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Wen liebst du eigentlich wirklich?

Oder: Brichst du mir mein Herz, brech ich dir deins (GWxDM)
von

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Wozu Unentschlossenheit führen kann

Wozu Unentschlossenheit führen kann
 


 

Ginny schaute sich unsicher um.

Sie hatte Freudensprünge durch ihr Zimmer gemacht, als sie die Einladung zu Harrys Geburtstagsparty auf ihrem Bett gefunden hatte. Sie hatte Stunden vor ihrem Kleiderschrank und ihrem Spiegel verbracht, ehe sie endlich mit sich zufrieden war. Die Party war schon in vollem Gange gewesen, als Ginny die Große Halle betrat und sie war erstaunt, dass sogar das gesamte Slytherin-Haus eingeladen worden war.

Nachdem der Krieg endlich beendet war, hatten Harry, Ron, Hermine und auch Draco Malfoy beschlossen, nach Hogwarts zurückzukehren und ihre Zaubererausbildung zu beenden. In der Zaubererwelt herrschte nun zwar wieder Frieden, doch die Hogwarts-Häuser hatten ihre Streitigkeiten noch nicht so recht beilegen können und so herrschte zwischen Gryffindors und Slytherins immer noch eine gewisse Abneigung.

Die Beziehung von Harry und Ginny war ziemlich kompliziert geworden, nachdem er zurückgekehrt war. Ginny hatte immer noch Gefühle für ihn, aber noch eine Trennung konnte sie einfach nicht verkraften und das Risiko wollte sie nicht eingehen. Sie versuchten einander so gut es ging aus dem Weg zu gehen und doch war sie so glücklich gewesen, als er sie zu seiner Feier eingeladen hatte. Vielleicht bekamen sie die Gelegenheit miteinander zu sprechen und zumindest wieder Freunde zu werden.

Die anfängliche Freude über die Party wich Unentschlossenheit und Unwohlsein. Ginny hatte Harry und die anderen noch nicht entdeckt und so stand sie immer noch am Eingang der Großen Halle mit Harrys Geschenk in der einen Hand, während sie mit der anderen an ihrem Kleid rumzupfte.

„Hey Schwesterchen, da bist du ja endlich! Wo warst du so lange? Hey, tolles Kleid!“, begrüßte sie George. Ginny war froh ihn zu sehen. Endlich stand sie nicht mehr allein herum. Zum Glück hatte George seine roten Haare wachsen lassen, sodass sie ihm bis über die Schulter reichten und man das Loch nicht mehr sehen konnte, an dem eigentlich sein Ohr hätte sein sollen.

„Wo sind denn die anderen? Ich sehe nur Slytherins, was machen die alle hier?“, schrie Ginny über die laute Musik hinweg.

„Hey, du weißt doch wie Harry ist. Er versucht immer noch Frieden zu stiften. Armer Irrer. Kannst du glauben, dass er sogar Draco Malfoy eingeladen hat?“

Ginny riss die Augen weit auf. Draco Malfoy? Warum denn ausgerechnet der?

George führte sie zu den anderen. Sie saßen am anderen Ende der Halle zusammen an einem Tisch und unterhielten sich angeregt. George setzte sich sofort dazu, doch Ginny blieb stehen. Sie wusste einfach nicht, wie sie es angehen sollte. Sollte sie ihm einfach gratulieren, ihm das Geschenk geben und dann zu ihren Freunden von Ravenclaw gehen? Oder war es in Ordnung für ihn, wenn sie sich zu den Gryffindors gesellte? Würde das Gespräch dann einfrieren?

Während Ginny ihren Gedanken nachhing, stand Hermine vom Tisch auf und kam zu ihr.

„Ginny, ist alles in Ordnung?“, fragte sie.

„Ähm – ich – ja“, stammelte sie.

Hermine sah sie mitleidig an. Sie schien zu verstehen. Hermine verstand sie immer und dafür war sie ihr dermaßen dankbar.

Hermine packte Ginny am Arm und zog sie zu dem Platz, an dem Harry saß. Sie tippte ihm auf die Schulter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ruckartig schaute er zu Ginny, es schien ihm peinlich zu sein, dass sie direkt vor ihm stand, denn er lief rot an, nickte Hermine zu und stand langsam auf. Er entfernte sich etwas von dem Tisch. Ginny folgte ihm mit gesenktem Blick.

„Hallo“, sagte Harry nach einer Weile.

Ginny sah zu ihm auf, sah in seine grünen Augen und wäre ihm am liebsten sofort um den Hals gefallen, doch sie zwang sich, sich zu beherrschen und sagte stattdessen nur: „Tolle Party.“

„Ähm, ja. Hätte selber nicht gedacht, dass es so groß wird. Ron und George haben das organisiert“, erklärte er grinsend und sah sich in der Halle um. Dann wandte er sich räuspernd wieder Ginny zu. „Freut mich, dass dir die Party gefällt“, sagte er leise.

„Äh, jaah. Oh, ich hab hier noch dein Geschenk.“

Sie drückte ihm das kleine Paket in die Hand.

„Danke“, sagte Harry. „Ich glaube, ich bringe es gleich hoch in mein Zimmer. Möchtest du mich begleiten?“

Bei diesen Worten kam er ihr gefährlich nahe. Sie konnte seinen Atem auf ihrer Stirn spüren. Ihr wurde heiß. Wie gerne wäre sie mit ihm gegangen, doch sie konnte nicht zulassen, dass sie sich wieder näher kamen, dass sie sich womöglich küssten. Und sie wusste, dass er es versuchen würde.

„Ich glaube, das ist keine gute Idee.“ Ihre Stimme zitterte. Sie zwang sich, sich umzudrehen und ein paar Schritte vorwärts zu machen. Mit jedem Schritt, den sie sich von Harry entfernte, ging es ihr besser und so gelang es ihr schließlich, ans andere Ende der Halle zu gehen und sich zu Lavender Brown an den Tisch zu setzen. Diese bot ihr sofort einen Becher Feuerwhisky an, den sie dankend entgegennahm und mit einem Schluck leerte. Ihr Hals begann sofort zu brennen, doch Ginny empfand dieses Brennen als beruhigend, da es sie von Harry ablenkte.

„Wow, du hast aber einen ganz schönen Zug drauf“, meinte Lavender lachend und goss ihr sofort einen zweiten Becher ein.

Sie unterhielten sich über alles und jeden, der Alkohol lockerte Ginnys Zunge und sie merkte nicht, wie die Zeit verging.

Plötzlich fühlte sich Ginny elend, ihr wurde schwindelig und Müdigkeit überkam sie. Sie entschuldige sich bei Lavender und versuchte aufzustehen, was ihr nicht so ganz gelang.

„Ginny, was ist los? Hast du zu viel getrunken? Soll ich dich ins Bett bringen?“, fragte Lavender besorgt.

„N-nein, ’s in Ordnung, schaff’s allein i-ins Bett, ähm, danke“, nuschelte Ginny. Lavender half ihr aufzustehen und Ginny wankte zur Tür. Auf dem Gang blies ihr kühle Luft entgegen. Jemand hatte den Haupteingang geöffnet und frische Nachtluft kam herein und zirkulierte im Gang herum. Ginny ging es ruckartig ein bisschen besser, aber zur Party wollte sie trotzdem nicht zurückkehren. Stattdessen entschied sie sich für einen langen Spaziergang auf dem Schulgelände.

Die Nacht war sehr klar. Der Mond stand hell am dunklen Himmel und dieser war übersät mit Sternen. Ginny wankte durch das Gras, bis sie schließlich am See ankam. Da sie unentwegt in den Himmel schaute, konnte sie nicht auf ihre Füße achten, so bemerkte sie die dunkle Gestalt nicht, die im Gras lag und stolperte über sie. Nur mit sehr viel Mühe konnte sie auf den Beinen bleiben. Ihr betrunkener Zustand half ihr nicht gerade dabei.

„Hey! Spinnssss du? Wie kommssss du überhaup’ in meinen Sssschlafsssaal? Verssswinde!“, lallte die Gestalt.

„Malfoy, bist du das?“, nuschelte Ginny und wankte gefährlich.

„Klar doch, wer denn sonssss? Un wer bissss du? Boah Gott, doch nich etwa die kleine Weasley?“ Er drehte sich auf den Rücken und fing schallend an zu lachen.

„Wow, ich hätt’ nicht gedacht, dass noch einer schlimmer dran *hick* sein könn’e als ich“, sagte Ginny und ließ sich neben Draco ins Gras fallen.

Eine Weile sagte niemand etwas. Draco sah die ganze Zeit hinauf zum Himmel und Ginny rupfte einen Grashalm nach dem anderen heraus und begann, sie auseinander zu pflücken.

„Warum bist du hier draußen?“, fragte Draco und seine Stimme war um einiges klarer als noch vor ein paar Minuten. Die kalte Nachtluft schien auch ihm gut zu tun.

Ginny zögerte, doch dann sagte sie: „Ich bin früher immer mit Harry hier draußen gewesen. Vielleicht wollte ich mich einfach an die Zeit erinnern.“

„Bäh, Potter“, sagte Draco und verzog das Gesicht. „Dass du dich überhaupt mit dem abgegeben hast.“ Er setzte sich auf. „Meinst du nich, du hättest was besssssseres verdient? Au, mein Kopf! *hick* Ich schieß mich nie wieder so ab.“

Ginny lachte leise auf.

Wieder trat Stille ein. Ginnys Kopf wurde zunehmend klarer.

„Und warum hast du so viel getrunken?“, fragte sie nach einer Weile.

„Keine Ahnung, hab ich vergessen. Wahrscheinlich wieder Stress mit Pansy, was auch immer.“

„Wir sollten langsam reingehen. Hier draußen wird’s langsam kalt“, schlug Ginny vor.

„Hm, hast wahrscheinlich recht“, antwortete Draco und versuchte aufzustehen. Als er Ginny aufhelfen wollte, fiel er jedoch wieder hin. Ginny fing laut an zu lachen.

„Das sah sehr graziös aus“, prustete sie.

„Haha, versuch doch selber hoch zu kommen“, sagte er schmollend, doch als Ginny eigene Versuche startete, fing auch er an loszulachen.

Nach einer geschätzten Stunde hatten es tatsächlich alle beide geschafft, sich aufzurichten und einigermaßen sicher zu stehen.

„Ich fühl mich wie ein Kleinkind, das gerade Laufen lernt“, meinte Draco immer noch lachend. Auch Ginny konnte noch nicht aufhören.

Sie stützten sich gegenseitig und machten sich auf den Weg zurück zum Schloss.

„Du bist eigentlich gar nicht so übel, wie alle immer sagen“, meinte Ginny, als sie den Eingang schon fast erreicht hatten.

„Oh, danke. Du bist auch ganz okay“, gab er als Antwort.

„Ja, auch danke.“

Einem plötzlichen Impuls folgend, löste Draco sich aus Ginnys Arm, drehte sie zu sich und lehnte ihren Rücken an die Wand. Erschrocken sah sie ihn an. Er hatte stahlblaue Augen. So schöne Augen hatte sie noch nie gesehen. Sie schien sich in ihnen zu verlieren und nie wieder zurück zu finden. Er strich ihr mit Hand über die Wange, dann über den Hals und vergrub sich schließlich in ihrem Haar. Sein Gesicht näherte sich ihrem immer mehr und auf einmal spürte sie seine Lippen auf ihren. Zuerst war sie einfach nur verwirrt, wusste nicht, was sie tun sollte, doch allmählich fand sie Gefallen an seinen weichen Lippen und erwiderte seinen Kuss. Seine Hände wanderten ihren Rücken rauf und runter, strichen über ihren Hals und durch ihr Haar. Sie konnte gar nicht anders als seine Berührungen genießen und in ihren aufzugehen.

Plötzlich löste Draco sich von Ginny, wich zurück und starrte sie entgeistert an. Ginny realisierte nur langsam, was gerade passiert war, doch je mehr sie verstand, desto geschockter war sie.

„Oh mein Gott“, flüsterte sie und bedeckte ihren Mund mit der Hand.

Draco nickte langsam, dann drehte er sich um und rannte in den dunklen Gang.

Ginny stand immer noch an der Wand. Sie war nicht in der Lage sich zu bewegen. Sie wusste nicht genau, was schlimmer war: Dass sie Draco Malfoy geküsst hatte oder dass es ihr wirklich gefallen hatte? Sie befand, dass es das einfachste wäre, einfach nicht mehr darüber nachzudenken. Sie schloss die Augen und sank an der Wand nach unten.
 

Fortsetzung folgt...

Warum stört mich das?

Als Ginny aufwachte, war das erste, was sie mitbekam ihre stechenden Kopfschmerzen. Ganz langsam setzte sie sich in ihrem Bett auf. Moment mal… ihr Bett? Wie war sie denn überhaupt in ihr Zimmer gekommen? Was war letzte Nacht eigentlich passiert? Ach ja, Harrys Geburtstagsparty… sie hatte sich zu Lavender Brown gesetzt und einen Feuerwhiskey nach dem nächsten in sich hineingeschüttet… sie wollte ins Bett… aber da war doch noch irgendetwas… Ginny konnte sich einfach nicht erinnern.

"Naja, wird dann wohl nicht so wichtig gewesen sein", sagte sie zu sich selbst, stieg aus dem Bett, suchte sich ihre Klamotten zusammen und ging hinunter in den Gemeinschaftsraum. Kein einziger Gryffindor war hier zu finden, deswegen setzte sich Ginny in einen Sessel vor dem Kamin, in dem ein warmes Feuer prasselte. Die Farben, in denen der Gemeinschaftsraum der Gryffindors gehalten war, hatten schon immer eine beruhigende Wirkung auf Ginny ausgeübt und so auch dieses Mal. Ginny hatte es geliebt, hier mit Harry zu sitzen und einfach ins Feuer zu schauen. Aber diese Zeiten waren vorbei, das musste sie sich endlich eingestehen…

"Ginny!"

Die Angesprochene schreckte hoch und schaute ruckartig zum Portrait der fetten Dame. Hermine kam gerade hindurch gekrochen.

"Meine Güte, erschreck mich nie wieder so", knurrte Ginny.

"Hey, alle haben sich Sorgen um dich gemacht. Ron hat dich bewusstlos am Eingangstor gefunden. Lavender hat gesagt, du warst total betrunken und wolltest eigentlich ins Bett. Warum warst du noch mal draußen?", fragte Hermine und ihre Stimme überschlug sich.

"Ich war draußen? Oh Gott, ich kann mich an nichts mehr erinnern. Hat Ron mich in mein Bett gebracht?"

"Ja, hat er. Von ihm wirst du dir noch was anhören dürfen, er war total aufgelöst, als er dich hier abgeliefert hat."

Ginny seufzte. Die Kopfschmerzen waren schon Strafe genug, da brauchte sie nicht auch noch einen Bruder, der meinte, sich um sie kümmern zu müssen…
 

Am späten Nachmittag, als Ginnys Kopfschmerzen endlich nachgelassen hatten (Rons Standpauke war dabei nicht gerade behilflich), beschloss sie in die Bibliothek zu gehen, um sich Bücher für ihren Aufsatz für Verwandlung auszuleihen. Sie ging gerade die endlos langen Reihen voller Bücher ab, als sie Hermine an einem der Tische erblickte. Natürlich war Hermine in der Bibliothek, wo auch sonst? Sie begrüßten sich kurz und Hermine gab ihr einige Tipps für ihren Aufsatz, als die Tür zur Bibliothek ein weiteres Mal auf und zu ging und ein großer blonder Junge hereinkam. Ginny drehte sich um, um zu sehen, wer der Neuankömmling war. Doch als sie Draco Malfoy erkannte, erstarrte sie.

Natürlich! Gestern Abend war wirklich noch etwas nach der Party passiert! Als Ginny wieder bewusst wurde, was sie letzte Nacht getan hatte, wurde ihr schwindelig. Sie musste sich am Tisch festhalten und ließ den Stapel Bücher fallen, den sie gerade mitnehmen wollte. Das Geräusch der fallenden Bücher erregte Dracos Aufmerksamkeit. Er riss die Augen auf, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte aus der Bibliothek. Ginny konnte nicht anders, als ihm hinterherzustarren.

"Ist alles in Ordnung?", hörte sie Hermine sagen.

Geistesabwesend hob Ginny die Bücher auf und verließ die Bibliothek, ohne auf Hermine zu achten.

Sie schlug den kürzesten Weg zurück zum Gryffindorturm ein. Sie wollte allein sein, sie musste über das Ereignis von letzter Nacht nachdenken. Sie hielt den Blick starr auf ihre Bücher gerichtet, sie wollte mit niemandem reden und war froh, dass sie auch niemand ansprach, den sie im Gang traf. Sie bog um eine Ecke und erreichte einen weiteren Gang, der zu den sich bewegenden Treppen führte, als sie plötzlich mit jemandem zusammenstieß, nach hinten stolperte und schließlich hinfiel, wobei sich die Bücher wieder auf dem Boden verteilten.

"Entschuldige bitte, ich habe dich nicht gesehen", stammelte Ginny, während sie ihre Bücher wieder einsammelte.

Als ihr Gegenüber nicht antwortete, wurde sie stutzig und blickte auf. Und wieder einmal sah sie in die sturmgrauen Augen von Draco Malfoy, der sie kalt von oben herab anstarrte. Langsam stand Ginny auf, sie hielt ihre Bücher fest umklammert. Sie konnte nicht sagen, ob sie verhindern wollte, dass die Bücher noch einmal herunterfielen oder ob sie selbst etwas brauchte, woran sie sich festhalten konnte. Ginny hielt Dracos Blick stand, auch wenn ihr bei der Kälte in seinen Augen eine Gänsehaut den Rücken hinunterlief. Gestern Abend hatte er sie ganz anders angesehen. Sein Blick war warm und zärtlich gewesen, doch davon konnte sie jetzt rein gar nichts mehr spüren. Seine Augen schienen in ihre Seele zu blicken, so durchdringend waren sie. Ginny wollte sich abwenden, doch sie konnte es nicht. Sie wollte einfach an ihm vorbeigehen, aber ihre Beine gehorchten ihr nicht. Und was war das für ein komisches Gefühl in ihrem Bauch?

"Das gestern war eine einmalige Sache, ein Unfall. Wir waren beide betrunken, also hat das nichts zu sagen. Es ist niemals passiert, verstanden? Wenn du es irgendjemandem erzählst, bist du in großen Schwierigkeiten, das verspreche ich dir!" Seine kalte Stimme ließ Ginny erschaudern. Sie zitterte immer noch, als er an ihr vorbeiging und sie wieder einmal allein im Gang stehen ließ. Nach einer Weile zwang sie sich weiter zu gehen, immer schneller zu gehen, bis sie schließlich rannte und völlig außer Atem vor dem Portrait der fetten Dame ankam, das Passwort herausschrie, sodass die Dame beiseite sprang und sie schnell durch das Loch schlüpfen konnte.

Warum hatten sie seine Worte dermaßen verletzt? Er hatte doch recht, sie waren betrunken gewesen und es war ein Unfall. Warum machte sie sich jetzt so viele Gedanken darüber? Es wäre doch das Beste, wenn sie einfach so täten, als wäre gar nichts passiert. Ginnys Magen verkrampfte sich. Warum tat es ihr so weh?

Den Aufsatz für Verwandlung konnte sie nun vergessen, ihre Konzentration war an diesem Tag endgültig dahin. Sie knallte die Bücher auf einen kleinen Tisch im Gemeinschaftsraum und ließ sich in einen Sessel fallen. Sie würde Hermine irgendwann fragen, ob sie ihr bei dem Aufsatz helfen könnte, dann wäre der Aufsatz ganz schnell fertig.

Doch nun saß sie mal wieder im Gemeinschaftsraum und hing ihren Gedanken nach.

"Ginny? Ginny! Ich rede mit dir!", sagte eine Stimme von ganz weit weg.

Ginny schreckte hoch.

"Hm? Oh, hallo Harry, entschuldige bitte, ich war in Gedanken", gab sie zur Antwort.

"Ja, das hab ich mitgekriegt", grinste Harry. "Was ist denn los? Du siehst schon den ganzen Nachmittag so nachdenklich aus."

"Ähm, ach nichts, ich mach mir nur Gedanken über meinen Aufsatz für Verwandlung, weißt du?", schwindelte sie.

"Ach so, kann ich verstehen, Professor McGonagall verlangt immer Übermenschliches. Du solltest dich ein bisschen ablenken. Hey, es ist ja noch nicht besonders spät. Was hälst du davon, wenn wir noch ein Butterbier trinken gehen? Das heitert dich bestimmt auf. Nur unter Freunden, versprochen. Was meinst du?" Harrys Lächeln wurde immer breiter.

Ginny zögerte. Sie fand es eine eher schlechte Idee, mit ihrem Exfreund etwas trinken zu gehen. Andererseits konnten sie sich nicht ewig aus dem Weg gehen und es wäre eine wirklich gute Ablenkung. Es wäre eine gute Gelegenheit, ihre Beziehung endgültig zu den Akten zu legen und wieder Freunde zu werden. Also gab sie sich einen Ruck, stimmte zu und machte sich mit Harry auf nach Hogsmeade.

Sie unterhielten sich eine ganze Weile über dies und jenes und Harry schaffte es wirklich, Ginny von ihren Gedanken abzulenken und sie zum Lachen zu bringen. Mit Harry zu reden war viel unkomplizierter als Ginny gedacht hatte und es tat gut, sich Harry wieder anzunähern.

Doch die gute Laune verflog augenblicklich als die Tür zum Eberkopf aufging und niemand anderes als Draco Malfoy hereinstolziert kam. Ginny verkrampfte sich und richtete ihre Augen auf ihr Butterbier, das sie umklammert hielt.

Was machte er denn schon wieder hier? Verfolgte er sie? Das konnte doch kein Zufall sein, dass er immer dann auftauchte, wenn sie gerade nicht an ihn dachte! Und warum machte es ihr überhaupt so viel aus? Früher hatte sie ihn auch immer gekonnt ignoriert, warum ging das jetzt nicht mehr? Lag es nur an dem einen Kuss? Warum zog sich ihr Magen schon wieder zusammen? Was war denn nur los mit ihr?

Noch einmal blickte sie in seine Richtung. Seine kalten Augen waren ebenfalls auf sie gerichtet. Er sah sie durchdringend an, als wollte er ihr sagen: "Halt bloß die Klappe, sonst mache ich dir dein Leben zur Hölle!"

Sie wendete sich schnell wieder ab, bevor sie das Gefühl bekam, wegrennen zu müssen.

"Ginny, alles in Ordnung?", fragte Harry besorgt.

"Ähm, ich, äh, ja…" Ginny seufzte. "Danke, dass du mich abgelenkt hast, Harry, aber ich glaub, ich geh jetzt wieder zum Schloss zurück, ich bin müde. Aber es war wirklich ein netter Abend." Sie warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu, was sie eigentlich auch gebraucht hätte.

Harry nickte nur und so standen sie auf und gingen zur Tür.

Draco verfolgte sie mit ihrem Blick. Ginny versuchte, nicht darauf zu achten und doch zuckten ihre Augen immer wieder zu ihm hin. Harry entging das nicht. Er sah besorgt zu Ginny hinunter, dann verfolgte er ihren Blick und als er sah, wie Malfoy Ginny beäugte, stieg Wut in ihm hoch. War sie wegen dieses Idioten so nervös? Warum sah er sie so an? Harry beschleunigte seine Schritte und schob Ginny zur Tür hinaus. Schweigend legten sie den Weg bis nach Hogwarts zurück. Im Gemeinschaftsraum angekommen, ging Ginny schnurstracks zur Treppe, die zu den Mädchenschlafsälen führte. Sie stieg auf die erste Stufe, dann hielt sie inne und drehte sich noch einmal um.

"Danke für den Abend. Du hast es wirklich geschafft, mich auf andere Gedanken zu bringen." Mit diesen Worten und einem Lächeln ging sie die Stufen hinauf und dieses Mal war sie es, die einen verdutzten Jungen einfach so stehen ließ.

Ungewöhnliche Einladung

Als Ginny am nächsten Morgen in die Große Halle zum Frühstück ging, kam ihr als erstes ein aufgeregter Harry entgegen.

"Ginny, ich brauch dich dieses Jahr unbedingt im Quidditch-Team. Wir müssen den Pokal halten!", plapperte er los.

"Dir auch einen guten Morgen, Harry. Danke der Nachfrage, ich hab recht gut geschlafen und du?", gab sie sarkastisch zurück.

Harry entspannte sich ein wenig und um seinen Mund spielte ein kleines Lächeln. Er hatte Ginnys Humor schon immer gemocht.

"Entschuldige", sagte er. "Es ist nur, dass ich heute eigentlich mit dem Training beginnen wollte, aber die Hälfte der Mannschaft weiß gar nichts davon, so wie du zum Beispiel. Außerdem hab ich ganz viele neue Spieler, die ich erst mal aussuchen muss. Könntest du mir eventuell dabei helfen?"

Ginny antwortete sicherer, als sie sich eigentlich fühlte. "Ja, natürlich", sagte sie. "Wann geht's denn los?"

"Gleich nach dem Frühstück. Tut mir leid, dass ich dich bitten muss, dich mit dem Essen ein wenig zu beeilen. Ich bin sicher, die meisten neuen Spieler sind schon unten auf dem Feld." Er blickte sie unsicher an.

Sie konnte nicht anders als zuzusagen. Mit diesem Hundeblick hatte er sie immer rumgekriegt.

Er bedankte sich fröhlich, verabschiedete sich und rannte aus der Großen Halle. Seufzend ließ sich Ginny am Gryffindortisch nieder, griff sich ein Stück Toast und begann es zu belegen. Wieder einmal war sie in Gedanken versunken. Das kam in den letzten Tagen ziemlich oft vor. Ein bisschen zu oft, wenn sie es genau nahm.

Jetzt war sie wieder im Quidditch-Team und auch noch Harrys rechte Hand. Das hieß, sie würde viel Zeit mit ihm verbringen, ob sie nun wollte oder nicht. Quidditch war mit Abstand ihr Lieblingssport und sie konnte sich für ihre sportlichen Fähigkeiten nicht gerade schämen. Vielleicht würde es ihr gut tun, wenn sie sich auf das Spiel konzentrierte. Und vielleicht würden Harry und sie wieder Freunde werden. Es konnte jedoch ebenso gut sein, dass sie sich wieder näher kamen, als Ginny lieb war. Na ja, sie würde wohl alles auf sich zukommen lassen müssen. Was blieb ihr auch anderes übrig?

Ginny griff sich den Kürbissaft und schenkte sich ein Glas voll ein. Als sie die Karaffe gerade wieder auf ihren Platz zurückstellte, schweifte ihr Blick hinüber zum Slytherintisch. Sie suchte ihn ab, ließ ihre Augen den Tisch auf und ab wandern, doch sie fand ihn nicht. Warum suchte sie überhaupt nach ihm? Warum suchte sich ausgerechnet nach Draco Malfoy? Er war ein Idiot, das hatte er ja wohl mehr als einmal bewiesen, also warum vermisste sie ihn so?

Ginny schlang ihr Toast runter, rannte wieder in den Schlafsaal, um ihre Quidditch-Ausrüstung zu holen und eilte hinunter in Richtung Quidditch-Feld. Auf halbem Weg durch die langen und verschlungenen Gänge von Hogwarts sah sie auf einmal eine Gestalt an der Mauer lehnen. Wartete da jemand auf sie? Ginny verlangsamte ihre Schritte, um zu sehen, wer dort stand. Die Gestalt stieß sich von der Wand ab und stellte sich mitten in den Gang. Jetzt erkannte sie ihn. Er war es. Und er hatte anscheinend wirklich nur auf sie gewartet. Ginny blieb einige Meter vor ihm stehen. Sie wusste nicht, was er wollte. Sie hatte Angst, er würde sie wieder so herablassend behandeln wie gestern, deswegen wollte sie ihm nicht zu nahe kommen.

"Hattest ja ein anregendes Gespräch mit Potter", sagte Draco kalt.

Ginny zuckte bei seinen Worten zusammen. Er war nicht so zärtlich wie an dem Abend, als sie sich geküsst hatten, er war wieder der alte Draco Malfoy, der seine Mitmenschen wie Dreck behandelte. Das würde sie sich aber nicht gefallen lassen. Sie war immerhin kein Hund. Ginny straffte ihre Schultern und versuchte ebenso kalt zu antworten wie er sie angesprochen hatte.

"Was interessiert dich das?", brachte sie mühevoll heraus.

"Hmm", sagte er nur und grinste. Seine Stimme wurde etwas weicher, was Ginny noch unsicherer werden ließ. "Morgen Abend, um 10, Astronomieturm."

Ginny verstand nicht und zog eine Augenbraue hoch.

Draco kam langsam auf sie zu, bis er nur noch wenige Zentimeter vor ihr stand. Er beugte sich zu ihr hinunter. Sein Mund war ganz nah an ihrem Ohr.

"Allein", flüsterte er, strich mit seinen Lippen über ihre Wange und ehe Ginny realisierte, was passiert war, war er auch schon verschwunden.

"Was sollte denn das jetzt schon wieder?", fragte sie sich, während sie über die Ländereien von Hogwarts ging und ihre Schritte in Richtung Quidditch-Feld lenkte.

Warum machte er so etwas ständig? Stimmte etwas mit ihm nicht oder mit ihr? Warum brachte er sie nur so durcheinander? Es war Draco Malfoy! Es könnte jeder andere sein, aber warum musste es denn ausgerechnet Malfoy sein? Das Schlimmste war jedoch, dass sie sich jedes Mal freute, wenn sie ihn sah. Ihr Herz schlug schneller, sie wurde nervös und unsicher. Und das gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie war auf dem besten Weg, sich in Draco Malfoy zu verlieben, aber das durfte ganz einfach nicht sein. Das wollte sie sich nicht eingestehen! Und doch würde sie morgen Abend punkt 10 im Astronomieturm sein. Das wusste sie ganz genau. Sie war gespannt, was sie erwartete. Sie musste auf alles vorbereitet sein. Vielleicht war es nur wieder einer seiner fiesen Streiche und er würde sie vor der ganzen Schule bloßstellen. Was zog man eigentlich an, wenn man wusste, dass man bloßgestellt würde? Darüber wurde sie sich später noch Gedanken machen. Jetzt hieß es einen kühlen Kopf bewahren und sich bloß nicht anmerken lassen, dass man gerade mit Draco Malfoy zusammengestoßen war, vor allem nicht, wenn Harry Potter in der Nähe war!

So locker wie möglich ging sie zu den Gryffindors hinüber, die sich auf dem Feld versammelt hatten. Sie begrüßte alle, stellte sich dann neben Harry und sah sich professionell schon mal die Neulinge an, die heute auf die Probe gestellt werden würden, während Harry wie immer seine große Rede hielt, bevor er zum Trainingsplan überging. Es waren recht viele Gryffindor dabei, die auch letztes Jahr im Team gewesen waren, doch es gab auch einige neue Gesichter. Es würde spannend werden, denn Harry war dafür bekannt, dass er Entscheidungen traf, die niemand erwartet hätte. Aber er war ein guter Kapitän, das hatte er schon bewiesen und Ginny schätzte sich glücklich, dass er sie zu seiner rechten Hand gemacht hatte.

Natürlich nahm auch Ron am Training teil. Er wollte sich ein weiteres Jahr als Hüter behaupten. Ginny hoffte, dass er nicht allzu große Konkurrenz bekommen würde, denn es machte Ginny Spaß mit ihrem großen Bruder zusammenzuspielen, zumal er ein wirklich guter Hüter war. Auch Seamus Finnigan hatte sich auf dem Feld eingefunden. Er wollte letztes Jahr schon ins Team, doch er hatte es nicht geschafft, da die Entscheidung auf eine Fünftklässlerin gefallen war, Christie Algatt, die wirklich eine ausgezeichnete Jägerin abgab. Wahrscheinlich würde sie wieder spielen dürfen, denn ihre ruckartigen Wende- und Ausweichmanöver machte ihr so schnell niemand nach.

Harry ließ Gruppen bilden, je nachdem in welcher Position die Gryffindors spielen wollten. Dann teilte er die Spieler gleichmäßig in Teams auf und ließ sie gegeneinander antreten. So hatte er es immer gemacht und so würde er es auch immer machen. Ginny ließ er nicht spielen, sie sollte die anderen beobachten, ihre Leistung bewerten und dann würden sie sich gemeinsam beraten, welche Spieler sie ins Team aufnehmen würden. Ginny hatte ihre Position als Jägerin sicher und Harry würde natürlich als Sucher auf das Quidditch-Feld zurückkehren.

Als die Trainingsspiele begannen, ließ Ginny ihren Blick aufmerksam über das Feld wandern. Sie hatte sich ebenfalls auf ihren Besen gesetzt und sich in die Luft erhoben, nun schwebte sie einige Meter über dem Feld, sodass sie alle Spieler gut im Auge behalten konnte.

Ron flog sichtlich angespannt um seine drei Ringe herum. Der Quaffel befand sich derzeit noch in der Mitte des Spielfelds, da sich die Jäger beider Teams wie wild auf ihn stürzten.

"Meine Güte, wir sind doch hier nicht beim Rugby", sagte sie zu sich selbst. Keiner der Jäger fiel ihr besonders ins Auge. Es war ein einziger Haufen aus Besen und Umhängen, auf diese Gryffindors würde ihre Wahl schon mal nicht fallen. Stattdessen richtete sie ihren Blick auf die Treiber aus Rons Team. Sie arbeiteten sehr gut zusammen, schossen sich die Klatscher immer wieder zu, um sie dann auf eine ausgewählte Person zu richten, die sie meistens sehr zielsicher trafen. Diese beiden würden in ihre nähere Auswahl kommen. Soweit Ginny wusste hieß einer der beiden Thomas Webber, ein Sechstklässler, mit dem sie meistens Unterricht, aber noch nie ein Wort gewechselt hatte. Die andere war eine Fünftklässlerin namens Stephanie Clearwater. Sie hatte Ginny ein ums andere Mal gebeten, ihr bei den Hausaufgaben zu helfen. Die Kleine war echt in Ordnung und schien zudem noch eine gute Treiberin zu sein.

Das erste Trainingsspiel endete. Ron hatte seine Sache wirklich gut gemacht und nachdem das Spiel einmal ins Rollen gekommen war, hatten die Jäger den gegnerischen Hüter ziemlich alt aussehen lassen. Ron war sichtlich zufrieden mit sich, er brauchte nur seine anfängliche Nervosität überwinden, dann konnte er zeigen, was er drauf hatte. Auch Harry war stolz auf seinen besten Freund. Er klopfte ihm auf die Schulter und lobte ihn für seine Manöver an seinen drei Ringen.

Die nächsten beiden Spiele waren nicht sehr ergiebig. Die meisten Gryffindors mussten sich wohl auf gut Glück bei Harry gemeldet haben, mehr als Freizeit-Quidditch konnte man das nicht nennen, was sie auf ihren Besen trieben.

Das letzte Spiel war sehr viel aufschlussreicher. Ein Jäger glänzte ziemlich heraus. Sein Name war Philipp Stone. Seine Schüsse waren die härtesten, die Ginny jemals gesehen hatte, außerdem trickste er den Hüter oft aus, um einen Punkt zu erzielen. Trotzdem war er ein Teamplayer. Obwohl er wusste, dass die anderen Schwierigkeiten hatten, den Quaffel gezielt zu platzieren, gab er den roten Ball oft ab, damit die anderen zum Zug kommen konnten und rief ihnen aufmunternde Worte zu, wenn sie nicht getroffen hatten. Außerdem war er ausnehmend hübsch, was ihm bei Ginny noch ein paar Pluspunkte einbrachte.

Harry erklärte das Training für beendet und er und Ginny zogen sich ein wenig von den anderen zurück, um sich zu beraten und das Team aufzustellen. Harry hatte fast dieselbe Meinung wie Ginny und so waren sie sich schnell einig. Als sie zurück zu den anderen gingen, verkündete Harry: "Okay Leute, ihr habt wirklich gute Arbeit geleistet heute, aber ihr wisst ja selber, dass nicht alle ins Team kommen können. Ginny und ich haben uns entschieden. Christie, Ron, Philipp, Stephanie und Thomas bleiben bitte noch, die anderen sind entlassen. Tut mir echt leid für euch. Ich hoffe, ihr seht euch trotzdem die Spiele an und fiebert kräftig mit. Danke an alle!"

Die Ausgewählten waren sichtlich erfreut über ihren Erfolg und schüttelten sich gegenseitig die Hände. Es war wirklich schön zu sehen, wie sich das Team zusammenfand. Das Training nach der Teamfindung machte richtig Spaß und dauerte bis in die Abendstunden. Als Harry sah, dass die Sonne schon langsam unterging, rief er seinen Teamkollegen zu: "Also gut, Leute, lassen wir's heute dabei. Ihr seid echt stark, ich bin stolz auf euch. Wenn wir weiter so trainieren, dann kann uns nichts auf der ganzen Welt unseren Pokal streitig machen!"

Das ganze Team jubelte bei seinen Worten. Langsam ließen sie sich wieder auf die Erde sinken, stiegen von ihren Besen und gingen zu den Umkleidekabinen. Ginny trödelte ziemlich herum. Als sie sich endlich umgezogen hatte und sich auf den Weg zum Schloss machte, war es schon dunkel geworden. Der Mond war schon hinter dem Schloss aufgegangen und tauchte die Türme in ein gespenstisches Licht. Als Ginny den Astronomieturm sah, schoss ihr wieder dieser eine Name durch den Kopf. Malfoy. Er wollte sich morgen Abend dort mit ihr treffen. Ob sie wirklich hingehen sollte? Erst jetzt bemerkte Ginny, dass sie während des ganzen Trainings nicht ein einziges Mal an Draco Malfoys Augen oder sein wunderschönes Gesicht gedacht hatte. Das mit der Ablenkung schien wirklich zu funktionieren.

"Ich sollte mich den ganzen Tag mit Quidditch beschäftigen"; sagte sie leise vor sich hin."

"Hey Ginny, nimmst du mich mit?", rief plötzlich eine Stimme hinter ihr.

Als sie sich umdrehte, erkannte sie Philipp, ihren neuen Jägerkollegen. Sie lief etwas langsamer, damit er zu ihr aufholen konnte.

"Du hast echt super gespielt. Deine Schüsse sind der absolute Hammer!", sagte er zu ihr.

"Danke, aber deine sind auch nicht von schlechten Eltern. Ich bin sicher, wir werden ein richtig gutes Team!", antwortete sie und streckte ihm ihre Hand entgegen.

Mit einem breiten Lächeln schlug er ein und gemeinsam legten sie den letzten Rest des Weges nach Hogwarts zurück. Sie brachten ihre Ausrüstung hinauf in den Gemeinschaftsraum und gingen wieder hinunter in die Große Halle, wo schon das Abendessen auf sie wartete.

Ginny suchte den Gryffindortisch ab. Sie entdeckte Hermine ziemlich schnell und setzte sich zu ihr.

"Na, wie war das Training?", fragte Hermine sofort.

"War wirklich klasse. Darf ich dir einen unserer neuen Jäger vorstellen? Philipp Stone", antwortete Ginny und lehnte sich ein wenig zurück, damit sich Philipp und Hermine begrüßen konnten. Dann erzählte Ginny Hermine von dem Training und Philipp warf hin und wieder ein paar Kommentare ein, um die Geschichte zu vervollständigen.

Während Philipp erzählte, ließ Ginny ihren Blick instinktiv zum Slytherintisch schweifen. Ja, da saß er. Er unterhielt sich gerade mit Blaise Zabini, der mit Draco im gleichen Jahrgang war. Sie erzählten abwechselnd etwas und lachten dann darüber. Er hatte wirklich ein hübsches Lachen, dabei blitzten seine Augen immer auf.

Als Ginny bemerkte, dass sie ihn die ganze Zeit anstarrte, erschrak sie über sich selbst und sah wieder auf ihren Teller, der immer noch halb voll war. Noch einmal wagte sie einen kurzen Blick hinüber zu ihm. Jetzt sah er sie auch an. Aber Ginny konnte den Blick nicht definieren. Sein Ausdruck war so wie immer. Ein verschmitztes Lächeln spielte um seine Lippen. Doch in seinen Augen lag etwas, das Ginny nicht definieren konnte. Es war nicht dieselbe Wärme, die in ihnen gelegen hatte, als sie sich geküsst hatten, aber sie waren auch nicht so kalt wie sonst. Etwas Sehnsüchtiges lag in ihnen. Ob er das Treffen genauso herbeisehnte wie sie? Moment, was dachte sie denn da schon wieder? Sie sehnte das Treffen doch nicht herbei. Oder doch?

Ginny konnte seinen Blick nicht länger ertragen. Wenn sie noch eine Sekunde länger in diese wundervollen Augen sehen würde, würde sie anfangen zu weinen, so verrückt spielten ihre Gefühle. Sie starrte wieder auf ihr Glas mit Kürbissaft, versuchte mitzukriegen, worüber sich Hermine und Philipp gerade unterhielten, um sich an dem Gespräch beteiligen zu können und nicht mehr an Draco Malfoys Augen denken zu müssen.

"Hast du keinen Hunger mehr?", fragte Philipp von der Seite und Ginny schrak aus ihren Gedanken hoch.

Verlegen sah sie auf ihren Teller, der sich immer noch nicht geleert hatte.

"Nein, nicht so wirklich. Ich glaube, ich geh' hoch in den Gemeinschaftsraum. Ich hab' meinen Aufsatz für Verwandlung immer noch nicht fertig", antwortete sie so ruhig wie sie konnte.

"Wirklich? Ich hab meinen noch nicht mal angefangen", sagte Philipp grinsend. "Sollen wir unsere Aufsätze zusammen machen? Ich hab sogar ein paar Bücher aus der Bibliothek geholt."

Das Angebot kam Ginny sehr gelegen. Ein wenig Hilfe konnte wirklich nicht schaden. Außerdem würde Philipp sie von Draco ablenken, ein positiver Nebeneffekt.

Ginny und Philipp saßen bis weit nach Mitternacht an ihren Aufsätzen. Es machte Spaß mit Philipp zu arbeiten. Er arbeitete konzentriert und hatte auch gute Ideen, doch von einer Sekunde auf die andere konnte er einen Schalter in seinem Kopf umlegen und dann brachte er Ginny zum Lachen, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.

Die Arbeit mit Philipp war angenehm, doch Ginny war trotzdem froh, als sie endlich den letzten Punkt setzen und zu Bett gehen konnte. Sie lag noch eine ganze Weile wach, den Blick zur Decke gerichtet. In ihrem Kopf tanzten immer wieder zwei sturmgraue Augen herum, das eine kalt und ausdruckslos, das andere voller Wärme und Zärtlichkeit. Die Augen begleiteten Ginny durch die Nacht und sogar, als sie am nächsten Morgen aufwachte, waren die Augen anwesend und ließen sie den ganzen Tag nicht in Ruhe.
 

Fortsetzung folgt

Ein ganz besonderer Abend

Ginny war den ganzen Tag nervös. Sie konnte nicht behaupten, dass sie sich nicht auf den Abend freute, aber sie wusste einfach nicht, was sie zu erwarten hatte.

Sie schleppte sich durch den Unterricht, hörte eigentlich gar nicht richtig zu und antwortete auch nur knapp, wenn sie angesprochen wurde.

Auf dem Weg zum Mittagessen vergrub Ginny ihr Gesicht in einem Buch und tat, als würde sie lesen, damit sie mit niemandem reden musste. Tatsächlich konnte sie sich überhaupt nicht auf den Text konzentrieren und sah die Buchstaben zusammenhangslos auf dem Pergament stehen. Ginny setzte sich ein wenig abseits von den anderen und schaufelte sich Pastete auf den Teller, damit niemandem auffiel, dass sie eigentlich keinen Hunger hatte und sie darauf ansprach. Immer wieder sah sie zum Slytherintisch hinüber, während sie in ihrem Essen herumstocherte und hin und wieder einen Bissen aß. Er beobachtete sie ebenfalls, doch weitaus weniger nervös als sie ihn.

Sie fragte sich, was er gerade dachte. Ob er sich etwas Bestimmtes ausgedacht hatte? Ob er sich schon überlegt hatte, wie er sie am besten bloßstellen konnte? Oder ob es wirklich ein ernsthaftes Date werden würde?

Ginny hatte genug von diesen Gedanken. Sie schob ihren Teller weg, stand auf, verließ die Große Halle und machte sich auf den Weg zum Quidditch-Feld. Harry hatte Training für diesen Nachmittag anberaumt, das kam Ginny sehr gelegen. So würde sie wenigstens auf andere Gedanken kommen.

Als Ginny das Feld erreichte, waren die meisten Gryffindor bereits anwesend. Harry kam aus der Umkleidekabine mit einem großen Stück Pergament in der Hand, welches er aufmerksam studierte. Wahrscheinlich hatte er die ganze Nacht an einer neuen Strategie gesessen und versucht, sie zu perfektionieren. Dieses Wochenende war das erste Spiel und ausgerechnet gegen Slytherin. Einerseits war es gut, dass Slytherin gleich ihr erster Gegner war, so waren alle hochmotiviert und mit vollem Einsatz dabei, doch andererseits spielte Draco Malfoy wieder als Sucher und somit würde Ginny mitunter auch gegen ihn antreten. Der Ehrgeiz trieb natürlich auch sie, doch sie war sich nicht sicher, ob sie sich richtig konzentrieren konnte, wenn er die ganze Zeit in ihrer Nähe herumflog.

Harry hielt wie immer seine Aufmunterungsrede für das Team, dann begaben sich die anderen hoch in die Lüfte, nur Ginny blieb noch zurück, immer noch in Gedanken, wie so oft in letzter Zeit. Harry entging dies nicht und er kam zu ihr herüber und klopfte ihr auf die Schulter.

"Ich weiß, dass du aufgeregt bist. Das sind wir alle. Aber ich bin ganz sicher, dass wir das schaffen. Du bist die beste Jägerin, die ich je gesehen habe!", sagte er aufmunternd und lächelte sie an.

Ginny erwiderte sein Lächeln. Zum Glück wusste er nicht, warum sie wirklich so aufgeregt war, also gab sie sich sicherer, als sie war.

"Ja, natürlich schaffen wir das", erwiderte sie. "Slytherin war schon immer ein harter Gegner, aber wir haben es ja bis jetzt immer geschafft, richtig?"

Harrys Lächeln wurde immer breiter. Er war stolz auf seine kleine Jägerin. Sie würde ihr absolut Bestes geben.

Einen Moment lang dachte Ginny, ein merkwürdiges Glitzern in Harrys Augen zu sehen. Doch da es so schnell wieder verschwand, wie es aufgetaucht war, dachte Ginny, sie hätte es sich nur eingebildet. Also griff sie zu ihrem Besen und stieß sich kraftvoll vom Boden ab. Sekunden später flog sie meterhoch über dem Boden und drehte einige Runden um die drei Ringe, die Ron bereits besetzt hatte.

"Ginny, du hast hier hinten nichts verloren", rief er ihr zu. "Du machst mich total nervös, verschwinde!"

"Entspann dich, Bruderherz!", rief sie zurück. "Konzentrier dich auf deinen Job, dann passt das schon."

Sie musste unweigerlich grinsen. Gerade sie sagte ihrem Bruder, er solle sich konzentrieren, und dabei hatte sie das Wort "Konzentration" seit ein paar Tagen aus ihrem Wortschatz gestrichen.

Und schon wieder erschienen die sturmgrauen Augen in ihrem Kopf und sahen sie zärtlich an. Wieder musste sie an den Abend denken, an dem Harry seinen Geburtstag gefeiert hatte. Sie lächelte, als sie sich daran erinnerte, wie sie draußen mit Malfoy im Gras saß und sie sich gegenseitig angelallt hatten, wie sie zusammen zum Schloss gewankt waren, wie sie sich gegenseitig gestützt hatten, wie sie zusammen darüber gelacht hatten und schließlich, wie er sie gegen die Mauer gedrückt hatte und wie sie in dem Kuss versunken war. Der Kuss, der ihr seit Tagen im Kopf herumgeisterte, den sie einfach nicht vergessen konnte, den sie immer noch so intensiv spürte und den sie so gerne wiederholen würde…

"Ginny! Spielst du nicht mit?", hörte sie eine Stimme. Philipp war neben sie geflogen und sah sie amüsiert an. "Es reicht nicht, das Spiel nur zu beobachten", sagte er grinsend. "Du bist eine Jägerin. Ein paar Tore deinerseits wären schon nicht schlecht. Immerhin hast du einen Ruf zu verteidigen."

Ginny rollte mit den Augen. Natürlich hatte sie einen guten Ruf als Jägerin, aber dass sie den jetzt schon verteidigen musste, war ihr komplett neu.

Sie sah Philipp an und wollte gerade etwas sagen, als sie den großen roten Quaffel auf sich zukommen sah. Sie flog schnell an Philipp vorbei, fing den Ball und schlug ihn mit voller Kraft in Richtung der drei gegnerischen Ringe. Er flog direkt durch den rechten Ring und Ginny konnte nicht anders als stolz auf sich zu sein. Immerhin hatte der Quaffel über die Hälfte des Weges über das Spielfeld zurücklegen müssen und trotzdem hatte sie getroffen. Philipp pfiff bewundernd durch die Zähne.

"Nicht schlecht", sagte er. "Vielleicht können wir Slytherin ja wirklich besiegen."

Wieder grinste er. Er tat das ziemlich oft, wie Ginny fand. Aber irgendwie jagte es ihr jedes Mal einen angenehmen Schauer über den Rücken.

Ginny sah wieder nach vorn. Genug mit den verwirrenden Gedanken. Sie hatten am Wochenende ein Spiel zu gewinnen!

Gerade als sie wieder losfliegen wollte, sah sie eine Gestalt, die langsam zum Schloss zurückging. Sie bildete sich ein, im Sonnenlicht das Schimmern des blonden Haares zu sehen. Hatte er sie beobachtet? Er wird doch nicht ihre Strategie ausspioniert haben, um sein Team darauf vorbereiten zu können? Es würde ihm zumindest ähnlich sehen. Aber wahrscheinlich sah Ginny jetzt schon Gespenster. Dieser Junge würde sie noch in den Wahnsinn treiben.

Der Rest des Trainings verlief wie immer. Ginny zwang sich, Draco Malfoy aus ihren Gedanken zu verbannen und war voll beim Verlauf des Spieles. Sie lieferte sich mit Philipp ein regelrechtes Torduell. Ginny gab sich die größte Mühe, vor allem auch, da es ihr Spaß machte, Tore zu schießen, doch am Ende erlag sie Philipp. Er hatte bessere Manöver drauf und konnte den Torhüter öfter austricksen. Somit gewann er ihr kleines Duell.

Nachdem die Sonne untergegangen war, beendete Harry das Training. Ginny machte sich zusammen mit Christie auf den Weg zum Gemeinschaftsraum.

"Wow, das Training war super. Philipp und du, ihr seid ein klasse Team!", sagte Christie euphorisch. "Ob sie noch etwas zu Essen für uns aufgehoben haben? Ich hab' einen Bärenhunger."

Entsetzt schaute Ginny auf die Uhr.

"Ach du Schande, es ist ja schon fast um 10!", quiekte sie.

"Ja und?", fragte Christie überrascht.

"Ich muss los", sagte Ginny und rannte.

Sie war schon halb auf dem Weg zum Astronomieturm, als sie bemerkte, dass sie immer noch ihre Schuluniform trug. So konnte sie ihm unmöglich gegenüber treten. Sie musste noch einen Abstecher zu ihrem Kleiderschrank machen, die Verspätung musste sie in Kauf nehmen.

Sie stürmte durch den Gemeinschaftsraum, hechtete die Stufen zu ihrem Schlafsaal hinauf und blieb vor ihrem Kleiderschrank stehen. Hermine, die auf ihrem Bett gerade ein Buch las, schreckte hoch, als sie die schwer atmende Ginny vor sich sah.

"Was ist denn mit dir passiert?", fragte Hermine.

"Ähm", brachte Ginny hervor, während sie eine dunkle Röhrenjeans und eine blaue Bluse aus dem Schrank nahm. "Ich hab leider keine Zeit. Ich erklär's dir später okay?"

Ohne auf eine Antwort zu warten, stürzte Ginny ins Bad und zog sich um. Ein Blick in den Spiegel sagte ihr, dass sie wirklich durcheinander aussah. Ihre feuerroten Haare waren zerzaust und standen an einigen Stellen ab. Sie griff zur Bürste, sortierte ihre Haare und entschied sich am Ende doch dazu, sie zusammenzubinden. Sie erneuerte ihr Make-up und nachdem sie sich für einigermaßen annehmbar hielt, verließ sie das Badezimmer, warf ihre Schuluniform auf ihr Bett und machte sich auf den Weg zu ihrer Verabredung.

Warum bretzelte sie sich eigentlich so auf? Warum wollte sie unbedingt gut aussehen? Wollte sie ihn beeindrucken? Konnte sie ihn überhaupt beeindrucken? Er war immer so kalt, er würde sich also auf gar keinen Fall irgendetwas anmerken lassen. Aber warum, verdammt nochmal, war ihr die Verabredung mit Draco so wichtig?

Bei ihren wirren Gedanken merkte Ginny nicht, dass sie sich bereits am Fuß der Treppe zum Astronomieturm befand. Als sie die erste Stufe hochstieg, wurde sie wieder wach. Ihr Herz schlug unheimlich schnell, kalter Schweiß brach ihr aus und sie wollte wieder umdrehen und die ganze Sache vergessen. Doch da hörte sie schon seine Stimme von weiter oben.

"Du kommst spät."

Langsam hob sie ihren Kopf und sah ihn an. Draco lehnte lässig am Geländer und schaute auf sie herab. Er trug eine schwarze Jeans und einen engen, ebenfalls schwarzen Pullover, der seine blasse Haut und seinen gut gebauten Körper betonte. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Doch dieses Mal war es nicht das fiese Grinsen, welches sie immer auf seinem Gesicht fand, wenn er wieder jemanden piesackte. Es war eher ein amüsiertes Lächeln. Amüsiert darüber, dass sie so unsicher war und nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte.

Draco stieß sich vom Geländer ab und kam die Stufen herunter, eine Hand in der Hosentasche, mit der anderen strich er am Geländer entlang. Ginny wollte ein paar Schritte zurückweichen, doch ihre Beine gehorchten ihr nicht.

Einen Meter vor ihr blieb er stehen. Sie sah ihm immer noch in die Augen. Sie waren nicht kalt, nicht heute. Sie waren jedoch auch nicht so zärtlich, wie an Harrys Geburtstag. Ginny konnte den Ausdruck nicht definieren, er schreckte sie aber auch nicht ab.

Ginny konnte nicht sagen, wie lange sie so standen und sich einfach nur ansahen, doch auf einmal streckte er ihr seine Hand entgegen. Sie legte ihre Hand in seine und er zog sie mit sich die Stufen hinauf in den Turm. Ginny traute ihren Augen nicht, als sie schließlich ins Klassenzimmer traten. Draco hatte sich wirklich alle Mühe gegeben. Die Tische und Stühle waren verschwunden und stattdessen war der Raum mit einem gemütlichen Sofa mit Sitzkissen und Wandteppichen ausgestattet. Auch Professor Trelawneys starker Geruch war verschwunden, stattdessen nahm Ginny nur Dracos angenehmen Duft wahr, der den Raum ausfüllte.

Draco ließ ihre Hand los, ging in den Raum hinein und setzte sich auf das Sofa. Er ließ sie dabei nicht aus den Augen und wartete, was sie als nächstes tun würde.

Ginny war einfach sprachlos. Hatte er das für sie gemacht? Wo steckte der Witz hinter der ganzen Sache? Wann würde er anfangen, sie auszulachen, weil sie so naiv gewesen war und das alles ernst genommen hatte? Sie wartete, doch trotzdem passierte nichts. Draco sah sie immer noch unverwandt an, sein Gesicht war ausdruckslos, er musterte sie einfach nur.

"Wie lange willst du da noch rumstehen und dich umsehen?", fragte Draco nach einer ganzen Weile. "Ist etwas nicht in Ordnung?" Sein Blick war unverändert. Hätte Ginny nicht gesehen, dass er seinen Mund bewegt hatte, hätte sie nicht geglaubt, dass er etwas gesagt hatte.

"Na ja, ich frag mich immer noch, ob du das ernst meinst oder ob es nur wieder ein hinterhältiger Trick ist", sagte sie leise.

"Warum sollte es ein Trick sein?", fragte er ungläubig.

Ginny zuckte mit den Schultern. Ja, warum sollte es eigentlich ein Trick sein? Warum konnte ein Junge nicht an ihr interessiert sein, ohne dass sie es hinterfragte? Oh ja richtig, weil es Draco Malfoy war!

"Willst du dich nicht setzen?", sagte Draco und deutete mit seiner Hand neben sich auf die Couch.

Ginny zögerte, doch dann gab sie sich einen Ruck.

'Hör endlich auf, dir Gedanken zu machen und setz dich zu ihm und genieß den Abend! Du verhältst dich wie eine verknallte 13-jährige!', dachte sie, schüttelte kaum merklich den Kopf und ging hinüber zu Draco. Sie setzte sich hin und lehnte sich in die weichen Kissen. Es war wirklich bequem und Ginny begann sich wohl zu fühlen. Doch sie wusste immer noch nicht, was aus diesem Abend werden sollte.

Eine Weile lang sagte niemand etwas, doch dann war es wieder Draco, der die Stille durchbrach.

"Also, warum sollte ich das hier nicht ernst meinen sollen?", fragte er ruhig.

"Ich weiß nicht", antwortete Ginny unsicher. "Du bist Draco Malfoy."

"Hast du ziemlich gut erkannt", sagte er stolz, lehnte sich zurück und legte den Arm über die Rückenlehne des Sofas, wobei seine Hand ziemlich nah an Ginnys Schulter zum Liegen kam. "Und weil ich Draco Malfoy bin, darf ich natürlich mit keinem hübschen Mädchen ein ganz normales Date haben", stellte er trocken fest.

"Na ja", sagte Ginny und wurde immer selbstbewusster, da es so leicht war mit Draco zu reden. "Man würde zumindest nicht erwarten, dass du dich mit einem Mädchen aus Gryffindor verabredest und dann auch noch mit einer Weasley. Ich dachte, du hast deine Prinzipien."

Draco musste grinsen und Ginny erwiderte es.

"Vielleicht habe ich meine Prinzipien geändert", sagte Draco amüsiert. "Man kann nie wissen, nicht wahr?"

Draco rutschte näher an Ginny heran, immer näher. Ginny wollte zurückweichen, doch sie saß schon am Rand der Couch. Aufstehen konnte sie auch nicht, da seine Beine ihr den Weg blockierten. Damit hätte Ginny nicht gerechnet. Als sie wieder aufsah, war sein Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt. Ihre hellbraunen Augen sahen direkt in seine grauen. Wieder lag diese Zärtlichkeit in ihnen, doch diesmal war es um einiges intensiver, als das letzte Mal. Und wieder verlor Ginny sich in seinen Augen. Sie konnte nichts dagegen tun. Sie wollte nichts dagegen tun. Wie automatisch hob sie ihre Hand und strich Draco sanft über die Wange. Er schien zuerst überrascht darüber zu sein, dass sie sich auf einmal nicht mehr gegen ihn wehrte, doch dann wurde sein Ausdruck wieder wärmer. Er legte seinen Arm um ihre Hüfte und zog sie näher an sich heran, ehe er seine Lippen auf ihre legte. Ginny schloss die Augen und ließ sich einfach in seine Arme sinken. Ihre Hand wanderte von seiner Wange, über seinen Hals, seine muskulöse Brust und den Bauch hinunter, dann den Rücken wieder hinauf. Auch Dracos Hände erkundeten ihren Körper. Sie wanderten ihren Oberschenkel entlang, die Arme hinauf zu ihrem Hals, bis sie zärtlich in ihre Haare griffen und den Zopf lösten, damit das lange rote Haar über ihre Schultern fallen konnte. Seine Lippen wurden fordernder, umschmeichelten ihre. Mit der Zunge tippte er leicht gegen ihren Mund, sie öffnete diesen ein wenig und gewährte seiner Zunge Einlass. Sie spielten eine Weile miteinander, bis Draco sich nach vorn lehnte und Ginny sanft in die Kissen des Sofas drückte.

Kurz löste Draco den Kuss und sah Ginny an. Er wusste nicht, wie weit er gehen konnte, doch der Ausdruck in Ginnys Augen sagte ihm, dass er noch etwas Spielraum hatte.

Wieder küsste er sie. Nicht vorsichtig diesmal, sondern leidenschaftlicher. Und sie erwiderte seinen Kuss. In diesem Moment gab es nichts weiter auf der gesamten Welt außer sie und ihn. Dieser Moment hätte ewig andauern können.

Dracos Hände wanderten wieder über Ginnys Körper, strichen an ihrer Hüfte hinauf und kamen schließlich bei ihrer Brust an. Langsam öffnete er die oberen Knöpfe ihrer Bluse. Als Ginny das mitbekam, schrillten sämtliche Alarmglocken in ihrem Kopf auf. Was tat sie hier eigentlich? War sie kurz davor, mit Draco Malfoy zu schlafen? Na ja, warum eigentlich nicht? Er gab ihr so ein wunderschönes Gefühl. Sie fühlte sich begehrt und gewollt und seit langem tanzten endlich einmal wieder Schmetterlinge in ihrem Bauch. Außerdem sah er unheimlich gut aus und seine Zärtlichkeit war eine Seite an ihm, die sie nicht einmal für möglich gehalten hätte. Was würden ihre Eltern dazu sagen? Und Harry? Und Hermine? Ron würde sie umbringen, wenn er etwas davon mitbekommen würde. Aber warum sollte er überhaupt etwas davon mitbekommen? Es könnte ihr süßes kleines Geheimnis werden. Aber wer sagte ihr, dass er es wirklich ernst meinte und dass sie nicht nur eine seiner vielen Affären in Hogwarts sein würde? Vielleicht würde morgen schon die ganze Schule wissen, dass er sie verführt hatte. Nein, sie konnte es ganz einfach nicht, nicht jetzt, nicht wenn sie so unsicher war!

"Warte", sagte sie atemlos.

Draco hielt sofort in seiner Bewegung inne. Er hatte die Bluse inzwischen ganz aufgeknöpft und wollte sie Ginny gerade abstreifen, als sie ihm Einhalt geboten hatte.

"Was ist?", fragte er ruhig und sah ihr direkt in die Augen. Diese wunderschönen grauen Augen, die Ginny so oft im Traum gesehen, die sie so oft im Kopf gehabt hatte.

"Ich kann nicht", sagte sie einfach nur, schob ihn sachte von sich weg und knöpfte ihre Bluse wieder zu.

Sie stand auf, wollte einfach nur gehen, doch als sie die Falltür erreicht hatte, drehte sie sich noch einmal um und sah ihn an. Er hatte sich nicht bewegt. Er saß immer noch so auf der Couch, wie sie ihn zurückgelassen hatte. Sie hatte ihn verletzt, das wusste sie. Sie war sich nicht sicher, ob er nur in seinem Stolz verletzt war oder ob sie wirklich seine Gefühle getroffen hatte. Doch es ging nicht anders. Sie konnte nicht, sie war nicht bereit. Und der wichtigste Grund: Er war Draco Malfoy.

Das erste Quidditch-Spiel

Ginny dachte die ganze restliche Woche darüber nach, was an dem Abend mit Draco hätte passieren können. Sie redete mit niemandem darüber. Nicht einmal Hermine konnte sie es erzählen, zu viel Angst hatte sie vor dem geschockten Gesichtsausdruck ihrer besten Freundin.

Ihr einziger Hoffnungsschimmer war das regelmäßige Quidditch-Training. Dabei konnte sie sich immer ablenken und das Spiel mit ihrem Team machte ihr einfach Spaß. Wenn sie dann jedoch an das Spiel gegen Slytherin dachte, das Samstag anstand, wurde ihr wieder übel. Seit Dienstagabend versuchte sie, Draco aus dem Weg zu gehen, was soweit auch gelang. Doch am Wochenende würde sie ihm gegenüberstehen müssen, ob sie nun wollte oder nicht. Wahrscheinlich steigerte sie sich deswegen so in das Training hinein.

Ginny und Philipp trugen immer noch ihre kleinen Torduelle aus, sehr zum Vergnügen der anderen, da sich Ginny jedes Mal höllisch ärgerte, wenn sie gegen Philipp verlor.

Der große Tag rückte immer näher und Ginny wurde zusehends nervöser, was sie aber glücklicherweise auf das Spiel schieben konnte, sodass niemand merkte, dass sie in Wirklichkeit Angst hatte, Draco wiedersehen zu müssen.

Sie wusste nicht, was sie ihm gegenüber fühlte. Seine Küsse brachten sie jedes Mal um den Verstand und sie hatte das kleine Date mit ihm wirklich genossen, aber sie war stolz auf sich, dass sie sich nicht hatte von ihm verführen lassen. Dann wäre sie nicht besser gewesen, als seine ganzen anderen Betthäschen. Und sie stellte für ihn sicherlich nichts anderes dar. Nur dieses Mal war es eine größere Herausforderung, weil sie eine Gryffindor und noch dazu eine Weasley war.
 

Es war Freitag. Harry hatte noch einmal Training angesetzt, um die Strategie zu besprechen und die letzten taktischen Fehler zu beheben. Allen war die Anspannung anzusehen, doch Harry machte ihnen wie immer Mut.

"Wir können Slytherin schlagen", sagte er. "Wir konzentrieren uns heute nochmal richtig auf unsere Flugfähigkeiten und auf unsere Taktik. Die Jäger üben Torschüsse mit Ron. Die Treiber üben das richtige Platzieren der Klatscher. Wir werden dafür ein paar bewegliche Ziele herbeizaubern. Ich jage dem Schnatz so lange hinterher, bis ich mir sicher bin, dass ich ihn in jeder kleinen Ecke entdecken kann. Ich verlasse mich auf euch. Wir sind ein super Team und wir schaffen das, alles klar?!"

Das gesamte Team applaudierte. Harry verstand es wirklich, sie alle aufzubauen und Ginny bewunderte diese Eigenschaft an ihm. Sie würde ihn nicht enttäuschen. Sie würde Slytherin - und somit Draco Malfoy - zeigen, wer den Quidditchpokal verdient hatte!

Sie trainierten bis Sonnenuntergang. Harry beendete das Training und befahl allen, sofort ins Bett zu gehen, damit sie am nächsten Tag fit wären. Ginny machte sich zusammen mit Philipp auf den Weg zurück zum Schloss. Sie war geschafft und doch kreisten ihre Gedanken immer wieder um das Quidditchspiel. Sie knibbelte unruhig an ihren Fingern herum, was Philipp nicht entging.

"Hey, mach dir keine Sorgen wegen des Spiels", sagte er ruhig und legte seinen Arm um ihre Schulter. "Wir kriegen das hin."

Ginny sah ihn an. Irgendetwas an seinen Worten beruhigte sie tatsächlich ein wenig. Vielleicht lag es aber auch daran, dass seine Nähe sie ein wenig wärmte. Sie nickte nur und legte ihren Arm um seine Hüfte. Er zog sie ein wenig näher zu sich heran und zusammen betraten sie das Schloss.

Was sie nicht wussten, war, dass sie beobachtet wurden.
 

Ginny lag in dieser Nacht noch lange wach in ihrem Bett. Sie wälzte sich herum und bekam diese verdammten grauen Augen nicht aus ihrem Kopf. Warum sahen sie sie immer wieder so an? Was hatte sie denn nur getan, dass sie diese Augen bis in ihre Träume verfolgten? Womit hatte sie das nur verdient?

Sie drehte sich wieder herum.

"Ginny?", flüsterte Hermine neben ihr. "Bist du wach? Hast du schlecht geträumt?"

Ginny setzte sich auf.

"Was?", antwortete sie. "Nein, nicht schlecht geträumt. Ich hab noch gar nicht geschlafen."

"Stehst du so sehr unter Druck wegen des Spiels morgen?" Hermine wirkte immer noch verschlafen. Wahrscheinlich hatte Ginny sie aufgeweckt, als sie sich im Bett herumgeworfen hatte.

"Ich hab dich geweckt, stimmt's?", fragte Ginny verunsichert.

"Ist schon okay", sagte Hermine leise.

Hermine setzte sich nun ebenfalls auf.

"Also", setzte Hermine noch einmal an. "Was ist los mit dir?"

"Nichts", stotterte Ginny. "Na ja, das Spiel morgen… und ausgerechnet gegen Slytherin und…"

"Ich verstehe", unterbrach Hermine sie. "Slytherin war schon immer der härteste Gegner, aber ihr habt so hart trainiert. Ihr müsst es einfach schaffen."

"Wenn du wüsstest…", sagte Ginny mehr zu sich selbst.

Hermine lächelte sie an. Ginny sah auf ihre Hände, sie knibbelte schon wieder daran herum.

"Hör mal, Ginny, mach dir keine Gedanken wegen morgen. Philipp unterstützt dich sicherlich."

"Natürlich tut er das", sagte Ginny genervt. "Er ist immerhin auch ein Jäger, also es wär schon nicht schlecht, wenn wir zusammen arbeiten würden."

"Ähm, das war nicht ganz, was ich meinte", antwortete Hermine amüsiert.

"Was denn dann?" Ginny wurde immer aufbrausender.

"Also wirklich, Kleines, es ist doch offensichtlich, dass er dich mag."

"Ich mag ihn auch, und?"

"Man kann sich aber auch wirklich dumm stellen", seufzte Hermine. "Ich glaube, er möchte nicht dein Kumpel sein…"

"Was redest du da für einen Blödsinn? Er ist doch mein Kumpel!"

"Verdammt, Ginny, er ist in dich verliebt!"

Ginny wollte gerade etwas erwidern, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Das meinte Hermine doch jetzt nicht ernst?! Philipp und in sie verliebt? So ein Quatsch! Sie spielten zusammen Quidditch, machten immer mal zusammen Hausaufgaben und unterhielten sich, wenn sie sich auf dem Gang begegneten, aber das war auch schon alles. Er war doch wie ein Bruder für Ginny, er konnte nicht in sie verliebt sein, das würde alles kaputt machen.

Ginny ließ sich zurück in die Kissen fallen. Hermine lehnte sich ebenfalls zurück, ein zufriedenes Lächeln auf ihrem Gesicht. Wahrscheinlich dachte sie, sie hätte Ginny einen Gefallen getan. Wie falsch sie doch lag. Wenn sie die Wahrheit wüsste, würde sie sicherlich anders reagieren. Doch stattdessen wickelte sie sich wieder in ihre Decke und ließ Ginny allein mit ihren wirren Gedanken.
 

Als Ginny am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich das erste Mal seit Tagen wirklich ausgeruht. Sie wusste nicht, woran es lag. Vielleicht an der Vorfreude auf das kommende Spiel, vielleicht auch, weil es die erste Nacht war, in der die grauen Augen sie in Ruhe gelassen hatten.

Leichtfüßig sprang sie aus ihrem Bett, schnappte sich ihre Quidditchausrüstung und ging hinunter in den Gemeinschaftsraum. Wie Ginny erwartet hatte, war dieser wie leer gefegt. Wahrscheinlich befanden sich schon alle auf den Zuschauerrängen auf dem Quidditchfeld. Schnell kletterte Ginny durch das Porträtloch und ging durch die Gänge hinunter zur Eingangshalle. Sie bog um eine Ecke, als plötzlich jemand die Hand nach ihr ausstreckte, sie am Arm griff, hinter eine Rüstung zog und ihr mit der Hand den Mund zuhielt, damit sie keinen Laut von sich geben konnte. Im ersten Moment war Ginny so überrascht, dass sie vergaß zu atmen. Sie wehrte sich gegen ihren Angreifer, doch er war einfach zu stark. Als Ginny dann den wohlbekannten, verführerischen Duft einatmete, begann sie sich zu entspannen.

"Du kannst ja eine richtige Kratzbürste sein", sagte Draco und ließ Ginny langsam los. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn vorwurfsvoll an.

"Einfach zu mir zu kommen und mit mir zu reden ist wohl zu unoriginell für dich", gab sie zurück.

"Wie soll man mit dir reden, wenn man dich nirgendwo findet?"

Ginny wusste keine Antwort. Natürlich hatte er nicht mit ihr reden können. Sie hatte ja dafür gesorgt, dass er sie nicht zu Gesicht bekam.

Als sie gerade antworten wollte, verschloss Draco ihre Lippen mit seinen. Das zweite Mal in fünf Minuten schaffte er es, sie zu überraschen und zum Schweigen zu bringen. Wahrscheinlich war er der einzige Mann auf der gesamten Welt, der das fertig brachte.

Ginny zerfloss in dem Kuss, sie vergaß alles um sich herum, so wie sie es immer tat. Doch dann erinnerte sie sich wieder an den Abend mit Draco im Astronomieturm. Sie stieß ihn von sich. Er sah sie mit großen Augen an.

"Lass das", begann Ginny. "Ich… ich kann nicht."

Draco seufzte und kam auf sie zu.

"Warum gibst du's nicht einfach zu?", erwiderte er. "Warum gibst du nicht zu, dass da etwas zwischen uns ist? Warum gibst du nicht zu, dass du Gefühle für mich hast?" Seine Stimme zitterte. Ginny konnte die Verzweiflung heraushören.

Doch es war nicht wahr. Es war nicht die Wahrheit.

"Nein", sagte sie leise, doch unsicher. "Ich habe keine Gefühle für dich." Sie schüttelte wild mit dem Kopf, drehte sich um und rannte aus dem Schloss. So schnell sie konnte lief sie hinunter zum Quidditchfeld. Die anderen warteten schon ungeduldig auf sie.

"Ginny" Christie kam ihr entgegen. "Wo warst du? Du bist total spät dran. Beeil dich, in zehn Minuten geht das Spiel los. Oh, und Harry möchte dich sehen."

Ginny hörte gar nicht richtig zu. Alles, was sie verstand, war "zehn Minuten", "Spiel" und "Harry". In Windeseile zog sie sich um und stürmte aus der Umkleide. Harry kam gerade von der anderen Seite des Spielfeldes. Er war wohl gerade noch einmal bei Hermine gewesen und sie hatte ihm und seinem Team viel Glück gewünscht. Nun kam er auf Ginny zugerannt. Er schien sehr nervös.

"Ginny, wo warst du? Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr, so nervös wie du die ganzen letzten Tage warst!", sagte er völlig außer Atem.

"Es tut mir leid", brachte Ginny hervor.

"Wir gewinnen dieses Spiel, richtig?" Er sah sie aufmunternd an.

Ginny musste lächeln. Natürlich würden sie gewinnen. Sie nickte.

Harry lächelte zurück und nahm Ginny in den Arm.

"Das Team braucht dich", flüsterte er. "Ich brauche dich."

Harry löste sich von ihr, lächelte ihr noch einmal kurz zu und ging dann zu den anderen, um sie auf das Feld zu führen. Ginny dachte über seine Worte nach. Ja, sie würden gewinnen. Ginny würde für Harry gewinnen. Sie fasste sich ein Herz und ging ebenfalls zu den anderen hinüber. Jeder einzelne lächelte ihr zu und sprach aufmunternde Worte, als Ginny an ihnen vorbeiging. Sie stellte sich neben Philipp, direkt hinter Harry und hob stolz ihr Kinn. Stolz und Mut waren es, die einen Gryffindor auszeichneten und sie war eine richtige Gryffindor.

"Wir treten Slytherin richtig in den Hintern", sagte sie zu Philipp, der augenblicklich laut auflachte.

"Ich weiß nicht, wo deine plötzliche Gewalttätigkeit herkommt", antwortete er. "Aber das gefällt mir."

Harry lief los, alle anderen folgten ihm. Als das Publikum die wehenden roten Umhänge sah, brach es in donnernden Applaus und Jubelrufe aus. Die Quidditchspieler schwangen sich auf ihre Besen, stießen sich vom Boden ab und flogen über das gesamte Feld. Auch das Slytherinteam hatte das Feld betreten, angeführt von Draco Malfoy, der sich stolz und kalt wie immer umsah, seinem Team zunickte und sich dann ebenfalls in die Luft erhob. Die grünen und roten Umhänge umkreisten sich, riefen sich gegenseitig Beleidigungen zu, um einander zu verunsichern.

Madame Hooch öffnete die große Kiste mit den vier Bällen. Zuerst ließ sie die Klatscher frei, die sofort davonschossen, auf der Suche nach dem ersten Opfer. Als nächstes befreite sie den Schnatz. Ginny konnte nur ein goldenes Schimmern ausmachen, das sofort wieder verschwand. Dann nahm Madame Hooch den Quaffel in die Hand.

"In wenigen Sekunden geht das Spiel los", sagte sie mit magisch verstärkter Stimme. "Ihr seid alt genug, um zu wissen, dass man fair gegeneinander zu spielen hat. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt. Oh, und ich wünsche euch, dass niemand im Krankenflügel wieder aufwacht."

Mit diesen Worten schleuderte sie den roten Ball in die Luft und pfiff das Spiel an. Die Jäger schossen auf den Quaffel zu, die Hüter machten sich in ihren Toren bereit und die beiden Sucher sahen sich auf dem Spielfeld um, um vielleicht schon einen Hinweis auf den goldenen Schnatz zu erhaschen.

Christie war diejenige, die als erstes beim Quaffel war und ihn auffing, doch sofort wurde sie von einem gegnerischen Jäger beiseite gestoßen und der rote Ball fiel ihr aus der Hand. Der Slytherin sauste auf Ron zu und warf den Ball mit aller Kraft in Richtung der Ringe. Ron hatte den Schuss schon fast abgewehrt, als er einen Klatscher auf sich zukommen sah, auswich und somit den Quaffel verfehlte, der durch den rechten Ring flog.

10:0 für Slytherin.

"Verdammt", schrie Ron über das gesamte Feld.

"Hey, bleib ruhig", rief ihm Harry zu. "Das war gerade mal der erste Punkt. Entspann und konzentrier dich, okay?"

Ron nickte und begann wieder, seine drei Ringe zu umkreisen.

Nun war es an der Zeit, dass Gryffindor zurückschlug. Ginny bekam den Quaffel in die Hände, flog los, wich einem Klatscher aus und steuerte auf die Ringe der Slytherins zu. Alle drei Jäger der gegnerischen Mannschaft wollten sie gerade einkesseln und ihr den Ball abnehmen, als jemand Ginnys Namen schrie. Die Angesprochene erkannte Philipp, der ein paar Meter unter ihr flog. Sie warf ihm den Ball zu, die drei Slytherin-Jäger fluchten und nahmen nun Kurs auf Philipp, der sich den gegnerischen Ringen immer weiter annäherte. Ginny flog ebenfalls in diese Richtung, um Philipp zu Hilfe zu kommen, falls dies nötig war. Und das war es, denn kurz bevor er schießen konnte, bemerkte er die grünen Umhänge um ihn herum, die ihn mit aller Macht aufhalten wollten. Philipp warf Ginny einen kurzen Blick zu, diese verstand sofort und flog noch ein paar Meter an die Ringe heran. Philipp täuschte einen Wurf an, die Slytherin-Jäger schossen an ihm vorbei, um den vermeintlichen Wurf aufzuhalten, doch stattdessen schoss er Ginny den Quaffel zu, die ihn mit dem Ende ihres Besens in Richtung der Ringe schleuderte und mitten durch den linken Ring traf.

Neuer Punktestand: 10:10.

Das Publikum jubelte und schrie.

"Ja, so wird's gemacht!", rief Philipp Ginny zu. Diese war wirklich stolz auf sich und sah sich auf dem Feld nach Harry um. Doch anstatt Harry flog ihr Draco entgegen.

"Klasse gemacht", rief er und in seinen Augen lag etwas, das Ginny nicht definieren konnte.

Natürlich wollte er, dass seine Mannschaft gewann, also warum lobte er sie für ihr Tor?

Als sie keine Anstalten machte zu antworten und ihn nur verständnislos ansah, drehte er sich um und machte sich wieder auf die Suche nach dem Schnatz.

Ginny bemerkte nicht, dass Philipp neben sie geflogen war.

"Was war denn das jetzt für eine Aktion?", wollte er von Ginny wissen.

"Keine Ahnung", flüsterte sie nur.

Philipp stieß sie mit dem Ellenbogen an und sagte ihr damit, dass sie sich wieder auf das Spiel zu konzentrieren hatte und nicht auf einen Idioten wie Malfoy.

Eine ganze Weile ging das Spiel nur hin und her. Obwohl beide Hüter ihr bestes gaben, fielen Tore für beide Seiten. Die Klatscher sausten nur so durch die Luft, auf der Suche nach ihren Opfern. Die Treiber hatten alle Hände voll mit ihnen zu tun. Zum einen mussten sie verhindern, dass irgendeiner ihrer Teammitglieder verletzt wurde und zum anderen versuchten sie, möglichst viele ihrer Gegner auszuschalten. Beiden Seiten gelang dies nicht so wirklich, da die gegnerischen Treiber immer zur rechten Zeit am rechten Ort waren. Angespannt verfolgte das Publikum jeden Spielzug, jubelte oder stieß Buhrufe aus, um ihr jeweiliges Team zu unterstützen. Niemand konnte abstreiten, dass beide Teams wirklich gut waren und sich alle Mühe gaben, doch nach anderthalb Stunden stand es 340:190 für Slytherin.

Ginny war ziemlich außer Atem. Ihre Arme taten ihr weh vom vielen Werfen. Ihr Rücken, ihre Schultern und ihre Rippen schmerzten von den vielen Zusammenstößen mit gegnerischen Spielern. Sie konnte einfach nicht mehr. Aber sie mussten gegen Slytherin gewinnen! Sie mussten es einfach schaffen!

"Ginny!"

Die Angesprochene sah sich um und identifizierte Harry als denjenigen, der nach ihr gerufen hatte. Jedoch sah er sie nicht an, seine Augen waren auf etwas fixiert, was in weiter Ferne zu liegen schien.

"Harry, was ist los?", fragte sie zurück.

"Ein Tor", rief er zurück. "Wir brauchen nur noch ein Tor, Ginny. Bitte!"

Ohne weitere Erklärungen sauste er davon, Ginny starrte ihm nur hinterher. Zuerst wusste sie nicht, was er meinte. Mit einem Tor mehr würde es nur noch 340:200 stehen, das würde überhaupt nichts bringen, Harry müsste… Aber das war es! Wenn sie jetzt noch ein Tor schießen würde, dann würden sie nur noch 150 Punkte brauchen, um das Spiel zu gewinnen. Und was brachte 150 Punkte? Natürlich! Harry hatte den Schnatz entdeckt!

Ginny musste sich beeilen.

Der Quaffel war gerade wieder auf dem Weg zu den Ringen, die Ron umkreiste, als wären sie seine eigenen Kinder. Der Slytherin-Jäger schoss. Auch er schien einiges seiner eigentlichen Kraft eingebüßt zu haben und so war es für Ron relativ leicht, den Schuss abzuwehren. Er warf Christie den Ball zu und sie startete in Richtung der gegnerischen Ringe. Auch Ginny flog in die Richtung und Philipp schloss sich ihr an. Christie warf den Quaffel zu Philipp und er gab ihn an Ginny weiter. Sie spielten sich den roten Ball eine Weile lang zu, um die Slytherin-Jäger zu verwirren und um immer näher an die Ringe heranzurücken. Als Ginny den Quaffel gerade wieder abgegeben hatte, flog auf einmal Draco Malfoy neben ihr, überholte sie und blieb direkt vor ihr stehen, um sie auszubremsen.

"Ich dachte, du lässt mich wenigstens das Quidditch-Spiel über in Ruhe", stichelte Ginny und wollte an ihm vorbeifliegen, doch er versperrte ihr den Weg.

"Hey", begann Draco. "Ich wollte ja nur sagen, dass ihr echt gut gespielt habt, aber wir sind einfach besser." Sein fieses Grinsen war wieder auf sein Gesicht zurückgekehrt. Ginny hasste dieses Grinsen. Es war überheblich, arrogant und falsch. So war er nicht. Warum sah er sie so an? Sein Grinsen regte Ginny tierisch auf, deswegen giftete sie zurück: "Das werden wir ja sehen!" Sie stieß ihn beiseite und sah sich nach Harry um. Er schwebte hoch oben über dem Feld, er schien den Schnatz immer noch fest im Blick zu haben, denn seine Augen fixierten ein- und denselben Punkt. Draco schien jedoch noch nichts bemerkt zu haben, denn er beobachtete Ginny weiterhin. Ginny musste seine Unaufmerksamkeit ausnutzen! Sie trieb ihren Besen erneut an und steuerte auf Philipp und Christie zu, die sich immer noch den Quaffel zuspielten. Ginny flog in ihre Mitte, um anzuzeigen, dass sie wieder im Spiel war.

Als Philipp ihr den Quaffel zuwarf, ging alles viel zu schnell. Sie täuschte an, den Ball auf den rechten Ring zu werfen. Der Slytherin-Hüter ging darauf ein, doch stattdessen feuerte Ginny den Quaffel mit letzter Kraft in Richtung des linken Rings.

Gleichzeitig schrie irgendjemand: "Ginny, pass auf!"

Doch Ginny reagierte zu spät. Sie sah nur noch, wie der Klatscher direkt auf sie zukam. Sie wollte wegfliegen, doch der schwarze Ball traf ihren Besen direkt in der Mitte und ließ ihn in tausend Teile zerspringen. Ginny fiel in die Tiefe und fiel und fiel. Alles um sie herum wurde schwarz und sie merkte nicht, ob sie nun am Boden aufschlug oder nicht…
 

Als Ginny wieder erwachte, wusste sie im ersten Moment nicht, wo sie war. Sie starrte an die steinerne Decke. Sie lag irgendwo. Aber nicht etwa auf kaltem Boden, sondern in einem weichen Bett. Lag sie im Krankenflügel? Was war passiert?

"Endlich bist du wach", sagte eine Stimme neben ihr. Die Stimme war voller Sorge, aber auch Erleichterung schwang in ihr mit.

Ginny drehte ihren Kopf, um zu sehen, wer sie angesprochen hatte. Alles war verschwommen, doch sie erkannte das weißblonde Haar, das nur einem einzigen Menschen gehören konnte. Wie lange hatte er schon hier gesessen? Hatte er darauf gewartet, dass sie aufwachte? Wo war sie überhaupt?

Obwohl diese und tausend andere Fragen in ihrem Kopf herumschwirrten, fragte sie nur: "Was ist passiert?"

"Nuna ja, sagen wir, der Klatscher war recht gut platziert", antwortete er. "Du bist ziemlich tief gefallen. Potter ist dir hinterher gerast wie ein Verrückter, aber ich schätze, er wird sich demnächst einen schnelleren Besen kaufen… Du bist aber glimpflich davon gekommen. Ich habe keine Ahnung, wie du das gemacht hast, aber du hattest "nur" ein paar Prellungen und kein einziger Knochen war gebrochen. Bewundernswert."

"Mit sechs Brüdern ist man einigermaßen abgehärtet", sagte Ginny schwach. "Ich weiß nicht, welcher von meinen Knochen noch nie gebrochen war."

Draco lachte leise. Erst jetzt bemerkte Ginny, dass Draco die ganze Zeit über ihre Hand gehalten hatte.

"Wie lange bist du schon hier?", fragte Ginny leise.

"Ähm", begann er. "Abgesehen davon, dass ich in jeder Pause und jeden Abend hier bin, würde ich sagen…"

"Oh mein Gott", lachte Ginny und Draco fiel in ihr Lachen ein.

Dann kam ihr auf einmal ein Gedanke. Quidditch… das Spiel… Slytherin lag vorn… sie hatten nur noch ein Tor gebraucht… hatte Harry den Schnatz gefangen?

"W-Wie ist eigentlich das Spiel ausgegangen?" Ginny wollte ganz beiläufig klingen, doch ihre Stimme zitterte.

"Wow, ich hätte nicht gedacht, dass du diese Frage so lange zurückhalten könntest."

"Jetzt sag schon!"

"Tja, ihr habt es geschafft", sagte er und lehnte sich zurück. "Du hast dein Tor gemacht und Potter hatte seinen großen Auftritt, als er dich retten wollte und ganz nebenbei noch den Schnatz gefangen hat. Verdammt, ich war zwei Sekunden zu spät. Ich hätte ihn fast gehabt!"

"Wir haben's geschafft… wir haben gewonnen… wir haben gegen Slytherin gewonnen." Ginny lächelte zufrieden. Das Training hatte sich gelohnt. Es war knapp gewesen, aber sie hatten es geschafft!

Ginny wollte aufstehen, doch Draco drückte sie wieder zurück in die Kissen.

"Was soll das werden, wenn's fertig ist?", fragte er.

"Ich muss zu den anderen, die feiern bestimmt alle!"

"Vergiss es, du bist verletzt, falls du das nicht mehr wusstest."

"Wer hat gerade eben noch gesagt, dass es bewundernswert ist, dass mir nichts Ernsthaftes passiert ist?"

"Du hast dir nichts gebrochen, das heißt nicht, dass es nichts Ernstes ist! Du bleibst gefälligst liegen!"

"Was geht dich das eigentlich an?"

Draco stockte. Ginny bereute sofort, ihn das gefragt zu haben. Er hatte jede freie Sekunde geopfert, um bei ihr zu sein und dann wies sie ihn zurück.

"Tut mir leid", murmelte sie und legte sich wieder hin. "Danke, dass du hier bist."

Er lächelte nur, stand auf und setzte sich auf die Bettkante. Sanft strich er ihr durch das Haar und sah sie mit seinen grauen Augen liebevoll an.

In diesem Augenblick wurde Ginny klar, dass Draco Recht gehabt hatte. Er hatte Recht und sie wollte es nicht zugeben. Doch jetzt konnte sie nicht anders, als es einzusehen.

Ginny Weasley hatte sich in Draco Malfoy verliebt.
 


 

Fortsetzung folgt

Betrug

Nach ein paar Tagen wurde Ginny endlich aus dem Krankenflügel entlassen. Sie trug zwar immer noch einen Verband, weil eine ihrer Rippen noch angeknackst war und Quidditch war vorerst verboten, worauf Harry auch sehr streng achtete, aber zumindest durfte sie sich wieder bewegen und musste nicht mehr tagein, tagaus im Krankenflügel liegen und sich von den anderen umsorgen lassen. Das nächste Quidditchspiel war glücklicherweise erst in drei Wochen. Bis dahin würde ihre Rippe sicherlich vollkommen geheilt sein und sie konnte mitspielen. Auf der Tribüne zu sitzen und nur zuzuschauen kam überhaupt nicht in Frage. Eher würde sie mit einer ganz gebrochenen Rippe spielen, da konnte Harry sagen, was er wollte.

Philipp war der erste, der sie begrüßte und ihr sagte, dass er froh war, dass sie endlich aus dem Krankenflügel entlassen wurde. Er wich fast nicht mehr von ihrer Seite, mit der Begründung, dass er Ginny "beschützen" müsse. Draco passte das gar nicht. Immer wenn er Ginny und Philipp zusammen im Gang begegnete, warf er Philipp böse Blicke zu, die Ginny nicht entgingen, sie jedoch eher amüsierten, als ihr ein schlechtes Gewissen bereiteten.

Draco war jeden Tag im Krankenflügel gewesen. Er hatte immer Zeiten abgepasst, in denen er wusste, dass Ginny allein war, zum Beispiel wenn die Gryffindors gerade Training hatten oder sehr früh am Morgen, wenn noch alle schliefen. Er hatte sich die ganzen Tage um sie gekümmert und Ginny war ihm sehr dankbar dafür. Sie hatten entschieden, dass nicht unbedingt ganz Hogwarts wissen musste, dass sie jetzt so ziemlich zusammen waren und dass es ihr kleines Geheimnis sein würde, bis die richtige Zeit kam, es allen zu sagen.

So steckten sie sich immer heimlich kleine Zettel zu, mit denen sie Treffen vereinbarten. Mal trafen sie sich abends draußen am See oder in einem abgelegenen Pub in Hogsmeade. Ginny genoss diese Treffen. Sie lernte eine völlig neue Seite an Draco kennen. Er war einfühlsam, hörte sich ihre Probleme an oder ihre Beschwerden über die Lehrer und brachte sie immer zum Lachen. Er war so natürlich, als ob er sein Leben lang nichts anderes gemacht hätte.

Die nächsten Tage vergingen schnell. Seamus Finnigan hatte bald Geburtstag und er wollte eine große Party steigen lassen. Er bat die Vertrauensschüler, ihm bei der Organisation zu helfen. Ron, Hermine und die anderen Vertrauensschüler hatten alle Hände voll zu tun, Professor McGonagall, die neue Schulleiterin zu überzeugen und die Wünsche der Schüler durchzusetzen. Sie schafften es weitestgehend Kompromisse zu schließen, so mussten die jungen Zauberer zwar auf einiges verzichten, doch es versprach trotzdem eine sehr lustige Feier zu werden. All waren hellauf begeistert und halfen bei den Vorbereitungen. Die Vertrauensschüler hatten Gruppen eingeteilt. Diese Gruppe bestanden aus Schülern von verschiedenen Häusern, denn die Schule versprach sich davon, dass die Zusammenarbeit unter den Schülern verbessert werden würde. Einige waren für das Schmücken der Großen Halle verantwortlich, andere sollten sich um außergewöhnliches Essen kümmern und wieder andere versuchten, eine Live-Band für den Abend zu organisieren.

Ginnys Gefühle über die Geburtstagsparty waren eher zwiegespalten. Einerseits freute sie sich darauf, mit Seamus und ihren anderen Freunden zu feiern und richtig Spaß zu haben. Andererseits würden sie und Draco den anderen den ganzen Abend etwas vorspielen müssen. Natürlich wäre es eine gute Gelegenheit gewesen, allen die Wahrheit zu sagen, doch Ginny wollte den anderen nicht den Abend vermasseln und das würde sie zwangsläufig tun, denn Ron würde ausrasten.
 

Als Ginny am Abend vor der Party vor dem Kamin saß und ins Feuer sah, kam Hermine die Treppe zum Schlafsaal herunter und setzte sich zu ihr.

"Hey", begrüßte Hermine sie. "Ich brauche morgen unbedingt deine Hilfe. Kommst du morgen mit nach Hogsmeade? Ich brauche dringend noch Klamotten für morgen Abend."

"Oh mein Gott", schreckte Ginny hoch. "Das hatte ich ja total vergessen! Ich hab auch nichts zum Anziehen!"

"Mit euch Mädels ist es doch immer das gleiche", hörten sie eine Stimme hinter sich und Philipp ließ sich in einen Sessel fallen und grinste sie frech an. "Ihr habt einen ganzen Kleiderschrank voll mit 'nichts zum Anziehen'. Meine Güte, wie viele Schränke habt ihr eigentlich in euren Schlafsälen stehen?"

"Du hast ja keine Ahnung", gab Ginny zurück. "Was meinst du denn, für wen wir immer gut aussehen wollen? Alles für euch Jungs und ihr regt euch noch darüber auf!"

Hermine nickte zustimmend. "Du glaubst gar nicht, wie sich Ron jedes Mal aufregt, wenn er mit mir einkaufen muss", flüsterte Hermine und Ginny musste kichern.

"Was ein Wunder", nuschelte Philipp.

"Was?", fragten Ginny und Hermine gleichzeitig.

"Nichts", sagte Philipp, räusperte sich, stand auf und entfernte sich sehr schnell von den beiden Mädchen, die ihm giftige Blicke hinterher warfen.

Am nächsten Morgen machten sich Hermine und Ginny auf den Weg hinunter nach Hogsmeade. Es hatte geschneit über Nacht und so hinterließen die beiden Gryffindors tiefe Spuren im Schnee. Die weißen Flocken begannen gerade wieder vom Himmel herunterzufallen, als Hermine und Ginny den gewünschten Laden erreichten und eintraten. Nachdem sie sich eine Weile umgesehen hatten, fanden sie schließlich beide etwas, das ihnen zusagte. Sie berieten sich gegenseitig und sprachen sich ab. Dann ging auf einmal die Ladentür auf und Draco Malfoy und Blaise Zabini betraten den Laden. Ginny freute sich riesig, Draco zu sehen und wollte schon auf ihn zustürmen, doch dann sah sie seinen kalten Gesichtsausdruck und ihr fiel wieder ein, dass Hermine gar nichts von ihnen wusste. Also blieb sie wie angewurzelt stehen und starrte Draco an.

"Sieh an", sagte Draco arrogant. "Weasley und Granger. Könnt ihr euch das hier überhaupt leisten? Na gut, wenn ich mir die Klamotten so ansehe, die scheinen ja eh nicht viel wert zu sein. Soll ich euch das spendieren? Nicht, dass ihr noch Schulden machen müsst!" Er und Blaise fingen laut an zu lachen.

Seine Worte verletzten Ginny. Sie konnte nicht sagen, ob er das nur spielte oder ob er es wirklich ernst meinte. Bevor sie etwas erwidern konnte, giftete Hermine zurück.

"Wenn du meinst, dass die Sachen hier nichts wert sind, warum bist du dann überhaupt hier, Malfoy? Das ist ja eh alles unter deiner Würde und wir wollen ja nicht, dass jemand ein falsches Bild von dir bekommt. Es ist ja schon ein Wunder, dass du überhaupt selbst einkaufen gehst. Sonst muss deine Mami ja immer aussuchen, nicht wahr?"

Dracos Züge verhärteten sich. Er wollte gerade wieder zum Sprechen ansetzen, doch Blaise stieß ihn in die Seite und zog ihn weg, genauso wie Ginny Hermine zu den Umkleidekabinen zog, um ein Zauberduell zu vermeiden.

"Hermine, was sollte das?", fragte Ginny leise, denn sie hatte immer noch Angst, dass Draco und Blaise sie hören konnten.

"Dieser arrogante Idiot regt mich jedes Mal auf", antwortete Hermine immer noch aufgebracht. "Was erlaubt der sich eigentlich? Er steht nicht über uns, nur weil er reiche Eltern hat, die ihm alles kaufen, was er haben will. Ich finde, jemand sollte ihm mal zeigen, dass er auch nur ein Menscht ist und mal menschliche Züge zeigen sollte!"

Ginny brauchte ungefähr eine halbe Stunde, um Hermine zu beruhigen. Sie schlossen ihre Einkäufe schnell ab und gingen wieder in den Schnee hinaus, damit Hermine sich ein wenig abkühlen konnte. Auf dem gesamten Weg zurück nach Hogwarts beschwerte sich Hermine über Draco Malfoy, doch Ginny hörte gar nicht richtig zu. Sie war so enttäuscht von Draco. Sie fühlte sich hintergangen. Sie dachte, sie hätte eine neue Seite an ihm entdeckt. Sie dachte, er hatte sich wirklich geändert. Doch das hatte er nicht. Wahrscheinlich hatte er ihr die ganze Zeit nur etwas vorgespielt, um sie zu beeindrucken. Wahrscheinlich hatte sie sich selbst nur etwas vorgemacht. Wie konnte man sich in einer einzigen Person nur so täuschen? Sie musste ihn vergessen und zwar ganz schnell. Wenn das mal nur so einfach wäre. Aber er hatte ihr wirklich weh getan. Warum machte sie sich eigentlich wieder Gedanken seinetwegen? Das würde sie irgendwann noch wahnsinnig machen. Sie verbannte Draco aus ihrem Kopf und fiel in Hermines Beschwerden ein, um sich abzulenken.
 

Am Abend machten sich die beiden Mädchen zusammen fertig. Nach drei letzten Blicken in den Spiegel waren sie endlich mit sich zufrieden und gingen hinunter in den Gemeinschaftsraum. Ron, Harry und Philipp warteten bereits auf sie.

"Wow, ihr seht super aus!", sagte Philipp, die anderen beiden nickten anerkennend.

Hermine hing sich sofort bei Ron ein. Als Philipp dies sah, bot er Ginny seinen Arm an und recht schüchtern tat sie es Hermine gleich. Harry stand ein wenig einsam daneben und Ginny konnte seinen Gesichtsausdruck nicht so ganz deuten. Lag vielleicht ein wenig Eifersucht darin? Ginny wandte sich ab. Sie wollte Harry nicht so sehen. Das zwischen ihnen war vorbei, das musste sie endlich einsehen. Warum sollte er also eifersüchtig sein?

Rons Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

"Also holst du jetzt schnell Cho ab, Harry, und schon können wir auf die Party!"

Ginnys Herz setzte einen Moment aus. Cho? Cho Chang? Das war doch jetzt nicht sein Ernst! Zu Ginny hatte er gesagt, es würde nicht funktionieren und jetzt ging er mit Cho Chang zu einer Party? Das konnte doch wohl nicht wahr sein!

Philipp bemerkte natürlich wieder einmal sofort, dass mit Ginny etwas nicht stimmte.

"Hey, ist alles in Ordnung?", fragte er.

Ginny schreckte hoch, dann nickte sie nur kurz. Philipp verstand, dass es etwas gab, worüber sie nicht reden wollte, doch er würde nicht locker lassen und sie später am Abend noch einmal ansprechen. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr in letzter Zeit.
 

Zu sechst betraten sie die Große Halle. Die Party war schon in vollem Gange. Es war laut, voll und es herrschte eine ausgelassene Atmosphäre. Ginny fühlte sich gleich viel besser, als sie in der Menge untertauchten.

Vorher hatten sie einen Abstecher zum Ravenclaw-Gemeinschaftsraum gemacht, um Cho abzuholen. Sie hatte alle sehr freundlich begrüßt, doch Ginny hatte sie keines Blickes gewürdigt. Deswegen war sie sehr froh, dass sie Harry und Cho in der Menge schnell verloren hatten und Ginny sie nicht den ganzen Abend zusammen sehen musste. Irgendwann hatte sie jedoch auch Philipp verloren und nach minutenlanger vergeblicher Suche nach ihm, entschied sich Ginny, erst einmal etwas zu trinken zu holen. Professor McGonagall hatte natürlich jeglichen Alkohol verboten und so mussten sich die Schüler mit alkoholfreiem Punsch oder Kürbissaft begnügen. Ginny schenkte sich ein Glas Punsch ein, drehte sich um und wollte gerade wieder Philipp suchen, als sie gegen jemanden stieß und sich ihr Punsch über sein weißes Hemd ergoss.

"Oh mein Gott, das tut mir so leid! Ich…"

Als sie sah, wem sie das Hemd versaut hatte, verhärteten sich Ginnys Gesichtszüge. Womit hatte sie das nur verdient? Warum stieß sie immer wieder mit Draco Malfoy zusammen?

Ihn schien das Missgeschick mehr zu amüsieren als zu schockieren, denn er lächelte sie mit seinem typischen Malfoy-Lächeln an.

"Was soll ich machen?", fragte Ginny steif.

"Wie bitte?" Er verstand sie nicht.

"Was verlangst du als Wiedergutmachung von mir?"

Er starrte sie immer noch verständnislos an.

"Ein Malfoy lässt sich nicht sein ohne Zweifel teures Hemd versauen, ohne eine Entschädigung zu verlangen", seufzte Ginny.

Nun fing er wieder an zu grinsen.

"Mir würde es schon reichen, wenn du mir hilfst, ein neues Hemd zu holen."

Bei jedem Wort war er näher an sie heran gekommen.

"Sehr witzig, Malfoy!"

Das Grinsen wich schlagartig aus seinem Gesicht.

"Ich mein's ernst", sagte er ruhig, packte Ginny am Arm und zog sie aus der Großen Halle in Richtung Kerker.

"Lass mich los! Kannst du mir mal bitte verraten, was das soll?" Ginny versuchte, sich loszumachen, doch er war einfach zu stark.

Ginny wusste nicht, wo Draco mit ihr hin wollte, bis sie vor einer Wand standen, er ein Passwort sagte und sie in den Slytherin-Gemeinschaftsraum spazierten. Ginny sah sich verwundert um. Alles war in Silber und Grün gehalten, es war sehr geräumig und unglaublich gemütlich. Das hatte sie nicht erwartet. Draco zog sie eine Treppe hinunter und sie betraten einen weiteren Raum, den Ginny anhand des riesigen Bettes als Dracos Schlafsaal identifizierte. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich ruckartig zu ihr um.

"Warum sagst DU mir nicht, was das soll?", fragte er und sah sie durchdringend an. "Warum hast du mich gerade so angeschrien? Hab ich dir irgendwas getan?"

Ginny schnaufte verächtlich.

"Ich bin dir doch viel zu schäbig. Ich frage mich, warum du dich überhaupt noch mit mir abgibst, das ist doch total unter deiner Würde. Das hast du ja heute im Laden deutlich genug gesagt."

Erst schaute Draco verwundert, doch dann brach er in wildes Gelächter aus. Ginny verletzte das umso mehr. Nicht nur, dass er sie heute Nachmittag beleidigt hatte, jetzt machte er sich auch noch über sie lustig. Das musste sie sich nicht bieten lassen. Sie drehte sich um und wollte gerade wieder das Zimmer verlassen, als Draco sich ihr in den Weg stellte. Jegliches Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden.

"Du bist ein dummes, kleines, naives Mädchen", sagte er nach einer Weile.

Ginny wurde mit jedem seiner Worte wütender.

"Du machst es nicht besser, ich hoffe, das ist dir klar", presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

"Hast du wirklich geglaubt, dass ich das ernst gemeint habe, was ich in Hogsmeade gesagt habe?", fragte er ruhig. "Glaubst du, ich würde jemals so etwas über dich sagen, ohne es zu spielen? Anscheinend habe ich meine Rolle ziemlich gut gespielt, wenn ich sogar dich überzeugen konnte, aber ich bin geschockt, dass du so etwas von mir denkst."

Ginny traute ihren Ohren nicht. Er hatte das gespielt? Machte natürlich Sinn in Anbetracht dessen, dass Zabini und Hermine dabei gewesen waren. Und mal wieder hatte er Recht. Sie war ein dummes, naives Mädchen. Sie lächelte traurig bei diesem Gedanken. So etwas hatte Draco Malfoy nicht verdient.

"Tut mir leid", sagte sie leise und wollte sich an ihm vorbeischieben, doch wieder hielt er sie auf.

"Wo willst du hin?", fragte er ein wenig genervt.

Ginny konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Alles, was sie die letzten Tage und Wochen beschäftigt hatte, brach über sie herein. Harry, Draco, Philipp, Quidditch, einfach alles. Sie sank vor Draco auf die Knie und bedeckte ihr Gesicht mit ihren Händen. Draco kniete sich augenblicklich neben sie und zog sie in seine Arme.

"Hey, alles ist in Ordnung", flüsterte er ihr beruhigend zu. "Wein dich aus. Ich hab schon gedacht, du kannst das gar nicht. So ein starkes Mädchen hab ich noch nie in meinem ganzen Leben gesehen. Irgendwann weint jeder und ich bin froh, dass ich dich trösten kann."

Ginny fühlte sich unheimlich geborgen in seinen Armen und seine Worte beruhigten sie tatsächlich.

Sie löste sich aus seiner Umarmung und presste ihre Lippen auf seine, was er sofort erwiderte. Ihre Zungen spielten in einem wilden Tanz miteinander. Draco hob Ginny hoch, legte sie auf sein Bett und sich ganz behutsam auf sie. Ginny fuhr mit ihren Händen unter sein Hemd und betastete seinen Rücken. Dann wanderte sie über seinen Bauch und seine Brust hinauf zu den oberen Knöpfen seines Hemdes, die sie langsam öffnete. Draco küsste ihre Wangen, ihren Hals, er raubte ihr fast den Verstand. Irgendwie schaffte sie es, sein Hemd ganz zu öffnen und es ihm abzustreifen. Er hatte aufgehört, sie zu küssen, stützte sich nun auf einen Arm und strich mit der Hand zärtlich über Ginnys Wange. Sie konnte nicht anders, als seinen Oberkörper anzustarren. Jeder Muskel zeichnete sich deutlich ab und durch seine fast weiße Haut wirkte alles noch viel attraktiver.

"Na, gefällt dir, was du siehst?", fragte er amüsiert.

Ginny nickte nur und er lachte leise. Langsam fanden auch die restlichen Kleidungsstücke ihren Weg auf den Boden. Draco zögerte.

"Willst du das wirklich?", fragte er.

Ginny war erstaunt. Bei seinen anderen Betthäschen fragte er doch sicherlich auch nicht. Warum also bei ihr? Eigentlich war ihr das im Moment ziemlich egal. Das einzige, was sie wollte, war, dass er jetzt mit ihr schlief und sie alles andere vergessen konnte. Also nickte sie.

Sie hatte ein paar Mal mit Dean Thomas geschlafen, doch wirklich erfüllend war es nicht gewesen. Sie hatte es eher als Pflicht angesehen, immerhin waren sie ein Paar gewesen. Harry hatte sich ganz einfach nicht getraut, mit ihr zu schlafen. Wahrscheinlich hatte er sich immer gefragt, was Ron von ihm denken würde, wenn er mit seiner Schwester schlief. Vielleicht war Ron im Endeffekt der Grund gewesen, dass er sich von ihr getrennt hatte. Doch warum dachte sie jetzt schon wieder an Harry? Sie war hier mit Draco und mit ihm war alles so anders. Er gab ihr das Gefühl begehrt zu werden und durch ihn entbrannte ein Feuer in ihrem Körper, das sie nicht kontrollieren konnte. Sie stöhnte leise, als er in sie eindrang. Zuerst war er vorsichtig, doch dann wagte er immer mehr, bis sie schließlich in einer einzigen Welle der Leidenschaft und der Lust untergingen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit sanken beide erschöpft in die Kissen. Ginny fühlte sich glücklich. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Sie hätte nie gedacht, dass es so ein unbeschreibliches Gefühl geben konnte. Draco lag schweratmend neben ihr. Lächelnd schaute sie zu ihm hinüber und er lächelte zurück. Er legte den Arm um sie und zog sie zu sich heran.

"Du glaubst gar nicht, wie verrückt ich nach dir bin", nuschelte er in ihr Haar.

Ginny schloss die Augen. Ein paar Sekunden später war sie eingeschlafen.
 

Am nächsten Morgen verließen Draco und Ginny zwar zusammen den Gemeinschaftsraum der Slytherins, doch dann trennten sie sich, damit sie nicht zusammen gesehen wurden und niemand Verdacht schöpfte. Ginny betrat zuerst die Große Halle, ging zu ihrem Tisch und ließ sich neben Ron auf die Bank nieder. Sie wünschte ihm einen guten Morgen und machte sich an ihr Frühstück. Nach ein paar Minuten betrat dann auch Draco die Halle. Er zwinkerte ihr kaum merklich zu, dann ging er zu den Slytherins hinüber und begann ebenfalls zu frühstücken.

Auf einmal setzte sich Philipp neben sie. Er tauchte aber auch immer auf, wenn sie gerade an Draco dachte. Irgendwie musste er ein Gespür dafür haben.

"Wo bist du denn gestern Abend abgeblieben?", fragte er aufgebracht. "Ich hab dich die ganze Zeit gesucht, aber du warst nirgendwo zu finden. Was hast du denn nur gemacht?"

"Ich hab dich auch gesucht", versuchte Ginny sich rauszureden. "Aber ich hab dich ewig nicht gefunden, dann hab ich nur ein bisschen getrunken, ein bisschen getanzt und bin dann gegangen."
 

Die nächsten Tage verliefen wie immer. Ginny war meistens mit Philipp unterwegs, Draco traf sie nur in den Korridoren. Manchmal zogen sie sich in einen Geheimgang zurück, um wenigstens ein wenig allein zu sein. Als sie sich mal wieder über den Weg liefen, steckte ihr Draco unauffällig einen kleinen Zettel zu. Sie ließ ihn schnell in einer Tasche ihres Umhangs verschwinden, damit Philipp nichts bemerkte. Sie suchte eine Gelegenheit, in der sie allein war und die Nachricht lesen konnte, daher verschwand sie schnell auf die Toilette. Sie zog den Zettel aus ihrer Tasche und las:
 

Heute Abend

10 Uhr

Vor dem Slytherin-Gemeinschaftsraum

Allein
 

Ginny musste grinsen. Wenigstens hatte sie jetzt etwas, worauf sie sich freuen konnte. Der Unterricht war nicht unbedingt etwas, womit sie gern ihre Zeit verbrachte.
 

Ein paar Minuten vor zehn machte sie sich auf den Weg in die Kerker. Kurz bevor sie um die Ecke zum Slytherin-Gemeinschaftsraum bog, hörte sie auf einmal Stimmen. Die eine gehörte zweifellos Draco. Er schien sich mit jemandem zu streiten. Ginny wollte nicht unbedingt in den Streit hineinplatzen, deswegen blieb sie an der Ecke stehen, lehnte sich gegen die Wand und lauschte.

"Verschwinde, Blaise, sie wird jeden Augenblick da sein!", rief Draco.

Aha, er stritt sich also mit seinem besten Freund.

"Was willst du noch mit ihr?", antwortete Blaise gelassen. "Du hast deine Wette gewonnen, du hast sie rumgekriegt. Warum gibst du dich noch mit ihr ab? Wirst du etwa weich?"

"Ich werde ganz bestimmt nicht weich. Wie kannst du es wagen, so etwas zu behaupten?!" Draco hatte wieder die übliche Kälte und Arroganz in seiner Stimme.

"Warum triffst du dich dann noch mit ihr?"

"Vielleicht will ich ja ein bisschen spielen. Was dagegen, Blaise?"

Ginny konnte nicht glauben, was sie hörte. Dann hatte er es doch nicht ernst gemeint. Und sie hatte doch wirklich geglaubt, dass sie etwas Besonderes für ihn sein könnte. Mit diesem Idioten, mit dieser Schlange hatte sie geschlafen. Sie fühlte sich so schäbig. Sie war immer stolz gewesen, dass sie seinem Charme widerstanden hatte und nicht zu seinen Betthäschen gehörte und auch nicht gehören wollte. Doch jetzt hatte er es doch geschafft. Sie hätte es wissen müssen. Tränen stiegen ihr in die Augen, ein Schluchzen entfuhr ihr und sie rannte, rannte bis die Dunkelheit des Ganges sie verschluckte.
 


 

Fortsetzung folgt



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  belatrixlestrange
2020-08-19T20:58:42+00:00 19.08.2020 22:58
Das ist eine echt super FF. Würde mich freuen wenn du bald weiter schreibst🥰
Ich bin schon ganz gespannt wie es weitergeht ❤️❤️❤️
Von:  Mirra
2014-08-16T18:10:12+00:00 16.08.2014 20:10
Super Geschichte, kann garnicht verstehen warum ich der erste kommentator bin.
Antwort von:  R1kku
18.08.2014 21:55
das is super lieb von dir, danke :)


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