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Die Geister von Torak

von

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Prolog

Es war sehr dunkel. Der Mond kam nicht bis auf den Boden des Waldes. Die Sträucher blieben immer wieder in den Kleidern der rennenden Kinder hängen. Sie rannten so schnell sie konnten. Immer weiter, ohne auch nur einmal stehen zu bleiben. Die Jüngeren wurden von den Älteren angetrieben, während sie selber panisch über die Schulter schauten. Eins der Kinder, ein kleiner Junge von vielleicht fünf Jahren, fiel über einem Baumstamm. Er wurde von einem Mädchen mit langen schwarzen Haaren auf die Beine gezogen und an die Hand genommen. Doch als sie beide auf die Lichtung rannten, merkten sie viel zu spät, dass etwas nicht stimmte. Die anderen Kinder wurden von Männern in silbernen Rüstungen und schwarzen Helmen in Transporter getrieben. Sie waren genau in sie hineingelaufen. Der Junge schrie und das Mädchen trat dem nächst stehenden Soldaten auf den Fuß als dieser nach ihnen greifen wollte. Doch es half alles nicht. Sie konnten nicht entkommen. Es waren einfach zu viele.
 

An einem anderen Ort zu einer anderen Zeit:
 

Ein junger Mura-Soldat lief durch ein Schlachtfeld. Es war weniger ein Schlachtfeld als der Trümmerhaufen eines kleinen Dorfes. Überall lagen Soldaten und Dorfbewohner tot auf den Straßen, in Häusereingängen oder unter den Ruinen der Häuser begraben. In den Ruinen selber schwelgten noch kleine Flammen. Der Geruch von Rauch, Exkrementen und Blut machte das Atmen schwer. Der Tod lag in der Luft. Je näher sich der Mura-Soldat dem Zentrum des Dorfes näherte, desto größer war die Zerstörung. Der Marktplatz selber existierte nicht mehr. An seiner Stelle prangte ein tiefer Krater. Die Menschen, ob Soldat oder nicht, waren restlos zerfetzt wurden. Genau in der Mitte des Kraters lag ein junges Mädchen von vielleicht 15 oder 16 Jahren. Sie schien relativ unverletzt zu sein. Was an ein Wunder grenzte, denn in einem Radius von 10 m war kein Stein auf den anderen geblieben und die Körperteile, die vereinzelt herumlagen, nicht mehr ihrem Besitzer zuzuordnen.

Als sich das Mädchen bewegte, lief der Soldat zu ihr. Er zögerte, denn sie trug die Kleidung der Bato. Doch dann sah er sich heimlich um, nahm sie in seine Arme und rannte mit ihr in den Wald. Dort angekommen, vergewisserte er sich noch einmal, dass niemand in der Nähe war. Erst dann zeichnete er mit seiner rechten Hand einen kleinen Kreis. An seinem ausgestreckten Zeigefinger schien sich ein goldener Faden zu bilden und in die Dunkelheit zu schweben. Kurzdarauf öffnete sich mit einem leisen Klingeln ein Portal, durch das der Soldat das Mädchen trug. Als es sich wieder schloss, stand er vor einem Chateau, welches im Mondlicht imposant aufragte. Im Schutz der Bäume lief der Mura-Soldat bis an die äußeren Mauern und weiter bis zum großen Tor. Dort angekommen legte er das Mädchen sanft auf den Boden. Er blickte hinauf zu den Zinnen, hob einen kleinen Stein auf und warf ihn über die Mauer. Er wartete nicht bis der Stein auf den Boden traf, sondern rannte, so schnell er konnte, zurück in den Wald. Als die Wachen das Tor öffneten und das Mädchen fanden, konnten sie gerade noch ein leises Klingeln vernehmen.

҈ Willkommen in der Hölle, Elsa! ҈

҈ Elsa ҈
 

Heute Morgen hat mich der Wecker schon um fünf Uhr geweckt. Irgendjemand von den anderen Kindern musste sich da wohl einen Scherz erlaubt haben, denn ich war mir ziemlich sicher, dass ich ihn auf sieben gestellt hatte. Da ich nicht mehr hatte einschlafen können, war ich aufgestanden. Jetzt bin ich natürlich viel zu müde und wünsche mir, ich hätte es nicht getan.

„Elsa! Konzentrier dich endlich!“ Unsere Lehrmeisterin schaute mich böse an. Ich verlor gerade einen der Übungskämpfe. Schon wieder. Dabei gehörte ich eigentlich zu den Besten. „Tut mir leid, Madam. Heute ist irgendwie der Wurm drin.“ „Willst du das auch in einem richtigen Kampf auf Leben oder Tod sagen? Du wirst morgen 18! Weißt du was das bedeutet?“ „Natürlich, Madam. Ich werde in die Armee eintreten.“ „Dann verhalt dich auch so!“ Die Erziehung hier im Chateau Koi grenzte an einem militärischen Drill. Nein, es war genau das. Schon die jüngsten wussten lernen wie man kämpft. Allen wurde eingetrichtert, dass unsere Generation den Ewigen Krieg gewinnen konnte, wenn sie nur hart genug dafür arbeiten. Aber mal ehrlich, das ist ein Wiederspruch in sich. Ich mein, warum sollten ausgerechtet wir diesen Krieg gewinnen? Er heißt ja nicht umsonst EWIEGER Krieg.

Jeder der 18 wurde musste sich für mindestens drei Jahre bei der Armee verpflichten. Natürlich alles freiwillig. Tat man es nämlich nicht, wurde man aus der Gesellschaft der Bato ausgeschlossen und das kam einem Todesurteil erschreckend nahe. Gegen wenn wir Krieg führen? Gute Frage. Zurzeit sind es die Taminga. Aber die Mura sind natürlich die Todfeinde der Bato, auch wenn wir gerade so etwas wie Waffenstillstand haben. Das liegt, glaube ich, aber eher daran, dass wir einfach andere Schlachten zu schlagen haben. Wir gegen die Taminga und die Mura gegen die Leumir. Willkommen in meiner Welt. Wie der Ewige Krieg angefangen hat? Keinen blassen Schimmer. Das ist über die Jahre in Vergessenheit geraten, aber ich hoffe, es war nicht etwas so dämliches wie Eifersucht oder Liebeskummer. Dafür sind definitiv zu viele gestorben und dass nicht nur auf der Seite der Bato sondern bei allen Völkern der sieben Monde.

„Bist du aufgeregt, Elsa? Ich rede von morgen. Ich kann es kaum abwarten, bis ich endlich 18 werde. Leider ist es bei mir erst in zwei Jahren soweit.“ Tom seufzt traurig. Ja, genau. Ich freu mich darauf, bald Kanonenfutter zu sein und das, wenn ich Glück habe, ganze drei verdammt lange Jahre lang. Vorausgesetzt ich lebe so lange. Mein einziger Ausweg früher aus der Hölle zu entfliehen, wäre es zu heiraten. Aber die Heirat alleine genügt nicht. Nein, ich müsste Kinder kriegen um ehrenhaft entlassen zu werden. Diese Chance ist nur uns Frauen gegeben. Zur Erhaltung unseres Volkes. Ich bin mir aber nicht sicher ob ich das wirklich will. Ich mein die Kinder. In dieser Welt lebt man gefährlich und dies ist einfach kein Ort für sie.

„12 Uhr! Mittagspause!“ Alle senken sofort ihre Waffen und laufen zu den Waffenkammern um sie dort abzugeben. Dann, ganz wie es die Hausordnung es vorschreibt, stellen sich alle in einer zweier Reihe auf. Die Jüngeren zu erst. Dann wird im Gleichschritt und ohne zu Reden in den Speisesaal marschiert. Auf dem Weg dahin, treffen wir auf andere Klassen, die sich uns anschließen. Wir sind die Eliteklasse. Die Besten, der Besten oder so. Irgendwie stimmt das auch, aber ich glaube, die Lehrer suchen sich die Kinder mit den reichsten Eltern heraus und fördern sie extra. Der einzige Grund: Wenn man Offizier wird, spendet man an seine Schule einen Geldbetrag und der fällt bei reichen Kindern höher aus. Das Spenden soll Glück bringen. Natürlich sind in der Eliteklasse auch Kinder wie ich, die auch das Talent und die Fähigkeiten zum Offizier besitzen. Das heißt jetzt nicht, dass alle Kinder mit reichen Eltern kein Talent haben. Tom ist das beste Beispiel dafür.

Im Speisesaal angekommen, verteilen sich alle an ihren Tischen. Jede Klasse besitzt einen eigenen Tisch. Dann gibt es auch noch den Lehrertisch und den Tisch der Wachen, wobei dieser niemals vollbesetzt ist. Der einfache Grund: Die Mauern werden rund um die Uhr bewacht. Alle müssen vor ihren Plätzen stehen bleiben bis der Direktor herein kommt und alle auffordert sich zu setzten. Die Reihenfolge, wer sich zuerst das Essen holen darf, ist klar geregelt. Die Wachen, die Lehrer und dann die Schüler in der Reihenfolge der Rangliste, die nach jeder Prüfung ausgehängt wird. Während des Essens wird natürlich nicht geredet. Wenn wir aufgegessen haben, müssen wir warten bis es die letzten auch getan haben, erst dann gibt der Direktor das Zeichen, worauf wir aufstehen dürfen. Das ist bei jedem Essen so und war jetzt auch nicht anders.

Danach geht der Unterricht weiter. Diesmal in den Klassenräumen. Geschichte, Sprachen und Mathe. Freizeit gab es im Chateau Koi selten und nur am Wochenende oder an Feiertagen und im Heimaturlaub, wobei wir unsere morgendlichen Trainingseinheiten trotzdem absolvieren müssen. Am Abend packe ich meine wenigen Habseligkeiten zusammen. Sophie sah mir dabei gespannt zu. „Was glaubt du wie es in Bora sein wird? Ich war noch nie in einer Stadt.“ „Ich glaube nicht, dass ich viel Zeit haben werde um mich dort umsehen.“ Doch sie hörte gar nicht zu. „Und was ist mit den Männern. Ob sie hübsch sind? Schließlich sind dort sehr viele Soldaten stationiert und die können ja nicht alle hässlich sein.“

Sophie war vor einen Monat 17 geworden und interessierte sich nur für Männer. Sie war keine große Kämpferin und hoffte sehr schnell heiraten und eine Familie gründen zu können. Ich fand die Vorstellung erschreckend, einen Mann zu heiraten, denn man kaum kennt, aber viele der Mädchen dachten hier so. Es war halt die einzige Möglichkeit ohne Schande aus der Armee auszutreten. Abgesehen vom Tod versteht sich. Leider waren viele der jungen Ehefrauen auch Witwen und ihre Kinder Halbweisen. Denn auch wenn diese Frauen den direkten Krieg entkommen konnten, die Männer haben diese Möglichkeit nicht.

Wir beide legen uns rechtzeitig schlafen, denn morgen war mein großer Tag. Dieses Mal wachte ich von ganz alle um fünf Uhr auf. Der Mond malte zusammen mit dem Baum vor unserem Fenster Muster an die Wand. Ich blickte zu Sophie rüber. Ihr Mund war beim Schlafen leicht geöffnet. Das Ticken der Uhr war in der Stille unangenehm laut. Von draußen war mit einmal der Ruf einer Eule zu hören. Ich fuhr erschrocken zusammen und musste dann kichern. Ich war vielleicht ein toller Soldat. Erschreckte mich vor einer einfachen Eule. Doch das Lachen blieb mir recht schnell in der Kehle stecken als ich daran dachte, was ich in den nächsten Jahren würde tun müssen. Ich musste töten und ich wusste nicht, ob ich das wirklich konnte. Das musste niemand. Der beste Kämpfer konnte am Ende nutzlos sein, wenn er es nicht schaffte zu töten.

Um sieben klingelte der Wecker und weckte auch Sophie. Wir beide standen stumm auf, machten unsere Betten und zogen uns dann an. Bevor wir das Zimmer verließen, sah Sophie mich an und sagte so leise, dass ich es kaum hörte: „Alles Gute zum Geburtstag.“ Wir beide waren schon vor langer Zeit zu der stummen Einsicht gelangt, dass dies kein Tag der Freunde ist. Wir würden uns heute zum letzten Mal sehen, denn es gab keine Garantie, dass ich das nächste Jahr überleben würde. Und dennoch oder gerade deswegen würden wir meinen Geburtstag heute groß feiern. Dieser und vielleicht die nächsten könnten immer meine letzten sein. Das machte mich sehr traurig. Andere hier im Chateau würden es nicht so sehen und vielleicht war ich in diesem Punkt zu pessimistisch, aber eigentlich bin ich Realist.

Und wie es immer so ist, wenn man sich wünscht, dass etwas nicht kommen soll, kommt es umso schneller. Und so war auch dieser Tag viel zu schnell um und meine Abschied-/Geburtstagsfeier stand vor der Tür. Morgen früh werde ich in Bora sein, denn morgen ist auch zufällig der Tag an dem die Armee die neuen Rekruten empfängt. Alle treten zur Feier des Tages nach dem Abendessen auf dem Hof an. In Reih und Glied versteht sich. Der Direktor bittet mich nach vorne und dann singen alle ein Geburtstagslied für mich. Danach bekomme ich von ihm eine kleine Schachtel überreicht. Darin befindet sich eine zierliche Kette mit dem Schutzpatron der Bato-Krieger. Torak. Dieses Geschenk bekommt jedes Kind das 18 und damit erwachsen wird. Jetzt wird von allen die Nationalhymne gesungen und danach beginnt das Fest.

Die Kinder des Chateaus Koi, welche sonst den strengen Regeln unterliegen, flippen total aus. Auch das war immer so. Wir verstanden es einfach zu feiern und für den Moment vergesse ich, wo ich morgen sein werde. Doch allzu schnell ist es Mitternacht und ich muss meine Sachen holen. Meine Lehrmeisterin überreicht mir feierlich meine Busfahrkarte und meine Freunde verabschieden sich. Ich weiß nicht mehr, was ich fühlen soll und ihnen geht es genauso. Ich sehe in freudige und traurige Blicke, in sorgenvolle oder hoffungsvolle Gesichter. Es ist alles Vertreten und all diese Gefühle sind auch in mir. Völlig erschöpft schlafe ich im Bus sofort ein und erwache erst wieder auf als die Sonne über Bora aufgeht.

Als der Bus in dem mehrstöckigen Busbahnhof einrollt, suche ich nervös meine Sachen zusammen und kaum bin ich ausgestiegen, muss ich mich auch schon beim Ausbilder melden. Das ist jetzt leichter gesagt als getan. Es gibt nämlich sieben Busse, die zum Stützpunkt fahren, aber nur zwei sind für die neuen Rekruten. Als ich den Ausbilder dann endlich gefunden habe, steckt er mich sofort in einen der Busse. Zum Glück bin ich nicht die Letzte. Das wäre mir dann doch sehr Peinlich. Denn obwohl es erst um sechs ist, fehlen nur noch fünf Leute und die kommen alle mit dem gleichen Zug aus dem Norden. Wie ich es verstanden habe, waren sie alle von der gleichen Schule. Kaum waren sie da, fuhr mein Bus auch schon ab.

Ich beobachte meine neuen Kameraden. Manche quatschen mit ihrem Sitznachbarn und erzählen sich gegenseitig von wo sie herkommen. Doch mir war nicht nach reden zu mute. Mir war mit einem Mal einfach nur schlecht. Je näher wir dem Ziel unserer Reise kamen, desto mehr redete dafür mein Nachtbar. Als unser Bus durch das große Tor des Stützpunktes fuhr und ich die schwer bewaffneten Soldaten, die dieses bewachten, sah, dachte ich nur noch: Willkommen in der Hölle, Elsa!

Ѱ Es geht rein ums Prinzip Ѱ

Ѱ Marc Ѱ
 

Ich konnte nur noch denken: Jetzt ist es aus. Der steile Berghang, der vor uns aufragte, kam erschreckend schnell näher. Josef neben mir bewegte stumm seine Lippen in einem verzweifelten Gebet an unseren Schutzpatron Torak. Kate, unsere Pilotin, schrie und zerrte gleichermaßen an ihrem Lenkrad. Das Raumschiff bewegte sich viel zu langsam aus dem Sturzflug. Doch irgendwie schafften wir es doch, nicht an diesem Berghang zu zerschellen. Nur der hintere Teil unseres Raumschiffes schlug mit solcher Wucht gegen die obere Kante, dass mein Kopf zu dröhnen begann und das Raumschiff in zwei Hälften zerbrach. Der hintere Teil unseres Schiffes, der Teil mit unseren Vorträten und Waffen, fiel den Abhang hinunter. Der vordere Teil, in dem die siebenköpfige Mannschaft saß, schlitterte unkontrolliert über das weite Plateau und kam schließlich an einem großen Felsen zum Stehen. Wir alle wurden nach vorn geschleudert und Kate schlug mit ihrem Kopf aufs Lenkrad auf. Zum Glück hatte sie einen Helm auf.

„Ich hasse diese Leumir und ihre Treffsicherheit! Die haben mein Baby total zerstört!“ Kate schlug wütend auf das Armaturenbrett. „Das war ja wohl eher der Berg, Kate.“ Das hätte Josef nicht sagen sollen, denn jetzt geht Kate auf ihn los. „Wir wären ohne diese Bastarde gar nicht abgestürzt. Das werden sie büßen!“ „Stopp! Das bringt uns jetzt auch nicht weiter! Hauptsache wir sind am Leben, aber das werden wir nicht mehr lange sein, wenn wir hierbleiben. Wenn sich alle mal beruhigten könnten? Gut, ist irgendjemand verletzt? Nein, ok. Unser nächster Stützpunkt liegt eine Tagesreise in nordöstlicher Richtung. Dies ist allerdings der direkte Weg und wir befinden uns genau im Gebiet der Leumir. Da wir keine Waffen mehr besitzen, müssen wir dieses Gebiet so schnell wie möglich verlassen und umgehen.“ „Marc, wir haben aber auch keine Vorträte mehr.“ „Ja, aber im Moment sind wir mit den Zenmi im Bunde, das heißt wir werden uns dort Vorträte und vielleicht ein Transportmittel besorgen. Ihr Gebiet liegt näher als unseres.“

Gesagt, getan. Wir nahmen alles Nützliche, was wir aus dem Frack, welches mal unser Raumschiff gewesen war, bergen konnten, mit. Das was wir nicht mitnehmen konnten, zerstörten wir, damit es den Leumir oder einem anderen Volk nicht in die Hände fallen konnte. Dann begaben wir uns an die mühselige Aufgabe von dem Berg hinunter zu steigen. Dabei bewegten wir uns genau in die entgegengesetzte Richtung unseres eigentlichen Ziels. Es dauerte zwei volle Stunden bis wir unten angekommen waren und den richtigen Weg gefunden hatten. Den Weg, der nach Zenai, dem Hauptstützpunkt der Zenmi auf Torak führte, war kaum sichtbar. Torak war der Planet auf dem ich mich gerade befand. Und ja er hieß wie unser Schutzpatron. Ich finde das auch paradox. Er war nämlich außerdem der Ort, wo der Ewige Krieg ausgetragen wurde. Warum wir uns nicht auf unseren Heimatmonden bekriegten?

Der Grund ist einfach und doch nicht leicht zu erklären. Mein Volk, die Mura, leben auf dem Mond Mura. Daher haben wir unseren Namen. Betritt jetzt ein Leumir Mura, so wird er nach kurzer Zeit krank. Warum das so ist? Meine Lehrer sagen, es liegt an den Energien des Mondes. Wir sind immun dagegen, die anderen Völker aber nicht. Das gilt übrigens für alle sieben Monde von Torak. Jeder Mond besitzt seine ganz eigenen Energien und nur die Völker, die dort heimisch sind, haben sich daran angepasst. Nur hier auf Torak können wir uns alle frei bewegen. Was heißt hier frei. Torak ist unter den sieben Mondvölkern aufgeteilt. Die Grenzen der einzelnen Gebiete verändern sich mit dem Verlauf des Ewigen Krieges und wer hierherkam, war wohl kaum frei. Wir alle sind nämlich Soldaten, die ihr Gebiet beschützen oder neues Land erobern sollen. Natürlich gibt es auch die Arbeiter. Sie bauen die Rohstoffe von Torak ab und die Rohstoffe sind der Grund, warum sich die Grenzen ständig verändern.

Viele meiner Kammeraden vertreten die Ansicht, dass sie auch der Grund für den Ewigen Krieg seien. Ich bezweifle das irgendwie. Die Mondvölker konnten seit gerade mal 150 Jahren auf Torak Bergbau betreiben. Seit dieser Zeit war aus dem Ewigen Krieg ein Macht Krieg geworden. Aber wir haben uns auch schon vorher bekriegt. Ich muss natürlich zugeben, dass der Ewige Krieg brutaler und blutiger geworden war und dass miese Tricks hier auf Torak an der Tagesortung sind. Man kann hier niemanden vertrauen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir das wenige, was wir aus unserem Raumschiff bergen konnten und das uns als Waffe dienen kann, jetzt vor uns halten. Außerdem laufen wir die ganze Zeit in Formation, selbst als wir in das Gebiet der Zenmi kommen. Unsere Vorsicht zahlte sich aus. Plötzlich sind wir umstellt. 15 Zenmi-Soldaten mit ihren goldenen Rüstungen und roten Helmen richten ihre Hightech- Gewehre auf uns.

Ich frage mich immer wieder wie sie sich mit ihrer Kampfkleidung so effektiv anschleichen können. Mit ihren ebenfalls roten Rosshaaren auf ihren Helmen wirken sie sehr imposant und majestätisch und sind damit genau das Gegenteil von uns. Wir tragen silberne Rüstungen und schwarze Helme, die von unserem Absturz leicht ramponiert und von unserem Fußmarsch verdreckt sind. Außerdem wirken unsere improvisierten Waffen einfach nur lächerlich. Würden sie uns angreifen, hätten wir gar keine Chance. Ich hasse diesen Krieg. Seit zwei Jahren gerate ich ständig in solche Situationen und habe immer mehr Glück als Verstand um da wieder raus zu kommen. So auch jetzt. „Wir Mura bitten um sicheren Geleit. Die Leumir haben unser Schiff abgeschossen und wir müssen nach Muta.“ Ich habe diese Worte den ganzen Weg hierher geübt. Zenmi-ko ist eine der wenigen Sprachen, die mir persönlich recht schwerfällt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich die Antwort des einen Zenmi-Soldaten nicht richtig verstand. Na ja, zumindest nicht vollständig. Er hatte uns aufgefordert ihm zu folgen. Dass die anderen uns weiter einkreisen und ihre Waffen bereithalten, war jetzt nicht ungewöhnlich, zeigte mir aber auch nicht, ob wir verhaftet waren oder nur geleitet wurden.

Wir haben uns zurzeit mit ihnen verbündet, aber wir vertrauen einander dennoch nicht. Wie gesagt, vertraue niemanden, dann lebst du meist länger. So senken auch wir unsere nutzlosen Waffen nicht. Dass wir alle viel schneller in Zenai sein könnten, wenn wir alle unsere Waffen niederlegen, schien nur mich zu stören. Zenai war wie Muta der Hauptstützpunkt hier auf Torak. Er diente als Flughafen für die Shuttles vom Heimatmond, als Außen- und Hauptzentrale des Militärs auf Torak und als Handelszentrum für die umliegenden Arbeiterdörfer. Diese Arbeiterdörfer stehen unter dem Schutz des Militärs und die Regierung ist für das Militär zuständig. Alles fürs Vaterland! Aber wie viel Vaterlandsliebe hat ein Kriegsgefangener, wenn die Regierung denn Preis für seine Freilassung nicht bereit ist zu zahlen. Gar keine. Dabei ist ein Menschenleben mehr wert als 100 einfache Maschinengewehre.

Meinem Freund war das passiert. Er hatte sich daraufhin getötet und ich durfte dann zu seiner Familie nach Hause gehen und sagen, wie Heldenhaft er gekämpft habe, bevor man ihn tötete und dass es eine Ehre für mich gewesen sei, an seiner Seite gekämpft zu haben. Diese Lüge war das Schwerste, was ich je tun musste. Abgesehen vom Töten. Doch beides waren Befehle, die ich nun mal befolgen musste, ob ich es guthieß oder nicht. Tat ich es nämlich nicht, konnte ich mich auch gleich selber töten und die Demütigung über meinen Volksverrat würde meine ganze Familie zu spüren bekommen und die hatte in diesem Krieg wirklich genug gelitten.

Der Hauptmann, dessen Namen ich gleich wieder vergessen habe, akzeptierte unsere Erklärung für unser Eindringen ins Gebiet der Zenmi und gibt uns einen einfachen, ausrangschierten Gleiter, der nebenbei bemerkt, vor Jahren von uns Mura gestohlen worden war und nun die Farben der Zenmi trug, und Wasser für den Flug nach Muta. Wir alle sind froh, als der Gleiter, der wirklich nur noch eine fliegende Hülle war, nachdem die Zenmi ihre eigene Technologie wieder ausgebaut haben, endlich vom Boden abhob. Auch wenn die Zenmi gerade unsere Verbündeten sind, in ihrer Nähe füllt sich keiner von uns wohl. Die Sonne geht bereits unter als Kate den Gleiter Richtung Muta lenkt. Dort würden wir erst in den frühen Morgenstunden ankommen. Die letzten Gedanken bevor ich einschlief, waren dass selbst die Leumir mit ihren Scharfschützen einen so kleinen Gleiter in den Farben der Zenmi nicht angreifen werden. Schließlich können sie einen Zweifronten Krieg nicht gebrauchen und die Zenmi würden es als Kriegserklärung ansehen, wenn einer ihrer Gleiter abgeschossen wird und da ist es egal, dass wir Mura ihn fliegen. Es geht rein ums Prinzip.

ʡ Der Krieg nimmt nur und gibt nicht ʢ

ʡ Kaddour ʢ
 

Die Sonne ging hinter den dichten Bäumen von Torak unter. Die Monde Elfog, Radmar und Bato leuchteten hell am wolkenlosen Himmel. „Kaddour! Beeil dich! Die Sperrstunde beginnt gleich!“ Sam winkt zu mir herüber. Ich reiße mich vom Anblick des Himmels los und laufe zu dem Track herüber. Ich springe auf die Ladefläche, auf welchen Sam und noch ein paar andere Arbeiter bereits sitzen. Die Soldaten, die zu unserem Schutz abgestellt sind, geben das Zeichen für die Abfahrt. Unser Wagen setzt sich ruckelnd in Bewegung. Sam sieht mich an. „Machst du heute wieder die Nachtschicht in der Schmiede?“ „Mmh“, brumme ich. „Das ist aber langsam nicht mehr gesund.“ Was soll ich auch anderes machen? Ich habe keine Familie wie Sam, die zu Hause auf mich wartet. Nicht mehr und die Arbeit hält mich vom Nachdenken ab. Außerdem kann ich dann allein sein.

Ich sehe Sam in die Augen. Er ist immer noch nicht darüber hinweg. Dabei ist es jetzt schon zwei Jahre her. Da ist es wieder. Die Gedanken eines anderen. Ich sehe schnell wieder weg. Das ist der zweite Grund, warum ich lieber allein arbeite. Wenn ich jemanden in die Augen sehe, kann ich seine Gedanken in meinem Kopf hören. Bei Sam ist es besonders leicht, da wir uns seit Jahren kennen. Wir haben uns damals in einen diesem Arbeiter Dörfer kennen gelernt, dass unserem jetzigen gar nicht unähnlich ist. Allerdings sind sie eh immer gleich aufgebaut. Sam ist zehn Jahre älter als ich, aber als wir uns zum ersten Mal trafen, haben wir uns gleich sehr gut verstanden. Damals war ich aber keiner der Arbeiter wie er, sondern Soldat wie diese, die jetzt hinter unseren Track mit ihren Panzerwaagen hinterherfahren.

Den Rest des Weges verbringen wir schweigend. Ich lausche auf verdächtige Geräusche außerhalb des Wagens. Heute Morgen waren Schüsse und Explosionen aus nordöstlicher Richtung zu hören. Aber wie nah der Kampf wirklich war, konnte ich leider nicht bestimmen. Der Wind auf Torak trägt Geräusche anders als auf Taminga. Ich vermisse Taminga. Aber Heimaturlaub habe ich erst wieder in zwei Monaten. Dann kann ich sie besuchen gehen. Die Gräber meiner Familie. Auch wenn sie hier gestorben sind, werden die Toten, wenn möglich, immer noch nach Taminga gebracht und in einen der aktiven Vulkane geworfen. Dann bleibt nur noch ein Namensschild mit den Geburts- und Sterbedaten in einer der „schwarzen Säulen der Trauer“ und die schmerzende Erinnerung.

Der Wagen wird langsamer und die Durchsuchung der Wagen beginnt. Die Soldaten haben nichts anderes zu tun als zu überprüfen, ob die Anzahl der Arbeiter gleich ist und dass nichts Verdächtiges mitgenommen wird. Rein wie raus. Als wir die verschiedenen Sicherheitszonen überwunden haben, kommen wir in das eigentlich Dorf. Hier würde man fast denken, man sei auf Taminga, wenn nicht die große Mauer im Hintergrund aufragen würde. Die hiesigen Steine sind schwarz und rot angemalt, so dass es wirkt als wären die Häuser aus Vulkanstein gebaut. Ich spring von der Ladefläche herunter. Im Dorf selber ist man sicher. Zumindest relativ betrachtet. Deswegen hier auch Kinder leben. Dennoch sollte man niemals vergessen, dass Torak ein einziges Kriegsgebiet ist. Ich habe die Gefahr damals unterschätzt und jetzt sind meine beiden Kinder und meine Frau tot.

Ich gehe zu dem großen Haus in dem ich mein Quartier habe. Es ist eins der Häuser für die alleinstehenden Arbeiter. Aber nicht alle in diesem Haus haben keine Familie. Sie leben hier unten nur allein und ihre Kinder und oder Frauen auf unserem Heimatmond. Nur die Kinder, deren Eltern beide Arbeiter sind, leben hier. Allerding auch nur die Kleinen ganzjährig. Ab sechs herrscht Schulpflicht und da hier unten keine Schule existiert, müssen alle Kinder in ein Internat auf dem Heimatmond. Dara und Leo waren drei und eineinhalb. Wären sie so alt wie Sams Sohn gewesen, wären sie zu der Zeit in der Schule und nicht auf Torak gewesen. Sie hätten nicht sterben müssen. Auch Halia nicht. Wäre sie nur nicht eine Torak-Arbeiterin geworden. Aber als sie schwanger war, wollte sie in meiner Nähe sein und ich war zu dieser Zeit halt noch Soldat.

Aber sich jetzt noch Vorwürfe zu machen, brachte auch nichts. Schließlich hätte ich auch einen Job auf Taminga annehmen können und unsere Kinder dort großziehen können. Dann wären wenigsten sie noch am Leben. In meinem Zimmer angekommen wasche ich mich kurz und ziehe mir frische Kleidung an. Auf dem Nachttisch neben meinem Bett steht ein Familienbild aus glücklicheren Zeiten. Ich führe die Finger meiner linken Hand an meinen Mund und drücke sie dann sanft auf den Rahmen des Bildes, bevor ich zu der sogenannte „Suppenküche“ gehe. Dort essen alle Soldaten und alle Arbeiter, die keine eigne Küche besitzen. Die Köchin ist wirklich scharf. Ich sollte sie wirklich mal fragen, ob sie mit mir ausgeht. Einer der jüngeren unverheirateten Arbeiter saß mir direkt gegenüber und immer, wenn sich unsere Blicke kreuzten, konnte ich für einen kurzen Moment seine Gedanken hören. Ich ignorierte diese ungewollten Einblicke und versuche mich auf das eigentliche Gespräch meiner Nachbarn zu konzentrieren.

Junger familienloser Arbeiter. Diese Beschreibung könnte sich genauso gut auf mich beziehen. Nur fühle ich mich alt. Sam denkt immer, dass ich in den letzten zwei Jahren seelisch um 10 Jahre gealtert bin. Demnach wäre ich jetzt 33. Also genauso alt wie er. Aber an manchen Tagen fühle ich sogar noch älter. Älter als Sam mit seinen kindischen Anwandlungen. Nach dem Essen finde ich mich auf dem Dorfplatz ein, wo sich alle Arbeiter versammeln, die zu der Nachtschicht in der Schmiede eingetragen sind. Die Schiede ist genaugenommen eine Fabrik. Dort wird das geschürfte Metall gereinigt und in transportable Größe umgeschmolzen. Der Schmelzofen steht niemals still. Auch nachts nicht. Allerdings ist die einzige Aufgabe der Nachtschicht, dafür zu sorgen das der Ofen nicht ausgeht und die Maschinen zu warten. Es ist nicht so hektisch wie tagsüber. „Es wird wieder eine lange Nacht, nicht war Jungs?“ Die Soldaten die heute Wache schoben, sahen sehr jung aus.

Es waren auch zwei Frauen unter ihnen. Zufällig sah ich einer direkt in die Augen. Er hat einen Ehering. Schade, die Besten sind immer schon vergeben. Ich sehe beschämt weg. Ja, ich trage meinen Ehering noch, aber vergeben bin ich nicht mehr. Sam drängt mich schon seit einiger Zeit ihn abzulegen und mir eine neue Frau zu suchen. Dabei denkt er immer so was wie: Er ist noch jung. Er kann noch mal eine neue Familie gründen. Aber ich bin nicht bereit dazu und schon gar nicht hier auf Torak. Sollte ich mich wirklich irgendwann eine neue Frau suchen, dann eine, die auf Taminga arbeitet. Aber nicht heute und auch nicht morgen. Obwohl man das mit den morgen nicht überstrapazieren sollte. Es konnte sehr schnell kein morgen mehr geben. Das hat mir mein Leben auf die harte Tour gezeigt. Die Nacht in der Schmiede verlief ziemlich Ereignislos.

Doch kurz vor Sonnenaufgang, wurden mit einmal die Alarmglocken geschlagen. Es war das Signal für die Flieger. „Die Bato kommen! Sichert den Ofen!“, brülle ich und renne zu dem Kontrollraum um die Produktion ganz nach Vorschrift zu stoppen. Die verdammten Bato! Sie waren die besten Flieger aller Mondvölker. Sie konnten sogar die meisten Luftabwehrsysteme umgehen und so weiter in ein Feindliches Gebiet fliegen als jeder andere und diesen meist auch noch ohne große Verluste auf ihrer Seite verlassen. Allerdings gelang ihnen das meist nur mit den kleineren Fliegern und nicht mit den schweren Bombern. Ich hoffe das es auch jetzt so ist, denn die hiesigen Luftschutzkeller sind nicht für größere Bomben ausgelegt. So sind zumindest alle Arbeiter und vor allem alle Kinder in Sicherheit. Nachdem ich alle Maschinen gestoppt habe, begebe ich mich in den Bunker der Schmiede. Jetzt heißt es warten. Am liebsten wäre ich rausgerannt und hätte mitgekämpft, aber damit wäre auch keinem geholfen.

Es ist Selbstmord, ohne Schutzkleidung und Waffe hinauszugehen. Auch wenn die Taminga die Nahkampfspezialisten der Mondvölker sind, so können wir sehr wohl auch einen Fernkampf führen. Das heißt auch eine einzige gut abgefeuerte Kugel von uns kann doch einen von deren Fliegern herunterholen. Ich habe das in meiner Zeit als Soldat mehr als einmal geschafft. Obwohl ich zu geben muss, dass ich nie freiwillig gegen die Leumir einen Fernkampf bestreiten würde. Denn sie haben die besten Scharfschützen und ich bevorzuge doch den Nahkampf. Ich sehe in die Augen meiner Arbeitskollegen um die Stimmung im Bunker besser einschätzen zu können. Bitte Torak! Lass die Bato schnell vorüberziehen und nur wenige Opfer fordern!

Der Arbeiter vor mir ist der älteste hier. Er hält das Amulett vom Schutzpatron Torak fest umklammert. Seine eingeflochtenen tamingatypischen Haare sind mehr grau als schwarz, was ihm eine weise Aura verlieh. Vor allem da sich das grau sehr stark von der schwarzen Haut abhob. Wir Taminga haben alle diese Hautfarbe. Das ist der Grund, warum wir meist in der Nacht angreifen. Außerdem können wir so einen Nahkampf provozieren. In die Augen meines direkten Nachbarn kann ich nicht sehen, aber auch er scheint zu beten. Alle hier scheinen das zu tun. Also senke auch ich meinen Blick und bete zu Torak. Bitte! Mach das Sam und seine Familie in Sicherheit sind!

Die Stimmung im Bunker verändert sich, als es eine Erschütterung gibt und Staub von der Decke rieselt. Alle sehen erschrocken nach oben. Die Bomber sind da. Die braunen Augen meines Nachbarn sind vor Angst geweitet. Meine Familie ist da oben! Wir sind alle Soldaten gewesen, deswegen sollten wir keine Angst haben, aber ich denke gerade desswegen haben wir Angst. Wir wissen wie das ausgeht. Einer der Arbeiter fängt an, ein Lied zu singen. Dieses Lied handelt von einer fernen Zeit ohne Krieg als die Taminga friedlich lebten. Nach und nach stimmen alle mit ein. Wir versuchen unsere Angst weg zu singen. Als ob das funktionieren würde. Unsere Gedanken kreisen alle um Freunde und Familie, die jetzt in einem nicht so sicheren Bunker wie wir sitzen. Wenn wir eins aus den Jahren gelernt haben sollten: Der Krieg nimmt nur und gibt nicht.

Ѧ Es hat etwas Endgültiges Ѧ

Ѧ Fortuna Ѧ
 

Geduld, Fortuna, Geduld. Das sage ich mir immer wieder wie ein Mantra. Die Radmar werden noch früh genug in die Fallen tappen. Dann kann ich auch endlich von diesem vermaledeiten Baum herunter. Mir schlafen langsam meine Beine ein. Kein Wunder bei der Position, in der ich mich an den Baum gebunden habe. Ich versuche meine Zehen etwas zu bewegen um das Gefühl zurückzubekommen. Dabei muss ich aufpassen, dass die Blätter und Äste, die ich als Tarnung um mich herum drapiert habe, sich nicht allzu sehr bewegen. Man kann ja schließlich nie wissen, wer einen gerade beobachtet. Ich sehe vorsichtig auf die Uhr. Dann nehme ich die kleine Pfeife, die ich bisher im Mundwinkel balanciert habe, richtig in den Mund. Als ich dort drei Mal kurz hineinblase, klingt es wie ein Vogel, der zwitschert. Wir Elfog haben ein ausgefeiltes System von Anzahl und Art eines Vogelrufs für unsere Kommunikation entwickelt.

Danach bewege ich meinen Kopf auf die andere Seite um die Antwort besser hören zu können. Mmh, immer noch keine Radmar gesichtet. Langsam frage ich mich, ob die Informationen, die wir bekommen haben, nicht nur eine Falschmeldung war. In dem Moment sehe ich etwas aus den Augenwinkeln. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht in einer hektischen Bewegung den Kopf in diese Richtung zu drehen. Jedes Mondvolk weiß, dass wir Elfog die Meister der Tarnung sind. Deswegen bewegen sie sich in unserem Gebiet immer anders. Vorsichtiger. Sie erwarten, dass wir aus dem Hinterhalt angreifen. Ich sehe mir die Eindringlinge genauer an. Es sind eindeutig Radmar. Ihre silbernen Rüstungen mit den weißen Fellen leuchten hier im Wald wie ein Leuchtfeuer. Ich blase zwei Mal lang in meine Pfeife. Aber ich habe gut reden. Wir Elfog tragen schwarz-golde Rüstungen. Das ist nicht unbedingt unauffälliger. Allerdings ist das Gold an meiner Rüstung stumpf, damit es nicht glänzt. Hier auf Torak werden keine der Metalle an unseren Rüstungen poliert. Das machen nicht nur wir Elfog so, sondern alle Mondvölker. Na ja, vielleicht außer die Zenmi. Aber die verstecken sich auch mit Hilfe ihrer Technologien.

Dennoch sind wir Elfog um Welten besser. Denn wie meine Ausbilder immer sagen. Nicht gesehen zu werden reicht für einen Überraschungsangriff nicht aus. Drei, fünf, sieben. Sieben Radmar mit eins, zwei, zwei Raubvögeln und zwei, drei, drei Armeehunden. Also sieben kurze, zwei geträllerte und dreimal lang. Auch wenn unsere Kommunikation wie ein Vogelruf klingt, so frage ich mich doch, warum unsere Feinde dies nicht schon längst mitbekommen haben. Ich meine, auch wer sich nicht mit Vogelrufen auskennt, müsste diese merkwürdigen Vögel auffallen, die immer unterschiedlich lang und kurz zwitschern. Aber auch wenn noch niemand diese altertümliche Kommunikationsweise entdeckt zu haben scheint, so haben die Radmar, dank ihrer Hunde doch eine außergewöhnlich hohe Chance, unsere Verstecke aufzuspüren. Das ist auch der Grund, warum ich als Späher über eine halbe Stunde von Baum zu Baum geklettert bin. In dieser Höhe können auch Hunde mich nicht riechen oder mich als Feind wahrnehmen.

Die Radmar bewegen sich wirklich ausgesprochen leise durch das Gestrüpp. Sogar die Hunde kann ich kaum hören. Also allein nach Geräusch, könnte ich nicht beurteilen wie viele es sind. Während ich so lausche, höre ich ein Antwortgezwitscher. Position halten. Na gut. Also weiter warten. Ich sehe mich nach einer möglichen Nachhut um. Da fällt mir ein, das ich gar keine Späher gesehen habe. Merkwürdig. Oder war die Gruppe gerade welche? Nein, das kann eigentlich gar nicht sein. Ich habe mit einem Mal ein ganz merkwürdiges Gefühl. Hier stimmt etwas nicht! Feindliche Späher gesichtet? Das ist das Zwitschern von einem anderen Wachposten. Nein. Falle? Keine Antwort. Gar nicht gut. Aber ich kann nichts machen. Mein Befehl war den Posten zu halten also tue ich das auch. Da kommt mir auf einmal ein beunruhigender Gedanke. Haben sie unsere Kommunikation etwa doch geknackt? Rede ich noch mit meinen Leuten? Oder ist es ein Radmar, der mir Befehle gibt?

Nein, Fortuna! So was darfst du nicht mal denken! Aber der Gedanke hat sich schon in meinen Kopf festgesetzt. Und meine Fantasie malt sich natürlich die schlimmsten Szenarios aus. Keine Falle! Späher in Gebiet drei gesichtet. Und mein Puls beruhigt sich wieder. Nachhut in Gebiet 4. Drei Radmar auf Pferden und ein Armeehund. Alles läuft nach Plan. Dämliche Radmar. Wer greift in der heutigen Zeit noch zu Pferd an? Heutzutage gibt es Fahrzeuge. Aber ich muss zugeben, dass man mit einem Pferd auch in unwegsames Gelänge vorankommt. Gerade in so einem Wald wie diesen hier. Und wenn du angegriffen oder gar getötet wirst, ist es auch egal ob derjenige es in einem Wagen oder hoch zu Ross getan hat. Also vielleicht doch nicht so dämlich. Ich seufze und halte vor Schreck die Luft an.

Was mache ich denn da? Es ist als ob ich meine ganze Ausbildung vergessen hätte. Also wenn hier wer dämlich ist, dann ja ich. Ich sehe mich vorsichtig um. Jetzt heißt es wieder warten. Oh wie es hasse. Geduld. Ja, ok. Es ist für uns Fallensteller, die oberste Devise, aber es nervt mich trotzdem. Da fegt ein Lufthauch an mir vorbei und er bringt den Geruh von Blumen mit sich. Wo her kommt das denn? Ich bin mitten im Wald, Meilen vom der nächsten Lichtung entfernt und doch rieht es hier mit einem Mal nach Blumen. Plötzlich rascheln die Blätter unter mir. Ein Tier? Nein, ein weißes Flimmern. Was ist das? Habe ich mir das nur eingebildet? Aber bevor ich weiter darüber nachdenken kann, werde ich von einer gewaltigen Explosion abgelenkt. Darauf folgen Kriegsgeschrei und Gewehrschüsse. Der Angriff hat begonnen.

Und in all diesen Kampfgeräuschen, vernehme ich ein Zwitschern. Posten aufgeben. Zweite Angriffswelle einleiten. Ich richte mich aus meiner Position auf und befreie mich von den Stricken, die mich bisher an den Baum gebunden haben. Dann klettere ich weiter nach oben, um meine Waffe zu holen, die ich in einer Baumhöhle versteckt habe. Während ich mich gefechtsbereit mache, sehe ich eine Bewegung zu meiner linken. Einer meiner Kameraden schleicht sich in etwa hundert Meter Entfernung durch das Gestrüpp. Er kommt in meine Richtung. Nach dem ich alle meine Sachen eingesammelt habe, springe ich von meinem Baum. Ein Gewehrlauf zielt auf meinen Kopf. „Man, Fortuna! Kannst du nicht wie jeder normale Mensch von einem Baum steigen! Ich hätte dich fast erschossen.“

„Krieg dich wieder ein! So geht es halt schneller.“ Aber ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. James ist einfach süß, wenn er wütend ist. „Hör auf zu grinsen! Das hier ist kein Spiel!“ „Ja, Sir!“ Und da zuckt dann doch sein Mundwinkel. „Los ihr Spaßvögel, bewegt euch! Wir sind hier mitten in einem Angriff.“ Tara ist zu uns aufgeschlossen und wir alle setzten unseren Weg Richtung Kampfgeschehen fort. Wir drei kennen uns schon ewig. Wir sind nicht nur gemeinsam in die Armee eingetreten, sondern sind auch schon gemeinsam zur Schule gegangen. Wir haben bisher alles gemeinsam gemacht und sind ein eingespieltes Team. Wir sind die besten Freunde. Na gut, Tara und James sind inzwischen mehr als das. Sie sind verheiratet. Kurz nach Eintritt in die Armee haben sie angefangen miteinander zu gehen und kein halbes Jahr später, verkündeten sie ihre Verlobung. Seit damals fühle ich mich immer öfter wie das fünfte Rad am Wagen.

Wir kommen den Ort der Explosion immer näher. Tara, die geborene Anführerin, gibt uns mit Handzeichen Anweisungen. Unserem kleinen Trupp haben sich inzwischen andere angeschlossen. Ganz wie von unserem Führungsstab verlangt, hat sich zusätzlich zu uns Wachposten auch ganze Gruppen für die zweite Angriffswelle versteckt und zurückgehalten. Der einzige Zweck: Wir befinden uns jetzt hinter den feindlichen Lienen. Ich finde dies mehr als hinterhältig. Aber das ist Krieg. Es ist alles erlaubt. Miese Tricks werden erwartet. Ich unterdrücke das Bedürfnis davon zu rennen. James neben mir schluckt hart. Ich drücke ihn kurz ermutigend die Schulter, bevor ich meine Gruppe nach rechts führe. Es bringt alles nichts. Noch werdend ich meine Gruppe leise durch den Wald navigiere, beschleicht mich wieder das merkwürdige Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Aber ich kann leider nicht sagen, woher es diesmal kommt. Es läuft alles perfekt nach Plan. Vielleicht zu perfekt.

Ich weiß es nicht. Bereit! Das ist das zwitschern von James. Er hat eine zweite Gruppe nach links geführt. Ich hocke mich auf die Erde und robbe zum Felsvorsprung. Meine Kameraden hinter mir machen es mir nach. Bereit! Mein Adrenalin steig. Ich sehe über die Felskante auf das Schlachtfeld, lege mein Gewehr an und danke unseren Schutzgott Torak, dass wir heute nicht geben die Leumir kämpfen. Angriff! Die Radmar haben keine Chance. Wir metzeln sie nieder und dann geht etwas gehörig schief. Mehrere Explosionen erschüttern die Erde. Ich kann nur entsetzt auf die brennenden Krater starren, wo eben noch Menschen waren. Wo James war. Alles schrumpft auf diesen Augenblick zusammen. Kälte ergreift von mir besitzt, während mein Verstand noch zu begreifen versucht, was gerade passiert ist. Dann kommt die Wut.

Ein Schrei, wie ich ihn noch nie von mir gehört habe, kommt von meinen Lippen und ich springe auf und renne im Zickzack, den Abhang hinab. Dabei schieße ich wie von Sinnen auf jedes bisschen Weiß, was mir vor den Lauf kommt. Ich vernachlässige meine gesamte Deckung. Es ist mir egal. Tränen lassen meine Sicht verschwimmen und noch immer schieße ich auf diese Bastarde, die mir meinen Freund genommen haben. Irgendwann bemerke ich, dass ich gar keine Kugeln mehr im Lauf habe. Aber auch das ist mir egal. Dann nutze ich das Gewehr halt als Schlagstock. Es ist auf einmal so leicht zu töten. Ich schlage auf alles und jeden ein, der mir in den Weg kommt. Auf einmal schießt ein stechender Schmerz durch meine rechte Hand. Mein Gewehr ist zerbrochen und das scharfe Ende hat sich in meine Hand gebohrt. Mein Blut tropft auf das weiße Fell des toten Radmar auf welchen ich gerade eingeschlagen habe. Rot auf weiß. Es hat etwas Endgültiges.

ʚ Ich hasse Überraschungen ʚ

ʚ Achill ɞ
 

Heimaturlaub. Es ist jetzt schon Monate her, seit ich zuletzt auf Radmar war. Ich frage mich wie viel Daniel jetzt wieder gewachsen ist. Er ist letzte Woche sechs geworden und ich konnte nur einen normalen Sprachanruf mit ihm führen, da ich mich zu der Zeit an der Front befunden habe und dort nur eingeschränkte Kommunikation erlaubt ist. Was soll’s. Ich habe mir das Leben als Soldat selber ausgesucht. Nach meinen Pflichtjahren habe ich mich entschieden, weiter zu machen. Ich bin in dritter Generation Berufssoldat. Und Stolz darauf. Irgendwie. Es wäre toll, wenn meine Generation auch den Ewigen Krieg gewinnen würde, so das mein Sohn niemals in den Kampf ziehen müsste. Aber jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke, taucht auch gleichzeitig die eine Frage auf. Was würde ich dann machen? Zumindest bin ich gut darin, Soldat zu sein, und außerdem habe ich nie etwas anderes gemacht.

„Sir, es wird noch etwas dauern. Wir haben noch keine Starterlaubnis.“ Eine junge Soldatin steht vor meinem Sitz. „Aber ansonsten ist alles bereit?“ „Ja, Sir!“ Ich nicke und wedele mit der Hand, damit die Soldatin zurück auf ihren Platz geht. Ich sitze in einer der Raumshuttles, die zwischen Rota, der Hauptstadt auf Torak, und Ram, der Hauptstadt auf Radmar, hin und her pendeln. Ich sehe auf meine Uhr. Ach deswegen, verzögert sich der Start. Die Flugaufsicht, will den Weg unseres Shuttles so kurz wie möglich halten. Die Mondvölker führen nur noch selten Raumschlachten aus, aber erst letzten Monat haben wir bei einen dieser Kämpfe mehrere Shuttles verloren. Ich habe einmal in den Archiven des Militärs ein Tagebuch in einer hinteren, vergessenen Ecke gefunden. Darin wurden von spektakulären Raumschlachten berichtet. Leider war das Buch uralt, beschädigt und in einer altertümlichen Handschrift verfasst. Aber was ich entziffern konnte, war recht eigentümlich.

Es muss zum Anfang des Ewigen Krieges geschrieben worden sein, denn da ging es noch nicht um die Aufteilung der Welt an sich, sondern um die Energiegewinnung auf den einzelnen Monden. Leider ist die Anleitung dieser Techniken nicht mehr zu entschlüsseln gewesen. Aber ich frage mich, ob das der verlorene Grund für den Ewigen Krieg ist. Manchmal verblüffen mich meine Gedankenströme selber. Wieso habe ich mich gerade jetzt an dieses alte Tagebuch erinnert? „Brigadier, Sir? Wir haben die Starterlaubnis.“ „Na, dann los.“ Ich setzte mich gerader in meinem Sitz, damit die g-Kräfte mir beim schnellen Beschleunigen des Shuttles nicht auf den Magen schlägt. Ich habe hier in diesem Blechkasten den höchsten Dienstgrad und es kommt nicht gut, wenn ich mich vor meinen Untergebenen übergeben müsste. Ein Ruck geht durch die Reihen der Sitze. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie ein junger Soldat würgen muss.

Seine Nachbarn rücken etwas von ihm ab. Niemand will nach Erbrochenem stinken, wenn er seine Familie nach Monaten zum ersten Mal wieder in die Arme nimmt. Das Shuttle schießt auf die Wolken zu und durchbricht sie. Immer weiter entfernen wir uns von Torak. Ich sehe aus dem Fenster. Mir verschlägt es jedes Mal die Sprache, wenn ich den Planeten von hier oben sehe. Alles wirkt so klein. So bedeutungslos. Ich richte meinen Blick auf die Monde, die langsam näherkommen. Sie sind wunderschön. Und wieder einmal frage ich mich, wie etwas so schönes so etwas hässliches wie Krieg hervorbringen kann. Nein falsch. Die Monde sind nicht schuld. Sie können nichts für ihre Bewohner und deren Streben nach Macht. Mein Sitznachtbar atmet schwer und hat die Augen geschlossen. Seine Lippen bewegen sich stumm.

Ich sehe mich im Shuttle um. Na ja, soweit mir das auf meinem Sitz möglich ist. Er ist nicht der einzige, der das Schutzamulett von Torak umklammert hält und betet. Wir Radmar haben es nicht so mit Technik. Wir setzten mehr auf die Tiere, die Natur. Dennoch wundert es mich immer wieder, wie viele Flugangst haben. Auch Jasmin reist nicht gern mit dem Shuttle. Zu meinem Glück. So hat sie einen Job auf Radmar angenommen und kann unseren Sohn in Sicherheit großziehen. Eine Bewegung außerhalb des Fensters, erregt meine Aufmerksamkeit. Es ist ein Flimmern am Horizont. Eine Weltraumschlacht. Sie ist zum Glück nicht in unserer Nähe, aber wenn wir nicht aufpassen, werden wir dennoch von Geschossen und Trümmern getroffen. „Ausweichmanöver einleiten!“ Soldaten und Arbeiter sehen sich ängstlich um.

Mein Gesicht versteinert zu einer ausdruckslosen Maske. Viele um mich her erstarren oder sehen sich panisch um. Ich dagegen bin ganz ruhig. Manche würde vielleicht denken, ich sei entspannt, aber das bin ich definitiv nicht. Ich weiß, werden wir jetzt getroffen, kann ich nichts dagegen tun. Panik hilft da auch nicht. Die Besatzung des Shuttles weiß, was sie zu tun hat. Wir müssen nur etwas vertrauen haben. Ich sehe weg von den aufblinkenden Lichtern der Schlacht und sehe zu den Monden. Radmar leuchtet heller als alle anderen. Das liegt vor allem daran, das Radmar ganzjährig zu ein Drittel mit Eis gedeckt ist. Jetzt ist Sommer und überall in der Tundra blühen die Pflanzen. Ich denke nur daran. Sollte ich sterben, dann mit einer schönen Erinnerung vor Augen. Ich sehe meine Familie und mich bei einem Ausritt. Wenn wir landen, werde ich Jasmin dazu überreden. Daniel wird sich freuen. Ein ganzer Tag ohne Krieg. Genau das brauche ich jetzt.

Einige Trümmerteile streifen unsere Seite. Warnleuten blinken auf. Ich schließe die Augen und atme tief ein. Nichts Schlimmes passiert. Unser Flug beruhigt sich fürs erste wieder. Ich seufze erleichtert. Der Ruf des Piloten schallt durch das Shuttle. „Schadensbericht?!“ „Außenhülle leicht beschädigt, ein Lenkruder ist verbogen und drei Steuerdüsen sind defekt. Außerdem scheint die Bremsklappe blockiert zu sein. Sie kann nicht mehr richtig ausfahren. Bei der Landung werden wir Probleme bekommen, Sir.“ „Lässt sich nicht ändern. Wir müssen versuchen langsamer in die Atmosphäre einzutreten und möglichst vermeiden dies in einen allzu sitzen Winkel zu tun. Notfalls müssen mir eine Ehrenrunde drehen.“ „Ja, Sir!“

Unsere Piloten setzen zum Landeanflug an. Das ist die nervenaufreibende Landung, die ich je hatte. Und das schlimme: Ich darf nichts sagen. Ich kann nichts sagen, nicht helfen. Das ist einfach nicht mein Fachgebiet. Jetzt bete ich doch zu Torak. Was anderes kann ich im Moment nicht tun und es lenkt mich ab. Flammen schlagen auf der rechten Seite gegen das Fenster. Nicht gut. Gar nicht gut. Aber bloß nicht hinsehen. Ganz nach dem Motto, was ich nicht sehe, existiert auch nicht. Hilft natürlich nicht. Ich sehe immer wieder hin und meine Innere Ruhe ist auch dahin. Irgendwie schaffen es unsere Piloten zu landen. Wie sie das geschafft haben, weiß ich nicht. Aber kaum ist unser Shuttle zu stehen gekommen, sind auch schon die Löschfahrzeuge vor Ort. Ich schnalle mich von meinem Sitz los und klopfe den Piloten anerkennten auf die Schulter. Jetzt nichts wie raus aus dieser Blechdose.

Hoffentlich hat das Jasmin nicht mitbekommen oder noch schlimmer Daniel. Ich versuch den Krieg und die Gefahren weitestgehend von ihm fern zu halten. Was nicht einfach ist, wenn der eigene Vater Berufssoldat und noch dazu zum Führungsstab der Armee gehört. In Zukunft wird es noch schwerer. Daniel wird in ein paar Wochen eingeschult und dann kann ich ihn nicht mehr davon fernhalten. Schon heute liebt er die Kriegsgeschichten. Ich war in seinem Alter definitiv nicht so. Aber ich war auch die berühmte Ausnahme von der Regel. Mein Vater hat mir kämpfen beigebracht, hat mir beigebracht ein Soldat zu sein. Auch wenn ich gut war und noch bin, so steht doch eins fest: Ich habe es nur getan, weil meine Familie, weil es die Gesellschaft so wollte. Ich habe mir nicht erlaubt einen anderen Traum als das Beenden des Krieges zu haben. Das ist noch heute so. Aber dafür muss man kämpfen. Und wo geht das besser als in der Armee?

Draußen vor dem Stützpunkt warten die Familien auf die Soldaten und Arbeiter. Ich sehe mich nach meiner um. „Dad!“ Daniel findet mich als erster und ich bekomm seinen Kopf in den Magen als er mich stürmisch umarmt. „Upf! Hey Großer! Wo ist deine Mutter?“ „Ich bin hier.“ Ich löse einen Arm von Daniel und ziehe Jasmin zu mir. Daniel verzieht sein Gesicht als wir beide uns küssen. „Ich habe dich vermisst.“ „Ich dich auch.“ „Können wir gehen?“ Daniel zieht an unseren Händen. Wir drei gehen zu Jasmins Wagen.

„Wir haben eine Überraschung für dich.“ Daniel dreht sich zu mir um und läuft jetzt rückwärts. Er ist ganz aufgeregt. „Ich hoffe es gefällt dir.“ Er dreht sich wider um und läuft hüpfend zum Auto vor. „Was ist es?“ Doch Jasmin hebt nur geheimnisvoll ihre Augenbrauen. Na toll. Ich hatte vergessen, dass sie Überraschungen liebt. Ich weiß dagegen immer lieber im Voraus was auf mich zu kommt. Ist Berufsbedingt. Daniel öffnet den Kofferraum und holt eine längliche Tasche heraus. „Na, was hast du da, Großer?“ „Das hat Opa mir geschenkt“, sagt er grinsend und zeigt mir den Inhalt seiner Tasche. Es ist ein Gewehr. Ein Luftdruckgewehr. „Gehst du mit mir auf den Schießstand?“ Was soll ich denn jetzt sagen? Wie soll ich überhaupt reagieren? Ich finde das Geschenk meines Vaters nicht gut, aber Daniel lacht mich glücklich an. Und das ist genau das, was ich meine: Ich hasse Überraschungen.

Ѻ Und weg bin ich Ѻ

Ѻ Take Ѻ
 

„Ach Mist!“ Ich pfeffere wütend meinen Lappen auf die Ladefläche meines Transporters. „Was ist los?“ Gosho kommt unter seinen Waagen hervorgerollt. Er liegt auf einer dieser Bretter mit Rädern, die wir Mechaniker oft benutzen. „Die Elektronik ist total durchgeschmort und die Ersatzteile dafür werden erst in zwei Wochen eintreffen. Den Wagen können wir erstmal vergessen.“ „Das wird den Kommandanten nicht gerade freuen.“ „Was soll ich denn machen. Ich kann doch nicht zaubern. Kann ich dir irgendwie helfen?“ „Nein, geht schon. Ich bin fast fertig. Wenn du noch etwas wartest, können wir gemeinsam zum Kommandanten gehen.“ „Ach lass mal. Ich bring es gleich hinter mich.“ Gosho zuckt mit den Schultern und verschwindet wieder unter seinem Wagen.

Beim Verlassen der Werkstatt bin ich froh, dass ich als Soldat zu den Mechanikern eingeteilt wurde. Ich war noch nie der Mutigste. In einer richtigen Schlacht wäre ich wahrscheinlich total nutzlos. Zum Glück brauchen wir Zenmi immer viele Mechaniker, die unsere ausgereiften Technologien warten und reparieren müssen. Draußen ist es gerade ruhig. Verdächtig ruhig. Ich sehe mich nach den anderen Soldaten um. Es sind nur ein paar andere Mechaniker zu sehen. Wo sind die restlichen Soldaten? Plötzlich steht ein Soldat im Rang eines Kapitäns vor mir. Er hat seine Rüstung an und ist bis unter die Zähne bewaffnet. „Gehen Sie wieder rein!“ „Was, warum?“ „Sofort! Und hören Sie auf Fragen zu stellen!“ „Ja, Sir!“ Ich drehe mich auf dem Absatz um und renne zurück in die Werkstatt. Stell keine Fragen! Das sagen sie immer zu mir. Tue was man dir sagt! Befehl ist Befehl! Aber habe ich nicht das Recht zu erfahren, warum? Aber alle um mich herum, meine Lehrer, Vorgesetzten und sogar meine Eltern, sagen immer das gleiche: Hinterfrage nicht immer die Entscheidung von anderen!

Warum nicht? Ich meine, es geht doch meist um mein Leben! Immer habe ich unzureichende Informationen. Aber niemand außer mir scheint das erstens aufzufallen, zweiten zu stören und drittens und das ist das schlimmste, wenn ich dann irgendwie an mehr Informationen gekommen bin, fällt mir gleich eine bessere Lösung für das Problem ein. Aber dann ist es meist schon zu spät. Ich knalle die Tür der Werkstatt hinter mir zu und lehne mich dagegen. Gosho kommt erneut unter seinen Wagen hervor. „Was ist passiert?“ „Keine Ahnung. Ich wurde gerade aufgefordert, das Gebäude nicht zu verlassen. Die Planen schon wieder etwas und wir sind mal wieder nicht eingeweiht. Ich habe langsam die Nase voll.“ „Ach reg dich nicht auf. So ist das halt.“ Ich beneide Gosho. Er ist immer die Ruhe selbst. „Aber eine Vorwarnung oder kleine Ankündigung, wäre nicht schlecht. Ich habe echt manchmal das Gefühl, wir sind für sie nur die Köder, die Ablenkung für die feindlichen Armeen.“

„Das bildest du dir nur ein. Du hast eine rege Fantasie.“ „Na, wenn du meinst.“ Ich bin mir da allerdings nicht so sicher. Wir stehen in der Hackordnung ziemlich weit unten und auch wenn wir unverzichtbar sind, so doch nicht unersetzbar. „Und was machen wir jetzt?“ „Also ich mach meinen Wagen fertig.“ „Und dann? Hast du Karten dabei?“ „Nein, leider nicht.“ Ich seufze und lasse mich langsam die Tür hinabgleiten bis ich auf dem Boden hocke. Gosho richtet seine Aufmerksamkeit wieder auf seinem Wagen. Hier in der Werkstatt ist es weder sehr warm noch sehr kalt und dennoch läuft Gosho der Schweiß. Die oberen Knöpfe seines Hemdes sind geöffnet und legen seine wohlgeformten Schüsselbeine frei. Ich sehe an mich herunter und muss zum wiederholten Mal feststellen, dass ihm die Uniform viel besser steht als mir.

In dem Moment ist von draußen ein lauter Knall zu hören. Ich schrecke hoch und sehe die verschlossene Tür an. „Was ist da draußen los?“, frage ich nach einem erneuten Knall, der viel näher klang als der Letzte. Oder bilde ich mir das nur ein? Erneut knallt es. „Was immer es ist. Es kommt näher.“ Gosho steht jetzt neben mir und starrt ebenfalls die Tür an. Na toll, dann habe ich es mir doch nicht eingebildet. Ich sehe mich Hilfe suchend um. Wir müssen uns verstecken! Doch Gosho scheint da anderer Ansicht zu sein, denn obwohl es draußen weiter knallt, wendet er sich wieder seinem Wagen zu. „Äh, Gosho? Was tust du da?“ „Weiter arbeiten, was denn sonst? Der Kommandant will den Schrotthaufen hier so schnell wie möglich repariert sehen.“ Ich starre ihn entgeistert an. Das ist doch nicht sein ernst! Draußen exportieren irgendwelche Sachen, wir werden vielleicht angegriffen und sind höchstwahrscheinlich in Lebensgefahr und er will diesen Wagen reparieren?!

„Sag mal, spinnst du? Wir sollten in Deckung gehen!“ „Beruhig dich, Take!“ „Beruhigen?! Wir werden gerade Angegriffen!“ „Oder die führen eine Übung durch.“ „Ja, nee ist klar!“ „Warum so sarkastisch? Kann doch durchaus so sein. Außerdem bist du immer viel zu pessimistisch und der Kommandant…“ Mein Blick lässt ihn verstummen. „Das ist keine Übung, glaub mir! Und selbst wenn doch: wir sollten so oder so dahinter Schutz suchen!“ Ich zeige auf mehrere Schilde, die bei der Ladung steht, die in den nächsten Tagen repariert wieder an die Front geschickt werden sollen. „Die sind noch nicht fertig, Take. Die nützen gar nichts.“ „Ja, die eingebaute Technik ist im Eimer, aber die Metallpatten schützen uns noch alle mal vor einer Explosion.“ Gosho schüttelt registriert seinen Kopf. Ich habe gewonnen.

Es sind jetzt knapp 10 min vergangen, in denen zwar die Explosionen nicht aufgehört haben, aber auch sonst nichts weiter passiert ist. Langsam kommen auch mir die Zweifel. Aber das kann ich Gosho nicht sagen. Er denkt wahrscheinlich eh schon, dass ich ein Angsthase bin und auch wenn das durchaus zu trifft, so will ich von ihm nicht gesehen werden. Das ist schlicht und ergreifend peinlich. Ich bin Soldat, verdammt noch mal! Also sitzen wir beide weiter hinter den Schilden verschanzt da und warten darauf, dass der Angriff oder die Übung oder was es auch immer ist, aufhört. Gosho wirft mir immer wieder fragende Blicke zu. Es fängt langsam an zu nerven. „Na los! Spuck es schon aus!“ „Glaubst du wirklich, dass wir werden angegriffen werden? Ich meine, müssten dann nicht die Alarmglocken läuten?“ „Ich weiß, was du meinst, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass da was nicht stimmt.“ Da war ich mir absolut sicher, nur sagt mir das nicht mein Bauchgefühl.

Es ist die Erde oder besser die Schwingungen, die durch sie übertragen werden, die es mir verraten. Dafür muss ich nur meine Hände auf den Boden legen. Ansonsten funktioniert es nicht. Ich habe einmal meinen Eltern von dieser Fähigkeit erzählt. Sie haben mir trotz meiner Beweise nie geglaubt. Dabei ist das Ganze wie ein zweites Paar Augen, welches ich nach Belieben dazuschalten kann. Obwohl Augen nicht das richtige Wort ist. Es ist mehr ein Erspüren von Erschütterungen, egal wie groß oder klein sie sind und jetzt von der Angst beflügelt, ist auch meine Reichweite sehr groß. Größer als gewöhnlich. Warum ich mir sicher bin, dass etwas nicht stimmt? Ich weiß, dass unsere Kanonen abgefeuert werden, aber die Anzahl der Einschläge ist damit nicht konform. Also entweder werden von unseren Leuten auch Geschütze außerhalb meiner Reichweite und außerhalb der Mauern dieses Stützpunktes abgefeuert oder aber wir werden Angegriffen. Das wiederum wirft einige Fragen auf.

Wenn ersteres zutrifft, warum tun wir das? Testen wir was? Und wenn ja was? Werden wir dagegen angegriffen, stellen sich einige andere Fragen und zwar wie Gosho richtig festgestellt hat, läuten die Alarmglocken nicht. Warum ist das so und warum wussten anscheinend alle Soldaten außer uns Mechanikern Bescheid? Und wenn sie Bescheid wussten, warum haben sie es nicht verhindert? Konten sie es nicht oder wollten sie es nicht? Und warum wurden wir nicht eingeweiht? Aber die Frage die mich am meisten beschäftigt: Was sollen wir tun? Wir haben hier keinerlei Waffen. Na ja, nur unser Werkzeug und das ist dafür nur bedingt geeignet. Und das schon gar nicht bei einem Fernkampf wie die Leumir oder Bato sie führen. Auch gegen einen Taminga, die Meister des Nahkampfs, könnte ich damit nicht bestehen. Gegen die Mura, Radmar und Elfog könnte ich mit Goshos Hilfe vielleicht ankommen. Aber Elfog greifen selten an. Sie sind besser in Verteidigung als im Angriff. Sie sind es rein nach der Logik nicht.

Aber der Krieg ist nicht logisch und so frage ich mich, ob sie es vielleicht doch sind. Aber warum sollten sie uns angreifen? Wir haben seit Jahren nicht miteinander gekämpft. Wir hatten schlicht und ergreifend keinen Grund dafür. Dazu kommt, dass wenn wir gekämpft haben, es meistens wir waren, die in ihre Gebiete eingedrungen sind und nicht anders herum. Wie gesagt, sie sind besser in der Verteidigung als im Angriff. Wir dagegen sind nur in der Information Beschaffung wirklich gut, also dem Aufspüren von generischen Truppen. Und in einem Krieg ist das die wichtigste Eigenschaft. Unsere Technologien ermöglichen uns eine ganz andere Weise der Kriegsführung. Mit ihnen sind wir verteidigungstechnisch und angriffstechnisch meist klar im Vorteil, da wir sie auf unsere jeweiligen Gegner spezifisch zuschneiden können. Der Nachteil: Wir verlassen uns zu sehr auf diese Technologien und ohne diese sind wir so gut wie Hilflos.

Noch während mir all dies durch den Kopf geht, werde ich mit einem Mal nach vorne geschleudert und gegen die Wand gedrückt. Die ganze Luft entweicht aus meinem Körper. Ich habe das Gefühl zerrissen und zerquetscht zugleich zu werden. Meine Welt besteht nur noch aus Schmerz. Die schweren Eisenschilde begraben mich unter sich. Ich bin eingeklemmt. Nach gefühlt einer Ewigkeit füllen sich meine Lungen mit der dringend benötigten Luft und ich kann endlich schreien. Aber meinen eigenen Schrei kann ich nicht hören. Ich kann überhaupt nichts hören. Dann kommt die Dunkelheit. Und weg bin ich.

۞ Na toll ۞

۞ Samantha ۞
 

Die Waffe liegt schwer, aber sicher in meinen Händen. Ich selber liege ruhig auf dem Boden des Schießstandes und atme konzentriert ein und aus. Beim nächsten Mal ausatmen, halte ich kurz die Luft an und betätige den Abzug. Treffer! Ich schaue über mein Gewehr auf mein Ziel. Von hier aus ist die kleine, runde Scheibe fast nicht zu sehen. Ich schaue erneut durch das Zielfernrohr. Mmh. Ich muss den Lauf neu ausrichten. Die Kugel ist ein paar Zentimeter zu weit rechts eingeschlagen. Ich seufze und rapple mich mühselig auf. Seit eine Granate in meiner Nähe explodiert ist und mein linkes Bein zerfetzt hat, habe ich eine Beinprothese. Aber beschweren kann ich mich nicht. Ich bin am Leben und mein linkes Knie ist mir erhalten geblieben, weshalb ich meine Prothese ziemlich leicht bedienen kann. Außerdem ist sie auch noch mechanisch, darum kann ich sogar rennen, wenn ich das will. Nur das aufstehen, ist etwas mühselig. Vor allem an Tagen wie heute, wo mein Beinstumpf schmerzt.

Was ich damals wirklich ärgerlich fand, war dass ich meine Hochzeit verschieben musste. Aber das ist jetzt auch schon wieder drei Jahre her. Nach meiner Verletzung musste ich nie mehr als Soldat nach Torak und an die Front. Dafür habe ich meinen Dienst hier auf Leumir verrichtet. Inzwischen bin ich dank meiner zweijährigen Tochter ehrenhaft aus dem Militärdienst ausgeschieden und arbeite als angesehene Waffenproduzentin oder wie mein Mann es manchmal scherzhaft nennt: Waffenschmiedin. Gerade überprüfe ich persönlich meine neuste Waffenlieferung. Ich habe mehrere Angestellte. Dennoch ist es für mich Ehrensache, jede Waffe einzeln und per Hand den letzten Schliff zu geben. Meine Firma ist verhältnismäßig klein und da die Waffen nur teilweiße maschinengefertigt sind, auch entsprechend teuer. Als Waffenproduzentin werde ich vom Militärstab des Öfteren gebeten meine selbst designten Waffen auf Torak vorzuführen.

Meine Mutter ist darüber nicht gerade glücklich. Genauso mein Mann und das obwohl es George ist, der mehrere Monate am Stück auf Torak ist. Er ist Berufssoldat. Ich will nicht so sehr darüber nachdenken, was er gerademacht. Ich kann ihn von hieraus eh nicht helfen, sollte etwas passieren. Ich verlasse den hauseigenen Schießstand und gehe in die Werkstatt. Dabei muss ich durch den Laden hindurch. Tim, einer meiner Angestellten, berät gerade eine Gruppe Soldaten. „Guten Tag, meine Herren.“ Die Soldaten nicken mir freundlich zu. „Alles gut gelaufen, Chefin?“ „Relativ. Aber es geht noch besser.“, ich wende mich jetzt direkt an die Soldaten, die wie es scheint, frisch befördert wurden und sich jetzt eine handgefertigte Waffe leisten können, „Wenn Sie Fragen haben oder bei etwas anderem Hilfe brauchen, fragen sie Tim hier einfach.“ Ich nicke Tim zu. „Ich bin in meiner Werkstatt.“, flüstere ich leise. Noch heute gelte ich als eine der besten Schafschützen der Leumir und da die Leumir die besten Scharfschützen der sieben Mondvölker besitzen, kann man wohl auch mit Fug und Recht behaupten, ich sei einer der besten der ganzen Welt.

Hier auf Leumir bringt mir dieses Talent nur noch wenig. Aber ich bin zufrieden so wie es ist. Obwohl ich zugeben muss, dass Talent allein oder gar Glück nichts mit meiner Trefferquote zu tun hat. Wenn ich das will, treffe ich immer ins Schwarze. Ich habe es noch nie irgendjemanden gesagt, aber ich kann meine Kugeln mit meinen Gedanken kontrollieren. Ich bin mir ziemlich sicher das meine Kugeln in meiner Vergangenheit als Soldatin, oft eine Kurve beschrieben haben. Aber das scheint zu meinem Glück nur mir aufgefallen zu sein. Heutzutage muss ich mich stark konzentrieren um diesen Effekt nicht aus versehen hervorzurufen. Wie soll ich Waffen testen, wenn einer meiner Gedanken ausreicht, um das Ziel zu treffen? Ich sehe mich in meiner Werkstatt um, ob ich wirklich alleine bin. Dann hefte ich meinen Blick auf eine der Zangen, die in der hinteren Ecke liegen. Sie fängt an zu zittern und schießt dann auf mich zu. Ich fange sie grinsend auf. Das habe ich lange schon nicht mehr gemacht. Ich fühle mich dann immer so frei.

Auch wenn ich regelmäßig ins Kriegsgebiet fliege und Waffen für den Krieg herstelle, so lebe ich doch selber ziemlich friedlich. Mein Laden liegt etwas außerhalb von Lau, der Hauptstadt hier auf Leumir. Meine Fabrik steht gleich daneben und in einem kleinen Dorf, eine dreiviertel Stunde entfernt, steht das Familienanwesen meiner Eltern. Dort lebe ich zusammen mit meiner Mutter und meiner kleinen Tochter. Mein Vater ist kurz nach meiner Geburt gestorben. Die Eltern meines Mannes waren beide Arbeiter auf Torak und wurden bei einem Angriff vor vielen Jahren getötet. Ich habe sie nie kennengelernt.

Ich sehe auf meine Uhr. In vier Stunden werde ich Schluss machen und nach Hause fahren. Die Zeit vergeht wirklich wie im Flug, wenn man sich auf eine Aufgabe konzentriert. Im Verlauf des Abends kommen noch ein paar mehr Kunden, dennoch vergeht der Rest des Tages ziemlich ereignislos. So ist das meistens hier. Aber in dieser Zeit des Jahres mache ich an meisten Profit. In ein paar Wochen steht das alljährige Militärfest an. Es ist ein Nationalfeiertag und jeder aktive Soldat putzt sich für diesen Anlass heraus. Das heißt für mich, dass ich mehr Waffen verkaufen kann. Tim steckt den Kopf durch die Werkstatttür. „Ich mache jetzt Schluss, Chefin.“ „Alles klar. Gute Heimfahrt.“ Ich lege die Waffen in ihre Koffer zurück und fange an, alles abzuschließen.

Auf der Heimfahrt lande ich mal wieder im Stau. Na toll, jedes Mal dasselbe. Aber ändern kann man es nicht. Obwohl die Stadt am Tag floriert, sind in der Nacht nur noch die Soldaten da und jene Bar- und Restaurantbesitzer, die in den Vergnügungsvierteln ihr Geld verdienen. Alle anderen fahren in die Vorstädte oder nahen Dörfer. Ruhe und Frieden, das ist was alle wollen. Na ja, entweder das oder man bekommt von der Gefahr, vom Krieg nie genug. Da spielt es auch keine Rolle, was man alles Verliert. Und leider muss ich zugeben, dass ich mich auch hin und wieder nach der Gefahr sehne. Das Adrenalin, welches einen dabei durch die Adern schießt, ist einfach unbeschreiblich. Tja. Dieses Stresshormon sorgt für Höchstleistungen und ist besser als jede Droge. Und dennoch: Man sollte die Gefahr niemals unterschätzen.

Manchmal frage ich mich, was aus mir geworden wäre, wenn es den Krieg nicht geben würde. Ich weiß es beim besten Willen nicht. Es gibt den Krieg halt und er wird auch nicht so schnell aufhören. Auch wenn ich mir das für meine Tochter wünschen würde. Der Stau löst sich etwas auf. Nur noch zwei Abfahrten, dann bin ich fast zu Hause. Mein Haus ist etwas ganz Besonderes. Es sieht aus als wäre es aus einem Stück gemacht und wäre mehr aus der Erde gewachsen als gebaut worden. Mein Haus ähnelt mehr einem Baum als einem Haus. Ich liebe es. Meine Mutter ist die beste Architektin in der Region und unser Haus DAS Aushängeschild ihrer Arbeit. Ich parke meinen Wagen in der dazugehörigen Garage und gehe zur Vordertür. Noch bevor ich da bin, öffnet sich die Tür und meine kleine Tochter kommt dicht gefolgt von meiner Mutter herausgerannt. „Mama! Mama!“

Ich hocke mich hin und umarme Maria. Sie ist so ein fröhliches, unbeschwertes Kind. Ich hebe sie hoch und begrüße meine Mutter. Maria weiß noch nichts vom Krieg oder besser sie versteht es einfach noch nicht. Zum Glück. Und das wird auch noch eine Weile so bleiben, denn meine Mutter, die ganztags auf sie aufpasst, wird es ihr nicht erzählen. Wir haben die Übereinkunft, dass dieses Thema bis zu ihrer Einschulung tabu ist. Klar, George ist Berufssoldat, aber Maria weiß nicht, was das im Detail bedeutet. Für sie ist er immer nur sehr lange weg um zum Arbeiten. Meine Mutter ist heute bei unserer gemeinsamen Abendrutine ungewöhnlich ruhig. Nachdem ich Maria ins Bett gebracht habe, frage ich sie was los ist. Eine Sorgenfalte bildet sich auf ihrer Stirn.

Die letzten Male, wo ich sie so gesehen habe, ging es immer um den Krieg. Als ich in die Armee eingetreten bin, später im Krankenhaus als ich nach der Explosion wieder aufgewacht bin und wenn ich als Gesandte der Waffenlobby regelmäßig Tests auf Torak durchführe. Es bedeutet nichts Gutes. „Heute ist ein Brief gekommen.“ „Ein Brief?“ Sie deutet auf einen Umschlag, der das Wappen der Armee trägt. Es ist ein förmlicher Brief. Ein Test auf Torak ist für die nächsten Wochen nicht vorgesehen, nicht vor dem Militärfest. In dieser Zeit des Jahres will das Militär und die Waffenlobby ihre Stärke hier auf Leumir zeigen, um den Soldaten und der Bevölkerung neuen Mut zu geben. Ich unterdrücke ein Zittern. Aber wenn das kein Brief für mich als Abgesandte ist, was steht dann da drin? Ist George was zugestoßen? Tot kann er nicht sein, sonst hätten mich Vertreter der Armee besucht. Hör auf so was zu denken, Samantha! Und mit einem Stoßgebet an Torak, den Schutzgott der Soldaten, öffne ich den Brief.

Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass wir Leumir, ab morgen die Zenmi unterstützen, die sich gerade im neuendbranden Krieg mit den Elfog finden. Da die Elfog aus noch unbekannten Gründen die Zenmi angegriffen haben, wurde wir um Unterstützung von Seiten der Zenmi gebeten. Dies hält solange an, bis beiden Seiten genauere Gründe für den Angriff der Elfog vorliegen und das weitere Vorgehen geplant werden kann. Da wir Leumir uns allerdings in einem aktuellen Krieg mit den Mura befinden, die von den Zenmi unterstützt werden, bitten wir darum, die Überprüfung der Waffen zu übernehmen, damit diese nicht in die Hände der Mura fallen. …

Ich höre auf zu lesen. Was soll das? Ich gehöre nicht mehr zur Armee! Haben sie denn keine geeigneten Leute in ihren Reihen, die diese Aufgabe übernehmen können? … Wir bieten Ihnen das Kommando einer für diesen Fall extra gegründeten Spezial Einheit aus Zivilisten und Armeeangehörigen an. … Das heißt doch nur das ich es tun muss. Na toll.

҈ Was passiert hier?! ҈

҈ Elsa ҈
 

„AUUUFGEEESTANDEEEN!“

Seit zwei Wochen ist das Gebrüll des Leutnants mein Wecker. Ich springe aus dem oberen Etagenbett und mache in Windeseile mein Bett. Ganz nach Vorschrift, stellen wir Kadeten uns, nach dem wir uns angezogen haben, in Rei und Glied vor den Betten auf. Der Leutnant geht durch den großen Schafsaal und kontrolliert die Betten und unsere Uniformen. Hier hat man noch weniger Privatsphäre als in Chateau Koi. Zwanzig Etagenbetten standen in Baracke 11 in Zehnerreihen neben einander. Baracke 11 war eine der Frauenbaracken und so war unser Leutnant, wenn auch auf den ersten Blick nicht zu erkennen, auch eine Frau.

Sie schläft in dem Büro neben dem Sammelbad. Als Leutnant hat man mehr Privatsphäre aber auch mehr Verantwortung. „Kadet Klara! Ihre Uniform sitzt schon wieder nicht richtig! Stecken Sie ihr Hemd gefälligst richtig in die Hose!“ „Verzeihung, Ma’m!“ Klara versucht das widerspenstige Hemd glatt und ohne Falten in die Hose zu stecken. „Kadet Sarah! Sagen Sie mir was mit ihrem Bett ist!“ „Ich weiß nicht, Ma’m!“ „Die Bettdecke, Kadet!“ Sarah stürzt zu ihrem Bett und richtet die Bettdecke in den vorgeschriebenen Zentimetern zum Bettrand aus. So geht das noch geschlagene zehn Minuten weiter bis wir alle in den Essenssaal marschieren dürfen. Ich frage mich, mit was sie uns heute drangsalieren wollen. Gestern war es Dauerlauf mit Feldgepäck. Sechs Stunden mussten wir entweder marschieren oder sogar laufen und durften nur einmal kurz zum Essen haltmachen. Vorgestern haben wir solange schießen und die Handhabung mit Schusswaffen geübt, dass ich meine Hände am Abend nicht mehr spüren konnte.

Im Speisesaal geht’s lockerer zu als zur meiner Schulzeit. Alle Soldaten, männlich wie weiblich und mit verschiedenen Dienstgraden, saßen bundgemischt an den langen Tischen oder standen an der Essensausgabe an. Wie jeden Tag merke ich, wie sich das Verhalten meiner Kameraden veränderte, während wir auf unser Essen warteten und das diente nur zu einem einzigen Zweck. Sie wollten einen Mann. Doch ihr Verhalten hätte nicht unterschiedlicher sein können. Die einen gaben die kühle Soldatin, die dennoch nach den unverheirateten Männern Ausschau hielt, um zu sehen ob sie sie beeindruckten. Andere fingen an, sich aufreißend zu bewegen und den Männern Blicke mit Wimpern Aufschlag zu zuwerfen. Und dann gibt es die Mädchen die sich in kleineren Gruppen zusammenfinden und giggelt die anwesenden Männer analysieren. Ich verdrehe genervt meine Augen, da ich heute das Pech habe, genau hinter so einer Gruppe zu stehen.

„Hi, ich bin Alex. Du bist mir schon die letzten Male aufgefallen. Morgen Abend hätte ich frei und wollte dich fragen, ob du ihn mit mir zusammen verbringen willst.“ Die Giggelgruppe dreht sich verblüfft zu mir um und mir wird bewusst, dass der junge Soldat mich angesprochen hat. „Äh“ Ich sehe in die grauen batotypischen Augen und weiß nicht was ich antworten soll. Alle Mädchen in meiner Baracke würden sofort ja sagen, aber ich hatte nicht so schnell vor, einen Mann zu finden. „Wie heißt du?“ „E-Elsa?“ „Hübscher Name. Und? Was sagst du? Treffen wir uns morgen?“ „Los Elsa, sag ja!“ Sarah hinter mir nickt mir aufmunternd zu. „Okaaay?“ „Dann morgen um 18Uhr bei dem Fahnenmast vor der Baracke 2.“ Mist! Jetzt habe ich glatt zugesagt. Da komm ich nicht mehr so schnell raus.

Ich sehe Alex hinterher, der zufrieden zu seinen Kameraden an den Tisch zurückkehrt. „Klasse, Elsa! Du bist die erste aus unserer Baracke, die ein Date hat.“ Ja, genau. Als ob ich das gewollt habe. Ich war einfach überrumpelt worden, obwohl ich zugeben musste, dass Alex wenigstens keinen dieser dämlichen Anmachsprüche aufgesagt hat. Außerdem sah er auch gar nicht mal so übel aus. Er hat ein symmetrisches Gesicht und die batotypischen welligen schwarzen Haare verliehen ihm ein lässiges Aussehen. Was soll‘s. Ich kann ihn nach dem ersten Date immer noch eine Abfuhr erteilen und wie hat Sophie mal so schön gesagt: Dich, Elsa, muss man echt zu deinem Glück zwingen! Wer weiß? Vielleicht ist er mein Traummann. Obwohl ich mir noch nie darüber Gedanken gemacht habe. Ich schüttle den Kopf und schnappe mir das erstbeste Essen.

Nach dem Frühstück müssen wir alle vor unserer Baracke zum Fahnenappell antreten. Wie es aussieht ist heute Flugtraining. Na hoffentlich, ein richtiges Training und nicht wieder ein Simulator. Ich habe festgestellt, dass ich im Fliegen ziemlich begabt bin. Aber das ist nur eine Maschine, ein Computer. Ein echter Flieger oder sogar Raumschiff ist etwas ganz anderes. Ich frage mich wie es ist wieder nach Torak zu fliegen. Ich bin als Kind von Arbeitern oft in den Ferien mit meinem kleinen Bruder nach Torak geflogen. Nur manchmal haben wir unsere Ferien hier auf Bato verbracht. Warum ich ausgerechnet jetzt an meine tote Familie denken muss, ist mir nicht ganz klar. Vielleicht weil mein Vater zu seiner Armeezeit einer der besten Flieger der Bato war und ich sein Talent vererbt gekommen habe?

Ich versuche meine Gedanken wider auf das hier und jetzt zu konzentrieren. Was gar nicht so einfach ist, da der Leutnant einen ewig langen Vortrag über Vorschriften und Techniken hält. Trockener geht’s nicht mehr. Man, wann ist die endlich fertig? Ich schiele kurz zu meinem Nebenmann herüber und muss mir ein Grinsen verkneifen. Hoffentlich bemerkt es der Leutnant nicht, sonst müssen wir garantiert Strafliegestütze machen. Aber leider kann ich Klara auch nicht anstupsen, sonst fällt es erst recht auf. Sie hat nämlich die Augen geschlossen und hört offensichtlich nicht mehr zu. Dann ist der Leutnant mit der Ansprache fertig und als wir alle „Ja, Ma’m!“ brüllen, ist auch Klara wieder aufgewacht und der Leutnant hat nichts mitbekommen.

Ich bin aufgeregt. Ich sitze in einem wirklichen Flieger. Er ist einer von dutzend Übungsfliegern, die hier auf Bato positioniert sind. Und was wirklich toll ist, da ich die meisten Punkte beim Simulator Test gekommen habe, bin ich eine der wenigen glücklichen, die in einer Zwei-Mann-Maschinen sitzen. Mein Fluglehrer sitzt hinter mir. Sein Name ist glaube ich David. Das erste Mal alleine Fliegen. Das Gefühl soll dabei unbeschreiblich sein. Aber es gibt so viel zu beachten, dass ich von der Freiheit, von der David gesprochen hat, kaum was mitbekomme. Was soll‘s. Das wird sich mit der Zeit hoffentlich verändern. Mittags haben wir alle etwas Freizeit. Und prompt werde ich von allen Mädchen belagert. „Ich habe gehört, das du morgen ein Date hast, ist das wahr?“ Und: „Was werdet ihr machen, weißt du das schon?“ Es sind auch Mädchen darunter, die nicht zu meiner Baracke gehören und mit denen ich noch nie ein Wort gewechselt habe.

„Ich habe mich mal erkundigt“, Sarah macht ein wichtigtuerisches Gesicht, „Alex soll ein richtiger Gentleman sein und seine Eltern haben eine sehr erfolgreiche Firma, das heißt er ist ziemlich wohlhabend.“ Wann hat sie denn das in Erfahrung gebracht? Also echt, wenn die alle genauso viel Energie für andere, wichtigere Dinge hätten, wäre der Krieg bereits gewonnen. Außerdem scheinen sich Gerüchte über Dates oder Liebe im Allgemeinen unter den Kadeten schneller zu verbreiten als Nachrichten über den Krieg. Verständlich. Krieg ist selbst für uns Armee-Neulinge nichts Neues. Die Liebe dagegen… Ich schleiche mich von dem aufgeregten Haufen giggelnder Mädchen davon, die nichts Besseres zu tun haben als über Jungs zu reden. Das sie mich über Alex hatten ausfragen wollen, scheint ihnen wieder entfallen zu sein. Mein Glück. Aber sie haben mich nachdenklich gemacht.

Warum will ich nicht, wie jedes andere Mädchen, eine Familie gründen? Was stimmt nicht mit mir? Oder ist mit mir alles in Ordnung und diese Mädchen sind verrückt? Andererseits, wenn alle so wie ich denken würden, gäbe es heute keine Batos mehr. Aber dann gäbe es auch keinen Krieg. Ein grimmiges Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht. Diese Logik ist mal wieder unschlagbar. Aber mal ehrlich. Wenn jeder von den Mondvölkern nur etwas von ihrem Stolz zurücktreten und mit einander reden würde, statt sich zu bekriegen, hätte man schon eine Lösung gefunden. Aber niemand ist auch nur bereit einen Kompromiss einzugehen und da kann unsere Regierung noch so sehr unsere Feinde die Schuld zuschieben. Es kann sich keiner rausreden, denn wir sind ja nicht besser. Ich seufze und bleibe wie angewurzelt stehen. Wo zum Teufel bin ich den jetzt schon wieder langgegangen? Links oder rechts? Ich kann mich leider nicht erinnern.

Und zu allem Überfluss sieht hier auch noch alles gleich aus. Klasse gemacht, Elsa! Meine Lehrer hatten Recht. Ich träum zu viel. „Na, verlaufen?“ Ein Soldat mit einer Narbe auf der linken Wange hat mich entdeckt und kommt jetzt zu mir herüber. „Hä, weiß nicht so genau.“ Er fängt an zu lachen. Dabei entsteht ein niedliches Grübchen auf seiner unversehrten Wange und ich merke wie ich rot werde. „Wie kann man das nicht wissen?“ „Naja, die Frage ist: Wo bin ich gerade?“ „In diesem Gebäude da, ist der Flugsimulator.“ „Dann, nein. Ich habe mich nicht verlaufen. Ich bin nur falsch abgebogen.“ Seine Augen blicken belustigt. Das ist ansteckend und ich muss zurück grinsen. „Na, dann gehe ich mal wieder zurück.“ „Und ich mache mit meinem Training weiter.“ Aber keiner von uns beiden bewegt sich.

Wir starren uns nur an. Langsam wird es echt Peinlich. „Also gut. Ich bin darin nicht wirklich gut, aber wie wärs? Gehen wir mal gemeinsam tanzen?“ „Klar. Übermorgen? Ich habe gehört das im „Im schwingenden Schuh“ tolle Musik laufen soll.“ Was mache ich den hier! „Klingt gut, also bis übermorgen!“ „Bis dann!“ Und weg ist er. Was war das denn? Ah! Ich weiß gar nicht, wann und wo wir uns treffen! Und ich kenn noch nicht mal seine Namen! Was ist denn mit mir los! Es ist gerade Mittag und ich habe Dates mit zwei verschiedenen Typen! Wenn das die anderen hören! Hilfe! Was passiert hier?!



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