Zum Inhalt der Seite

In all den Jahren

Für immer bei dir
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Regen und Tränen

Sonnenschein. Meeresrauschen. Eine leichte Brise die durch ihr Haar weht. Der Geruch von Salz und Stein. Eine warme Hand, die leicht ihre Schulter berührt.
 

Langsam öffnete sie die Augen. Ein Traum, schon wieder. Sie seufzte leise und setzte sich dann in ihrem Bett auf. Draußen hatte es zu regnen begonnen, es war schon seit Tagen für dieses Wochenende angekündigt gewesen. Ein wenig wehmütig sah sie aus dem Fenster und erinnerte sich an ihren Traum, in dem alles so perfekt gewesen war. Ganz anders als die Wirklichkeit im Augenblick.
 

Ein Klopfen an ihrer Tür ließ sie hochschrecken. „Ja bitte?“, fragte sie zaghaft die Person auf der anderen Seite.
 

„Kari, dein Bruder ist zu Besuch.“, antwortete ihre Mutter, die durch einen Spalt in der Tür zu ihr hineinspähte.
 

„Danke Mama, sag ihm, ich ziehe mir nur schnell etwas an und dann komme ich gleich ins Wohnzimmer.“ Sie lächelte ihre Mutter an und zog sich schnell eine Jeans und einen Pullover über, nachdem die Tür zurück ins Schloss gefallen war. Nachdenklich betrachtete sie sich im Spiegel. Äußerlich hatte sie sich die ganzen Jahre über kaum verändert. Gut, sie trug ihr braunes Haar jetzt schulterlang und nicht mehr so kurz wie früher, aber ihre Kleider waren noch immer schlicht und praktisch. Jeans und T-Shirt eben. Sie nickte kurz ihrem Spiegelbild zu, kämmte sich noch einmal durch das Haar und ging dann ins Wohnzimmer, wo ihre Mutter ihrem Bruder grade einen Tee brachte.
 

„Möchtest du auch etwas trinken? Oder essen?“, fragte sie ihre Jüngste hoffnungsvoll. Kari hatte seit einigen Tagen kaum noch Appetit und ihre Mutter machte sich so langsam wirklich Sorgen. Wenn es nur um das von ihr Gekochte gegangen wäre, hätte sie sich kaum gewundert. Niemand aß gerne ihr Essen, es schmeckte… Besonders. Aber Kari wollte auch das Essen in der Schule nicht. Und auch wenn sie auswärts essen gingen, rührte sie maximal ein bisschen darin herum.
 

Kari schüttelte den Kopf und setzte sich dann Tai gegenüber auf das andere Sofa. Ihre Mutter seufzte und ging in die Küche, um den Abwasch vom Frühstück zu erledigen. Ihr Bruder musterte sie besorgt und als sie seinen Blick auffing, sah sie ihn fest an. „Also, was verschafft uns die Ehre deines Besuches? Schließlich bist du kaum noch hier seit du dein Studium angefangen hast.“ Kari versuchte bei dem Gesagtem zu lächeln, brachte jedoch nur ein schiefes Grinsen heraus. Sie vermisste ihren Bruder wirklich sehr, aber wenn sie ihm das zu sehr zeigte, hatte er nur noch ein schlechteres Gewissen, sie letztes Jahr hier gelassen zu haben.
 

Tai überlegte kurz, bevor er langsam antwortete: „Mama hat gesagt, dir geht es nicht so gut.“ Und schon ging es los.
 

„Hmm.“, machte Kari und sah ihn abwartend an.  Er schien seine Worte sorgfältig auszuwählen.
 

„Matt hat erzählt,dass…“ eine längere Pause. Ein leichtes Kopfschütteln. „Ihr habt euch gestritten. Du und T.K.“  Er beschloss, dass es keinen Sinn hatte lange drum herum zu reden.
 

Kari starrte vor sich hin. Sie wollte nicht mit ihrem Bruder darüber reden. Sie wollte ihn nicht mit solch lächerlichen Kindereien nerven, wo er doch offensichtlich ziemlich beschäftigt mit dem Studium war. Deshalb lächelte sie nur, so gut sie eben konnte und antwortete: „Es ist halb so wild. Ehrlich!“

Sie bemüht sich so unbeschwert auszusehen. Aber ich sehe ihr an, dass etwas nicht stimmt., schoss es Tai sofort durch den Kopf. Schließlich seufzte er noch lang und ausgelassen. Sie sollte merken, dass er bescheid wusste. „Ich werde während der Ferien ein paar Tage hier bleiben. Wenn du reden möchtest, dann sag es mir, okay?“
 

Sie nickte kurz. Sie war ihrem Bruder wirklich dankbar, aber sie wollte nicht darüber sprechen. Jedenfalls jetzt noch nicht.
 

Tai merkte, dass es keinen Sinn hatte, weiter mit ihr darüber zu reden und wollte grade ein anderes Thema anschneiden, als seine kleine Schwester plötzlich aufstand und in Richtung Tür ging. Überrascht spähte ihre Mutter aus der Küche zu ihr, als sie sich grade die Schuhe anzog.
 

„Wo willst du denn hin?“, fragten Tai und ihre Mutter wie aus einem Munde. Wären sie nicht so perplex von Karis plötzlicher Aktion gewesen, hätten sie schon fast komisch gefunden, wie ähnlich sie sich manchmal waren.
 

Kari streifte sich grade ihre Jacke über, als sie sagte: „Ich wollte nur ein Bisschen an die frische Luft. Kein Grund so aus der Fassung zu geraten.“

Ohne zu zögern stand Tai auf. „Ich komme mit.“
 

„Nein!“, schoss es sofort aus Karis Mund. Etwas ruhiger fügte sie hinzu: „Ich möchte nur ein bisschen spazieren gehen. Allein.“ Das letzte Wort betonte sie so, dass klar war, dass sie keine Widerrede duldete. Ohne noch einmal auf eine Antwort zu warten, drehte sie sich zur Tür und ging hinaus. Sie rannte schon fast die Treppen im Hausflur hinunter, aus Angst, ihr Bruder würde ihr doch folgen. Als sie unten ankam, horchte sie noch kurz nach seinen Schritten, aber als sie nichts vernahm ging sie zwar langsamer, jedoch immer noch zügig aus dem Haus. Es hatte begonnen zu nieseln und die Luft war kalt und klar, als sie die Straße entlang eilte. Erst als sie eine Weile so durch den immer stärker werdenden Regen gehetzt war, blieb sie stehen und sah sich um. Es war noch früh, also waren nicht so viele Leute unterwegs und sie konnte stehen bleiben ohne Angst zu haben, beobachtet zu werden. Ein wenig außer Atem schloss sie die Augen und sog die frische, feuchte Morgenluft ein.
 

Als sie die Augen nach einigen Sekunden wieder öffnete, erblickte sie eine vertraute Gestalt in einigen Metern Entfernung. Sie starrte direkt in seine tiefblauen Augen.

„T.K“, flüsterte sie und Tränen erfüllten ihre Augen.

Dunkele Müdigkeit

Starr vor Schreck sah sie ihm noch immer in die Augen. Einen Moment zu lange. Doch als sie sich wieder etwas gefasst hatte, versagte ihr immer wieder ihre Stimme, als sie zum Sprechen ansetzen wollte. Am liebsten hätte sie sich einfach nur umgedreht und wäre davon gelaufen, aber das schien ihr mehr als lächerlich, so wie sie ihn fixiert hatte. Also unterdrückte sie die aufsteigenden Tränen, biss sich leicht auf die Unterlippe und wartete. Sie war ihm nun schon erfolgreich seit mehreren Tagen aus dem Weg gegangen, hatte auf keine seiner SMS reagiert und keinen seiner Anrufe beantwortet. Und jetzt stand er plötzlich ganz zufällig vor ihr, an einem verregneten Samstagmorgen in den Ferien.

 

„Kari…“, setzte er an und verstummte gleich darauf wieder. Auch er schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte. Gut so. Hatte sie ihn wenigstens genauso perplex gemacht wie er sie.

 

Sie schüttelte kaum merklich den Kopf und hatte sich schon wieder zum Gehen umgedreht, als sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter legte. Trotz der Kleidung konnte sie die Wärme deutlich spüren, die von ihm ausging. Fast so wie in ihrem Traum. Wie hatte er nur so schnell die Distanz zwischen ihnen beiden überbrückt?

 

Sie versuchte sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen und das Folgende so lässig klingen zu lassen wie möglich: „Was ist?“

Selbst in ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme dünn und brüchig. Punkt Takeru.

Er schien kurz mit sich zu ringen, lockerte seinen Griff um ihre Schulter aber nicht, sondern drehte sie vorsichtig zu sich. Sie ließ ihn gewähren und suchte fieberhaft nach den richtigen Worten, um der Situation entfliehen zu können. Doch dann tat er etwas, was sie beide überraschte. Er folgte einem aufsteigenden Impuls und zog sie fest an sich, in eine lange Umarmung. Unschlüssig baumelten ihre Arme erst an ihrer Seite, als sie sie schließlich doch hob und ebenfalls ihre Hände auf seinem Rücken platzierte.

So standen sie einige Minuten da, unfähig ein Wort zu sagen, vom Regen durchnässt. Die Stille hatte sie beide gefangen und erst eine gefühlte Ewigkeit später begann Takeru langsam und sehr ruhig „Ich habe dich so sehr vermisst!“, in ihr Ohr zu raunen.

 

In Hikari stiegen wieder Tränen auf. Ja, auch sie vermisste ihren besten Freund über alle Maßen. Aber war sie wirklich schon bereit, ihren Streit einfach so zu vergessen? Wieder einmal nachzugeben und ihm zu verzeihen? So wie sie es immer tat?

Die Antwort war schlichtweg: Nein. Dieses Mal war es nicht so leicht. Dies war kein normaler Streit, wer den Film aussuchen durfte. Dieses Mal ging es nicht um eine Kleinigkeit, wie wer das letzte Stück Kuchen haben konnte. Dieser Streit war anders gewesen und sie würde nicht schon wieder klein bei geben nur um einer unangenehmen Situation aus dem Weg zu gehen.

 

Langsam aber bestimmt nahm sie die Hände von seinem Rücken und schob ihn von sich. Es fühlte sich schlagartig unheimlich falsch an, als gehörten ihre Hände eigentlich dorthin und würden jetzt mit Gewalt entfernt werden. Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht“, hauchte sie und drehte sich von ihm weg um zu gehen.

 

Dieses Mal ließ er sie gewähren, doch sie wünschte sich innerlich so sehr, dass er es nicht getan hätte.

 
 

Erst als sie sich nicht mehr in seiner Sichtweite befand, löste sich der blonde Junge endlich aus seiner Starre. Er ballte die Faust, hätte am liebsten irgendetwas zerschlagen, so wütend war er auf sich selbst. Warum hatte er sie nur so bedrängt? Er wollte sich doch bei ihr entschuldigen und nun hatte er alles falsch gemacht, was er nur hätte falsch machen können.

Wieso konnte ich ihr nicht einfach sagen, dass es mir leidtut? Wieso musste ich sie sofort so überrumpeln? Ich bin so ein Idiot!

Finster sah er noch eine Weile in die Richtung, in die sie gegangen war. Erst jetzt merkte er, wie kalt ihm war und dass seine Sachen komplett durchnässt waren.

Kari hatte keinen Schirm dabei, auch sie ist klitschnass. Seine Gedanken kreisten nur um sie. Er fluchte innerlich, dann lief er los, in die Richtung, in die verschwunden war und hinter ihr her.
 


 

Am Anfang war sie sehr langsam gegangen, doch irgendwann hatten sich ihr Schritte beschleunigt und sie rannte nun schon fast. Wie hatte sie nur zulassen können, dass er sie so überraschte? Und wieso hatte sie seine Umarmung erwidert? Sie war sauer auf ihn. Traurig und enttäuscht. Er hatte nicht das Recht, sie so an sich zu ziehen. Und doch hatte sie sich nicht gewehrt, sondern es auch noch sehnsüchtig zugelassen. So viel Macht hatte er also über sie. So wenig Kontrolle hatte sie über sich selbst. 

Ihr heißer Atem erzeugte kleine Wolken in der kalten Luft. Man merkte jeden Tag mehr, dass es nun schon Herbst war und langsam auf den Winter zuging. Die Herbstferien waren fast vorbei und die Schule begann in einer Woche wieder. Und schon bald war ihr 17. Geburtstag.

Normalerweise freute sie sich immer darauf. Es gab Kuchen, Geschenke und sie verbrachte den Tag immer mit ihrer Familie und ihren Freunden. Doch dieses Jahr freute sie sich nicht darauf. Sie dachte an Takeru und dass er wegen ihrem Streit nicht den Tag mit ihr verbringen würde und schlagartig wollte sie gar nicht mehr Geburtstag haben. Sie wollte sich nur noch verkriechen und schlafen. Eine unendlich tiefe Müdigkeit machte sich in ihr breit und raubte ihr in Form eines schwarzen Schleiers fast vollständig die Sicht. Dass sie stehen geblieben war, merkte sie erst jetzt und als sie sich grade auf eine Treppenstufe zu ihrer Linken setzen wollte, verlor sie das Gleichgewicht und schlug unsanft auf dem Boden auf. Sie vernahm dumpfe Schritte hinter sich, die in ihren Ohren viel zu laut und hämmernd klangen und versuchte die Ursache auszumachen. Vergebens. Sie sah nichts als Dunkelheit und schloss die Augen. Die Schwärze umschloss sie, schien sie zu wiegen wie ein Kind, beruhigte sie. Und sie ließ es zu, genoss die Ruhe, in der sie sich seit Langem endlich mal wieder befand.

 

Und plötzlich nahm sie nichts mehr war.  

Es dreht sich nicht immer nur alles um dich

Als sie die Augen öffnete, sah sie zuerst alles verschwommen. Doch sie nahm eine wohltuende Wärme um sich herum war, spürte, dass sie auf etwas weichem lag und fühlte sich behütet und wohl. Doch je wacher sie wurde, desto mehr machte sich ein pochender Schmerz an ihrem Hinterkopf und der Schulter bemerkbar. Sie blinzelte ein paar Mal um ihren Blick zu schärfen und stellte erstaunt fest, dass sie sich in einer vertrauten Umgebung befand. Einer sehr vertrauten sogar, in der sie eigentlich grade nicht sein wollte.

Als sie sich aufsetzen wollte, bemerkte sie, dass ihr schwindlig wurde und sie ließ sich lieber wieder zurück auf das Kissen fallen, auf dem sie bis eben noch gelegen hatte. In dem Raum gab es eine kleine Stehlampe, die für Licht sorgte und durch den Türspalt schien das Licht aus dem Flur zu Hikari herein. Erst jetzt bemerkte sie, dass im Flur jemand sprach. Ein Telefonat.
 

„Ja… Nein. Sie ist hier und es geht ihr gut, keine Sorge. Sie schläft. Ja… das denke ich auch. Ich passe auf sie auf und melde mich dann später, wenn sie wach ist. Bis dann Tai.“
 

Tai. Hatte sie sich doch nicht geirrt, sie wusste genau wo sie war. Als sie Schritte im Flur vernahm, die sich eindeutig dem Zimmer näherten, in dem sich Kari befand, dachte sie kurz darüber nach, sich schlafend zu stellen. Doch nach kurzem Überlegen verwarf sie ihren Plan wieder und sah mit festem Blick auf die Tür, die sich nun langsam öffnete.
 

„Du bist ja wach.“ Takeru klang erleichtert als er die Tür leise hinter sich schloss und mit ein paar Schritten den Abstand zwischen ihm und ihr überwand. Ohne groß darüber nachzudenken setzte er sich auf die Bettkante und stich ihr liebevoll über die Wange. Erst als sie etwas zurückwich, bemerkte er, was er getan hatte und zog unsicher die Hand zurück.

Hatte sie sich also nicht getäuscht. Sie war in Takerus Schlafzimmer, in der kleinen Wohnung, die er seit einiger Zeit mit seinem Bruder Matt zusammen bewohnte. Als er seine Hand sinken ließ, entspannte sie sich ein wenig und sah ihn an. „Was ist passiert?“, fragte sie ihn und versuchte dabei, sich nicht in seinen herrlichen blauen Augen zu verlieren.
 

„Du bist davon gestürmt. Und als ich bemerkt habe, dass du keinen Schirm dabei hast bin ich hinter dir her, um dich zu suchen. Und da lagst du dann auf dem Boden und warst ohnmächtig. Ich glaube, du hast dir den Kopf ein wenig aufgeschlagen, aber es schien mir nicht so schlimm zu sein, dass wir ins Krankenhaus hätten fahren müssen. Also habe ich dich hierher getragen, da wir uns glücklicherweise ganz in der Nähe befanden.“, schloss er seine Erzählung. Besorgt musterte er sie. „Kari, wie geht es dir? Tai hat gesagt…“, er zögerte. „Er hat gesagt du hast in den letzten Tagen kaum getrunken und gegessen. Und dass du nachts aufgewacht bist und laut gerufen hast. Es ist kein Wunder, dass du zusammen gebrochen bist.“
 

„Das geht dich nichts an.“, sagte sie etwas kälter als beabsichtigt.
 

„Wenn es wegen dem Streit ist, wegen mir…“, setzte er an, doch sie unterbrach ihn sofort.
 

„Es dreht sich nicht immer alles nur um dich in meinem Leben.“ Eigentlich hatte sie gehofft, er würde jetzt etwas sagen, doch er wich nur ihrem Blick aus und biss sich auf die Lippe. Schon wieder. Genau das hatte er auch gemacht, als sie sich gestritten hatten. Einfach nichts mehr dazu gesagt. Sie schnaubte laut, unfähig auch nur ein weiteres Wort zu finden, mit welchem sie ihm klar machen konnte, wie sie sich im Augenblick fühlte.
 

„Es tut mir so leid.“, flüsterte er nach einer Weile. Sie war überrascht, dass er überhaupt fähig war etwas zu sagen und grade diese Worte hatte sie nicht erwartet.

„Ich hätte dich nicht einfach gehen lassen dürfen, sondern etwas dazu sagen müssen. So einen heftigen Streit hatten wir noch nie und ich Idiot habe Sachen zu dir gesagt, die man einfach nicht sagen sollte. Und schon gar nicht zu seiner besten Freundin.“ Er lächelte sie schief an.
 

Beste Freundin. Ja, genau das war das Problem. Dass sie seine beste Freundin war. Aber das wollte sie nicht. Sie wollte nicht seine beste Freundin sein. Sie wollte mehr. Doch als sie versucht hat, ihm genau das klar zu machen, hatte er ihr gar nicht zugehört und von etwas ganz anderem gesprochen. Da war ihr der Geduldsfaden geplatzt und sie hatte ihn angeschrien. Sie erinnerte sich noch schmerzlich genau an jedes einzelne Wort.
 

„T.K., ich muss dir jetzt endlich etwas sagen. Ich warte schon viel zu lange.“

„Ja, warte kurz ich muss noch eben diese SMS schreiben, dann kannst du gleich…“

5 weitere Minuten die vergingen.

„Was ich dir sagen wollte… jetzt leg doch mal das Handy weg! Mit wem schreibst du da eigentlich?“

„Hm? Mit Sakura aus der Parallelklasse. Sie hat mir einen Witz getextet, soll ich ihn dir mal vorlesen?“

„Nein.“

„Haha. Das ist echt zum schießen.“

„T.K.!“

„Warte sie schreibt grade noch was.“

„Takeru! Jetzt reicht es mir aber ich versuche dir etwas zu sagen und du textest mit dieser Zicke!“

„Sie ist keine Zicke, das bist wohl eher du. Was ist denn heute mit dir los? Erst bist du so schweigsam und dann so genervt. Warum blaffst du mich denn jetzt so an? Habe ich dir irgendwas getan?“

„Ich und zickig? Ich fasse es nicht. Ich versuche die ganze Zeit dir etwas Wichtiges zu sagen.“

„Wenn es so wichtig ist, warum erzählst du es dann nicht Tai? Der erfährt doch sowieso immer alles als erstes!“

Stille.

„Du bist so ein Idiot T.K.!“

„Es gibt auch andere Dinge mit denen ich mich beschäftigen möchte, es geht nicht immer nur um dich Kari.“

Dann sagte er nichts mehr und starrte sie nur an. Ihm wurde schlagartig bewusst, was er da grade zu ihr gesagt hatte. Sie wartete, wartete vergebens auf ein Wort der Entschuldigung oder dergleichen, doch er sagte nichts.

Und dann rannte sie los.
 

Noch immer lächelte er sie leicht an. In seinen Augen sah sie Hoffnung. Hoffnung, dass sie ihm seine Worte verzeihen würde, Hoffnung, dass sie wieder beste Freunde sein konnten. Aber es ging ihr nicht einmal so sehr um seine Worte von damals. Gut, sie hatten sie wirklich verletzt, aber was noch schlimmer war: seine Reaktion auf Tai. Ihm ging es schon seit einiger Zeit gehörig gegen den Strich, dass Kari ihrem Bruder alles immer sofort berichten wollte. Takeru vertrat die Ansicht, dass sich das Mädchen zu sehr von dem älteren abhängig machte. Dass hatte er ihr schon des Öfteren vorgeworfen. Dass es aber Dinge gab, die man mit seinem besten Freund nicht besprechen konnte- vor allem, wenn man dann plötzlich Gefühle für diesen entwickelt-, dass konnte Takeru nicht verstehen. Aber wie auch? Sie hatte ja nicht die Gelegenheit bekommen, ihm zu sagen, was sie fühlte.
 

Hikari starrte ihn an. „T.K. …Ich weiß, dass es dir leid tut. Das weiß ich wirklich, immerhin hast du es mir mehr als einmal auf die Mailbox gesprochen und mehr als einmal in deinen SMS betont. Aber wenn du glaubst, dass mich nur deine Worte verletzt haben, dann hast du im Grunde gar nicht verstanden, was in mir vorgeht.“
 

Der blonde Junge schüttelte langsam den Kopf. „Ich glaube, ich habe wirklich nicht verstanden was in dir vorging. Aber ich möchte dir zuhören. Ich möchte wissen was dich bedrückt, ich… Ich war nur so eifersüchtig auf Tai, weißt du? Du hast mich in der letzten Zeit vor dem Streit häufiger wegen ihm versetzt. Das hat mich rasend gemacht.“ Als er sprach, ballte er die Faust und wich ihrem Blick aus.
 

Ja es stimmte, sie hatte ihn versetzt, weil sie mit Tai über ihre Ängste und Sorgen gesprochen hatte, sich Rat bei ihm holte oder übte, wie sie Takeru am besten ihre Gefühle gestehen konnte. Doch das konnte sie ihm nicht sagen. Nachdem die beiden so zerstritten auseinander gegangen waren, hatte Kari beschlossen, T.K. nichts von alle dem zu sagen, nicht zu zeigen, was eigentlich schon so lange in ihr vorging.

„Es geht nicht T.K.. Wirklich nicht.“, sagte sie ganz leise, wie zu sich selbst und schloss kurz die Augen. Als sie sie wieder öffnete, hatte nun zu ihrer Überraschung Takeru Tränen in den Augen.
 

„Ruh dich noch etwas aus. Ich rufe Tai an, damit er dich dann abholen kann.“ Er wirkte, als hätte sie soeben all die Hoffnung zerstört, die ihn noch am Leben hielt. Sein Blick war kalt und starr.

Sie wollte ihn am Handgelenk packen und halten, wollte ihn schütteln, damit er begriff, was in ihr vorging. Doch stattdessen schluckte sie nur stumm ihre eigenen Tränen hinunter und schloss die Augen, um die stille Schwärze um sie herum zu begrüßen.

Was hat sich nur verändert?

Erst als sie Schritte und lauter werdende Stimmen im Flur vernahm bemerkte Kari, dass sie eingeschlafen sein musste. Nun schreckte sie hoch, als plötzlich jemand an die Zimmertür klopfte. Als ihr Bruder durch den Türspalt spähte, stiegen Tränen in ihr auf.

„Tai.“, hauchte sie und ihr Bruder betrat das Zimmer und ging auf das Bett zu. Als er bei ihr war, ließ er sich zu ihr auf die Bettkanten sinken, wo vor kurzem noch Takeru gesessen hatte. Er schloss sie sofort in die Arme.
 

„Du machst mir vielleicht immer Sorgen. Mach so etwas nie wieder, hörst du?“ Er schob sie ein kleines Stück von sich, um sie mustern zu können. Sie schüttelte nur den Kopf, um ihm zu zeigen, dass sie ihm keine Sorgen bereiten wollte.

Dann schloss er sie wieder in die Arme und über seine Schulte hinweg erhaschte sie einen Blick auf Takeru, der am Türrahmen lehnte und sie finster ansah.

Guck doch bitte nicht so. Mir geht es auch so schon schlecht genug.
 

Als Tai sie endlich losließ und sich zu Takeru umdrehte, machte dieser nur auf dem Absatz kehrt und ging ins Wohnzimmer. Tai folgte ihm.
 

„Und? Habt ihr euch endlich wieder vertragen? Ich meine, sie ist hier bei dir und nicht irgendwo anders.“ Tai klang hoffnungsvoll, so, wie sich Takeru am Anfang des Gesprächs mit Hikari auch gefühlt hatte.
 

Er schüttelte den Kopf. „Sie will nicht. Oder kann nicht, wie auch immer.“, antwortete der jüngere bedrückt. Dann seufzte er und sah Tai fest in die Augen. „Da ist noch mehr, oder? Viel mehr von dem ich noch gar nichts weiß.“
 

Tai zögerte. Wie viel konnte er ihm erzählen? Ihre Gefühle hatte Kari ihrem besten Freund also nicht gestanden, so viel stand fest. „Wenn ich dir das jetzt erzählen würde, dann hätten wir beide ein sehr, sehr großes Problem mein Freund.“, sagte Tai ausweichend. Ihm war klar, dass es nicht das war, was Takeru hören wollte, doch Kari konnte es jetzt absolut nicht gebrauchen, von noch einem Menschen, dem sie vertraute, verletzt zu werden.
 

T.K. schnaubte nur und sah aus dem Fenster. „Wann ist alles nur so kompliziert geworden? Ich meine, wir haben uns immer blind verstanden, haben und vertraut. Wir sind von klein auf die besten Freunde gewesen. Was hat sich nur verändert?“

Oh wenn du wüsstest…, dachte Tai und sah seinen Freund mitleidig an. Es tat ihm so weh, dass die beiden sich gestritten hatten, obwohl sie einander offensichtlich so viel bedeuteten. „T.K. wir kriegen das hin, okay? Ich lasse mir etwas einfallen und rede mit ihr. Ihr gehört zusammen, daran besteht kein Zweifel. Mach dir keine Sorgen.“ Tai legte seine unbeschwerte, mutige Anführerstimme auf und lächelte Takeru bekräftigend und aufmunternd zu. Der angesprochene zuckte nur mit den Schultern und sah wieder aus dem Fenster.

„Wenn du das sagst.“
 

Kari hatte sich in der Zwischenzeit aufgesetzt und kämpfte gegen das aufsteigende Gefühl von Schwindel an. Als sie eine Weile gewartet hatte und sicher war, dass ihr nicht wieder schwarz vor Augen wurde, schwang sie vorsichtig die Beine über die Bettkanten und suchte ihre Schuhe. Sie standen ordentlich unter der Heizung und ihre Jacke hing zum trocknen darüber. Grade in solchen Situationen bewunderte sie, wie ordentlich Takeru war. Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, welches jedoch sofort erstarb, als sie die Stimmen der beiden Jungen im Flur vernahm. Kurz darauf öffnete sich die Tür erneut und sie bekam zwei überaus besorgte Blicke zu spüren.
 

„Mir geht es gut.“, murmelte sie und Tai ging auf die Heizung zu, um ihre Schuhe zu holen, auf die sie zeigte. Erst jetzt, beim Schuhe anziehen bemerkte Kari, dass sie gar nicht mehr ihre Jeans und den Pullover trug, sondern eine viel zu große Jogginghose und einen Pullover, in die das zierliche, kleine Mädchen sich einwickeln konnte. Takeru war so groß und unverschämt gut gebaut. Und sein betörender Duft ging von den Klamotten an ihr aus.
 

Leicht beschämt kratzte er sich am Hinterkopf. „Ich…ähm… deine Sachen sind noch in der Waschmaschine, du warst so durchnässt, ich hatte Angst, dass du dich erkältest, da habe ich dir trockene Sachen von mir gegeben.“ Hikari nickte nur.
 

Interessant. Tai war nicht entgangen, dass sich bei beiden ein roter Schimmer über die Wangen gelegt hatte.

Nach einem Moment peinlicher Stille, räusperte sich der ältere und sah seine Schwester erwartungsvoll an. „Können wir?“, fragte er gespielt ungeduldig. Kari nickte nur wieder und stand dann vorsichtig auf. Tai nahm ihre Jacke in die eine Hand und legte die andere dann um ihren Arm, um sie zu stützen.

„Danke nochmal für alles T.K.. Und denk an meine Worte!“ Tai klopfte ihm zum Abschied noch einmal auf die Schulter, dann wandte er sich zum Gehen.
 

„Ich gebe dir die Sachen bald wieder.“, sagte Kari höfflich an ihn gewandt, hielt aber ihren Blick auf den Boden gerichtet.

„Keine Eile.“, antwortete T.K. und sah ebenfalls angestrengt an ihr vorbei. Dann öffnete er den beiden Geschwistern die Tür und verabschiedete sie. Als er sicher war, dass die beiden aus dem Haus waren, schloss er endlich die Tür hinter sich und brach wie in den letzten Tag oft auch in stumme Tränen aus.
 

„Du bist zu hart zu ihm.“ Tai hatte Kari direkt in ihr Bett gebracht und ihr dann einen Tee und eine heiße Nudelsuppe gemacht. Nun saß er auf ihrem Bett und beobachtete, wie sie das erste Mal seit Tagen wieder ein wenig zu sich nahm. Gedankenverloren schlürfte sie die Suppe. Sie schmeckte… fantastisch.
 

„Nein, das glaube ich nicht.“, antwortete sie ihrem Bruder und nahm noch einen Löffel Suppe. „Ich will ihm ja verzeihen, wirklich. Aber er hat ja noch nicht einmal genau verstanden, warum ich so sauer und enttäuscht bin.“
 

„So sind Jungs nun einmal. Man muss uns eben genau sagen was man denkt, von alleine kommen wir da nicht drauf.“ Tai hätte seine Schwester am liebsten dazu verdonnert, sich sofort mit Takeru zu versöhnen, doch er wusste, dass das nichts bringen würde, jedenfalls im Moment nicht. „Du hast mir nie erzählt, was genau vorgefallen ist.“, begann er nun einfühlsamer. „Ich habe es immer nur vermutet.“
 

Hikari seufzte resignieret. Jetzt wollte er also doch unbedingt darüber sprechen. „Als ich ihm sagen wollte, was ich für ihn empfinde, da hat er mir gar nicht zugehört, sondern lieber mit dieser Sakura aus der Parallelklasse geschrieben. Und dann hat er mir noch ein paar unschöne Sachen an den Kopf geschmissen.“ Die letzten Worte hatte sie nur noch gemurmelt, aber Tai hatte sie dennoch genau verstanden.
 

„Oh…“, war seine einzige Antwort. Ein langes Schweigen breitete sich zwischen den Geschwistern aus, bis Tai aufstand und seiner Schwester die Schüssel aus der Hand nahm. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie alles aufgegessen hatte und war deshalb überrascht, als Tai beim Verlassen des Zimmers noch sagte: „Heute gibt es dein Lieblingsessen und keine Angst, ich koche, nicht Mama.“ Ihr Magen knurrte laut. Als sich die Zimmertür hinter Tai schloss überlegte Kari kur, ob es wirklich besser war, wenn ihr Bruder kochte, oder ob es in genau der gleichen Katastrophe enden würde, wie wenn ihre Mutter ein „Festmahl“ zubereitete.

Wackelpudding und Gänsehaut

„Kari, kommst du zum Essen?“, rief Tai durch die ganze Wohnung. Er hatte die Tür einen Spalt breit geöffnet, aber sie hätte ihn auch so gehört. Mit Ohrenschützern. Wenn sie taub wäre. Also konnte sie leider nicht so tun, als hätte sie das überhört und einfach nicht zum Essen erscheinen, sondern musste sich aufrappeln und trottete ins Wohnzimmer. Zugegeben, es lohnte sich, es roch extrem gut. Also setzte sie sich auf ihren Platz und wartete. Doch der Tisch war nur für zwei gedeckt, was sie doch sehr verwunderte.
 

„Wo sind denn Mama und Papa?“, fragte sie ihren Bruder, der grade einen großen Topf herein trug. Zu viel für zwei, eindeutig zu viel.

„Ach die wollten heute mal wieder was mit ihren Freunden unternehmen.“, antwortete Tai und stellte den Topf auf dem Tisch ab. Dann begann er erst seiner Schwester und dann sich selber einen mächtigen Berg Spaghetti Bolognese auf den Teller zu schaufeln. Ein wenig Angst stieg in Hikari auf. Was, wenn ihr Bruder die Kochkünste ihrer Mutter geerbt hatte?

Mutig nahm sie einen Happen und stellte erleichtert fest, dass es sogar echt gut schmeckte.
 

„Gut, dass man bei diesem Gericht nicht so viel falsch machen kann.“, sagte sie und kicherte.
 

„Tja, eben ein perfektes Studentenessen!“, ihr Bruder warf ihr ein schiefes Lächeln zu.

Einen Moment lang schien Kari ihre Sorgen zu vergessen und aß. Sie aß so viel, dass Tai glaubte, sie müsse jeden Moment platzen. Einfach peng! Als sie fertig war, hatte sie einen kugelrunden Bauch, genau wie Tai auch.
 

„Gut, dass meine Jogginghose einen Gummizug hat!“, witzelte der „Hobbykoch“. Doch er merkte sofort, dass er in ein Fettnäpfchen getreten war, denn seine Schwester verzog nur das Gesicht und sah auf die Hose, die sie noch immer trug. Die von Takeru. Sie hatte sie nicht gewechselt, weil sie noch einmal eingeschlafen und erst aufgewacht war, als ihr Bruder sie gerufen hatte.
 

„Ach Kari, jetzt guck doch bitte nicht so! Willst du jetzt jedes Mal, wenn dich etwas an T.K. erinnert so ein Gesicht ziehen? Na dann viel Spaß, das wird nämlich noch sehr oft der Fall sein, immerhin kennt ihr euch schon… na quasi immer!“ Tai war selbst überrascht, seiner Schwester so eine Ansage gemacht zu haben, aber er wollte seine Worte und auch die Schärfe, mit denen er sie gesagt hatte, nicht wieder zurücknehmen und sah sie deshalb nur eindringlich an. Zu seiner Überraschung widersprach sie nicht, sondern nickte nur.
 

„Das weiß ich auch, Tai.“, sagte sie langsam und sah dabei auf den Boden.

„Es ist nur… schwierig für mich. Du weißt schon, damit um zu gehen und so.“
 

Jetzt schüttelte Tai den Kopf. „So schwierig ist das nun wirklich nicht. Du vermisst ihn, er vermisst dich. Spring über deinen Schatten und nimm seine Entschuldigung an. Was hast du schon großartig zu verlieren?
 

Meinen Stolz?

Sie dachte kurz über die Worte ihres Bruders nach. Er hatte Recht. Und wie er Recht hatte, das wusste sie, wollte es sich aber nicht eingestehen. Und dann verblüffte sie sich selber. Sie stand auf, ging in ihr Zimmer, Zog sich an und ging in Richtung Haustür.
 

„Wo willst du hin?“, fragte Tai erstaunt. Er war von Tisch aufgestanden und zur Haustür gegangen, wo sich Kari grade ihre Schuhe anzog.
 

„Zu T.K.. Ihm zuhören. Du hast Recht Tai, ich war zu stolz und zu verletzt. Vielleicht sollte ich mir anhören, was er mir sagen möchte.“ Klang ihre Stimme nur in ihren Ohren so dünn, oder hatte auch Tai es gehört?
 

Er lächelte liebevoll. „Ich bin stolz auf dich, kleine Schwester!“

Er umarmte sie noch kurz, hauchte: „Viel Glück.“ In ihr Ohr und ließ sie dann gehen.
 

Mach was draus, T.K.
 

Sie stand nun bestimmt schon 10 Minuten vor seiner Haustür und trat von einem Bein auf das andere. Mach schon! Sei nicht so feige! Doch alle Versuche, sich selber Mut zu zusprechen, waren vergebens. Sie traute sich einfach nicht zu klingeln.

Es begann, immer stärker zu regnen, doch dieses Mal hatte sie an einen Schirm gedacht. Bestimmt würde es heute Nacht noch ein Gewitter geben.

Weitere 5 Minuten vergingen, bis sie schließlich all ihren Mut zusammennahm und klingelte. Nichts passierte. Sie dachte schon, er würde bereits schlafen und wandte sich grade zum Gehen, als plötzlich ruckartig die Tür geöffnet wurde und Takeru darin stand. Nur mit einer dünnen Stoffhose bekleidet, oberkörperfrei, ein Badehandtuch in der Hand.
 

„Kari? Was machst du denn hier?“, fragte er völlig überrascht. Sie hatte ihn wohl überrumpelt.
 

„Ich… ähm… ich…“ Es war nicht das erste Mal, dass sie ihn oberkörperfrei sah, immerhin waren sie schon tausende Male zusammen schwimmen gewesen. Aber dies war das erste Mal, dass ihr auffiel, wie erwachsen er eigentlich geworden war. Diese Muskeln, seine noch vom Sommer leicht gebräunte Haut und dieser Duft. Dieser süße Geruch nach Shampoo und Zitrone. Und dann seine Augen, die die gleiche Farbe hatten, wie das Meer an einem warmen Sommertag. So blau und tief, dass man darin versinken konnte.

Sie schüttelte sich kurz, ehe sie endlich sagte: „Kann ich rein kommen?“

Warum musste er sich nur immer so außer Fassung bringen?
 

„Klar, gerne.“ Wenn er ihr Verhalten seltsam fand, so ließ er es sich wenigstens nicht anmerken, sondern lächelte nur und trat einen Schritt zur Seite, damit sie eintreten konnte. Sie zog ihre Schuhe aus und ging wie automatisch auf sein Zimmer zu, jedoch nicht, ohne sich einmal umzusehen.
 

„Matt ist noch unterwegs, mit seiner Band. Sie hatten heute einen Auftritt und wollen noch ein wenig feiern.“, sagte Takeru schnell als er bemerkte, dass sie nach seinem Bruder Ausschau hielt. Kari antwortete nicht, sondern ging zu seiner Zimmertür und legte die Hand auf die Klinke. Als sie kurz zögerte, bemerkte sie einen warmen Lufthauch an ihrem Ohr.
 

„Wir können ganz ungestört reden.“ Wie machte er das nur? Wie kam er nur immer so schnell so dicht an sie ran? Und warum um alles in der Welt fühlte sie sich, als bestünden ihre Beine plötzlich nur noch aus Wackelpudding? Und die aller wichtigste Frage: Warum wollte sie, dass er noch näher kam? Gefühle konnten manchmal echt kompliziert sein und einem einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen.

Sie atmete einmal tief ein. Dieser Duft. Dann öffnete sie die Zimmertür und ging auf sein Bett zu. Dort angelangt, ließ sie sich, wie schon so viele Male zuvor auch, auf seine Bettkante gleiten. Er schnappte sich ein T-Shirt von der Lehne seines Stuhls, streifte es über und folgte ihrem Beispiel, jedoch hielt er im Gegensatz zu sonst einen gewissen Sicherheitsabstand, um sie nicht wieder gleich zu bedrängen.
 

„Ich möchte mich bei dir entschuldigen.“, begann sie langsam und Takeru hing an ihren Lippen, um ja kein einziges Wort zu verpassen oder falsch zu verstehen. Noch einmal würde er diesen Fehler nicht machen. Jetzt würde er ihr zuhören. Und zwar von Anfang an.

Für immer Freunde bleiben

„Ich möchte mich bei dir entschuldigen.“, setzte sie an und sah in Takerus gespanntes Gesicht. Sie holte tief Luft und sprach erst nach einer kurzen Pause weiter.

„Ich hätte dir zuhören müssen, als du dich bei mir entschuldigen wolltest. Aber ich war stur, verletzt. Ich konnte einfach nicht. Und das tut mir wirklich leid, das hast du nicht verdient.“ Sie sah ihn zögernd an. T.K. war kein nachtragender Mensch, aber er hatte sich nun schon so oft verzweifelt an sie gewandt, um sich zu entschuldigen, auch ihm würde irgendwann der Geduldsfaden reißen. Sie konnte nur hoffen, dass er sich noch immer mir ihr versöhnen wollte.
 

Zu ihrer Erleichterung lächelte er, als er zu einer Antwort ansetzte. „Kari, natürlich verzeihe ich dir das. Aber du bist nicht die, die sich entschuldigen muss, sondern ich. Ich habe aus Eifersucht auf deinen Bruder komplett falsch reagiert. Ich wollte Zeit mit dir verbringen, Zeit, die plötzlich er mit dir hatte und nicht ich. Ich dachte immer, dass wir uns alles sagen können und plötzlich fühlte ich mich aus deinem Leben… naja, ausgeschlossen.“ Er sah sie an.

Ihr wurde jetzt erst klar, wie diese Situation auf ihr gewirkt haben musste, aber so war es ja nicht. Vielleicht sollte sie all ihren Mut zusammen nehmen und ihm erklären, warum sie diese Dinge nicht mit ihm, sondern mit Tai besprechen musste. Als sie schon ansetzte, etwas zu erwidern, unterbrach er sie mit einer kurzen Geste.
 

„Warte, lass mich noch etwas sehr bedeutendes sagen. Du bist mir der wichtigste Mensch, neben meiner Familie und ich möchte dich nie wieder so verletzen, ich könnte es nicht ertragen, wenn du nicht mehr bei mir wärst.“ Hoffnung keimte in ihr auf. Würde er jetzt…?

„Und als ich dich da habe liegen sehen, ohnmächtig, da hatte ich plötzlich solche Angst, dir könnte etwas passiert sein. Dass du vielleicht nie wieder aufwachst. Ich meine immerhin bin ich jetzt schon so lange…“ Er zögerte. Ja? Ja? Was war er so lange? Sagte er es ihr jetzt? War das ein Geständnis? Sie rückte näher an ihn ran, schloss die Augen ein wenig und wartete.

„Ich meine ich bin schon so lange dein bester Freund und möchte es auch immer bleiben.“, schloss er seine Erzählung.
 

Als sie die Augen wieder öffnete, blickte sie in ein erleichtertes Gesicht. Takeru lächelte verlegen. Enttäuschung stieg in ihr auf, doch das Gefühl wurde gleich durch ein anderes, immer stärker werdendes ersetzt. Für immer Freunde bleiben. Das Gefühl war Wut.

Und damit klatschte all ihre Hoffnung auf dem Boden auf, zerbarst in tausend kleine Stücke und wurde dann von einem Windhauch erfasst, der die Splitter davon trug. Freunde. Sie blickte ihn aus leeren Augen an.

Erst als, es donnerte, erwachte sie aus ihrer Starre und schaute ihn nun finster an.
 

„Sag doch was, warum siehst du mich denn so an?“, fragte er besorgt. Was hatte er denn nun schon wieder falsch gemacht?

Wortlos stand sie auf und ging zur Tür, durch sie hindurch den Flur entlang und zur Haustür, wo sie stumm ihre Schuhe anzog. Takeru stand bereits hinter ihr und wollte sie am Arm greifen, da hatte sie schon die Hand auf der Klinke und drückte sie runter.
 

„Kari was ist denn los?“ All seine Bemühungen waren umsonst. Sie machte einen Schritt auf den Ausgang zu und erstarrte in der Bewegung. Draußen herrschte ein Sturm, wie sie ihn seit langem nicht mehr erlebt hatte. Es donnerte und blitzte, Äste und Gerümpel wirbelten in einer gefährlichen Geschwindigkeit umher um trafen Autos und umliegende Straßenschilder. Der Regen peitschte im starken Wind und prasselte wie tausende kleine Nadeln auf den Boden nieder. Hikari und Takeru waren entsetzt. Wann war dieses Unwetter nur aufgezogen? Wie zur Untermalung seiner Zerstörungskraft, schlug ein Blitz ganz in der Nähe ein und verursachte in der ganzen Gegend einen flächendeckenden Stromausfall. Kari stand noch immer gebannt in der Tür, als Takeru sie am Arm zurück in die Wohnung zog.
 

„Lass mich los.“, meckerte sie und versuchte ihren Arm aus seinem starken griff zu befreien. Doch T.K. ließ nicht ein bisschen nach.
 

„Oh nein, das werde ich erst, wenn du mir versprichst, hier zu bleiben.“, sagte er und sah sie streng an.
 

„Das werde ich nicht, ich will nach Hause.“, erwiderte sie ebenso hart und starrte ihn böse an.
 

„Du gehst bei diesem Sturm nirgendwo hin, hast du mich verstanden? Ich will nicht, dass du plötzlich von einem Baum erschlagen, oder einen Blitz getroffen wirst. Das ist mir zu gefährlich!“ Sein Ton ließ keine Widerrede mehr zu. Also seufzte sie resigniert, drehte sich um und zog die Schuhe wieder aus. Erschöpft trotte sie ins Wohnzimmer, doch im Weggehen murmelte sie noch: „Wieso machst du dir denn sorgen? Ich bin doch nur eine Freundin.“
 

Takeru war nicht entgangen, wie abfällig sie das letzte Wort gesagt hatte und schüttelte darüber nur den Kopf.

Was ist denn nur los mit dir?
 

„Die Leitungen vom Telefon sind tot und ich habe keinen Empfang mit dem Handy. Wie sieht es bei dir aus?“, fragte er, als er in das Wohnzimmer zurückkam und sein Handy frustriet auf das Sofa warf. Sie blickte ihn kurz an, schüttelte den Kopf und sah dann wieder aus dem Fenster. Sie hatte die Beine angezogen und sich in eine Decke gewickelte, die Takeru ihr übergeworfen hatte. Eine bedrückende Stille breitete sich aus.
 

Als T.K. es nicht mehr aushielt, beugte er sich zu ihr vor und drehte ihren Kopf vorsichtig in seine Richtung. Überrascht wie sie war, wehrte sie sich nicht dagegen. Seine Berührung fühlte sich so gut an.

„Wie hast du das eben gemeint? Ich meine, dass du nur eine Freundin bist?“, fragte er und bemerkte, wie ihr Blick von überrascht, zu zögernd und schließlich zu unendlich traurig wechselte.
 

Sie zuckte mit den Schultern und versuchte auf den Boden zu schauen, doch seine Hand unter ihrem Kinn zwang sie, ihm direkt in die Augen zu blicken. Erst sagte sie nichts. Doch als er keine Anstalten machte, sie loszulassen, fing sie an nach den richtigen Worten zu suchen. Es viel ihr unglaublich schwer sie zu finden.
 

„Ich weiß es auch nicht so genau…“, begann sie und hoffte, das würde ihm genügen. Er ließ zwar die Hand sinken, hielt sie aber immer noch mit seinem Blick gefangen. Als sie merkte, dass er noch mehr erwartete, seufzte sie und sprach weiter. „T.K., der Grund, warum ich damals mit dir reden wollte, der ist… kompliziert. Und ich bin mir nicht sicher, ob du schon bereit bist, es kompliziert werden zu lassen.“ Sie sah ihn erwartungsvoll an. Hatte er den Wink verstanden?

Doch er sah sie nur verwirrt an. Sie schüttelte langsam den Kopf. „Lassen wir es einfach gut sein. Wir sind Freunde. Entschuldige, beste Freunde. Das reicht.“
 

Doch Takeru reichte das als Antwort eben nicht. Er wusste, da war noch mehr. Warum verheimlichte sie ihm, was sie so wütend und traurig machte? Vielleicht konnte er es ändern.
 

Dann machten sie gleichzeitig eine Bewegung. Sie beugte sich weit nach vorne, um nach ihrem Handy auf dem Tisch zu greifen und er beugte sich in dem Moment zu ihr, um sie wieder dazu zu bringen, ihn anzusehen. Und ohne es zu beabsichtigen landeten beide auf dem Boden. Hikari auf dem weichen Teppich, Takeru genau auf ihr. Erschrocken sahen sich beide an.
 

Kari bekam kaum noch Luft, aber nicht, weil er ihr durch sein Gewicht die Luft stahl, sondern durch seine Anwesenheit den Atem raubte.

Warum vermisse ich sie noch immer so sehr?

Einen sehr langen Moment lagen die beiden so da und schauten sich einfach in die Augen. Hikaris Herz hämmerte so heftig gegen ihren Brustkorb, dass sie glaubte, es müsse jeden Moment erst ihren Körper und dann den von Takeru durchstoßen.
 

Als sie glaubte, sich wieder ein wenig gefasst zu haben um ihre Stimme nicht ganz so heiser klingen zu lassen, wie sie eigentlich war, krächzte sie etwas hilflos: „Du kannst jetzt wieder von mir runter gehen.“

Als er keine Anstalten machte sich zu bewegen, versuchte sie sich unter ihm zu winden und so zu signalisieren, dass er sie frei geben sollte. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Er griff nach ihren Händen, die vergeblich versuchten ihn von sich zu schieben und nahm sie über ihrem Kopf mit einer Hand zusammen. Warum hatte er nur so große und starke Hände?
 

„Das ist nicht lustig.“, sagte sie ein wenig verzweifelt. Seine Nähe machte sie so unglaublich nervös.
 

„Nein, das ist es nicht.“, sagte er trocken, ließ aber nicht locker.

„Ich will nur, dass du mir nicht wieder entfliehst und mir endlich sagst, was dich so bedrückt.“ Seine Stimme ließ keinen Zweifel, dass er es ernst meinte. Doch sie konnte nichts sagen, er verwirrte sie zu sehr. Seine Nähe, seine Wärme, sein Geruch. All das raubte ihr die Sinne und machte sie unfähig vernünftig zu handeln.
 

Als sie nichts sagte, fing er an, gedankenverloren mit der freien Hand eine ihrer Haarsträhnen zwischen die Fingerspitzen zu nehmen. Er wickelte sie um seine Finger und spielte ein wenig damit, ließ sie dann los und berührte sanft ihr Gesicht. Er strich langsam ihre Wange entlang und verlor sich ganz und gar in der zärtlichen Berührung. Sein Blick lag auf ihren Augen, wanderte über ihre Nase, zu ihren Lippen. Sie sahen so weich und warm aus. Seine Fingerspitzen folgten der Kontur ihres Halses und strichen über ihr Schlüsselbein. Als er seine Hand weitergleiten ließ, blieb sie oberhalb ihrer Brust liegen und er vernahm erst jetzt, dass Hikari schwer atmete und spürte ihr viel zu schnell schlagendes Herz. Er beugte sich zu ihr hinab, platzierte seinen Munde ganz nah an ihr Ohr und flüsterte: „Mache ich dich etwa nervös?“
 

Ja. Ja um Gottes Willen das machte er. Und zwar so sehr, dass sie eine Gänsehaut bekam, als er ihr die Worte ins Ohr hauchte. So sehr, dass sie sich gar nicht mehr wehrte und sich einfach nur in diesem unbeschreiblich guten Gefühl verlor, welches er in ihr auslöste. Sie wartete sehnlichst darauf, was er wohl als nächstes tun würde, wollte, dass er noch weiter ging. Sie wollte mehr.
 

Als dann in diesem Moment das Licht wieder anging und das Telefon laut und schrill zu klingeln begann, sahen sich die beiden noch einen Moment lang verwirrt an, ehe sich Takeru räusperte und elegant aufstand, als sei nichts weiter gewesen. Er ging mit ein paar großen Schritten durch den Raum und Griff dann nach dem Telefon, mit dem er in den Flur verschwand. Kari lag noch immer auf dem Boden, eine Hand auf ihren Mund gelegt und unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
 

Als T.K. den Raum wieder betrat, hatte sie es zumindest geschafft, sich wieder auf die Couch zu setzen, aber ihr war warm und schwindlig und sie wusste nicht so recht, wo sie hinsehen sollte.
 

„Tja also, das war Tai. Er hat sich große Sorgen gemacht, wegen dem Unwetter. Er macht sich gleich auf den Weg um dich abzuholen, der Sturm scheint sich gelegt zu haben.“ Das war ihnen beiden gar nicht aufgefallen. Er sah sie kurz an und wartete auf ein Nicken, bevor er begann, unsicher von einem auf das andere Bein zu treten.

„Ich finde, es gut, dass wir uns wieder vertragen haben.“, fing er langsam an und sah überall hin, nur nicht zu ihr. „Und wenn du mir nicht sagen willst, was dich sonst noch bedrückt, ist das auch in Ordnung, ich will dich nicht wieder bedrängen.“, fügte er hinzu.
 

Bedrängen. Bei diesem Gedanken hatte sie wieder die Szene von vorhin vor Augen und wurde rot im Gesicht. Auch bei ihm legte sich ein roter Schimmer auf die Wangen, doch sie bemerkten nichts davon, weil jeder angestrengt in eine andere Richtung blickte.
 

Tai war schneller da, als gedacht und so blieb ihnen ein langes und peinliches Schweigen erspart. Als T.K. die Tür öffnete, klopfte er ihm dankbar auf die Schulter, um zu signalisieren, dass es zu schätzen wusste, dass seine Schwester so gut bei ihm aufgehoben war. Kari zog sich ihre Schuhe und Tai war schon draußen als sie schnell an Takeru gewandt sagte; „Ich finde es auch toll, dass wir uns wieder vertragen haben. Du hast mir gefehlt.“ Dann drehte sie sich um und ging zu Tür hinaus, in der Hoffnung, dass er die verräterische Röte in ihrem Gesicht nicht gesehen hatte. Hatte er nicht. Dafür aber ihr Bruder.

Dieser grinste sie breit an. „Wieder vertragen?“, fragte er verschmitzt und sah sie an. Sie nickte nur und ging schnell zum Auto. Tai schüttelte belustigt den Kopf und stieg dann ebenfalls ein.
 

Als sie nach einer gefühlten Ewigkeit, in der sie die Autofahrt mit ihrem Bruder schweigend verbrachte und dann ihren Eltern ganz genau erklären musste, wo genau sie gewesen war, endlich in ihrem Bett lag, ließ sie den Tag noch einmal Revue passieren. Sie schien noch immer Takerus Gewicht auf sich zu spüren, hatte noch immer seinen Geruch in der Nase und bekam bei den Gedanken an seine zarten Berührungen eine Gänsehaut. Sie wusste nicht, wie lange sie es noch ertragen hätte, so wehrlos von ihm berührt zu werden, ohne selber aktiv werden zu wollen.

Doch was sie am meisten verwirrte, war seine Reaktion. Auch er schien die Situation genossen zu haben, aber andererseits schien er überhaupt nicht nervös gewesen zu sein und als das Telefon klingelte wirkte er so gelassen und cool, als hätten sie nicht grade einen besonders intimen Moment geteilt, sondern eine Runde Karten gespielt.
 

Dass sie jedoch heute Nacht nicht die einzige war, die nicht würde schlafen können, wusste sie nicht. Denn auch Takeru lag noch lange wach und dachte über diese Situation nach.
 

Was ist nur mit mir los? Wieso habe ich das gemacht? Wir sind Freunde, haben uns wieder vertragen. Und warum vermisse ich sie noch immer so sehr?

Süße Träume

Als sie das Fenster öffnete, kam ihr kühle und klare Luft entgegen. Genau das Richtige, um wach zu werden und für ein paar Minuten mal alle störenden Gedanken zu verdrängen. Oder ein paar Sekunden, wenn überhaupt. Sie seufzte ausgelassen und spähte in die Ferne. Es war zwar schon halb 11, doch durch den dichten Wolkenvorhang wollte es einfach nicht heller werden.

Schon nach kurzer Zeit fing sie an, in ihrem dünnen Top zu frieren und schloss das Fenster wieder. Sie ging zum Schreibtisch und ließ sich auf dem Stuhl nieder um auf den Kalender zu spähen. Donnerstag schon. Seit der komischen Situation mit Takeru waren nun ein paar Tage vergangen, in denen sie sich zwar nicht gesehen, jedoch fleißig SMS geschrieben hatten. Keiner der beiden traute sich den anderen anzurufen, zu sehr verwirrte sie die Situation. Nicht, dass das sie das freiwillig zugegeben hätten, sie taten lieber so, als sei alles in bester Ordnung.

Am Montag ging die Schule wieder los, aber vorher, schon morgen, war Hikaris 17. Geburtstag.
 

„Nein Mama, du kochst ganz bestimmt nicht das Essen für ihre Geburtstagsfeier! Wir bestellen Pizza oder was auch immer sie gerne möchte. Verschone sie doch wenigstens an ihrem Ehrentag mit deinen „Besonderheiten“!“ Man konnte Tai mal wieder durch die gesamte Wohnung rufen hören.
 

„Na hör mal, ich wollte ihr nur etwas Gutes tun! Dann lass mich wenigstens einen Kuchen backen. Ich habe da ein tolles Rezept mit Rhabarber und Sellerie, das wollte ich schon so lange ausprobieren.“ Ihre Mutter klang grade zu euphorisch.

Urgs! Auf einen Rhabarber-Sellerie-Kuchen ihrer Mutter konnte sie nun wirklich verzichten.
 

„Nicht nötig Mama, sie bekommt nämlich einen Kuchen von… Oh guten Morgen Kari, hast du gut geschlafen?“, fragte ihr Bruder und kam auf sie zu. Lässig legte er einen Arm um ihre Schulter und flüsterte in ihr Ohr: „Ich rette dich grade.“
 

„Danke, hab ich schon bemerkt.“, erwiderte sie kichernd. Als ihre Mutter ein: „Das habe ich gehört!“, aus der Küche rief, brachen die Geschwister in ausgelassenes Gelächter aus und auch ihre Mutter konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
 

„Also erzähl mal, wer kommt denn morgen Abend alles? Ich habe übrigens schon dafür gesorgt, dass Mama und Papa über das Wochenende zu Oma und Opa fahren, wir haben also sturmfrei.“ Die beiden waren in Karis Zimmer gegangen, um ungestört die Partyplanung zu perfektionieren. Tai ließ sich auf das Bett sinken und sah seine Schwester, die auf dem Schreibtischstuhl platz nahm, gespannt an.
 

„Also größtenteils habe ich den alten Trupp eingeladen. Ich glaube Joe und Cody können nicht, aber sonst haben alle zugesagt. Dann habe ich noch ein paar Leute aus unserer Schule eingeladen, ein paar aus deinem alten Fußballteam, mit denen ich mich ganz gut verstehe und natürlich die Mädels vom Turnverein. Ja und das war es dann auch schon. Ich glaube insgesamt dürften es so um die 20 Leute sein.“ Kari versuchte in Gedanken ihre nicht geschrieben Gästeliste durchzugehen. An einem Namen blieb sie immer wieder hängen. Takeru. Wie würden die beiden sich begrüßen? So wie früher? Oder zurückhaltender? Würden sie sich unterhalten? Sie wusste es nicht.
 

„Also… kommt Mimi auch?“ Tai versuchte die Frage, die Hikari nun aus ihren Gedanken riss, so beiläufig wie möglich zu stellen, doch seine Schwester kannte ihn zu gut. Natürlich hörte sie den hoffnungsvollen Unterton sofort raus.
 

„Sie hat auf jeden Fall nicht abgesagt.“, antwortete die braunhaarige und sah ihren Bruder verschmitzt an.
 

„Oh schön. Ich meine, natürlich freue ich mich, alle wieder zu sehen und es wird bestimmt lustig und… Was? Warum grinst du mich so an? Ist ja schon gut, ich freue mich, dass Mimi da sein wird, was ist so schlimm daran? Immerhin sind wir Freunde und haben uns lange nicht mehr gesehen.“ Tai verschränkte die Arme vor der Brust und sah gespielt beleidigt in eine andere Richtung, nur nicht in die, wo seine Schwester ihn noch immer grinsend ansah. Sie wusste, wie sehr er Mimi noch immer mochte, auch wenn ihre „Trennung im Guten“ schon fast 2 Jahre her war.
 

„Ist schon okay, Tai.“, sagte sie kichernd. „Gehen wir nachher noch ein bisschen was einkaufen? Also wenn Mama und Papa weg sind.“ Sie zwinkerte ihrem großen Bruder verschwörerisch zu, welcher sich wieder eingekriegt hatte und nun ebenso geheimnisvoll zurückzwinkerte.
 

„Darauf kannst du dich verlassen.“
 

Als sie im Supermarkt angekommen waren, schmissen sie wahllos ein paar Chipstüten, Salzstangen und ein paar Flaschen Cola in den Einkaufswagen und gingen dann weiter zu dem Regal, dass sie eigentlich plündern wollten. Dem mit den alkoholischen Getränken. Es war nicht das erste Mal, dass Kari Alkohol trank, aber ihre erste eigene Party, auf der es Bier, Wein, Schnaps und anderes neckisches Zeug geben sollte. Und Tai würde ihr zur Feier ihres Geburtstages alles kaufen, was sie wollte. Das war sein Geschenk an sie.
 

„Also, hast du dich entschieden was du möchtest?“, fragte er und sah sich selber nach etwas um, wonach ihm der Durst stand. Als sie nickte, packte er ein paar Flaschen ein, die sie ihm nannte, dann noch 3 Kisten Bier und einen Karton mit Sekt, zum Anstoßen.

„Reicht dir das?“ Sein Blick fiel auf den ziemlich vollen Einkaufswagen und als sie zögerlich mit den Schultern zuckte, fügte er hinzu: „Ich glaube schon, ich habe den anderen gesagt, dass sie ruhig auch etwas mitbringen können.“
 

Mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht, sah sie ihn an, doch Tais Lippen blieben verschlossen. Das sollte noch eine ganz besondere Überraschung für sie werden.
 

Als Kari am Abend ins Bett ging, konnte sie erst nicht schlafen. Sie liebte es, Geburtstag zu haben und konnte deshalb die Nacht vorher immer so schlecht einschlafen. Doch ihre Gedanken kreisten natürlich auch wieder einmal und T.K.. Bei dem Gedanken, ihn morgen endlich wieder zu sehen, breitete sich eine wundervolle Wärme in ihr aus, doch gleichzeitig war sie auch aufgeregt, da sie nicht wusste, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Immer wieder musste sie an die Situation mit ihm alleine denken, in der sie sich so gut gefühlt hatte. Ja es hatte sich wirklich gut angefühlt, ihm so ausgeliefert zu sein, ihm so nahe zu sein, sein Körper an ihrem. Sie schloss die Augen und ließ alles noch einmal Revue passieren. Bis sie schließlich gar nicht merkte, wie ihre Erinnerungen langsam zu Träumen wurden und sie sich dem ersehnten Schlaf hingab, ohne darüber nach zu denken.

Ein perfekter Geburtstag

„Alles Gute zum Geburtstag.“, sagte er zärtlich und gab ihr einen langen und intensiven Kuss.
 

Sie merkte schon beim Aufwachen, dass es nur ein Traum gewesen war und wollte deshalb eigentlich noch weiter schlafen, um sich die Illusion noch ein wenig zu bewahren, doch eine ungewohnte Helligkeit weckte sie. War das wirklich…?

Ruckartig öffnete sie die Augen. Tatsächlich: Sonnenschein! Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Was für ein schönes Geburtstagsgeschenk am frühen Morgen. Ein Blick auf ihr Handy verriet ihr, dass es erst 8 Uhr war, doch sie war viel zu aufgeregt, um noch weiter schlafen zu können. Geburtstag zu haben war sogar noch schöner als Weihnachten. Das SMS Symbol auf ihrem Display blinkte hektisch und sie tippte darauf um zu sehen, wer ihr schon so früh gratulieren wollte. Sie hatte 3 Nachrichten. Die erste war von Sora. Natürlich hatte sie ihr schon um halb 7 geschrieben, immerhin war Sora eine Frühaufsteherin. Sie überflog das Typische: alles Gute, wir sehen uns nachher und feiern dann zusammen. und widmete sich dann der zweiten Nachricht in der ihre Eltern ankündigten, sie später anzurufen um ihr vernünftig zu gratulieren. Die SMS hatte sie kurz nach 12 empfangen, doch ihre Eltern waren nicht die ersten, die ihr geschrieben hatten. Die dritte Nachricht wurde eine Minute nach 12 versendet, in der ersten Minute ihres 17. Geburtstages. Sie öffnete sie und las gespannt.
 

Guten Morgen Kari. Ich schreibe mal guten Morgen, weil ich denke, dass du die Nachricht wohl erst am Morgen lesen wirst, doch ich wollte unbedingt der erste sein, der dir schreibt. Also: Alles Gute zum Geburtstag! Jetzt bist du auch endlich 17 und ich kann nicht mehr sagen, dass ich ein Jahr älter bin als du ;)

Naja ich wünsche dir auf jeden Fall einen tollen Tag, bis wir uns dann endlich nachher sehen und ich dich in die Arme schließen und dir vernünftig gratulieren kann. Du kannst dich übrigens schon mal auf dein Geschenk freuen!

Liebe Grüße und bis nachher, T.K.
 

Ihr Herz überschlug sich fast als sie die lieben Worte las. Er wollte ihr unbedingt als erster gratulieren? Und sie dann nachher in die Arme schließen? Sie wusste manchmal wirklich nicht, wie sie mit solchen Aussagen von ihm umgehen sollte. Geschweige denn in welche Kategorie sie sie einordnen sollte. Aber eines wusste sie genau: dass seine Worte ihr ein breites Lächeln aufs Gesicht zauberten. Und sie so ihren Gedanken nachhängen ließ, dass sie nicht einmal merkte, dass Tai mittlerweile vor ihr stand und sie fragend ansah.
 

„Hör mal du Grinsebacke, ist ja schön, dass du schon so gut gelaunt bist, aber ich stand jetzt bestimmt schon eine halbe Ewigkeit vor deiner Tür und habe gewartet, dass du mich rein bittest.“

Kari zuckte zusammen. Sie hatte ihren Bruder gar nicht bemerkt und war nun mehr als erschrocken, dass er plötzlich vor ihr stand, eine Hand in die Hüfte gestemmt, in der anderen einen Muffin mit einer brennenden Kerze. Ein wenig freundlicher sagte er jetzt: „ alles Gute zum Geburtstag, meine Kleine!“ Er beugte sich zu ihr runter, umarmte sie und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange. Dann reichte er ihr den Muffin.

„Wünsch dir was!“, flötete er fröhlich und setzte sich auf die Bettkante. Sie überlegte kurz, schloss dann die Augen und pustete die Kerze aus.
 

„Und was hast du dir gewünscht?“, fragte er und stand auf.
 

„Das darf ich nicht sagen, sonst geht es nicht in Erfüllung.“, antwortete sie schelmisch und schlug die Decke zurück, um ihrem Bruder ins Wohnzimmer zu folgen.
 

Tai hatte sich große Mühe gegeben, Kari einen schönen Start in den Tag zu bereiten. Er hatte den Tisch wirklich toll gedeckt. Es stand alles darauf, was seine Schwester gerne mochte: frische Brötchen, Croissants, lauter süße Brotaufstriche, Tee, Kaffee, sogar Rührei hatte Tai gemacht. Und auf ihrem Platz: eine wunderschöne Sonnenblume. Hikari war sprachlos.
 

„Wow, Tai das ist… danke!“, brachte sie hervor und hatte Freudentränen in den Augen. So startete man doch gerne in seinen Geburtstag. Bis jetzt war alles perfekt. Sie setzte sich ihrem Bruder gegenüber und legte den Muffin, den sie noch immer in der Hand hielt, auf ihrem Teller ab.
 

„Die hab ich übrigens selber gebacken, ohne Mamas Hilfe!“, sagte er scherzhaft und deutete auf das Gebäck vor ihr. Sie lachte kurz, zog das Papier ein Stück zur Seite und biss genüsslich hinein. Es schmeckte wirklich gut. Sehr schokoladig und süß, genau wie sie es mochte.

Die Geschwister ließen sich Zeit und genossen ein ausgiebiges Frühstück. Sie unterhielten sich über Belanglosigkeiten, lachten über dieses und jenes und mutmaßten, wie der heutige Abend wohl werden würde. Das Thema Liebe und alles was damit einherging, klammerten die unglücklich Verfallenen geschickt aus.
 

Es war bereits Nachmittag, als Hikari endlich unter die Dusche stieg. Nach dem Frühstück hatten Tai und sie noch eine Geburtstagstradition der Yagamis befolgt und sich alte Fotos und Videos aus ihrer Kindheit angesehen. Wie jedes Mal kam es zu der hitzigen Diskussion, wer von den beiden niedlicher gewesen war, und wie immer hatte das Geburtstagskind gewonnen. Heute war Kari also die süßere von den beiden gewesen.
 

Die heiße Dusche weckte ihre Lebensgeister und so beschloss die 17 Jährige, heute mal das komplette Beautyprogramm zu vollziehen. Beine rasieren, Spülung benutzen, Augenbrauen zupfen, eine fruchtige Bodylotion auftragen, Harre frisieren, Schminke auftragen. Sie verwendete kein Make-Up, dafür aber Wimperntusche und einen dezenten roséfarbenen Lidschatten, der ihre rehbraunen Augen wunderbar betonte. Die Haare föhnte sie sich erst und drehte dann ein paar Wellen mit ihrem Glätteisen hinein, sodass ihre Haare ein wenig mehr Volumen aufwiesen und ihr nicht nur platt vom Kopf hingen. Zum Schluss zog sie sich noch ein rosanes Kleid an, welches sie sich extra für heute gekauft hatte. Es hatte Spaghettiträger und einen nicht allzu gewagten V-Ausschnitt, war in der Taille mit einem weißen Gürtel gerafft und ging bis kurz oberhalb ihrer Knie. Der Rock war durch etwas Tüll aufgelockert und verlieh dem Kleid einen 60er Jahre Touch. Unentschlossen hielt sie zwei Paar Schuhe nebeneinander. Welches sollte sie nur anziehen? Nach kurzem Abwägen von Pro und Kontra, entschied sie sich für die weißen Pumps mit dem nicht ganz so hohen Absatz. Schließlich musste sie den ganzen Abend darauf laufen können.
 

Als sie in den Flur ging, betrachtete sie sich noch einmal ausgiebig in dem großen Spiegel. Zufrieden nickte sie. Ja, so konnte man sich doch auf seiner eigenen Geburtstagsparty mit dem Motto: „Cocktailparty“, sehen lassen. Ein weiterer Blick in den Spiegel zeigte Tai, mit einem eleganten schwarzen Jackett, einem weißen Hemd darunter und Bluejeans. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht.
 

„Du siehst richtig erwachsen aus!“, sagte er und betrachtete seine Schwester stolz.
 

Etwas verlegen lächelte sie zurück und erwiderte: „Ich räum mal schnell die Sachen aus dem Bad, die Gäste kommen sicher gleich.“ Wie aufs Stichwort klingelte es auch schon an der Tür.
 

„Mach du auf, ich räum die Sachen weg.“, sagte Tai schnell und eilte ins Bad.

Seine Schwester ging inzwischen auf die Tür zu und legte die Hand auf die Klinke. Sie atmete einmal tief durch, setzte ihr bezauberndstes Lächeln auf und öffnete die Tür.
 

„Alles Gute zum Geburstaaaaaaaaaag!“

Die Cocktailparty

„Alles Gute zum Geburtstaaaaaaaaag.“ Vor ihr standen Sora, Mimi und Yolei und gratulierten ihr fröhlich im Chor. Direkt dahinter standen ein etwas zurückhaltender Ken und Matt, der über den Überschwang der Mädels nur grinsen konnte.

Hikari begrüßte ihre Gäste und wurde von allen lange und herzlich umarmt und noch einmal einzeln beglückwünscht. Sogar Ken umarmte sie ein wenig länger als sonst, jedoch nicht so lange wie die Mädchen und Matt. Als sie eintraten und sich umsahen, staunten sie nicht schlecht, wie toll die Wohnung zu recht gemacht war. Tai hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Die Sofas waren an den Rand des Wohnzimmers geschoben und auf zwei kleinen Beistelltischen daneben Schüsseln mit Chips und Salzstangen verteilt. Ein paar Stehlampen in den Ecken sorgten für dezentes Licht und strahlten eine gemütliche Atmosphäre aus. Von einem Kumpel hatte sich Tai 4 Stehtische ausgeliehen, auf dem einen standen bereits gefüllte Sektgläser auf einem Tablett, die Hikari nun an die angekommenen Gäste verteilte. Auch ihrem Bruder, der inzwischen zu ihnen gestoßen war, drückte sie ein Glas in die Hand und raunte ihm zu: „Wann hast du das denn alles gemacht? Vielen Dank!“

Er erwiderte nichts, sondern lächelte sie nur an. Dann musterte er seine Freunde. Matt und Ken hatten sich, ähnlich wie Tai ein Jackett übergeworfen und trugen dazu Jeans. Matt hatte ein Hellblaues Hemd unter der dunkelblauen Jacke und Ken war ganz in elegantem Schwarz gekleidet. Die Mädchen hatten sich richtig rausgeputzt. Yolei trug ein fliederfarbenes, knielanges Kleid, das ihre langen Beine gut betonte und die langen Harre fielen ihr über die Schultern. Sora hatte ein fast bodenlanges Kleid an, welches die gleiche Farbe wie Matts Hemd hatte und lächelte Tai verlegen an, als dieser bemerkte, wie ihre Hand in der seines besten Freundes lag.
 

Zu allerletzt blieb Tais Blick an Mimi hängen. Sie sah so unglaublich gut aus, so, wie sie es eigentlich immer tat. Nur noch eine Spur besser. Sie trug ein „kleines Schwarzes“ Etuikleid, welches keine Träger hatte und ungefähr so lang war, wie das Kleid von Kari. Nur viel enger geschnitten. Und viel mehr Betonung auf ihre Taille legte. Die Haare hatte sie sich hochgesteckt und eine lange braune Strähne kräuselte sich auf der linken Seite an ihrer Schläfe entlang. Tai hielt es nicht länger aus, sie noch weiter anzusehen. Sonst hätte er den Drang, sie zu berühren, nicht länger zurückhalten können. Stattdessen lächelte er seine Schwester erneut an, welche ihn zurück anstrahlte.
 

Hikari stellte mit Erleichterung fest, dass ihre Freundinnen viel höhere Absätze hatten als sie. So würde sie wenigstens nicht die einzige sein, die leiden musste. Andererseits konnten sie gemeinsam die Schuhe in die Ecke pfeffern, sollte es wirklich zu schmerzhaft für sie werden. Wobei Mimi wahrscheinlich am längsten durchhalten würde, so geübt wie sie war.
 

Das Türklingeln riss sie aus ihren Gedanken. Sie machte sich auf den Weg und öffnete die Tür. Vor ihr standen Davis in einem schwarzen Hemd und einer dunkelgrauen Anzughose und Izzy in einem schwarzen Anzug mit einem rosafarbenen Hemd. Hikari war gerührt, wie gut alle ihr Motto umgesetzt hatten. Sie bat die beiden rein und wurde von ihnen ebenfalls kräftig umarmt. Davis flüsterte ihr ins Ohr: „Alles Gutem zum Geburtstag. Du siehst übrigens umwerfend aus.“ Sie konnte nicht verhindern, dass sie bei seinem Kompliment leicht rot anlief und bedankte sich etwas verlegen bei ihm. Tai begrüßte die Neuankömmlinge und drückte auch ihnen ein Glas Sekt in die Hand. Sofort begannen alle ausgelassen zu plaudern. In der nächsten Stunde kamen noch ein paar der Mädchen aus dem Turnverein, sowie einige Jungen aus dem Fußballteam. Jedes Mal wenn die Türklingel ertönte, hoffte Kari auf einen ganz bestimmten Gast, doch er ließ wirklich auf sich warten.
 

„Kari, mach doch mal unser Geschenk auf! Wir haben alle zusammen geschmissen!“, hörte sie Yolei sagen und riss sie somit aus ihren Gedanken. Kari nahm den Umschlag von ihr entgegen und die Freunde stellten sich im Halbkreis vor sie. Gespannt öffnete sie den Couvert und las die darin enthaltene Karte.

„Gutschein für einen Städtetripp für zwei Personen. 3 Übernachtungen mit Frühstück in einem 3 Sternehotel in Paris. Reisedatum: 30.12. bis 2.1..“ Sie sah jeden einzelnen an. „Das ist ja ein tolles Geschenk! Vielen ,vielen Danke!“ Sie umarmte ihre Freunde, die sie alle anstrahlten. Die Überraschung war ihnen wirklich gelungen!
 

„Joey und Cody haben auch mitgeschenkt.“, sagte Sora, die zuletzt umarmt wurde.
 

„Und T.K.?“, fragte Tai interessiert.
 

„Der hatte eigene Pläne.“, antwortete Matt schulterzuckend, was Tai und ihn gleichzeitig grinsen ließ.
 

Von den anderen Gästen bekam sie hauptsächlich Gutscheine für Läden, in denen sie gerne einkaufte. Ein Gast hatte auch eine 3 Literflasche Wodka für sie. Alle Gäste hatten etwas mitgebracht und alle lachten und tranken, Tai bestellte in der Zwischenzeit Pizza.
 

Als die Party schon in vollem Gange war, klingelte es erneut. Hikari öffnete dem Neuankömmling und strahlte über beide Ohren, als endlich Takeru vor ihr stand.

„T.K.“, hauchte sie und warf sich dem Blonden in die Arme. Dieser legte seine Hände auf ihren Rücken und drückte sie fest an sich.
 

„Alles Gute zum Geburtstag! Die Verspätung tut mir leid, ich musste noch einen Teil deines Geschenkes abholen.“, sagte er geheimnisvoll und hielt sie immer noch im Arm.
 

„Das macht doch nichts, Hauptsache du bist da.“ Sie war schon ein wenig angetrunken und vergaß deshalb ihre ganzen Überlegungen und Verwirrungen über das Wiedersehen mit Takeru. Sie genoss einfach seine Nähe.
 

Eine Weile standen die beiden noch in ihrer innigen Umarmung, bis Tai sich hinter ihnen räusperte. Als sich die beiden voneinander trennten, hielt Tai seinem Freund ein Glas Sekt entgegen. Dieser nahm es dankend entgegen und prostete dem älteren zu. Als sich die Jungen auf den Weg ins Wohnzimmer machten, musterte Hikari ihren besten Freund erst einmal richtig. Er trug ein weißes Jackett und ein dunkles Hemd, dazu eine schwarze Jeans. Er sah wieder einmal so umwerfend gut aus, dass es Kari fast die Sprache verschlug. Da sie die Tür noch schließen musste, bemerkte sie nicht, dass auch T.K. sie von oben bis unten ansah und nicht umher kam zu bewundern, wie erwachsen und hübsch sie doch geworden war.
 

Oder war sie das schon länger und ich habe es nur nicht bemerkt?
 

Nachdem Takeru alle, die er kannte, begrüßt und mit ihnen angestoßen hatte, flüsterte er nach einer Weile in Hikaris Ohr: „Kommst du mal kurz mit in dein Zimmer? Ich möchte dir dein Geschenk nicht vor den Augen aller anderen geben.“

Sofort musste Kari an ihren Traum denken und wurde knallrot im Gesicht. Sie nickte zaghaft und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als er ihre Hand nahm und in ihr Zimmer zog.

Tai bemerkte dies natürlich sofort und machte auch Matt darauf aufmerksam, in dem er seinem besten Freund mit dem Ellenbogen in die Seite stieß.
 

T.K. legte die Hand auf die Klinke und wies Kari an, die Augen zu schließen. Dann zog er sie in das Zimmer, schaltete das Licht an und sagte: „Erst aufmachen, wenn ich es sage.“
 

Sie nickte, wartete und versuchte zu verbergen, wie aufgeregt sie war. Er ließ ihre Hand los und stellte sich ihr gegenüber.
 

„Okay, du kannst die Augen jetzt aufmachen.“, sagte er fröhlich.

Für dich, immer

Als sie ihre Augen öffnete, erwartete sie zwar nicht das, was sie sich erhofft hatte, dafür aber eine genauso tolle Überraschung.

„Gatomon!“, rief sie glücklich und hatte Tränen in den Augen, als sie ihr Digimon in die Arme schloss.
 

„Kari. Alles Gute zum Geburtstag! Ich habe dich so vermisst.“ Auch ihr Partner weinte ein paar Freudentränen.
 

Ein paar Minuten verstrichen, bis sich die beiden wieder voneinander trennten.

„Also deshalb hast du dich verspätet. Vielen Dank!“, sagte sie und warf sich nun auch Takeru wieder in die Arme. Dieser war einfach nur glücklich, dass ihm die Überraschung so gut gelungen war. Gatomon hatte inzwischen noch einen Kuchen hervorgeholt, den Kari nun bewunderte.

„Den hat T.K. für dich gebacken!“ Bei diesen Worten lief der Junge ein wenig rot an.
 

„Er ist mit Schokolade, so, wie du ihn gerne magst.“ Als Gatomon die Situation eine Weile beobachtete hatte, sagte das Digimon schnell: „Ich zieh noch ein Bisschen mit Patamon umher und komme dann heute Nacht wieder Kari. Ich bleibe noch bis zum Ende der Ferien, also haben wir noch genug Zeit uns morgen zu unterhalten.“ Und somit verschwand es durch das Fenster und ließ die beiden verlegen alleine.
 

„Ich habe übrigens noch etwas für dich.“, sagte Takeru nach einer Weile und ließ Kari kurz alleine in ihrem Zimmer, um das kleine Päckchen zu holen. Als er wieder zurück kam, reichte er ihr das in pinkfarbenes Papier verpackte Präsent und schaute sie erwartungsvoll an. Gespannt öffnete sie es und ihr stockte der Atem.
 

Sie hielt eine wunderschöne Spieluhr aus Holz in der Hand, auf der sich eine Ballerina befand. Das Kästchen war in weiß und rosa bemalt und als Kari an dem kleinen Rädchen drehte, erklang eine liebliche Melodie und die Tänzerin begann sich langsam zu drehen.
 

„Dieses Lied, das haben wir als Kinder immer gehört.“, sagte sie und lauschte verträumt den wunderbaren Klängen.
 

„Ich habe sie selber gemacht. Naja, größtenteils, mein Opa musste mir ein wenig helfen.“ Den letzten Satz flüsterte Takeru. Hikari war unheimlich gerührt von seinem Geschenk. Alles war perfekt. Nun ja, fast alles. Denn als T.K. näher kam und sie ihn zum Dank umarmte, wurde ihr plötzlich wieder bewusst, dass sie sich in den letzten Tagen absichtlich auf Abstand gehalten hatten. Ein wenig verlegen ließ sie ihn wieder los, doch sein Blick hielt sie noch immer gefangen.
 

„Kari ich… ich bin froh, dich wieder zu haben.“, sagte er leise und berührte sie liebevoll an der Wange. Ihr Lächeln war ihm Antwort genug. Auch sie war froh, sich wieder mit ihm versöhnt zu haben. Ein tiefer Blick in die Augen des anderen genügte ihnen, sich auch ohne Worte zu verstehen. Als es plötzlich an der Tür klopfte, fuhren die beiden ruckartig auseinander und warteten auf den Störenfried. Tai.
 

„Kari, du hast noch Gäste bekommen und die Pizza ist inzwischen da, kommt ihr?“ Tai hatte die beiden nur ungerne gestört, doch die Leute fragten bereits nach dem Geburtstagskind.
 

„Klar.“, antwortete seine Schwester nur knapp und stand auf. Takeru blieb noch eine Weile an der Stelle stehen und versuchte sich zu sammeln.

Es ist doch gar nichts passiert. Was ist denn nur los mit mir? Und warum zur Hölle wünsche ich mir, dass Tai uns nicht gestört hätte? Ich bin so verwirrt.
 

Kari begrüßte ihre neuen Gäste, erklärte das „Buffet“, welches ausschließlich aus Pizza bestand, für eröffnet und stieß mit allen zusammen an. Auch T.K. hatte sich wieder gesammelt und war inzwischen aus ihrem Zimmer gekommen und hatte sich zu den anderen gesellt. Die Situation in Hikaris Zimmer war nach dem 3. Bier und 2 Pinnchen Schnaps auch schnell vergessen und die Stimmung wurde immer ausgelassener. Irgendwann begannen einige der Gäste zu der Musik, welche Tai lauter aufdrehte, zu tanzen und auch Kari und ihre Freunde ließen sich mitreißen.
 

Tai tanzte grade mit seiner Schwester, als ihm jemand auf die Schulter tippte, um ihn abzulösen.

„Darf ich auch mal mit dem Geburtstagskind tanzen?“ Es war Davis, der seinen Freund anlächelte und Hikari die Hand hinhielt.
 

„Klar.“, antwortete der ältere mit einem Schulterzucken und drehte sich um. Als er Mimi entdeckte, schnappte er sich zwei Gläser mit einem roten Getränk darin und ging entschlossen auf sie zu.
 

Kari lächelte Davis an. Als das nächste Lied erklang, kreischt sie freudig auf.

„Ich liebe diesen Song!“, rief sie gegen die Musik an und fing an ausgelassen zu tanzen. Dabei machte sie sich keine Gedanken über irgendwas, sondern schloss die Augen und genoss nur die Situation. Es war ihr Geburtstag, die Stimmung war super und alle ihre Freunde feierten mit ihr. Matt hatte einen 5 Literbottich mit selbst angesetztem Brombeerrum mitgebracht, den sie schon zur Hälfte ausgeschenkt hatten. Kari hatte bestimmt schon 6 Pinnchen davon getrunken. Nach dem 3. Schmeckte er gar nicht mehr so übel. Und nach dem 5. sogar echt gut. Außerdem bewirkte er, dass sie erst gar nicht bemerkte, wie ihr jemand die Hände auf die Hüften legte und mit ihr tanzte. Doch als sie es wahrnahm, öffnete sie ihre Augen, die sich schlagartig weiteten. Es war Davis. Und es war ihr richtig unangenehm, ihm so nah zu sein, doch wegstoßen wollte sie ihn auch nicht.

Also hieß es, Zähne zusammen beißen und den Song abwarten. Und die Situation schadenfrei überstehen.
 

„Seit wann sind denn Kari und Davis so dicke?“, fragte Matt seine Freundin Sora, welche sich nur fragend zu den beiden umdrehte und mit den Schultern zuckte. Das Gespräch mit Yolei war grade viel spannender.
 

Doch nicht nur Sora hatte seine Frage gehört, Takeru stand neben ihm und drehte sich nun in Richtung Raummitte, die zur Tanzfläche umfunktioniert wurde. Sein Blick fiel erst auf eine etwas steif wirkende Hikari, einen überglücklichen Davis und schließlich auf seine Hände auf ihren Hüften. Seine Hand verkrampfte sich schlagartig. Das wollte, nein das konnte er einfach nicht mit ansehen. Merkte er denn nicht, wie unangenehm ihr die Situation war?

Entschlossen stellte er sein Glas ab und ging auf die beiden zu. Sein Bruder versuchte noch, ihn aufzuhalten, doch da hatte er die tanzenden schon erreicht und Daisuke am Arm gepackt.
 

„Davis, das reicht. Das ist nah genug.“, sagte er durch seine zusammengepressten Zähne.
 

„Wir tanzen doch nur.“, erwiderte der Angesprochene lässig und sah Takeru herausfordernd an. Er wollte sich schon wieder dem Mädchen zuwenden, als er erneut und ziemlich heftig von dem blonden Jungen zurückgezerrt wurde.
 

„Es ist ihr unangenehm, siehst du das denn nicht?“, fragte T.K. dieses Mal etwas lauter.
 

Davis sah zuerst den Jungen, dann das Mädchen an. Ihr war die Situation wirklich mehr als unangenehm. Schließlich grummelte er noch etwas vor sich hin, als er seinen Arm losriss und in Richtung der Getränke davonrauschte.
 

Hikari atmete einmal tief ein und lächelte T.K. dann an. „Danke für deine Hilfe.“, hauchte sie und konnte ihre Verlegenheit kaum noch verbergen.
 

Auch er wurde schlagartig rot im Gesicht als ihm klar wurde, wie die Situation grade gewirkt haben musste. Er konnte nur hoffen, dass es keiner mitbekommen hatte. Doch die ausgelassenen Partygäste um ihn herum schienen sich überhaupt nicht für die beiden, oder die Szene von vorhin, zu interessieren.

Also lächelte er nur zurück und erwiderte zärtlich: „Für dich, immer.“

Übernachtungsparty

Irgendwann gegen 1-2 Uhr in der Früh fing der Großteil der Gäste an, sich langsam auf den Weg zu machen. Auch Ken und Yolei verabschiedeten sich zeitnah, bestellten sich ein Taxi und mussten, zu ihrem Bedauern, noch den wirklich betrunkenen Davis und einen entschuldigend dreinblickenden Izzy mitnehmen. Kari musste bei Yoleis angesäuerter Miene kichern, wusste sie doch, dass sie und Ken sich seit kurzem miteinander trafen und sich etwas zwischen ihnen zu entwickeln schien.
 

Als sie sich von ihren Freunden verabschiedet hatte, kehrte sie in ein super aufgeräumtes Wohnzimmer zurück. Tai, Mimi, Matt, Sora und T.K. hatten in der Zwischenzeit alle herumliegenden Becher und Flaschen eingesammelt, die Tische zur Seite geräumt und die Sofas wieder an ihren Platz gerückt. Der Müll war schon in einem großen, blauen Sack verschwunden und die fleißigen Helfer hatten es sich auf den Sitzgelegenheiten gemütlich gemacht. Hikari sah dankbar in die Runde.

Matt hatte einen Arm und Sora gelegt, welche sich an ihn schmiegte. Und auch Mimi und ihr Bruder saßen erstaunlich nahe beieinander, dafür, dass sie „nur Freunde“ waren.
 

Kari schleuderte ihre Schuhe von den Füßen und ging wie automatisch auf den einzigen Platz zu, der für sie infrage kam: der neben Takeru. „Danke, dass ihr schon aufgeräumt habt!“, sagte das Mädchen und ließ sich auf dem Sofa nieder.
 

„Ach was, das ging so schnell!“, antwortete Mimi und lächelte Kari an. Diese erwiderte das Lächeln und schenkte ihren restlichen Freunden auch eines.

Sie unterhielten sich noch lange über die „guten alten Zeiten“, ehe sie merkten, dass es bereits halb 4 war und sich langsam die Müdigkeit bei allen bemerkbar machte.
 

„Also wenn ihr wollt müsst ihr nicht noch extra nach Hause fahren. Wir haben genug Platz für alle. Sora und Matt können im Wohnzimmer schlafen, T.K. schläft ja sowieso ständig bei Kari und Mimi… kann ja bei mir in meinem alten Zimmer schlafen, also nur, wenn es dir nichts ausmacht.“ Den letzten Satz sagte Tai so verlegen, dass nicht nur seine Schwester schmunzeln musste.
 

„Wäre ja nicht das erste Mal, dass ich bei dir im Bett schlafe, Herr Yagami.“, antworte die Angesprochene kokett, wünschte allen eine gute Nacht und machte sich auf den Weg in sein Zimmer. Tai verteilte noch Schlafsachen und Decken an Matt und Sora, ehe er sich sichtlich nervös in sein altes Schlafzimmer begab.
 

Nachdem auch Kari und T.K. allen eine Gute Nacht gewünscht hatten, gingen sie ebenfalls in das Zimmer des Mädchens. Klar, Takeru hatte wirklich schon oft bei ihr übernachtet, so oft, dass er schon eigene Schlafsachen bei ihr hatte, doch dieses Mal war etwas anders. Sehr anders sogar. Beide waren sichtlich nervös und stark angetrunken, keine gute Kombination.
 

„Drehst du dich bitte einmal um? Ich möchte mich gerne umziehen.“, sagte die junge Frau und versuchte das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen. Der Blonde nickte nur und drehte sich schnell weg von ihr.

Ihre Schuhe hatte sie ja bereits im Wohnzimmer von sich geworfen, doch als sie sich dem Kleid widmete, musste sie feststellen, dass der Reisverschluss klemmte und sie ihn nicht allein aufbekam. Nach einer Weile Fummelei, die zu nichts führte, seufzte sie resigniert und wandte sich zaghaft Takeru zu, der noch immer stur in Richtung Wand starrte.

„Hilfst du mir mal mit dem Reisverschluss? Er scheint zu klemmen.“
 

Der Angesprochene drehte sich langsam zu ihr um und setzte sich dann in Bewegung, um ihr mit dem störenden Stück zu helfen. Das störende Stück. Das störende Stück… Stoff. Das… Er schüttelte den Gedanken förmlich davon. Gingen jetzt etwa die Hormone mit ihm durch, nur weil er etwas zu viel getrunken hatte? Doch als er seine Hände auf ihrem Rück platzierte, konnte er nicht vermeiden, dass sie leicht zitterten.

Bei der Berührung seiner warmen Hände auf ihrem Körper, lief ihr ein wohliger Schauer den Rücken hinunter. Es fühlte sich einfach so gut und richtig an. Seine Fingerspitzen glitten fast schon provozierend langsam nach unten, bis er mit der einen Hand den Reißverschluss ergriff und mit der anderen das obere Stück ihres Kleides festhielt. Mit einer fast schon gespielten Leichtigkeit rüttelte er an dem kleinen Metallstück und zog es quälend langsam nach unten. Dabei glitten die Fingerspitzen seiner anderen Hand langsam den gleichen Weg ihren Körper entlang. Es war nur eine hauchzarte Berührung, doch sie trieb das Mädchen fast in den Wahnsinn.
 

Als er den Reißverschluss bis nach unten gezogen hatte, verharrte er einen Moment in seiner Position. Er hätte sich nun eigentlich wieder wie ein Gentleman umdrehen und ihr ihre Privatsphäre lassen sollen, doch seine Finger wollten sich nicht von ihrem Körper lösen. Sie konnten es nicht. Also wanderten sie stattdessen wieder an ihrem Rücken hinauf und begannen, ohne sein Zutun, einen Träger ihres Kleides zu umschließen und ihn vorsichtig zur Seite zu schieben.
 

Das Mädchen war wie versteinert, verstand sie plötzlich die Welt nicht mehr. Diese Situation nahm Ausmaße an, die sie sich in ihren wildesten Tagträumen nicht schöner hätte ausmalen können. Sie wollte es, wollte mehr. Doch wollte Takeru es auch? Oder ließ ihn der Alkohol nur so wirken als ob? Langsam drehte sie sich in seine Richtung. Ihr Kleid hing nun nur noch an einem Träger auf ihrer Schulte und gab einen kleinen Vorgeschmack auf das darunter liegende frei.
 

„T.K….“, flüsterte sie und sah ihm ins Gesicht. Als auch er ihr in die Augen sah, bemerkte er plötzlich, was er getan hatte, ließ sie los und trat verlegen einen großen Schritt zurück. Noch in der Bewegung drehte er sich schon um.
 

„Du kannst dich jetzt weiter umziehen.“, sagte er mit bebender Stimme und griff ebenfalls nach seinen Anziehsachen für die Nacht.
 

Enttäuschung machte sich in ihr breit. Doch nun war die Situation vorbei und sie musste sich damit abfinden, sich umdrehen zu müssen und sich nun wirklich weiter umzuziehen. Dabei bemerkte sie nicht, dass der vollkommen rot angelaufene Takeru ebenfalls versuchte, seine Enttäuschung über dieses abrupte Ende zu verbergen.
 

Als sich die beiden endlich fertig gemacht hatten, schlüpften sie in Hikaris Bett und deckten sich zu. Das Mädchen schaltete die Nachttischlampe aus und drehte sich von ihrem besten Freund weg. Ihre Augen waren geöffnet, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Er hatte sich ihr zugewandt und war so nah, dass sie seinen Atem in ihrem Nacken spüren konnte. Jeder einzelnen Faser ihres Körpers war bewusst, wie klein ihr Bett doch war.
 

Auch Takeru konnte nicht einschlafen. Es hatte ihn doch sonst nie gestört, so dicht bei ihr zu liegen, warum jetzt? Und warum wurde ihm immer wieder bewusst, wie wenig sie zum Schlafen an hatte? Und wieso um alles in der Welt hoben sich die Schatten ihrer Hüfte unter der Bettdecke nur so deutlich ab und machten ihn so nervös?
 

Eines war sicher: so würde keiner der beiden auch nur ein winziges Bisschen Schlaf bekommen diese Nacht. So nicht.

So weich

Sie wusste nicht, wie lange sie inzwischen schon so wach gelegen hatte, doch die Müdigkeit von vorher war vollständig verschwunden und sie starrte in die Dunkelheit hinein. Sie hatte sich schon längst daran gewöhnt und so konnte sie ganz klar und deutlich die Umrisse ihres Schreibtisches ausmachen, wusste wo sich die Tür befand und sah ihren Kleiderschrank in der Ecke stehen.
 

Sie überlegte kurz, ob sie aufstehen und sich ein Glas Wasser holen sollte, doch sie wollte Takeru nicht wachmachen. Wie konnte er überhaupt so seelenruhig schlafen, wo sie doch so wach und total angespannt war?

Die Antwort war: konnte er gar nicht. Auch er lag hellwach neben ihr und seine Augen lagen auf den Umrissen ihres Körpers. Jedes Mal wenn sie sich auch nur ein Bisschen bewegte, versuchte er einen Blick auf ihr Gesicht zu erhaschen um festzustellen, ob sie vielleicht aufgewacht war. Einerseits gönnte er ihr den Schlaf, war dies doch ein anstrengender Tag für sie gewesen, aber andererseits wollte er auch, dass sie aufwachte. Dass sie ihn ansah, ihm ein Lächeln schenkte.

Mittlerweile war die Morgendämmerung schon angebrochen und es wurde immer heller im Zimmer. Sie hob den Kopf ganz leicht an und ein Blick auf ihren Wecker verriet ihr, dass es bereits fast 5 war.
 

„Kari?“, fragte Takeru ganz leise, als er die Bewegung registrierte.
 

„Entschuldige, habe ich dich geweckt?“ Sie bekam sofort ein schlechtes Gewissen.
 

„Nein, nein. Keine Sorge, ich war eh grade wach.“ Warum konnte er nicht sagen, dass er überhaupt nicht geschlafen hatte? Eine weitere Bewegung des Mädchens riss ihn aus seinen Gedanken. Sie hatte sich zu ihm umgedreht, sodass er jetzt endlich ihr Gesicht sehen konnte. Sie lächelte ihn an und er lächelte zurück. Es war das natürlichste auf der Welt für ihn.
 

„Ich hatte einen wirklich tollen Tag gestern. Und noch einen viel schöneren Abend.“ Ihre Stimme war mehr ein Flüstern, doch er verstand jedes Wort ganz genau.
 

„Das freut mich.“, erwiderte er ebenfalls ganz leise. Einem plötzlichen Impuls folgend, legte er eine Hand auf ihre Wange und strich zärtlich darüber. Sie schloss die Augen und schmiegte ihr Gesicht an seine Hand.

„Deine Haut ist ganz weich.“, hauchte er ihr zu. Sie antwortete nicht, sondern genoss diese liebevolle Geste einfach nur.
 

Sein Blick glitt über ihr friedvolles Gesicht. Nicht zu glauben, dass sie vor ein paar Tagen noch so zerstritten gewesen waren und nun hier lagen und solch intime Momente miteinander teilten. Seine Augen folgten den Konturen ihrer Nase und blieben schließlich auf ihrem Mund liegen.
 

So weich.
 

Auch seine Hand wanderte nun über ihre Wange und sein Daumen strich sanft über ihre Lippen. Das Mädchen hatte noch immer die Augen geschlossen und verlor sich ganz und gar in seinen Berührungen.

Als er eine Weile lang einfach nur ihr Gesicht und ihre Lippen berührt hatte, öffnete sie die Augen und stellte fest, wie nah er ihr plötzlich war. Sein Blick war fest auf sie gerichtet und nahm sie sofort gefangen, als sie ihn erwiderte.
 

Er strich sich langsam mit der Zunge über seine trockenen Lippen. In seinen Augen lag pure Begierde. Begierde, die sie noch niemals zuvor bei ihm gesehen hatte. Begierde, die nicht einmal er von sich kannte. Mit der freien Hand strich er ihr vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht, ehe er sie weitergleiten ließ und schließlich in ihren Nacken legte. Dann rutschte er dichter an sie ran, sofern das überhaupt noch möglich war. Sie spürte nun jeden Zentimeter ihres Körpers, der einen Teil seines Körpers berührte und ihr wurde heiß und schwindlig. Ihr Blick heftete sich auf seine Brust, die sich unter seinem schneller werdenden Atem kräftig hob und senkte. Mit der Hand, die zuvor noch ihre Lippen berührt hatte, fasste er ihr vorsichtig unter das Kinn und hob es an, um ihren Blick auf ihn zu richten.
 

Er sah ihr jetzt tief in die Augen. Die Herzen der beiden schlugen hart gegen ihre Brustkörbe, beide atmeten schwer und schnell. Seine Hände lagen noch immer in ihrem Nacken und unter ihrem Kinn, ihre hatte sie auf seiner Brust platziert.

Dann setzten beide das Denken für ein paar Sekunden aus und ließen sich einfach nur noch von ihren Gefühlen leiten. Er zog ihr Gesicht noch dichter an seines und platzierte liebevoll und dennoch leidenschaftlich seine Lippen auf ihre. Sie schloss die Augen und verlor sich in einer ganz neuen Welt. All ihre unterdrückten Gefühle prasselten jetzt auf sie ein. Auch ein paar neue, die sie bis jetzt noch gar nicht gekannt hatte.

Doch auch in ihm tobte ein Sturm aus gemischten Gefühlen. Es waren keine schlechten, so wie er es eigentlich erwartet hatte. Gut, Verwirrung war darunter, aber auch Verlangen, Leidenschaft, Zuneigung und noch so viele andere, die er gar nicht so schnell zuordnen konnte. Doch das stärkste, wovon er in diesem Moment getrieben wurde war ganz klar die Begierde. Er wollte nie wieder aufhören, sie zu küssen, wollte den Kuss noch intensivieren. Das Verlangen, ihren Körper zu berühren war mächtig und so ließ er seine eine Hand ihren Rücken auf und ab gleiten, bis sie schließlich oberhalb ihres Gesäßes liegen blieb. Mit der anderen fuhr er ihren Hals hinab und legte sie auf ihrem Schlüsselbein ab. Sie lag nun vollständig in seinen Armen und er hatte die komplette Kontrolle über ihren Körper. Und auch über alles andere, was er wollte.

Der Kuss wurde heftiger, leidenschaftlicher. Er war wie ein Feuer, das sich rasend schnell ausbreitete und genüsslich alles verschlang, was sich ihm in den Weg stellte. Er drückte sie nun so fest an sich, dass nicht einmal mehr ein Blatt Papier zwischen sie gepasst hätte. Einer ihrer Arme war mittlerweile unter seinen Körper geglitten und mit der anderen umschloss sie seinen Oberkörper. Geschickt drehte er sie beide so, dass er nun halb auf ihr lag und sie ihre Hände auf seinen Rücken legen konnte. Die Größe des Bettes spielte nun absolut keine Rolle mehr.
 

Nach einem weiteren heißen Kuss, löste er seine Lippen von ihren, nur um sie sofort auf ihrem Hals zu platzieren. Er begann, diesen zärtlich zu küssen und fuhr mit der Spitze seiner Zunge an ihm hinauf. Dies entlockte ihr ein etwas zu lautes aufseufzten und er erstickte es mit einem weiteren Kuss auf ihre Lippen.

Nach einer Weile wurden ihre Küsse weniger begierig, sondern etwas zärtlicher. Doch sie behielten noch die gleiche Leidenschaft wie vorher. Sie wussten nicht, wie lange sie sich schon so küssten, doch als sie plötzlich ein lautes Poltern aus dem Wohnzimmer vernahmen, fuhren beide etwas erschrocken hoch. Angestrengt lauschten sie, doch es war wieder still. Der Wecker zeigte inzwischen halb 7. Die beiden sahen sich einen Moment lang an und lächelten verlegen, ehe T.K. einen Arm unter Kari schob, sie sich mit dem Rücken zu ihm drehte und an seinen Körper schmiegte. Mit der anderen Hand ergriff er ihre und legte sie auf ihrer Hüfte ab. Er verteilte noch ein paar zarte Küsse auf ihre Wange und ihrem Hals und ließ sich dann auf das Kissen fallen.
 

Ehe die beiden etwas dagegen machen konnten, waren sie auch schon eingeschlafen.

Der schlechteste Film des Jahres

Es war schon Mittag, als Hikari endlich die Augen öffnete. Sie hatte ein wenig Kopfschmerzen und fühlte sich müde, doch als die Erinnerungen an die Nacht und vor allem an den frühen Morgen, wieder an die Oberfläche fanden, schlich sich ein glückliches Lächeln auf ihr Gesicht. Vorsichtig griff sie hinter sich und berührte… nichts. Sie drehte sich halb um, doch sie lag alleine in ihrem Bett.

Sie überlegte schon fieberhaft, ob es nur ein Traum gewesen war, doch dann sah sie den Zettel, der auf dem Kopfkissen neben ihr lag.
 

Matt war wach und ist reingekommen. Er und Sora hatten einen Streit. Ich bin schon nach Hause gefahren, wollte dich aber nicht wecken, weil du so süß ausgesehen hast beim Schlafen. Ich melde mich später bei dir.

Kuss T.K.
 

Hikari musste grinsen. Wer schrieb heute noch „Kuss“ zum Abschied. Nach ein paar Minuten, die sie brauchte um vollständig wach werden, schlug sie die Decke zurück und stand auf. Sie zog sich schnell einen dicken Pullover über und schlurfte dann ins Wohnzimmer. Der herrliche Geruch von Essen stieg ihr in die Nase. Aus der Küche hörte sie Töpfe und Pfannen klappern, doch als sie hineinspäht, war es nicht ihr Bruder den sie sah, sondern Mimi, die in Tais Jogginghose und einem viel zu großen Shirt von ihm grade Pfannkuchen machte.
 

„Guten Morgen Sonnenschein. Na wie haben wir heute geschlafen?“ Wie konnte man nach so einer Party und so viel Schnaps nur so voller Power sein?
 

Kari musste an die vergangene Nacht denken und ein Lächeln machte sich in ihrem Gesicht breit. „Gut, denke ich.“, antwortete sie verlegen. In diesem Moment drängte sich Tai an seiner Schwester vorbei in die Küche. Diese staunte nicht schlecht, als er der Köchin einen Kuss auf die Wange gab. Dieses Bild hatte sie, um ehrlich zu sein, wirklich vermisst. Tai und Mimi waren immer so ein tolles Paar gewesen.
 

„Mimi macht Frühstück.“, sagte Tai, als er den Blick seiner Schwester bemerkte.
 

„Nicht zu übersehen. Ich deck mal den Tisch.“, antwortete Kari lachend, ging aus der Küche und begann Teller und Besteck auf dem Esstisch zu verteilen. Tai und Mimi brachten noch ein Tablett mit Toast und verschiedenen Aufstrichen, Orangensaft und einen ganzen Berg von Pfannkuchen mit.

„Na dann, guten Appetit!“
 

Als Kari satt, zufrieden und geduscht war, war es bereits Nachmittag. Sie beschloss, heute nichts mehr zu unternehmen und einfach noch den restlichen Tag im Bett zu verbringen, als sie eine SMS bekam. Sofort schlug ihr Herz schneller. Sie war tatsächlich von T.K.!
 

Na Prinzessin, ausgeschlafen?

Hast du Lust heute Abend mit mir ins Kino zu gehen? Ich treffe dich dann um 8 vorm Eingang und freue mich schon auf dich ;)

Dein T.K.
 

Dein T.K.? Schrieb er ihr jetzt eine förmliche Einladung zum Rendezvous oder wie? Doch sie konnte nicht verhindern, dass sie sich so sehr freute, dass sie beinahe angefangen hätte, laut zu quicken. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass er sich in 3 Stunden mit ihr treffen wollte. Also begann sie sicherheitshalber schon jetzt, sich ein passendes Outfit zurecht zu legen, denn das würde sicher dauern.
 

„Tai ich geh nochmal weg, ja?“ Die Jüngere war schon auf halbem Weg nach draußen, als ihr Bruder mit gerunzelter Stirn neben ihr auftauchte.
 

„Wie? Wohin gehst du denn? Und warum hast du dich so hübsch gemacht?“, fragte er, doch in Wirklichkeit ahnte er schon, wohin sie wollte. Und mit wem.
 

„Och nur ins Kino. Mit T.K..“, sagte sie gespielt lässig und drehte sich schnell weg, damit ihr Bruder die verräterische Röte in ihrem Gesicht nicht sehen konnte. „Bis später, warte nicht auf mich.“ Und schon war sie verschwunden.
 

Tai hatte nicht einmal Zeit, ihr noch viel Spaß zu wünschen, da war sie schon weg. Mimi tauchte plötzlich hinter ihm auf und legte ihre Arme um seinen Bauch.
 

„Hat sie ein Date?“, fragte diese den jungen Mann und spürte, dass er zu lachen angefangen hatte.
 

„So ungefähr.“, erwiderte er nur, drehte sich zu ihr und nahm sie jetzt richtig in die Arme.
 

Takeru wartete bereits vor dem Kino. Er war so aufgeregt gewesen, dass er schon eine halbe Stunde zu früh dort gewesen war. Er wusste nicht, wie er sich dem Mädchen gegenüber verhalten sollte. Sollte er sie umarmen, so wie immer? Oder sollte er ihr einen Kuss zur Begrüßung geben? Vielleicht hatte sie ihn am Morgen ja auch nur geküsst, weil sie noch betrunken war. All diese Dinge schwirrten in seinem Kopf herum, doch als er sie auf sich zukommen sah, war jeder Gedanken und jeder Zweifel wie weggehweht. Er musterte sie von oben bis unten. Sie trug bereits einen etwas dickeren, beigen Mantel, der dank eines Gürtels trotzdem ihre tolle Figur erahnen ließ. Darunter trug sie einen schwarzen Rock, der nur ein bisschen länger als der Mantel war und dazu eine dunkele Wollstrumpfhose mit Zopfmuster. Sie hatte die schwarzen, halbhohen Stiefel ohne Absatz an, die er so gerne mochte und die Haare trug sie offen und glatt. Sie war einfach wunderschön.
 

Ohne großartig darüber nachzudenken, öffnete er die Arme und schloss sie darin ein. Sie legte ihre Wange auf seine Brust und sog seinen herrlichen Duft ein. Auch er hatte seinen Kopf auf ihren Scheitel gelegt und genoss den Geruch ihrer frisch gewaschenen Haare. Er liebte ihr Shampoo einfach. Nach einer Weile, in der die beiden einfach nur dagestanden und die Nähe des anderen genossen hatten, lösten sie sich voneinander und lächelten sich an.
 

„Hi.“, sagte Takeru verlegen.
 

„Hey.“, hauchte Hikari zurück.
 

„Sollen wir reingehen? Ich habe die Karten schon besorgt.“ Er klang auf einmal sehr geheimnisvoll.
 

„Was gucken wir uns denn an?“, fragte das Mädchen neugierig und sah ihn erwartungsvoll an. Doch der junge Mann legte nur einen Finger auf die Lippen und zwinkerte ihr zu. Aus ihm würde sie jetzt kein Wort mehr rausbekommen.
 

„Das war der schlechteste Film des Jahres!“, sagte er genervt und stampfte aus dem Kino.

Das Mädchen konnte es sich nicht verkneifen, zu lachen.
 

„Warum guckst du dir auch freiwillig einen Tanzfilm an? Wir hätten doch auch einen anderen Film schauen können.“, brachte sie zwischen zwei Lachern hervor. Es war einfach nur zu komisch, wie sehr er sich über den Film aufregte, den er selber ausgesucht hatte.
 

„Naja, ich dachte, er würde dir gefallen.“, erwiderte er verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. Sofort hörte sie auf zu lachen und bedachte ihn mit einem liebevollen Blick. Dass er sich extra nur für sie einen Film angeschaut hatte, den er scheußlich fand und dafür auch noch Geld ausgegeben hatte, fand sie einfach nur wundervoll.
 

„Das nächste Mal suchen wir gemeinsam einen Film aus, der uns beiden gefällt.“, sagte sie zärtlich und strich mit dem Daumen über den Handrücken seiner Hand, welche sich schon seit Beginn des Films in ihrer befand. Er nickte nur und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn.

Da es schon dunkel war, begleitete Takeru das Mädchen nach Hause. Hand in Hand schlenderten sie durch die Dunkelheit, die nur hier und da mal von dem Licht einer Laterne oder einer Leuchtreklame durchbrochen wurde. Die Luft war kalt aber klar, denn heute hatte es, so wie gestern, zum Glück nicht geregnet. Takeru hatte Kari seinen Schal umgelegt, sodass ihr nun etwas wärmer war. Er selber fror nicht, die Wärme von Hikaris Hand in seiner breitete sich in seinem ganzen Körper aus.

Eigentlich war das Kino gar nicht so weit von ihrem Zuhause entfernt, doch die beiden ließen sich viel Zeit für den Rückweg, plauderten über alles Mögliche, lachten über die plumpe Handlung des Films und genossen ihre Zeit zu zweit.
 

Als sie schließlich doch vor ihrer Haustür ankamen, stellten sie sich gegenüber voneinander und sahen sich eine Weile schweigend in die Augen.

Irgendwann fing Kari dann an zu sprechen. „Was soll das jetzt eigentlich bedeuten? Also, das zwischen uns meine ich.“
 

T.K. suchte nach den richtigen Worten. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.“ Er entschied sich, die Wahrheit zu sagen.
 

Sie nickte nur kurz und sah auf den Boden. Das war irgendwie nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. Doch sofort spürte sie seine warme Hand, die ihr Kinn ein wenig nach oben hob, sodass sie ihm wieder in die Augen sah.
 

„Hey, schau doch nicht so. Nur weil ich im Moment noch nicht weiß, was genau das für uns bedeutet, heißt das noch lange nicht, dass es etwas Schlechtes ist, okay?“ Er lächelte sie liebevoll an und machte dann einen Schritt auf sie zu. „Lass mich nur etwas darüber nachdenken.“

Dann platzierte er seine Lippen auf ihre und gab ihr einen langen, intensiven Kuss.
 

„Gute Nacht, Kari.“, flüsterte er, als er sich wieder von ihr gelöst hatte und drehte sich in die andere Richtung, um seinen Weg nach Hause anzutreten.
 

„Gute Nacht, T.K..“, antwortete sie leise und machte sich dann ebenfalls auf in ihre Wohnung.

Der erste Schnee

20.12.

Liebes Tagebuch.

Okay, eigentlich habe ich mir das alles komplett anders vorgestellt. Als T.K. und ich uns vor gut 1 ½ Monaten endlich geküsst haben, dachte ich, nun müsste ich meine Gefühle endlich nicht mehr so unterdrücken und war mir fast sicher, dass er auch etwas für mich empfindet.

Nur dass er das leider noch nicht gesagt hat.

Als die Schule wieder losging, war auch der triste Alltag schnell wieder eingekehrt. Schule, Hausaufgaben, Lernen, AGs… es war eigentlich alles wie vorher.

Okay, fast. Gatomon und Patamon waren bis gestern in der realen Welt, bevor sie unter einem tränenreichen Abschied wieder in die Digiwelt gegangen sind.

T.K. und ich haben uns fast jeden Tag getroffen, jede freie Minute miteinander verbracht. Wir haben uns auch ständig geküsst, haben Händchen gehalten und hatten so etwas wie… Dates.

Aber fällt dem Idioten denn mal ein, dass wir vielleicht darüber reden sollten, was da zwischen uns läuft? NEIN! Es ist schon ganz normal für ihn, mich zärtlich zu berühren und zu küssen, aber immer wenn jemand fragt, ob wir zusammen seien, antwortet er: „Ich weiß es nicht. Darüber haben wir noch nicht geredet.“

Wieso spricht er nicht einfach mit mir? Am Anfang habe ich noch oft versucht, das Thema anzuschneiden, aber mittlerweile habe ich es aufgegeben. Ich hoffe so sehr, dass er es sich nicht plötzlich anders überlegt und feststellt, dass er doch keine tieferen Gefühle für mich hat und wir nur Freunde bleiben sollten.
 

Ob er wohl Angst hat?
 

„Sag mal, welche soll ich Mimi lieber kaufen? Die rote oder die braune?“ Tai hielt zwei Handtaschen nebeneinander und überlegte fieberhaft, welche besser zu Mimis Garderobe passen würde. Matt zuckte nur mit den Schultern und deutete auf die in Tais linker Hand.
 

„Also braun. Danke. Hast du schon was für Sora?“, fragte der Braunhaarige und legte die andere Tasche wieder zurück an ihren Platz.
 

„Nein, leider nicht. Wir haben gesagt, dass wir uns dieses Weihnachten nicht so viel schenken wollen, aber du weißt ja, wie Mädchen sind.“, antwortete sein bester Freund und musste fast lachen.
 

„Hey, du bist mit Sora zusammen, nicht mit Mimi! Sag mal… was willst du eigentlich Kari schenken, T.K.?“ Der jüngste von den dreien hob den Kopf und stellte die Schneekugel, die er grade noch in der Hand gehalten hatte ab.
 

„Ich hab leider auch noch nichts. Hast du nicht eine Idee, was ich ihr schenken könnte?“ Sein Blick ließ keinen Zweifel: Tai um Rat zu bitten, wenn es um ein Weihnachtsgeschenk für Hikari ging, war seine letzte Rettung, doch noch etwas Perfektes zu finden.
 

„Sorry, da bin ich überfragt. Aber noch eine ganz andere Frage: seid ihr beide jetzt endlich offiziell zusammen?“ Sofort kam auch Matt ein paar Schritte näher.

Dieses Gespräch schien ihn mehr zu interessieren als das Weihnachtsgeschenkegesuche.
 

Takeru nahm wieder einen Gegenstand hoch, nur um etwas in der Hand halten zu können, das ihn ein wenig ablenkte.

„Hat Kari so was gesagt?“, fragte er ausweichend.
 

„Nein, sie hat gar nichts gesagt. Immer, wenn ich sie darauf anspreche, lenkt sie sofort ab und antwortet mir einfach nicht mehr darauf. Deshalb stelle ich ja jetzt dir die Frage.“ Tai sah seinen Freund durchdringend an.

Seufzend stellte dieser den Gegenstand wieder ab und sah nun auch den älteren an.
 

„Wollt ihr die Wahrheit wissen?“ Ein Nicken der beiden jungen Männer.

„Gut, ich weiß nicht, was wir sind. Wenn ich mit ihr zusammen bin, ist alles schön und gut. Aber ich habe Angst, wenn wir darüber sprechen, dass sich dann etwas verändert. Wir verhalten uns im Moment so, wie wir es als beste Freunde immer getan haben, nur eben mit küssen und so weiter. Ich weiß nicht, ob ich will, dass sich das nach einem Gespräch verändert. Dass wir uns dann anders sehen, eben nicht mehr als beste Freunde, sondern als Partner. Und woher weiß ich, dass es Liebe ist? Woher weiß ich, dass wir uns nicht bald trennen weil wir merken, dass es doch nicht das Wahre ist?“ Erstaunlicher Weise musste Takeru feststellen, dass es gut tat, endlich einmal ausgesprochen zu haben, was er denkt.
 

Tai und Matt erwiderten erst einmal nichts darauf, sie waren zu sprachlos. Hätten sie gewusst, was in dem Jungen vorgeht, hätten sie ihn schon viel eher zu einem Gespräch verleitet, um ihm zu helfen.
 

Es war schließlich sein Bruder, der das Wort ergriff.

„Sieh mal T.K.. Es kann dir leider keiner sagen, ob es Liebe ist, oder ob ihr für immer zusammen bleibt, oder ob sich etwas in eurer Beziehung zueinander verändern wird. Aber was ich dir ganz genau sagen kann ist, dass ich merke, wie du sie ansiehst. Dein Blick wird gleich viel liebevoller, wenn du von ihr sprichst. Und wenn du sie siehst, dann strahlst du eine unbändige Lebensfreude aus, sodass selbst ich denke, du würdest gleich Bäume für sie ausreißen. Sie bringt dich zum Lachen und wenn sie einmal nicht da ist, dann scheinst du sie so sehr zu vermissen, dass es einem fast schon das Herz zerbricht.

Es kann dir niemand sagen, was richtig und was falsch ist. Das ist eine Sache, die du allein für dich rausfinden musst. Mit ihr an deiner Seite.“
 

Tai sah seinen Freund anerkennend an. „Gute gesprochen, Tiger.“
 

Takeru schien über diese Worte gründlich nachdenken zu müssen.

„Ich will sie nicht verlieren.“, erwiderte er schließlich und sah auf den Boden.
 

„Das wirst du aber, wenn du nicht bald mit ihr redest!“
 

Es war in der Nacht vor Heiligabend, in der es endlich zu schneien begonnen hatte. Hikari hatte noch lange wach gelegen und über Takerus Worte am Telefon nachgedacht.
 

Ich möchte mich gerne morgen mit dir treffen. Und dir etwas Wichtiges sagen.
 

Die Stimmung war in den letzten Tagen noch angespannter gewesen, als in den Wochen zuvor schon. Würde er ihr jetzt sagen, dass sie lieber doch nur Freunde bleiben sollten? Das würde sie nicht ertragen können.

Nach einer guten Stunde, in der sie nicht einschlafen konnte, war sie schließlich doch aufgestanden und zum Fenster gegangen. Und da hatte sie sie entdeckt. Die ersten Schneeflocken in diesem Jahr. Der Winter war kalt und es hatte schon ein paar Mal gefroren, aber Schnee war etwas Neues.

In Gedanken spielte sie einige Szenen durch, die morgen bei dem Treffen mit Takeru passieren konnten, doch ihre Nervosität bekam sie damit auch nicht in den Griff.

Ihr Blick viel auf die Box, die mit einer grünen Schleife versehen auf ihrem Schreibtisch stand und nur darauf wartete, morgen als Weihnachtsgeschenk für T.K. an ihn übergeben zu werden. Sie seufzte leise. Sie wusste ja noch nicht einmal, ob ihm das Geschenk überhaupt gefallen würde.

Zweifel nagten an ihr. Sollte sie ihm überhaupt so ein Geschenk machen, wo sie doch überhaupt nicht fest zusammen waren? Aber Tai hatte ihr gesagt, dass es ein wundervolles Geschenk war. Ob nun für einen Freund oder für ihren Freund.
 

Als sie eine Weile die dicken, weißen Flocken beim Fallen beobachtet hatte, wurden ihre Lider immer schwerer und Müdigkeit machte sich in ihr breit.

Vielleicht war es nun doch Zeit, endlich schlafen zu gehen.

Frohe Weihnachten

Es war erst viertel vor 4, als Hikari an dem Treffpunkt eintraf, den ihr Takeru am Telefon genannt hatte. Noch eine viertel Stunde.

Nervös und unsicher hielt die das Päckchen in der Hand, welches sie ihm zu Weihnachten schenken wollte. Sie sah auf die Uhr, doch die Zeit schien überhaupt nicht zu vergehen. Im Gegenteil, war es nicht grade eben schon 10 vor gewesen? Sie tippte auf ihre Uhr und musste feststellen, dass sie stehen geblieben war.

Na super, das hat mir ja grade noch gefehlt…
 

Ganz in ihrem Ärger versunken bemerkte das Mädchen gar nicht, dass sich ihr jemand von der linken Seite näherte. Er nutzte die Gelegenheit und schlich sich hinter sie, um ihr prompt mit den Händen die Augen zu zuhalten. Die Hände waren weich und obwohl sie nicht in Handschuhen verpackt waren, so wie ihre eigenen, waren sie doch warm und rochen nach Lavendelseife.
 

„Hallo T.K.“, flüsterte sie. Als hätte sie ihn nicht sofort erkannt.
 

„Frohe Weihnachten.“, hauchte er zurück und gab sie frei, sodass sie sich umdrehen und ihm in die Augen schauen konnte. Sie lächelte ihn an und er merkte erst jetzt, wie sehr sie ihm gefehlt hatte in den letzten Tagen. Er wartete keine Erwiderung ab, sondern schloss sie fest in die Arme, sog ihren Duft ein. Heute roch sie unverkennbar nach Vanille.
 

„Dir auch frohe Weihnachten.“ Sie war ihm so nah, dass sie nur in seinen Mantel sprechen konnte.
 

„Hast du gebacken?“, fragte er neugierig und ließ sie nun los, damit sie sich wieder ansehen konnten. Sie nickte und roch an einer ihrer Haarsträhnen.

Sie ist einfach zu süß!
 

Als er ihre Hand nahm, schenkte sie ihm ein Lächeln und die beiden fingen an, ein wenig durch die Gegend zu schlendern. Das Mädchen wurde immer nervöser. Würde er jetzt doch nicht mehr mit ihr sprechen wollen, sondern einfach so weiter machen wie bisher? Aber sie hatte sich fest vorgenommen, heute einmal alles auszusprechen, was sie störte.

Nach einer ganzen Weile blieb Takeru stehen und stellte sich ihr gegenüber. Als sie glaubte, er würde nichts sagen, setzte sie schon zum Sprechen an, doch er unterbrach sie mit einer Handbewegung.
 

„Kari, warum ich dich sehen wollte ist nicht nur, weil heute Weihnachten ist. Ich wollte auch endlich mal mit dir reden und einige Dinge klarstellen. Ich finde, das hast du verdient.“ Er sah erst auf den Boden, doch dann entschloss er sich, ihr besser ins Gesicht zu schauen. So etwas besprach man nicht mit gesenktem Blick.
 

Jetzt sagt er mir, dass wir besser Freunde bleiben sollten. Bei seinem Tonfall konnte man ja nichts anderes erwarten. Er klang, als sei grade jemand gestorben.
 

Er seufzte tief.

„Die Wahrheit ist, dass ich nicht weiß, was das zwischen uns zu bedeuten hat. Ich bin mir nicht sicher, ob wir wirklich eine Chance haben, ob die Gefühle tief genug sind.“ Er sah zuerst ihr ausdrucksloses Gesicht und war sich schon fast sicher, mit seiner Vermutung, dass da nichts Intensiveres zwischen ihnen ist, recht zu haben. Doch dann sah er auf ihr Hände, die sich fest in ihre Handschuhe gruben und zu Fäusten ballten. Ein weiterer Blick in ihr Gesicht bestätigte es: Sie war sauer. Stocksauer, um genau zu sein.
 

„Jetzt will ich dir aber auch mal etwas sagen. Ich habe dein hin und her langsam echt satt! Erst küsst du mich nicht, dann tust du es und dann behauptest du, dass wir keine Chance hätten? Es tut mir sehr leid für dich, aber das hättest du dir auch mal früher überlegen können. Verstehst du denn nicht? Du machst mich wahnsinnig! Und zwar auf die beste Art und Weise, wie man das eben machen kann.“ Er war sichtlich verwirrt.

„Wenn ich deinen Duft wahrnehme, dann fühle ich mich sofort geborgen und sicher. Berührst du meine Haut, so sendest du ein Feuer durch meinen Körper, das mich lebendiger werden lässt als alles andere auf dieser Welt. Bist du nicht bei mir, vermisse ich dich. Und bist du da, will ich, dass du nie wieder gehst. Du hast mich einmal gefragt, ob du mich nervös machst. Die Antwort ist: ja! Ich weiß nicht, wann ich es das erste Mal bemerkt habe, aber plötzlich hat mich deine Anwesenheit total aus der Fassung gebracht und ich konnte keine klaren Gedanken mehr fassen. Wenn du keine tieferen Gefühle für mich hast, dann ist das okay für mich. Aber warum musstest du mir dann solche Hoffnung machen?“ Tränen hatten sich in ihren Augen gesammelt und warteten, endlich ausbrechen du können.
 

„Ich habe dir Hoffnung gemacht? Ich bin ja wohl nicht der einzige, der hier lauter Berührungen und Küsse verteilt, ohne darüber nachzudenken.“ Nun war auch Takeru sauer.
 

„Du bist so ein Idiot!“, flüsterte sie. Folgendes schrie sie ihm schon fast entgegen: „Ist dir denn niemals in den Sinn gekommen, dass ich dich küssen und berühren möchte, weil ich mich schon so lange nach dir Sehne? Weil ich dich nun mal liebe und das schon seit einer kleinen Ewigkeit!“ Sofort schlug sie sich die Hand vor den Mund. Das hatte sie sich eigentlich anders vorgestellt. Ein Liebesgeständnis in romantischer Zweisamkeit und nicht in einem verschneiten Park und dann auch noch wie ein Schimpfwort daher geschleudert.
 

Sie sah ihm ins Gesicht, hoffte auf eine Erwiderung, doch T.K. stand einfach nur da und starrte sie mit offenem Mund an. Auch Hikari hatte nicht mehr die Kraft, noch etwas zu sagen, stellte wortlos das Päckchen, welches sie noch immer in der Hand hielt, ab und drehte sich um. Als sie ging, schaute sie nicht ein einziges Mal zurück, doch der Drang in ihr war übergroß.
 

Er konnte sie schon fast nicht mehr sehen, als er das Päckchen von der Bank nahm und vorsichtig in den Händen hielt. Sie hatte eine grüne Schleife darumgebunden. Seine Lieblingsfarbe. Die Box war schlicht und schwarz und nicht in Geschenkpapier verpackt.

Als er an dem Band zog, fiel es zu Boden und er öffnete den Deckel.
 

In der Box war ein kleines Päckchen, mit selbstgebackenen Kekse und einem Zettel, wo drauf stand:

Frohe Weihnachten T.K.

In Liebe, deine Kari
 

Er nahm den Zettel in die Hand und biss sich auf die Unterlippe. Dann steckte er ihn in seine Jackentasche und nahm sich den restlichen Inhalt vor. Er nahm ein kleines Buch in die Hand und stellte die Box wieder auf der Bank ab.

Als er das Notizbuch öffnete, stiegen ihm Tränen in die Augen. Es war etwa DinA 5 groß und voll mit Fotos von Takeru und Hikari. Dazwischen hatte sie immer mal wieder ein paar lustige Anmerkungen geschrieben und lauter Eintrittskarten und Zettel, Briefe und Postkarten dazu geklebt. Einige Einträge waren schon Jahre alt, sie musste wirklich lange daran gearbeitet haben. Er blätterte zur letzten Seite, wo ein aktuelles Bild von den beiden war und las den Text dazu:
 

Hallo T.K.

Wie du vielleicht bemerkt hast, bastele ich jetzt schon echt lange an diesem Geschenk für dich und ich bin froh, dass es grade in diesem Jahr endlich fertig geworden ist. Ich wollte dir damit zeigen, wie viel mir unsere Gemeinsame Zeit bedeutet und dir etwas persönliches schenken, was dich auch in schlechten Tagen immer an unsere schönen Momente erinnert.

Ich hoffe, es gefällt dir. Deine Kari
 

Als er das Geschenk wieder in der Box verstaut hatte, sah er in die Richtung, in die Kari gegangen war.

Er wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln und rannte los.

Ein ganzer Zentner Ballast

Sie hatte den Park schon fast verlassen, als sie plötzlich Schritte hinter sich vernahm. Doch als sie sich umdrehte, wurde sie auch schon von den Füßen gerissen und fiel rückwärts in einen hohen Schneeberg. Es war T.K., der nun völlig außer Atem auf ihr lag und ihr tief in die Augen sah.

Als sie das Glitzern in seinen Augen bemerkte, wischte sie ganz gedankenverloren eine seiner Träne weg. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Als er sich endlich wieder gefasst hatte, hoben sich seine Lider und er sah sie erneut an.
 

„Du mich auch…“, murmelte er.
 

„Wie bitte?“ Sie hatte ihn kaum verstanden.
 

„Du machst mich auch nervös. Und du verwirrst mich. Und wenn du mich berührst oder küsst, dann kann ich mich kaum beherrschen, dich nicht gleich ganz zu wollen. Du fehlst mir so wahnsinnig, wenn du nicht bei mir sein kannst und ich kann einfach nicht mit ansehen, wie ein anderer Junge mit dir spricht, ohne gleich rasend eifersüchtig zu werden, weil du deine Zeit nicht mir schenkst.“ Eine unverkennbare Röte hatte sich auf die Wangen der beiden gelegt.
 

In Hikari stieg eine Wärme auf, die sie den kalten Schnee unter ihr schlagartig vergessen ließ.

„Ich weiß nicht, wieso ich das nie gesehen habe, aber ich brauche dich an meiner Seite. Denn wenn du nicht da bist, dann bin ich nur ein halber Mensch. Denn was mir jetzt erst klar wird, in all den Jahren unserer Freundschaft… Ich liebe dich.“
 

Die Welt um sie herum spielte nun keine Rolle mehr. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und zog ihn zu sich hinunter, um ihn endlich küssen zu können. Ihr Kuss war genauso leidenschaftlich und intensiv wie zuvor, doch auch ganz anders. Er drückte etwas aus, was Hikari nicht in Worte fassen konnte: Wie unendlich erleichtert sie plötzlich war. Es schien, als würde ein ganzer Zentner Ballast von ihr abfallen und sie könnte nun endlich wieder frei atmen, ohne ein Stechen in der Brust zu spüren, wenn sie an Takeru dachte. Sie fühlte sich einfach nur wohl und… glücklich.

Ja, mehr Worte als dieses eine brauchte es wohl nicht, um zu beschreiben, welches Gefühl jetzt den obersten Platz in ihrem Innersten einnahm.
 

Es schien schon eine Ewigkeit vergangen zu sein, als sich die beiden endlich voneinander lösten und T.K. sich aufraffte. Er streckte Kari eine Hand entgegen und zog sie hoch. Dabei fiel ihr Blick auf die schwarze Box, die er noch immer in der Hand hielt.
 

„Hast du…?“, fing sie an, doch er unterbrach sie sofort mit einem Nicken.
 

„Ja und es ist das wunderbarste Geschenk, was ich jemals bekommen habe.“ Er ergriff ihre Hand und zog sie mit sich. Die Röte hatte sich wieder auf ihre Wangen geschlichen, als sie sich einfach nur von ihm mitziehen ließ. Ein glückliches Lächeln lag auf ihrem Gesicht.
 

„So, jetzt sollten wir aber schnell aus den nassen Sachen raus und uns aufwärmen, sonst bekommen wir eine dicke Erkältung!“ Takeru hatte seinen Mantel über seine Heizung geworfen und Hikari alleine im Wohnzimmer gelassen, um ihr frische Anziehsachen zu bringen. Auch sie legte den nassen Mantel ab und zog ihre Stiefel aus, um alles zum Trocknen zur Heizung zu bringen. Dann Streifte sie ihr braune Strumpfhose aus und begann, sich aus dem dicken, rosafarbenen Rollkragenpullover zu schälen, welchen sie achtlos zu Boden fallen ließ. Ihre Sachen waren durch den Schnee nass und kalt und sie fror so sehr, dass sie beschloss, erst einmal eine heiße Dusche zu nehmen.
 

Also ging sie ins Badezimmer und streifte sich noch den dunkelbraunen Rock ab und zog ihr Top aus. Als nächstes entledigte sie sich auch ihrer Unterwäsche und stieg unter die Dusche. Zuerst war es unangenehm, als das heiße Wasser ihre kalte Haut berührte, doch je länger sie unter der Dusche stand, desto schöner wurde es und sie empfand die Hitze als eine Wohltat für Körper und Seele. Sie schloss die Augen und genoss jede Sekunde.
 

Erst ein zaghaftes Klopfen an der Tür, holte sie wieder in die Wirklichkeit zurück.

„Herein.“, sagte sie laut und bestimmt und sah durch die milchig-trübe Wand der Duschkabine Takerus Umrisse.
 

„Ich wollte dir nur… ich hab… hier sind ein Handtuch und frische Anziehsachen für dich.“, stammelte er und versuchte angestrengt sich nicht vorzustellen, dass das Mädchen, welches er liebte und begehrte, grade unter seiner Dusche stand. Also drehte er sich schnell um und wollte schon wieder zur Tür hinaus, also Kari sich räusperte.
 

„Dir ist doch sicher auch kalt.“, begann sie und versuchte zu verbergen, wie viel Überwindung es sie grade kostete, die folgenden Worte auszusprechen.

„Wenn du willst, ist hier noch genug Platz, also… ich meine, wenn es dir nichts ausmacht, dass ich hier bin und…“
 

„Okay.“, erwiderte Takeru zu ihrer Überraschung. Und auch er war erstaunt, wie viel Initiative er grade aufbrachte und einfach mal nicht an das „danach“ dachte, sondern im hier und jetzt lebte. Er entledigte sich seiner Kleider und trat vor die Duschkabine. Seine Hand lag schon am Griff, als er einmal tief Luft holte und sie dann mit einem entschlossenen Ruck öffnete.
 

Hikari wusste nicht, wo sie hinsehen sollte und plötzlich kam ihr das ganze wie eine schreckliche dumme Idee vor. Also starrte sie auf den Boden, als Takeru sich vor sie stellte und die Duschkabine wieder schloss.

Schamesröte stieg in ihr auf und Selbstzweifel nagten an ihr. Was, wenn sie ihm nicht gefiel?

Doch er legte vorsichtig die Hand unter ihr Kinn, sodass sie ihn jetzt direkt ansah und er hauchte lächelnd: „Du bist so wunderschön.“
 

Dann nahm er sie in die Arme und gab ihr einen langen und intensiven Kuss.

Als ob ich dich jemals wieder gehen lassen würde!

„Alles klar. Sie wissen bescheid, dass ich bei dir übernachten werde.“ Das braunhaarige Mädchen kam mit ihrem Handy in der Hand auf ihn zu und setzte sich zu ihm auf die Bettkante.

„Und ich soll dir frohe Weihnachten wünschen.“, fügte sie lächelnd hinzu.
 

„Danke, hättest du gerne zurück bestellen dürfen.“ Takeru streckte seine Hand nach ihr aus und zog sie in seine Arme.
 

„Hab ich doch natürlich.“, murmelte Hikari an seine Brust geschmiegt. Dann sah sie zu ihm auf und lächelte ihn erneut an. Alles fühlte sich einfach gut und richtig an. Als sie unter der Dusche gestanden hatte, war ihr erst einmal komisch zumute gewesen. Sie war sich nicht sicher, ob sie etwas Falsches getan hatte, als sie ihm anbot, zu ihr hineinzukommen. Aber Takeru hatte sich wie ein Gentleman verhalten und sie im Arm gehalten, sie geküsst. Er hat sie nicht komisch angestarrt oder dergleichen. Er hat ihr einfach nur Halt gegeben und in ihr hatte sich eine Wärme ausgebreitet, die mit der des heißen Wassers in keiner Weise zu vergleichen wäre. Es war ein Gefühl, das tief aus ihrem Inneren kam.
 

Er gab ihr einen hauchzarten Kuss auf die Stirn und legte seine Wange auf ihrem noch etwas feuchten Haar ab. So saßen sie eine ganze Weile da, bis T.K. plötzlich wieder etwas einfiel. Er hatte etwas sehr wichtiges vergessen.

„Warte mal kurz hier, ich muss noch schnell etwas holen.“, sagte er und löste sich vorsichtig von ihr. Das Mädchen war mehr als verwirrt und starrte ihm hinterher, als er in den Flur verschwand. Doch so schnell wie er gegangen war, so war er auch schon wieder zurück und hielt beide Hände hinter dem Rücken verschränkt. Als er sich wieder zu ihr gesetzt hatte, lächelte er sie verlegen an.
 

„Du hast ja noch gar nicht dein Weihnachtsgeschenk bekommen!“ Sein Lächeln wurde jetzt liebevoller, wärmer. Er holte seine Hände hinter dem Rücken hervor und hielt ihr eine kleine Pappschachtel entgegen. Sie war rosafarben und drauf waren Punkte und eine winzige Schleife, in dem gleichen Rotton verteilt.
 

Mit klopfendem Herzen nahm sie das Geschenk von ihm entgegen. Es war nicht das erste Weihnachtsgeschenk von ihm, aber jetzt hatte es für beide eine andere Bedeutung. Sie hob vorsichtig den kleinen Deckel und legte ihn auf das Bett. Darunter war ein Stück Seidenpapier, in das etwas eingewickelt war.

Als sie es herausholte und auspackte, stiegen ihr Tränen der Freude in die Augen.
 

Sie hielt die Kette in der Hand und breitete sie ganz aus. Sie war ganz aus Silber und filigran und dünn und sah einfach zauberhaft aus. Als Anhänger war eine kleine Feder daran, die ebenfalls äußerst zierlich wirkte. Dieses Geschenk war einfach wunderschön.

Ohne ein Wort zu sagen, nahm ihr Takeru das Schmuckstück vorsichtig aus der Hand und bedeutete ihr, sich umzudrehen. Als sie ihm den Rücken zugewandt hatte, strich sie sich die Haare aus dem Nacken und hielt sie fest, während der blonde Junge ihr die Kette um den Hals legte und vorsichtig schloss. Dann küsste er sie noch kurz in ihrem Nacken und drehte sie wieder zu sich. Sie legte ihre Hand auf den Anhänger und ein glückliches Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.
 

„Danke T.K., das ist wirklich ein wundervolles Geschenk!“ Sie drückte ihm einen kleinen Kuss auf den Mund und er nahm ihre Hände in seine. Er schien ein wenig verlegen.
 

„Schön, dass es dir gefällt.“, antwortete er und lächelte nun ebenfalls. Sie nickte noch einmal bekräftigend und gab ihm noch einen Kuss. Als er sie daraufhin wieder in seine Arme nahm, schloss sie die Augen und sog seinen Duft ein. Nun musste sie es nicht mehr heimlich tun, sondern konnte seine Anwesenheit mit jedem Zentimeter ihres Körpers genießen.
 

Zum Abendessen bekochte Takeru seine Liebste nach allen Regeln der Improvisationskunst, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass Kari mit zu ihm kam. Doch er zauberte schnell und mit wenigen Zutaten etwas Leckeres für die beiden und das Mädchen musste zugeben, dass es in jedem Fall besser schmeckte als das Gekochte ihrer Mutter. Bei weitem sogar. Als die beiden dann satt und zufrieden in T.K.s Bett lagen, legte der junge Mann seinen Arm um Hikari und zog sie so enger an sich.
 

Sie schaute ihm nachdenklich ins Gesicht. Etwas beschäftigte sie schon seit dem gemeinsamen Essen, doch sie wollte die Harmonie, die grade zwischen ihnen herrschte nicht gleich wieder zerstören. Takeru hatte ihren Blick jedoch bemerkt, also fragte er sie leise: „Was ist, was hast du?“
 

Sie zögerte leicht, schüttelte jedoch den Kopf.
 

„Du weißt, dass du es mir sagen kannst. Ich meine, wir haben doch gemerkt, dass es nichts bringt, wenn wir uns nicht alles sagen, sondern in uns hineinfressen. Also, was bereitet dir solches Kopfzerbrechen?“ Er schenkte ihr noch ein aufmunterndes Lächeln und sie fühlte sich nun wirklich bestärkt.
 

Also holte sie tief Luft und begann: „Was ist das jetzt zwischen uns?“ Es war die Frage, die sie in den letzten Wochen schon oft gestellt, doch auf die sie nie eine Antwort bekommen hatte.
 

Er schien kurz darüber nachzudenken und sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum.

„Wie meinst du das genau?“, fragte er nun.
 

„Ich meine, ist das jetzt etwas festes zwischen uns, oder wie darf ich das verstehen?“ Sie war etwas gereizt, dass er schon wieder so ausweichend reagierte.
 

Doch er hatte sie nur aufziehen wollen, was sie an seinem Grinsen jetzt erkannte.

„Natürlich ist es etwas Ernstes.“, sagte er jetzt und seine Stimme wurde weich und liebevoll. Sein Lächeln steckte auch sie an. Endlich hatte sie eine Antwort bekommen. Darauf hatte sie schon so lange warten müssen. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und schmiegte sich an ihn. Er nahm sie in den Arm und genoss ihre Wärme und ihre Nähe.

Als sie die Augen schloss, merkte sie, wie müde sie war und ihr Atem wurde immer gleichmäßiger. Als sie schon fast eingeschlafen war, hörte sie Takeru noch ganz leise und wie aus weiter Ferne murmeln:

„Als ob ich dich jemals wieder gehen lassen würde!“
 

Dann befand sie sich auch schon im Land des Morpheus und träumte einen der schönsten Träume, die sie jemals hatte.

Paris, Paris

„Stell dich mal dort hin, ja so ist gut!“

Sie machte eine übertriebene Pose und lächelte in die Kamera. Er schoss mehrere Bilder hintereinander und musste laut lachen, als sie immer wieder die Models aus dem Fernsehen nachahmte.
 

„Hast du den Eifelturm auch mit drauf?“, fragte sie nun und ging auf ihn zu. Es war der 30.12. und Kari hatte ihr Geburtstagsgeschenk eingelöst um Silvester in Paris zu verbringen. Und da Takeru und sie jetzt zusammen waren, kam auch niemand anderes als ihr Begleiter in Frage. Nicht, dass es jemals anders gewesen wäre, aber als Paar war die Reise noch schöner, als als normale Freunde.
 

Takeru zeigte ihr die Bilder und sie beide mussten lachen. Es war einfach zu komisch, wie Hikari sich verrenken konnte. Als sie ein paar Bilder durchgesehen hatten, steckte der Blonde die Kamera in seine Tasche und stand von den Steinstufen, auf denen sie beide grade noch gesessen hatten, auf. Er streckte dem Mädchen seine Hand entgegen und zog sie ebenfalls hoch, als sie sie ergriff. Als sie Hand in Hand ihren Stadtrundgang weiterführten, war Hikari einerseits sehr verlegen, da alle Mädchen hinter Takeru herschauten und ihr neidische Blicke zuwarfen, aber andererseits war es für sie auch wie das Normalste auf der Welt, sich so mit ihm zu zeigen. Als ob sie schon immer zusammengehört hätten.
 

Takerus Blick viel auf ihr glückliches Gesicht und er fing automatisch an zu lächeln. Sie hatte den dicken Wollschal weit ins Gesicht gezogen und den Großteil ihrer wunderschönen, braunen Haare unter der dazugehörigen Strickmütze versteckt. An den Händen trug sie Handschuhe und sie hatte ihren Beigen Wintermantel angezogen. In Paris hatte es zwar noch nicht geschneit, aber es war trotzdem sehr kalt und sie waren schon eine ganze Weile zu Fuß unterwegs. Sie fing seinen Blick auf und sah ihn fragend an.
 

„Was ist? Hab ich was im Gesicht?“, fragte sie unsicher und wollte ihm schon ihre Hand entziehen, um ihre Wangen abzusuchen, als er sie festhielt und lächelnd den Kopf schüttelte.
 

„Ich habe nur grade überlegt, ob wir uns nicht in ein Café setzen und etwas essen und trinken sollen, es ist doch recht kühl und ich möchte nicht, dass du so frieren musst.“ Sie errötete ein wenig und nickte verlegen. Ihr war tatsächlich eiskalt, doch sie hatte nichts gesagt, damit er sie nicht für eine Heulsuse hielt, die sofort an allem rummeckert.

Nach kurzem Suchen, hatte Takeru ein wunderschönes kleines Café in einer abgelegenen Seitenstraße gefunden und hielt seiner Freundin die Tür auf, damit sie eintreten konnte. Der Raum war klein und es standen nur ungefähr 10 Tische darin, wo man maximal zu zweit dran Platz hatte. Die Dekoration war malerisch und romantisch, mit gerahmten Schnappschüssen aus Paris, die die unterschiedlichsten Personen in den unterschiedlichsten Momenten zeigten. Da war ein älteres Ehepaar auf einer Parkbank, das einfach nur aneinander gelehnt dort saß. Eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn, dem sie das Fahrradfahren beibrachte. Und ein paar Freunde bei einem Picknick im Park. Es waren Momente aus dem echten Leben und alle wirkten so glücklich und zufrieden, dass Hikari bei ihrem Anblick nicht umhin kam, ebenfalls in eine friedliche Atmosphäre zu gleiten.
 

Takeru führte sie an einen freien Tisch in der Ecke und sie musterte die rustikale und hölzerne Garnitur. Auf den Tischen waren Kerzen in kleinen bunten Gläsern drapiert und hier und da befand sich auch mal ein Pflänzchen oder ein Blumenstrauß auf einer der Fensterbänke. Dem Mädchen gefiel es hier ausgesprochen gut.
 

Als eine junge und hübsche Kellnerin zu ihnen kam und sie auf Französisch fragte, was sie bestellen wollten, kramte Hikari schon verzweifelt nach ein paar Worten, die sie schon einmal im Fernsehen gehört hatte, als Takeru plötzlich begann, auf Französisch zu bestellen.
 

Sie starrte ihn sprachlos an, als er fragte: „Was möchtest du?“
 

„Ähm… einen Kakao mit Sahne und ein Stückchen Kuchen. Bitte.“
 

Er lächelte als er merkte, wie überrascht und verlegen sie war und bestellte für die beiden. Als sie Kellnerin ging, um ihnen ihren Kuchen und die Getränke zu bringen, sagte Takeru verschmitzt: „Habe ich dir nicht erzählt, dass mein Opa aus Frankreich kommt und ich deshalb auch die Sprache spreche?“
 

Sie hatte sich wieder ein wenig gefangen und antwortete nun: „Doch, das weiß ich. Aber ich hatte nicht gedacht, dass du es so perfekt beherrschst.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Ach was, so perfekt ist es nun auch wieder nicht.“
 

Doch sie sah ihm genau an, dass es ihm gefiel, sie so beeindruckt zu haben.
 

Sie nippte gedankenverloren an ihrem Kakao und sah aus dem Fenster. Es gingen nicht viele Leute an dem Café vorbei, aber wenn, waren es meistens Paare. Sie hatten den Kuchen schon gegessen und Hikari wäre beinahe dahingeschmolzen. Es war ein selbstgemachter Apfelkuchen gewesen und sie konnte ohne groß nach zu denken sagen, dass es der beste gewesen war, den sie jemals gegessen hatte.
 

„Wohnt dein Großvater nicht auch in Paris?“, fragte sie nach einer Weile und sah ihn jetzt an. Auch er blickte ihr in die Augen und wirkte, als hätte sie ihn aus seinen tiefsten Gedanken gerissen.
 

Schließlich nickte er und sagte: „Ja, schon eine ganze Weile. Im Sommer besuchen wir ihn immer, doch über Weihnachten ist er bei seiner Familie und feiert dort auch Silvester mit ihnen. Ich hätte dich ihm gerne vorgestellt.“
 

„Schon gut, dann haben wir einen Grund um noch einmal herzukommen.“, erwiderte sie und lächelte ihn an. Auch er lächelte. Als die Kellnerin neben ihnen auftauchte, fragte sie, ob sie noch einen Wunsch hätten. Mit einem kurzen Blick zu Hikari, die leicht den Kopf schüttelte, bestellte er die Rechnung. Sie wollte schon nach ihrem Portemonnaie greifen, als er eine Hand hob.
 

„Ich lade dich ein.“
 

„Das musst du aber nicht.“, antwortete sie verlegen.
 

„Ich weiß.“, erwiderte er und lächelte sie erneut liebevoll an. Als die Kellnerin zurückkam, reichte sie ihm die Rechnung, die er beglich. Anschließend gab er ihr noch ein Trinkgeld. Sie bedankte sich und wünschte den beiden noch einen schönen Tag.
 

Dann standen beide auf und Takeru half Hikari in ihren Mantel. Sie setzte sich ihre Mütze wieder auf, schlang den Schal um ihren Hals und zog die Handschuhe an und schritt dann durch die Tür, die ihr der Junge grade aufhielt.

Als sie auf die Straße kamen, begann es zu schneien.

Verschneite Romantik

Etwas kitzelte ihn an der Nase und er öffnete langsam die Augen. Erst sah er nicht viel, da es noch ziemlich dunkel im Zimmer war, aber nach ein paar Sekunden, hatte er sich daran gewöhnt und schaute nun in das grinsende Gesicht von Hikari. In der Hand hielt sie eine Feder, die vermutlich von einem der Daunenkissen stammt. Das hatte ihn also gekitzelt.
 

„Guten Morgen du Schlafmütze.“, sagte sie und versuchte dabei ein Lachen zu unterdrücken. Es schien ihr zu gefallen, ihn noch so schläfrig zu sehen. Er verdrehte die Augen und zog sich ein Kissen über den Kopf, was seine Freundin nur empört beobachtete.

„Hey nicht wieder einschlafen!“ Sie versuchte Takeru das Kissen wegzunehmen, was ihr viel zu leicht gelang. Und ehe sie es bemerkt hatte, war er der Bewegung des Kopfkissens gefolgt und schmiss sich nun grinsend auf sie. Hikari schnappte nach Luft und sah ihn erschrocken an. Doch sie hatte sich schnell wieder gefasst und legte nun eine Hand auf seine Wange, was seinen Blick unendlich liebevoll werden ließ. Er drehte den Kopf leicht und gab ihr einen Kuss in die Handinnenfläche.
 

„Guten Morgen.“, murmelte er in ihre Hand hinein. Dann beugte er sich zu ihr runter und gab ihr einen richtigen Kuss.
 

„Weißt du schon, was du heute noch sehen möchtest?“ Takeru griff nach einem Croissant und bestrich die Spitze mit Butter.
 

„Hmmm…“ Hikari überlegte einen kleinen Moment, ehe sie antwortete: „Ich würde noch gerne die Sacré-Cœur und Montmartre sehen. Von ganz oben soll man einen tollen Ausblick haben.“ Sie biss in ihr Marmeladenbrötchen und sah in Takerus lächelndes Gesicht.
 

„Ausgezeichnete Wahl, Madame.“ Er kannte Paris sehr gut und fand, dass Montmartre eine wirklich schöne Gegend war. Und was den Ausblick betraf, so hatte das Mädchen recht, er war einfach atemberaubend.

Also frühstückten die beiden zu ende, holten ihre Sachen und machten sich auf den Weg. Mit der U-Bahn war es gar nicht weit von ihrem Hotel aus und so lernte Hikari die Metro von Paris kennen. Sie musste sich immer wieder umschauen, weil die Leute so anders gekleidet waren, als bei ihnen zuhause. Und es gab sogar Musiker in den Tunneln, die mit ihren Melodien viele Passanten zu sich zogen. Auch T.K. und Kari blieben kurz stehen und hörten einem Saxophonspieler, der grade ein Solo gab, zu.
 

Nach einer Weile, als die beiden schon weitergegangen waren, fragte Hikari: „Ist das nicht verboten? So einfach in der U-Bahn Musik zu machen.“
 

Takeru lachte leise und erwiderte: „Nein, sie haben die Erlaubnis dafür, das gibt es oft hier. Frankreich ist eben ganz anders als Japan.“ Dem konnte das Mädchen nur nickend zustimmen und ließ sich von ihrem Freund durch den Untergrund zur Bahn und schließlich nach Montmartre führen.

Als sie die U-Bahnstation verlassen hatten, schaute sich Hikari staunend um. Überall waren Menschen unterwegs und erledigten noch die letzten Silvestereinkäufe. Es gab unglaublich viele Souvenirläden und eine Touristengruppe schlenderte grade ihrem Reiseführer hinterher, der ziemlich gelangweilt einige Details über die Gegend berichtete. Takeru machten ein paar Bilder, ehe er ihre Hand ergriff und langsam der Reisegruppe hinterher ging.

„Komm, ich glaube sie wollen auch zur Sacré-Cœur.“
 

Da die Gruppe so langsam ging, hatten die beiden genug Zeit, sich in Ruhe umzusehen. Ab und zu hielten sie auch mal an, um einen Kaffee zu holen, den sie dann im Gehen tranken, oder Takeru huschte in eine Boulangerie und kaufte Eclairs mit Schokolade für sie. Sie unterhielten sich, lachten und fühlten sich einfach nur unbeschwert. Als die Leute an einem Platz vor einer langen Treppe anhielten, stupste T.K. Hikari leicht an und deutete nach oben. Sie hob ihren Blick und sah eine wundervolle Kirche, die am Ende von einem langen Weg mit unzähligen Treppen auf einem Berg stand.

Das Mädchen war jetzt ganz euphorisch und ergriff die Hand ihres Freundes, um den langen Weg mit den vielen Treppen zu meistern. Er ließ sich von ihr mitreißen und so erklommen die beide Stufe um Stufe. Sie mussten ein paar Mal anhalten, um eine kleine Verschnaufpause zu machen, doch als sie oben ankamen, merkten sie sofort, dass sich die Anstrengungen gelohnt hatten. Der Ausblick war sogar noch viel schöner, als Hikari sich ihn vorgestellt hatte. Überall sah man unter einer leichten Schneedecke die Gebäude aufragen und das glitzernde Weiß verlieh allem einen romantisch-träumerischen Charme. Da es schon langsam dunkler wurde, brannten überall bunte Lichter und unterstrichen die Stimmung perfekt. So etwas Schönes hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen. Sie drehte sich lächelnd zu Takeru um und stellte fest, dass er sie mit einem liebevollen Blick bedachte.

Ein roter Schimmer breitete sich auf ihren Wangen aus, als sie fragte: „Warum siehst du mich denn so an?“
 

Er beugte sich vor und flüsterte ihr zu: „Weil ich finde, dass du noch tausendmal schöner bist, als es dieser Ausblick jemals sein könnte.“ Er sah noch, wie verlegen sie über seine Worte war, dann drehte er sich zum Geländer, legte den Arm um sie und zog sie an sich. So standen sie eine Weile da und betrachteten das verschneite Paris und ließen sich von der Stille um sie herum umgeben. Denn das Gerede und die Geräusche der anderen Leute hatten sie vollkommen ausgeblendet und spürten nur noch die Nähe des jeweils anderen.
 

Als Takeru auf die Uhr sah, löste er sich von ihr und lächelte sie an. „Wir müssen jetzt wirklich los und uns umziehen. Ich habe noch eine kleine Überraschung für dich und ich möchte nicht, dass wir zu spät kommen.“ Hikari war sehr verwundert, was er für sie haben könnte, doch die Aufregung war noch viel größer, denn sie liebte es überrascht zu werden. Also stiegen die beiden die Stufen wieder hinunter und machten sich auf den Weg zur Metrostation. Als sie an der Touristengruppe vorbeikamen, winkte Takeru ihnen fröhlich zu, was den Reiseführer nur verwunderte, denn er hatte gar nicht bemerkt, dass die beiden sich ihnen heimlich angeschlossen hatten und konnte deshalb auch nichts mit der freundlichen Geste des jungen Mannes anfangen.

Hikari musste über den Blick des älteren Amerikaners laut lachen und Takeru stimmte mit ein. Hand in Hand setzten die beiden ihren Weg fort.

Die schönste Frau auf der ganzen Welt

Nachdenklich runzelte sie die Stirn, als sie wieder und wieder las, was auf der kleinen Karte geschrieben stand, die Takeru ihr überreicht hatte. Darauf stand lediglich die Zimmernummer 55.

Ein Blick auf ihre Armbanduhr verriet ihr, dass es 18 Uhr war. Sie beschloss, einfach das Zimmer mit der Nummer 55 aufzusuchen und dann zu schauen, was sie erwarten würde.
 

Takeru rannte schon fast über den Gang auf dem Weg zu seinem und Hikaris Zimmer. Auf den Fluren war reger Betrieb, doch er nah kaum etwas von seiner Umgebung wahr. Er konzentrierte sich ganz darauf, seiner Liebsten einen wunderschönen und unvergesslichen Abend zu bereiten.
 

Als sie das Zimmer errichte, klebte eine weitere Karte an der Tür. Darauf war in Takerus Handschrift geschrieben:
 

Dreh mich um.
 

Sie befolgte die Anweisung und fand auf der Rückseite die Schlüsselkarte für das Zimmer vor.

Was hat er sich denn nun ausgedacht? Fuhr es ihr durch den Kopf, doch sie musste zugeben, dass ihr die Sachen schon gefiel. Sie konnte sich vor Aufregung kaum noch bremsen, nahm die Karte und betrat das Zimmer.
 

Bei ihrem gemeinsamen Zimmer angekommen, öffnete er schnell die Tür, huschte hinein und schloss sie wieder hinter sich. Dann ging er zu seinem Schrank, holte ein Päckchen hervor und verschwand ins Bad und unter der Dusche.
 

Sie knipste das Licht an und schloss die Tür hinter sich. Das Zimmer glich fast dem, in dem die beiden wohnten. Warum also hatte T.K. sie hier her bestellt? Ihr Blick schweifte durch den Raum. Die gleichen, hellblauen Gardienen mit den kleinen Blümchen an den Fenstern. Die Tür zum Bad an der gleichen Stelle. Die gleichen kleinen Nachtschränke auf beiden Seiten des Bettes und… Ein weiterer Zettel. Auf eine Schachtel, die auf dem Bett stand, geklebt. Mit ein paar Schritten durchquerte sie den Raum und setzte sich auf das Bett. Dann nahm sie den Karton hoch und legte ihn auf ihrem Schoß ab. Bis auf den Zettel, war die Schachtel schlicht und rosa, ohne Aufschrift. Sie beugte sich ein wenig vor und las:
 

Ich erwarte dich um 20 Uhr in Foyer. Lass dir ruhig Zeit, das Zimmer ist nur für dich reserviert. Dein T.K.
 

Vorsichtig hob sie den Deckel der Schachtel und ihre Augen weiteten sich sofort vor Erstaunen.
 

Er rieb sich die Haare trocken und lies das Handtuch achtlos auf den Boden sinken. Dann wischte er mit der Hand über den beschlagenen Spiegel und betrachtete sein Gesicht darin. Ihm stand das Wort Aufregung förmlich auf der Stirn geschrieben und er atmete einmal tief durch.

Das wird schon!
 

In der Schachtel lag das wohl atemberaubendste Paar Pumps, das sie je gesehen hatte. Ehrfürchtig nahm sie einen Schuh in die Hand und betrachtete ihn von allen Seiten. Er war schneeweiß und sehr schlicht und elegant gehalten. An der Außerseite waren ein paar Strasssteinchen angebracht, die silbern im Licht funkelten. Der Absatz war hoch, aber nicht zu dünn, sodass Hikari sicher gut darauf würde laufen können. Sie betrachtete die Schuhe noch ein wenig, stellte dann beide nebeneinander auf den Boden und widmete sich dem weitern Inhalt der Schachtel. Sie nahm einen Kulturbeutel heraus und legte ihn neben sich auf das Bett. Daneben legte sie einen Kranz aus gelben und rosanen Blumen und ein Paar weiße, lange Handschuhe. Als letztes holte sie ein Stück Stoff hervor. Erst wusste sie nichts damit anzufangen, doch sie erkannte schnell, dass es sich um ein Kleid handelte. Und was für eines. Es war rosa, genau die gleiche Farbe wie die Blumen in dem Haarkranz. Träger hatte es keine, jedoch befand sich über dem Dekolleté eine Art Fell, welches über den Busen und den Rücken verläuft.

Hikari stellte sich hin und hielt das Kleid nun in seiner vollen Länge vor sich. Es war fast bodenlang und an der Taille gerafft, sodass es in Falten über die Hüfte fällt. Es verschlug ihr wahrhaft die Sprache. Sie legte das Kleid auf das Bett und ging ins Bad, um sich aus ihren Sachen zu schälen. Dann ging sie unter die Dusche und stellte das Wasser an.
 

Er stand vor dem großen Spiegel in seinem Zimmer und schloss den letzten Knopf an seinem weißen Hemd. Dann griff er nach der dunkelgrünen Krawatte, die an der Stuhllehne hing und fing an sie zu binden. Seine Hände zitterten ein Wenig.
 

Hikari stand in Unterwäsche vor dem Spiegel und tuschte sich die Wimpern. Dann legte sie etwas Lidschatten auf und betrachtete sich eingehend. Da ihre Haut sehr rein wirkte, entschied sie sich gegen Makeup. Und da sich ohnehin ein rötlicher Schimmer auf ihren Wangen befand, verzichtete sie auch auf Rouge. Sie band sich die Haare zu einem Zopf und fing an, den Blumenkranz darin einzuarbeiten. Dann zupfte sie an den Seiten noch ein paar Strähnchen zurecht und zog dann vorsichtig das Kleid von unten über die Füße. Sie überprüfte, ob alles richtig saß, zog die Handschuhe über und schlüpfte dann in die Schuhe. Als sie in den Spiegel schaute, schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht.
 

Er strich seine Haare glatt, zerzauste sie wieder. Kämmte sie einmal durch, zog sich einen Scheitel, schüttelte den Kopf und zerzauste sie wieder. So wie sie immer lagen, war es doch eigentlich am besten.
 

Sie drehte sich ein paar Mal hin und her und betrachtete sich. Sie fand das Kleid und alles was dazu gehörte einfach nur wundervoll. Und es ließ sie ebenfalls wundervoll wirken. Es passt alles perfekt und war so gut aufeinander abgestimmt, dass es schon fast wie von einem Modeexperten zusammengestellt wirkte. Hikari konnte nicht aufhören zu lächeln.
 

Takeru blickte auf seine Uhr. 19:30 Uhr. Er nahm das schwarze Jackett von der Stuhllehne und zog es sich über. Dann nahm er die Schlüsselkarte, kontrollierte, ob er auch alles dabei hatte und öffnete die Zimmertür. Als er das Licht losch und die Tür schloss, zitterten seine Hände noch immer ganz leicht vor Aufregung.
 

Als die Tür ins Schloss fiel, schritt sie mit erhobenem Kopf durch den Flur. Sie hatte ihren Mantel übergezogen, den Rest ihrer Sachen hatte ein Angestellter des Hotels vor einigen Minuten abgeholt, um sie auf ihr Zimmer zu bringen. Sie blieb am Fahrstuhl stehen und bemerkte, dass sie ein junger Mann verstohlen musterte. Als sie einstieg, sah er ihr noch lange hinterher.
 

Er schaute alle paar Sekunden auf seine Uhr. Es war noch nicht 20 Uhr, aber kurz davor. Als er nervös von einem Bein auf das andere trat, blinkte plötzlich das Licht am Fahrstuhl und die Türen öffneten sich. Und da war sie.

Die schönste Frau auf der ganzen Welt, seine Hikari.

Du bist unglaublich

Sie atmete einmal tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Dann raffte sie das Kleid ein wenig, um nicht versehentlich auf den Saum zu treten und machte langsam ein paar Schritte aus dem Fahrstuhl. Ihr Blick war erst zu Boden gesenkt, doch als sie aufsah, erblickte sie ihren Takeru. Sie wusste nicht woran es lag, aber er sah heute einfach noch besser aus als er es ohnehin schon tat. Das weiße Hemd, der schlichte und doch unglaublich elegante schwarze Anzug, die dunkelgrüne Krawatte, die seine Augen noch heller strahlen ließ. Aber das alles war es nicht, was Hikari so faszinierte. Es war viel mehr der Blick, mit dem er sie bedachte und jetzt, da sie ihm begegnet war, auch noch immer gefangen hielt. Dieser Blick sagte mehr als tausend Worte: Er sagte aus, wie viel Liebe der Mensch dem er gehörte für sie empfand, wie viel Schmerz er erlitten hatte und dass durch ihren Anblick allein alle Wunden verheilt waren.

Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie sah, wie nervös Takeru war. Sie machte ein paar Schritte auf ihn zu und er kam ihr entgegen, womit die räumliche Distanz zwischen ihnen schnell überwunden war. Sie waren sich nun ganz nah und durch ihren Duft, ihre Präsenz, ihre Nähe, fiel alle Anspannung von ihm ab und er blendete alles aus, was sich um sie herum befand.

 

„Hey.“, sagte sie schüchtern und schmiegte ihre Wange in seine Hand, als er sie dort platzierte.

 

„Hallo.“, gab er sanft zurück und zog sie zu einem kurzen, aber liebevollen Kuss zu sich heran. Als sie ihn erwiderte, musste T.K. lächeln. Dann gab er sie frei und sah ihr in die schokoladenbraunen Augen.

Dann sagte er ganz leise: „Du bist wunderschön.“

 

Bei seinen Worten errötete das Mädchen und sah scheu lächelnd zu Boden. Das brauch mir doch nicht peinlich sein! Sie hob den Kopf wieder, sah ihm direkt in die Augen und lächelte nun richtig. „Du siehst auch sehr gut aus.“

Als Antwort gab er seiner Liebsten erneut einen Kuss und sah dann auf die Uhr.

 

„Wir sollten los, sonst kommen wir noch zu spät.“, sagte er und griff nach ihrer Hand. Sie verschränkte ihre Finger mit seinen und folgte ihm aus der Lobby des Hotels. Es war bereits dunkel und der Schnee hatte alles mit einer dünnen Schicht bedeckt. Ein paar dicke Flocken fielen noch vom Himmel und es war ziemlich kalt. Vor der Tür wartete ein schwarzer VW, auf den Takeru jetzt direkt zusteuerte.

 

„Wo fahren wir denn hin?“ Kari war neugierig und bis jetzt hatte sie sich gut beherrschen können, doch nun platzte die Frage förmlich aus ihr heraus. Doch der junge Mann grinste nur breit und schüttelte leicht den Kopf, als er ihr die Autotür aufhielt und hineinhalf. Sie setzte sich auf den Sitz und sah nach oben, damit sie ihn ansehen konnte, während er lässig in der Tür lehnte.

 

„Das ist eine Überraschung.“, antwortete er schlicht und schloss dann vorsichtig die Autotür, um auf die andere Seite des Wagens zu gehen und dort einzusteigen. Während seiner kurzen Abwesenheit musterte Hikari den Fahrer, der am Steuer saß. Es handelte sich um einen Mann, vielleicht Mitte 50  mit grauen Haaren und einem vollen Bart. Er blickte nach vorne hinaus und schien den Verkehr, der rege auf der Straße herrschte, zu beobachten.

Als sich die Autotür auf der anderen Seite öffnete, schreckte sie etwas hoch. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie so tief in Gedanken versunken gewesen war. Takeru nahm neben ihr Platz und die beiden schnallten sich an. Er gab dem Fahrer ein Zeichen, woraufhin dieser den Motor anließ und sich langsam in den Verkehr einfädelte. Hikari sah aus dem Fenster, ihre Finger mit denen von T.K. verschränkt, und versuchte sich an einigen Sehenswürdigkeiten zu orientieren. Während der Fahrt herrschte Schweigen, aber es war keineswegs unangenehm, auch wenn Takeru immer wieder nervös hin und her sah. Seine Anspannung war wieder da und er hoffte inständig, dass Kari sie nicht spüren würde oder, was noch schlimmer war, sich von ihr anstecken ließ. Doch sie sah mit einem leichten Lächeln auf den Lippen aus dem Fenster und schien die Ruhe selbst zu sein, auch wenn sie innerlich vor Neugierde platzen musste. Ihr Anblick ließ auch ihn wieder etwas ruhiger werden und er versuchte sich zu entspannen. Doch als der Wagen langsamer wurde und ihr Ziel schon in Sicht war, pochte sein Herz fast in der doppelten Geschwindigkeit, als es vor ein paar Sekunden noch geschlagen hatte. Jedenfalls kam es ihm so vor.

Der VW hielt und Takeru bedankte sich kurz auf Französisch bei dem Fahrer und öffnete dann seine Tür. Hikari schnallte sich ab und schenkte dem Mann ein Lächeln, da sie nicht wusste, was sie sagen sollte, doch er verstand sie auch so und erwiderte ihr Lächeln über den Rückspiegel. Dann öffnete sich ihre Tür und T.K. hielt ihr seine Hand hin, die sie dankbar annahm. Ihn so einem tollen und langen Kleid auszusteigen war wirklich nicht so einfach.

Als sie sich umsah, stellte sie fest, dass sie nicht wusste, wo genau sie waren. Ihr Blick fiel auf die dunkele Straße, die Laternen mit ihrem hellen Schein und dann auf ein Restaurant, vor dem sie standen mit dem Namen: La Bastide Odéon. Die Fassade war schlicht in schwarz gehalten, doch von innen sah sie das warme Licht von brennenden Kerzen und gedimmten Lampen.

 

„Komm lass hineingehen langsam wird mir kalt.“ Ihr war gar nicht aufgefallen, dass Takeru sich keinen Mantel über sein Jackett angezogen hatte, doch jetzt als er das sagte, merkte sie auch wieder wie kalt es eigentlich war. Also nickte sie und folgte ihm dann zum Eingang. Er hielt ihr die Tür auf und sofort kam ein Kellner zu ihnen und Takeru fing an sich mit ihm zu unterhalten. Hikari sah sich derweil ein wenig um. Das Restaurant war zwar voll, aber es war trotzdem nicht unangenehm laut, so wie sie es erwartet hatte. Die Gäste wirkten entspannt und viele unterhielten sich angeregt.

Der Raum strahlte ein gemütliches Ambiente aus, was einerseits den vielen Kerzen und andererseits den schlichten Farbkombinationen von roten Stühlen und braunen Holzelementen an den Wänden zu verdanken war. Die Tische waren mit einem weißen Tischtuch bedeckt und darauf befanden sich Besteck, Gläser und eine Kerze. Keine unnötige Blumendeko, sondern schlicht und elegant gedeckt.

 

„Kari, kommst du?“ T.K. riss sie aus ihren Gedanken und sie folgte ihm zu ihrem Tisch. Dort nahm ihr der Kellner den Mantel ab und zog den Stuhl zurecht, damit sie sich hinsetzten konnte. Sie schenkte auch ihm ein Lächeln und nahm dann platz. Als Takeru sich ihr gegenüber setzte, lächelte sie noch immer und schüttelte ganz leicht den Kopf.

 

„Was ist?“, fragte er und klang sogleich wieder nervös.

 

„Du bist unglaublich.“, sagte sie nur und fügte dann nach einer kurzen Pause hinzu: „Diese Überraschung ist dir wirklich gelungen.“

Ein neues Jahr, eine neue Zeit

Das Essen verlief genauso, wie Takeru es sich erhofft hatte. Sie lachten sehr viel, redeten über alle möglichen Dinge, aßen unheimlich leckeres Essen und tranken guten Wein. Als Hikari grade noch einmal in die Karte sah, um sich einen Nachtisch zu bestellen, schweifte ihr Blick nach oben und sie sah T.K. direkt in seine wundervollen Augen. In ihnen lag ein verträumter und so unendlich liebevoller Blick, dass sie gar nicht mehr wegschauen wollte. Sie ließ die Karte ein wenig sinken und ein leichtes Lächeln begann sein Lippen zu umspielen.

 

„Was ist?“, fragte das Mädchen und kicherte ein wenig. Doch er schloss nur die Augen, stütze sein Kinn auf seine Hand und legte den Kopf leicht schräg, ohne dass das Lächeln verschwand. Kari wartete einen Moment, doch er sagte nichts. Als sie schon dachte, er hätte ihre Frage vielleicht nicht gehört, begann er endlich zu sprechen.

 

„Ich kann nur nicht fassen, was für ein Glück ich habe.“, sagte er langsam und als er seine Augen wieder öffnete, merkte die braunhaarige, wie sich ihre Wangen erhitzten und sie war froh, dass das Kerzenlicht ein wenig die sich ausbreitende Röte in ihrem Gesicht vertuschte. Er musterte sie einen Moment lang, dann sprach er weiter.

 

„Wenn ich daran denke, wie ich dich gequält haben muss… Nur weil ich zu feige war, mir meine Gefühle für dich einzugestehen. Und dass ich dich dadurch beinahe ganz verloren hätte…“ Er sah sie noch immer eindringlich an und sie konnte den plötzlichen Schmerz, der sich auf seine Züge gelegt hatte kaum ertragen.

 

„Aber das hast du nicht!“, rief sie plötzlich etwas zu laut. Etwas leiser fügte sie hinzu: „Du hast mich nicht verloren. Denn zu deinem Glück bin ich dir so sehr verfallen, dass ich es gar nicht ertragen hätte, dich zu verlassen.“ Es sollte wie ein Scherz klingen, um die Stimmung wieder etwas aufzulockern, doch es entsprach der Wahrheit. Selbst wenn sie gewollt hätte, ihn zu verlassen hätte sie zerstört. T.K. sah kurz zur Seite und als er sie wieder ansah, war ein wenig von dem Schmerz verschwunden und hatte wieder Platz für die Liebe, die er für seine Hikari empfand, gemacht. „Letztendlich ist alles gut gegangen. Lass uns nicht mehr darüber sprechen.“, murmelte sie noch und sah wieder in die Karte.

Doch Takeru konnte es nicht vergessen. Auch wenn sie jetzt glücklich war, konnte er einfach nicht ertragen, wie unmöglich er sich verhalten hatte. Es schmerzte ihn jeden Tag aufs Neue und wenn er gekonnt hätte, hätte er alle Erinnerungen daran von ihnen beiden ferngehalten. Er würde alles dafür tun, dass seine Geliebte nie wieder so unglücklich sein würde, vor allem nicht seinetwegen. Als Hikari sich einen Nachtisch ausgesucht hatte, bestellte er ihn für sie und sah ihr gedankenverloren beim Essen zu. Er selber wollte nichts mehr essen, denn die Aufregung war wieder zurückgekehrt. Unauffällig sah er auf seine Uhr. Es war bald Mitternacht, was bedeutete, dass bald das neue Jahr beginnen würde. Ein neues Jahr, eine neue Zeit. Das hatte er sich fest vorgenommen.

Hikari war überhaupt nicht aufgefallen, wie spät es schon war, als sie ihren Nachtisch aufgegessen hatte. Sie nahm einen Schluck von ihrem Weißwein und lehnte sich zurück, um ihren überfüllten Bauch ein wenig zu entlasten. „Ich bin echt satt! Aber es war auch alles so lecker.“, schwärmte sie und lächelte.

 

„Freut mich, dass es dir geschmeckt hat.“, gab Takeru zurück und erwiderte ihr Lächeln. Dann sah er noch einmal auf seine Uhr als er bemerkte, wie einige Gäste mit Sektgläsern in der Hand, die die Kellner grade verteilten, aufstanden und zum Eingang gingen. Auch Hikari hatte bemerkt, dass es plötzlich leer um sie wurde und als ihr jemand ein Glas mit Sekt reichte, sah auch sie auf die Uhr.

 

„Es ist schon 5 vor 12?“, fragte sie ungläubig. Als T.K. nickte, wollte sie grade aufstehen und den anderen nach draußen folgen, doch er nahm ihre Hand und hielt sie fest. Sie waren jetzt die einzigen, die noch im Restaurant saßen. Sie sah auf seine Hand, die locker auf ihrer lag und dann in sein Gesicht. Seine Miene verriet nicht, warum er sie aufgehalten hatte, also fragte sie betont locker: „Wollen wir nicht raus gehen?“ Es war mittlerweile 3 Minuten vor 12.

 

„Ich würde lieber mit dir hier bleiben. Draußen ist es so kalt.“ Auch wenn sein Gesicht nichts von seinen Gefühlen preisgab, so verriet doch seine Stimme, dass er ziemlich aufgeregt war. Sie nickte verständnisvoll, immerhin hatte er ja keinen Mantel dabei, doch sie war auch ein wenig enttäuscht, dass sie nicht draußen mit allen anderen herunterzählen und auf das neue Jahr anstoßen konnte. Doch wenn T.K. bei ihr war, waren alle anderen sowieso egal.

Die zwei verbliebenen Minuten kamen ihm vor wie eine Ewigkeit, doch in Wirklichkeit verstrichen sie so schnell, wie zwei Minuten nun mal vergehen. Er stellte sein Sektglas vorsichtig auf den Tisch und folgte Hikaris Blick nach draußen, wo sie die Leute mit einem Lächeln auf den Lippen zu beobachten schien. Dann stand er langsam auf.

Sie sah die Menschen lächeln, sich in den Armen halten und gespannt darauf warten, dass das neue Jahr endlich begann. Jemand fing an zu zählen und auch wenn sie die Sprache nicht verstand so wusste sie, dass er von 10 an rückwärts zählte. Sie drehte sich langsam wieder zu T.K. um und war im ersten Moment verwirrt, als sie ihn nicht sofort sah. Sie stellte ihr Sektglas auf den Tisch, völlig überrascht darüber, dass er plötzlich vor ihr kniete und sie erwartungsvoll ansah. Draußen zählten sie weiter. Hier im Restaurant, wo Takeru und Hikari völlig allein waren, war es plötzlich so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Alle Hintergrundgeräusche wurden ausgeblendet und sie hörte nur noch, wie draußen Jubelschreie verkündet und die ersten Feuerwerkskörper in die Luft geschossen wurden.

 

Er ergriff ihre Hand und ihr Blick fiel auf die kleine Schachtel, die er ihr entgegen hielt als er fragte: „Willst du mich heiraten?“

Willst du mich heiraten?

„Willst du mich heiraten?“

Er hatte sich eigentlich noch eine Rede zurecht gelegt, wollte noch so viel sagen, aber er war einfach viel zu aufgeregt gewesen, um sich auch nur an ein einziges Wort zu erinnern. Darum sah er jetzt in ihre Augen, die sich ein wenig vor Überraschung geweitet hatten und improvisierte.

 

„Kari ich weiß, dass wir noch sehr jung sind und ich weiß, dass wir erst vor kurzem zusammen gekommen sind. Aber ich weiß auch, dass ich niemals einen Menschen so sehr geliebt habe, wie ich dich liebe und dass ich wahrscheinlich niemals wieder jemanden so lieben werde. Denn wenn ich ehrlich bin, warst du es immer. Du warst immer die Frau, von der ich mir sicher war, dass ich sie eines Tages heiraten möchte. Auch wenn ich mir nie eingestehen wollte, wie sehr ich dich eigentlich liebe, weil ich Angst hatte, dass wir unterschiedliche Gefühle haben und sie uns deshalb irgendwann voneinander trennen könnten. Doch als ich dachte, dass ich dich verlieren würde, da ist mir wieder eingefallen, was ich dir als Kind einmal versprochen habe. Ich habe gesagt, dass ich dich irgendwann einmal heiraten möchte. Erinnerst du dich noch daran?“ Er hielt noch immer ihre Hand und sah ihr tief in die Augen.

 

„Du hast gesagt, dass du mich heiraten willst, weil ich das coolste Mädchen bin, was du kennst.“, hauchte sie leise und mit tränenerstickter Stimme. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen bei der Erinnerung an diesen Tag.

 

„Und das schönste und klügste, das mutigste und vor allem das gütigste Mädchen. Das alles habe ich damals schon in dir gesehen. Und es hat sich für mich nichts daran geändert. Wenn ich dich ansehe, dann gibt es für mich keine andere. Niemand kann es mit diesem wunderschönen Licht, welches dich umgibt aufnehmen. Du überraschst die Menschen immer wieder damit, wie klug und raffiniert du eigentlich bist. Wenn ich einmal Angst hatte, dann warst du stark und hast allen Gefahren getrotzt. Und dein Herz. Ich habe niemals einen Menschen gekannt, der ein größeres Herz hat als du, Kari. Ich war ein Idiot, dass ich das alles kurz vergessen hatte, doch du hast mich daran erinnert, warum es sich lohnt dich zu lieben und um dich zu kämpfen. Ich weiß, dass niemand perfekt ist, aber es sind auch deine unperfekten Eigenschaften, die dich für mich perfekt machen.“ Er legte eine kurze Pause ein, eher er weiter sprach.

„Und deshalb frage ich dich jetzt noch einmal. Hikari, möchtest du meine Frau werden?“

 

Sie war so gerührt, dass sie kaum etwas sagen konnte. Tränen standen ihr in den Augen und ihre Stimme hörte sich nur noch an wie ein heiseres Krächzen als sie hauchte: „Ja. Natürlich möchte ich dich heiraten!“

 

Und in diesem Moment löste sich alle Anspannung von T.K. und sie fiel ihm in die Arme. Er zog sie vorsichtig von ihrem Stuhl, sodass auch sie jetzt auf dem Boden kniete und die beiden sich in die Augen schauen konnten. Dann wischte er vorsichtig mit dem Daumen eine Träne von ihrer Wange und gab ihr einen langen und intensiven Kuss. So saßen sie eine gefühlte Ewigkeit auf dem Boden, umarmten sich, gaben sich zärtliche Küsse und hauchten einander Liebeserklärungen ins Ohr. Takeru löste sich kurz von ihr und nahm den silbernen Ring aus der Schachtel, die sich noch immer in seiner Hand befand und schob ihn auf ihren linken Ringfinger. Sie nahm die Hand hoch und musterte den schmalen, silbernen Reif ganz genau. Er war sehr schlicht und dennoch unheimlich elegant, so wie Takeru es auch war. Die Oberfläche des Rings war glatt und oben befand sich ein weißer Edelstein, der im Licht rosafarben schimmerte. Er war einfach perfekt und passte Hikari so gut, dass sie das Gefühl hatte, dass er nur für sie gemacht worden war. Sie konnte in diesem Moment gar nicht sagen, wie glücklich sie war, darum nahm sie ihren Verlobten nur in den Arm und küsste ihn erneut zärtlich.

 

„Wir müssen auch nicht sofort heiraten, wir haben jetzt alle Zeit der Welt.“, sagte er noch leise und sie nickte, denn er sprach ihr aus der Seele. Als sie noch eine ganze Weile auf dem Boden gesessen und sich im Arm gehalten hatten, räusperte sich T.K. und löste sich langsam von ihr, um wieder auf zu stehen. Dann half er Kari hoch und sie gingen gemeinsam mit den Sektgläsern in der Hand zur Tür, um sich das Feuerwerk anzusehen. Was den beiden wie eine Ewigkeit vorgekommen war, waren grade einmal 15 Minuten gewesen und als sie sich an das Fenster stellten und anstießen, kamen die ersten Gäste auch schon wieder rein. Hikari nahm Takerus Hand und gemeinsam sahen sie sich noch eine Weile die bunten Raketen an, die den Nachthimmel von Paris in allen erdenklichen Farben erstrahlen ließen. Ein seliges Lächeln lag auf den Lippen der beiden und sie wussten, dass sie etwas miteinander teilten, was nur die wenigsten Menschen in ihrem Leben erfahren dürfen. Die wahre Liebe.

 

 

Zwei Jahre später:

Tai klopfte leise an die Tür.

„Du wolltest mich sehen?“, fragte er seine Schwester, die sich grade im Spiegel ansah und trat hinter sie. Als sie sich langsam umdrehte, sah er wie nervös sie war und lächelte leicht.

 

„Wie sehe ich aus?“, fragte sie mit einem Zittern in der Stimme.

 

„Wie die wunderschönste Braut, die man sich wünschen kann.“, antwortete er und gab seiner Schwester einen Kuss auf die Stirn. Er konnte nicht verbergen wie stolz er auf sie war.

Sie nickte und drehte sich wieder zum Spiegel um.

 

„Wie eine wunderschöne Braut.“, murmelte sie leise und lächelte glücklich.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Okay, erstes Kapitel ist geschafft! Und was haltet ihr davon? Könnt ihr euch denken warum die beiden sich gestritten haben? Ich bin gespannt auf wilde Spekulationen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Also an dieser Stelle einmal ein ganz kräftiges: Danke!
Danke an alle meine Leser und vor allem an die fleißigen Kommentatoren, auch wenn ich nicht alle Kommentare beantworte, so freue ich mich über jeden Einzelnen wie Bolle und fühle mich unglaublich bestärkt in diesem "Projekt" ;)

Nun eine Frage: Wie findet ihr das Geburtstagsgeschenk? Ist es eine große Überraschung für euch gewesen? :)
Mein Freund war der Meinung, sie sollte doch einen Papagei bekommen... Ich war anderer Meinung ;)

Liebe Grüße und viel Spaß beim weiterlesen ♥
~PaV Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ufff... Es tut mir so leid, dass ich so lange kein neues Kapitel posten konnte, aber in letzter Zeit geht es ganz schön drunter und drüber bei mir. Ich hoffe, euch gefällt mein neues Kapi trotzdem und wünsche euch allen schonmal schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr ;)
Liebste Grüße PaV~ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Okay jetzt ist eure Meinung gefragt. Soll ich noch weiter schreiben? Wollt ihr noch die Hochzeit haben oder soll ich das jetzt als Schluss nehmen? ;) Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (70)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7]
/ 7

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sarabie
2022-11-10T11:57:54+00:00 10.11.2022 12:57
Waaassss, er küsst sie aber weiß nicht, was das zwischen ihnen ist?
Da will er noch drüber nachdenken... aber Küsst seine "beste Freundin" weiterhin.
Von: abgemeldet
2015-05-18T17:55:43+00:00 18.05.2015 19:55
Krass krass krass kraSS KOPFKINO PUR UND DAS IN PARIS....I fahr nächstes Jahr nach Paris mit mein Freund als Bday geschenk^^

Toller schreibstill mach weiter sooo; )
Von:  PanicAndSoul
2015-04-12T11:48:16+00:00 12.04.2015 13:48
Liebe Leute :)
PrinzessinAnja hat mich die Tage angeschrieben und mich gefragt, ob sie meine FF In all den Jahren live auf [U]www.nsw-live.de[/U] in ihrer "Chillout Lounge" vorlesen darf.
Ich hab natürlich sofort ja gesagt, ist ja eine große Ehre :)
Also wer sich meine Geschichte nochmal gerne vorlesen lassen möchte kann gerne mal reinhören, sie wird in mehreren Sendungen vorgelesen.
Am Freitag 17.4. geht es um 22 Uhr los unter folgendem Link: [U]www.nsw-live.de[/U]
Ich würde mich freuen wenn ihr mal reinhört und es euch gefällt ;)
Wenn das Youtubevideo mit der komplett verlesenen Geschichte online ist poste ich den Link auch nochmal :)

Liebe Grüße und viel Spaß beim zuhören eure PaV ♥
Von:  Sayuri88
2015-04-06T17:16:19+00:00 06.04.2015 19:16
verspätet aber komi kommt ^^. tolles kapi und finde auch das hier gut schluss ist. finde perfektes ende. ^^ richtig toll geschrieben.
Von:  SchwarzflammeDethora
2015-01-31T12:01:46+00:00 31.01.2015 13:01
Schönes Kapitel.
Perfektes Ende.
Ich würde es so lassen, andernfalls wird es zu lang
und dann verlangt man immer mehr und mehr.
Von:  _chagreen
2015-01-29T13:19:35+00:00 29.01.2015 14:19
;((( oh mann ich heule hier grade xD!
Tolles Kapitel ende ! muss ich sagen ;(
Und bitte schreib auch was von der Hochzeit *sniff*

Von:  _chagreen
2015-01-29T13:12:53+00:00 29.01.2015 14:12
Tolles Kapitel ich fange grade voll an zu weinen ;(( xD

Von:  chisai
2015-01-29T13:02:42+00:00 29.01.2015 14:02
Hmm, also ich fände das wäre hier ein gutes Ende.
Weil wenn bei der Hochzeit nicht zufällig noch i was unerwartetes passiert, zieht sie die Geschichte nur unnötig in die Länge und das macht unter Umständen den schönen Eindruck, den man jetzt hat, zunichte.
Aber es liegt in deiner Hand, wenn du noch schöne spannende Ideen für die Hochzeit hast, dann wird das denk ich schon noch toll.
Wenn du sie allerdings nur runter schreibst, weil deine Leser das wünschen..Naja.^^
Hoffe ich konnte dir mit meiner Meinung etwas helfen

Mata ne

Von:  fahnm
2015-01-29T02:25:58+00:00 29.01.2015 03:25
Spitzen Kapitel
Von:  fahnm
2015-01-29T00:16:24+00:00 29.01.2015 01:16
Tolles Kapitel


Zurück