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Red Apples

Ein Apfel trug an allem Schuld
von

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Ein Apfel war an allem schuld

Prolog | Ein Apfel trug an allem Schuld
 

„Verdammt, nur noch zwei Minuten!“ Leise fluchend warf das brünette Mädchen einen Blick auf ihre Armbanduhr. Wenn sie sich nicht sputete, würde sie sich wieder einmal verspäten! Ihr blieb nur noch wenig Zeit und es war noch ein ziemlich Stück bis zu dem vereinbarten Treffpunkt...sie sprintete also los und hoffte auf ein Wunder. Einige nicht ganz legitime Abkürzungen und unnennenswerte beinahe-Kollisionen mit LKWs und Radfahrern später, war ihr Ziel auch bereits in Sichtweite und das nur fünf Minuten zu spät! Auf einer kleinen Bank unter der größten Linde weit und breit, die das Zentrum ihres kleinen Dörfchens bildete, wurde sie auch schon ungeduldig erwartet.

„Lily!“ Sie winkte dem wartenden Mädchen freudig zu, diese strich sich jedoch in einer demonstrativen Geste die langen, blonden Haare aus dem Gesicht.

„Deine Pünktlichkeit kennt wieder ‘mal kein Gleichnis, Amy.“ Den Sarkasmus ihrer besten Freundin seit Kindertagen, denn niemand anderes war die wartende Zynikerin, ignorierend, warf Amy sich neben sie auf die kleine Bank. Erschöpft von dem hinter ihr liegenden Lauf streckte sie sich und gähnte laut auf, bevor sie es wieder schaffte sich klar auszudrücken.

„Du glaubst nicht, wie müde ich bin...hab‘ ich schon ‘mal erwähnt, wie sehr ich es hasse, zu laufen?“

„Ich erinnere mich dumpf an einige Gelegenheiten bei denen du dies geäußert haben könntest...spontan würden mir aber nur so an die 30 einfallen.“ Ein Lächeln breitete sich auf Lilys Zügen aus, als sie ihre Freundin spielerisch in die Seite stupste. „Dass du mir hier ja nicht einschläfst, wir haben noch eine Menge vor heute! In einer halben Stunde wollten wir schon zu den anderen und bis dahin...“
 

Das idyllische Gespräch wurde jäh unterbrochen, als es über ihnen im Blätterwerk plötzlich laut zu rascheln begann, die Quelle des Geräusches war jedoch nicht zu sehen.

„Ehm...also entweder ist da oben ‘n besonders behäbiges Eichhörnchen...“ Sie wurde einmal mehr unterbrochen, als plötzlich etwas von dem Baum fiel. Sofort beugten sie sich vor, um das Kleinod zu untersuchen...und wunderten sich nicht gerade wenig, als sie das sprichwörtliche Fallobst erkannten.

„E-ein...Apfel...?“ Amy musterte die kleine, rote Frucht mit wachsender Begeisterung. „Trifft sich ganz gut, mir is‘ gerade wieder eingefallen, wie hungrig ich doch bin.“

„Amy, du bist immer hungrig.“ Angesprochene überging den leise gelachten Kommentar einfach und zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Hm...ich wusste übrigens gar nicht, dass die Äpfel schon reif sind...welchen Monat haben wir gleich nochmal?“

„Wir sitzen unter einem Lindenbaum, UNTER EINEM LINDENBAUM!“

„Jaja, schon klar, man wird wohl noch ‘nen Spaß machen dürfen?“ Lily seufzte und schüttelte kurz den Kopf, ehe sie sich wieder dem Apfel zuwandte.

„Mich würd‘ ehrlich interessieren, woher er kommt...hier gibt es weit und breit keine Obstbäume. Und er ist ein bisschen zu groß, als dass ihn ein Eichhörnchen hätte fallen lassen können...“

„Eichchörnchen, oder nicht, eines will ich nur gleich klarstell‘n: Mein Apfel!“

Im selben Moment griffen die beiden Mädchen nach dem Obst ...doch sie fassten beide ins Leere. Einen Lidschlag später breitete sich ein Lichtschwall um sie herum aus, ein grünes, undurchdringliches Strahlen, dass sein Zentrum dort hatte, wo einst der Apfel lag. Der Baum und das umliegende Dorf verblassten langsam, ehe sich die grünen Schwaden langsam verzogen.
 

Etwas desorientiert sahen die beiden Mädchen sich um...sie waren auf einem geräumigen Vorplatz gelandet. Mehrere Minuten dauerte es, bis sie ihre Situation einigermaßen begriffen hatten und Amy war die erste, die ihre Sprache wieder fand.

„Okay....also....wo ist mein Apfel? AU!“ Ein lautes Klatschen hallte über den Platz als Lilys Faust mit dem Hinterkopf ihrer Freundin bekannt machte. „Wofür war das?!“ Ihr Protest wurde einfach ignoriert.

„Wir sind weiß der Teufel wo gelandet und du denkst an deinen verdammten Apfel!?! Wo zur Hölle sind wir und wie sind wir hierher gekommen und vor allem: Wie kommen wir hier wieder weg!?“

Mit einem missmutigem Grummeln rieb Amy sich den Hinterkopf, ehe sie sich auch etwas umsah.

„Sieht aus wie‘n Parkplatz...?“

„Ja, das seh‘ ich auch, Sherlock! Aber wo?!

„Keine Ahnung, bin ich ein Atlas? ...warte, vielleicht bin ich doch einer...ich glaube, wir sind in Tokyo.“

Lily starrte die Brünette mit fassungslosem Blick an.

„Wie kommst du denn jetzt darauf? Kennst du die Gegend?“

„Nope...aber da liegt ‘ne Zeitung auf der Japan eingezeichnet ist.“ Sie deutete auf ein Boden liegendes Stück Papier, auf das Lily auch sogleich zustürmte. Sie studierten es eingehend und kamen bald zu dem Schluss, dass es sich um die Seite für den Wetterbericht handelte...das war aber auch schon das einzige, was sie verstanden: Der Rest war nämlich in Kanji geschrieben, von denen sie kaum eines entziffern konnten.

„Wir sind...wir...wir sind in...“

„Okay, Lily...ganz ruhig. Bloß keine Panik!“

„ICH BIN NICHT PANISCH, DU BIST PANISCH! HÖR AUF DER STELLE AUF, PANISCH ZU SEIN, DU MACHST MICH GANZ FERTIG DAMIT!“

„OKAY, WIR SIND BEIDE PANISCH! ALSO HÖREN WIR JETZT BEIDE AUF DER STELLE AUF DAMIT UND BERUHIGEN UNS, DAS NÜTZT UNS NÄMLCIH NICHTS! ...okay?!“ Sie legte ihrer Freundin beschwichtigend eine Hand auf die Schulter und diese schaffte es tatsächlich, sich für einige Augenblicke zu beruhigen.

„Gut...lass uns unsere Lage zusammenfassen. Wir saßen zuhause, unter einem Baum.“ Amy nickte bestätigend. „Dann fiel ein Apfel von diesem Baum, der, nur für´s Protokoll, gar kein Apfelbaum war.“ Sie nickte erneut. „Dann haben wir danach gegriffen...und dann....“

„Dann kam irgendein seltsames Alien-Licht und hat uns nach Tokyo entführt. So weit, so gut...und was machen wir jetzt?“

„Wir...wir könnten versuchen nach Hause zu kommen... was auch immer uns hierher gebracht hat...vielleicht war es ein Wurmoch, oder irgendwelche japanischen Techniker arbeiten an irgendeiner Teleportmaschine, die irgendwie leckgeschlagen hat und uns hierherzappte...was auch immer es war, wichtig ist: wir sind noch auf richtigen Planeten, also können wir irgendwie heim kommen.“

„Mann...meine Mama wird mich umbringen...“ Murmelte Amy leise, ehe sie laut weiterdachte. „Das Problem ist: ich habe genau 25 Euro Fünfizg dabei...und du?“ Die Blonde schüttelte kurz den Kopf, dann fing sie ihre Börse aus der Tasche.

„Euh...10 Euro. ....denkst du unsere Bankomatkarten funktionieren hier?“ Das bezweifelten beide, doch selbst wenn sie genug geld für einen Flug hätten...

„Selbst wenn sie funktionieren...ohne Reisepass werden die uns nicht durch die Kontrollen lassen. Zumindest haben wir etwas Geld und müssen nicht verhungern... Warte: Ich hab‘ eine Idee! Wir suchen einfach die österreichische Botschaft, oder die deutsche wenn es keine österreichische gibt, die helfen uns schon! Die Wahrheit werden sie uns kaum glauben...wir sagen einfach, das letzte woran wir uns erinnern, ist, dass uns jemand aus einer dunklen Gasse angesprungen ist und uns ein Taschentuch in’s Gesicht gedrückt hat! Dann sind wir hier auf dem Parkplatz aufgewacht. Das ist zwar gelogen, aber zumindest würden sie den Fall untersuchen und wir könnten vielleicht Kontak nach Hause aufnehmen!“

„Dann könnten wir zu Hause sagen, dass wir hier sind und die könnten uns hier raus holen! Das ist genial Amy!“ Sie umarmte das andere Mädchen stürmisch, das seinerseits stolz lächelte.

„Ja genau, wir...“ Schlagartig änderte sich ihr Gesichtsausdruck und blankes Entsetzen trat an die Stelle ihres Lächelns. „Oh gott, nein. Es könnte ein ganz anderes Problem geben, als ursprünglich gedacht...“

„Wovon redest du?“ Lily musterte sie irritiert, doch sie nahm sie einfach am Arm und drehte sie um 180 Grad, so dass in dieselbe Richtung blickte, wie sie.

„Vielleicht war bloß deine Kopfnuss zu fest, aber....“

„Nein, nein...i-ich sehe es auch, und ich hab‘ mir heute noch nicht weh getan.....ist das wirklich...das kann nicht sein...“

Gegenüber des Parkplatzes befand sich ein großes Gebäude, das bei näherer Betrachtung nur eine Schule oder eine Universität sein konnte. ...und aus dem Haupttor war gerade Light Yagami getreten. Er war zu weit entfernt um sein Gesicht genau zu sehen...aber die Frisur, die Größe, die Haltung und die Kleidung...all dies passte perfekt.

„Es ist Light. Light Yagami.“ Amy war vollkommen perplex, sodass sie diesen Satz etwas lauter aussprach, als beabsichtigt. Just drehte der Benannte sich um, er hatte den letzten Teil wohl gehört, sah aber nur noch zwei Mädchen auf der anderen Straßenseite, die sich konzentriert unterhielten und ihn offenbar vollkommen ignorierten. Er dachte sich nichts dabei und ging auf einen nahe stehenden Schüler zu, mit dem er ein paar Worte zu bereden hatte. Hätter er jedoch gewusst, was die beiden Mädchen so konzentriert beratschlagten...er wäre etwas hellhöriger geworden.

Und er sprach, es werde Licht

Kapitel 1 | Und er sprach, es werde Licht
 

„Denkst du, er ist es wirklich!? Vielleicht sieht er ihm auch einfach nur ähnlich!?“ Lily zog ihre Freundin nervös am Ärmel, die ihrerseits nur perplex in die Luft starrte.

„Natürlich ist er es, er hätte sich wohl kaum umgedreht , hätte er sich nicht angesprochen gefühlt! Und hast du dir ‘mal seine Klamotten angeseh‘n!?“

„Er könnte doch auch ein Cosplayer sein?“ Amy’s Reaktion auf diese Vermutung war nur ein Blick der Marke ‚willst du mich komplett veralbern‘.

„Na klar, und ich bin der Kaiser von China. ...aber ich muss zugeben, er sieht in echt noch besser aus.“

„Ehrlich? Wir treffen auf einen irren Serienkiller und das erste, was dir einfällt, ist das?“ Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern, was Lily ein leises Seufzen abrang.

„Das heißt wir sitzen nicht am anderen Ende der Welt fest...sondern am anderen Ende der Welt in einer anderen Dimension. Wie kann so etwas passieren!?“

„Vielleicht ist der Baum umgestürzt, hat uns getroffen und das hier ist ein Komatraum?“

„Das wäre ‘mal ein beängstigend realistischer Traum...ich habe aber nicht vor, herauszufinden, ob wir aufwachen, wenn wir hier sterben.“ In diesem Belang konnte Amy ihr nur Recht geben...doch wie sollten sie sonst zurück kommen? Plötzlich kam ihr eine neue Idee...eine, die Lily nur allzu gut gefallen würde.

„Warte mal...wenn wir hier wirklich, durch welchen irrwitzigen Umstand auch immer, in Death Note gelandet sein sollten...dann heißt das auch, dass Lawliet hier irgendwo herumläuft?“ Sie hatte Recht behalten; bei diesem Namen schlich sich ein breites Lächeln in das Gesicht ihrer Freundin. Lily hatte eine...etwas besorgniserregende Obsession was den blassen Detektiv mit dem einfallsreichen Vornamen anging. Sie selbst, konnte dem eigentlichen Protagonisten dieser Geschichte mehr abgewinnen...aber das war im Moment unwichtig.

„Wir haben also im großen und ganzen zwei Optionen: Nummer eins, wir stürzen uns von einer Klippe und hoffen, dass wir dadurch aufwachen, ich will gleich anmerken, dass ich von diesem Vorschlag nicht angetan bin, du weißt ja um meine Höhenangst, Nummer zwei, wir schaffen es irgendwie uns L`s Genius zu Nutze zu machen und ihn dazu zu bringen uns zurück nach Hause zu befördern. ...deinem obsessiven Grinsen nach zu urteilen, schätze ich, du stimmst dem zweiten Vorschlag zu.“ Lily nickte kurz, als ihr etwas einzufallen schien.

„Mir fällt gerade ein...du erinnerst dich an „L changes the world?“ Amy nickte knapp. „Ich habe Wataris Handynummer, so kämen wir ganz leicht an Ryuzaki! Andererseits...es könnte ihn etwas misstrauisch stimmen, wenn wir ihn einfach so anrufen...und ich bin mir auch noch nicht sicher, wie wir ihm die ganze Sache erklären sollen.“ Dem konnte Amy nur zustimmen.

„Ich äußere ‘mal die Vermutung, dass er uns sofort für Kira halten würde. Und ich lege, im Gegensatz zu dir, keinerlei Wert darauf, an den Zuckerfanatiker gekettet zu sein.“ Lilys Antwort war nur ein breites Grinsen, also packte sie sie kurzerhand am Handgelenk und schleifte sie mehr oder weniger hinter sich her.

„Ähm...darf ich fragen, wo wir hingehen?“

„Na was wohl, Watson? Wir folgen Yagami, dann finden wir sein Haus...“

„...dann finden wir auch seinen Vater. Dem folgen wir zur Arbeit und die ist entweder das Polizeirevier oder bereits die Sonderkommission und so finden wir L, ohne ihn irgendwie zu alarmieren!“ Sie war nun mit neu gewonnenem Enthusiasmus bei der Sache und wäre beinahe über einen Blumenkübel gestolpert.

„Euh Lily...vergaß ich zu erwähnen unauffällig?“ Das brachte ihr die zweite Kopfnuss des Tages ein.
 

Zu ihrem Glück hatte sich Light noch nicht weit entfernt: schon nach einigen Gassen hatten sie ihn eingeholt und versuchten ihm so unaufällig wie möglich zu folgen.

„Meinst du er wird uns bemerken?“ Flüsterte Lily besorgt, doch Amy schüttelte den Kopf.

„Selbst wenn Light sich umdreht und uns sehen sollte, sieht er nur zwei Mädchen, die zufällig dieselbe Straße nehmen wie er, dann müssen wir uns einfach eine andere Strategie ausdenken.... was Ryuk angeht würde ich mir mehr Sorgen machen, vor dem sind wir nämlich nicht...verdammt, runter!“ Im letzten Augenblick schafften die Beiden es, hinter einen nahen Stromkasten zu hechten und sich dort zu verschanzen. Light vor ihnen war abrupt stehen geblieben und sah sich sorgfältig in der kleinen Gasse um...hatte er sie bemerkt? Erst als er sich versichert hatte, dass auch niemand anderer in der Nähe war, zog er ein kleines Stück Papier und etwas das aussah ,wie Alufolie aus seiner Hosentasche.

„Ist das...?“

„Pst!“ Amy stupste Lily an und bedeutete ihr, sich wieder auf das Geschehen vor ihnen zu konzentrieren. Gerade eben wickelte Light das Papier sorgsam in die Folie und ließ es tief in einem Mülleimer neben der Straße verschwinden. Erst, als er sich erneut vergewissert hatte, dass niemand in der Nähe war, setzte er seinen Weg leise pfeifend fort.

Kaum war er weit genug weg, zog Lily ihre Freundin hinter sich her in Richtung des Mistkübels, Light vor ihnen dabei zu keiner Sekunde aus den Augen lassend. Amy beugte sich über den Kübel und stöberte das Folienpäckchen hervor. Der Mülleimer war nicht besonders stabil und wäre beinahe umgefallen, als sie darin herumkramte.

„Der entsorgt die Death Note Blätter einfach so?“

„Er vernichtet die Beweise, schon klar, dass er das hier und nicht bei sich zu Hause macht. Sein Vater könnte etwas irritiert sein, wenn er einen Zettel im Müll findet auf dem der Name eines verstorbenen steht...Amy, was hast du vor? Du willst es doch nicht einfach anfassen!?“ In der Tat hatte Amy gerade angefangen, das kleine Papier von der Folie zu befreien.

„Nur aus Eigenschutz! Es macht mich nervös, nicht zu wissen, wo Ryuk gerade steckt...warte mal, denkst du, er weiß es, wenn man ihn sehen kann?“

„Keine Ahnung, aber wir müssen weiter, sonst entwischt Kira uns noch!“

Kurzerhand riss Amy das letzte Stück Folie ab und hielt nun das blanke Papier in der Hand...das sie sogleich auch ihrer Freundin in die Handfläche drückte. Zur Folge hatte dies einen tiefen Seufzer und einen genervten Blick.

„So, jetzt können wir beide Ryuk sehen, stolz darauf?“

„Unbedingt...vor allem, da er gerade nicht in der Nähe ist.“ Sie deutete auf Light, dessen Verfolgung sie mittlerweile wieder aufgenommen hatten, doch weit und breit war kein Shinigami zu sehen. Während Amy weiterhin nach ihm ausschau hielt, konnte ja sein, dass er nur kurz weg war um einen Apfel zu suchen, nahm Lilys Neugierde überhand und sie warf einen Blick in den gefalteten Zettel.

„Sag‘ mal...kannst du das lesen?“ Sie hielt Amy das Blatt mit den Kanji hin, die jedoch auch keine Ahnung hatte.

„Nope...aber ich bin sicher diese Kanji findet man auch bald in den hiesigen Todesanzeigen. Warte...ich hab ‘ne Idee!“ Hastig kramte sie einen zerknüllten Zettel aus ihrer Tasche und brachte auch einen kleinen Bleistift zum Vorschein. Mehr schlecht als recht schaffte sie es schließlich, das komplexe Zeichen abzukritzeln.

„Was hast du damit vor?“

„Unsere Neugierde besänftigen. Ich gebe mich jetzt ‘mal als Tourist aus, der den Zettel auf der Straße gefunden hat und suche einen netten Japaner, der mir das übersetzen kann. Du bleibst derweil an dem süßen Kerl da vorne dran,“ sie ignorierte Lilys genervten Blick einfach, „und dann rufen wir uns via Handy zusammen. Ich meld‘ mich, sobald ich weiß, was auf dem Zettel steht, du meldest dich, sobald du vor Lights Haus stehst...was auch immer zuerst der Fall sein sollte.“ Das erklärte auch, warum sie das Kanji abgezeichnet hatte...es musste ja nicht jeder Ryuk sehen können.

„Dann mal los.“

Last des geschriebenen Wortes

Kapitel 2 | Last des geschriebenen Wortes
 

„Ichin Kojiyama is it? Thank you very much for your help!” Mit einem dankbaren Lächeln und einer leichten Verbeugung verabschiedte Amy sich von dem Japaner. Es hatte nicht lange gedauert, bis sie eine geschäftige Kreuzung gefunden hatte...und dort jemanden, die ihr die Kanji auf dem kleinen Paperschnipsel vorslesen konnte. Nun hatte sie den Namen von Kiras letzten Opfer in Erfahrung gebracht...und noch etwas weiteres: Sie verstand alle Leute. Kaum war sie an der Kreuzung angekommen hörte sie neben siche einige Japaner die sich aufgeregt unterhielten...und sie verstand jedes einzelne Wort: als würden sie deutsch sprechen. Warum oder wie das funktionieren mochte...sie hatte keine Ahnung.

Als Amy erstmals bemerkte, dass die Leute um sie eine verständliche Sprache nutzten, versuchte sie ob man sie, wenn sie normal sprach, verstand indem sie jemanden nach der Uhrzeit fragte...was tatsächlich funktionierte. Sie erntete jedoch einen sehr irritirten Blick und vermutete bald, ihr Dialekt würde sich auf ihr „Japanisch“ auswirken. So entschloss sie sofort, lieber auf englisch zu fragen: Man würde wohl eher glauben sie sei eine englisch sprechende Touristin...eine Europäerin die fließend, und dann auch noch im Dialekt, japanisch redete, könnte auffallen.

Kaum wusste sie die Bedeutung der Kanjis, warf sie einen Blick auf die große Nachrichte-Anzeigetafel die über der Kreuzung thronte: Sie hatte sich eingebildet den Namen Ichin Kojiyama dort in Romanji gelesen zu haben, als sie an die Kreuzung kam...sein Tod war also schon in den Nachrichten. Damit hatte sie zumindest absolute Gewissheit, dass der Zettel den Light wegwerfen wollte, aus dem Death Note stammte. Nach kurzer Überlegung entschied sie, die Kreuzung erst zu verlassen bevor sie Lily anrief...nur für den Fall der Fälle, da sie ja nun wusste, das jeder sie verstand. Es gab nur eines, das sie nicht bemerkt hatte...der Mann der sie beobachtete, seitdem sie die Kreuzung betreten hatte.

Sein schütteres Haar war unter einem braunen Hut verborgen, der zu seinem dunklem Trenchcoat passte. Zu Beginn hatte er dem Mädchen keine außerordentliche Beachtung geschenkt...bis der Name Kojiyama in seiner Hörweite fiel. Nur Augenblicke später zog er ein kleines Handy aus der Tache, und kaum hatte sein Gesprächspartner abgehoben, flüsterte er auch schon in das Gerät.

„...Kira, ja....ja, sie hatte ein Blatt mit seinem Namen dabei....gut, sie könnte...selbstverständlich.“

Einen Lidschlag später bremste ein schwarzes Auto neben Amy und bevor sie wusste, wie ihr geschah, wurde sie gepackt und auf die Rückbank gedrängt, wo sie sogleich von zwei Männern flankiert wurde. Kaum waren die Türen geschlossen, fuhr der Wagen auch schon los.

„HEY, AUA LOSLASSEN?! GEHT’S NOCH!? SO ETWAS NENNT MAN ENTFÜHRUNG! POLZEI, HILFE!“ Zum Glück schaffte sie es geistesgegenwärtig ihre Tarnung aufrecht zu erhalten und weiterhin englisch zu reden.

„Sonderkommission im Fall Kira.“ Der Mann mit dem Afro, der rechts neben ihr saß, warf ihr einen vernichtenden Blick zu.

„S...sie werden verdächtigt mit K-Kira in Verbindung zu stehen und werden hiermit in Untersuchungshaft genommen!“ Der Mann zu ihrer linken wirkte beinahe, als hätte er Angst.

„Aha.“ Amy schnauzte sofort Matsuda an, denn niemand anderes war der zu ihrer linken Sitzende. „Und das is‘ ein Grund mich in irgendein Auto zu zerren und einfach so zu kidnappen!? Ein einfaches Verhör auf der Polizeiwache hätte es wohl nicht getan!?“ Matsuda war sichtlich unsicher, auch ihm schien die Methodik der Sonderkomission etwas eigen, Aizawa hingegen, der erwähnte Mann mit dem Afro, ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und schnauzte einfach zurück.

„Sie haben das Recht zu schweigen und es wird Ihnen nahe gelegt, dieses auch in Anspruch zu nehmen! Alles was sie sagen kann und wird gegen sie verwendet werden.“ Mit starrem Ausdruck wandte er nun seinen Blick ab und Amy wusste, jeder Versuch mit ihm ein Gespräch anzuknüpfen wäre aussichtslos...nicht, dass ihr irgendein vernünftiges Gesprächsthema eingefallen wäre. Eine Frage jedoch hatte sie...

„Hab‘ ich wenigstens das Recht auf einen Anruf?“ Sie richtete ihre Worte an Matsuda, der mit sich selbst im Gewissenskonflikt zu stehen schien...aber von Aizawa zurechtgewiesen wurde, bevor er es ihr erlauben konnte.

„Keine Telefonate bis nach der Befragung. Keine weiteren Fragen mehr.“ Großartig...das konnte ja eine tolle Fahrt werden. Nicht einmal einen Anwalt durfte sie zu Rate ziehen? Dieses Kommando war wirklich mehr als nur unkonventionell.
 

Es dauerte eine ganze Weile bis sie endlich dort angekommen waren...wo auch immer „dort“ war. Es war wohl das Gebäude des Sonderkommandos...zumindest sah es dem Haus im Anime sehr ähnlich. Kaum angekommen wurde Amy, ohne ein einziges Wort der Erklärung, in ein kleines Verhörzimmer gesteckt. Zumindest war es keine Folterkammer...nicht dass sie das dem Kommando zugetraut hätte.... In dem kleinen Raum standen nur ein flacher Tisch, zwei Stühle und ein Beistelltischen mit einer Kaffemaschine und etwaigem Zeug.

„Du wartest hier.“ Schon hatte Aizawa die Türe zugeknallt und Amy blieb nur ein einziger Ausweg: Wirklich zu warten. ...und auf das Beste zu hoffen.

Die Schlange, die den Apfel stahl

Kapitel 3 | Die Schlange, die den Apfel stahl
 

Lily indes folgte Light bereits geschlagene zehn Minuten und mittlerweile begann sie sich zu wundern, wo er eigentlich hin wollte. Zu Beginn war sie sich sicher, er würde nach Hause, oder zumindest zur Polizeistation gehen, aber nun...es schien, als würde er einfach nur planlos durch die Gegend laufen und auf irgendjemanden warten. Vielleicht erwartete er einen Anruf von Misa den er nicht daheim entgegen nehmen wollte? Lily rief sich wieder ins Gedächtnis, dass sie ja keine Ahnung hatte, an welchem Zeitpunkt von „Death Note“ sie sich gerade befanden...vielleicht kannte er dieses lästige Girly ja noch gar nicht? Vielleicht war L noch gar nicht auf den Plan getreten? Doch nicht nur das besorgte sie...was wenn sie zu spät waren? Was wenn L bereits...sie schüttelte kurz den Kopf; Darüber wollte sie gar nicht nachdenken. Stattdessen überlegte sie, warum Amy sich noch nicht gemeldet hatte. War es so schwer jemanden zu finden, der diese Kanji lesen konnte? Sie hoffte nur, dass sie sich ausnahmsweise noch keinen Ärger eingehandelt hatte....

Bald erkannte sie jedoch, dass sie sich eher sorgen um ihre eigene Haut machen sollte. Yagami vor ihr blieb nämlich vollkommen abrupt stehen und wandte sich nach links. Während sie hinter eine Mülltonne sprintete, schickte sie kurz einige Stoßgebete Richtung Himmel,...was, wenn er sie gesehen hatte? Doch nicht sie war es, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte...Neben Light kam plötzlich jemand aus der Gasse. ...nunja, vielmehr etwas als jemand. Ryuk, der Shinigami.

Eine grauenerregende Gestalt, wie Lily in ihrem Leben noch keine zweite gesehen hatte. Im Anime wirkte er eigentlich ganz in Ordnung, aber nun da sie ihn in echt vor sich sah, spürte sie einen leichten Anflug von Panik in sich hochkommen....vor allem weil der groteske Sensenmann, während er genüßlich an einem Apfel herumknabberte, in ihre Richtung blickte. Für einige Momente wurde der Blonden richtig schlecht und beinahe wünschte sie sich, Amy’s ersten Vorschlag angenommen zu haben...von einem Hochhaus zu springen war nun, wo sie darüber nachdachte, vielleicht nicht die schlechteste Idee gewesen. Besonders, als Light sich plötzlich ganz umdrehte und genau auf ihr Versteck blickte.

„Hey, du da hinten!“ ....moment, sprach Light deutsch?! „Ich weiß, dass du da bist...warum folgst du mir?“ Sie beschloss sich über den Umstand, dass sie in irgendeiner merkwürdigen Sprachverzerrung gelandet war einfach zu akzeptieren ohne ihn zu hinterfragen...es war schließlich ziemlich praktisch. Einfach so zu tun, als wäre sie nicht da, hatte keinen Sin...also kam sie langsam aus ihrem Versteck. Nun musste sie sich schnell etwas einfallen lassen, sonst könnte sie ein Problem bekommen.

„Euh....du bist Light Yagami, nicht wahr?“

„Richtig...Moment, du bist eines der Mädchen, die ich vorhin am Parkplatz gesehen habe?“ Eines musste man ihm lassen; er hatte eine großartige Beobachtungsgabe.

„Ja, genau. Lilyette Singer, aber Lily genügt...freut mich.“ Sie versuchte Ryuks Kichern einfach zu ignorieren. Er starrte auf einen Fleck genau über ihrem Kopf: Natürlich wusste der Shinigami sofort, dass sie nicht ihren richtigen Namen gesagt hatte...aber sie würde bestimmt nicht so verrückt sein, sich diesem Mörder auf dem Silbertablett zu servieren! Solange er diesen Shinigamiblick nicht hatte, konnte er lange versuchen sie umzubringen.

„Die Freude ist ganz meinerseits...aber warum hast du mich verfolgt, wenn ich fragen darf?“ Light war nun in einen seichten Plauderton gefallen, aber Lily kannte diesen Gesichtsausdruck...er war wütend. Irgendwie verständlich; die meisten Menschen würden etwas gereizt reagieren, wenn eine Wildfremde sie nach Hause verfolgte. Doch Lily fiel eine Ausrede ein...vielleicht nicht die beste, die ihr je eingefallen war, aber besser als gar keine.

„Tut mir furchtbar Leid, ich wollte dich nicht erschrecken...aber du bist unglücklicherweise zum Gegenstand einer Wette geworden.“ Auf seinen fragenden Blick hin, antwortete sie mit ihrem freundlichsten Lächeln. „Meine Schwester Amy und ich haben gewettet, ob ich es schaffe, jemanden zu beschatten ohne dass er mich bemerkt...und du warst gerade in der Nähe. Es scheint aber, ich hätte die Wette verloren.“ Sie tauschte ihr Lächeln gegen etwas, von dem sie hoffte, es sähe aus wie eine Trauermiene.

„Ich verstehe...Hobby-Detektive, hm?“ Er schaffte es nicht, den Spott in seiner Stimme komplett zu verbergen. „Und das Mädchen mit dem du vorher geredet hast war demnach deine Schwester Amy?“ Als Lily nickte, hakte er sofort weiter nach. „Nur, sag...woher kennt ihr eigentlich meinen Namen?“

Oh verflucht...den Teil hatte sie nicht bedacht. Glücklicherweise fiel ihr schnell wieder ein, dass Light ja ein Streber war.

„Oh, wir haben deinen Namen ‘mal in der Zeitung gelesen. Da war ein Photo von dir....ich denke, es ging um die Schüler mit dem besten Notendurchschnitt oder etwas ähniches? Ich habe den Artikel nicht wirklich gelesen...“ Sie lächelte vorsichtig als Light nickte...doch in seinen Augen lag immer noch ein gewisser Zweifel.
 

Ihre Rettung kam in Form der modernen Technik: Lights Handy läutete.

„Würdest du mich einen Augenblick entschuldigen?“ Sie nickte natürlich höflich und wartete, während Light sich ein paar Meter entfernte um zu telefonieren. Kurz kam ihr der Gedanke einfach davonzulaufen...er sah nicht so aus, als würde er sie einholen...oder ihr überhaupt nachsetzen. Aber er würde ihr Verhalten wahrscheinlich etwas verdächtig finden...und das konnte sie wirklich nicht gebrauchen. Momentan sah es ja noch so aus, als würde er sie nur für verrückt halten.

Ihr Fluchtreflex wurde allerdings ein weiteres Mal auf die Probe gestellt...als Ryuk entschied, sich das Mädchen etwas genauer anzusehen. Neugierig schwebte er näher und besah Lily von oben bis unten...die ihrerseits alle Mühe hatte, sich nichts anmerken zu lassen. Es war nicht leicht zu lächeln, während ein Untoter neben einem auf und ab schwebte ...vor allem nicht, wenn er dabei dermaßen dümmlich grinste. Zum ersten Mal in ihrem Leben freute Lily sich beinahe Light zu sehen: Als er von seinem Telefonat zurückkehrte schwebte Ryuk leise grummelnd ein Stück zur Seite.

„Tut mir Leid, es scheint, als müssten wor unser Gespräch auf ein Andermal verschieben. Ich muss dringend wohin...ich hoffe, wir treffen uns bald wieder.“ Er lächelte freundlich und schüttelte der Blonden die Hand. Sie musste den Reflex ihm, nun wo sie einmal tatsächlich die Gelegenheit dazu hatte, eine reinzuhauen unterdrücken und schaffte sogar ein souveränes Lächeln.

„Ja, das hoff‘ ich auch...auf wiedersehen, Light.“ Im selben Moment bog eine schwarze Limousine in ihre Gasse ein und blieb punktgenau neben Yagami stehen.

Mit einem kurzen „Lilyette.“ Nickte er noch einmal und stieg in den wartenden Wagen. Er schloss die Tür hinter sich sofort, doch Lily hatte einen Blick in das Innere der Limo erhaschen können: An Anblick der ihr die Röte ins Gesicht trieb und es ihr schwer machte ein breites Grinsen zu unterdrücken. In der Limousine saß L.

L war hier! Das bedeutete, er arbeitet schon an der Kira-Sache, und am allerwichtigsten: Er war nach wie vor am Leben! Der Wagen fuhr los und Ryuk, nicht ohne das Mädchen mit einem letzten Blick zu bedenken, ihm hinterher.

„So, und was jetzt?“ Flüsterte das Mädchen mehr zu sich selbst. Light zu verfolgen war wohl gelaufen...sie seufzte ergeben und zog ihr Handy aus der Tasche. Nun sollte sie erst einmal Amy anrufen und ihr alles erzählen, dann würde ihnen schon irgendetwas einfallen.

Es klingelte Einmal. Zweimal. Dreimal. Erst nach dem fünften Klingeln hob jemand ab.

„Ja!?“

„Ehrm...Amy?“ Wem auch immer diese gereizte Stimme gehörte...Amy war es nicht.

„ALTER, GRIFFELN WEG VON MEINEM HANDY, AFRO!“ Das englische Brüllen kam zwar nur aus dem Hintergrund, klang aber schon mehr nach ihrer Freundin. „WENN ICH SCHON KEIN RECHTLICH KONFORMES VERHÖRE BEKOMME, WILL ICH WENIGSTENS MEIN EIGENTUM WIEDERHABEN!“

Etwaige weitere Beschwerden die sie vielleicht noch haben mochte, wurden von Aizawa unterbrochen, der missmutig in den Hörer schnauzte.

„Sie ruft zurück.“ Lily bezweifelte, dass Amy zurückrufen würde. Selbst, wenn sie ihr Handy zurückbekäme...als Aizawa das Handy zuklappte, hörte es sich an, als hätte er es mit bloßer Hand zerquetscht.

Obwohl sie sich dem Ernst der Lage durchaus bewusst war, konnte Lily ein leises Lachen nicht unterdrücken: das passte einfach zu Amy. Kaum eine Stunde in der falschen Dimension und schon hatte sie Ärger am Hals. Aber was sollte sie jetzt tun? Ohne eine Möglichkeit Kontakt zu ihr aufzunehmen...Lily blieb nur eine Wahl. Mit einem lauten Seufzen machte sie sich auf den Weg zu dem Parkplatz auf dem sie gelandet waren...das war der einzige Anhaltspunkt, den sie hatte.

Blass wie der Tod war er, denn er selbst war der Tod

Kapitel 4 | Blass wie der Tod war er, denn er selbst war der Tod
 

„Kaffee?“ Amy schüttelte stumm den Kopf und warf ihrem Gegenüber einen finsteren Blick zu. Soichiro Yagami selbst seufzte daraufhin nur und schenkte sich selbst eine Tasse nach. Diese Mädchen würde ihn noch zur Verzweiflung bringen. Seit beinahe einer Stunde versuchte er sie nun zu verhören, doch abgesehen von einige Flüchen und Beschwerden hatte sie noch kein Wort von sich gegeben. Er räusperte sich noch einmal und stellte seine Tasche auf den niedrigen Tisch vor sich.

„Also, ich frage noch ein letztes Mal: Wer bist du? Wie alt bist du, woher kommst du? Wir wollen endlich deine Personalien aufnehmen! Was machst du in Japan? Was hast du mit Ichin Kojiyama zu tun? Und letzte Frage: Was weißt du über Kira!?“ Es störte ihn nicht nur, dass das Mädchen einfach keine Antworten gab...es strengte ihn auch über alle Maßen an, das ganze Verhör in englisch durchführen zu müssen. Für einen Moment schien die Brünette zu überlegen, dann seufzte sie geräuschvoll.

„Wenn ich antworte, komm‘ ich dann endlich hier ‘raus?“ Soichiro starrte sie für einen Moment vollkommen perplex an.

„Du....du sprichst japanisch...? Und das auch noch im Dialekt...ist das Osaka Dialekt?“

„Ich dachte, das mit diesem Kira wäre‘ die letzte Frage?“ Beinahe hätte er seine Kaffeetasse umgeworfen. Wenn dieser Ryuzaki seinen Hintern nicht bald hierher bewegte, würde er noch verrückt werden. Den Umgang mit Schwerverbrechern war er ja gewöhnt...aber diese Teenagerin brachte ihn noch zur Weißglut!

„Wenn du alle meine Fragen beantwortest und wir keinen Verdacht hegen, dass du mit Kira in Verbindung stehst, dann darfst du gehen, ja.“
 

Bis jetzt hatte Amy einfach geschwiegen. Sie hatte darauf gewartet, dass Lily sie irgendwie hier heraus holte oder auf ein Wunder gehofft...oder darauf, dass Soichiro einfach irgendwann aufgab und zu dem Entschluss kam, dass sie keine Verbrecherin, sondern einfach nur stur, war. Zudem hatte sie sich erst einmal überlegen müssen, was sie sagen sollte...sie wollte ja nicht in der Klapse landen. Mittlerweile ging ihr dieses ganze Verhör aber schon mehr als nur auf die Nerven: Der Stuhl war unbequem, die Luft im Raum stickig und sie hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen.

„...gut. Mein Name is‘ Amelia Singer, ich bin 19, komme aus Heathrow, London. Ich bin als Tourist in Japan, weil ich das Land mag...nunja, zumindest mocht‘ ich es, bis sie mich einfach entführt haben...“ Sie warf dem Mann einen vorwurfsvollen Blick zu, den er jedoch weitgehend ignorierte. „Was diesen Kojiyama angeht, hab‘ ich keine Ahnung, wer der Kerl ist. Ich hab‘ den Zettel am Boden gefunden und da ich keine Kanji lesen kann, hab‘ ich jemanden gefragt, ob er sie mir übersetzen kann...ich konnte ja nicht ahnen, dass man mich gleich verschleppt, nur weil ich neugierig bin.“

„Hast du einen Ausweis dabei, der deine Personalien bestätigt? Warum hast du auf Englisch nach den Kanji gefragt, obwohl du doch offensichtlich japanisch sprichst?“

„Mein Japanisch is‘ nicht das beste, oder verständlichste...ich bin ein ziemlicher Fußballfan und habe viele Interviews mit den Spielern von Cereco Osaka gesehen,“ der Teil war nicht einmal gelogen, „und hab‘ ihren Akzent wohl ziemlich stark angenommen. Tokyoter sehen einen ziemlich schräg an, wenn sie so angesprochen werden, also rede ich lieber englisch. Was meinen Ausweis angeht; ich hab‘ nur ‘nen Spaziergang gemacht, da hab‘ ich für gewöhnlich überhaupt nichts dabei. Das nächste Mal informieren sie mich einfach, bevor sie mich in einen Wagen zerren, dann bereit‘ ich mich vor.“

„Warum hast du nicht gleich angegeben, dass du japanisch sprichst? Es hätte die Befragung erheblich vereinfacht.“

„Sie haben nicht danach gefragt.“ Soichiro unterdrückte einige äußerst unschöne Ausdrücke, konnte aber ein Seufzen nicht zurückhalten.

„Gut...und was weißt du über Kira? Hast du etwas mit ihm zu tun?“ Amy zuckte unbeteiligt mit den Schultern.

„Nicht viel, ich hab‘ in der Zeitung von dem Kerl gelesen, das war’s dann aber auch schon.“ Der Mann beäugte sie misstrauisch. Sie machte nicht den Anschein, als würde sie lügen...aber konnter er ihr trauen? “Kann ich jetzt gehen?“ Soichiros Handy klingelte, kaum hatte sie zu Ende gesprochen und er warf einen Blick auf das Display, ehe er den Kopf schüttelte.

„Nein, zuerst will dich noch jemand sehen.“ Er nahm seine Tasse und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

„Hey was soll das denn jetzt!?“ Amy protestierte lautstark, wurde aber einfach ignoriert. Soichiro indes war erleichtert, freute sich geradezu...L würde schon rausbekommen, ob sie die Wahrheit sagte.
 

Es dauerte eine gefühlt Ewigkeit bis die Tür zum Verhörraum sich endlich wieder öffnete. Amy seufzte erleichtert, ihr war geradezu langweilig geworden...sie hoffte nur, Lily erging es im Moment besser, als ihr. Neugierig blickte sie zu der Person die durch die Tür trat...und war nicht unbedingt verwundert von dem Anblick der sich ihr bot. Ein schlaksiger, junger Mann mit schwarzen Haaren, einer Haltung die jeden Ortophäden zum weinen gebracht hätte, aschfahler Haut und dunklen Ringen unter den Augen. L Lawliet, wer auch sonst.

Er sagte kein Wort, sondern musterte sie nur mit unergründlichem Blick. Nach einer Weile löste er seinen Blick und ging geradewegs auf die Kaffeemaschine zu. Er schenkte sich einige Tropfen ein und füllte die Tasse bis zum Rand mit Zuckerwürfeln, dann ging er auf den Stuhl ihr gegenüber zu und kauerte sich darauf hin. Eine ganze Weile saßen die beiden so da und starrten einander schweigsam an, bis Amys Ungeduld endlich Überhand nahm und es ihr zu blöd wurde.

„War’s das jetzt? Kann ich geh’n? Der Typ vorher sagte, mich will noch jemand sehen. Das haben Sie jetzt wohl getan, wenn Sie wollen, können sie auch’n Photo machen, dann haben Sie länger was davon.“

„Amelia Singer?“ L neigte den Kopf leicht zur Seite und musterte sie nach wie vor mit neutralen Gesichtsausdruck. Sie nickte misstrauisch. „Ich bin Ryuzaki.“ Er wartete kurz, doch sie hatte nicht vor, irgendetwas zu erwidern. „Du weißt, warum du hier festgehalten wirst?“

„Nicht wirklich. Ich weiß nur , dass man mich hier schon weiß Gott wie lange, über so ‘nen Serienkiller ausfragt und ich keine Ahnung hab‘ warum.“ L nickte kurz und rührte nachdenklich seinen Zucker um.

„Man verdächtigt dich Kira, oder zumindest aber einer seiner Komplizen zu sein.“ Amy blickte ihn verdutzt an.

„Wie bitte?“

„Ichin Kojiyama wurde exakt fünfzehn Minuten bevor du mit dem Zettel auf dem sein Namenskanji steht, gesichtet wurdest, umgebracht.“ Amys Augen weiteten sich schockiert.

„Oha...armer Kerl,“ war alles, was sie sagen konnte.

„Ich denke, jetzt verstehst du, warum du unter dringendem Tatverdacht stehst. Wir hatten diese Gegend überwacht, weil wir Kira dort vermuteten...“

„Schon klar, und die Aussage ‘den Zettel hab‘ ich auf der Straße gefund’n‘ hört sich nach ‚ner billigen Ausrede an...aber...wenn ich dieser Kira wäre, wie dumm wär‘ ich dann einen Zettel mit dem Namen meines letzten Opfers herumzutragen? Wenn ich ein irrer Killer wäre, würde ich den doch nicht überall herumzeigen! Was hätte ich überhaupt davon? Mal abgesehen davon, kann ich keine Kanji schreiben...“

„Das Ganze könnte aber auch ein durchdachter Trick sein.“ L’s Gesichtsausdruck hatte sich in keinster Weise verändert, doch er legte seinen Löffel beiseite.

„Ich war’s aber trotzdem nicht....“ Amy seufzte kurz und schmollte etwas vor sich hin, ehe L wieder sprach.

„5 Prozent.“

„Hä?“

„Die Wahrscheinlichkeit, dass du Kira bist liegt bei 5 Prozent.“

„...und das heißt?“

„Das heißt,“ er hob seine Tasse und leerte sie bis auf das letzte Zuckerkorn. „...dass du jetzt gehen kannst. Aber lass uns eine Kontaktadresse da, und sei dir bewusst, dass wir dich nicht so bald aus den Augen lassen werden. Am besten wäre auch, wenn du vorerst nicht ausreist, nur um irgendwelchen Verdächtigungen entgegenzuwirken.“ Haha, nicht, dass sie das gekonnt hätte.

„Na endlich...genügt meine Handynummer?“ L nickte. „Geht klar, aber nur unter der Bedingung, dass der Kerl mit dem Afro mir mein Handy wiedergibt, das könnte sonst ein Problen sein.“ Der blasse Detektiv nickte erneut und verließ kurz den Raum. Wenige Sekunden später kam er wieder zurück und drückte Amy das kleine Klapphandy in die Hand. Sie nickte höflich und ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus. „Danke. Ihr Japaner seid wohl doch keine so üblen Typen...auch wenn ihr einfach irgendwelche Touristen entführt.“ L’s Mundwickel zuckten ein bisschen und Amy nahm das mal als ein Lächeln.

Eilig folgte sie L danach auf den Flur.

Weit und breit war sonst niemand zu sehen, doch auf halbem Weg zu dem, was Amy als Ausgang erahnte, kam ihnen plötzlich jemand entgegen.

„Und, wie sieht es aus, Ryuzaki?“ Light Yagami. Mit einem freundlichen Lächeln erkundete er sich bei L wohl nach ihrer Befragung.

„Bloß 5 Prozent, wir lassen sie vorerst gehen.“ Das „vorerst“ gefiel der Brünetten überhaupt nicht. Light seinerseits nickte kurz, dann besag er das Mädchen genauer...und schien überrascht zu sein?

„Warte mal....du bist doch Amy?“ Diesmal war Amys schockiertes Gesicht nicht gespielt.

„Ehrm...ja, ich...woher?“ Lights Lächeln war nach wie vor freundlich, aber das Mädchen ahnte nichts Gutes. Hoffentlich ging es Lily gut!

„Ich habe vorher deine Schwester Lilyette getroffen, sie hat mir deinen Namen verraten. Nunja, es sieht so aus, als hättest du eure kleine Wette gewonnen.“ Amy hattte nicht die geringste Ahnung, wovon er redete...aber das musste sie ihm ja nicht unter die Nase reiben. Sie setzte also eins schadenfrohes Lächeln auf.

„Haha, hab‘ ich mir schon gedacht. Sie glaubt mir ja nichts.“

„Auch wenn das Ganze mehr von mir, als von ihr ausging.“

„Das ist reine Ansichtssache...entschuldige übrigens, dass wir dich mitreingezog’n haben.“ Worum es auch ging, der erste Satz passte immer und sich höflich zu entschuldigen konnte auch nie verkehrt sein.

„Ihr Beiden kennt euch?“ Oh verflucht. L zeigte es zwar nicht offen, aber es war klar, dass sein Misstrauen geweckt worden war. Die beiden Verdächtigen im Fall Kira kannten sich...das war nicht gut.

„Wir sprechen gerade zum ersten Mal miteinander,“ antwortete Amy ihrer Meinung nach wahrheitsgemäß. Den Fernseher anzubrüllen war eigentlich ein Monolog und konnte kaum als Gespräch gewertet werden.

„Das kann ich bestätigen, ich habe sie erst einmal gesehen und das auch nur aus der Distanz. Ich habe vorher mit ihrer Schwester gesprochen, daher kenne ich ihren Namen.“ Amy nickte bestätigend und L schien sich etwas zu entspannen...ein Rest von Neugierde blieb aber in seinen Augen.

Sie sagten zwar beide die Wahrheit, aber einige andere Dinge mussten ihm wirklich suspekt vorkommen. Nicht nur dass sie sich duzten, Light hatte sie auch noch beim Spitznamen genannt. Was den ersten Punkt anging, Amy hatte nun einmal die Angewohnheit Leute in ihrem Alter zu dutzen, L hatte sie nur nicht gedutzt weil er älter war, sowie etwas angsteinflößend... und auch Light fand es wahrscheinlich lächerlich jemanden zu siezen, den man schon beim Spitznamen nannte. Sie schlussfolgerte, dass Lily ihm ihren vollen Namen also nicht gesagt hatte, sonst hätte er bestimmt den verwendet....zumal er von ihr als „Lilyette“ sprach, obwohl sie ihm bestimmt „Lily“ angeboten hatten.

Außerdem war ihr neu, dass der Name ihrer Freundin überhaupt „Lilyette“ war...aber es erfüllte seinen Zweck, damit konnte er lange versuchen, sie ins Death Note zu schreiben. Gut war auch, dass sie bei einem länger zurückliegendem Gespräch einmal vereinbart hatten, den Nachnamen „Singer“ zu verwenden, wenn sie denn einmal in Schwierigkeiten stecken würden.

L schien aber im Moment nicht vorzuhaben, weiter nachzufragen, denn er nickte nur kurz.
 

„Nun denn....“ Light drehte sich wieder nach Amy um. „Komm mit, ich bringe dich hinaus, ich wollte ohnehin gerade gehen.“ An L gewandt fuhr er fort. „Dann brauchst du dich nicht zu bemühen...wie ich dich kenne, hast du bestimmt viel zu tun.“

„Überaus aufmerksam von dir, danke.“ Light bedeutete Amy ihm zu folgen und sie verabschiedte sich noch kurz von L. Gemeinsam gingen sie endlich zum Ausgang und Lawliet blieb alleine zurück
 

Mit nachdenklichem Ausdruck blickte er den Beiden hinterher.

„Wahrscheinlichkeit, dass Light Yagami Kira ist; 35 Prozent.

Wahrscheinlichkeit, dass Amelia Singer Kira ist, oder mit ihm in Verbindung steht; 45 Prozent.“ Er holte ein Bonbon aus seiner Hosentasche und schob es sich mit einem leichten Lächeln in den Mund. „Bald habe ich dich...Kira.“



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