich unter den Füßen verlor. Der Schwindel zwang sie die Augen geschlossen zu halten, ihre ganze Konzentration galt dem Abmildern des drehenden Gefühls, gleichzeitig fing ihre linke Gesichtshälfte damit an, unangenehm aufzufallen. Sie tat weh.

„Setzt sie da hin!“

„Vorsichtig!“

„Macht mal Platz!“

„Och, du meine Güte!“

„Lebt sie noch?“ – „Ja, du Dummbatz.“

„Die Jugend von heute ist ganz schön rabiat.“

 

Jemand rief ihren Namen. Sakura öffnete blinzelnd die Augen. Helles Licht blendete sie und mit einmal war Hinatas Gesicht zu sehen.

„Sakura?“

„Was … was is’n los?“, nuschelte sie.

Rodrigos Stimme war zu hören: „Gott sein Dank sie lebt. Und zum Glück hat sie noch alle Zähne.“

„Sakura!“, erneut war es Hinata, die ihre Aufmerksamkeit wollte. „Kannst du dich daran erinnern, was passiert ist?“

„Hm“, Sakura nickte und der Schmerz in der linken Wange nahm zu. „Deine und Narutos Hochzeit. … Ich hab mit Ino getrunken. War wohl doch zu heftig…“, Sakura stockte und bedachte Hinata mit einem flehentlichen Blick. Zögerlich gab ihr Mund Worte wieder, deren Sinn ihr die Schamesröte ins Gesicht trieb.

„Es tut mir so leid, Hinata. Es tut mir wirklich leid, dass ich..., dass…, dass ich deine und … Narutos Hochzeit… also, eure Hochzeit gecrasht habe… ich… entschuldige …“, Sakuras Stimme brach ab. Ihre Unterlippe zitterte, während sie fieberhaft nach einer Erklärung für ihren Absturz suchte.

Verschwommene Bilder tauchten auf und sie sah sich Karin gegenüber, die ihr einen ansehnlichen rechten Haken mitgab. – Scheiß Alkohol!

Wenn der Konsum von Alkohol bedeutete, Alpträume mit und von Karin zu haben, würde die Zukunft ziemlich trocken aussehen. Aber lieber ohne Alkohol glücklich als so einen verqueren Traum, der ganze Feiern crashen konnte.

Sakura konnte sich ihre Situation nur damit erklären, dass sie an der Bar eingepennt und dann, wegen des Alptraums, vom Hocker gefallen war. Das erklärte auch die Schmerzen in der linken Gesichtshälfte.

Die Möglichkeit, der Traum könnte Realität sein, zog Sakura in ihrem Zustand nicht in Betracht. – Umso erstaunter war sie von Hinatas Worten.

„Sakura … du hast die Hochzeit nicht gecrasht.“

„Nicht?“, hauchte Sakura leicht verwirrt.

„Nein“, und Hinata biss sich auf die Unterlippe, ehe sie sagte: „Karin hat dir eine runtergehauen. Du warst kurzzeitig weggetreten.“ Kaum waren der Vorfall ausgesprochen, wurden Sakuras Augen groß. Leise murmelte sie zu sich selbst: „Doch kein Traum…“

Hinata, die sie gehört hatte, schüttelte den Kopf.

Mit einmal war die Erinnerung daran wieder da. Ino war in Deckung gegangen und Karins Faust war ungebremst in Sakuras Gesicht gelandet. Der warnende Ruf von Ino erklang viel zu spät. Als er an ihr Ohr drang, war Karins Faust schon dabei gewesen ihr die Lichter im Oberstübchen auszuschalten.

„Wie lange war ich weg?“, wollte Sakura, nun hellwach, wissen.

„Nicht lange. Höchstens eine Minute.“

Ino erschien hinter Hinata und reichte Sakura eine Tüte. „Hier! Ist von unserer Bar-Dame. Halt es dir an die Wange.“

Es stellte sich als Eis heraus und tat verdammt gut. Sakura sah wie Hinata sich zu ihrer Linken hinsetzte und da erst bemerkte sie, dass sie auf einem Sofa saß, welches dem 18. Jahrhundert zu entstammen schien. Ino ließ sich rechts von ihr nieder.

„Sollen wir dir einen Arzt rufen?“, fragte Hinata.

Sakura nahm das Eis weg und betastete die Stelle, die mit Karins Faust in Kontakt gekommen war. Sie fühlte sich schon jetzt geschwollen an, aber der Wangenknochen und auch die Kieferknochen, sowie ihre Nase waren unverletzt.

Statt einer Antwort, wollte sie von Hinata wissen: „Wie sieht mein Auge aus?“

„Ähm, … normal, denke ich.“

„Zeig mal her“, sagte Ino und besah sich das linke Auge. „Keine Einblutungen.“

„Okay“, hauchte Sakura erleichtert. „Dann brauch ich keinen Arzt. Sollte ich mich aber in der nächsten Stunde mehrmals übergeben, wäre ein Notarzt nicht schlecht. Aber ich glaube nicht, dass der Fall eintritt. Dafür hätte sie mich weiter oben treffen müssen und ich glaube … auch heftiger.“

„Sicher?“, hakte Hinata unsicher nach.

„Ja.“ Sakura wollte Lächeln, musste dies aber unterlassen. Der hämmernde Schmerz war doch zu groß. Sie sah sich stattdessen im Saal um und war froh, dass die meisten Gäste sich schon von ihr abgewandt hatten.

„Wo ist sie jetzt?“

„Wer?“, fragte Ino.

„Karin.“

„Bei Naruto und dessen Eltern.“

„Sie haben sie sofort aus dem Raum gezogen und na ja… sie darf sich jetzt eine Gardinenpredigt anhören“, erklärte Hinata.

„Sehr schön ausgedrückt“, erwiderte Ino. „Gardinenpredigt. Das Wort hab ich schon lange nicht mehr gehört.“

Sakura lehnte ich zurück und hielt das Eis wieder an die Wange. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich darauf den Schmerz zu verbannen, was leider misslang.

Als sie von Hinata die Frage: „Wie ist es überhaupt dazu gekommen?“, vernahm, öffnete sie die Augen wieder.

Ino druckste herum, daher sagte Sakura: „Hohlköpfige Breitstirn mit Mikro-Erbsen-Titten“

„Bitte?“, Hinata sah sie mit leicht geöffneten Mund an.

„Mit der Beleidigung hat alles angefangen … und danach kamen das Glas und dessen Inhalt ins Spiel“, seufzte Sakura und sah Ino an. „Woher hattest du es eigentlich?“

„Keine Ahnung. Es stand da“, entgegnete Ino und zuckte dabei mit den Schultern. Leise raunte sie jedoch, sodass nur Sakura sie verstehen konnte. „Ich glaub, unsere Bar-Dame hat es vorsichtshalber in greifbarer Nähe platziert.“

Sakura sah ihre Freundin mit großen Augen. Sie wollte sich zur Bar umdrehen, aber Hinatas helle Stimme hielt sie davon ab. Diese fragte mit ungläubigem Unterton: „Du hast Karin wirklich damit übergossen?“

„Übergossen? Schwungvolle Glasentleerung trifft es besser“, korrigierte Sakura die Frage.

Ino lachte verlegen, sah dann aber betrübt drein. „Es tut mir leid, Hinata. Wirklich. Ich weiß selbst nicht, wie es soweit kommen konnte. Ich hab nach der Beleidigung einfach nur noch Rot gesehen…“

„Im wahrsten Sinne des Wortes“, fügte Sakura ein, was Ino bestätigte.

„Genau. – Glaub mir Hinata, ich hab mich auch gleich danach entschuldigt, mehr oder weniger… da kam die Faust aber schon geflogen und…“

„…landete bei mir“, beendete Sakura die Ausführung.

 
 

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Eine Stunde später entschied Sakura, dass die Zeit gekommen war den Rückzug anzutreten. Trotz der stets neu gebrachten Eiswürfel schwanden die Schmerzen nicht. Schmerzlindernde Tabletten konnte sie nicht nehmen, wegen dem Alkohol in ihrem Blut und als angehende Ärztin besaß sie in dieser Hinsicht eine Vorbildfunktion.

Der Moment als der Lärm im Tanzsaal unerträglich wurde, kam schleichend bis sie es nicht mehr ertrug. Eigentlich wollte Sakura mit Ino die Nacht durchmachen, aber daraus wurde jetzt nichts mehr. Danke, Karin! – dachte Sakura sarkastisch.

In Gedanken verfluchte sie die Uzumaki, aber nur kurz, da es nicht zur Linderung der Schmerzen beitrug.

Mit vielen Entschuldigungen verabschiedete sie sich vom Brautpaar, denen sie nochmal versichern musste, dass sie wirklich keinen Arzt brauchte.

„Sakura, wenn du meinst, es wäre doch besser einen Arzt kommen zu lassen, gib Bescheid. Echt jetzt!“

„Naruto… mir geht’s soweit gut. Mir tut nur die Wange weh und ich hab leichte Kopfschmerzen von dem Schlag. Ein bisschen Ruhe wird mir guttun und morgen wird es mir schon etwas besser gehen.“

„Na ja…“, Naruto kratzte sich am Hinterkopf, „… mit einer Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen.“

Sakura lächelte zaghaft. Ja, da musste sie ihm Recht geben, denn er konnte ein Lied davon singen. Zweimal war er deswegen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Dennoch beharrte sie darauf, dass kein Arzt gerufen werden musste.

„Naruto, glaub mir, ich weiß, was ich tue. Und ich habe definitiv keine Gehirnerschütterung. Ich bin mit solchen Fällen vertraut.“

„Stimmt ja“, lachte der Bräutigam. „Aber, du warst am Anfang verwirrt. Das weiß ich von Hinata.“

„Versuch du mal nach drei oder vier Schnäpsen und einem Schlag, der dir die Lichter in der Oberstube kurzzeitig ausschaltet, sofort wieder klar zu denken. Besonders wenn die Möglichkeit, eine runtergehauen zu bekommen, eigentlich bei null liegen sollte.“

Naruto gab sich daraufhin geschlagen.

 

Auf dem Weg zur Rezeption wurde Sakura von Ino begleitet, im Fall sie fing das Schwanken an. Eine nicht zu verachtende, ernstzunehmende Möglichkeit, bei acht Zentimeter Absätzen.  

Als Sakura ihren Schlüssel bekam, Zimmer Sieben, fragte Ino die Rezeptionistin: „Dürfte ich wohl erfahren, welche Zimmernummer Karin Uzumaki hat? Wir wollen unliebsame Aufeinandertreffen vermeiden.“

„Gerne, aber Frau Uzumaki hat die Festlichkeiten verlassen. Der Bräutigam hat im Namen seiner Frau und den anwesenden Gästen darum gebeten, ein Taxi für Frau Karin Uzumaki zu rufen. Wegen den Wetterbedingungen haben wir angeboten die junge Frau bis in die Stadt zu fahren, wo die Straßen gut befahrbar sind, auch für Taxis. – Sie hat das Gebäude vor zwanzig Minuten verlassen.

Für das Brautpaar ist es untragbar eine Person am Fest teilnehmen zu lassen, die sich nicht unter Kontrolle hat, was wir sehr begrüßen und immer unterstützen“, und an Sakura gewandt sagte sie: „Wir waren so frei und haben Ihnen weiteres Eis auf ihr Zimmer gebracht. Es befindet sich in einer extra Kühlbox beim Kühlschrank. Sollten Sie noch etwas brauchen, wie Schmerzmittel oder einen Arzt, zögern sich nicht uns Bescheid zu geben. Die Rezeption ist die ganze Nacht besetzt.“

 

„Hast du gehört, Personen, die sich nicht unter Kontrolle haben, werden der Feier verwiesen“, sagte Sakura. „Hast du ein Glück, dass deine Aktion unbestraft blieb.“

„Ich habe nur deine Ehre verteidigt“, entgegnete Ino.

„Mit schmerzendem Ergebnis.“

„So schlimm?“

„Ich bin froh, wenn ich ins Bett komme und einfach schlafen kann.“

Langsam und die bleierne Müdigkeit immer stärker spürend, ging Sakura bei Ino untergehakt zu ihrem Zimmer. Es lag im ersten Obergeschoss und am Ende des Ganges. Als sie die Tür aufschlossen und die Räumlichkeit betraten, wartete ein Traum im klassizistischen Stil auf sie.

Helle Vorhänge mit floraler Verzierung säumten die Fenster. Das Bett war mit einer Tagesdecke überzogen, die wunderbar zu den Vorhängen passte, während die Wände mit Webstofftapete tapeziert waren, die ein elegantes Trellisdesign aus Pflanzenranken in zartem Gold vor einem beigegoldenen Hintergrund zeigte.

Sakuras Reisetasche stand auf einer schmalen Polsterbank vor dem Bett und wartete nur darauf geplündert zu werden.

 

Die Koffer und Taschen der Hochzeitsgäste waren während der Zeremonie von einem Mitarbeiter Rodrigos angeliefert worden. In der Hochzeitseinladung hatte die Bitte gestanden, das Gepäck mit den beigelegten Namensschildern zu versehen und vorab bei Rodrigo und seinem Team abzugeben. Durch die Schilder fand jede Tasche ihren Weg in das richtige Zimmer.

 

Ino ging sofort ins Bad und rief: „Boah… die Wasserhähne sind ja cool und die Ablage muss aus Marmor sein. Richtig nobel und vor allem … hier scheint auch alles sehr sauber zu sein.“

Sakura lächelte und schlug die Tagesdecke zurück, bevor sie sich auf dem Bett niederließ. Es war weich und die Bettdecke fühlte sich geschmeidig auf der Haut an. Hier konnte sie sicherlich gut schlafen.

Ino kam aus Bad und lief durch den restlichen Raum. Sie zog die Vorhänge zu und sagte dann: „Okay. Sicher, dass ich dich allein lassen kann?“

Sakura nickte. „Ja! Schreib mir, wenn du Sai gefunden hast.“

„Das mach ich“, sagte Ino und umarmte ihre Freundin, ehe sie hinausging.

„Erhol dich gut.“, rief sie bei der Tür stehend und Sakura antworte: „Hab Spaß!“

„Hab gute Träume!“, und schon war das schließende Geräusch der Türschlosses zu hören.

 

Da saß sie nun auf dem breiten Queen Size Bett und das mit einer lädierten Wange. Wunderbar! Sie wusste jetzt schon, dass es am Montag bei der Vorlesung Fragen dazu regnen würde. Seufzend streifte sie sich die Schuhe von den Füßen, bevor sie aufstand und zur Tasche ging. Sie kramte in ihr bis sie die bequemen Wechselsachen beisammen hatte.

Vorsichtig zog Sakura das Kleid aus und befreite sich auch von der seidenen Strumpfhose, die sie wegen der Kälte trug. Es war ein befreiendes Gefühl.

Im Schlapperlook ging sie ins Bad, um sich abzuschminken und den Haarknoten zu öffnen. Hier sah sie zum ersten Mal, seit des Knockouts, ihr Spiegelbild und verzog das Gesicht, so gut es ging. Da hatte Karin ihr ja ein sehr veritables Veilchen verpasst. Beim Gedanken an Karin, schweifte sie auch zu Sasuke.

Seit er mit Karin aus dem Saal verschwunden war, hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Vielleicht war er mit Karin mitgefahren … Sakura stöhnte und stützte sich mit den Händen am Waschbecken ab. Warum machte sie sich schon wieder Gedanken über Sasuke Uchiha?

Ein wütendes: „Argh!“, entfloh ihr und sie griff zur Zahnbürste.

Zähneputzen war beruhigend, Zähneputzen war gut und vor allem wichtig. Ihr half es zudem die Gedanken zu sortieren, gleichzeitig konnte sie die Zeit nutzen, um ihre Beinmuskulatur fit zu halten, indem sie sich auf die Zehenspitzen stellte und das im 3 Sekunden Wechsel.

Sasuke

Sasuke hatte nicht wirklich aufs Klo gemusst, aber es war der einzige Ort, von dem er glaubte, dass Karin ihm zumindest heute nicht nachfolgen würde; und die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.

Als er die dunkel geflieste Räumlichkeit betrat, standen an den Waschbecken zwei Männer, die gerade ihre Hände unter das laufende Wasser hielten – wie vorbildlich; er hatte es schon anders erlebt. Weitere Nutzer des großzügigen Sanitärbereiches waren im Moment nicht zugegen.

Sasuke stellte sich vor einem der Spiegel und richtete das Plastron mittig aus. Es hatte sich leicht nach links verschoben. Danach öffnete er mit routinierten Handgriffen seine Manschettenknöpfe, damit er die Ärmel von Frack und Hemd nach oben schieben konnte, um unansehnliche Flecken zu vermeiden, ehe er seine Hände mit eiskaltem Wasser wusch.

Währenddessen verließen die beiden Männer den Raum und als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, war Sasuke allein. Er trocknete sich die Hände und sah dabei seinem gespiegelten Konterfei in die Augen, bevor der Blick über die gesamte Erscheinung schweifte.

Was er sah, ließ Frauenherzen höherschlagen. Ein Fluch, wie er behauptete, den er seit Kindergartentagen mit sich rumschleppte.

 

Am ersten Tag seiner Kindergartenzeit hatten die Mädchen seiner Gruppe ihn unablässig umringt und wollten mit ihm Mutter, Vater, Kind spielen; die Erzieherinnen nannten ihn niedlich und er hatte nur eines gewollt, wie ein ganz normaler Junge rumtoben und sich zu den anderen Jungen gesellen, um an der Ritterburg mitzubauen, Action-Autos über gefährliche Schluchten fliegen zu lassen oder mit Superhelden gegen Monster kämpfen.

Aber seine Beliebtheit bei den Mädchen und Erzieherinnen ließen ihn zum Außenseiter werden. Sobald er anfing bei der Burg mitzubauen, gingen die Jungen zur Westernstadt. Bei den rasanten Autofahrten waren Helikopter plötzlich beliebter und was die Superhelden anging, so kam ihm nur die Rolle des Sidekicks zu. Irgendwann hatte er keine Lust mehr auf die Schikanen gehabt und für sich allein gespielt.

Es gab aber einen, der ihn nie im Stich ließ: Naruto. Leider waren sie nicht in einer Gruppe, sodass die gemeinsamen Spiele auf die Zeit im Freien oder bis nach dem Kindergarten verschoben werden mussten.

 

In der Grundschule änderte sich an dem Verhalten der Mädchen nichts. Im Gegenteil, sie belagerten ihn noch schlimmer. Alle wollten sie neben ihm sitzen, aber da hatten sie die Rechnung ohne Naruto gemacht. Der sorgte dafür, dass Sasuke zumindest während des Unterrichtes seine Ruhe hatte.

Die Jahre vergingen, die Schwärmereien ebbten nicht ab. Mit 15 waren neben den Mädchen aus der eigenen Klasse auch die anderen Klassenverbände und sogar die älteren Jahrgangsstufen an ihm interessiert. Es war einfach nur lästig.

Ein forsche Schülerin aus dem Abschlussjahrgang hatte ihn sogar gefragt, ob er mit ihr auf den Abschlussball gehen wollte. Überfordert damit, wie es wahrscheinlich jeder 15-Jährige in seinem Alter gewesen wäre, ließ er sie einfach stehen. Womöglich wartete sie noch immer auf sein: „Nein“.

Um der Weiberhorde zu entgehen, schlich er sich zusammen mit Naruto aufs Dach. Irgendwann war es ihm in den Sinn gekommen auch Hinata mitzunehmen, damit sie endlich die Gelegenheit bekam bei seinem Kumpel zu punkten. Naruto war erst nicht angetan, bemerkte aber schnell ihre Vorzüge, vor allem was ihre ruhiges Wesen anging.

Hinata war nicht immer dabei, sondern nur freitags, was Naruto irgendwann sehr schade fand. Aber sie hatte nur an den Freitagen Zeit. Die anderen Tage verbrachte mit ihren Freundinnen, Ino und Sakura.

Naruto hatte dann aus einer Laune heraus Hinata gefragt, warum sie nur einmal die Woche den Weg aufs Dach fand. Schüchtern wie sie war, stotterte sie: „W-weil… Ino u-und Sa-Sakura d-die P-ause nutz-en, um z-ur Sp-p-orthalle z-u k-k-ommen. Die b-eiden sind in d-er Hock-k-ey-AG.“

Angenehmerweise störte sich Naruto nie an dem kleinen Sprachdefizit, im Gegenteil, er löcherte Hinata mit Fragen bis die Pause rum war und hörte geduldig zu bis sie ihren Satz beendet hatte.

„Und in welcher AG bist du?“

„B-beim I-kebana Kurs.“

„Echt jetzt?“, lachte Naruto. „Meine Mutter gibt Ikebana Kurse. Dienstags und donnerstags am Abend und Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag in der Früh. …“, und schon fiel er mit der Tür ins Haus, „…Die Morgenkurse sind nichts für dich, wegen Schule, aber ich kann sie gerne fragen, ob du eine Schnupperstunde am Dienstag oder Donnerstag nehmen kannst.“

Hinata hatte zwei Wochen gebraucht, um ihrem Vater davon zu überzeugen, dass es sich für sie lohnte auch außerhalb der Schule den Ikebana-Kurs besuchen zu dürfen. Als das dann abgemachte Sache war, erschien sie jeden Dienstag und Donnerstag bei Naruto Zuhause – der Anfang einer wunderbaren Beziehung, für die Sasuke ein klein wenig Amor gespielt hatte.

 

Die Studienzeit hatte dem Mädchen-, besser gesagt Frauenandrang keinen Abbruch getan. Im Gegenteil. Während der Vorlesungen war er von einem Pulk anhimmelnder Studentinnen umgeben, die sich nur eingeschrieben hatten, um ihn zu sehen. Das wiederrum hatte ihm Minuspunkte bei den männlichen Kommilitonen eingebracht, die den Kurs ebenfalls belegen wollten, aber nicht durften, wegen zu hohem Andrang.

Die Sache mit Karin, vor vier Jahren, war da natürlich ein gefundenes Fressen für seine männlichen Mitstudenten gewesen. Ab dieser Zeit fühlte sich der Gang über den Campus und durch die Gebäude wie ein Spießrutenlauf an. Nichts, was er nicht schon gewohnt war seit dem Kindergarten. Ein Gutes hatte das Ganze aber, die Anzahl der schwärmenden Frauen ging ein wenig zurück.

 

Als Sasuke die Toiletten verließ, wurde er ungewollt zu einem Lauscher. Er kam gerade noch rechtzeitig, mit schlitternden Absätzen, vor der Ecke zum Festsaal zum Stehen als er die ersten Gesprächsfetzen vernahm.

Die Stimmen, die er hörte, klangen aufgebracht und aufgebrachte Stimmen waren das Letzte, was er jetzt brauchte. Also blieb ihm nichts anderes übrig als die Dinge abzuwarten, die teilweise mit fetten Großbuchstaben und Unterstreichungen besprochen wurden.

Eine der ersten Personen, die er stimmlich erkannte, war Naruto. Dann folgten dessen Eltern. Über wen oder was regten sie sich nur so auf? Als die Versuchung in ihm erwachte, vorsichtig um die Ecke zu schauen, fiel der Name.

KARIN!“, es war Narutos Mutter, die ihn förmlich hinauskatapultierte. „Das… das war so unangemessen. Solch ein Verhalten hätte ich nie von dir erwartet!“

Sasuke schloss die Augen und lehnte sich an die Wand. Was hatte die Rothaarige jetzt schon wieder angestellt? Er hörte Narutos Vater, Minato, sagen: „Kushina, wir sollten erst einmal herausfinden, wie es dazu kam. Karin, ich hoffe du hast eine plausible Erklärung.“

VATER!“, protestierte Naruto. „Für sowas gibt es keine plausible Erklärung. Sie hat Sakura geschlagen. Sie hat sie regelrecht ausgeknockt!“

Sasuke öffnete die Augen und starrte auf das ihm gegenüberhängende Gemälde spielender Füchse im Herbstlaub, während seine Ohren dem Verstand zu übermitteln versuchten, dass sie sich nicht verhört hatten.

Karin hatte Sakura geschlagen – Punkt – Karin hatte Sakura ausgeknockt - Punkt – Fazit: Karin hatte Sakura eine runtergehauen – Ausrufezeichen.

Für einen kleinen Moment fragte er sich, ob eine Ohrfeige solch eine Auswirkung haben konnte. Die Frage war kaum zu Ende gedacht, da wusste er die Antwort: Nein, natürlich nicht!

Um jemanden die Lichter auszuschlagen brauchte es die Faust. Diese Tatsache ließ ihn die Hände aus den Hosentaschen nehmen, sodass er sich nach vorn übergebeugt auf den Oberschenkeln abstützen konnte.

Wie verrückt war diese Frau? –

 

„Die haben angefangen“, giftete Karin zurück.

Sasuke spitzte unbewusst die Ohren und lauschte, ohne es wirklich zu wollen.

„Was meinst du damit?“, wollte Naruto wissen.

„Hast du keine Augen im Kopf. Sieh mich an!“, blaffte Karin. „Meine Frisur, mein Make-up und meine KLEID! Alles ruiniert.“

Kushina seufzte. „Ja, das sehen wir.“

„Wie kam es dazu?“, wollte Minato ein weiteres Mal wissen.

„Keine Ahnung. Plötzlich ist diese Furie Yamanaka auf mich losgegangen und hat das Innere des Getränks auf mir verloren. MIT ABSICHT! Sie hat es regelrecht in mein Gesicht geschüttet.“

„Ino?“, fragte Kushina spitz. Es klang als hätte sie den Kopf schiefgelegt. „Aber warum bist du dann auf Sakura losgegangen?“

„Weil Yamanaka in Deckung ging und Haruno es nicht getan hat.“

„Bitte?“, wieder war es Kushina, welche die Frage stellte. Ihre Stimme klang erneut spitz, doch dieses Mal schien sie ihren Kopf wieder gerade gerückt zu haben. Dafür klang das ‚Bitte‘, als hätte sie ihre Augen weit aufgerissen.

Karins Seufzer drang nicht an Sasukes Ohr. Er vernahm nur ihre trockene Aussage: „Yamanaka ist vor meiner Faust in Deckung gegangen. Da hat’s halt Haruno erwischt. Ist aber auch kein Wunder. Bei ihrer riesigen Stirn brauchen die Denkzentralen halt länger.“

KARIN! Zügle deine Wortwahl!“, erklang die mahnenden Stimme von Kushina.

„Warum? Doof bleibt doof. Sie ist nun mal beschränkt.“

ES REICHT!“, donnerte Naruto dazwischen. „Langsam verstehe ich, wie es dazu gekommen ist.“

„Was meinst du?“, wollte seine Mutter wissen.

„Weshalb Ino den Aussetzer hatte“, erklärte Naruto und seine nachfolgenden Worte waren an Karin gerichtet: „Was hast du gesagt?“

„Was meinst du?“, kam es dieses Mal von Karin.

„Was hast du gesagt, damit Ino so reagiert? Sie würde das, was sie getan hat, nicht tun, wenn es keinen driften Grund ’für gäbe.“

„Meine Güte, was werdet ihr alle so pissig, sobald Haruno ne Beleidigung über ihre Stirn an ihre Stirn geknallt bekommt.“

„Was hast du gesagt?“, wiederholte Naruto.

„Ich hab sie eine hohlköpfige Breitstirn mit Mikro-Erbsen-Titten genannt. – Also, kein Grund sich aufzuregen.“

„Kein Grund…“, krächzte Minato.

„Nein, das hast du nicht“, hauchte Kushina schockiert.

„Doch, habe ich!“ Der Stolz in Karins Stimme war unüberhörbar. „Es ist schließlich die Wahrheit. Sie hat nun Mal nen hohlen Riesenschädel und ihre Titten sind, was sie sind: nicht vorhanden“, Karin entkam ein Lachen. „Ich mein, Erbsen wie diese brauchen keinen BH. Höchstens etwas Watte, damit sie nicht so stark durch die Kleidung stechen.“

Erneut brauste Kushinas Stimme auf: „KARIN! WIE KANNST DU NUR?

 

Sasuke strich sich durchs Haar. Die Versuchung das Klo erneut aufzusuchen wuchs. Ihm klingelten die Ohren von den Beleidigungen, mit denen Karin heute Abend ihrem Schandmaul alle Ehre machte.

 

„Indem ich den Mund aufmache und es sage!“, entgegnete Karin.

„Das ist nicht angemessen und schon gar nicht an dem heutigen Tag“, empörte sich Kushina.

„Dann hättet ihr mich nicht einladen sollen.“

„Perfekt“, entgegnete Naruto. „Hiermit bist du ausgeladen.“

WAS?“, fauchte Karin.

„Du hast es eben gesagt, wir hätten dich nicht einladen sollen und um weiteren Ärger mit dir zu vermeiden, darfst du jetzt gehen. Ich werde mit der Rezeption reden, dass sie dir ein Taxi rufen und deine Tasche ins Foyer bringen…“

„Tasche? Es waren mehrere Koffer!“, unterbrach Karin ihn zischend.

„… Dann halt Tasche aka mehrere Koffer. Du wirst auf jeden Fall im Foyer auf dein Taxi warten. Ich will dich nicht mehr bei der Hochzeitsgesellschaft sehen und von Sakura hältst du dich fern. – Sei froh, wenn Sakura von einer Anzeige wegen Körperverletzung absieht… obwohl, ich werde ihr auf jeden Fall dazu raten Anzeige zu erstatten.“

„Das tust du nicht“, knurrte Karin.

„Doch.“

„Ich … bin deine … Cousine“, stammelte sie.

„Und ich bin angehender Jurist“, entgegnete Naruto, der sich auf dem Absatz umdrehte und kurz darauf mit der Rezeption sprach.

Wütend rief Karin ihm nach: „Na schön! Aber das Geschenk nehm ich wieder mit!“

„Echt jetzt?“, entgegnete Naruto. „Ich bin begeistert, Karin. Das ist die erste vernünftige Entscheidung, die du an diesem Tag getroffen hast. Auf die Plastikpalme können Hinata und ich super verzichten!“

 

Sasuke ging wieder in Richtung der Klos. Ein bisschen kaltes Wasser im Gesicht und im Nacken konnte sicherlich nicht schaden, um das Gehörte zu verdauen. Es war ihm herzlich egal, ob der Frack, das Hemd oder der Plastron dabei unter Wasserflecken litten.

Erneut fragte er sich, wie er sie vor vier Jahren nur attraktiv hatte finden können. Alkohol war wirklich ein Teufelszeug!

Sakura

Weich, niedlich und reinweiß. Sakura kürte Schäfchen 277 zu ihrem Lieblingsschaf und hörte mit dem Zählen von springenden Lämmern auf, die ihr beim Einschlafen helfen sollten. Seit einer Stunde starrte sie an die Zimmerdecke und wartete auf den Dämmerungsprozess ihres Körpers, der sich aber nicht einstellen wollte.

Wie sehr hatte sie sich doch auf den erholsamen Schlaf in diesem wunderschönen und bequemen Bett gefreut? Aber kaum lag sie auf der Matratze, verschwand jegliche Ermattung und eine innere Unruhe nahm von ihr Besitz. Mit diversen Einschlafhilfen versuchte sie diese zur überlisten, aber es half nichts.

Am Ende hatte sie Schäfchen zählend mit offenen und auch mal geschlossenen Augen dagelegen, nur um bei Schäfchen 277 frustriert aufzugeben.

Sakura beschloss, wenn sie schon nicht schlafen konnte, dann sollte sie die Nacht für etwas Sinnvolles nutzen, und zwar mit dem Lesen von medizinischen Fachzeitschriften. Sie hatte zwar noch Kopfschmerzen und vom stechenden Ziehen in ihrer linken Gesichtshälfte wollte sie gar nicht reden, aber lethargisch rumliegen und Löcher in die Luft starren war nicht ihre Art. Sowas war eher den Shikamarus dieser Welt vorbehalten.

Mit einem Seufzen knipste sie die Nachttischlampe an und setze sich auf, wobei ihr blauer Pyjama in Schieflage geriet. Sie zupfte ihn zurecht.

Durch die Bewegung fing ihre Wange wieder mit schmerzen an. Als sie nach dem beiseitegelegten Kühl-Akku griff, musste sie enttäuscht feststellen, dass von Kühlung nicht mehr gesprochen werden konnte; Zimmertemperatur traf es da schon besser. Sie stand auf und tauschte den Akku gegen ein frischeres Modell. Dabei schweiften ihre Gedanken zur Verursacherin ihrer Schmerzen und mit stummen Worten fluchte sie Karin dorthin, wo der Pfeffer wuchs.

 

Der Groll, den die Frau gegen sie hegte, nervte und war einfach nur lächerlich. Zwischen ihnen konnte es doch nicht ewig so weiter gehen. Sie sah sich schon im Altenheim sitzen und wie Karin ihr eine mit dem Gehstock verpasste, weil die Kraft für einen rechten Haken nicht mehr ausreichte.

Bei der Vorstellung schweiften Sakuras Erinnerung zu jenem Tag zurück, an dem ihrer Meinung nach der Startschuss für all die kleinen und großen Streitereien gefallen war. Ino und sie nannten ihn „Tag des Zuckertüten-Massakers“. Der Name ließ schon erahnen, dass Zuckertüten und jede Menge Erstklässler, die eingeschult wurden, eine Rolle dabei spielten.

Alles begann damit, dass Karins und ihre Zuckertüte das gleiche Motiv besaßen und beiden Tüten das Namenschild fehlte; bis hierhin war es noch kein Streitgrund … aber der eigentliche Auslöser für alles, und wie konnte es anders sein, war der Faktor Sasuke Uchiha.

Zum Leidwesen vieler Mädchen, darunter auch Karin, kam er in die Klassen 1-1, zu der auch Ino, Hinata, Sasukes bester Freund Naruto und Sakura selbst gehörten und hier lag der Hase im Pfeffer vergraben.

Als die Lehrerin der Klasse 1-1 Sakuras Zuckertüte hochhob und nach dem nicht vorhandenen Namensschild suchte, erkannte Karin vor allen anderen ihre Chance. Sie nutzte die gleichaussehenden Zuckertüten und rief: „Das ist meine!“ – Die verdutzen Blicke zweier Elternpaare ignorierte die Rothaarige gekonnt.

Das dadurch entstandene Chaos führte am Ende dazu, dass jeder zweite Erstklässler Tränen vergoss, 17 zerstörte Zuckertüten mit ihrem Inhalt verstreut auf dem Boden und unter den Füßen der Erwachsenen und Kinder lagen und dass die Einschulung von Sakuras Jahrgang nie wieder erwähnt wurde. Noch heute trauerte Sakura ihrer Zuckertüte nach. Keine gehabt zu haben, war für sie schlimmer gewesen als ihre blamables Auftreten vor einem gewissen Sasuke Uchiha. –

 

Mit einem Seufzen erhob sich Sakura aus der Hocke. Sie wollte jetzt nicht an den Uchiha denken. Noch immer schaffte es der bloße Gedanken an ihn, dass ihr Herz schneller schlug und diese romantischen Gefühle in ihr aufkeimten, die sie mit den Verstand zu unterdrücken versuchte.

Ihretwegen konnte er ruhig mit Kar …, Nein! Sie konnte den Satz nicht beenden. Nicht jetzt, nicht heute, vielleicht in einem Monat oder einem Jahr; irgendwann mit Sicherheit, obgleich die Wehmut sicherlich mitschwingen würde.

Karins anklagende Worte kamen ihr den Sinn und mit gerunzelter Stirn dachte sie darüber nach. Wenn sie sich recht besann, hatte Karin behauptet, sie habe alles geplant, ihr gesamtes Verhalten nur darauf ausgelegt, Sasuke zu bezirzen. Wie kam die Frau nur darauf? Und mit einmal fragte sich Sakura, weshalb Karin so kurz nach ihrem Weggang mit dem Uchiha wieder auf den Matte gestanden hatte?

Sakura presste die Lippen aufeinander und hielt den Akku an die Wange. Sie besaß jetzt keine Lust und erst recht keine Muse sich mit den aufkommenden Fragen zu befassen und mögliche Lösungen zu finden. Mit einem unwirschen Laut wandte sie sich von der Kühlbox ab und ging zum Fenster, wo sie einen der vier Vorhänge zur Seite schob, um freie Sicht auf die Winterlandschaft zu haben.

Der Drang nach frischer Luft ließ sie das Fenster öffnen. Die nächtliche Winterluft umspielte ihren Körper und sie atmete den klaren Hauch der Nacht gierig ein. Welch eine Wohltat. Im hellen Mondlicht zeigte der Schnee ein zartes Glitzern und die Bäume, besonders die Tannen, sahen aus als wären sie mit einer fetten Glasur Zuckerguss überzogen. Sie bildeten mit ihrem hellen Behang einen starken Kontrast zum mächtigen Schwarz des Nachthimmels, der mit einem feinen Hauch von Blau durchwoben war. Die Sterne in ihm funkelten wie kleine LEDs aus weiter, weiter Ferne.

 

Sakura legte den Akku beiseite und stützte sich mit den Händen auf dem Innenfensterbrett ab, während sie das herrliche Bild der nächtlichen Winterlandschaft genoss. Kurzzeitig kam es ihr in den Sinn mit der Handykamera draufzuhalten aber frühere negative Erfahrungen und ein intensives Gespräch mit Sai, Inos Verlobten, über die technischen Möglichkeiten einer Spiegelreflexkamera auf einem Stativ und diverser Objektive, hatten sie davon überzeugt, lieber die Augen zu nutzen statt die Kameralinse eines Mobiltelefons.

„Es kommt nicht nur auf die gute technische Ausrüstung an“, hatte Sai erklärt. „Ein gutes Bild ist in der Lage, die Empfindung des Künstlers an den Betrachter weiterzugeben.“ – Wie recht er hatte. Bei der Betrachtung ihrer Handyfotos gab es nur wenige, die Geschichten erzählen konnten. Seine Fotografie-Vernissage, welche sie mit Ino besuchte, war ein wahrer Augenöffner gewesen.

Sakura ließ ihren Blick zum Himmel wandern. Das wolkenlose Firmament bot sich regelrecht dafür an, nach bekannten Sternbildern zu suchen. Sie war gerade dabei die Sterne für den kleinen Bären zu entdecken, zu dessen Hauptsternen der Polarstern gehörte, als ein Kribbeln auf dem Handrücken ihr Tun unterbrach.

Sakura sah hinab und schluckte. Statt eines Haares, dass durch den Wind bewegt wurde und somit die Bezeichnung Störenfried verdiente, hockte eine fette, schwarze und an den Beinen mit Stoppeln ausgestattete Kellerspinne auf ihrer Hand. Das Tier bewegte hie und da eines der acht Beine.

 

In Sakuras Kehle wuchs ein lauter und durchdringender Schrei heran, der aber ungehört blieb, weil er nicht ausgestoßen wurde. Obwohl sie einen Ekel vor Spinnen besaß, schaffte sie es nicht ihrer Furcht verbal Gehör zu verschaffen, gleichwohl sie es versuchte – ohne Erfolg. Der einzige Ton, den sie über die Lippen brachte, war ein gehauchtes: „He!“.

Ganz anders reagiert der Rest ihres Körpers. Der erstarrte zur Salzsäule, während das Hirn auf Hochtouren arbeitete. Es suchte fieberhaft nach einer Lösung, solange sämtliche Flucht- und Ekelreflexe vorerst auf Eis lagen.

Nachdem ihr Verstand zu einem Entschluss kam, amtete Sakura einige Male tief durch und zählte von Drei auf Null hinunter. Ruckartig hob sie den Arm an, um die Spinne aus dem Fenster zu befördern. Dummerweise kam genau in diesem Moment ein starker Wind auf und wehte das Tier wieder in das Zimmer hinein.

Das war der Augenblick, da die Furcht in Sakura die Oberhand gewann und den Verstand anschrie, endlich die Klappe zu halten und Maßnahmen für den Selbsterhaltungstrieb einzuleiten. Sakura schloss das Fenster mit einem Knall und trat von diesem zurück. Mit geweiteten Augen und einer immer größer werdenden Angst sah sie der Spinne dabei zu, wie diese die Wand hinunter krabbelte und direkte auf sie und ihre nackten Füße zuhielt. Vom Bewegungsablauf der acht Beine angewidert, zog sich Sakura immer weiter in das Zimmerinnere zurück bis sie gegen das Bett stieß, das Übergewicht nach hinten bekam und mit dem Hintern voran auf der Matratze landete. Dabei entfloh ihr ein spitzer Schreckenslaut.

 

Sakura erholte sich rasch von dem Schrecken und zog die Beine an den Körper. Die Spinne rannte noch immer auf sie zu und machte noch nicht einmal vor dem Läufer halt, der um das Bett ausgelegt war. Ein Schauder erfasst sie als das Tier über die Teppichhaare hinüberkrabbelte und unter dem Bett verschwand.

Vorsichtig stütze sich Sakura an der Matratzenkante ab und senkte langsam den Kopf, damit sie unter das Bett schauen konnte. Der schwache Lichtschein der Nachttischlampe ließ nicht viel erkennen, aber sie konnte die krabbelnde Bewegung ausmachen und musste zu ihrer Bestürzung dabei zusehen, dass das Tier den Plan besaß, an einem der vorderen Bettpfosten hinaufzuklettern.

Das war zu viel für Sakura. Sie sprang förmlich aus dem Bett und vergaß für einen Moment die Schmerzen in ihrer Wange und um das Auge. Für sie stand fest, sie würde die Nacht nicht in diesem wunderschönen, aber jetzt spinnenbelagerten Zimmer verbringen. Nein, definitiv nicht und sie wusste auch schon wohin es für sie ging.

Auf dem Nachttisch lag noch immer das Hotelprospekt, welches Sakura im Bett durchgelesen hatte und in dem der hoteleigene Wintergarten angepriesen wurde, der über das gesamte Jahr zugänglich war. Mit Sicherheit ein idealer Rückzugsort.

Sakura klaubte ihre Sachen zusammen, damit die Spinne nicht auf die infame Idee kam als blinder Passagier am nächsten Tag mitzureisen, und nahm sogar die Kühlbox mit ins Bad, wo sie ihre Reisetasche auf den Klodeckel abstellte und das Brautjungfernkleid an die Innenseite der Tür hängte.

 

 

Neben dem blauen Pyjama, den Sakura momentan trug, befanden sich in ihrer Reisetasche auch profilierte Wechselschuhe, eine Stretch-Jeans und der Norwegerpulli, den Hinata ihr gestrickt und vergangenen Weihnachten geschenkt hatte. Sakura konnte schließlich nicht im Brautjungfernkleid beim Brunch erscheinen und schon gar nicht, wenn Hinata für den nächsten Morgen ausdrücklich legere Kleidung forderte. Sehr zu Rodrigos Verdruss – der hätte die Brautjungfern und die Trauzeugen liebend gerne in extravagante Kleidung gesteckt; und bei freier Hand mit jeder Menge Glitzer.

Sakura zog sich um, band ihre Haare zum Pferdeschwanz und legte ein wenig Make-up auf, wobei sie erst gar nicht versuchte, die einsetzende Verfärbung an ihrer Wange zu kaschieren.

 

Als Sakura ihre Zeitschriften aus der Seitentasche des Reisegepäcks entnahm, bemerkte sie, dass ihr Handy-Ladekabel nicht mit dabei lag. In der Hoffnung, das Kabel in der Innentasche zu haben, suchte sie die gesamte Tasche ab. Diese Mal starb die Hoffnung, sie hatte es in der heimischen Steckdose vergessen und ein Blick auf ihr Handy ließ sie fast in Tränen ausbrechen. Ihr wurden nur noch 7 Prozent Akkuleistung angezeigt und der Energiesparmodus war schon aktiv.

Traurig ließ sie das Handy in die Tasche gleiten und wandte sich mit den Zeitschriften und der Kühlbox zur Badezimmertür um.

Bevor sie das Bad verließ, prüfte Sakura den Bereich zwischen Bad und Zimmertür, damit sie keine unliebsame Spinnenüberraschung erlebte. Es klang zwar paranoid, aber den Spinnen konnte Sakura einfach nichts abgewinnen. Selbst die kleinen Kreuzspinnen riefen einen Schauer des Ekels in ihr hervor.

Ino

Ino lehnte mit einem Glas Sherry am Türrahmen zum Festsaal und betrachtete lächelnd die Braut und ihre zwei Gesprächspartner, Hanabi und Neji. Gerade vom Zweiten hätte sie dies nicht erwartet.

Aus der Ferne wirkte die Unterhaltung normal und Ino hoffe inständig für Hinata, das dem auch so war. Nichts würde zuträglicher für Hinatas Selbstbewusstsein sein als ein wenig Normalität seitens des Hyuugas. –

Sakura und sie hatten Jahre gebraucht, Hinata aus dem Schneckenhaus herauszulocken und sie davon zu überzeugen, dass es in der Welt mehr gab als ein braves: „Ja, Vater“, oder das ständige Mantra: „Meine Familie wird das nicht gutheißen“.

Stets hatten sie ihr gezeigt, dass es zur Erfüllung der eigenen Träume nur den eigenen Willen brauchte. Wenn solch normale Gespräche die Frucht aus dem langen Kampf gegen all die Widerstände waren, dann hatten sich die aufopfernden Jahre wahrlich gelohnt.

Natürlich gab es utopische Wolkenkuckucksheime – Sakura schmiss hin und wieder mit diesem Begriff um sich – aber für die hielt Ino immer eine Heckenschere bereit. Ihr Credo war: „Hol die Heckenschere raus und stutz dir die Luftschlösser auf ein reales Maß runter, wenn sie zu hoch in den Himmel ragen.“

Überrascht hob Ino die Brauen als sie Zeugin einer Umarmung zwischen Hinata und Neji wurde. Darauf brauchte es erstmal ein Schluck aus dem Glas. Der Alkohol brannte in ihrem Mund und unterstrich die Tatsache, dass sie sich in keinem Traum befand, sondern alles wirklich passierte. Schade, dass Sakura dem nicht beiwohnen konnte, obwohl … und Ino grinste, … wozu gab es Mobiltelefone.

 

Ino trank ihr Glas leer und stellte es auf einen der unzähligen Beistelltische ab, die an der Wand zu finden waren und winterliches Zierwerk in dekorativen Vasen trugen. Sie zog ihr Blueberry X0150 aus der Clutch, hielt aber inne als Naruto neben ihr erschien. Ein Blick genügte und sie wusste, irgendwas stimmte nicht. Er ließ die Schultern hängen und auch sonst sah er nicht gerade glücklich aus.

Gab es etwa Streit zwischen dem frisch vermählten Paar? Nein, unwahrscheinlich. Sie hatte die beiden noch nie zanken sehen; ob die zwei überhaupt wussten, was das war?

War er mit seinem Schwiegervater aneinandergeraten? Aber nein! Das war noch unwahrscheinlicher, schließlich hatte der alte Hyuuga versprochen, sich in die ehelichen Belange seiner ältesten Tochter und deren Mann nicht einzumischen, es sei denn Hinata bat darum.

Da sie sich keinen Reim aus Narutos Verdrossenheit machen konnte, blieb ihr nichts anderes übrig als nachzufragen. Also ließ sie ihr Handy in der Clutch und drehte sich zu Naruto um.

„Was ist los?“

Es schien als hätte er erst jetzt gemerkt, dass neben ihm jemand stand. Verwundert sah er sie an und blinzelte. So abwesend mit dem Kopf kannte Ino ihn gar nicht. Was war denn nur los?

Weil er ihr die Antwort schuldig blieb, wiederholte sie die Frage und bekam eine unwirsche Geste, die ins Foyer deutete. Neugierig aber auch verwundert, kam sie der stummen Aufforderung nach und erblickte nach kurzer Zeit des Suchens ein unförmig eingepacktes Etwas. Es maß, wenn sie richtig schätzte, fast 1 ½ Meter in die Höhe und schien an der breitesten Stelle 1 Meter zu besitzen.

„Was ist … das?“, wollte sie wissen.

In Narutos Stimme schwang ein angetrockneter Hauch Frustration mit. „Karins Geschenk.“

Ino hob eine Braue und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie betrachtete nun mit schiefgelegtem Kopf das Ding, während sie sich fragte, was in aller Welt die Frau darin verpackt haben konnte. Von der Form her glich es einem Dönerspieß. Oben breit und nach unten hin verjüngend – und der Gedanke war nicht einmal so abwegig, schließlich war der Frau alles zuzutrauen.

Statt zu fragen, was es genau war, ging Ino lieber der Antwort nach, weshalb es stand, wo es jetzt stand. „Warum steht es im Foyer und nicht bei den anderen Geschenken?“

„Nach ihrem Rausschmiss, wollte sie es mitnehmen.“

„Hat sie es vergessen?“

„Nein…“

„Anders überlegt?“, unterbrach Ino ihn.

Naruto sah sie verwundert an und entgegnete rasch: „Nein, das wäre ja noch schlimmer. Es hat nicht mehr ins Auto gepasst.“

Erstaunt über die Antwort versuchte Ino die Größe erneut einzuschätzen. Sie kam zum gleichen Ergebnis, wenn sie hier und da etwas auf- oder abrundete. Entsprechend erwiderte sie: „So groß wirkt das Ding doch gar nicht.“

„Ist es auch nicht“, bestätigte Naruto ihre Annahme. „Es hätte locker in den hoteleigenen Geländewagen gepasst, wäre da nicht Karins maßlose Anzahl an Koffern gewesen. Der Fahrer und ich waren wirklich froh, dass wir für sie noch einen Sitzplatz gefunden haben.“

„Maßlose Anzahl an Koffern?“, hakte Ino spitz nach. „Naruto, du weißt, ich kann die Frau nicht ab, aber was die Menge an Reisetaschen für eine Frau angeht, da solltest du …“

„Ino!“, unterbrach er sie. „Ich rede nicht von 3 oder 4 Koffern für eine Übernachtung – dass ihr Frauen so viele braucht, weiß ich von meiner Mutter – glaub mir, ihre Koffermasse war einfach übertrieben.“

„Dann spann mich nicht auf die Folter und nenn mir ihre Zahl“, entgegnete sie und sah ihn erwartungsvoll an.

„12.“

„Bitte was?“, platzte es aus Ino heraus. „Du hast eben nicht 12 gesagt?“

„Doch“, erwiderte Naruto.

„Bist du dir sicher?“ Ino konnte die Zahl nicht so recht glauben. Er musste sich verzählt haben und dass er ihr einen Bären aufband, war unmöglich. So etwas tat Naruto nicht. Sie beobachtete wie er die Finger zum Zählen hernahm und zählte leise mit.

„Bin ich“, sagte er. „Es waren definitiv 12, und ich bleibe dabei, es war maßlos übertrieben.“

Mit trockener Stimme pflichtete Ino ihm nun bei. „Ich bin ganz bei dir. Selbst für meine Verhältnisse sind 12 Koffer für eine Übernachtung übertrieben“, und auf das Etwas deutend, fragte sie: „Weißt du, was sie euch schenken wollte?“

„Eine Palme.“

„Eine Palme? … Ist doch schick. Also, ich hab nichts gegen eine Palme einzuwenden“, sie fand sogar, dass es von Karin ein sehr anständiges Geschenk war. Nur Narutos sarkastischer Unterton ließ sie an der Anständigkeit zweifeln.

„Sicherlich ändert sich deine Meinung, wenn du sie gesehen hast.“

„Wieso?“

„Es ist eine Plastik-Palme.“

„Plastik?“, wiederholte Ino und starrte zuerst Naruto und dann das Geschenk an.

„Ja.“

Da die Hoffnung zuletzt starb, fragte sie: „Ist sie wenigstens schön?“

Narutos Gesichtsausdruck wurde leidend und sie ahnte das Schlimmste.

„Wenn du auf knallpinke Blätter und einen neogrünen Glitzerstamm stehst, dann mit Sicherheit. Ich kann dem Ding nichts abgewinnen und selbst Hinata wusste nicht was sie beim Anblick dessen sagen sollte und du weißt, sie versucht immer nette Worte zu finden.“

Ja, das wusste Ino. Bei sowas sagte Hinata lieber gar nichts und lächelte nur, als dass sie jemanden vor den Kopf stieß.

Obwohl Narutos Antwort sie vor dem zu erwartenden Augenkrebs gewarnt hatte, konnte sie ihre Neugier nicht zügeln und fragte: „Darf ich mal unter das Papier linsen?“

„Tu dir keinen Zwang an.“

 

Ino ging auf die eingepackte Palme zu und hob an einer losen Stelle das Papier an. Was sie zu sehen bekam, war verstörend. Rasch ließ sie das Papier los und trat von dem Geschenk zurück. Sie wandte sich Naruto zu und konnte ihren entsetzten Gesichtsausdruck, über so viel nicht vorhandenen Geschmack, schwerlich verbergen. Stumm formte sie das Wort: „Potthässlich“, und Naruto pflichtete ihr nickend bei.

Als sie wieder neben ihm stand, fragte sie: „Was wirst … was werden Hinata und du jetzt damit machen?“

„Es Karin vorbeibringen.“

„Wozu die Umstände? Packt das Teil in einen Karton und schickt es ihr.“

Naruto sah Ino entsetzt an. „Und die Portokosten?“

„Auch wieder wahr“, entgegnete diese. Sie tippte sich an das Kinn und sagte dann mit einem begeisterndem Funkeln in den Augen: „Uchiha Security. Gib das Ding Sasuke, der wird sich freuen.“

„Glaub ich nicht“, in Naruto Stimme schwang ein trockenes Lachen mit. „Der ist wie die anderen froh darüber, dass Karin endlich weg ist.“

Ino legte den Kopf schief. Ihre Brauen hoben sich und brachten der Stirn Falten. „Ach, wirklich?“, hakte sie spitz nach. „Ich hatte vorhin einen ganz anderen Eindruck.“

„Vorhin?“

„Ja, vorhin“, erklärte sie und sah sich ihre Fingernägel an. Fast gelangweilt und mit einem Unterton, der den Satz als Nebensache erklären sollte, fuhr sie fort. „Er hat Karin nach dem zweiten Tanz mit ziemlichen forschen Schritt aus dem Saal geführt … gezogen, passt besser. Beide schienen es sehr eilig zu haben, wenn du verstehst was ich meine, und Karin grinste, als sei die Glückseligkeit selbst in sie gefahren. Ein schauderhafter Anblick.“

Naruto runzelte die Stirn und rieb sein Kinn, ehe er fragte: „Du meinst, kurz bevor Sakura von ihr den Haken abbekommen hat?“

„Ja, genau. Wenig später stand das Weib vor Sakura und mir.“

„Und du glaubst, er hat mir ihr den Saal verlassen, weil er mir ihr … also“, verlegen kratzte Naruto sich am Hinterkopf.

„Nenn das Kind ruhig beim Namen“, kam Ino ihm zur Hilfe. „Sex – Und ja, genau das. Warum sollte er sonst im Eiltempo eine Gesellschaft verlassen wollen. Ich weiß zwar nicht, weshalb Karin kurz darauf wieder da war, aber vielleicht hat er, warum auch immer, ausversehen ihren Namen mit Sakuras verwechselt.“

Naruto sah sie mit großen Augen an.

„Und ich dachte, Sakura wäre die, mit der blühenden Fantasie.“

„Ach, Naruto“, seufzte Ino. „Bei sowas besitzt jede Frau genügend Fantasie.“

„Ich seh’ schon“, entgegnete er, fügte aber nachdenklich mit an: „Trotzdem ist es merkwürdig…“

„Was ist merkwürdig?“, wollte Ino wissen.

„Na ja, von Hinata weiß ich, dass Sasuke mit Karin im Foyer gewesen ist und definitiv nichts lief.“

„Bitte?“, Ino glaubte sich zum zweiten Mal während des Gesprächs verhört zu haben.

„Kannst du mir ruhig glauben, echt jetzt! Nach dem zweiten Tanz wollte Hinata mit Neji sprechen, aber er ist nach draußen verschwunden. Sie hat hier…“, und damit deutete Naruto auf die Stelle wo er mit Ino stand, „…auf Neji gewartet. Da hat sie Sasuke, dort, hinter dem Treppenaufgang, bemerkt. Sie wollte zuerst zu ihm gehen, er schien aber in ein ernstes Gespräch verwickelt, mit wem, erkannte sie erst als er sich von Karin entfernte, die ihm nachschrie und wie eine Furie an ihr und Neji vorbeistürmte.“

„Sicher, dass es sich um ein ernstes Gespräch handelte?“

„Wir reden hier von Hinata. Wenn sie sagt, dass es ein ernstes Gespräch war…“

„Okay, okay“, beruhigte Ino ihn. „Ich glaub’s dir ja.“

Von einem Moment auf den anderen brach in Inos Kopf ein großer Rummel aus. Ihre Gedanken fuhren regelrecht Achterbahn. Antworten wollten nicht zu Fragen passen und Theorien nicht zu Beweisen. Es herrschte ein einziges Durcheinander und sie brauchte mehr Informationen, um Ordnung hineinzubringen.

Zumindest erklärte das Karins Reaktion. Na, wenn das Sakura erfuhr… obwohl, es war besser ihr nichts davon zu erzählen. Sie schien eh einen Haken hinter den Uchiha gemacht zu haben.

 

„Wo ist er eigentlich?“, wollte Ino nach einer Weile wissen.

„Wer?“

„Sasuke.“

„Ah… auf seinem Zimmer.“

Ehe Ino ihren Mund unter Kontrolle bringen konnte, waren die Worte auch schon draußen. „Ohne Karin ist ihm die Feier wohl zu langweilig. Gespräch hin oder her.“

„Nein, deswegen nicht“, entgegnete Naruto lapidar. Er schien ihre verbale Spitze gar nicht mitbekommen zu haben.

„Weswegen dann?“

„Sein Handy musste ans Ladegerät.“

Jetzt wo dieses Detail erwähnt wurde, zückte auch Ino ihr Handy und prüfte es. Mit einem kritischen Blick stellte sie fest, dass es ihrem Akku nicht besser ging. Nur noch 30 Prozent. Da durfte schon von einer kleinen Panik mit einer Brise Besorgnis gesprochen werden.

Ehe sie es wieder wegsteckte, bemerkte sie die Nachrichten, die sie im stummgeschalteten Modus erhalten hatte. Sie entsperrte das Handy und öffnete eine davon. Ihr klappte der Mund auf. Sie spürte, wie ihr das Blut aus den Wangen entschwand und das Herzrasen einsetzte.

„Oh, oh!“, entkam es ihr unbewusst.

Das Naruto sie daraufhin fragend anblickte, bemerkte sie nicht. Erst als dieser wissen wollte, was passiert war, sah sie ihn an. Statt zu antworten, zeigte sie ihm das Display des Handys.

Ino beobachtete wie bei Naruto die Augen immer größer wurden bis sie fast kugelrund schienen. Alle Farbe war aus seinem Gesicht verschwunden und er wirkte um die Nase käsig. – Keine Wunder! Es war so schockierend; und hinterhältig. So etwas hatte das Brautpaar nicht verdient.

Langsam wandte Ino sich zu den Gästen im Festsaal um und ließ ihren Blick über die Leute schweifen. Das es Aufnahmen von Sakuras Knockout gab, wusste sie. Genügend Handykameralinsen waren in dem Moment auf sie gerichtet gewesen, schließlich hatte der Disput mit Karin nicht gerade im Stillen stattgefunden. Was sie auch von Anfang an wusste, so etwas wurde in Windeseile mit Freunden und Bekannten geteilt werden. Aber irgendjemand unter den Gästen, Karin mitgezählt, schien es spaßig gefunden zu haben, dieses Material der regionalen Presse zukommen zu lassen.

Ob berechnend oder aus Leichtsinn, mit dieser Schandtat hatte die Person es geschafft, nicht nur Sakura bloß zu stellen, sondern die romantische Verbindung zweier hochangesehener Familien in einem diffamierenden Licht erstrahlen zu lassen. In Inos Kopf liefen die Zahnräder auf Hochtouren, bei der regionalen Presse würde dies nicht bleiben… es würde international gehen. Heiliges Kräutchen!

Sie hörte Narutos fassungslos gehauchten Ausruf: „Das muss sofort gestoppt werden!“

Oh ja, dachte Ino.

Neji

Es war ein Wohltat aus der Paradeuniform raus- und die Ausgehuniform hineinzuschlüpfen. Natürlich sah sie nicht so edel aus, wie die Weiße – ihr fehlte die Tresse und an eine Platzierung der Orden schien der Schneider auch nicht gedacht zu haben, links und rechts waren großflächig Brusttaschen angebracht – aber das machte die Uniform wesentlich bequemer und vor allem leichter. Außerdem konnte er den verdammten Gürtel weglassen, zumindest den Sichtbaren, denn einen Gürtel musste er tragen, damit die Hose oben blieb … egal! Was war das schon im Vergleich zum einengenden „Schmalkorsett“, wie er und seine Kameraden das luftabschnürende Teil nannten.

 

Obwohl es für ihn untypisch war, wackelte er mehrmals mit den Zehen, nachdem er die bequemeren Lederhalbschuhe angezogen hatte. Er genoss das Gefühl von Freiheit.

Das Laufen fühlte sich nun wie Schweben an und er musste sich wahrlich zurückhalten, um nach seinem Umziehmanöver nicht als beschwingter und lächelnder Neji Hyuuga in die Gesellschaft zurückzukehren.

 

Kaum war er wieder im Festsaal ankommen, mit seiner üblichen Miene und dem gleichen militärischen Gang als hätte nie ein Uniformswechsel stattgefunden, lief ihm dieser Ro über den Weg – er konnte sich den Namen des Hochzeitsplanners einfach nicht merken. Ein gefaseltes: „Die Paradeuniform sah sooo viel schicker aus“, drang an Nejis Ohr.

Die schnippische Bemerkung lag ihm schon auf der Zunge, da tauchte Hanabi auf und das so plötzlich, dass er für einen Moment dem Glauben an Teleportation nachhing. Er war dermaßen perplex, dass er sie nur blinzelnd anstarren konnte. Hanabi lächelte. Es glich fast einem Grinsen.  

„Was gibt’s?“, fragte er in einem viel zu mürrischen Ton. Sie ließ sich wie eh und je nicht davon abschrecken und zuckte lediglich mit den Schultern.

„Ach nichts“, meinte sie lapidar und sah desinteressiert zur Seite. „Hinata und ich wollten dich sprechen.“

Er folgte Hanabis Blick und konnte ihre Schwester in der Nähe einiger Bekannten ausmachen. Neji verzog das Gesicht und zeigte ein grimmiges Lächeln, während er die Aufmerksamkeit zurück auf seine jüngere Cousine lenkte. War Hanabi jetzt Hinatas Laufbursche geworden? – Oder hieß das Laufmädchen? – Ach egal. Er wollte sich nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen.

Neji war der Ansicht, wenn jemand mit ihm sprechen wollte, sollte die Person auch an ihn herantreten und da machte er bei seinen Cousinen keine Ausnahme. Aber im gleichen Moment flüsterte ein dünne Stimme in seinem Kopf, dass sein Denken am heutigen Tag ein Fehler war. Heute war Hinatas Hochzeitstag und somit stand sie zusammen mit ihrem Mann im Mittelpunkt des Geschehens.

Mist! – hallte es in seinem Kopf wider.

Trotzdem wollte er wissen, warum Hinata nicht mit ihrer Schwester gekommen war, vorhin hatte sie sich schließlich auch die Mühe gemacht und am Eingang gewartet.

Hanabi lehnte sich leicht nach vorne und flüsterte, sodass er sich runterbeugen musste: „Die Schuhe! Sie ist froh, wenn sie keinen Meter mehr Laufen muss. Am liebsten würde sie sich ja hinsetzen, aber wie sehe das denn aus?“

„Warum wechselt sie diese nicht?“, fragte er im gleichen gedämpften Ton zurück.

„Weil der Saum des Kleides dann auf dem Boden schleifen würde.“

„Tut er doch schon.“

„Nein! Zwei Millimeter liegen dazwischen.“

Erstaunt über so viel Präzession sah Neji zu Hinata und bedachte den Kleidersaum mit einem prüfenden Blick. Er spürte einen Schlag gegen seinen linken Arm und Hanabi zischte ihm ins Ohr: „Schau nicht so da hin!“

„Was? Wieso nicht?“, wollte er überrascht wissen.

„Darum“, entgegnete sie.

Eine unzureichende Antwort wie Neji fand. Bevor er aber nochmal nachfragen konnte, hakte sich Hanabi bereits bei ihm unter und forderte: „Komm jetzt!“ – Auf eine Reaktion seinerseits wartete sie erst gar nicht, sie zog ihn einfach mit sich.

 

Hinata begrüßte ihn mit einem Lächeln und den wohlwollenden Worten: „Du siehst gut aus. Fühlt sich die Ausgehuniform bequemer an?“

„Ä-hm …. Ja. Tut sie“, brachte er steif und trocken über die Lippen. Dabei schaffte er gerade so ein knappes Nicken.

Irgendwie fühlte sich die Situation für ihn falsch an. Es kam ihm vor als hätten Hinata und er die Rollen getauscht – nur mit dem Unterschied: sie blieb freundlich, wo er grob geworden war.

Um die aufkommende Stille zu überbrücken, räusperte sich Neji und meinte rasch: „Hanabi hat mich wissen lassen, dass du mit mir sprechen wolltest.“

„Wir beide“, korrigierte ihn sofort seine jüngere Cousine, die seinen Arm losließ und sich neben ihre Schwester stellte.

Ergeben seufzte er: „Ihr beide.“

Hinata nickte und zeigte dabei ein liebliches Lächeln, das nicht ganz zu dem merkwürdigen Ausdruck in ihren Augen passen wollte. Rasch richtete er sein Augenmerk auf Hanabi und schluckte, sie sah ihn mit dem gleichen Blick an und Neji spürte, wie in seiner Kehle ein Kloß des Unbehagens heranwuchs.

Was hatte er verbrochen? Kam jetzt die Rüge für all seine Grobheiten der vergangenen Jahre?

Er zuckte unmerklich zusammen und sein Herz schlug schneller als die Ohren Hinatas Stimme vernahmen.

„Wann gedenkst du uns sie vorzustellen? Und warum hast du sie nicht mit hier hergenommen?“

Die Fragen hallten in Nejis Gehirnwindungen wie ein Echo wider. Seine Gegenfrage kam nur schwerlich an dem Kloß im Hals vorbei und so konnte er das: „Sie?“, nur krächzend aussprechen.

Er spürte das seine Mundwinkel den Versuch unternahmen ein Lächeln zu zeigen, aber der Verstand unterband dieses Vorhaben, da das Gefühl der Meinung war, es wirke lächerlich.

„Sie!“, wiederholten die Schwestern synchron.

Räuspernd erklärte er: „Ich weiß nicht … worauf ihr … hinauswollt.“

„Nicht?“ Hanabi legte den Kopf schief und tippte sich ans Kinn, ehe sie zu ihrer Schwester sah und ihr hörbar zuraunte: „Dann müssen wir ihm wohl auf die Sprünge helfen.“

Hinata nickte und Neji beobachte, wie seine jüngere Cousine ihr Handy aus der Tasche nahm. Sie wischte mit dem Finger über den Bildschirm und hielt ihm kurz darauf diesen entgegen, der ihn zeigte, zusammen mit …

 

Auf Nejis Stirn traten Schweißperlen zu Tage. Er schluckte und das mehrmals, aber der Kloß wollte nicht verschwinden. In seinen Ohren erwachte das Geräusch seines rauschenden Blutes und ihm wurde fast schlecht als seine zwei Cousinen synchron auf das Bild deuteten und mit vereinten Stimmen erläuterten: „Mit sie, meinen wir diese Frau an deiner Seite.“

Fassungslos starrte Neji auf das Display von Hanabis Handy. Die sah ihn forsch an und forderte ungeduldig eine Antwort von ihm.

„Erzähl!“

Neji seufzte und ihm entkam ein gehauchtes: „Also…“, aber er fuhr nicht mit der Antwort fort, sondern stellte eine Gegenfrage: „Woher habt ihr die Aufnahme?“

Erneut antworten die Schwestern synchron und Neji bekam langsam das Gefühl, keine Schwestern mit 5 Jahren Altersdifferenz vor sich zu haben, sondern Zwillinge – ob nun zweieiig oder eineiig wusste er nicht, bei dem Thema hatte er in der Schule nie so recht aufgepasst.

„Von Hoheto, er hat es vor ‘ner viertel Stunde geschickt“, antwortete Hanabi.

Bei Neji verursachte der Name ein Stirnrunzeln. Er kannte ihn von irgendwoher, aber eine visuelle Erinnerung wollte sich beim besten Willen nicht einstellen. Erst als Hanabi ihn darüber aufklärte, dass Hoheto ein Mitglied des äußeren Ringes der Hyuuga-Familie war, machte es Klick.

Damit er aber sichergehen konnte, den richtigen Hoheto im Kopf zu haben, fragte er: „Der, der letztens Vater geworden ist?“

„Genau“, antwortete Hinata und ihre Schwester fügte seufzend mit einem Kopfschütteln an: „Er hat seinem Kind einen unmöglichen Namen gegeben. So unmöglich, dass ich ihn mir nicht mal merken kann.“

„Ach ja?“, entgegnete Neji erstaunt.

„Irgendwas mit Sazu oder Zaza…“, erklärte Hanabi. Ihre Schwester korrigierte sie. „Der Junge heißt Zaji und ist nach Hohetos besten Freund benannt.“

Neji fand den Namen ganz passabel; ja, fast ansprechend. Aber vielleicht lag es auch nur daran, dass die Endung gleich mit der seines Namens war. Suchend sah er sich im Saal nach Hoheto um, was nicht unbemerkt blieb.

„Mach dir keine Mühe“, sagte Hanabi. „Er und seine Frau sind mit dem Kind daheim geblieben. Irgendwas mit dem Kleinen. – Also, wer ist sie?“

Neji seufzte und sah zu Boden. „Ist das so wichtig?“

„Ist es“, entgegnete Hinata. Ihre Aussage ließ ihn wieder aufblicken und er sah in zwei ernste Gesichter.

„Wenn sie dir wichtig ist, solltest du deine Bekanntschaft mit ihr nicht länger im Geheimen halten“, fuhr Hinata fort. „Der Clan muss wissen, wie es um dich steht.“

„Was soll das bedeuten?“, wollte Neji im scharfen Ton wissen. Seit wann interessierte sich das Haupthaus für die Belange der Nebenfamilien?

Hanabi räusperte sich. „Nun ja“, begann sie und sah Hilfe suchend zu ihrer Schwester. Diese verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und nickte kaum merklich ehe sie sich Neji wieder zuwandte.

„Neji“, sagte sie mit fester und ernst klingender Stimme. „Ich werde das Erbe nicht antreten. Hanabi hat mir vorhin gebeichtet, dass sie von der Auseinandersetzung zwischen Vater und mir weiß … sie wird meinen Platz einnehmen und deswegen müssen wir jetzt über sie, die fremde Frau sprechen…“

Hätte Hanabi ihm beim Tanzen nicht schon davon berichtet, Neji hätte das Gefühl gehabt, vom Schlag getroffen zu werden. So war er aber in der Lage einigermaßen die Fassung zu wahren. Trotzdem, Hinatas Worte besaßen Wirkung. Er schluckte und konnte nichts erwidern, nur zuhören.

„… wenn Hanabi meinen Platz einnimmt, bleibt der Bereich, den sie eigentlich ausfüllen sollte, leer. – Du kannst dir sicherlich denken, welche naheliegende Lösung unser Vater früher oder später finden wird, wenn er es nicht schon getan hat. Noch hat er dazu nichts verlauten lassen, aber es wird sicherlich nicht mehr lange dauern bis er seine Entscheidung offenbart.“

Hinata griff nach Nejis Hand. Er spürte ihre Wärme und sie zitterte.

„Neji … begehe nicht den gleichen Fehler wie ich. Warte nicht. Warte nicht so lange. Fälle deine Entscheidung bevor es jemand anderes für dich tut. Besonders was das Herz angeht. Das erspart vieles. Glaub mir …“

Ihr Griff wurde fester, fast Halt suchend und er konnte nicht anders als stumm dazustehen und zu lauschen.

„…, wenn Naruto nicht wäre … ich … ohne … weißt du, er …. Entschuldige das Gestammel“, sie schluckte und blinzelte nervös. „Er war meine Initialzündung. Ohne ihn … wäre … hätte ich niemals den Mut aufbringen können, zu tun, was ich getan habe. Ohne ihn wäre ich nicht in der Lage gewesen meinen Weg zu erkennen, … der die ganze Zeit schon vor mir ausgebreitet da lag.“

„Hinata“, begann Neji ohne sich von ihren Händen zu lösen. „Ich kenne sie nur flüchtig, dass…“

„Ach, hör doch auf“, unterbrach Hanabi ihn. „Flüchtig? Wir haben da andere Informationen.“

„Auch von Hoheto?“, fragte Neji bissig und entzog Hinata seine Hände.

„Zwangsweise“, erklärte Hanabi, dabei zuckte sie mit den Schultern.

Neji konnte das aufkommende Gefühl nicht richtig zuordnen, es fühlte sich aber wie ein eintretender Schwindel an. Alles drehte sich in und um ihn. Rasend suchte er nach einer Lösung, die er nur darin fand, dass er es erneut damit erklärte, die Fremde nur flüchtig zu kennen. Sein Privatleben ging niemanden etwas an und erst recht nicht das Haupthaus. Warum sollte er der Lückenbüßer für Hinatas Unwillen sein?

„Sie ist nur eine flüchtige…“, weiter kam er nicht mit seiner Wiederholung. Hinata unterbrach ihn.

„Sag so etwas nicht! Ihr trefft euch seit gut zwei Jahren.“

Die Welt um ihn stoppte. Das Lärmen der Gäste verstummte und alles was er wahrnahm, war das beständige Schlagen seines wild galoppierenden Herzens. Tief in ihm rebellierte etwas und er brauchte seine gesamte militärische Erziehung, um seinen Mageninhalt nicht auf Hinatas Kleid zu verteilen. Der Schluckmechanismus holte ihn aus seiner Trance zurück und sorgte für klare Gedanken.

 

Woher wussten sie das? Wurde er ausspioniert? War Hoheto darauf angesetzt, ihn zu beschatten?

 

Schweiß bildete sich auf Nejis Körper und er sog die Luft durch den Mund ein. Eine eisige Kälte wanderte langsam seinen Nacken und den Rücken hinab. Dort wo er sie verspürte, stellten sich ihm die Härchen auf und dort wo sie gewesen war, übernahm eine siedende Hitze das Areal. Sein Mund wurde trocken. Er versuchte zu schlucken, es gelang ihm nicht mehr.

Mit rauer und belegter Stimme, krächzte er einer Krähe gleich: „Wie? Wo-her?“

Zur Antwort bekam er erneut Hinatas Lächeln. Der liebliche Ton, indem sie sprach, klang in seinen Ohren misstönend.

„Das Bild wurde von Hoheto am 3. Juli vor zwei Jahren aufgenommen. – Er hätte es uns nicht geschickt, wenn wir ihn nicht darum gebeten hätten.“

„Gebeten?“, hakte Neji nach.

Hanabi nickte eifrig. „Weißt du, er hat gefragt, ob du mit deiner Freundin da bist oder allein. Daraufhin haben wir ihn gefragt, was er mit Freundin meint und dann schickte er das Bild mit dem Kommentar, dass es schon zwei Jahre alt sei, er dich aber immer wieder zufällig mit ihr gesehen hat. Das letzte Mal vor zwei Wochen.“

„Zufällig?“, spuckte Neji das Wort förmlich aus.

„Ja“, erwiderte Hanabi.

„Beschattung würde ich es eher nennen“, entkam es ihm knurrend.

Hinata sah ihn verständnisvoll an und entgegnete: „Das stimmt nicht. Für dich mag es den Anschein haben, da das Viertel von keinem Hyuuga bewohnt wird. Aber der Grund weshalb Hoheto das Viertel regelmäßig aufsucht, ist Zaji – nicht sein Sohn, sondern sein bester Freund.“

 

Noch nie in seinem Leben hatte Neji Hyuuga sich so … so …, er wagte den Zustand, indem er sich befand gar nicht zu denken, aber er musste –

Hilflos.

Noch nie in seinem Leben hatte er sich so hilflos gefühlt. Es war erschreckend und beängstigend zugleich. Fassungslos sah er zwischen Hinata und Hanabi hin und her. Die eine blickte forsch und die andere zeigte ein freundliches, fast herzliches Lächeln.

Sein Verstand ließ die Sätze, die ihm auf der Zunge lagen, kreisen und zerfledern. Wortaneinanderreihungen passten nicht mehr zueinander, Lücken brachen auf und hinterließen eine Leere, die er höchsten mit einem „Ähm“, oder „Öh“, füllen konnte. Die Suche nach einer passenden Erwiderung führte ihn in ein Labyrinth, dass einem Unendlichkeitszeichen gleich keinen End- und Anfangspunkt besaß. Gefangen in diesem Teufelskreis blieb er stumm.

Da er den Schwestern noch immer eine Antwort schuldete und Hanabi die Forschere vor beiden war, wiederholte diese, ohne zu zögern, die alles entscheidende Frage: „Wer ist sie?“

 

Neji schloss die Augen. Ihr Name stahl sich in seinen Kopf und verdrängte alles andere. Seine Zunge formte stumm die Silben. Er brauchte nur noch den Mund aufzumachen, aber er war dazu einfach nicht in der Lage.

„Neji?“ Hinata sah ihn besorgt an. Ihr Anblick ließ ihn mit einem Schlag wieder klar denken und ohne genau darüber nachzudenken, fragte er: „Du hast vorhin von deinem Weg gesprochen, wie sieht der aus?“

Vollkommen überrumpelt von seiner Gegenfrage, traten die Schwestern einen Schritt zurück und sahen ihn perplex an.

„Bitte?“, hauchte Hinata, währen Neji die Schultern straffte und gierig die Luft einsog. Seine Lungen blähten auf und erfreuten sich an dem Sauerstoff.

„Du trittst das Erbe nicht an, was wirst du stattdessen tun?“

Die Erkenntnis spiegelte sich auf Hinatas Gesicht wider. „Oh, das meinst du“, wisperte sie und ihre Wangen bekamen einen zarten Hauch von Rot.

„Nun ja“, begann sie und ihre Schwester schnaubte missbilligend, da sie den Namen der Fremden wieder nicht erfahren hatten. „Nächstes Jahr bereite ich mich auf meine Prüfung zur Ikebana-Meisterin vor…“

„Muss man dazu nicht eine Lehre absolvieren, oder einen Schule dafür besuchen, um überhaupt zur Prüfung zugelassen zu werden?“, unterbrach Neji sie.

Hinata nickte und Hanabi entgegnete: „In Kushina hat sie eine Fürsprecherin, deren Stimme in der Ikebana-Szene sehr gewichtig ist.“

„Kushina, wer ist das?“

„Meine Schwiegermutter“, sagte Hinata und neigte den Kopf in die Richtung, wo Kushina sich aufhielt. Neji folgte der Deutung und betrachtete die Frau einige Sekunden, ehe er fragte: „Und ihre Stimme hat so viel Gewicht?“

Hinata bejahte dies, dabei leuchteten ihre Augen. „Sie ist seit vier Jahren Ikebana-Großmeisterin und darf seitdem bis zu zwei eigene Schüler anleiten, die sie dann zu den Prüfungen anmelden kann.“

Mit sichtlichem Stolz setzte seine Cousine ihre Ausführung fort: „Ich bin ihre erste Schülerin und wenn ich die Prüfung bestehe, überträgt sie mir die Leitung für einen Teil ihrer Kurse und wenn ich mich auch darin bewehre, kann ich sie auf ihren Ikebana-Reisen begleiten.“

„Ikebana-Reisen?“, hakte Neji nach.

„Hinata meint damit Ikebana-Show-Touren”, klärte Hanabi auf.

„Sowas gibt es als Show?“

Ein synchrones Nicken der Schwestern brachte ihn zum Stirnrunzeln.

Es lag nicht in Nejis Art sich überschwänglich nach dem Befinden seiner Mitmenschen zu erkundigen, aber die Neugier hatte ihn gepackt und so fragte er Hinata: „Du wärst mit diesem Leben glücklich?“

Sie lächelte. „Es ist mein Traum.“

Der Satz besaß Wirkung, obwohl er so leicht daherzukommen schien. Aber er glich der ersten Verkündigung auf Frühling an einem kühlen Wintertag, wenn die Sonne schien und der Geruch von Neuem in der Luft lag.

Hinata wartete nicht auf eine Aufforderung sich zu erklären, sie tat es einfach.

„Weißt du Neji, Ikebana hilft mir mich zu konzentrieren und meine Gedanken zu fokussieren. Lange Zeit wusste ich nicht, wie ich mit der Situation, irgendwann die erste Position in unserer Familie einnehmen zu müssen, fertig werden sollte; es hat mir schlaflose Nächte beschert, mein ganzer Alltag war darauf ausgerichtet. Ikebana war die einzige Möglichkeit dem Ganzen zu entfliehen. Es hat mir die Türen geöffnet. –

Der Gedanke, Ikebana als Beruf auszuführen, kam von Kushina. Sie sagte irgendwann zu mir, dass ich das Zeug zur Meisterin und mit Sicherheit auch zur Großmeisterin hätte. Es klang im ersten Moment toll, aber da waren die Verpflichtungen für die Familie und deshalb habe ich den von Kushina injizierten Gedanken immer wieder beiseitegeschoben, bis mir Freunde zeigten, was es bedeutet für seine Wünsche und Träume einzustehen. –

Ich denke da immer an einen Satz, den Ino mal gesagt hat: Menschen sind wie Blumen. Manche gedeihen gut unter ihresgleichen, andere brauchen die Abgeschiedenheit als Einzige ihrer Art und dann gibt es jene, die sich nur entfalten können, wenn zwischen ihnen und ihrer Familie ein gewisser Abstand besteht …“, lächelnd fügte sie an. „… ich glaube, ihr ist gar nicht bewusst, wie oft ihre Worte mir Stärkung gaben, und noch immer geben.“

 

Neji wusste nicht warum. Aber nie in seinem Leben empfand er so viel Mitgefühl und Wärme für seine Cousine, wie in diesem Moment. Es schien, als hätte er diese Worte gebraucht, um seine inneren Mauern teilweise einzureißen.

Mit ruhiger Stimme und ein wenig gedämpft, sagte er: „Tenten. Sie heißt Tenten.“

 

Hinata nickte und ihrem Blick lag vollkommenes Verständnis, dass er nicht auf das Gesagte eingegangen war, sondern die Antwort auf die Frage ‚Wer ist sie?‘, gegeben hatte.

Leise fragte sie: „Magst du sie sehr?“

Eine wohliges Gefühl stieg in Neji auf. Ja, er mochte sie sehr. Manchmal so sehr, dass es schmerzte. Er konnte nur nicken.

„Und sie mag dich auch?“

Mit brüchiger Stimme sagte er: „Ich … ich glaub schon. Sonst würde sie … sich nicht mit mir abgeben, oder?“

„Die Arme! Sie tut mir wirklich leid“, entgegnete Hanabi lachend. „So herrisch, wie du manchmal drauf bist … muss sie dich mit einer Spitzhacke bearbeitet haben, um dein Innerstes zu erkennen.“

Neji sah sie verwundert an, die Schwestern kicherten.

„Sei ihr nicht böse, Neji“, bat Hinata. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm und drückte diesen sanft. „Ich freue mich für dich, wirklich. Ich freue mich. – Wenn dir aber was an ihr liegt, sag es Vater. Er wird es verstehen.“

„Ganz genau“, pflichtete Hanabi den Worten ihrer Schwester bei. „Er hat es mit Naruto verstanden, also sollte er bei dir erst gar nicht auf die Barrikaden gehen dürfen.“

 

Neji wusste nicht, ob es an dem Gesagten oder an Hinatas Berührung lag, er verspürte das Gefühl, jemanden umarmen zu müssen. Sein konservativer Verstand versuchte diese aufkeimende, romantische Anwandlung zu unterdrücken, aber er war zu schwach.

Fragend sah Neji seine Cousine an. Mit leiser Stimme wollte er wissen: „Ist es schon zu spät, um dir zu gratulieren?“

Erstaunt betrachtete sie ihn. Sie löste die Hand von seinem Arm und er rechnete schon mit einem Nicken als sie den Kopf schüttelte und zur Unterstreichung ihrer Geste die Antwort gab: „Nein, ist es nicht. Jederzeit gerne.“

Sekunden später hatte Neji seine Arme um Hinata gelegt und drückte sie kurz, aber sanft an sich. Sie erwiderte seine Geste.

Die Umarmung besaß die Dauer eines Herzschlages, trotzdem wusste er, als er sich von seiner Cousine löste, dass sich seine Ansichten über sie geändert hatten. Nicht rapide, aber ein wenig.

Sasuke

Ein energisches Klopfen lärmte durch das Hotelzimmer. Beide Männer hoben verwundert die Köpfe und sahen zur Tür. Vor ihnen flimmerten die Bildschirme ihrer Laptops.

Das Klopfen wiederholte sich und Shikamaru gab mit einem Handzeichen zu verstehen, dass er an die Tür gehen würde. Sasuke senkte daraufhin den Blick und las die Antwort seines Bruders, die in dem kleinen Zeitfenster der anklopfenden Ablenkung angekommen war.

 

Grünes Licht – legt los.

P.S. rechne mit Mamas Anruf!

 

Mama – die Bezeichnung ließ bei Sasuke die Brauen nach oben wandern. Typisch Itachi! Im Gegensatz zu seinem Bruder nannte Sasuke sie immer Mutter und als er noch kleiner gewesen war: Mutti. Aber Mama, und das im Erwachsenenalter, war ihm einfach zu … kindisch.

 

Er minimierte den Chat mit seinem Bruder und richtete die Aufmerksamkeit auf ein schwarzes, bildschirmfüllendes Fenster, wo im Sekundentakt blinkend der Cursor die Eingabe von Schriftzeichen forderte.

Während er die ersten Befehle eintippte, öffnete Shikamaru die Tür. Kurz darauf erklang Narutos verdutzter Ausruf.

„Shikamaru?!“ – und allem Anschein nach hatte sein bester Freund noch jemanden im Schlepptau, denn die Frage: „Sicher, dass Sasuke die 23 hat und Shikamaru die 22?“, folgte auf dem Fuße.

Statt des Begleiters gab Shikamaru brummend die Antwort. „Wenn ihr zu Sasuke wollt, dann stimmt die 23.“

„Und was machst du dann hier?“

Sasuke horchte auf. Das war eindeutig Inos Stimme. Warum war sie bei Naruto? Und was wollten die beiden von ihm? – Neugierig geworden auf das Gespräch, ließ er das Tippen ruhen und widmete seine Aufmerksamkeit den Dreien an der Tür. Dort sagte Shikamaru gerade: „Ich helfe ihm.“

„Wobei?“, wollte Ino forsch wissen.

„Bei der Rettung der Welt“, brummte ihr Gegenüber.

Sasuke schmunzelte und es verwunderte ihn nicht, dass Ino trocken entgegnete: „Ha.Ha, Shikamaru Nara. Diese Art von Sarkasmus steht dir nicht.“

Mit dieser Meinung war sie aber allein, zumindest was Naruto anging. Hoffnungsvoll kam von diesem, in seinem bekannt naiven Ton: „Echt jetzt? Cool. Wenn ihr schon dabei seid die Welt zu retten, könntet ihr euch auch um ein weiteres Problem kümmern? Es betrifft dich Hochzeit und … gewisse Pressemitteilungen dazu. Das ist auch der Grund, weshalb ich … äh, wir … hier sind.“

Shikamarus und Inos kurzweiliges Schweigen schrieb für Sasuke Bände. Ihm ging es nicht anders. Am liebsten hätte er bei Narutos Worten den Kopf mit der Stirn voran auf die Tischplatte knallen lassen – natürlich nur, wenn er den Laptop vorher beiseiteschob. Narutos Leichtgläubigkeit war manchmal niederschmetternd; und sowas wollte Jurist werden.

Sasuke schüttelte stumm den Kopf und wandte sich wieder dem Laptop zu. Es lohnte sich nicht zuzuhören, aber seine empfangsbereiten Ohren handelten da anders. Die lauschten einfach weiter – welch miese Verräter! Vielleicht war das auch der Grund, weshalb van Gogh sich das Ohr abgeschnitten hatte und all die Kunsthistoriker, samt Psychologen, lagen mit ihren Theorien falsch. Eventuell sollte er die These ‚Ohren, die nicht taten, was von ihnen verlangt wurde‘ einmal anbringen. Er dachte kurz darüber nach und kam zum Schluss, dass das alles Schwachsinn war. Um die Gedanken an van Gogh loszuwerden, zuckte er mit den Schultern.

Währenddessen seufzte Shikamaru: „Naruto, was meinst du was wir hier machen?“

„Die Welt retten.“

„Mensch, Naruto“, klinkte sich nun auch Ino wieder mit ein. „Das hat er doch nur so gesagt, weil er mal wieder genervt ist. Sarkasmus, du verstehst?“

„Echt jetzt? Was macht ihr dann?“

„Das, weshalb du hier bist“, erklärte Shikamaru und erntete ein weiteres: „Echt jetzt?“, während Ino mit lieblicher Stimme entgegnete: „So wie er schaut, wird er es erst glauben, wenn er es mit eigenen Augen gesehen hat.“

Shikamaru brummte, erwiderte aber: „Dann kommt mal rein“, wobei er gar nicht glücklich klang und Sasuke konnte die Gefühlsregung nachvollziehen. Naruto wäre noch aushaltbar gewesen aber zusammen mit Ino? –

Sasuke zog scharf, aber lautlos die Luft ein und widmete sich wieder dem Programm auf seinem Laptop. Aus den Augenwinkeln bemerkte er Narutos und Inos Ankunft. Kein Grund aufzublicken, schließlich war er gerade damit beschäftigt, in Zusammenarbeit mit der IT von Uchiha Security einen Algorithmus zu schreiben, der im Internet dafür Sorge trug, dass jene Seiten mit negativer Presse zur Hochzeit geblockt wurden.

Ein nicht legaler Vorgang, komplett illegal, aber ihm sowas von egal. Hier ging es um einen Freundschaftsdienst und wenn die Klatschseiten ihn oder Uchiha Security für die Aktion ins Gespräch brachten, weil er Gast der Feier und mit dem Brautpaar befreundet war, sollten sie es ruhig machen. Ohne Beweise konnten sie weder ihm noch der Firma etwas unterstellen. Selbst die intensivste Suche würde kein brauchbares Ergebnis hervorbringen, denn die Spur des Algorithmus führte über mehrere Server und das zwei oder dreimal um den gesamten Erdball bis hin zu einer abgelegenen Atlantikinsel, auf der drei Hütten mit einem Internetanschluss standen und dieser war noch an das Betriebssystem Windows 98 gekoppelt.

 

„Oi, Sasuke“, begrüßte Naruto ihn.

Ein „Hn“, war alles was Sasuke zustande brachte, schließlich musste er sich jetzt konzentrieren.

„Gesprächig wie eh und je“, spöttelte Ino, die sich im Zimmer umsah und dann meinte: „Jugendstil.“

„Was?“, Naruto sah sie verwirrt an.

„Das Zimmer. Es scheint, dass jedes Zimmer ein bisschen anders von der Epoche her gestaltet ist. – Sakura ihres ist klassizistisch angehaucht.“

Die Betonung auf Sakuras Namen blieb Sasuke nicht verborgen und er glaubte zu wissen, weshalb sie die Zimmerausstattung ins Gespräch gebracht hatte – einen Vorwand brauchte es schließlich immer. Falls Ino hoffte, er würde bei der Nennung von Sakura in irgendeiner Weise sichtbar reagieren, war sie bei ihm an der falschen Adresse.

„Also Naruto …“, begann Shikamaru. „… du siehst, Sasuke und ich sind schon voll und ganz in das Thema involviert.“

„Äh, hn… ja“, kam es langsam von Naruto, der den beiden Freunden dabei zusah, wie sie im Akkord auf ihre Tasten einhämmerten. „Wer hat euch eigentlich auf die Sache aufmerksam gemacht?“, wollte er von ihnen wissen.

Ohne aufzublicken, erklärte Sasuke: „Ich hab’s durch Zufall entdeckt, beim Laden des Handys.“

„Und … wie kam Shikamaru ins Spiel?“

„Uchiha hat mir eine Nachricht zukommen lassen“, antwortete Shikamaru.

Bevor Naruto eine weitere Frage stellen konnte, funkte Ino dazwischen. Seufzend beklagte sie sich: „Also ehrlich Jungs, bei eurem Geschwafel schlaf ich noch ein“, dabei ließ sie sich auf der gepolsterten Bank am Fußende des Bettes nieder und zeigte ein gespieltes Lächeln bei Shikamarus knapper Erwiderung: „Du kannst ja gehen.“

„Pff“, kam es von ihr. Sie zog ihre Schuhe aus und wackelte mit den Zehen. „Nein, keine Lust. Wisst ihr, so ein kurzes Päuschen tut ganz gut.“

Sasuke verzog das Gesicht als er sah wie sie sich nach hinten lehnte und die Arme über die Barriere vom Bettende schob, um sich mit den Händen auf der Bettdecke abzustützen.

„Du hast doch sicherlich einen eigenes Zimmer?“, knurrte er.

„Schon. Aber dafür müsste ich die Schuhe anziehen und die Treppen runterlaufen … und außerdem will ich Sakura nicht wecken. Mein Zimmer liegt gleich neben ihrem und wer weiß wie dünn die Wände sind.“

Da war er wieder, dieser Unterton bei Sakuras Namen und dieses Mal hätte Ino es fast geschafft, ihm eine Reaktion zu entlocken. Er war kurz davor gewesen, die Augenbrauen zusammenzuziehen. Glücklicherweise, für ihn, besann er sich eines Besseren und wandte sich stattdessen dem Laptop zu. Konzentriert widmete er sich seiner Aufgabe und ließ Shikamaru einen Blick auf die bisherige Arbeit werfen. Trotzdem rasten in seinem Kopf die Gedanken.

Was versuchte die Yamanaka damit zu erreichen? War es eine Art Wink mit dem Zaunpfahl? Wenn ja, für was? Dass er sich nach Sakura erkundigen sollte? Wollte sie seine Neugierde wecken? –

Was auch immer sie bezweckte, eines hatte sie erreicht, er zerbrach sich seinen Kopf. Dabei war die Sache vor ihm, auf dem Laptopbildschirm, viel wichtiger und ein klein wenig auch für Sakuras Belange angedacht, denn ihr Knockout machte im WorldWideWeb eine steile Fahrt in die TopTen der meistgesehenen Videos und Gifs des Tages.

 

Naruto riss Sasuke und Shikamaru aus ihrer stummen Arbeit.

„Wie gehen wir jetzt eigentlich vor? Seid ihr schon am Suchen nach Präzedenzfällen, die beim Einreichen der Klage herangezogen werden können?“

„Was für eine Klage?“, wollte Shikamaru wissen.

„Die Klage gegen die Betreiber der Webseiten, die diese Pressemitteilungen online gestellt haben.“

„Wenn du klagen willst, verhinderst du nicht die Verbreitung“, erklärte Shikamaru.

„Warum sitzt ihr dann an den Rechnern?“

Im Hintergrund richtete sich auch Ino auf und sah aufmerksam zu den Männern.

Sasuke lehnte sich zurück und ließ seine Finger auf der warmen Tastatur ruhen. „Naruto, du bist angehender Jurist. Hör auf zu fragen. Es ist besser so.“

„Was? Warum soll ich …“, Naruto stockte und rief dann bestürzt: „Ihr macht doch nicht etwas Illegales?!“

Sofort schaltete sich Ino ein. „Hör lieber auf die Jungs. Das bewahrt uns alle vor noch mehr und vor allem ungewollten Ärger.“

„Aber… wenn ihr illegal … ich mein…“, stammelte Naruto. Seine Fassungslosigkeit konnte an seiner ganzen Haltung abgelesen werden. Was nicht verwunderlich war, schließlich gehörte Naruto zu den ehrlichsten Menschen, die Sasuke jemals kennenlernen durfte. Daher sah er sich auch genötigt, ihn zu beruhigen. Mit sachlicher Stimme gab er Naruto den Rat: „Am besten gehst du wieder zur Gesellschaft zurück. Hinata wird sich bestimmt schon fragen, wo du bleibst.“

„Aber…“

„Naruto“, unterbrach Shikamaru ihn energisch – eine seltene Gefühlsregung. „Lass das hier unsere Sorge sein. Geh und mach gute Miene zum bösen Spiel. – Ach ja, nimm die Blondine dahinten gleich mit.“

„Ich… aber …sicher?“, hakte Naruto unsicher nach, während Ino einen Laut der Empörung von sich gab.

„Du könntest uns hier eh nicht helfen“, entgegnete Sasuke. Erneut wollte Naruto widersprechen, doch die Blicke seiner Freunde ließen ihn tonlos den Mund schließen.

 

Das Klingeln eines Handys zerschnitt die beginnende Stille, die einen Hauch peinlicher Berührung mit sich führte. Alle sahen sich um und ihre Blicke blieben auf einem Handy neben Sasukes Laptop hängen. Naruto, der mit Sasuke am nächsten dran war, hatte einen guten Blick auf das Display und murmelte, was er zu lesen bekam.

„Mutter.“

Sasuke seufzte und brummte genervt: „Nicht jetzt.“

Er griff sich sein Handy, geriet aber ins Zögern. Seine Nasenflügel blähten sich und er schloss kurz die Augen. Es kam selten vor, dass Sasukes Gefühlswelt am Gesicht abzulesen war, dieser Moment gehört dazu. Er zeigte einen missmutigen Ausdruck als er den Anruf wegdrückte und das Handy sofort auf stumm schaltete.

„Du drückst deine Mutter weg?“, brachte Naruto empört hervor, wobei seine Stimme ihn aber Lügen strafte; sie klang viel zu bewundernd, als dass die Empörung ernst genommen werden konnte.

Kein Wunder, dachte sich Sasuke. Bei einer Mutter wie Kushina Uzumaki würde selbst der schlimmste Machthaber dieser Welt die Kriegsspiele sein lassen und den Anruf entgegennehmen. Alles andere kam einem Todesurteil per Kopfnuss-Schädelwumme à la Bud Spencer gleich.

Aus dem Hintergrund erklang Inos Stichelei: „Mami ruft an. Geh lieber dran, Klein-Sasuke.“

„Ino! Warum gehst du nicht deinen Verlobten suchen, statt uns weiter mit unsinnigen Kommentaren zu nerven“, kam es mahnend von Shikamaru, was Ino zum Anlass nahm, mit ihren Stichen fortzufahren.

„Sasuke, sag bloß, du brauchst Shikamaru jetzt auch noch als verbale Unterstützung. Das wird Temari gar nicht gefallen“, und zu dem ewig Genervten sagte sie: „Wenn du willst, dass die Beziehung hält, solltest du ein wenig mehr Initiative deinerseits zeigen.“

„Halt dich aus meiner Beziehung raus!“, rief Shikamaru, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.

„Wieso? Hast du Stress?“, hakte sie nach.

„Nein, aber du gleich, wenn du uns nicht weiterarbeiten lässt.“

 

Erneut leuchtete Sasukes Handy auf, blieb aber dieses Mal wegen dem Status ‚stumm‘ lautlos. Obwohl er es nicht musste, drückte Sasuke seine Mutter wieder weg, was von Naruto mit einem abermaligen Ausruf quittiert wurde.

„Naruto! Entweder gehst du jetzt mit Ino, oder ihr beide haltet die Klappe, wenn ihr die Hochzeit vor den Pressemitteilungen gerettet haben wollt“, knurrte Sasuke, während seine Finger im Rekordtempo über die Tasten flogen.

„Aber, es ist deine…“, weiter kam Naruto nicht. Ino war in der Zwischenzeit aufgestanden, hatte ihre Schuhe zusammengeklaubt und ihn mit der banalsten Geste überhaupt unterbrochen. Ihre Hand ruhte auf seiner Schulter.

Er hörte sie flüsternd sagen: „Genug gealbert, Uzumaki. Du kennst die beiden gut und lange genug, um zu wissen, wann sie ernst machen. Außerdem erwartet Hinata, dass du sie über das Parkett schweben lässt.“

Ohne ein weiteres Wort an Shikamaru und Sasuke zu richten, schob Ino Naruto zur Tür und verbot ihm mit einem strengen Blick auch nur einen Ton von sich zu geben. Nicht mal ein Piep war erlaubt.

 
 

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Dreißig Minuten waren seit dem ersten Befehlseintrag vergangen. Sasukes Finger ruhten verschränkt ineinander vor seinem Mund, während er prüfend die Programmierung durchging. Er wusste, dass das IT-Team einen Gegencheck machen würde, aber er war ein Uchiha und da gehörte Perfektion zum Namen.

Hier und da besserte er ein Zeichen aus, wo er sich in aller Eile vertippt hatte. Shikamaru erging es nicht anders. Sie waren zuvor übereingekommen, für Bilder/Videos/Gifs und Text jeweils einen eigenen Skript zu schreiben. Das würde die Entschlüsselung zusätzlich zu den anderen Sicherheitsmaßnahmen erschweren, die im Anschluss vom IT-Team eingefügt wurden.

Eine viertel Stunde später lagen die Skripte eben jenem Team von Uchiha Security vor. Es dauerte weitere zwanzig Minuten, bis die erlösende Nachricht kam, dass die Algorithmen auf einem Server gelandet waren, der jetzt in die Welt hinausstrahlte und jede Seite und jedes Video, einfach alles mit einer negativen Pressemitteilung über die Hochzeit zwischen Uzumaki und Hyuuga blockierte.

Sasuke und Shikamaru atmeten erleichtert aus und lehnten sich zurück, als zum, gefühlt, 100. Mal Sasukes Handy stumm aber mit erleuchtetem Display einen Anruf meldete.

Beim Hinausgehen kam von Shikamaru die wohlwollende Empfehlung: „Du solltest mal dran gehen. Mütter können echt ungemütlich werden.“

 
 

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Sasuke war nicht bereit auf dem Zimmer mit seiner Mutter zu sprechen. Als Shikamaru gegangen war, hatte er sich seinen Mantel und den Schal geschnappt und die Schuhe gewechselt, damit er beim Gespräch auch frische Luft schnappen konnte.

Die konzentrierte Arbeit war sauerstoffraubend gewesen und er hasste das Gefühl jener Ermattung, die bei Büroarbeit eintrat. Es war nur ein geistiges Arbeiten gewesen, aber nichts für den Körper.

 

Auf der Terrasse stehend, fegte ihm der eisige Wind um die Nase und er zog den Schal fester um den Hals. Er war gerade dabei den Kontakt seiner Mutter in der Adress-App zu suchen, als sie ihn schon wieder anrief. Mit einem leicht flauem Gefühl und dem Wissen um eine mögliche Strafpredigt, nahm er ab.

„Endlich!“, war das erste, was er von ihr hörte, nachdem er sich mit: „Uchiha“, gemeldet hatte.

„Ich dachte schon, dir sei auch was zugestoßen“, seufzte sie.

„Auch?“

„Na, was glaubst du wohl, weshalb ich anrufe?“, empörte sie sich.

Damit er von den Rauchern nicht belauscht werden konnte, lief er die Stufen zum schneebedeckten Vorplatz hinunter und bog nach links zu einer freien Fläche ab. Glücklicherweise war er so vorausschauend gewesen und hatte statt der schwarzen Oxford Lederschnürschuhe seine profilierten Winterschuhe angezogen. Ansonsten hätte er ein Problem gehabt, und zwar ein ruiniertes und äußerst teures Schuhpaar-Problem.

„Wegen dem Sonderauftrag?“, gab er fragend zur Antwort.

„Das ist kein Auftrag, das ist eine Selbstverständlichkeit“, korrigierte sie ihn. „Und ich bin sehr stolz, dass du gleich angeboten hast zu helfen. Solche Pressemitteilungen sind Rufschädigend, aber das weißt du selbst am besten.“

„Ja“, presste Sasuke hervor und rollte mit den Augen.

Seine Mutter würde ihn bis in alle Ewigkeit an sein Fehlverhalten von vor vier Jahren erinnern und mit Sicherheit gab es auch Mittel und Wege ihn das auch noch spüren zu lassen, wenn sie längst in die ewigen … – nein, soweit wollte er nicht denken.

„Die arme Hinata. Hoffentlich war sie nicht zu sehr aufgelöst“, seufzte seine Mutter. „Und das am Hochzeitstag.“

„Das weiß ich nicht.“

„Wie, du weißt das nicht?“, und so erklärte Sasuke seiner Mutter wie er darauf aufmerksam wurde und endete als er bei Itachi angekommen war. Während seiner Erzählung war er einfach weitergelaufen, ohne zu bemerken, dass er sich nun am hinteren Bereich des Ostflügels vom Hotel befand. Glücklicherweise war die Nacht ohne Wolken und der Schnee reflektierte das Licht von Mond und Sterne hell genug zurück, damit er ohne Probleme seine Umgebung wahrnehmen konnte.

Er blieb stehen als seine Mutter ihn nach Sakura fragte.

„Wie geht es eigentlich Sakura?“

„Keine Ahnung.“

Ein empörter Laut drang zu ihm durch, worauf er gereizt reagierte.

„Mutter! Woher soll ich wissen, wie es ihr geht? Als es passierte, war ich nicht zugegen und danach kam das Problem mit der Pressemitteilung.“ Während er sprach, lief er weiter.

„Hast du dich wenigstens nach ihr erkundigt?“

„Nein. Dafür blieb keine Zeit, und weshalb sollte ich?“, erwiderte er, wobei er erneut stehen blieb.

„Weil es deine Pflicht ist“, hielt seiner Mutter dagegen.

„Meine Pflicht?“, regte er sich auf und lief wieder los.

„Ja.“

„Mutter. Warum sollte es meine Pflicht sein…“, sie ließ ihn nicht ausreden.

„Jetzt hör mir mal zu. Die Arme wurde wegen dir K.O. geschlagen.“

„Wegen mir?“, wiederholte Sasuke. Er drehte sich auf dem Absatz um und stiefelte den Weg zurück. „Jetzt hab ich Schuld an dem was passiert ist, oder was?“

„Das hab ich nicht gesagt. Ich meine nur, du hättest schon etwas früher einen Schlussstrich unter das Verhältnis oder was auch immer du mit dieser Karin hattest, ziehen können.“

„Das habe ich schon vor vier Jahren getan. Und ich hatte kein Ver...“

„Anscheinend nicht deutlich genug“, unterbrach sie ihn.

„Mutter!“

Es blieb einen Moment lang still am anderen Ende der Leitung und Sasuke glaubte schon in einem plötzlich aufgetretenem Funkloch zu stehen als er ein Rauschen am Ohr vernahm und dann wieder die Stimme seiner Mutter. Die fragte in einem sehr ruhigen Tonfall: „Gibt es die Möglichkeit, dass ich mit Sakura sprechen kann?“

Perplex über die Bitte starrte Sasuke auf den Schnee. Im Glauben sich verhört zu haben, bat er sie den Satz zu wiederholen. Als sie das getan hatte, platze ein entgeistertes: „Jetzt?“, aus ihm heraus.

„Ja. Ist doch noch gar nicht so spät.“

„Kann das nicht bis Morgen warten?“

„Nein, kann es nicht.“

Sasuke schnaubte. Da fiel ihm ein, was Ino gesagt hatte und so erklärte er: „Soweit ich weiß, ist sie in ihrem Hotelzimmer und mit Sicherheit wird sie jetzt schon schlafen.“

„Weißt du das so genau?“

„Nein“, brummte Sasuke.

„Dann kannst du doch mal klopfen, das schadet nicht.“

Sasuke sah auf sein Handy und fragte sich, ob er wirklich mit seiner Mutter sprach? – Die Stimme passte, die Nummer stimmte und das Interesse an Sakura gehörte auch zu ihr; es war seine Mutter. Seufzend und fast resigniert, fragte er: „Mutter?“

„Ja?“

„Kann das, was immer du mit ihr bereden musst, nicht bis morgen Früh warten?“

„Sasuke.“ Sie sprach seinen Namen in jenem lieblichen Ton aus, dem er und auch sonst keiner aus der Familie widerstehen, geschweige denn etwas abschlagen konnte. Murrend strich er sich deswegen durchs Haar und drehte sich im Kreis.

Sie war so unfair, diese Trumpfkarte zu benutzen. Die Worte auf seiner Zunge ließen in ihm ein schlechtes Gefühl erwachen, denn er würde gleich zum ersten Mal in seinem Leben dem Wunsch seiner Mutter nicht nachkommen.

„Hör mal, ich…“, er stockte. Als er mit Sprechen angefangen hatte, war sein Blick zum Hotel gewandert, dass er nun blinzelnd anstarrte, weil er nicht so recht glauben konnte, was er da sah.

„Sasuke!?“, dröhnte die Stimme seiner Mutter aus dem Handy.

„Einen Moment. Bleib dran.“

Sakura

Wäre der Lärm der Feier nicht gewesen, Sakura hätte dem beängstigenden Gefühl erlaubt, welches in ihrer Magengegend hockte und ihr glaubhaft machen wollte: allein im Hotel zu sein, sich im gesamten Körper auszubreiten und dem Gehirn zu suggerieren, Botenstoffe loszuschicken, damit sie Panik schob. – Und alles nur, weil sie auf dem Weg zum Wintergarten keinem Menschen begegnet war.

Ein unverständliches Rätsel für sie, weil sie sich weder wie ein Shinobi hinter Türrahmen, Säulen, Statuen oder Pflanzen versteckt, noch wie ein Meuchelmörder um die Ecken geschlichen hatte. Merkwürdig, einfach merkwürdig.

Um das eigenartige Gefühl loszuwerden, zuckte sie mit den Schultern und schüttelte leicht ihren Kopf, bevor sie durch das gravierte Glas der Doppeltür in den Wintergarten spähte. Die Räumlichkeit war auf dem ersten Blick leer aber nicht ohne Licht. Auf kleinen Mahagoni-Kaffeetischen standen elegante Tiffany-Lampen; jede Dritte leuchtete, wodurch der Raum etwas Heimeliges, fast Gemütliches bekam.

Sakura legte die Hand auf die Klinke und drückte sie runter. Langsam öffnete sie die Tür nach innen und betrat den Raum. Sie wurde von einer angenehmen Kühle empfangen, die sie auf ihrem Zimmer gewollt aber nicht bekommen hatte.

Sie schloss die Tür und sah sich um. Der Wintergarten beeindruckte mit einer Fensterfront, die sich über die gesamte Breite des Raumes erstreckte und deren Fassung von der Decke bis zum Boden reichte. In der Mitte der Fensterreihe befand sich eine in Glastür, die nur durch einen Hebel, zum Öffnen angedacht, erkennbar als solches wurde.

Große und kleine Palmen waren im gesamten Raum verteilt, darunter einige Exemplare, die nah an der Fensterfront standen und die Sicht nach draußen auf die Winterlandschaft verdeckten. Unter den Wedeln der größeren Pflanzen standen mit elegantem Bezug versehene Sofas und vor ihnen die kleinen Kaffeetische.

Die Palmen gaben dem Wintergarten einen orientalischen Touch, der sich durch den mit Ornamenten versehenen Samowar noch verstärkte. Sakura wusste, dass das Gerät zu ihrer Linken auf dem herrlich angerichteten Tresen aus Russland stammte, aber die Aufmachung zusammen mit den Gläsern, Kännchen, Tassen und Tee-Gefäßen, die drumherum drapiert waren, konnten einem Laien schonmal den Bären aufbinden.

 

Langsam bewegte sich Sakura durch den Wintergarten und fühlte sich wie an einem verwunschenen Ort, erstanden aus einem Märchen ihrer Kindertage. Sie wählte ein Sofa am Fenster, dass durch zwei Kaffeetische eingerahmt war und mit dem Rücken an einer weiteren Sitzgelegenheit stand, die zu einer Sitzgruppe gehörte.

Sakura stellte die Kühltasche neben den kleinen Kaffeetisch ab und schaltete das Licht an. Ein schmales Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht als sie den zusammenlegten Plaid auf der Sitzfläche entdeckte. Sie zog ihre Schuhe aus und nahm auf dem Sofa mit angezogenen Beinen Platz. Noch brauchte sie den Plaid nicht, aber mit Sicherheit würde er ihr von Nutzen sein.

Nachdem es sich Sakura bequem gemacht hatte, holte sie einen der Akkus aus der Kühltasche und legte sich die Journals zurecht, damit sie diese mit einer Hand umblättern konnte. Während sie ihre Wange kühlte, schlug sie die erste Zeitschrift auf und suchte im Register nach einem interessanten Thema. –

Natürlich waren alle Themen erstklassig, aber in der medizinischen Forschung gab es Berichte, die einen ticken attraktiver waren als der Rest und genau solch einen Artikel fand sie auf Seite 20. Es handelte sich um einen CME-Bericht zur Differenzialdiagnose und Notfallversorgung akuter Kopfschmerzen.

Während des Lesens ärgerte sich Sakura, dass sie nicht an einen Stift oder einen Text-Marker gedacht hatte. Der Text besaß beachtenswerte Äußerungen, die eine Unterstreichung wert waren.

 

Mit der Zeit wurde es ihr kalt an den Füßen und die zog die Decke über die Beine, zugleich nutzte Sakura den Moment, um den Akku zu tauschen. Sie war gerade dabei eine weiterbildende Abhandlung über die Doppler-Duplex-Sonografie der hirnversorgenden Gefäße und deren Fallstricke anzufangen, als am Rand ihres Blickfeldes ein helles Licht aufblitzte. Von der Neugierde getrieben, hob Sakura den Kopf und sah hinaus in die Winterlandschaft.

 

Sie blinzelte. Sakura brauchte einen Moment bis sie verstand, was sie da gerade sah. Automatisch wanderte ihre rechte Hand an den linken Arm, damit sie sich selbst kneifen konnte. Der Kniff tat weh und somit wusste sie, das Schauspiel im Schnee konnte kein Traum sein.

Wenige Meter vom Wintergarten entfernt, vollführte Sasuke Uchiha einen merkwürdigen Tanz. Anscheinend schien er zu telefonieren, denn das helle Licht stammte vom Handydisplay. Sie sah ihm dabei zu, wie er stand, weiterlief, wieder stand, weiterging, eine Drehung vollführt, zügig loslief, nur um kurz darauf erneut stehen zu bleiben.

Sakura wusste nicht so genau, was sie von dieser Szene halten sollte. Eines stand aber für sie fest, es war suspekt. Ein kleiner, ein klitzekleiner, hoffnungsschnuppernder Teil in ihr stupste sie an, das Magazin wegzulegen und stattdessen Sasuke Uchiha weiter bei seinem merkwürdigen Tanz mit dem Handy zuzuschauen. Der kleine Teil wurde enttäuscht und vom Verstand zusammengestaucht.

Sakura wandte sich dem Artikel zu und las weiter. Sie verdrängte die aufkommenden Gedanken und Fragen, mit wem er wohl telefonierte oder weshalb er so aufgebracht war, in die hinterste Ecke ihres Daseins. Nachdem sie den ersten Absatz verschlungen hatte, schaffte sie sogar das fast Unmögliche: sie vergaß Sasuke Uchiha.

Der Text vor ihr war so hoch interessant, dass sie anfing mit dem rechten Zeigefinger auf ihrem Kinn zu tippen. Eine Unart, mit der sie im ersten Semester begonnen hatte und bei der jeder schon wusste, Sakura Haruno befand sich in ihrer eigenen kleinen Medizin-Welt.

 

Das Klopfen ließ sie zusammenzucken. Erschrocken sah sie auf und wandte den Blick in alle Richtungen bis sie an der Glastür, die ins Freie führte, hängen blieb. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und sie ignorierte das Ziehen in ihrer linken Gesichtshälfte. Sie schloss für einen Herzschlag lang die Augen und als sie diese wieder öffnete, konnte sie nicht glauben, wem sie gerade entgegenstarrte.

Sasuke Uchiha stand von fallenden Schneeflocken umrahmt vor der Tür und deutete mit dem behandschuhten Finger auf den Hebel an der Innenseite. Bei ihm gab es nur einen starren Knauf, mit dem er die Tür nicht aufbekam.

Sakura verzog das Gesicht und presste den nicht mehr kühlenden Akku noch fester an die Wange. Verlangte er etwa, dass sie ihm aufmachte? Wenn er ins Haus zurückwollte, sollte er gefälligst den Haupteingang nehmen. Das gab sie ihm mit einer Geste in die Richtung, von der sie glaubte, dass der Eingang sich dort befand, zu verstehen. Zu ihrer Überraschung konnte sie Sasuke dabei beobachten, wie dieser die Augen verdrehte und dann sein Handy gegen die Glasscheibe hielt, damit sie lesen konnte, wer gerade in der Warteschleife hing.

Sechs große Buchstaben prangten in Weiß auf dunklem Font: MUTTER

Verwirrt sah sie ihm ins Gesicht und Sasuke deutete an, dass seine Mutter mit ihr sprechen wollte. Es dauerte bis sie ihm glaubte und aufstand. Ohne sich die Schuhe überzuziehen, ging sie in ihren dicken Wollsocken zur Tür. Vorsichtig probierte sie, ob die Glastür sich überhaupt öffnen ließ und überrascht stellte Sakura fest, dass es funktionierte.

Während sie die Tür aufzog, rechnete sie halb damit, dass die Alarmanlage des Hauses losging, aber es blieb alles still.

Mit Sasuke kam auch eine knackige Kälte in den Raum hinein und Sakura schloss die Tür sofort wieder. Sie rieb sich frierend über die Arme und drehte sich um. Erschrocken trat sie einen Schritt zurück als ihr unvermittelt das Handy unter die Nase gehalten wurde. Auf ein „Danke“, konnte sie wohl lange warten. Stattdessen betrachtete Sasuke sie mit einem leicht genervten, auffordernden Blick. – Was für ein Vollidiot, schoss es ihr durch den Kopf.

 

Sakura sah Sasuke böse an, nahm aber das Handy entgegen. Sie drehte sich von ihm weg, blickte auf das Sofa, auf welchem sie eben noch so schön gesessen hatte und hielt sich das Handy ans Ohr. Zaghaft fragte sie: „Hallo?“

„Sakura?“

„Äh … ja“, bestätigte sie. „Uchiha-sama sind Sie’s?“, aus den Augenwinkeln bemerkte sie eine unwirsche Handgestik von Sasuke. Sie wandte sich der Fensterfront zu und starrte stur hinaus, während sie seiner Mutter lauschte.

„Tz, nicht so förmlich, wir sind schließlich nicht beim Militär. Mikoto, falls du es vergessen haben solltest.“

Sakura ließ den Kopf hängen und brachte nur zögerlich ein: „O-kay“, über die Lippen. Es war ihr so unangenehm Sasukes Mutter beim Vornamen anzusprechen, schließlich hatte sie der Frau vieles zu verdanken und war ihr nicht so nah, um das Gefühl zu haben, das respektvolle Verhalten abzulegen.

„Dann haben wir das ja geklärt. – Ist es eigentlich wahr?“

Die Frage kam so unvermittelt, dass Sakura im ersten Moment nicht wusste, was gemeint war.

„Bitte?“

„Das mit deinem Gesicht. Hat diese Uzumaki, und damit meine ich nicht unsere liebe Hinata und auch nicht Kushina, sondern das Unding von einer Frau, wirklich dein Gesicht verschandelt?“

„Verschandelt?“, hakte Sakura perplex über Mikotos Wortwahl nach, zugleich fragte sie sich, woher diese über den rechten Haken Bescheid wusste. Nur stockend kam ihr der nächste Satz über die Lippen. „Nun … verschandelt nicht…, aber … ein rechter Haken … ist nicht ohne.“

„Das glaube ich dir“, war die einfühlsame Erwiderung. „Tut es sehr weh?“

Was glaubte sie denn? – Die Frage runterschluckend, sagte Sakura: „Na ja, wie rechte Haken nun mal so sind, wenn man nicht darauf gefasst ist, … es ziept gewaltig.“

„Du Arme“, seufzte Mikoto. „Zum Glück wurde diese Frau der Feier verwiesen. Eine Entscheidung, die ich nicht nur teile, sondern auch gutheiße.“

„Hmm“, machte Sakura. „Mikoto, ähm … sei mir nicht …“, begann sie, kam aber nicht dazu, weiterzusprechen und die Bitte heranzutragen, das Telefonat zu beenden. Sasukes Mutter fiel ihr gekonnt ins Wort.

„Apropos Feier. Was hast du für den ersten Weihnachtsfeiertag geplant?“

Sakuras Augen wurden groß. Sie drehte sich langsam zu Sasuke um, der ihren erschrockenen Blick mit einem Stirnrunzeln erwiderte, und wandte sich ab.

„Äh … nun ja, meine Planung … also … die Notfallschichten im Krankenhaus übernehmen.“ Eigentlich stand das noch nicht fest, weil Sakura sich noch nicht bei ihrer Mentorin für die Weihnachtstage angemeldet hatte, aber was nicht war, konnte im Laufe der kommenden Woche noch werden und mit Sicherheit würde Tsunade nicht ‚Nein‘ sagen. Zu Weihnachten herrschte immer Unterbesetzung beim Personal, während die Patienten das Krankenhaus regelrecht fluteten.

„Das schlag dir aus dem Kopf!“, mahnte Mikoto.

„Was? Wie bitte? … Aber …ich, äh …“, stammelte Sakura.

„Ich hab mit Tsunade geredet. Sie hat mir versprochen, sollte sie dich während der Weihnachtsfeiertage auf Station sehen, schmeißt sie dich hochkant raus und wenn das nicht wirkt, folgt ein Verweis. Solltest du dem trotzen, lässt sie dich das Semester wiederholen. Schließlich brauchst auch du mal eine Pause vom Lernen. Sie hat mir berichtet, welch gewissenhafte Studentin du bist und dass du in den praktischen Stunden nicht mal vor einer einfachen Wundversorgung zurückschreckst, und nicht wie die anderen aus deinem Semester auf die spannenden Fällen wartest. –

Du siehst, von dieser Seite her hast du dieses Jahr keine Verpflichtungen“, eine kleine Pause trat ein, die Sakura aber nicht genügend Zeit gab, um das Wort zu übernehmen. Mikotos Stimme klang nachdenklich als sie weitersprach.

„Eine Ausnahme würde sie aber machen.“

„Die da wäre?“, wollte Sakura hoffnungsvoll wissen.

„Du bist die Patientin. Aber dazu sage ich nur, hoffen wir, dass dieser Fall nicht eintritt.“

Sakuras Mundwinkel sanken nach unten. Mit bedrückter Stimme frage sie: „Woher kennst du eigentlich Tsunade?“

„Ach, meine Liebe. Sie ist ein Mitglied vom Ausschuss und entscheidet, wer ein Stipendien zugeteilt bekommt.“

„Oh! … O- okay“, kam es stockend von Sakura. Sie war gerade dabei ihre Gedanken zu ordnen, da schwemmte Mikoto neue Wörter in Sakuras Gehörgang.

„Gut. Nachdem wir das geklärt haben, können wir uns um die Frage kümmern, was du am ersten Weihnachtsfeiertag vorhast.“

Mit leiser, ergebener Stimme, weil sie sich geschlagen geben musste und nichts Gutes ahnte, sagte Sakura: „Nichts.“

„Perfekt!  Die Limousine ist um 18 Uhr da.“

„Welche Limousine?“, erneut sah Sakura zu Sasuke. Sie bekam nur seinen Hinterkopf zu Gesicht, da er gerade den Raum betrachtete.

„Meine Limousine. Mein Chauffeur wird dich um 18 Uhr am ersten Weihnachtsfeiertag abholen. Er bekommt die Anweisung zu klingeln.“

„Wofür abholen?“, eine leichte Panik schwang in der Frage mit.

„Ich sehe schon“, lachte Mikoto. „Da du es die letzten Jahre immer geschafft hast, dich wunderbar an diesem Tag aus dem Staub zu machen, hier eine kleine Erinnerung. Bei uns findet jedes Jahr am ersten Weihnachtsfeiertag eine Weihnachtsfeier statt. Im kleinen Rahmen gehalten, versteht sich …“ –

Im kleinen Rahmen? Bei Sakura entgleisten die Gesichtszüge. Im kleinen Rahmen hieß bei den Uchihas, dass die Gästezahl sich nicht unter 250 belaufen würde, und da war das Servicepersonal noch nicht mit eingerechnet. Von einer Feier konnte da auch keine Rede sein, sowas wurde immer zum Gala-Abend aufgeblasen. Gerade rechtzeitig konnte sie eine frustriertes Stöhnen verhindern.

„… und wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen“, fügte Mikoto an, als ob sie von Sakuras Abneigung gegen solche Veranstaltungen wusste und sie mit dieser Aussage ködern wollte. „Das wäre auch gleich eine gute Gelegenheit die Werbetrommel für die Stiftung zu rühren, mit dir als glanzvolle Galionsfigur. – Wie könnte unsere Stiftung besser angepriesen werden, wenn nicht mit dir als einem unserer geförderten Schützlinge.“

Und da war er, der alles entscheidende Haken an der Sache. Sakura schloss die Augen. Es war so klar, warum war sie nicht selbst darauf gekommen? Argh!

„Mikoto, ich weiß nicht, ob ich dafür geeignet bin.“

„Papperlapapp. Mach dir deswegen keine Sorgen, ich werde dich schon nicht allein lassen. Wenn du die Arena betrittst, dann mit mir an deiner Seite.“

„Das ist wirklich unheimlich nett, aber … ich hab noch nicht einmal die passende Garderobe“, versuchte Sakura sich aus der Situation herauszuwinden und es war nicht gelogen. „Und wer weiß, vielleicht ist das Veilchen bis dahin noch nicht abgeklungen. Das sieht bestimmt nicht gut …“, weiter kam sie nicht. Mikoto grätschte wie ein Abwehrspieler dem Stürmer beim Fußball dazwischen.

„Ach, mach dir mal wegen der Garderobe und dem Veilchen keine Gedanken. Mail mir einfach deine Maße, die Limousine wird dann früher da sein und dich eher herbringen, damit mein MakeUp-Hair-Stylist noch Hand an dich legen kann.“

„Aber… Mikoto … ich…“

„Könntest du mir nochmal meinen Sohn geben? Danke, meine Liebe und ich freu mich schon, dich in fünf Wochen endlich wiederzusehen.“

„Ja“, hauchte Sakura, zu schwach, um noch einmal Paroli bieten zu können.

Sie sah zu Sasuke. Dieser betrachtete noch immer den Raum, daher tippte sie ihn vorsichtig am Oberarm an und hielt ihm das Handy entgegen als er sich zu ihr umdrehte. Er nahm es und telefonierte mit seiner Mutter weiter. Währenddessen schlurfte Sakura zum Sofa zurück. Sie ließ sich langsam darauf nieder und starrte hinaus in die Winterlandschaft.

Als Sasuke das Telefonat beendete, sah sie ihn an. Ein Gedanke war in ihr zu einer Idee herangereift, vielleicht war es vermessen ihn auszusprechen, aber Sakura sah keine andere Option und sagte: „Du musst mir helfen.“

„Hn?“, er zog die Augenbrauen zusammen und ließ das Handy in die Manteltasche gleiten.

„Deine Mutter hat mich zum Weihnachtsfest eingeladen.“

„Und?“

Sakura biss sich auf die Unterlippe, dann erwiderte sie: „Ich brauche einen driftigen Grund, nicht hingehen zu müssen.“

„Sag’s ihr“, entgegnete er und zuckte mit den Schultern.

„Hab ich, gerade eben. … Ich hab’s zumindest versucht, aber … du kennst sie ja. Sie lässt einen nie zu Wort kommen …“

Auf Sasukes Gesicht erschien ein wissender Ausdruck.

„… ich verstehe ihre Beweggründe, mich einzuladen, aber so ein riesiges Weihnachtsfest ist einfach nicht meins. Wenn sie mich nur der Sponsoren wegen als gutes Beispiel vorstellen will, kann sie das gerne im Rahmen der Stiftung machen, weil da einfach weniger Leute zugegen sind und das Ganze …“, sie stockte und zeige ein verlegenes Lächeln, „… nicht so pompös ist.“

„Pompös?“, hakte Sasuke nach.

„Jetzt tu nicht so, als würdest du nicht verstehen, was ich meine.“

Seine linke Augenbraue wanderte nach oben und Sakura seufzte. Tat er nur so begriffsstutzig, oder war er es wirklich?

„Gehoben. Die Feste von euch Uchihas sind immer so … so kultiviert. Alle sind elegant gekleidet, haben Manieren und …“

„Manieren?“, wiederholte Sasuke und unterbrach somit Sakura.

„Ja.“

„Sicherlich nicht.“

„Wie meinst du das?“

„Hn … finde es heraus.“

„Bestimmt nicht. Ich habe kein Ansinnen die Belustigung des Abends zu mimen, weil ich in jedes Fettnäpfchen trete, dass es nur geben kann.“

„Deswegen willst du nicht teilnehmen? Weil du denkst, dich falsch zu verhalten?“

„Ja. Diese Upperclass-Welt ist nicht meins, da gehöre ich nicht hin“, und mit ernstem Blick fragte sie noch einmal: „Wirst du mir helfen?“

„Warum ich?“

„Ich will deine Mutter nicht verprellen, du kennst sie am besten.“

Sasuke

„Ich will deine Mutter nicht verprellen, du kennst sie am besten.“

 

„Hn“, entgegnete Sasuke. Er schob seine Hände in die Manteltaschen und sah Sakura aufmerksam an. Sie meinte es ernst. Sie wollte unter allen Umständen ihr Erscheinen auf der Weihnachtsfeier verhindern.

Lächerlich! – Gegen seine Mutter kam niemand an; nicht einmal das Schicksal. Warum sonst hatte er Sakura in jenem Moment erblickt als seine Verzweiflung darüber, die eigene Mutter enttäuschen zu müssen, am größten gewesen war.

Sasuke konnte beobachten, wie Sakura ihren Kopf in eine leichte Schieflage brachte. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und sie fragte: „Was bedeutet jetzt dein Hn? – Ja? Nein?“

Er ließ sich nicht dazu herab, eine klare Antwort zu geben, stattdessen zählte er weitere Gäste der Weihnachtsfeier auf. „Naruto und Hinata werden auch zugegen sein.“

Sakura sah ihn perplex an, fing sich aber rasch und entgegnete: „Oh! Okay. Gut. Somit ein weiterer Grund, der Einladung nicht zu folgen. – Mit Sicherheit wird die Hochzeit ein Gesprächsthema sein und damit auch … na ja … dieser Ausrutscher …“, eilig fügte sie noch mit an. „Außerdem kann es sein, dass die Verfärbung noch nicht abgeklungen ist. Es sind zwar fünf Wochen, aber man weiß ja nie.“

Sasuke zog die Augenbrauen zusammen. Sie nannte Karins Haken einen Ausrutscher? Warum konnte sie das Kind nicht beim Namen nennen? Schließlich war es schon in den Brunnen gefallen. – Typisch Sakura, sie schiffte schön brav drumherum.

 

Obwohl der Wintergarten gut temperiert und auf die Bedürfnisse der Pflanzen eingestellt war, und somit eine angenehme Kühle besaß, wurde es Sasuke allmählich warm. Er zog die Handschuhe als erstes aus und steckte sie in seine linke Manteltasche. Mantel und Schal folgten und fanden ihren Platz auf seinem rechten Unterarm. Während er seine Kleidung fein säuberlich drapierte, entging ihm nicht wie Sakura ihn musternd betrachtete. Jedoch, und das zu seiner erneuten Verwunderung, wesentlich knapper als ihre bisherigen anhimmelnden Blicke aus den letzten Jahren; gerade mal einen Herzschlag lang.

Sich nicht weiter daran störend, erwiderte er mit gelassener Haltung den kurz aufkommenden Augenkontakt. Als sich Sakura abwandte, fiel ihm plötzlich ein, dass sie eigentlich brav im Bett liegen und schlafen sollte – warum saß sie also hier und las unter einem Palmwedel, im Halbdunkel, irgendwelche Zeitschriften? Für die Gesundheit erschien ihm das nicht gerade förderlich. Merkwürdig, dass sie das selbst nicht wusste, als angehende Ärztin.

 

„Warum bist du hier?“

Seine Frage ließ sie aufblicken. Sie setzte zum Sprechen an, brach dann aber ab und biss sich auf die Unterlippe. Sasuke nutzte die Zeit, die Sakura zum Überlegen brauchte, was sie sagen sollte – er fand, die Wahrheit sei am besten – um sich auf jenem Sofa niederzulassen, dass Rücken an Rücken mit Sakura ihrem stand. Seinen Mantel warf er zusammen mit dem Schal an das Ende der Sitzbank, während er sich so drehte, dass er Sakura weiter im Blick hatte. Er lehnte sich dabei an Arm- und Rückenstütze.

„Mein Zimmer ist … zu warm“, sagte sie.

Bei ihrer Erklärung zog er die Brauen zusammen und fragte sich, ob sie dumm war oder der Schlag ihrem Kopf mehr geschadet hatte als angenommen.

Sein „Hn“, kam ihm wie von selbst über die Lippen. Er merkte es kaum, da er darüber nachdachte, ob er von seiner gewohnte Reserviertheit abweichen und Sakura auf den Zahn fühlen sollte. Bisher war nur Naruto in diesen Genuss gekommen, aber was den anging, besaß Sasuke ein ganzes Repertoire automatisierter Mechanismen, die zum Greifen kamen. – Kein Wunder, schließlich kannte er den Uzumaki und dessen vertrottelte Seite seit frühster Kindheit.

Sasuke entschied sich für eine Abweichung und begründete die Entscheidung für sich damit, dass ihm Sakura wegen des Schlags ein klein wenig leidtat.

„Heizung“, gab er als erste Option an, worauf sie ihn überrascht ansah und die Stirn kraus zog. Er konnte dabei zusehen, wie es bei ihr Klick machte.

„Abgedreht“, erwiderte sie und er revidierte seine Meinung darüber, ob sie dumm war. Vielleicht lag es doch am Schlag.

„Fenster.“

Dieses Mal kam Sakuras Antwort schneller: „War offen, ist jetzt wieder zu.“

Er betrachtete sie mit einem taktierenden Blick. Warum schloss sie das Fenster, wenn die Zimmertemperatur noch nicht optimal war? Ihm entkam ein unwirsches: „Hä?“ statt des üblichen „Hn“, was ihn selbst überraschte – doch er bekam nicht die Zeit darüber nachzudenken. Sakura nahm seinen Laut zum Anlass sich zu erklären, was ihn nur noch mehr verwirrte.

Er hörte sie: „Spinne“, sagen und suchte reflexartig die beiden schulterhohen Rückenlehnen der Sofas nach Etwas ab, dass den Vergleich mit dem Krabbeltier verdiente. Er fand aber nichts derlei und weil er sich mit einmal nicht mehr sicher war, sie richtig verstanden zu haben, hakte er nochmal nach, obwohl das für ihn bedeutete, ein weiteres Mal gegen sein übliches Schema zu handeln: eine Antwort wie diese als gegeben hinzunehmen.

„Spinne?“, fragte er.

Von Sakura kam ein zögerliches Nicken und auf ihren Wangen erschien ein zartes Rosa. Zaudernd hauchte sie: „Auf meinem …  Zimmer“, und sah ihn dabei verlegen an. Nach einem kurzen Moment des Schweigens kicherte sie in diesem albernen mädchenhaften Ton und stammelte: „Ich … also, …“, sie atmete tief durch und begann dann nochmal von vorne.

„Ich weiß, es klingt wirklich lächerlich“, und mit zur Hilfenahme ihrer Hände folgte eine Beschreibung des Untiers. „Sie war so groß. Es war eine fette, eklige Kellerspinne mit unrasierten Beinen.“

Sasuke hob bei ihrer Wortwahl eine Augenbraue und wiederholte trocken: „Unrasierte Beine?“

Erst da schien sich Sakura bewusst zu werden, was sie gesagt hatte. Rasch versuchte sie sich zu rechtfertigen.

„Du weißt, was ich meine. So eine Art Spinne, bei denen die Tasthaare mit bloßen Auge zu erkennen sind.“

„Hn.“ Sasuke lehnte sich zurück. „Und deshalb die Flucht aus dem Zimmer?“

„Nicht ganz“, nuschelte Sakura. „Ich hab versucht sie aus dem Fenster zu schubsen, aber … das ist fehlgeschlagen. Sie ist unters Bett gekrabbelt. – Und die Vorstellung, nachts im Schlaf … und die Spinne kommt gekrabbelt.“ Kaum hatte sie den Satz beendet, wurde ihr Körper von einem Schauder erfasst und sie rieb sich die Oberarme.

„Hn ...“

Die Vorstellung, wie Sakura vor einer Spinne flüchtete, kostete ihm gerade seine gesamte Selbstbeherrschung. Er musste sich stark zusammenreißen, um den Lachanfall in der Kehle abzuwürgen, doch das schwache Schmunzeln konnte er nicht unterdrücken. Daher lehnte er den Ellenbogen gegen die Rückenlehne, um einen Vorwand zu haben, den Mund mit der Hand zu bedecken.

Er hoffte, dass sie nicht zu seinen Schultern sah, die bebten zittrig. –

Viele Mitmenschen glaubten, dass er überhaupt nicht in der Lage war zu lachen. Aber er konnte es, er tat es nur so gut wie nie, und so ging er stoisch dem Versuch nach, weiterhin den Emotionslosen zu mimen.

 

Sasuke beobachtete wie Sakura die Schultern straffte. Ihre Stimme klang leicht unruhig als sie sprach.

„Jetzt, wo wir mein hier sein geklärt haben, wirst du mir helfen?“, und schon waren sie wieder beim geschäftlichen angelangt.

Er blieb stumm und sah sie nur an, was ihre Nervosität sichtbar steigerte, bis sie schlussendlich die Lider niederschlug, um den Blickkontakt erneut zu brechen. Währenddessen fragte er sich, ob der Grund ihrer Absage zur Weihnachtsfeier wirklich nur darin bestand, dass sie sich nicht gut genug für die Oberschicht hielt, und so wollte er von ihr wissen: „Sagst du zu, wenn ich die Einladung ausspreche?“

 

Durch Sakuras Körper ging ein Ruck. Sie sah ihn mit großen und weit aufgerissenen Augen an. Erneut zeichnete sich ein zarte Röte auf ihren Wangen ab, zugleich presste sie die Lippen hart aufeinander.

Auf Sasuke wirkte sie einen Moment lang wie ein verschrecktes Reh im Scheinwerferlicht bei Gewitter und ihn beschlich ein reuevolles Gefühl, dass sich aber verflüchtigte als er bemerkte, wie sich ihr Blick langsam normalisierte.

Sakuras „Nein“, schien ihr so leicht über die Lippen zu kommen, dass seine Annahme, sie würde auf eine Einladung von ihm hoffen, weil sie noch immer Empfindungen für ihn hegte, ins Wanken geriet. Plötzlich nagte und kratzte die Unsicherheit an seinem Ego – er hatte mit einem ‚Ja‘ gerechnet, dass ‚Nein‘ war ein kleiner Schock für ihn, den er sich äußerlich nicht anmerken ließ. Aber in seinem Inneren brach ein Sturm los, der ihn dazu zwang, entsprechend zu reagieren; auf seine Art.

Ohne den Blick von Sakura zu nehmen rückte er auf dem Sofa näher in ihre Richtung. Er musterte die grünen Augen und bemerkte das Weiten der Pupillen. Konnte er da die Panik aufflackern sehen?

Ihr schnippisch gehauchtes: „Was?“, wirkte wie ein Indiz auf ihn, dass sie nicht so gefühllos ihm gegenüber schien, wie sie tat. Sie hatte nur gelernt ihre Gefühle gut an die Kette zu legen.

„Warum?“, entgegnete er und bezog sich damit auf ihr ‚Nein‘.

 

Sakura senkte den Kopf, der Augenkontakt brach erneut ab. Sie griff nach den Zeitschriften und ordnete sie auf ihrem Schoß. Ihr hektisches Gehabe ließ sie nervös wirken und Sasuke erwartete schon, dass sich ihre Stimme zittrig anhörte, sobald sie zu ihrer Antwort ansetzte. Er wurde aber enttäuscht. Als sie mit Sprechen begann, wirkte ihre Stimme ruhig und gefasst.

„Wenn ich dir ein ‚Ja‘ gebe, aber im gleichen Atemzug Mikotos Einladung ablehne, erweckt das nur den falschen Anschein“, sie sah ihn wieder an. „Jeder würde glauben, ich hätte nur abgesagt, in der Hoffnung, du würdest mich fragen und nicht, weil ich aus Prinzip dagegen bin. Deshalb auch das ‚Nein‘ zu deiner Einladung.“

„Und wenn meine Mutter nicht gefragt hätte?“

Sakura zeigte ein sanftes, fast gutmütiges Lächeln als säße ihr nicht Sasuke Uchiha gegenüber, sondern eine kleines Kind.

„Ein ‚Nein‘ bleibt ein ‚Nein‘. – Ich habe meine Lektion gelernt, Sasuke Uchiha.“

Nun war er es, der den Kopf in Schieflage brachte. Ihm kam nur ein: „Hn?“, über die Lippen. Zu mehr war nicht in der Lage. Ihre Erklärung hatte ihm den Boden unter den Füßen weggerissen, nicht komplett aber gerade soweit, dass er ins Straucheln geriet und sein schön aufgebautes Kartenhaus im oberen Drittel einstürzte.

Wo war die hundertprozentige Zuverlässigkeit in Bezug auf Sakura Haruno geblieben? Wieso reagierte sie nicht so, wie von ihm analysiert?

Er bemerkte, wie Sakura ihn verlegen ansah. Sie schürzte ihre Lippen, holte Luft und sagte: „Ich weiß, dass ich früher peinlich war. Besonders diese dummen Versuche deine Aufmerksamkeit zu erheischen, müssen für dich mehr als nur unangenehm gewesen sein. Dafür, Entschuldigung, und auch, dass ich dir so auf die Nerven gegangen bin …“, sie biss sich auf die Unterlippe und schien mit ihren nächsten Worten zu kämpfen. Gespannt, was kommen würde, wagte Sasuke nicht zu sprechen.

„… Mir ist in den letzten Jahren bewusst geworden, dass es mehr gibt als nur das Ziel, dich anzuhimmeln. Ich werde dir nicht mehr nachlaufen, Sasuke Uchiha, wenn du verstehst was ich meine … aber es würde mich freuen, wenn wir gute Bekannte bleiben könnten.“ Mit einem aufrichtigen Lächeln sah sie ihn an und unterstrich so das Gesagte.

Sasuke schluckte. Bekannt miteinander bleiben? Gute Bekannte bleiben? Er glaubte nicht was sie sagte und bezweifelte, dass sie ihren eigenen Worte traute. Aber das Lächeln und ihr Blick…, er konnte nichts mehr Anbetendes darin finden. Sie betrachtete ihn mit jener Normalität, die auch bei Hinata stets vorhanden war und er gewann Klarheit darüber, dass ihre Verlegenheit und die geröteten Wangen nicht der Verliebtheit entsprangen, sondern rein auf der Tatsache beruhten, dass es ihr peinlich war das Gesprochene in seinem Beisein über die Lippen zu bringen.

Obwohl alles dafür sprach, dass Sakura nichts mehr für ihn empfand, rührte sich tief in seinem Inneren ein Zweifel. Es war nur eine kleiner Funke, der aber, anstatt zu verglühen, immer heller glomm und zu einem Feuer wurde, dass Scharlachrot in ihm brannte.

Sasuke beschloss ihre Aussage als Herausforderung anzunehmen und sie zu prüfen. Bestand sie den Test, würde er es als gegeben hinnehmen und Sakura seine gesamte Unterstützung zukommen lassen, damit sie der Feier seiner Mutter fernbleiben konnte – fiel sie durch…, stand zumindest eines fest: auf seine Hilfe durfte sie nicht hoffen.

 

Sasuke griff zu der einfachsten Methode zurück, um Sakuras heile Welt ins Wanken zu bringen; zumindest erhoffte er sich das.

Ohne den Blick von ihr zu lassen, rückte er auf dem Sofa näher in ihre Richtung. Einzig die Rückenlehnen trennte sie voneinander. Wenn er jetzt den rechten Arm ausstrecken würde, wäre es ein leichtes für ihn, ihre ihm zugewandte Wange mit den Fingerrücken zu berühren, aber nur wenn…

Warum sollte er es tun? Es würde sie verschrecken, wo er doch nur ihre wahren Gefühle herauskitzeln wollte.

Er bemerkte das leichte Zucken um ihren Mund. Sie blinzelte jetzt öfters und er konnte beobachten, wie sie sich verkrampfte. Ganz langsam neigte er seinen Oberkörper ihr noch weiter entgegen – und da passierte es, sie brach den Augenkontakt und wandte sich der Fensterfront zu. Ihre Wangen verfärbten sich und es war ein tieferes Rot als zuvor, das auch auf ihr Ohr übergriff. Sakura fing an ihre Unterlippe mit den Zähnen zu malträtieren und schien sogar der Versuchung nah, sich ganz von ihm wegzudrehen – ihm den Rücken zu zeigen.

„Also doch“, sagte Sasuke in die Stille hinein. Seine Worte ließen sie erstarren und nur krächzend kam ihr die Frage über die Lippen: „Was … also doch?“

Er wartete mit seiner Antwort, bis sie das Räuspern hinter sich gebracht hatte.

„Du wirst wegen mir rot.“ – Er lauerte und das eitle Wesen in ihm begann sich zu putzen als Sakura hastig und eine Spur zu energisch entgegnete: „Gar nicht wahr!“

 

Die Falle schnappte zu.

 

Sakuras Leugnen war ihr Untergang. Wäre sie mit einer Ausrede dahergekommen, wie „Bei deinem Blick muss man ja rot werden“, er hätte es ihr abgekauft und sich selbst einen Narren geschimpft, aber jetzt bekam sie diese Karte zugeschoben. Sie war eine Närrin, wenn sie glaubte, sich selbst belügen zu können. Sie empfand noch eine ganze Menge für ihn, jedoch kämpfte sie gegen diese Gefühle und die Wahrheit an, dass dem so war.

Er wollte es nicht, aber sein: „Doch“, kam ihm mit eine triumphierenden Klang über die Lippen, bevor es aufhalten konnte.

Sakura wandte sich ihm zu und starrte ihn mit großen Augen an. Das Grün ihrer Iris wirkte dabei so intensiv, dass er für einen Moment alles andere ausblendete. Es erinnerte ihn an Frühling und auf einmal glaubte er den zarten Duft von Kirschblüten einzuatmen. Er musste blinzeln und bemerkte, wie sich das Grün verwässerte.

Sakuras Schultern zitterten und bevor er begriff, was sie tat, klaubte sie auch schon ihre Sachen zusammen und stand auf. Sie schnappte sich die Kühlbox und sagte: „In meinen Zimmer sollte es jetzt kühl genug sein.“

Sasuke sah ihr nach. Bevor sie aber drei Schritte getan hatte, kam ihm die Spinne in den Sinn. Bei ihrem fünften Schritt sprach er seinen Gedanken aus und es reichte, dass sie abrupt stehenblieb. Er meinte ein: „Mist!“, von ihr vernehmen zu können.

Sie stand verkrampft da und sah zu der Doppeltür. Nach einer Weile drehte sie sich von ihm abgewandt auf der Ferse um und nahm auf einen Sessel Platz, der in unmittelbarer Nähe stand, aber weit genug von ihm entfernt, sodass sich die Distanz zwischen ihnen vergrößerte.

Sasuke schmunzelte. Seinetwegen hätte Sakura auch wieder ihren alten Platz einnehmen können, er hatte schließlich seine Antwort bekommen – weshalb sollte er ihr da weiter den Spiegel vorhalten? Aber anscheinend wollte sie auf Nummer sicher gehen, was ihre eigene Selbstbeherrschung anging und er fand es merkwürdigerweise sehr interessant.

Wieso sträubte sich Sakura Haruno so sehr gegen ihre Gefühle? Hatte die Sache vor vier Jahren ihr so sehr zugesetzt? – Ino hatte sowas erwähnt. Aber wieso reagierte sie dann nicht, wie die anderen, mit einer kalten Schulter oder Abscheu? Stattdessen wollte sie einfach mit ihm bekannt bleiben. –

Sasukes Gedanken stoppten. Er wandte den Blick von Sakura ab und fing an über sich selbst zu grübeln. Den ganzen Tag schon machte er sich Gedanken über Sakura Haruno. Angefangen in der Kirche, während der Fahrt ins Hotel, beim Essen und Tanz, nach Karins Eskalation und jetzt hier, wo sich das Ganze fortsetzte. Das musste aufhören. Er hatte sich noch nie so viel Gedanken über eine Frau gemacht und dann ausgerechnet Sakura Haruno, das Mädchen … er berichtigte sich, die Frau, die ihm vor einigen Jahren mehr als nur auf die Nerven gegangen war.

In seinem Ranking der schlimmsten ihn an heischenden Weiber stand sie nach Karin auf dem zweiten Platz und er hatte nicht die Absicht sie von diesem Sockel herunter zu holen, aber wenn sie so weitermachte, blieb ihm nichts anderes übrig.

Sasuke verzog minimal das Gesicht als ihm bewusst wurde, dass Sakuras ihn nicht anhimmeln wollen, genauso nervte, wie ihr einstiges anbeten. Wieso konnte sie nicht einmal im Mittelmaß sein? – Nein, immer musste die Frau ins Extreme abdriften. Es regte ihn auf. In ihm brodelte es plötzlich aus vielerlei Gründen.

 

Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie sie einen Kühlakku aus der Box nahm. Sie saß nun so, dass er ihr Profil und die Gesichtshälfte betrachten konnte, die den Schlag abbekommen hatte. Das Mitgefühl regte sich in ihm und die Stimme seiner Mutter hallte jäh in seinem Kopf wider. Sie ermahnte ihn zur Anteilnahme und so fragte er: „Was machen die Schmerzen?“

Sakura sah ihn nicht an, als sie mit einer Prise Sarkasmus und einem Hauch angestauter Wut die Antwort gab: „Lass dir mal von Karin eine runterhauen.“

Autsch! – Dieses zweifelhafte Vergnügen war ihm bisher erspart geblieben. Nicht einmal eine Ohrfeige hatte er jemals zu spüren bekommen.

„Hn“, entgegnete er und sein Blick fiel auf die Magazine, die ihm schon zuvor aufgefallen waren. Sakura hatte zwei davon auf dem Kaffeetisch abgelegt und eines bei sich behalten. Als sie das Cover umblätterte sah er einen Teil des Titels. Er hatte erwartet, dass sie Zeitschriften von der Regenbogenpresse oder über Mode in den Händen hielt, aber nichts, wo Medizin drin vorkam.

Neugierig geworden, fragte er: „Was liest du?“

Aus einem Reflex heraus sah Sakura ihn nun doch an und folgte dann seinem Blick.

„Ähm … Medizin-Journals.“

„Hn. Interessant?“

„Sehr“, erwiderte sie mit einem Hauch Euphorie in der Stimme, die ihm nicht verborgen blieb und so ließ er sich dazu verleiten, genaueres über die Magazine in Erfahrung bringen zu wollen.

„Was steht da drin?“

Sakura sah ihn verwundert an, er hob eine Augenbraue. Sie wandte sich ab und begann mit erzählen.

„Brandaktuelle Themen über die Medizin in der Chirurgie. – Ich bezeichne die drei Magazine gerne als die Boulevard-Presse der Neurologie…“

Sasuke bemerkte, wie der Klang ihrer Stimme eine begeisternde, mitreißende Farbe annahm.

„… die renommiertesten Ärzte und Wissenschaftler unserer Zeit nutzen diese Blätter, um dem Fachpublikum ihre Thesen und Berichte über die neusten Verfahren und Möglichkeiten mitzuteilen, die es in der Neurologie und Neurochirurgie gibt, oder bald geben wird. –

Ich war gerade dabei eine weiterbildende Abhandlung über die Doppler-Duplex-Sonografie der hirnversorgenden Gefäße und deren Fallstricke zu lesen …“

Sasuke nickte hier und da und reagierte ab und zu mit einem „Hn“, wenn sie ihn ansah, aber unterbrechen wollte er sie nicht. Er hatte Sakura noch nie so begeistert über etwas sprechen hören und nun erfuhr er auch, ganz nebenbei, den Grund für ihre teilweise Abwesenheit bei den Hochzeitsvorbereitungen. Ihre Examina waren in diese Zeit gefallen.

Es handelte sich zwar nur um Zwischenprüfungen, aber sie waren nicht unrelevant. Das Durchfallen in einer Prüfung reichte aus, um das Semester zu wiederholen und bei Sakuras Ehrgeiz stand dies nicht zur Debatte – ganz und gar nicht; so war sie schon zu Schulzeiten gewesen.

 

Je mehr Sakura über ihren Alltag an der Uni und den Stunden im Krankenhaus berichtete, desto sympathischer erschien sie ihm. Erfreut stellte er selbst aus der größeren Distanz fest, dass sie wieder diese leuchtend grünen Augen bekam, die er, wie er heute mehrmals verwundert bemerkt hatte, mochte.

Langsam und mit bedacht, kroch ein Gefühl in sein Bewusstsein, von dem er selbst überrascht war. Die Sakura, die gerade so mitreißend erzählte, gefiel ihm. Es war angenehm ihr zuzuhören. Ihre Stimme besaß einen warmen Klang und erinnerte in keiner Weise an das quietschende Kleinmädchengeschrei, dass tief in seinen Erinnerungen verankert war und als sie ihn ein weiteres Mal ansah, musste er den Augenkontakt abbrechen. Mit Verwunderung spürte er, dass sein Herz ein bisschen schneller geschlagen hatte.

Er horchte in sich hinein, um die wahre Ursache zu finden, aber ein erneuter Blickkontakt löste das Gefühl noch einmal aus. Sofort entbrannten zwei Fragen in ihm. Was passierte gerade? Was passierte mit ihm?

Wie so oft an diesem Abend bekam er auch jetzt nicht die Zeit sich damit auseinandersetzen zu können, denn seine Ohren nahmen Wörter wahr, die ihn plötzlich genauer hinhören ließen.

„… entschuldige, dass ich dich mit der Fachsimpelei langweile. Es ist nur, ich werde öfters schief angesehen, wenn ich über meine Ziele und meine Zukunft rede, denn ich vergesse oft, dass die meisten sich nichts unter Neurologie und Neurochirurgie vorstellen können.“

„Das ist dein Ziel, Neurochirurgie?“, aus einem ihm nicht bekannten Grund, vermochte Sasuke es nicht, das Wort Zukunft auszusprechen.

„Ja“, bestätigte Sakura mit einem freudigen Lächeln. „Ich will eine der besten Neurochirurginnen werden. Die beste wäre zu vermessen, aber ich will zu den Top Five der Welt gehören.“

„Hn. Ganz schön ambitioniert.“

„Ich weiß. Aber um meinen Traum zu erreichen, muss diese Ambition vorhanden sein.“

„Und danach?“, fragte er mit monotoner Stimme.

„Wie, danach?“ Verwundert sah Sakura ihn an und legte ein weiteres Mal den Kopf schief.

„Nach deinem Ziel.“

„Ouh!“, kam es ihr als verbales Zeichen der Erkenntnis über die Lippen. „Na ja, … danach verfolge ich mein anderes gestecktes Ziel. Ich will versuchen meine Expertise auf diesem Fachgebiet so breit aufzustellen, dass ich als Dozentin an einer Medizinuniversität mein Wissen an zukünftige Studierende der Neurochirurgie weitergeben kann. Ich hoffe bis dahin, dass ich die Zeit finde auch außerhalb des OP-Saals mein Wissen, besonders im Bezug auf die kindliche Psyche, zu erweitern, da mich die Psychologie auch sehr stark reizt…“

Sasuke nickte und fragte sich, warum er das Gefühl eines Stichs durch sein Herz verspürte. Es krampfte sich regelrecht zusammen. Für einen kleinen Moment kam ihm der Gedanke, dass es auch ein Herzinfarkt sein könnte, aber diese Idee verwarf er sofort wieder. Wenn dem so war, hätte er sich womöglich schon qualvoll an die Brust gefasst; außerdem war noch nie ein Uchiha an einem Herzkasper verstorben.

Nein, es war etwas anderes, dass ihm das Herz schmerzen ließ und er wusste jetzt auch was: die Tatsache, dass es in Sakuras Zukunft keinen Platz mehr für ihn gab. Einst sahen ihre Träume anders aus.

Sasuke konnte sich noch gut daran erinnern, wie Sakura zu Schulzeiten immer von einem großen Haus mit Garten und Hund, einer intakten Familie mit zwei Kindern und vorzugsweise ihm als Ehemann geschwärmt hatte, aber davon schien nichts mehr übrig zu sein und anstatt sich glücklich zu schätzen, ärgerte es ihn. – Ihre Bedürfnisse hatten sich in eine andere Richtung entwickelt und er war kein Teil mehr davon. Für sie wäre er nur noch ein Bekannter, ein guter Bekannter aber nicht mehr. Sie waren sich nicht nur in diesem Raum fern, sondern auch auf einer anderen Ebene und erneut begriff er nicht, weshalb es so … so weh tat.

Seine Reaktion auf ihre Worte war nicht mehr als sein übliches: „Hn.“ Aber in diesem einen Laut steckte sein ganzer Frust.

Sakura lächelte zaghaft und fragte zögerlich: „Und du? – Ich weiß, du arbeitest jetzt schon zeitweise in der Firma deiner Familie, um nach dem Studium voll einzusteigen, aber ist das schon alles gewesen? Du hast doch sicherlich auch noch andere Ziele und Wünsche, oder?“

 

Sein Ziel? – Ihre Frage erwischte ihn eiskalt und er hatte das Gefühl in ein tiefes Loch zu fallen. Statt einer anständigen Antwort, hangelte er sich an dem einzigen Strohhalm entlang, der ihm gerade in den Sinn kam: die Weihnachtsfeier.

„Es bleiben noch fünf Wochen.“ Er wusste, dass er mit diesem Satz Sakura aus dem Konzept brachte. Die Irritation über den Themenschwenker konnte sofort in ihrem Gesicht abgelesen werden.

„Fünf Woch…?“, begann sie, hielt aber inne und nickte. Sie schien begriffen zu haben, was er meinte. „Ja, noch fünf Wochen.“

„Und du willst wirklich nicht zur Feier?“

Das Leuchten in Sakuras Augen nahm ab und Sasuke tat es schon leid diese Frage gestellt zu haben, da reckte sie jedoch ihr Kinn vor und er bemerkte, dass er damit nur ihren Kampfwillen geweckt hatte.

„Ganz genau. Ich will nicht.“

„Hn.“

Das konnte ja noch heiter werden. Seine Mutter würde unter allen Umständen darauf bestehen, dass Sakura erschien. Selbst wenn sie dafür zu drastischen Mitteln greifen musste: wie eine Entführung. Beim Gedanken daran, schmunzelte Sasuke, aber er verwarf diesen gleich wieder. Eine richtige Lösung war es nämlich auch nicht und zudem Gesetzeswidrig.

Verdammt, fluchte er im Stillen. Warum musste Sakura ausgerechnet jetzt, und er gab es ungern zu, sein Interesse wecken? Und warum war sie immer so kompliziert? –

Überhaupt fühlte sich die gesamte Situation falsch an. Eigentlich sollte von ihm die Distanzsuche ausgehen und nicht von ihr, schließlich lief er seit Jahren allem und jeden davon. Zudem hatte er sich noch nie um jemanden weibliches gescherrt, der nicht zur Familie gehörte oder den Namen Hinata Hyuuga trug. Und jetzt, wo er es tat, war es ausgerechnet Sakura, um die sich seine Gedanken kreisten. Einfach absurd. Ausgerechnet die Frau, die den Entschluss gefasst hatte Abstand von ihm zu halten.

Das aufkommende Gefühl und die daraus resultierende Erkenntnis wirkten befremdlich; wahrscheinlich auch, weil er den vorherrschenden Zustand nicht einzuschätzen wusste.

Früher war es ein leichtes gewesen Sakuras Verhalten vorherzusehen. Sie hätte sich wie eine Schneekönigin darüber gefreut, mit ihm allein in einem Raum zu sein und ohne Punkt und Komma gequasselt – nun gut, dass hatte sie eben auch getan, aber es bedurfte einer Frage seinerseits, damit er überhaupt etwas von ihrem Leben erfuhr. Zu allem Überfluss war sie es, die den Abstand suchte und das ließ ihn ins Schleudern kommen. Es fühlte sich ungewohnt an, in der Haut des Verfolgers zu stecken …

Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und ihm lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Er war der Verfolger und sie sein erkorenes Ziel.

Kaum war der Gedanke zu Ende, breitete sich die Fassungslosigkeit in ihm wie ein Lauffeuer aus, während sein Verstand es nicht wahrhaben wollte. Interesse? Ja, … aber nicht mehr! Oder doch? –

 

Sasuke starrte auf den vor ihm stehenden kleinen Tisch. Die Erkenntnis brannte in seinen Gehirnwindungen. Das konnte doch jetzt echt nicht wahr sein; ausgerechnet Sakura. All die Jahre hatte er versucht sie zu meiden und jetzt wo sie auf die Distanz ging, wollte er sie wieder zurückhaben.

Ihm wurde klar, dass sein Verhalten, den gesamten Tag schon, darauf ausgelegt gewesen war.

 

Sasukes Gedankenwelt fiel ruckartig in sich zusammen als Sakura fragte: „Woher wusste deine Mutter eigentlich über das Bescheid, was zwischen Karin und mir passiert ist?“

Dieses Mal war er es, der sie groß ansah und er verdankte es nur seinem guten Nervengerüst, dass er rasch in sein altes stoisches Schema verfiel.

„Social Media und ich denke mal … Ino.“

„Social Media?“, japste Sakura und ihre Augen weiteten sich.

„Facebook, Instagram, Pinterest, Twitter – wahrscheinlich sämtlichen Kanäle, einschließlich WhatsApp“, zählte er auf und kramte sein Handy aus der Manteltasche. Er suchte nach den Screenshots, die er von den jeweiligen Seiten gemacht hatte.

Sakura starrte ihn indes geschockt an und verdeckte mit der rechten Hand ihren offenstehenden Mund. Ein klägliches: „Oh nein“, entfloh ihr.

Sie lehnte sich an den Sessel und wandte den Blick von ihm ab. Währenddessen erhob sich Sasuke und ging auf sie zu. Als er neben Sakura zum Stehen kam, hielt er ihr sein Handy mit den Screenshots hin.

Sakura drehte nur leicht ihren Kopf in seine Richtung. Auf ihrem Gesicht zeigte sich die Fassungslosigkeit in vollendetem Ausmaß als sie die diversen Schlagzeilen stumm las.

Eklat auf der Promi-Hochzeit – Der Brautstrauß war ein Veilchen – Bitch-Fight – Brautjungfer von weiblichen Gast ausgeknockt – Promi-Hochzeit gecrasht – Liebesdrama auf Hochzeit, die Braut vergisst Tränen …

 

Ein jammernder Laut wand sich aus Sakura heraus und sie schloss für einen Moment die Augen.

„Willst du das Video sehen?“, fragte Sasuke, zugleich versuchte er so gut wie möglich das starke Schlagen seines Herzens zu ignorieren. Mit jedem Schritt, den er auf sie zugegangen war, hatte auch die Intensität der Schläge zugenommen.

Ein kleiner Teil in ihm betete, dass Sakura nicht den Kopf hob und ihn ansah, denn zu diesem Zeitpunkt fürchtete er den Blick ihrer grünen Augen. Er fürchtete, sich nicht mehr lösen zu können.

Sakura schüttelte leicht den Kopf. „Nein, danke. Ich brauch … ich will mir nicht ansehen, wie ich Hinatas und Narutos Hochzeit gecrasht habe“, ihr Seufzen war abgrundtief weit unten im Keller angesiedelt als sie die Luft stoßartig entließ. „Und wenn meine Professoren das sehen…“

Sasuke steckte das Handy in die Hosentasche und entgegnete aus einem Reflex heraus und zum kleinen Teil auch, weil er sie aufheitern wollte: „Besser so berühmt als halbnackt. Oder?“, womit er auf seinen Eklat von vor vier Jahren anspielte als sein fast nackter Körper auf sämtlichen Seiten im Internet abgebildet war.

Zugleich beschwor er damit auch den gefürchteten Moment herbei, denn Sakura hob ihren Kopf und sah ihn an und es brauchte seine gesamte Selbstbeherrschung, um den aufkommenden Gefühlsfunken im Zaum zu halten. Für eine bessere Kontrolle konzentrierte er sich weniger auf ihren Blick und bewunderte dafür mehr das Grün.

„Beides ist schlimm“, bekam er von ihr zu hören und damit hatte sie nicht Unrecht.

 

Sasuke nahm sich die Freiheit und ließ sich auf dem Sessel, der ihr gegenüberstand, nieder. Zwischen ihnen befand sich nur der Kaffeetisch auf dem zwei der drei Magazine lagen.

Beiläufig entgegnete er: „Morgen früh wird davon nichts mehr zu lesen sein.“

Sakura runzelte die Stirn und hielt sich den Kühlakku höher, näher am Auge. „Was meinst du?“, wollte sie von ihm wissen.

Er sah sie direkt an. Seine Hände ruhten auf den Armstützen und im sachlichen Tonfall erklärte er: „Sagen wir mal, über Nacht entsteht ein Virus, der alle Seiten crasht, die darüber berichten“, noch während er sprach, wurden Sakuras Augen groß und rund. Ihr Mund öffnete sich, anscheinend wollte sie zum Sprechen ansetzen, aber sie blieb stumm. Unverrichteter Dinge schloss sie ihn wieder und konnte Sasuke nur anstarren. Er starrte zurück – und weil sie den Blick nicht abwandte, machte er sie in seiner gewohnten Art darauf aufmerksam. Zum Teil auch, weil er nicht derjenige sein wollte, der sich noch einmal die Blöße gab.

„Ich dachte, du wolltest mich nicht mehr so anstarren.“

Seine Worte zeigten umgehend Wirkung. Sakura schnappte nach Luft und senkte sofort den Blick. Es dauerte aber nur einen Herzschlag, da hob sie ihren Kopf wieder und rechtfertige sich mit einem leicht gereizten Klang in der Stimme. „Das war ein ganz anderes anstarren.“

„Starren ist starren“, entgegnete Sasuke.

Er konnte die aufkeimende Wut in ihren Augen sehen und es amüsierte ihn. Fasziniert beobachtete er, wie das helle Grün eine Nuance dunkler wurde. Er meinte zu erkennen, wie die Struktur ihrer Iris an Klarheit gewann. Gespannt wartete er auf ihre Reaktion und hob überrascht die Augenbrauen als diese in jener Form kam, dass Sakura erneut aufstand.

Sie steckte den Akku weg und sammelte zum zweiten Mal ihre Sachen zusammen, samt Kühlbox. Schnaubend rief sie: „Einen schönen Abend noch, Uchiha.“

„Wo solls hingehen?“, wollte er mit wirklichem Interesse wissen.

„Ich gehe zur Rezeption!“

„Und?“

Mit bebenden Schultern stand Sakura hoch aufgerichtet vor dem Tisch und schaute zu ihm hinunter. In der linken Hand befand sich die Kühlbox, während ihre Rechte die Schuhe an den Senkeln hielt. Unter den Armen klemmten die Broschüren.

„Ich erkläre mein Spinnenproblem und frage, ob ich ein anderes Zimmer bekommen kann.“

„Hn“, erwiderte er leise. „Da gibt es nur ein Problem.“

„Das da wäre?“

„Ausgebucht. Kein einziges freies Zimmer, außer Karin ihrs“, er konnte regelrecht dabei zusehen, wie die Abscheu auf Sakuras Gesicht Einzug hielt. Stichelnd fragte er mit unschuldiger Miene: „Willst du ernsthaft darin nächtigen?“

Ihr entkam ein unwirscher Laut. Sie presste die Lippen hart aufeinander, sodass ihre gesamte Mimik verzerrt aussah. Doch die groteske Verstellung behielt sie nur wenige Sekunden bei. Der Schmerz in ihrer Wange schien zu groß.

 

Sakura schloss für den Moment die Augen und sog die Luft durch die Nase ein. Dabei hoben sich ihre Schultern und als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Sasuke mit vorgerecktem Kinn an.

„Woher willst du wissen, dass das Hotel ausgebucht ist?“

„Naruto“, war seine prompte Antwort.

Die Stille trat in den Raum und Sakura wandte sich von ihm ab. Er fokussierte sie weiterhin und mit Sicherheit wusste sie das auch, denn ihr Blick galt stur der Sitzgruppe auf deren Sofa er vor einigen Minuten noch gesessen hatte.

„Ich hätte da einen Vorschlag.“, sagte er mir gemäßigter Stimme. Ein minimales Zucken durchlief Sakuras Körper als er mit seinem Satz die vorherrschende Ruhe störte.

Ihre Frage war ein Hauch, dennoch zu verstehen. „Der da wäre?“

„Zimmertausch. Du meins, ich deins.“

Schlagartig wurde Sakuras Gesicht rot. Sie sah ihn perplex an und flüsterte: „Bitte?“

„Ja, oder nein?“, wollte Sasuke von ihr wissen, woraufhin ihr ein verlegenes, mädchenhaftes Kichern entfloh.

Stockend entgegnete sie: „A-aber … die Spinne.“

„Ich hab nichts gegen Spinnen“, erklärte Sasuke und beobachtete wie sie die Stirn kraus zog.

Überlegte sie gerade wirklich, ob sie sein Angebot annehmen sollte? Er schmunzelte und kam zu einer weiteren Erkenntnis an diesem Tag. Hätte er diese Frage fünf Jahre früher gestellt, das ‚Ja‘ wäre ihm regelrecht entgegengeplärrt worden. Er war sich aber sicher, dass das gesamte Gespräch und diese Situation, hier im Wintergarten, vor fünf Jahren gar nicht erst stattgefunden hätten, da Sakura zum damaligen Zeitpunkt noch ganz anders drauf gewesen war – und so erwartete er ein ‚Nein‘ von ihr, wenn er ihre neues Ich richtig einschätzte.

Er wurde nicht enttäuscht.

„Nein“, sagte sie. „Ich werde zur Rezeption gehen und…“

Zum ersten Mal unterbrach Sasuke sie. „Und das Personal aufscheuchen wegen einer mickrigen Spinne.“

„Die war nicht mickrig!“, verteidigte Sakura ihr geplantes Vorhaben und wandte sich von ihm ab.

„Das ist hysterisch“, entgegnete er.

Sakura verharrte abrupt in ihrer Bewegung und drehte sich langsam zu ihm um. Sie blickte ihn böse an und hakte zischend und jede Silbe betonend nach: „Hysterisch?“

Sasuke erkannte nicht sofort auf welch dünnem Eis er plötzlich gelandet war. Ohne sich über die Konsequenzen bewusst zu sein, sagte er: „Hn. – Ja, … es ist hysterisch das Personal deswegen aufzuscheu –“

„Du nennst mich hysterisch?“, unterbrach Sakura ihn wütend. Schnaubend fuhr sie fort: „Ich sag dir was hysterisch ist, jemandem eine runterzuhauen, obwohl kein Grund dazu bestand und wenn dir meine Angst vor Spinnen zu hysterisch ist, dort ist die Tür!“

Für den Moment sprachlos, beobachtete Sasuke wie sie aufgebracht losstapfte. Zu seiner Überraschung wandte sie sich nicht um, damit sie wie angekündigt die Rezeption aufsuchen konnte, sondern steuerte das Sofa an, auf welchem er sie im Schneidersitz vorgefunden hatte.

Perplex und sich langsam darüber im Klaren werdend, was er mit seiner Wortwahl angerichtet hatte, fragte er: „Wolltest du nicht zur Rezeption?“

Ein Poltern verriet ihm, dass soeben ihre Schuhe den Weg hinab auf den Boden gefunden hatten und das Abstellen der Box verlief auch nicht lautlos.

„Die Hysterikerin hat es sich anders überlegt. Sie zieht es vor, hier zu bleiben.“

„Die gesamte Nacht?“, wollte Sasuke, erstaunt über Sakuras plötzlichen Umschwenken, wissen.

„Nein“, sagte sie mit fast übertriebenen Ernst in der Stimme. „Nur die nächsten zwei Stunden. Die restliche Zeit werde ich als weiße Dame verkleidet durch die Gänge schleichen ...“

Ruckartig wandte Sasuke sich zu Sakura um, doch die Palmwedel behinderten seine Sicht. Ihre rosa Haare nahm er nur schemenhaft zwischen dem Grün wahr. Bevor er zu einer Erwiderung ansetzen konnte, führte sie ihren Satz fort.

„… natürlich werde ich die gesamte Nacht hierbleiben. Ich werde hier nächtigen.“

„Du wirst was?“, platzte es aus Sasuke heraus. Er glaubte sich verhört zu haben. Seine Finger der rechten Hand, krallten sich um die Lehne.

„Ach, tu doch nicht so, als ob du nicht verstanden hast, was ich gesagt habe“, und nach einer kleinen Pause fragte sie: „Was machst du eigentlich noch hier?“

Sasuke zog die Brauen zusammen. „Was meinst du damit?“

Er hörte Sakura leise seufzen. „Ich dachte, ich bin dir zu hysterisch. Außerdem ist es doch gar nicht deine Art länger zu verweilen als nötig und hattest du nicht vor mit K… ach nein“, mit diesem offenen Abschluss beendete sie ihren Satz.

 

Sakura kannte ihn gut und Sasuke lehnte sich wieder in den Sessel zurück. Er konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Ihm brannte zwar die Frage auf der Zunge, was sie noch sagen wollte, aber er beließ es dabei. Er ahnte, dass ein zu tiefes Bohren womöglich Wunden aufriss, die ihnen beiden weh taten.

 

Nach einiger Zeit sagte er in die Stille hinein: „Du bist echt anstrengend, Haruno.“

Sakuras Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Bissig erwiderte sie: „Das Kompliment kann ich nur zurückgeben, Uchiha.“

Anstatt darüber das Gesicht zu verziehen, zuckten bei Sasuke die Mundwinkel leicht nach oben, während sich tief in ihm ein warmes Gefühl ausbreitete. Er sah sich im Raum um und blieb beim Samowar hängen. Seine Augenbraue hob sich und unvermittelt stand er auf.

Die Hände schob er in die Hosentaschen als er in einem fast schlendernden Gang auf die Tee-Theke zusteuerte. Wie von ihm erhofft, war das Gerät betriebsbereit und spuckte kochend heißes Wasser als er den kleinen Hebel bediente. Mit zischenden, gurgelnden Geräuschen füllte sich die Tasse unter dem Hahn und der sanfte Duft von grünem Tee stieg ihm in die Nase.

Als er zurückkehrte, konnte er in der Reflexion des Fensters sehen, dass Sakura stur auf ihre Zeitschriften hinabsah, aber nicht las. Sie lagen verschlossen auf ihrem Schoß. Er stellte die Tasse auf den kleinen Kaffeetisch vor dem Sofa ab, auf dem sein Mantel lag und kniete sich dann mit einem Bein auf das weiche Sitzpolster, um ihr die zweite Tasse mit grünem Tee über die Rückenlehnen hinweg zu überreichen.

„Nimm!“

Erschrocken wandte sich Sakura zu ihm um. Anstatt die Tasse entgegenzunehmen, sagte sie mürrisch: „Hör auf mir Befehle zu erteilen!“

„Das war kein Befehl, sondern eine Bitte“, brummte Sasuke.

„Pff“, empörte sich Sakura. „Ich habe kein Bitte dazu gehört.“

Sasuke schloss für einen Herzschlag die Augen. Warum war sie nur so anstrengend? Gut, sie war nicht so extrem, wie vor einigen Jahren aber ihre jetzige Widerspenstigkeit machte es nicht unkomplizierter, aber interessanter – und so ließ er sich dazu herab ein Bitte in seine Aufforderung einzubauen.

„Nimm! … Bitte“, wobei er es mit einem leicht knurrenden Unterton über die Lippen brachte.

Zögernd kam Sakura dem nach und er spürte die hohe Präsenz ihres Widerwillens als sie die Tasse nahm. Sie achtete penibel darauf seine Finger nicht zu berühren und als es doch geschah, zuckte sie minimal zusammen.

 

Sasuke ließ sich mit einem beschwingtem Gefühl auf dem Sofa nieder und griff nach seinem Tee. Er hatte einen Entschluss gefasst, Sakura unter keinerlei Umständen behilflich zu sein, um dem Weihnachtsfest seiner Mutter fernbleiben zu können. Ganz im Gegenteil – in den nächsten fünf Wochen würde er alles daran setzen sie auf die Feier zu bekommen; allein schon aus dem Grund, dass sie ihm noch einen anständigen Tanz schuldete. Den Tanz von vorhin, ließ er so nicht gelten. Wo auch immer sie mit ihrem Kopf gewesen war, beim nächsten Mal würde er dafür Sorge tragen, dass er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit bekam.

Ihm war bewusst, dass es vertrackt werden würde, aber er war ein Uchiha und ein Uchiha bekam immer seinen Willen.

Ino

Das unablässige Piepen eines Handyweckers riss Ino unsanft aus ihrem Schlaf. Sie tastete mit der Hand nach dem vermaledeiten Apparat und tippte mit geschlossenen Augen auf dem Display umher bis die einlullende Stille wieder vorherrschte.

Keine zwei Minuten später begann das Spiel von Neuem.

Es brauchte zehn Versuche bis Ino ein Einsehen hatte und die Augen öffnete. Katzengleich streckte sie sich in dem Bett und gab dabei ein murrend-summendes Geräusch voller Wohltat von sich, ehe sie das Handy schnappte und es mit bösen Blicken und Gedanken traktierte, während sie den Wecker endgültig zur Ruhe brachte.

Die Uhrzeit auf dem Display ließ sie stöhnen. Es war gerade mal halb neun am Morgen. Muffig, dass sie so früh schon wach sein musste, wo doch der Brunch erst gegen elf Uhr standfand, drehte sie sich auf die linke Seite, um betrübt festzustellen, dass ihre bessere Hälfte schon aufgestanden war.

Typisch! Mit Sicherheit ging er seiner Arbeit nach, die darin bestand, alle Kameras zu checken, damit auch der Brunch visuell auf einem digitalen Speichergerät und auf Fotopapier gebannt werden konnte.

 

Ino drehte sich auf den Bauch und zog das Kissen, was Sai benutzte hatte, unter das Kinn. Sein Duft haftete der Bettwäsche aus ägyptischer Baumwolle noch an und sie atmete tief durch die Nase ein, um noch für einige Minuten in ihrem nächtlichen Traum zu schwelgen.

Ein erneutes Piepen ließ sie damit aufhören und sie sah auf das Display. Dort konnte sie per WhatsApp-Vorschau eine Nachricht von Sai entdecken. Sie öffnete die App und las sich seine Mitteilung durch.

 
 

Guten Morgen meine Schöne,


 

 

Ino grinste. Immer wenn er Schöne schrieb oder sie so nannte, erinnerte es sie an die erste Begegnung mit ihm; ausgerechnet auf Narutos eskalierter Geburtstagsfeier.

Wie so oft auf einer überfüllten Party mit zu lauter Musik, zu viel Alkohol und stickiger Luft kam es hier und da unter den Gästen immer mal wieder zu kleinen Schubsern. Passierte es, wurde sich rasch mit einem knappen Sorry und dem Anflug eines Tut-mir-leid-Lächelns entschuldigt und exakt so war sie Sai begegnet.

Im Nachhinein betrachtet, wirkte das erste Kennenlernen zwischen ihnen wie eine dieser kitschigen Szenen, die so typisch waren für unzählige Teeny-Streifen aus den USA.

Im Leben nicht hatte Ino es sich vorstellen können, dass sie auf diese Art ihren jetzigen Verlobten finden würde. Wenn damals irgendjemand zu ihr gesagt hätte: „Du triffst heute Abend auf der Party deine bessere Hälfte“, ihre Antwort wäre ein ausgestreckter Mittelfinger gewesen und der eindeutig sarkastisch gemeinte Blick: Ne, is’ klar. –

Sie war in Sai hineingelaufen, er hatte sich umgedreht, während sie schon das „Sorry“, lächelnd hervorbrachte. Statt der üblichen Ist-schon-gut-Antwort, war ohne jeglichen Zusammenhang jener bestimmte Satz gefallen, der sie zum Stehen bleiben brachte und überhaupt erst den Start für diese romantische Beziehung einläutete.

„Du bist eine schöne Frau“ – obwohl sie schon viele solcher Anmachsprüche gehört hatte, fühlte sie sich in den Moment merkwürdigerweise geschmeichelt. Es hatte ihr sogar imponiert und tat es bis heute, denn aus Sais Mund klang es nicht anbiedernd – nein, er hatte es aus voller Überzeugung gesagt, weil er bis heute so für sie empfand.

In seinen Augen war sie schön, mit all ihren Höhen und Tiefen, und diese Tatsache würde ihr Herz auf ewig berühren.
 

… genieß den Brunch.

Wir sehen uns später. Sai
 

Ino seufzte. Sie liebte ihn. Sie liebte sein gewissenhaftes Handeln. Natürlich bedeutete es, dass sie manchmal allein aufwachte, weil er schon am frühen Morgen seiner Arbeit als Fotograf nachging oder an einem Auftragswerk saß …, wenn er aber schrieb, dass sie sich später noch sehen würden, dann war dies kein leeres Versprechen. Sai hielt immer sein Wort, Sai war immer zuverlässig – und dafür liebte sie ihn umso mehr.

 
 

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Am liebsten hätte Ino die Hotelzimmertür vor Rodrigos und Sakuras Nase kommentarlos zugeworfen, es ging aber nicht, denn das was sie da sah, war erschreckend. Sie blickte zu Rodrigo und in seinen Augen strahlte ihr ein Schrei nach Hilfe mit einer Intensität entgegen, die nicht zu ignorieren war. Seine gesamte Aura schien nach Beistand zu lechzen.

Ino konnte dem nichts entgegensetzen und so sagte sie: „Kommt rein“, und ließ die beiden in das Zimmer eintreten.

Sakura schlurfte wortlos an ihr vorbei und das mit Augenringen, die ihres gleichen suchten. Ihre linke Gesichtshälfte sah schon schlimm aus und anscheinend wollte die Rechte dem in nichts nachstehen. An Rodrigo gewandt, hauchte Ino: „Was ist passiert?“

 

Ein Ton der Verzweiflung brach aus Rodrigo hervor und mit festem Griff klammerte er sich Halt suchend an Inos Oberarm, während diese die Tür schloss.

„Eine Spinne!“, spuckte er aus. „Eine Spinne!“

„Eine … Spinne?“, wiederholte Ino. Sie sah ihren ehemaligen Mentor verwundert an, während sie dem Versuch nachging sich aus dem schraubstockartigen Klammergriff zu befreien; was ihr auch gelang. Beschwichtigend nahm sie seine verkrampften Hände in ihre und blickte Rodrigo eindringlich in die Augen. Ihr reichte diese Antwort nicht und so sagte sie: „Ich brauche mehr Informationen.“

Rodrigo nickte verkniffen. Er öffnete den Mund, aber ein gedämpfter Puff-Laut, als sei irgendwo im Zimmer eine riesiger Sack Reis umgefallen, ließ ihn erst gar nicht zu Wort kommen. Verwundert über das Geräusch sahen er und Ino sich an, dann gab sie mit stummer Geste zu verstehen, der Ursache auf den Grund gehen zu wollen. Erneut nickte er und folgte ihr.

Vorsichtig gingen beide weiter in den Raum hinein und sahen um die Ecke, wo das Bett stand und Sakura mit geschlossenen Augen drauf lag. Sie hatte sich einfach auf das Bett fallen lassen und dabei das Geräusch verursacht.  

Mit einem klammernden Griff hielt sie das erstbeste Kissen fest, welches sie teilweise unter den Kopf zwängte, während ihre Beine an den Körper gezogen waren, sodass sie einem viel zu großgeratenen Fötus glich.

Ino blinzelte bei dem Anblick und viele kleine Fragezeichen ploppten ungezählt in ihrem Kopf auf. Sie bedachte Rodrigo mit einem fragendem Blick und ohne ein Wort zu verlieren, packte dieses Mal sie ihn fest am Oberarm und zog ihn mit sich, hinaus auf den Hotelflur. Dort ließ sie ihn los.

Vorsichtig lehnte sie die Tür an und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was in aller Welt? Und warum die Spinne? …“, zischte sie. Bevor ihr Gegenüber antworten konnte, sprach sie schon weiter, „… Ich weiß, Sakura hat Angst vor Spinnen aber sie sieht nicht aus als sei ihr eine Kellerspinne über den Weg gelaufen, sie macht auf mich eher den Anschein, als hätte sie einen Überlebenskampf gegen aggressive Super-Spinnen in der Größe einer deutschen Dogge hinter sich.“

Es blieb einen Moment still und als Ino eine Augenbraue hob, fing Rodrigo mit Jammern an.

„Ich weiß es nicht. Ich fand sie heute Morgen … so … besser gesagt, dass Hotelpersonal fand sie komplett teilnahmslos im Gang stehend, mit ihren Discounter-Winterboots – aus der vor-vor-vorletzten Saison –, Zeitschriften über Medizin und dieser unsäglichen Kühlbox – mit einem Design wie einmal ausgekotzt – in den Händen. Zum Glück bin ich kurz darauf erschienen.“

„Wieso zum Glück?“, wollte Ino wissen und überging mit voller Absicht seine kleinen Stiche zum Thema Mode-Update.

„Hach“, seufzte er. „Das Personal hatte vor dem Brautpaar Bescheid zu geben – einfach unverantwortlich…“, und um der ganzen Sache noch mehr Nachdruck zu verleihen, wie schrecklich er diese Tatsache fand, wiederholte Rodrigo in einem empörten Tonfall: „… dem Brautpaar! – Ich hätte womöglich gar nichts erfahren, wenn ich nicht rein zufällig vorbeigekommen wäre.“

„Verstehe“, tat Ino diese Tatsache lapidar ab. „Und wo sind Sakuras Sachen jetzt?“

Sie konnte sich daran erinnern, dass von den Schuhen, der Kühlbox und Sakuras Lieblingszeitschriften weit und breit nicht zu sehen gewesen war.

„Bei mir auf dem Zimmer – in einer gesonderten Ecke. Ich kann nicht zulassen, dass diese Kühlbox auch nur in die Nähe meines Eigentums kommt. Sonst färbt das schlechte Design noch ab. Und alles nur, weil Sakura sich geweigert hat in ihr Hotelzimmer zu gehen.“

Ino legte bei der Erklärung den Kopf schief. „Wie, sie wollte nicht in ihr Zimmer? – Hat sie einen Grund genannt?“

„Hat sie! Ich zitiere sie jetzt…“, er straffte die Schultern, räusperte sich und fing an in überspitzter Manier Sakura zu imitieren, wobei er Gestiken zeigte und Tonhöhen überwand, die Ino bei Sakura im ganzen Leben noch nicht gesehen und gehört hatte, „… Nein! Spinne! Spinnenverseucht. Nein!“

„Öh“, war der einzige Laut den Ino nach dem theatralischen Schauspiel von sich geben konnte. Noch während sie verlegen lächelte und nach einer Antwort suchte, überraschte Rodrigo sie abermals. Er packte sie erneut und griff dieses Mal an beide Oberarme, um sie leicht durchzuschütteln, als ob er von der Hoffnung getrieben davon ausging, sie würde seine jetzige Situation so besser verstehen.

Empört zischte Ino ihn an.

„Rodrigo! …“, doch ihre nachfolgenden Ermahnungen blieben ihr im Hals stecken. In den Augen ihres Gegenübers konnte sie der puren Panik entgegenblicken. Diese strahlte so deutlich, dass Ino das Gefühl bekam, je länger der Augenkontakt anhielt, desto höher würde die Wahrscheinlichkeit werden, jeden Moment Rodrigos gesamte Gefühlswelt samt Gedanken offenbart zu bekommen.

Seine Stimme zitterte leicht als er zu ihr sagte: „Ino, in nicht einmal anderthalb Stunden ist der Brunch…“, dabei sah er ruckartig zu Tür und starrte diese mit einer Vehemenz an, dass Ino schon glaubte, er könnte durch Wände und Türen blicken, „… und sie sieht aus als wäre sie mit einem Zombie fusioniert. So viel Glitter habe ich nicht vor Ort, um das zu kaschieren.“ – Das überraschte Ino nun doch, wo der Mann doch ohne Glitzer und Flitter nicht leben konnte.

Seinen Verdacht, ein Zombie sei an Sakuras Aussehen schuld, teilte sie nicht. Ino wusste wie Sakura aussah, sobald ein Zombie ins Spiel kam und nach einer Zombiefusionierung sah ihre beste Freundin auch nicht aus. Alles was ihr zu fehlen schien, war Schlaf und davon eine große Menge. Entsprechend fiel ihre Antwort aus.

„Ich glaube, ihr fehlt einfach nur der Schlaf.“

„Schlaf?“, widerholte Rodrigo, als ob Schlaf keinerlei Bedeutung besaß. Ino ließ sich davon nicht abschrecken und antwortete nur mit einem braven: „Ja.“

„A-aber…“, begann Rodrigo stammelnd und brachte weiterhin nur einen jammernden Tonfall hervor, „… der Brunch. Er ist…“

„In anderthalb Stunden, sagst du?“, unterbrach sie ihn.

„Ja~ha.“

Ino nickte verstehend und schlug einen: „Powernap“, vor. Ihr Gegenüber stotterte, sodass sie sich ihm erklärte.

„Wir lassen sie dreißig Minuten schlafen, danach bekommt sie einen Kaffee und ich geh dann mit ihr eine Runde vor die Tür, damit sie frische Luft und Tageslicht tanken kann.“

„Aber … ich muss euch zurecht machen!“, warf Rodrigo ein.

„Keine Sorge“, beschwichtigte Ino ihn mit einem Lächeln. „Während Sakura ihren Powernap hält, kannst du ja mit mir anfangen und sobald sie ihren Kaffee bekommt oder ihren Tee und draußen an der frischen Luft war, ist sie dann dran. – In der Zeit kannst du dich um Hanabi kümmern.“

„Hanabi ist einfach zu händeln. Da ist meine Assistentin dran. Aber bei Sakura … ihre Haare sind ungewaschen! Und die Prozedur braucht seine Zeit, schließlich muss die Haarkur richtig einwirken und …“

Erneut unterbrach Ino ihn. „Das sie ungewaschen sind, werden wir alle überleben.“

Sie lächelte und hoffte, dass dem auch so sein würde.

 
 

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„Isch will nisch“, nuschelte Sakura in das Kissen hinein und entzog Ino die Schulter.

„Sakura“, seufzte Ino. „Komm, bitte!“

„Ne~ein.“

„Nur der Brunch und danach kannst du dich sofort in diesem Bett wieder verkriechen“, bot Ino hoffend darauf an, dass sie Sakura damit ködern konnte.

Zuerst geschah nichts, doch dann drehte sich ihre Freundin um und glich einem Bild des jammernden Mitleids. Seufzend ließ Ino sich neben Sakura auf dem Bett nieder und betrachtete sie kritisch.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, meine Liebe, würde ich sagen, du hast die gesamte Nacht Party gemacht.“

Sakura schloss die Augen und hauchte: „Schlimmer.“

„Was ist schlimmer als…“, Ino hielt inne. Ihr Gesicht verzog sich zu einer erstaunten Miene und vorsichtig, mit jeder Menge Fassungslosigkeit und einem Hauch freudiger Erwartung, fragte sie: „Hattest du Sex? Wie? Wo? Mit wem? ...“

Schlagartig öffnete Sakura die Augen und schien mit einmal hellwach. Sie richtete sich auf und die Worte schossen aus ihr heraus: „Wie kommst du darauf? – Natürlich nicht!“

„Okay, okay!“, erwiderte Ino und zeigte mit ihren Händen eine beschwichtigende Geste.

 

Obwohl der Drang genaueres zu erfahren in Ino riesig war, sprach sie keine ihrer drängenden Fragen aus, stattdessen sagte sie: „Jetzt, wo du so schön sitzt, hier, dein Kaffee … und danach, ziehst du dich an und wir gehen eine Runde raus.“

„Was? Warum? Warum Kaffee? Warum rausgehen?“ Mit großen Augen wurde Ino von Sakura angesehen.

„Damit du wie der strahlende Frühling beim Brunch aussiehst. – Momentan machst du nämlich eher den Eindruck eines Pessimisten mit depressiver Hauptschlagader, und das Vogelnest auf deinem Kopf macht die Sache nicht schöner. Ich erinnere dich nur ungern, aber du bist auf der Hochzeit, auf der Hochzeit...“

Auf Sakuras Gesicht erschien ein Ausdruck der Erkenntnis. Ein: „Ah~ja“, entkam ihr und leise nuschelnd entgegnete sie: „Schon gut, ich hab’s verstanden. – Her mit dem Gebräu. Wie lange dauert eigentlich der Brunch?“

Ino reichte Sakura den Kaffee. Diese nahm ihn entgegen und starrte auf die dunkle Oberfläche.

„Gegen zwei Uhr mittags starten die zwei in die Flitterwochen. Danach oder vielleicht auch schon früher, kannst du dich in deinem traumhaften Erholungsschlaf verabschieden.“

„Mir würde es schon reichen, das Land des Schlafes zu erreichen. Die Welt der Träume kann gerne wegbleiben“, murmelte Sakura brummend.

„Ui“, entgegnete Ino überrascht. „Dir hat mehr als nur eine Spinne die Nacht verhagelt, nicht wahr?“

Während Sakura den ersten Schluck schlürfend zu sich nahm, bejahte sie die Frage.

„Darf ich auch erfahren, wer oder was?“

„Eine zweite, noch viel größere und fettere Spinne.“

Ein langsames: „O-kay“, entfloh Ino und sie sah beeindruckt drein. „Wie groß war denn die erste Spinne, dass die zweite solch dimensionales Differenzen aufweist.“

„Die erste war eine Kellerspinne.“

„Uh … ieh. Uah.“ Bei der Vorstellung an das Krabbeltier wurde Ino von einem Schauder erfasst. Sie schüttelte sich kurz und fragte zögerlich, weil sie die Antwort eigentlich nicht wirklich wissen wollte: „Und wo ist jetzt die Zweite?“

„Um die kümmert sich dieser kleine Assistent.“

„Welcher kleine Assistent?“

„Na, der Kleine mit den Wuschellocken.“

„Ach … der? Echt? – Respekt, hätte ich dem Jungen gar nicht zugetraut. Was macht er mit ihr? Bringt er sie raus oder wurde schon der Kammerjäger gerufen?“

Sakura schüttelte den Kopf. „Für die Art von Spinne braucht es mehr als nur einen Kammerjäger.“

„Mach mir keine Angst!“ In Inos Stimme schwang die Panik auf einmal mit, während es bei ihr zum Kopfkino kam. Sie sah eine Tarantel vor sich, doppelt so groß wie ihre Artgenossen, die im Gang umherspazierte und jeden anfiel, der auch nur in ihre Nähe kam. Automatisch wurde bei diesem Gedanken eine Erinnerung an einen Horrorfilm aktiviert, in denen Taranteln die Hauptakteure gewesen waren. Die Krabbeltiere hatten eine ganze Ortschaft samt Mensch und Tier eingewebt und verspeist.

Sofort wurde ihr Körper von einem erneuten Schauder erfasst und sie zitterte wie ein junger Hund.

Mit brüchiger Stimme fragte Ino: „Bist du dir sicher, dass er damit zurechtkommt?“

„Ja. Absolut“, und als ob es das normalste der Welt sei für eine Spinne, erklärte Sakura: „Die Spinne hat übrigens einen Namen.“

„Ja, natürlich“, lachte Ino, verwundert über die Aussage. „Jedes Ding, Tier und jede Pflanze hat einen Namen, der sie auszeichnet und wodurch jeder weiß, was gemeint ist.“

„Das mein ich nicht. Ich rede von einem Rufnamen“, erwiderte Sakura.

„Warte! Die Spinne hat einen richtigen Namen?“ Ino spürte das Entsetzen in ihr Aufsteigen und wie es ihr langsam die Kehle abschnürte.

„Ja.“

„Hast du ihr einen Namen gegeben oder war das der Assistent?“, hauchte Ino bestürzt und mit vollem Unverständnis darüber, wie Sakura nur so ruhig bleiben konnte.

„Weder noch“, erklärte diese. „Den Namen hatte sie schon vorher.“

„Von wem?“

„Von einem Elternteil. Frag mich aber jetzt nicht welches.“

Die Aussage hallte einen Moment lang im Raum nach und schwebte vor Inos geistigem Auge wie eine reißerische Reklameschrift in der Luft. Sie blinzelte bis der Schriftzug verschwand. Mit einmal kam ihr das Gespräch, zumindest die letzte Etappe, sehr merkwürdig vor und das lag nicht an Sakuras monotoner Stimme; die gehörte zu den Auswirkungen des Schlafmangels.

Was Ino stutzig werden ließ, war das ruhige Auftreten von Sakura beim Thema Spinne und so dachte sie scharf darüber nach, wo im Gespräch ihre Fantasie falsch abgebogen war. Sie kam zu dem Schluss, dass Sakura bei einer riesigen Tarantel die Erste gewesen wäre, welche die Flucht aus dem Hotel ergriffen und mit Sicherheit, während des Flüchtens, dem Hotelpersonal eine Warnung hätte zukommen lassen.

Ino wurde sich bewusst, dass sie von Anfang an der falschen Spur nachging. Neugierig geworden, fragte sie: „Wie heißt denn die Spinne?“

„Uchiha. Sasuke Uchiha.

Sakura

„Schau nicht so“, murmelte Sakura in die Kaffeetasse hinein. Sie hörte wie Ino tief Luft holte und dann vernahm sich auch schon deren stockende Frage.

„Willst du … willst du … also, willst du damit sagen, … dass du … die Nacht … mit ihm verbracht hast?“

In Sakuras Ohren klangen die Worte weitaus amouröser als die Wirklichkeit gewesen war und ihr lag auch schon ein ‚Nein‘ auf der Zunge, doch ihr innerer Hang zur Wahrheit sträubte sich gegen eine Lüge wie diese, nur weil in der Frage eine Zweideutigkeit steckte.

Obwohl nichts Zweideutiges passiert war, sah sie verlegen am Kaffee vorbei und auf die Bettdecke hinab als ihr das heißer gewisperte: „Ja“, über die Lippen kam.

„Nein!“, platzte es, Sakuras Geschmack nach, ein wenig zu enthusiastisch aus Ino heraus. „Nicht wahr? – Die gesamte Nacht?“

Bevor ihre Freundin auf Gedanken kommen konnte, die ein weiteres Mal eine falsche Richtung einschlugen, unterbrach Sakura die aufkommende Euphorie.

„Ino, bitte! Nicht die gesamte Nacht und … es ist nicht so, wie du … es glaubst…“

„Ach, was glaubst du denn zu wissen, was ich glaube?“, unterbrach Ino sie spitz.

Sakura grummelte ergeben und sah vom Bett auf. Sie nippte am Kaffee und erwiderte lahm: „Woher soll ich denn wissen, was in deinem Kopf abgeht.“

„Siehst du“, erwiderte Ino erhobenen Hauptes, gab dann aber mit einem Lächeln zu: „Du hast schon recht mit deiner Vermutung“, ehe sie seufzte und nachdenklich entgegnete: „Deiner Reaktion nach zu schließen, muss das eine wirklich schreckliche Nacht gewesen sein. Seid ihr euch wenigstens etwas – ein minimales kleines bisschen – näher gekommen?“ Bei dieser Frage deutete Ino mit Daumen und Zeigefinger einen schmalen Abstand an.

Sakura verzog kurzzeitig das Gesicht und zwischen ihren zusammengezogenen Brauen zeigte sich eine senkrechte Falte, ehe das Pochen an ihrer Wange zu unangenehm wurde und sie wieder neutraler dreinschauen musste.

„Eher das Gegenteil“, brummte sie. „Er und Karin haben sich wirklich verdient.“

Erstaunt über die Worte nahm Ino eine aufrechtere Sitzhaltung ein und forderte: „Details bitte!“

„Ernsthaft?“, hakte Sakura blinzelnd nach. Sie hatte keinerlei Ambitionen näher auf die Geschehnisse der Nacht einzugehen. Zu schwer wog der Stein auf ihrem Herzen und die Tatsache, dass sie eine schreckliche, egoistische Freundin war. Ausgerechnet der Uchiha hatte sie darauf hingewiesen.

Inos vehemente Aufforderung nach mehr, ließ Sakura abgrundtief Seufzen. Sie hörte ihre Freundin sagen: „Ja~ha! Denn wenn dem so wäre, frage ich mich, warum Karin so sauer auf dich gewesen ist, … oder noch immer ist … und weshalb ist der dann nicht mit ihr mitgegangen als sie der Feier verwiesen wurde. Ich mein, wenn die beiden sich so ähnlich sind, dann … du weißt schon.“

Mit zuckenden Schultern entgegnete Sakura: „Was weiß ich, was in seinem Schädel vorgeht … wahrscheinlich ist ihm gerade noch rechtzeitig eingefallen, dass er Narutos Best Man ist und somit nicht einfach verschwinden kann – und weil seine Fickmöglichkeit wegen ihrer Doofheit rausgeschmissen wurde und wir zwei leider beteiligt waren und ich danach zufälligerweise ihm über den Weg laufen musste, hat er die Möglichkeit genutzt Karins Werk fortzusetzen.“

„Sakura!“, kam es mahnend von Ino, die ein übertrieben geschocktes Gesicht machte. „Fickmöglichkeit? Meine Liebe, von dir hätte ich solch einen Wortschatz nicht erwartet.“

„Ach komm Ino, wie würdest du Karin in Bezug auf Sasuke bezeichnen?“

„Auch wieder wahr“, gab Ino zu. „Wo seid ihr beide eigentlich aufeinander getroffen?“

Bei dieser Frage verzog Sakura erneut das Gesicht, da es bedeutete, dass sie um eine ausschweifende Antwort nicht drumherum kam – nicht bei einer Gesprächspartnerin wie Ino – und dabei hatte sie keinerlei Ambition ausschweifend zu werden, sie fühlte sich dafür einfach zu müde, zu ausgelaugt und außerdem schmerzte ihre Wange.

Um knapp, aber informativ genug zu sein, legte sie sich in Gedanken ihre Worte zurecht.

„Es passierte im Wintergarten, während er mit seiner Mutter telefonierte. Wir hätten uns gar nicht bemerkt, beziehungsweise, er hätte mich nicht bemerkt, aber seine Mutter wollte mit mir sprechen.“

„Das Hotel hat einen Wintergarten? Und seine Mutter wollte mit dir sprechen?“, Ino schien überrascht.

„Ja, und … ja“, bestätigte Sakura und nippte erneut an dem langsam abkühlenden Kaffee. Sie bemerkte wie ihre Freundin sie fragend ansah.

„Jetzt versteh ich dich aber nicht. Wieso bist du in den Wintergarten gegangen, wenn du ihn dort gesehen hast? – Und wo ist dieser Wintergarten?“

„Er war nicht im Wintergarten“, erklärte Sakura. „Der Raum war leer als ich ihn betrat. Er hat draußen, im Freien, telefoniert und ich musste ihm dann die Terrassentür öffnen, weil sie von außen nur mit einem Knauf versehen war und er nicht um das halbe Gebäude zum Eingang laufen wollte.“

„So ein Schuft“, kommentierte Ino und zeigte dabei ein verschmitztes Lächeln. „Aber was hat er getan, dass du ihn mit Karin auf eine Stufe stellst?“

„Kann ich erst den Kaffee austrinken?“, bat Sakura, die ihre Tasse, ohne einen Schluck genommen zu haben, von den Lippen nahm und sehnsüchtig auf das dunkle Gebräu sah.

„Einverstanden. Aber nur unter der Bedingung, dass du mir während des Spaziergangs alles erzählst, ohne dass ich dir jede Einzelheit aus der Nase ziehen muss.“

„Muss das sein?“, wollte Sakura kleinlaut wissen. Sie spürte, wie der Druck um ihr Herz zunahm und ein unwohles Gefühl in ihrer Magengegend aufkam.

„Kaffee oder nicht Kaffee, das ist hier die Frage“, entgegnete Ino. Daraufhin erklang von Sakura die seufzend, genuschelte Antwort: „Kaffee.“

 
 

*

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*

 

 

„Also, seine Mutter hat dich zur Uchiha-Weihnachtsfeier eingeladen?“

Sakura gab einen brummenden Laut von sich, ehe sie schnaubend antwortete: „Ja, wegen dem Förderprojekt. Aber nenn es nicht Feier, das Ganze hat Ausmaße einer Gala.“

„Das stellt dich vor ein Problem“, erwiderte Ino, worauf Sakura abrupt stehen blieb und ihre beste Freundin verwundert ansah. Sie ignorierte den eisigen Wind, der am Mantel und den Haaren zog.

„Was meinst du damit?“, wollte sie wissen.

Ino sah nachdenklich aus und erklärte: „Bei einer Feier kannst du allein erschein, aber wenn es eine Gala ist, brauchst du auf jeden Fall eine Begleitung.“

„Bitte?“, entfuhr es Sakura entgeistert. „Eine Begleitung? Aber davon hat Mikoto nichts gesagt. Und…und…“

„Beruhig dich und mach dir mal keinen Stress“, unterbrach Ino sie und lächelte, während sie Sakuras Entsetzen übersah. „Wenn es eine Gala wäre, hätte Mikoto auf jeden Fall, akkurat wie sie ist, darauf hingewiesen und da sie das nicht getan hat, wird es eine Feier sein. Eine große Feier, weil es eine Uchiha-Feier ist, aber ohne dieses roter Teppich-Paparazzi-Prozedere.“

Sakura verwirrte diese Aussage nur noch mehr. „Rotes Teppich-Paparazzi-Prozedere? Und warum darf man auf einer Gala nicht allein erscheinen?“

„Ach Süße“, amüsierte sich Ino. „Du musst mehr die Regenbogenpresse lesen statt deine wissenschaftlichen Zeitschriften, dann weißt du, wo der Unterschied liegt. Eine Feier ist etwas privates, da sind keine Journalisten und Paparazzi erlaubt und bei einer Feier wird auch kein großes Aufheben um die Gäste gemacht. Sie kommen, gehen rein und gut ist…“, Sakura nickte und blinzelte, immer wieder aufs Neue darüber erstaunt, wie gut Ino sich bei so etwas auskannte, „… eine Gala hingegen wird veranstaltet, um gesehen zu werden, um in die Klatschzeitschriften dieser Welt zu gelangen. Da gehört es zum guten Tun mindestens eine weitere Person an der Hand mitzuführen. Wer als Begleitung mitkommt ist egal, Hauptsache nicht allein. Allein wirkt, als ob du sagen willst, ich bin da, aber desinteressiert und deshalb bin ich gleich wieder weg.“

„Moment“, unterbrach Sakura. „Heißt das, es ist nicht wichtig wen ich mitbringe? Ich könnte also …“

„Ganz genau, du könntest Hinz und Kunz mitbringen. Und weißt du was“, Ino lächelte, „ich hätte mich mit Sai freiwillig zur Verfügung gestellt.“

„Danke. Aber glaubst du nicht, dass Sai lieber daheim in seinem Atelier bleiben würde?“, gab Sakura zu bedenken und konnte sehen wie Ino leidlich nickte.

„Das ist wahr, so etwas ist nicht seine Welt, aber er wäre trotzdem mitgegangen. Denn eine Gala bedeutet, es fließt Geld, um das zu finanzieren weswegen die Gala abgehalten wird aber auch um neue Projekte anzuleiern oder neue Aufträge ans Land zu ziehen und Künstler sind bei solchen Veranstaltungen ein beliebtes Gesprächsthema und beliebte Gesprächspartner.“

Irritiert zog Sakura die Augenbrauen zusammen. „Läuft es denn nicht gut bei ihm?“

„Was?“ Perplex wurde sie von Ino angesehen, aber im nächsten Moment lachte diese und tätschelte Sakuras Arm, mit dem sie sich bei ihrer Freundin eingehakt hatte.

„Bei ihm läufts super“, entgegnete Ino.

„Aber, warum…“

„Oh, Sakura“, unterbrach Ino sie. „Das war doch nur ein Beispiel. Also manchmal frag ich mich ernsthaft, ob dein ganzes Lernen und Studieren und Getue und Gemache für deinen Traumjob so gut für dich ist.“

Sakura ging nicht auf die Spitze ein, sondern erwiderte stattdessen: „Du sagst mir aber, wenn ihr berufliche Probleme habt.“

„Nur Berufliche? Was ist mit den Zwischenmenschlichen?“, wollte Ino neckisch wissen, woraufhin sie ihren Namen mahnend von Sakura zu hören bekam.

„Ino!“

„Schon gut, schon gut. Ja, ich werde dir alles beichten, aber momentan gibt es nichts zu beichten und da du nicht auf die zwischenmenschlichen Dinge erpicht bist, lasse ich aus wie wunderbar Sai im …“, die nachfolgenden Worte kamen nicht mehr bei Sakura an, denn diese hatte sich von Ino gelöst und die Finger in die Ohren gesteckt. Erst als sie ihre Freundin lachen sah, hakte sie sich wieder bei ihr unter.

 

Langsam gingen beide auf dem frischen Pfad durch den Schnee zurück, den sie wenigen Minuten zuvor selbst gezogen hatten und Sakura bemerkte an Inos verstohlenem Blick, dass sie jetzt nicht mehr um die Antwort drumherum kam, deren Frage deutlich in Inos Augen stand als diese zur ihr sah.

Schwer sog Sakura die Luft ein und konzentrierte sich auf das glitzernde Weiß ehe sie zu sprechen begann.

„Ich weiß nicht, ob es der Auslöser war aber …“, sie unterbrach sich und biss sich auf die Lippe.

„Was hast du getan?“ Die Frage wog schwer in der klaren Morgenluft und ließ Sakuras Magen rebellieren.

„Ich … er…“, Sakura raufte sich das Haar und bemerkte erst jetzt, dass sie ihre Kapuze nicht aufgesetzt hatte. Kein Wunder, dass ihre Ohren vor Kälte brannten. Jetzt war es aber auch schon zu spät und statt sich um ihr körperliches Wohl zu kümmern, wollte sie endlich diese verdammte Antwort über ihre Lippen bringen.

„Nachdem ich ihm sein Handy zurückgegeben habe, hätte er keinerlei Grund mehr gehabt im Wintergarten zu bleiben. Aber ich dumme Nuss musste ihn ja eine Frage stellen.“

„Ob er mit Karin zusammen ist?“

„Was?“, verwundert über diesen Einwurf starrte Sakura zu Ino, die grinste und daraufhin meinte: „Das war ein Scherz, aber du bist so angespannt als hättest du einen Besen verschluckt und einen weiteren Besenstiel im Arsch.“

„Danke“, murrte Sakura, worauf Ino flötend erwiderte: „Immer wieder gern geschehen – und nun weiter im Text.“

 

Sie liefen noch einige Schritte stumm nebeneinander, bevor Sakura erneut bedeutungsschwer Luft holte.

„Die Frage war nicht, ob er mir Karin zusammen ist. Sondern, ob er mir helfen kann, nicht auf die Weihnachtsfeier seiner Mutter gehen zu müssen, ohne dass ich sie dabei verprelle.“

Das Ino mit ihrer nachfolgenden Frage nicht darauf einging, weshalb Sakura nicht zur der Feier gehen wollte, zeigte nur wie gut sich die beiden kannten. Ihre beste Freundin wusste den Grund des Bogens, den Sakura stets um solche Veranstaltungen zog.

„Und?“

„Er fing damit an, dass Hinata und Naruto auch da sein würden.“

„Echt? Sind die beiden da schon aus den Flitterwochen zurück?“ Es klang, als würde Ino die Frage mehr sich selbst als Sakura stellen. Zumindest war das Sakuras Eindruck. Trotzdem gab sie die Antwort. „Ja, sind sie. Ihre einmal um die Welt-Hochzeitsreise dauert exakt vier Wochen und in fünf ist die Feier.“

„Stimmt – und, war das schon alles oder kommt da noch mehr, bei dir und Sasuke?“

Sakura biss sich auf die Unterlippe und bereute es gleich wieder als der stechende Schmerz sie an den vergangenen Tag erinnerte. Doofe Karin.

„Anstatt auf meine Bitte oder Frage genauer einzugehen, mit einem Ja oder einem Nein, wollte er wissen, weshalb ich im Wintergarten sitze.“

„Hast du ihm den wahren Grund genannt?“

Grummelig bestätigte Sakura die Frage. „Hab ich. Und als ich wieder auf meine Bitte zurückkam, hat er stattdessen von mir wissen wollen, ob ich die Einladung annehmen würde, wenn sie von ihm käme.“

„Nein! Das hat er gefragt?“

„Wenn ich’s dir doch sage.“

„Und was hast du geantwortet?“, wollte Ino wissen und schien dabei gespannt wie ein Flitzebogen zu sein.

„Natürlich Nein, und dann…“, nun überlegte Sakura gut, ob sie ihrer Freundin auch von der Entschuldigung zu ihrem früheren Verhalten erzählen sollte, die sie an Sasuke herangetragen hatte. Sie entschied sich dagegen und sagte im empörten Ton: „… hat er mir doch tatsächlich unterstellt, ich würde noch etwas für ihn empfinden.“

„Was du doch auch tust.“

„Ino!“, zischte Sakura, doch im gleichen Atemzug seufzte sie: „Du hast ja recht, es stimmt. Aber ich kann doch nicht sagen: Oh ja, es macht mich noch immer wuschig, wenn du mich so direkt ansiehst und wir nur durch zwei Couchlehnen voneinander getrennt sind.“

Sie hörte ihre Freundin lachen. „Was wohl passiert wäre, wenn du ihm genau das gesagt hättest?“

„Was wohl? – Hätte ich es doch nur gemacht, dann wäre er sofort geflüchtet“, entgegnete Sakura, woraufhin das Lachen noch heller wurde.

„Oh, Sakura! Das ist eine Option, aber es wäre auch möglich gewesen …“, und bei den nachfolgenden Worten sah Ino sie verschmitzt an, „…, dass er gesagt: Hn, wenn das so ist, lass dich küssen.“

Jetzt musste auch Sakura schmunzeln. „Sicherlich wäre ihm nie der Satz: Hn, wenn das so ist, lass dich küssen, rausgerutscht.“

„Stimmt. Er hätte gesagt: Hn, und dich dann geküsst.“

„Was hast du mit dem Küssen?“, wollte Sakura wissen, während sie sich ihre Wange hielt, die wegen ihres ruckartigen Lächelns schmerzhaft zu pochen begann.

„Was soll er denn sonst tun? Sich brav zu dir setzen, deine Hand halten und über Gefühle sprechen? Ich mein, wir reden hier von Sasuke Uchiha. Wenn er nicht gerade vom Alkohol beschwatzt wird seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen – im wahrsten Sinne des Wortes – dann besitzt selbst Shikamaru in verbaler Form mehr Gefühlsduselei“, und bevor Sakura etwas erwidern konnte, kam von Ino die noch immer offene Frage: „Was hat er denn nun getan, dass die Nacht so schrecklich war?“

„Er …“, Sakura seufzte und sog tief die Luft ein, wobei der eisige Hauch in ihren Atemwegen und in den Lungen stach. „Er … war nervig.“

„Was?“

„Er war nervig, Ino. Er hat mich nicht in Ruhe gelassen.“ Kaum waren die Worte draußen, sprudelte Sakura los. „Nachdem er mir unterstellte, was natürlich und leider der Wahrheit entspricht, noch immer Gefühle für ihn zu haben, wollte ich, dass er mich in Ruhe lässt. Ich hab sogar meinen Sitzplatz gewechselt, aber er hat es mir gleichgetan und sich mir gegenübergesetzt und dann besitzt er die Frechheit mir zu sagen, ich soll ihn nicht anstarren…“, Sakura holte Luft und schnaubte empört: „… wo soll ich denn bitteschön sonst hinschauen, er saß mir direkt gegenüber.“ Sie fuhr fort, bevor Ino etwas sagen konnte. „Ich wollte dann zu Rezeption, in der Hoffnung, dass die mir ein anderes Zimmer geben, da meinte er aber, es sei alles ausgebucht und das einzige freie Zimmer, sei das von Karin.“

„Uh, ich hoffe, du hast abgelehnt.“

„Hab ich. Er hat mir dann seins angeboten.“

„Was? Seins? Sein Zimmer?“ Ino sah Sakura mit Unglauben im Blick an.

„Ja“, erklärte Sakura unwirsch mit dem Willen so schnell wie möglich diesen Punkt zu übergehen. Sie schimpfte sich selbst eine dumme Nuss, weil sie das Angebot erwähnt hatte.

„Hast du’s angenommen?“

„Natürlich nicht.“

„Sakura, das war die Chance!“

„Was für eine Chance?“, wollte sie von Ino wissen, die nun stehengeblieben war und sie fassungslos der Ablehnung wegen anstarrte.

„Argh!“, entkam es ihrer Freundin. „Du hättest Ja sagen sollen.“

„Und ihn somit die Bestätigung geben, dass ich noch was für ihn empfinde? Sicherlich nicht. Weißt du was das für einen Rattenschwanz gegeben hätte, wenn ich darauf eingegangen wäre?“

„Was meinst du damit?“, wollte Ino nun ihrerseits verwundert wissen.

„Er hätte mir das auf ewig vorgehalten – bei jeder erdenklichen Situation, dass er wegen mir in einem Zimmer schlafen musste, wo eine Spinne seinen wohlbetuchten Schlaf gestört hat und dass ich zwar geleugnet habe, noch etwas für ihn zu empfinden aber dann wie ein Fisch, der den fetten Wurm sieht, zugeschnappt habe. – Aber nicht mit mir, Ino. Nicht mit mir!“ Und mit diesen Worten hakte Sakura sich aus und lief allein zum Hotel zurück.

Sie hörte, wie ihre Freundin rasch nacheilte.

„Willst du damit sagen, er wollte einen Zimmertausch? Ich meine, du seins und er deins?“

„Ja“, bestätigte Sakura und drehte sich zu Ino. „Und als ich dann das Angebot ausschlug und die Idee hatte, ob das Hotelpersonal die Spinne nicht einfangen könnte, meinte er, meine Angst vor Spinnen sei hysterisch.“

„Er nannte dich hysterisch, weil du an Arachnophobie leidest?“

„Ja!“, bestätigte Sakura erneut und lief weiter. „Und er nannte mich anstrengend und zu guter Letzt...“, sie blieb erneut stehen und drehte sich so abrupt zu Ino um, dass diese durch den Tempowechsel auf dem breitgetretenem Schnee ins Rutschen kam, „… war er der Meinung, er könnte mir Befehle erteilen.“

„Was hat er dir denn befehlen wollen?“

„Das ich einen Tee nehme und ihn trinke“, murmelte Sakura kleinlaut.

„Und hast du?“

„Erst als ich ihm ein Bitte abringen konnte.“

 

Kurz bevor die beiden den Eingangsbereich des Hotels erreichten, wagte Ino noch eine Frage zu stellen. „Und das war der Grund, weshalb du so fertig heute früh warst?“

Sakura blieb auf den ersten Treppenstufen, die zur Eingangstür hinaufführten, stehen und seufzte. Sie drehte ihrer Freundin den Rücken zu und sah über die weiße Landschaft hinweg, die so frisch und rein, regelrecht unberührt wild wirkte. Einfach einladend, um ihr entgegenzulaufen, durchzulaufen und einfach zu laufen bis die Zivilisation die Reinheit zunichtemachte und sie irgendwo im nirgendwo auf einer Straße stand oder in einem Dorf, einem Ort, einer Stadt – am besten vor ihrer eignen Wohnungstür.

Der Gedanke, einfach loszulaufen, der Antwort auf diese erdrückende Frage zu entfliehen, war verlockend und schien ein guter Plan zu sein – aber mitten im Winter? Nicht gerade ein Hoch auf die Gesundheit, außerdem gehörte Sakura nicht zu den Menschen, die vor den Fragen guter Freunde davonliefen und schon gar nicht, wenn es die beste Freundin war und so sagte sie: „Nein, deswegen nicht“, langsam wandte sie sich Ino zu. „Mein Plan war trotz seiner Anwesenheit meine Zeitschriften zu lesen und interessante Stellen zu markieren…“

„Und was hat dich davon abgehalten?“

„Seine ewigen Sticheleien.“

„Sticheleien?“, wiederholte Ino verwundert.

„Ja“, piepste Sakura mit einer ungewöhnlich hohen Tonlage und ihre Unterlippe bebte. „Er fragte, ob mir denn nicht aufgefallen sei, dass die Farbe meiner Haare sich mit der des Brautjungfernkleides beißt. Er meinte, Hinata hätte sicherlich eine andere Farbmöglichkeit für uns Brautjungfern gefunden, ich hätte sie nur darauf hinweisen müssen…“, ihre Stimme wurde mit jedem Wort brüchiger, „… dann hat er mich wissen lassen, dass ich mich einfach nur hätte wegducken müssen als Karin die Faust hat sprechen lassen.“

„Nein, das hat er nicht gesagt…“, hauchte Ino fassungslos. Sie wollte Sakura sofort beschwichtigen. Ihr sagen, dass die Farbe des Kleides wunderbar mit dem Rosa ihrer Haare harmonisierte und dass es keine Möglichkeit gegeben hatte, rechtzeitig zu reagieren, was Karin anging. Aber sie kam nicht dazu, denn Sakura zählte die anderen Gemeinheiten auf.

„Und der Höhepunkt von dem Ganzen war…“, und nun glitzerten Sakuras Augen und das Grün wirkte befremdlich verwaschen, „… er hat mir vorgeworfen, dass mir Hinatas und Narutos Hochzeit egal sei. Schließlich bin ich gegangen, ohne den Wurf des Brautstraußes abzuwarten.“

„Sakura“, atmete Ino, aber da war schon alles zu spät. Die Tränen rannten Sakura über die Wangen und sammelten sich an ihrem Kinn und durch die bebenden Lippen konnte nur ein: „Ich bin so egoistisch“, herausgehört werden.

„Nein, das bist du nicht!“, widersprach Ino vehement. Sie zog Sakura in eine Umarmung und strich ihr über den Kopf. Nah an ihrem Ohr hörte sie die wimmernden Laute: „Ich hab wirklich nicht mehr daran gedacht, sonst hätte ich sicherlich noch bis zum Wurf des Brautstraußes durchgehalten.“

Sakura löste sich von Ino und sah diese heftig blinzelnd an. Ihre Nase verfärbte sich von der heftigen Reaktion rot. „Es tut mir leid …, dass ich unseren Plan vergessen habe.“

„Das ist doch egal!“, erwiderte Ino.

„Nein, ist es nicht!“, widersprach Sakura weinerlich und fuhr schluchzend fort: „Ich wollte … doch genauso wie du, … dass du den Strauß fängst. … Ich hab mir schon Tage vorher überlegt, … wie ich dir die Bahn freihalte … es tut mir so … leid.“

Ino schüttelte Kopf den Kopf. „Hör auf! Es braucht dir nicht leid zu tun“, aber Sakura hörte es nicht, denn sie schluchzte weiter: „… und nur weil ich nicht stark genug bin, die Schmerzen auszuhalten, habe ich nicht mehr an Hinata und Naruto und auch nicht mehr an unseren Plan gedacht.“

„Sakura, das ist nicht wahr. Du bist stark!“, widersprach Ino. „Sag mir bitte nicht, dass es das war, weshalb du heute Morgen so fertig warst.“

Ein leises „Doch“, ließ Ino fast das Herz zerbrechen und zugleich einen Groll in ihr heranwachsen, den Sasuke Uchiha noch spüren sollte. Sie konnte nicht fassen, dass er Sakura solch eine Gemeinheit unterstellte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Danke fürs Lesen. ^ ^
Eine kleine Info am Rande. Die Charaktere Hoheto und Zaji gibt es auch im Naruto-Universum. Hoheto ist auch dort ein waschechter Hyuuga und Zajis Name kommt gleich zweimal vor, wobei hier der Shinobi aus Konohagakure gemeint ist. Im Naruto-Universum arbeiten beide während des 4. S-WK in einer Einheit. – So viel dazu Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Bitte steinige mich jetzt nicht. Ich weiß, in einigen Kapiteln zuvor hatte ein gewisser jemand noch eine andere Meinung was die Harmonie von Farben angeht. Aber es kommen ja noch weitere Kapitel und ich werde mich bemühen nicht wieder eine Durststrecke von zwei Monaten hinzulegen. :D
Bleib gesund – bleib daheim – bleib optimistisch! Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (45)
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Von:  Goetterspeise
2022-05-09T15:15:06+00:00 09.05.2022 17:15
Ich warte immer noch geduldig darauf, dass es weitergeht :3
Von:  Goetterspeise
2021-10-18T13:03:52+00:00 18.10.2021 15:03
Fic ist noch immer nicht vergessen :D Ich hoffe sehr, du findest wieder Muse, weiterzuschreiben! <3
Von:  exotically
2021-05-03T19:53:43+00:00 03.05.2021 21:53
Hey!
Per Zufall bin ich auf diese FF gestoßen und habe sie innerhalb von 2 Abenden gelesen...
Dein Schreibstil ist so interessant und erfrischend. Sehr einzigartig!
Ich finde es toll, dass du aus Sicht genau dieser 4 Charaktere geschrieben hast. Jeder hat seine Eigenart und du beschreibst diese einfach so nachvollziehbar. Man kann sich in jeden hineinversetzen und mitfühlen.
Es ist wirklich sehr sehr schade, dass seit einem Jahr kein neues Kapitel mehr rausgekommen ist. Ich hoffe, dass du bald wieder Zeit und Lust hast weiterzuschreiben. :)
In letzter Zeit setzt Corona und der Lockdown einem sehr zu und diese wunderbare Ablenkung die letzten Abende hat mir wirklich gut getan. Dankeschön dafür!
Mach auf jeden Fall weiter so, verliere dieses Hobby nicht aus den Augen. Du hast wirklich Talent, deine Leser in eine andere Welt zu versetzten. Großes Lob!!
Liebe Grüße :)
exotically

Von:  twunicorn
2020-12-11T21:55:47+00:00 11.12.2020 22:55
Hey :D
Ich habe vor ein paar Tagen deine FF gelesen und da leider nicht mehr geschafft ein Kommentar da zu lassen.
Ich finde es super wie du die Freundschaft zwischen Sakura und Ino beschreibst und auch das Zusammentreffen von Sakura und Sasuke im Wintergarten..
Ich hoffe du schreibst bald weiter denn ich bin hier kaum noch online weil ich keine tollen Fanfics mehr finde oder aber ich habe sie schon 10x gelesen ._.
LG :)
Von:  Goetterspeise
2020-05-26T15:31:45+00:00 26.05.2020 17:31
Seit mir aufgefallen ist, dass ich dieses Kapitel noch nicht kommentiert habe, versuche ich was vernünftiges zu schreiben.
Aber irgendwie will es einfach nicht.
Dabei mag ich das Kapitel. So sehr! Ino und Sakura sind immer eine tolle Kombi <3 Ich liebe ihre Gespräche in dieser Geschichte, weil es immer irgendwo zwischen Tragik und Komik ist. XD
Das mit dem schlechten Gewissen wegen des Blumenstraußes fand ich aber toll! Zumindest um mal überhaupt was inhaltliches sagen zu können DX
Ich hoffe, ich kann beim nächsten Kapitel wieder konstruktiver kommentieren und verkrümmel mich jetzt mal ;_;

:3
Antwort von:  blechdosenfee
26.07.2020 21:39
Hey goetterspeise,

macht dir nichts draus. Ich bin komplett von der Schreibfaulheit befallen. Selbst in den 2 Wochen meines Urlaubs habe ich es nicht geschafft, das letzte Drittel vom neuen Kapitel niederzuschreiben.

Entschuldige, dass ich es erst jetzt schaffe, dir zu antworten und danke für deinen Kommentar - ich freue mich doch über jeden Kommentar, konstruktiv oder nicht. Hauptsache oberhalb der Gürtellinie.

Es freut mich, dass dir das Kapitel so sehr gefällt. Die Kombi zwischen Sakura und Ino geht immer so leicht. Vielleicht sollte ich einen OS schreiben, in denen nur die zwei vorkommen und sie einen Dialog/eine Diskussion oder Debatte über die anderen halten. :D

Ich hoffe, ich schaffe es, das neue Kapitel Anfang August online stellen zu können, damit du deine Konstruktivität erproben kannst. ;)

Viele Grüße
blechdosenfee
Von:  Ginny1986
2020-05-05T11:58:51+00:00 05.05.2020 13:58
Ich finde es toll, dass Du jetzt weiter schreibst. Ich mag deine Story wirklich sehr. Dein Schreibstil gefällt mir sehr gut. Ich bin gespannt wie es weiter geht. Bleib gesund. LG
Antwort von:  blechdosenfee
26.07.2020 21:32
Hallo Ginny1986,

ich hoffe dir geht es gut und du bist gesund. Ich bin es bisher geblieben. :)

Danke für deinen Kommentar und es freut mich sehr, dass dir die Story und auch der Schreibstil gefällt.
Entschuldige, dass ich dir erst jetzt schreibe. Die Schreibfaulheit hat mich befallen. Trotzdem hoffe ich, dass ich Anfang August das neue Kapitel online stellen kann.

Viele Grüße
blechdosenfee
Von:  DoD
2020-05-04T22:23:13+00:00 05.05.2020 00:23
Hi,
Oh es ist schön, dass es weiter geht.
Ich finde, dass Kapitel liest sich sehr flüssig und fügt sich gut in die letzten rein ( die ich gelesen habe, weil ich Kontext brauche). Ich mag den Stil wirklich, ich mag die Art, wie du Dinge siehst.

Zum Inhalt: Sasuke verhält sich wie ein Affenarsch, sorry. Mit Provokation auf die eigene Unfähigkeit mit Gefühlen umzugehen zu reagieren ist einfach so IC, auf eine Weise, die mich ärgert. Das ist ein Kompliment für dich, aber ein Blumentopf gewinnt er damit hoffentlich die nächsten paar Kapitel nicht.
Diese ich-will-haben-weil-ich-nicht-haben-kann Mentalität ist mir, auch wenn sie menschlich ist, ziemlich zu wieder.

Falls ich es noch nicht erwähnt habe, du verdienst mehr Kommentare für diese sehr gelungene Geschichte, echt jetzt.
GG
DoD
Antwort von:  blechdosenfee
26.07.2020 21:30
Hallo DoD,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar und Entschuldige, dass ich erst jetzt zu einer Antwort komme. Irgendwie hat mich die Schreibfaulheit in Beschlag genommen.

Es freut mich, dass du so schnell wieder reingefunden hast und dir das Kapitel vom Schreibstil her gefallen hat.

Immer raus mit den Beleidigungen. (Wie sagte Luna Lovegood so schön: Pavianpopo :D) Am Ende prallen die eh an Sasuke ab, wie Wasser an Öl. :D
Nein, es ist nicht vorgesehen, dass Blumentöpfe verlost werden. Vielleicht fällt ihm einer auf den Kopf, aber im Winter ist das etwas unwahrscheinlich - außerdem würde mir die arme Pflanze mehr leidtun als sein Kopf.

Danke für den letzten Satz. Ich hoffe, dass ich das Kapitel noch Anfang August online bekomme. 2/3 stehen schon. Nur für das letzte Drittel kann ich mich nicht so aufraffen. :D

Viele Grüße
blechdosenfee
Von:  Goetterspeise
2020-03-27T07:44:10+00:00 27.03.2020 08:44
Huhu,
lang, lang ists her. Gelesen habe ich es schon ewig - so am gleichen Tag, als es online ging vielleicht?
Aber immerhin kommt nun endlich der Kommentar. :D
Er wird allerdings nicht so lang, weil mein Kopf ein wenig leer ist. :/

Ich hab dir, glaube ich, schon x-Mail gesagt, wie gerne ich deine Ino mag, oder? Auf jeden Fall ist sie hier einmal mehr einsame Spitze. Sie ist einfach toll und es macht so viel Spaß ihren Gedanken zu folgen.
Gerade auch denen zu Sai, obwohl ich ein wenig traurig bin, dass sie es gewohnt zu sein scheint, allein aufstehen zu müssen. Es scheint Ino nicht direkt etwas auszumachen, aber trotzdem wirkt es ein bisschen, als würde ihr Herz schwer werden, wenn sie daran denkt. Ich habe nun gemischte Gefühle, aber so sind Beziehungen nun einmal. Solange sie damit klarkommen, passt es aber natürlich :D
Ino dürfte wohl auch der perfekte Ruhepol für den armen Rodrigo sein. Er tut mir so leid und gleichzeitig finde ich es sooo lustig. :D Sehr schön, wie sie sofort einen Plan für Sakura hat. Wobei ich das Gespräch zwischen den beiden noch mehr feiere. Gerade auch das Missverständnis und wie Ino langsam auf den Trichter kommt, dass da irgendwas nicht passen kann. XD
Wobei ich jetzt wissen will, wieso die Nacht so schlimm war. Immerhin wirkte es im letzten Kapitel zum Ende hin gar nicht mehr so tragisch. :O
Aber ich lasse mich überraschen und freue mich drauf!

Liebe Grüße und so. :)
Antwort von:  blechdosenfee
03.05.2020 21:36
Hallo und argh, es tut mir leid, dass ich erst jetzt zum Lesen und Antworten komme.

Danke – Danke – Danke. Ino ist aber auch ein toller Charakter, ihr kann man so leicht Worte in den Mund legen. Das geht so flüssig bei ihr runter. :D Ja, ich behaupte jetzt einfach mal, dass sie damit klar kommt. Sie hat damit klar zu kommen, aus dem einfachen Grund, er hat sie noch nie im Leben enttäuscht und sie kann sich zu 100% auf ihn verlassen, daher nimmt sie es auch in Kauf auch allein aufwachen zu müssen – und umso schöner sind die Momente, wenn sie an manchen Tagen aufwacht und er mal neben ihr liegt.
Eine Dramaqueen wie Rodrigo braucht einen Ruhepol wie Ino. Sie ist schlagfertig genug, um mit ihrem Ex-Chef locker umgehen zu können.
Da zum Zeitpunkt meiner Antwort, das neue Kapitel schon online ist, kannst du dich sofort drauf stürzen. :D

Viele Grüße zurück. 😊
Von:  franny
2020-02-10T18:54:09+00:00 10.02.2020 19:54
Tolles Kapitel!!! =)
Sehr amüsant!!! Ich bin gespannt wieviel Glitzer sakura am Ende braucht 😂freu mich auf das nächste Kapitel, mach
weiter so.
LG franny
Antwort von:  blechdosenfee
11.02.2020 20:04
Hallo franny,
vielen lieben dank für deinen Kommentar. Freut mich, dass dir das Kapitel und die kleinen Glitzerdetails gefallen. :D
Ich werde mein Bestes geben, was die kommenden Kapitel angeht.
Viele Grüße
Von:  Goetterspeise
2020-01-28T16:55:51+00:00 28.01.2020 17:55
Haha XD
ich versteh dich. Sasuke und Sakura wollen sich manchmal einfach gar nicht so verhalten wie sie es sollen o.ô Ich kann es also nur zu gut nachvollziehen, dass du das Kapitel immer wieder umgeschrieben hast.
Das Ergebnis gefällt mir sehr gut :D Sasukes Stolz ist halt schon ziemlich geil dargestellt und ich kanns mir in einem AU gut vorstellen. Zumindest bei Sakura. Sie hat es ihm schließlich doch irgendwie angetan :P Schön, dass es ihm schließlich doch noch aufgefallen ist.
Die Wortgefechte, Sitzplatzänderungen und ständigen Ausweichversuche von Sakura haben mich sehr zum Lachen gebracht. XD
Ich weiß gar nicht, was ich bei so einem langen Kapitel noch groß schreiben soll. /) ich freue mich einfach aufs nächste und übernächste und so. :D

Bis denne :3
Antwort von:  blechdosenfee
30.01.2020 19:27
Hallo goetterspeise,
lieben Dank für deinen Kommentar und ich bin selbst entsetzt, wie lang das Kapitel geworden ist. Als ich die Anzahl der Seiten und die Wörter in der Datei gesehen habe, hat mich fast der Schlag getroffen. Und bei jeder Änderung ist es eine Seite mehr geworden. :D
Freut mich, dass Sasuke dieses Mal nicht aus den Rahmen gefallen ist. Ich hatte wieder die Befürchtung, dass es mal wieder mit mir durchgeht, bzw. er mal erneut total anders wird als wie er sein sollte. ^ ^
Dann werde ich mich mal ranhalten, was die kommenden Kapitel angeht.
Viele Grüße


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