Aufgeben…? Ist keine Option!
Den Blick auf meine… meine Marke geheftet, meine Dienstnummer ertastend und mein bisheriges Leben Revue passierend bin ich von mir selbst überrascht. Im negativsten Sinne! Nach allem Erlebten kneife ich vor einer solchen Unperson wie Artus. Ja… Spinn ich?
Ich gebe es ungern zu, aber… Berger hat Recht! Feigheit steht mir genauso wenig zu Gesicht wie Wehleidigkeit. Aufgeben…? Ist keine Option. War es nie! Vor was laufe ich denn dann das nächste Mal weg? Bei den Göttern! Ich wollte Bulle werden. Ich bin Bulle geworden. Und ich werde Bulle bleiben! Und keine noch so bescheuerte… Unperson sollte mich davon abhalten dürfen!
Berger sieht mich meinen Wagen verlassen. „Was tust du?“ fragt er und verfolgt mich mit den Augen.
„Ein paar Dinge erledigen.“ Ich sehe über meine Schulter. „Die Gehaltserhöhung hast du dir verdient!“
„Ja!“ frohlockt mein Kollege. „Strike!“
In das Büro fegen hat keinen Stil. Ich klopfe, warte auf Antwort und betrete das Büro meiner Vorgesetzten.
Captain Brace hat vollstes Vertrauen in Bergers Fähigkeiten. Oder sie kennt mich besser, als ich dachte. Oder beides. Jedenfalls liegt meine Seavers bereits auf dem Tisch und das Magazin daneben. Außerdem lächelt Brace – ein seltener Anblick.
„Der Fall gehört mir! Und ich übernehme die Leitung!“ stelle ich meine ersten Bedingungen. „Mein Partner ist damit einverstanden.“ Was bin ich doch für ein Sensibelchen! Vor dem Captain habe ich Berger als meinen Partner bezeichnet. Andererseits… Irgendwie hat er es verdient.
Captain Brace nickt. „Und…?“
„Und! Ich ermittle auf meine Art. Wen ich zurate ziehen möchte, ziehe ich zurate! Alle meine Informanten bleiben ungenannt! Ich werde sie weder mündlich noch schriftlich erwähnen!“
Ein weiteres Nicken. „Damit komme ich klar. Aber das ist noch nicht alles.“ erkennt sie.
Was folgt sind meine letzten und garantiert am schwersten zu erfüllenden Bedingungen. „Ich werde nicht mit Carol Artus zusammenarbeiten. Informationen jeglicher Art werde ich nicht an sie weitergeben. Ich nehme sie nicht mit zu Befragungen außerhalb des Reviers. Meine Ansprechpartnerin sind ausschließlich Sie, Captain Brace.“
„Detective Meyers…“ Mein Captain fühlt sich sichtlich geschmeichelt. „Der Commissioner und die Bürgermeisterin werden sich möglicherweise nicht darauf einlassen. Beide halten große Stücke auf Artus als Profilerin.“
„Das tun sie, weil sich diese… Unperson auf Schleimen, Schmeicheleien und Arschkriecherei versteht.“ Das ist genau das, was auch Brace denkt – sie schmunzelt heimlich. „Wo ist mein Telefon?“ will ich zum guten Schluss wissen.
„Das habe ich!“
Alle Höflichkeit fahren lassend hat diese… Unperson das Büro des Captains ohne Vorankündigung betreten und genießt ihren großen Auftritt.
Sieben Tacos mit allem Drum und Dran sowie literweise scharfe Soße gluckern in meinen Gedärmen. Könnte ich genauso gezielt kotzen wie Julian? Auf die Schuhe? Dann ins Gesicht? Oder umgekehrt? Wir sind im Büro meiner geschätzten Vorgesetzten und allein das hält mich ab, dahingehend zu experimentieren.
Wortlos halte ich die Hand auf.
„Wie heißt das?“ fordert mich Artus heraus und hält das Telefon in die Höhe. „Nun, Officer Meyers?“
Bereits nach dem ‚Nun‘ ist das Telefon nicht mehr in ihren Besitz, was sie erst realisiert, als ich es in meine Tasche stecke.
„Ach? So schnell geht das bei Ihnen? Sehr geschickt.“ Sie macht einen Schmollmund und mustert mich abschätzend. „Waren Sie mal Taschendieb? Offenbart sich eine Teil Ihrer nebulösen – möglicherweise zwielichtigen Vergangenheit?“
Mein Lächeln soll sie interpretieren, wie sie es will.
„Brace…“ ereifert sich diese… Unperson aus diesem Grund. „Dieser Officer hat den Dienst quittiert! Er ist ein Risiko! Er ist übereifrig! Er ist brutal. Er ist…“
„Mein bester Mann!“ fährt ihr Brace über den Mund. „Und ich weiß nichts von einer Quittierung.“ Sie blickt mich an. „Sie etwa, Detective?“
Ich schüttele den Kopf und dieser… Unperson entgleisen gerade die Gesichtszüge.
„Da haben wir es!“ trumpft mein Captain auf und macht ungeniert weiter. „Detective Meyers leitet diese Ermittlung nach seinen Bedingungen! Wollen Sie was wissen, kommen Sie zu mir. Nur zu mir! Meine Leute lassen Sie in Ruhe! Sonst…“
„Sonst was?“ Die Hände in den Hüften blinzelt diese… Unperson meinen Captain feindselig an.
Captain Brace weicht dem Blick nicht aus und bleibt die Ruhe selbst. „Sonst werfe ich Sie eigenhändig aus dem Revier und erteile Ihnen Hausverbot!“
Diese… Unperson ringt nach Worten. Das hatte sich wohl niemals zuvor jemand gewagt. „Der Commissioner und die Bürgermeisterin werden davon erfahren!“ kündigt sie schnippisch an.
„Ja. Tun Sie, was Sie nicht lassen können.“ Brace lächelt, völlig emotionslos. „Und jetzt stehen Sie uns nicht im Weg. Wir haben zu ermitteln!“
Bei den Göttern! Was schätze ich meine Vorgesetzte!