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1000 Miles until I reach you

Leseprobe
von

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Prolog

Autor: Sassa Shootingstar

Titel : 1000 Miles

Kapitelanzahl: Prolog / 42

Disclaimer: Eigenschaften der Charaktere zu lebenden, echten, existierenden Menschen sind unbeabsichtigt und zufällig. Jegliche Handlung ist frei erfunden und hat so - hoffe ich - niemals stattgefunden. Ansonsten liegt das Copyright bei MIR. Einzig bei MIR.
 

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Prolog
 

Kalifornien. Der Inbegriff von super Wetter, sonnigen Tagen und heißen Girls.

Touristen stürmten diesen Fleck der USA jährlich, Einheimische gingen Tag täglich an den Strand, surfen, rissen die hübschen Mädchen auf und verbrachten ihre Tage in der Highschool oder sonst wo.
 

So war es eigentlich auch für Seth Nelson gedacht, einem neunzehn Jährigen aus Nashville - Tennessee dem hier in Kalifornien ein neues Leben ermöglicht werden sollte.

Seine Schwester und einziges noch lebendes Familienmitglied Trish Nelson, hatte seit dem Tod ihrer Eltern das Sorgerecht für ihren zehn Jahre jüngeren Bruder bekommen und deswegen waren sie beide hier in Kalifornien gelandet.
 

Trish war eine wirklich hübsche brünette, braunäugige junge Frau ende Zwanzig mit Modelmaßen. Sie arbeitete für eine internationaltätige Firma und wurde in den Sonnenstaat versetzt. So musste auch Seth gezwungener Weise von seiner alten Schule und seinen zwei Freunden dort Abschied nehmen.
 

Und jetzt mochte man denken, dass Seth hässlich, untalentiert und absolut bescheuert war. Dem war jedoch nicht so. Er sah eigentlich sogar sehr gut aus. Dunkles, längeres Haar, grüne Augen und normalerweise war er gute 1.80 m groß und vor allem schlank.

Er hatte im Gegensatz zu einigen sogar richtig war auf den Kasten und hing in der Schule nicht einen Augenblick hinterher. Das einzige Problem was er hatte, war, dass er an den Rollstuhl gefesselt war, seitdem er denken konnte. Das war der Grund, warum er keine Freunde besaß.
 

Es war nicht schön deswegen ausgeschlossen zu werden, nur weil man nicht mit auf den Sportplatz konnte. Nicht wie andere einem Ball hinterher rannte oder surfen ging in den Ferien.

Seth hatte seine Freizeit daheim in Nashville täglich damit verbracht, Stunden vor der Konsole zu hängen oder Gitarre zu spielen.

Was blieb ihm, gerade ihm, denn auch anderes über, als die Zeit in der Wohnung oder im Garten zu verbringen?

Nichts.
 

Und nun musste er, dank Trishs Versetzung, ganz von vorn anfangen. Keine Freunde, denen er blind vertrauen konnte und die ihn unterstützten.

Keine vertraute Umgebung.

Nein.

Kalifornien war komplett neu. Vielleicht ein wenig aufregend und interessant, aber nicht das, was Seth sich wünschte.
 

Er wollte wieder zurück, seit dem Tag, an dem Trish ihn in den Minivan verfrachtet hatte und hier her gefahren war.
 

Natürlich, dort, wo sie nun wohnten, da träumten andere von.

Eine super Villa am Strand, mit Pool und dem dazugehörigen Poolhaus.

Er hatte ein großes Zimmer mit großen Fenstern. Ihm fehlte es eigentlich materiell bedingt an nichts. Seine Schwester verdiente gut, arbeitete flexibel, sodass sie genug Zeit für ihn hatte.

Doch das reichte dem neunzehn Jährigen nicht.
 

Die Schule, die er besuchen sollte, war ein paar Minuten von ihrem neuen zu Hause entfernt und dennoch für ihn allein unerreichbar.

Sollte er mit dem Bus fahren? Wo war denn da der Witz? Die Busse waren so behindertenunfreundlich, da brauchte Seth es niemals versuchen.

Und er konnte nicht von Trish verlangen, ihn jedes Mal hin zu fahren. Vor allem war er da auch noch nie gewesen und wusste nicht, ob er sich dort zurecht finden konnte...
 

Aber der Tag, den er bisher die ganze Zeit gefürchtet hatte, traf auch irgendwann ein. Ausweichen konnte der junge Mann ihm nicht, auch wenn er es noch so wollte.
 

“Seth? Bist du fertig?”, rief die junge Managerin aus der Küche nach hinten durch.
 

“Ja, leider”, kam es nur ruhig zurück und der Brünette setzte sich die Schultasche auf dem Schoß, ehe er nach vorn kam, zu seiner Schwester hoch sah.

Ja, er hatte eine wirklich sehr schöne Schwester. Er mochte sie, denn sie war wirklich fürsorglich und liebevoll.

Auch wenn sie ihn hier her verschleppt hatte. Aber irgendwann würde er ihr das auch noch verzeihen können. Bestimmt.
 

“Gut, dann können wir”, meinte sie, nahm den Schlüssel und ihre Aktentasche von dem großen, gläsernen Küchentisch und ging voraus, ihr Bruder folgte ihr.
 

Der Minivan wurde mit der Fernbedienung des Schlüssels geöffnet und Seth zog die Beifahrertür aus seiner recht niedrigen Position auf.
 

“Soll ich dir helfen?”, fragte Trish freundlich und liebevoll nach. Doch schüttelte ihr kleiner Bruder nur den Kopf.
 

“Ich schaff’ das allein”, gab dieser zum Besten.

Er wollte selbstständig sein, er wollte für sich selbst sorgen und auf sich selbst aufpassen können. Er wollte nicht abhängig von jemanden sein. Denn das war er seit er denken konnte genug.

Immerhin kam er so gut wie nirgendwo allein hin, ohne Fragen zu müssen.
 

Und das akzeptierte Trish auch. Oder besser, sie versuchte es zumindest und wollte ihm nicht Gefühl geben, eben das zu sein: abhängig.
 

Deswegen seufzte sie auch nur leise und sah zu, wie sich ihr neunzehnjähriger Bruder in den Van hievte. Sie selbst verstaute lediglich den Fahrbarenuntersatz Seth’, ehe sie selbst in den Van stieg und den Wagen startete.
 

“Soll ich noch mit in die Schule kommen?”
 

“Warum?”, wollte Seth wissen, strich sich durch die Haare und schnallte sich dann an.
 

“Nun ja. Du musst ins Sekretariat und du kennst dich nicht aus. Mum hätte es bestimmt auch gemacht”
 

“Mum und Dad sind seit neun Jahren tot. Sie waren auch nicht auf meiner Einschulung auf einer weiterführenden Schule. Sie werden niemals wieder dabei sein und ich schaff’ das allein. Ich bin Neunzehn”.
 

Es war bei weitem nicht so, dass er sich schämen würde, würde Trish mit ihm kommen. Es war nur so, dass sie arbeiten musste und es war nur eine Schule. Was sollte denn da bitte großartig passieren?

Er kam klar. Seit neunzehn Jahren kam er klar. Da brauchte er auch nun keine seelische Unterstützung.
 

“Ok, aber dann begleite ich dich dennoch bis zum Eingang”
 

“Wenn du möchtest”
 

Ein letzter Blick glitt von der jungen Frau zu ihrem Bruder, ehe sie innerlich kurz seufzte.
 

Seth war so ein lieber Junge. Reifer als andere in seinem Alter, klug, höflich und zuvorkommend. Er war de Ruhe in Person und immer gelassen, egal was es war. Er musste schon so früh lernen, mit verschiednen Dingen in seinem Leben klar zu kommen.
 

Seine Gehbehinderung, die Sprüche und Blicke in der Schule, der Tod und die Beerdigung der Eltern.

Es war so schade, dass er bisher nur Dean und Marcus als Freunde gehabt hatte und die Mädchen sich nicht für ihn interessierten.
 

Mit einem leichten Kopfschütteln brach Trish ihre Gedankengänge ab und setzte den Van in Bewegung, um Seth in die Schule zu bringen. Sie selbst wusste noch, wie nervös sie gewesen war, als sie auf eine neue Schule musste. Doch ihr Bruder?
 

Sie hätte erwartet, dass dieser wenigstens nun ein wenig Nervosität zeigte, oder irgendwas, dass darauf hindeutete.
 

Aber nichts der Gleichen konnte man in Seth’ Gesicht ablesen. Er saß dort, klappte den Sonnenschutz herunter und schob die Spiegelverdeckung dort zur Seite und zupfte an seinen Haaren herum.
 

Leicht schüttelte Trish den Kopf. Manchmal wusste sie echt nicht, wie der Jüngere das hinbekam. So ruhig und beherrscht zu sen. Das war ihr echt ein Rätsel.
 

“Hast du alles?”, wollte sie dann wissen, ehe sie in die Straße einbog, in welcher die Schule lag.
 

“Alles andere bekomme ich im Sekretariat”
 

Ah, das hieß also Ja.
 

“Wenn irgendwas ist, dann ruf mich an. Aber auch dann, wenn du Schulschluss hast”, bläute sie ihm noch einmal ein, bevor sie auf den Parkplatz einbog und nahe am Haupteingang einen Parkplatz einnahm. Und da war sie skrupellos. Ob der Platz nun einem der Footballmannschaft gehörte, oder scheiß drauf. Das juckte die junge Geschäftsfrau wenig.

Deswegen stieg sie auch gemächlich aus, nachdem der Motor abgestellt war und zog dem Rollstuhl ihres Bruders aus dem geräumigen Kofferraum, oder der Ladefläche, des Wagens.
 

“Hast du mir zu gehört, Seth?”, wollte sie wissen, als dieser sich aus dem Auto quälte.
 

“Na, natürlich. Ich rufe dich an, sollte etwas sein. Auch, wenn es nur der Schulschluss ist. Ist klar. Ich werds machen”, wiederholte er ihre Worte und zerrte seine Schultasche auf dem Schoß.
 

“Soll ich wirklich nicht ...”
 

“Nein, Trish. Ich mach das allein. Fahr’ ins Büro, du siehst mich schon heil wieder”. Erst dann zog er seine fingerlosen Handschuh über, sah zu seiner hellhaarigen Schwester hoch und lächelte noch einmal kurz, ehe er sich dann auch schon auf den Weg ins Innere des Gebäudes machte.
 

Sie war bei weitem nicht seine Mutter, auch nicht sein Vater und sie konnte ihm auch nichts davon ersetzen. Aber sie wollte ihm eine gute und fürsorgliche Schwester sein. Jemand, zu dem er kommen konnte... Egal was es für Probleme gab...
 

Aber so langsam zweifelte sie daran, ob sie nicht irgendwas falsch gemacht hatte. Damals, oder vor kurzem oder wann auch immer. Sie hatte das Gefühl, als wäre Seth verschlossen und wollte ihr nichts sagen. Als habe sie nicht einmal einen der vielen Schlüssel zu seinen vielen Geheimnissen. Dabei mochte man denken, jemand wie Seth habe so etwas nicht...
 

“Hab viel Spaß”, murmelte sie noch vor sich hin, als sie sah, wie ihr kleiner Bruder durch die Tür des Schulgebäudes verschwand. Eigentlich hatte sie es ihm sagen wollen. Doch nun ... Nun war es wohl zu spät dazu und sie würde ihm nicht hinterher laufen. Er würde das schon hinbekommen, er bekam so vieles mit einer verdammt spielerischen Leichtigkeit hin - da war Schule doch gar kein Hindernis. Oder?
 

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tbc?!

All signs to Lauderdale - Chapter 1

Autor: Me

Titel: 1000 Miles

Kapitel: 1 von 42
 

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Chapter 1
 

Nachdem er die Tür zum Hauptgang der Schule aufgeschoben hatte, blickte er sich noch einmal zu Trish um und hob die Hand. Jetzt hatte sie ihn doch nicht bis zur Tür begleitet.

Vielleicht war dies auch besser so, denn sonst würde sie wohlmöglich doch noch mit hinein kommen.

Und dann würde Trish zu spät kommen. Seth hörte schon das Donnerwetter des Chefs. Allein jetzt kam seine Schwester schon zehn Minuten zu spät. Und das nur wegen ihm.

Nur wegen ihm...

Nachdem Seth beide Türen ins Hauptgebäude passiert hatte, wurde es laut. Mädchen standen zusammen, räumten entweder ihre Spinnte ein oder tratschten mit ihren Freundinnen. Die Jungs unterhielten sich über Football und Basketball, so wie er das hörte und schubsten sich aus Spaß hin und her.

Na bravo. Und man konnte ihn hier so schnell übersehen. Er sah es schon kommen. Irgendwer rannte bestimmt gleich entweder von der Seite in ihn oder saß auf seinem Schoß. Mit 1.30 m Sitzgröße war er ja nun wirklich nicht der Größte hier auf der Schule.

Tonlos seufzte er, als er versuchte heile und unbeschadet von hier aus, durch die Menschenmasse zu kommen um dann in Sekretariat zu kommen. Er würde das schon hinbekommen.

Hoffentlich.
 

“Hey, schaut mal! Opfer auf Räder”, hörte er auch gleich den ersten dummen Spruch von der Seite. Jedoch kümmerte er sich nicht sonderlich darum. Seth schüttelte lediglich den Kopf.
 

Es war wie auf seiner alten Schule auch.

Chaotisch, voll und unüberblickbar. Also war das ja schon einmal nichts neues und er würde es meistern. So wie er die letzten neunzehn Jahre auch gemeistert hatte.

Und zum Glück hatte er die Gabe erhalten, über Bullshit hinweg zu hören. Und so bahnte er sich, alles andere ignorierend, was er hörte, den Weg bis zum Sekretariat.

Höflich klopfte er vorher an und schob dann die Tür nach innen auf.
 

“Morgen”, sagte er freundlich und hatte gleich die Aufmerksamkeit der jungen Frau, die am Computer saß und ein paar Eingaben tätigte.
 

“Morgen”, gab die Brünette ebenso freundlich von sich, lächelte leicht und rückte ihre blaue Brille auf der Nase zurecht.

Sie war eine hübsche junge Frau, das musste Seth ja schon zugeben. So etwas gehörte eigentlich nicht hinter einen Schreibtisch, wo eine solche Schönheit vergammelte...

“Was kann ich für dich tun?”, fragte sie.
 

“Ich wollte meine Schulbücher und die Schlüssel abholen”
 

“Ah, dann bist du sicherlich Nelson Seth, richtig?”
 

“Ja, der aus Nashville, der mitten im Semester hier her wechselt”, schmunzelte er leicht. Die Sekretärin nickte und erhob sich dann.
 

“Einen Moment, ist gleich alles da”

Er nickte nur und bewegte sich etwas aus dem Weg der Tür. Immerhin wollte er nicht irgendwem im Weg stehen.
 

“So”, flötete die junge Frau dann aus dem Hinterzimmer und kam auf ihn zu.

“Hier einmal der Schlüssel zum Spinnt 679, der Aufzugsschlüssel und deine Bücher”, erklärte sie, übergab ihm die beiden Schlüssel mit den Anhängern, welcher für was war.

Die Bücher nahm Seth dann auch an sich und verstaute sie gleich in seiner Schultasche.

“In welche Klasse muss ich?”, wollte er noch einmal wissen. Nicht dass er gleich am ersten Tag zu spät kam. Das würde kein gutes Licht auf ihn werfen.
 

“Erster Stock, Zimmer Neun. Dein Klassenlehrer ist .... Moment”, gab sie von sich und verschwand hinter dem Tresen, wühlte in ihren Papieren, soweit Seth das denn sehen konnte.

“Bei Mister Donald. Das ist dein History- und Englischlehrer. Ach und dein Stundenplan...”
 

Sie reichte ihm einen schlichten weißen Zettel, auf dem eine Tabelle eingetragen war. Seine Stunden hatte er selbst wählen dürfen, also die Kurse. Trish hatte ihm damals die Unterlagen geben, als sie noch in Nashville wohnten. Irgendwie musste man sich vorher ja anmelden. Und die Kursauswahl an dieser Schule war wirklich gut. Da brauchte er sich keine Sorgen um irgendwelche naturwissenschaftlichen Fächer machen, bis auf Physik. Seth mochte Physik als einiges Fach der Naturwissenschaft. Immerhin hatte er genug Zeit, sich damit auseinander zu setzten...
 

“Danke”, kam es von dem Dunkelhaarigen, als er auch dieses Blattpapier faltete und in seiner Tasche verstaute.
 

“Dann wünsch ich dir einen schönen, ersten Schultag. Ich hoffe, die Schule gefällt dir.”
 

Also eines konnte er nun schon mal verbuchen. Die Tippse dieser Schule war nett. Wirklich nett. Und vor allem nicht so eine alte Trulla wie auf seiner alten Highschool.
 

“Vielleicht”, kam nur von ihm und er nickte ihr noch einmal zu, ehe er das Sekretariat verließ und wieder auf dem Schlachtfeld stand.
 

Schule war nur eine nettere Umschreibung für Zoo.

Zumindest dachte er das manchmal. So irre, wie sich viele hier verhielten.

Prügeln, beleidigen, tratschen und kichern... Wie im Zoo. Wirklich.

Innerlich schüttelte er den Kopf, hoffe, dass er hier heile bis in den ersten Stock kam und hielt nach dem Fahrstuhl Ausschau, der ihn nach oben bringen würde.
 

“Hey Jungs”, hörte Seth es von der Seite.

“Sind wir nun sogar schon eine Behindertenschule, oder was?”
 

Na bravo. Der Tag fing ja wirklich genial an. Er hasste es. Zwar versuchte er es zu ignorieren, aber manchmal gingen einem diese Sprüche echt auf die Nerven.

Sein Blick glitt zur Seite und er sah eine recht große Truppe dort stehen. Alle samt in Sporttrikots gekleidet und alle sahen ihn an. Doch Seth ließ es sich nicht nehmen, schenkte diesen Jungs ein freundliches Grinsen, ehe er seine Hand hob und ihnen den Mittelfinger zeigte.

Also ob er dafür Worte verschwenden würde. Irgendwann würden sie ihn in Ruhe lassen, das war auch auf seiner alten Schule so gewesen. Zumindest so lange, bis es um Sport ging.

Aber das war immerhin ein Anfang gewesen und hier würde es nicht anders sein.
 

“Machst du uns etwa an?”, drang die etwas verärgerte Stimme von einem der Jungs an sein Ohr.
 

“Ich? Nein, wie könnte ich nur?!”, fragte er rein rhetorisch zurück und machte sich auf den Weg, den Lift noch zu erreichen, bevor die Zeit rückwärts zu laufen begann.
 

“Wenn ich du wär, würde ich die Fresse halten.”
 

“Wärst du ich, hättest du wenigstens etwas im Kopf”, kommentierte er trocken und blickte sich nun doch um. Nur um einen dunkelhaarigen, hellhäutigen Vollidioten an zu sehen, der leider rüber kam, wie zwölf.
 

“Meinst du, ich seie dumm?”
 

“Du siehst so aus. Wenn du versuchst mit mir zu diskutieren ...bist du ohnehin argumentativ am Boden. Also lass es einfach, ok?”
 

Der andere hob nur eine Augenbraue.
 

“Was erlaubst du Krücke dir eigentlich?”
 

“Hm, kommt drauf an, wie du das halten willst”
 

“Sowas wie du ...”
 

“Mike!”, ertönte mitten im Satz des Schwarzhaarigen eine Frauenstimme und ein kleines, dunkelhaariges Mädchen mit blonden Strähnen kämpfte sich zu ihnen durch.

“Lass’ es, ok? Du musst sonst nur wieder zum Rektor”, mahnte sie und sah dann zu Seth herunter.
 

“Entschuldige sein Verhalten”, sagte sie gleich und sah den größeren Jungen neben sich wütend an, der wohl auf den Namen Mike hörte.

“Er ist immer so”
 

“Er hat mich provoziert”, wehrte sich dieser Mike und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

“Ich denke mal, du bist nur wieder nicht ausgelastet. Geh’ und spiel ein bisschen ‘Körbe versenken’. Vielleicht geht es dir dann besser”, zickte die Dunkelhaarige darauflos und sah dann wieder zu Seth.

“Ignorier ihn...”, schlug sie vor und tat es selbst.

“Wo musst du hin?”, fragte sie ruhig nach, schob Mike sogar ein wenig zur Seite und trat dann etwas näher an Seth heran.
 

“Zimmer 9, erster Stock”, gab Seth ruhig und wirklich freundlich von sich. Sie hatte ihm nichts getan und schien sogar recht nett zu sein.
 

“Dann kann ich dich begleiten. Ich muss auch dort hin.”

Sie waren also in einer Klasse...
 

Sie legte ihre Hände an die Griffe des Rollstuhls und auch wenn Seth so etwas eigentlich gar nicht gern mochte, merkte er schon, dass jeglicher Widerstand gegen diese Frau nutzlos wäre. Deswegen ließ er sich von ihr durch die Menge an Schülern manövrieren und stand kurze Zeit weniger vor dem Fahrstuhl.
 

“Hast du den Schlüssel?”
 

“Ja.”
 

Seth zückte sein Schlüsselbund und steckte das kleine silberne Ding in das Schloss, schloss um und zog ihn wieder ab, als das orangene Licht aufblinkte.
 

“Warum bist du gerade dazwischen? Ich meine, du kennst mich nicht”, fragte Seth dann, als sie darauf warteten, dass die Türen aufglitten.
 

“Mike ist ...er ist mein Cousin und ich mag es nicht, wenn er andere ärgert und schikaniert”, erklärte sie.

“Ach, ich bin übrings Dana.”
 

Sie reichte ihm etwas umständlich die Hand.
 

“Seth”, stellte er sich ebenso vor.
 

“Der Neue aus Nashville”, lachte Dana und schob Seth dann in den Lift, als dieser endlich unten angekommen war und stellte sich neben ihn.
 

“Ich bin ja schon bekannt bevor ich hier bin.”
 

“Wir bekommen nicht jeden Tag jemanden, der von so weit weg hier her kommt und dann auch noch ...eine Behinderung hat”, erklärte sie und versuchte es so nett wie möglich auszudrücken.

“Vor allem schwärmt unser Klassenlehrer von deinen Noten und deinem Können und von Trish Nelson. Deiner Mutter...”
 

“Trish ist nicht meine Mutter. Sie ist meine Schwester.”
 

“Oh, sorry”, entschuldigte sie sich.
 

“Das passiert öfters. Sie hat das Sorgerecht für mich, bis ich volljährig bin”, erklärte Seth das Missverständnis. Das passierte ja immerhin recht häufig.
 

“Sind deine ...”
 

“Meine Eltern sind Tod, ja. Flugzeugabsturz, als ich zehn war.”
 

“Muss scheiße sein, die Eltern zu verliehen, oder?”, wollte sie wissen.
 

“Man ...verdrängt es irgendwann einfach.”
 

Und genau da plingte der Fahrstuhl auch und sie kamen auf einen ebenso vollen Flur wie der Untere auch.
 

“Bist du wirklich so gut, wie alle sagen?”
 

“Durchschnitt 1.0. Man kann sagen, dass ich gut bin”, antwortete er und Dana hörte das leise Lachen in seiner Stimme.
 

“Hast wohl nichts anderes zu tun, als zu lernen, was?”, kam es nur zurück.
 

“Natürlich hab ich was anderes zu tun. Schwimmen gehen, auf den Fußballplatz. Ich hab viele Hobbys.”
 

“Man, deine Selbstironie ist echt grauenvoll.”
 

“Ich muss doch irgendwie klar kommen”, antwortete er nur auf ihren Kommentar.
 

“Aber so?”, wollte Dana wissen und machte die Tür zu ihrem Klassenzimmer auf, das bisher noch leer war.
 

“Natürlich. Sonst wär ich’n depressiver Trauerkloß. Nicht schön.”
 

Es war für viele nicht verständlich, wie er damit so cool umgehen konnte. Aber er war es sein Leben lang nicht anderes gewohnt, außer da zu sitzen und nichts zu tun. Außer zu sehen.

Also was sollte er schon anderes machen? Außer es mit Humor nehmen, oder versuchen, es herunter zu spielen.

Und ganz so dramatisch war es ja nun auch nicht, dass er nicht laufen konnte. Etwas umständlich, aber ansonsten...

Beklagen konnte er sich auf kleinen Fall.
 

“Ich kenn’ dich nich’, aber du bist cool”, gab Dana dann zu und ließ sich auf ihren Platz, ganz hinten in der letzten Tischreihe fallen, ehe sie den Stuhl neben sich einfach ein wenig weiter wegschob.
 

“Komm’ her gerollert. Hier’s noch frei.”

Dana grinste und pattete auf den Tisch neben sich. Seth hob nur eine Augenbraue und machte sich auf den Weg durch die Tischreihen nach hinten.
 

“Wie war die alte Schule eigentlich gewesen?”, wollte sie dann wissen, als der Neue neben ihr ‘platzgenommen’ hatte und seine Tasche auf den Boden abstellte.
 

“Ging so. Etwas kompliziert und relativ unfreundlich, aber man hat überlebt”, gab er zum Besten und kramte sein Handy aus der Hosentasche hervor, um seiner Schwester eine SMS zu schreiben, dass er heil im Klassenraum angekommen war. “Also. Im Grunde war meine alte Schule, wie jede Schule. Voll, laut. So’n normales Gebäude halt, mit Treppen, Türen und Fenstern... Wir hatten sogar Stühle und Tische und Lehrkräfte... Woh! Aber ich denke, du kennst so was, richtig?”, smilte Seth sie von der Seite her an, während er nebenher die SMS tippte.

Dana lachte darauf hin nur. Sie mochte es irgendwie, wie Seth erzählte. Er hatte eine so ruhige, beinahe immer ironisch klingende Tonlage. Eine tiefe, durchaus männlich klingenden, aber nicht zu raue Stimme. Sie hatte das Gefühl, ihm wirklich Stunden zu hören zu können.
 

“Hattest du eigentlich irgendwann einen Unfall, oder war das schon immer so, mit deinen Beinen?”, wollte Dana wissen. Ja, sie wusste, dass sie vielleicht ein wenig zu aufdringlich oder neugierig war, aber sie konnte ihre Art und Weise nicht ändern. Sie war schon immer so gewesen. Und Seth könnte ja immer einfach nicht antworten, wenn es ihm zu privat werden würde, was sie ihn fragte.
 

“Schon immer”, beantwortete er aber dennoch und stillte so wenigstens ein bisschen ihrer Neugierde.
 

“Autsch... Ist das nicht umständlich? Wem schreibst du?”

Auf die erste Frage antwortete er nicht. Das war jedem selbst überlassen. Manche empfanden eine solche Behinderung, oder einen Rollstuhl an sich, sehr umständlich. Aber wenn man sein Leben lang bisher damit klar kommen musste, dann gewöhnte man sich.

Deswegen bekam Dana auch nur auf ihre zweite Frage, wem er denn schreiben würde, eine Antwort: “Meiner Schwester”.

Sein Blick glitt von der Seite her zu ihr, ehe er auf den Bestätigungsknopf drückte und die SMS somit abschickte.
 

“Sag mal, was hast du gewählt?”, wechselte die junge Frau dann das Thema. So, wie sie es immer tat. Für sie war es nichts neues, einfach so von einem Thema zum anderen zu springen und sie hoffte, dass es auch für Seth nicht zu verwirrend war.
 

“Physik, Englisch und Kunst ... Und Sport hab ich abgewählt”, schmunzelte er leicht. Wobei. Er könnte natürlich aktiv dabei sein... Aktiv auf der Tribüne!
 

“Cool. Dann haben wir ja gemeinsam Unterricht!”, freute Dana sich.

Sie fand das toll. Jungs waren im Kunstkurs jedes Jahr eine Rarität und deswegen fand sie es schön, dass es doch noch kreative Menschen mit ...etwas zwischen den Beinen gab, die sich der Kunst verschreiben wollten. Ja, wirklich. Dana mochte Männer, die sich auch so etwas trauten und die Umgebung des Kunstraumes mit einer Horte wilder Weiber teilten.

Nun ja, wie dem auch sei...

Sie öffnete kurz die Lippen, wollte noch etwas sagen. Aber irgendwie... Wusste sie nicht was. Da Seth nicht antwortete, deutete sie es einfach mal als neutrale Ansicht dessen, dass sie gemeinsam Unterricht hatten. Gut, verübeln konnte sie es ihm ja nicht. Sie kannten sich nicht, da konnte sie nicht erwarten, dass der Dunkelhaarige aus Nashville sich einen Keks freute.
 

Also entstand eine kurze Stille. Aber es war eine, die nicht bedrückend war. Viel eher war sie entspannend. Anders, als Seth es gewohnt war, wenn man sich anschwieg.
 

Er kannte Dana nicht, aber sie schien in Ordnung zu sein. Nett, vor allem. Und nicht so ...nervig wie andere Mädchen. Und sie sah gut aus. Er mochte ihre dunklen Haare, die hellen Augen. Dana hatte wirklich sehr hellblaue Augen... Wie ein Husky... Oder so.

Und sie hatte eine schöne Figur. Nicht so spindeldürr, wie so viele Mädchen in ihrem Alter und auch nicht zu dick. Genau richtig.

Und Humor hatte sie. Das musste man auch schätzen.

Seine Gedanken wurden jedoch jäh von seinem Handy zerrissen, das mit der Melodie von ‘Black rose Dying’ von Bless the Fall eine SMS ankündigte.
 

»Freut mich, dass es dir gut geht. Wann hast du heute Schulende?«, schrieb seine Schwester ihm.
 

»Halb vier«, tippte er nur zurück und hatte dann auch gleich Dana beinahe auf dem Schoß sitzen.
 

“Du hörst Bless the Fall?”, fragte sie neugierig und schnappte sich Seth Handy. Oder besser, sie nutzte einfach nur den Überraschungseffekt, weil er so überfallen wirkte und nahm das Mobiltelefon an sich.
 

“Hey...”, versuchte Seth jedoch zu protestieren, nur blieb leider der Erfolg aus, den er sich gewünscht hatte. Und so konnte er dann dabei zu sehen, wie sie sich durch seine Musikdateien wühlte, die auf seinem Handy vorhanden waren.
 

“Wah! Escape the Fate, You me at Six ...Kiss, Alesana... Boa! Das ist Liebe”, freute sie sich und sah dann vom Handy zu Seth auf. Er hatte einen wunderbaren Musikgeschmack. Aber nicht nur das. Auch noch einen verdammt geilen Modegeschmack. Hm. Da blieb nur eins: “Bist du Emo?”, fragte sie und strich sich den langen Pony ein wenig aus der Stirn, um ihn besser ansehen zu können.
 

“Ähm...”
 

“Natürlich bist du! Deine Frisur, deine Klamotten und die Musik haben dich verraten!”, lachte sie leise und reichte das schwarze Handy wieder an Seth weiter.
 

“Aber nicht klischée”, entgegnete er nur. Immerhin hatte er keine aufgeschlitzten Arme oder sonst irgendwelche Süchte oder so etwas in der Art. Halt das, womit man einen typischen ‘Rund-um-klischée-Emo’ beschreiben würde.
 

“Nein, dafür bist du viel zu cool.”
 

Hatte er soeben in Dana eine Freundin gefunden?

Bei Dean war das damals genau so schnell gewesen.

Sie hatten sich beide in der Einführungsphase der Highschool kennen gelernt und waren beinahe sofort unzertrennlich gewesen. Also warum sollte das nicht bei Dana und ihm genau so sein?

Sie schien ja die gleichen Interessen zu haben. Zumindest ansatzweise...
 

“Spielst du irgendein Instrument?”
 

Oh, jetzt kamen die Klischée-Kennenlern-Fragen. Na gut. Konnte ja nicht schaden, wenn man mal klein und von vorn anfing.
 

“Ja, Gitarre”, antwortete Seth, stützte das Kinn auf der Hand, während er sie weiterhin anblickte. Er mochte es selbst nicht, wenn man ihn nicht ansah, wenn man mit ihm sprach. Es war so ein Tick... Einer von Abermillionen, die er sich mal so angeeignet hatte.
 

“Spielt du gut?”, wollte Dana dann wissen, strich sich durch die Haare und blickte ihrem Gegenüber in die hübschen, hellgrünen Augen.
 

“Gut ist vielleicht übertrieben. Ein bisschen würde es eher treffen”, antwortete Seth bescheiden. Immerhin war er wirklich nicht so gut... Dabei spielte er bereits seit gut fünf Jahren Gitarre ...aber das musste man ja niemanden erzählen. Oder er war einfach besser, als er zugeben wollte.

Falsche Bescheidenheit, oder wie nannte man das gleich noch mal?
 

“Wie geil ist das denn? Dann können wir ja mal ein Youtube-Video drehen. Weißte, so covermäßig”, meinte Dana und grinste Seth beinahe total freudig an. Immerhin wollte sie das schon lange einmal machen, aber allein ...

Sie traute sich ja viel, aber das dann doch nicht. Und vielleicht konnte sie Seth ja dazu bringen.

Oder ich besteche ihn. Mit Keksen. Jeder mag Kekse, dachte sie dann und wartete auf eine Antwort.

Doch Seth selbst war erst einmal sprachlos.

Ok, wie lange kannten sie sich nun? Fünf Minuten? Vielleicht sechs? Aber doch nicht länger.

Was sollte er denn da schon groß zu sagen? Er hatte zwar Youtube. Aber er hatte niemals zuvor daran gedacht, selbst auf dieser Plattform aktiv zu werden. Also so richtig, mit selbstgedrehten Videos...
 

Aber bevor der Dunkelhaarige auch nur ansatzweise antworten konnte, ging die Tür auf und die ganze Klasse kam ins Zimmer gestürmt, verteilte sich auf den Plätzen, ehe sie sich alle zu Dana und Seth umdrehte.

Das Getuschel ging augenblicklich los und wurde erst durch das Eintreffen ihrer Lehrkraft Mister Donald unterbrochen.
 

“Ruhe, wenn ich bitten darf”, drang die Stimme bis zu Seth durch.
 

Ihr Lehrer war noch relativ jung, vielleicht dreißig, zweiunddreißig. Aber er war noch recht jung. Hatte helles Haar, war groß gewachsen und strahlte reinen Respekt aus, dass wirklich jeder im Raum still war.

Irgendwie erinnerte Mister Donald Seth an seinen alten Chemielehrer. Der war auch in etwa so gewesen - nur um zwanzig Jahre älter. Jedoch mit der selben Aura...
 

“Wir haben seit heute einen neuen Schüler in unseren Reihen. Stimmt’s?”, wurde die rhetorische Frage nach hinten an Seth gestellt.
 

“Ja. Ich würd ja noch vorn kommen und mich vorstellen, ich bin nur so schlecht zu Fuß”, erklärte der Dunkelhaarige aus Nashville und hatte gleich das Lachen auf seiner Seite. Ja, man wusste halt schon, dass der Neue aus Nashville nicht laufen konnte. Doch jeder war bisher von einem ruhigen Typen ausgegangen, dem es erheblich an Selbstvertrauen fehlte. Immerhin waren Krüppel doch immer solche Psychos! Und deswegen war das Lachen und die Freude über den vermeintlichen Humor des Neuen um so größer. Vor erst, zumindest.

Und Seth versuchte halt alles menschenmögliche, damit sein eigenes Leben ein wenig lebenswert wurde. Wo käme er denn hin, wenn er alles ernst nehmen würde?

Mister Donald hatte dafür jedoch erst einmal nur ein hörbares Seufzten über, worauf hin die Klasse ruhig wurde.

“Dann drehen wir uns halt um”, mahnte er die Schüler, die stur und unhöflich nach vorn sahen.

Doch wandten sich dann die ganzen Köpfe der anderen zu ihm.
 

“Also, mein Name ist Seth Nelson, ich bin neunzehn und komme aus Nashville. Ich bin nur hier, weil meine Schwester - Trish Nelson - hier für die große internationale Firma F-Tec International arbeitet”, meinte Seth dann und setzte sich etwas aufrecht, soweit das denn möglich war.
 

“Danke”, stellte Mister Donald fest und alle wandten sich wieder nach vorn.
 

“Dann fangen wir doch gleich mal an. Schlag das Buch auf Seite siebenundachtzig auf, bitte”, forderte die Lehrkraft die Schüler auf.

“Seth, wie weit seit ihr gekommen in der amerikanischen Geschichte?”
 

“Wir sind bis 1860 kommen, bis ich die Schule wechselte, Sir. Aber allgemein bin ich auf dem Stand bis Obama”, erklärte der Neue und erhielt dafür nur ein Nicken der Lehrkraft.
 

“Dann kannst du dich ja mit einbringen”, kam es dann recht herrisch und streng von Mister Donald, ehe dieser auch schon sein Buch aus der Tasche hervor holte und es aufschlug.
 

Das Seth nun sicherlich als Streber verkannt werden würde, war ihm jedoch egal.

Es war nun einmal so, dass er soweit war und damit den Lernstand einiger Schüler restlos in den Schatten stellte.

Was sollte er schließlich auch zu Hause machen?

Er saß doch ohnehin nur in seinem Zimmer und lernte irgendwelche Dinge, die er nicht brauchte. Er kannte zum Beispiel die Kochbücher seiner Schwester auswendig. Die Gedichte von Goethe konnte er ebenso auswendig und beinahe jeden scheiß Song, den er jemals gehört hatte.

Das war halt so, wenn man nichts anderes machen konnte... Und da entstand dann halt so ein Notendurchschnitt von 1.0 und ein Wissensüberfluss, den man niemals brauchte.

Aber so verhinderte Seth wenigstens Alzheimer, wenn er alt werden würde irgendwann...
 


 

Nachdem die ersten Stunden zu Ende waren, saß Dana auf der Rückenlehne einer Bank, hielt einen dicken Roman in den Händen, den sie heute begonnen hatte zu lesen. Seth saß lediglich neben ihr, hatte die Augen geschlossen und den Kopf in den Nacken gelegt. Beinahe wirkte er, als würde er schlafen. Dabei genoss er einfach nur die Ruhe, so weit abseits von den Schülern, nahe dem Parkplatz konnte man es echt aushalten.
 

“Hör mal”, sagte sie dann auf einmal und blickte kurz zu Seth, der jedoch nur ein ‘Hm’ von sich gab, damit sie wusste, dass er ihr zuhörte.

"Vermisst du ihn?, fragte er. “Ja, sehr sogar”, antwortete sie nur darauf hin und lehnte ihre Stirn an die Schulter ihres Bruders. “Warum gehst du dann nicht zu ihm?”, stellte Dylen die Frage und legte einen Arm um ihre Hüfte. “Ich kann nicht. Er ...du weißt schon. Er ist nicht wie wir.” “Nein, er ist ein Monster. Aber - auch wenn ich nicht will, dass du mit ihm zusammen bist. Ich wünsche dir das Beste und dass du glücklich bist”, meinte er ernst und nahm wahr, dass sie leicht nickte. “Meinst du...er wird mich lieben?”, wollte sie wissen und klang nicht zuversichtlich. “Ich weiß nicht. Wir sind nicht in der Bis(s) Saga von dieser Stephenie... Ich hoffe es für dich”, lachte Dylen leise und erntete ein leises Kichern. “Twilight ist ohnehin nicht die Wahrheit. Vampire glitzern nicht.””, las Dana vor und piekte Seth an die Schulter.
 

“Und was soll mir das nun sagen?”
 

“Kennst du Twilight etwa nicht?”
 

“Nein, will ich auch nicht. Bella ist hässlich, Edward ist hässlich und blinkt in der Sonne.. Bitte!”, meinte Seth nur und ließ die Augen geschlossen, die Arme verschränkt.
 

“Du hast es doch gesehen.”
 

“Werbung, Dana. Werbung.”
 

“Gib’s doch zu! Du stehst voll drauf!”, kicherte sie und sah, wie Seth nun ein Auge leicht öffnete und sie von unten herauf ansah.
 

“Aber natürlich. Ich schaue alle drei Filme nach einander, jeden Abend vor dem ins Bett gehen”, gestand er spaßeshalber und zuckte die Schulter.

“Lies weiter. Ich find das toll”, kommentierte Seth das dann und schloss seine Augen wieder ganz, lauschte weiter der angenehmen Stimme der dunkelhaarigen jungen Frau neben ihm, wie sie ihm aus einem - ihm unbekannten - Buch vorlas.

So war das angenehm. Wirklich.

Dana war wirklich nett und sie verstanden sich ausgezeichnet. Auch wenn sie die Cousine eines wohl bekloppten Typen war, war das egal.

Immerhin hieß das ja nicht, dass sie genau so bescheuert sein musste, wie dieser Mike es war.
 

Er hatte bisher vielleicht nicht viel mit Mädchen zutun gehabt, aber Dana fand es wohl gar nicht so schlimm, dass Seth die Gabe des Gehens nichts besaß. Immerhin brauchte sie sich dann auch nicht zu viel zu bewegen, wie es schien. Einfach nur auf einer Bank sitzen und die Pause nicht allein verbringen, das reichte ihr wohl vollkommen aus. Und Seth selbst hatte damit kein Problem. Sein Leben bestand aus Herumsitzen...
 

“Wir haben gleich Mathe zusammen. Kannst du das?”
 

“Nein.”
 

“Du bist ein Supergenie, mit einem erstklassigen Durchschnitt. Warum kannst du Mathe nicht?”
 

“Ich brauch es nicht”, gab er zu und sah nun wieder zu ihr. Er hasste Mathe förmlich. Mathe war und ist ein Arschloch. Das würde sich für den Jungen aus Nashville auch nie ändern.
 

“Aber-”
 

“Ich hab da ernsthaft ‘ne drei von hinten auf dem Zeugnis. Glaub mir”, antwortete Seth nur ernsthaft darauf. Mathe konnte er nicht und würde es auch nie können. Also, bis auf Plus und Minus und das kleine Einmaleins ...ansonsten konnte er nichts davon. Warum auch? Im Alltag brauchte er keine Prozentrechnung, keine Vektoren und erst recht keine anderen Dinge.
 

“Na, dann... Beweg deinen Hintern wieder in deinen fahrbaren Untersatz und dann ab zum Matheunterricht”, sagte Dana voller gespielter Euphorie.

Seth hob nur die Hand zur Stirn und tat so, als würde er ihr salutieren, ehe er seinen Hintern tatsächlich in seinen stylischen Rollstuhl verfrachtete und seine Tasche auf den Schoß nahm. Dana drückte ihm dann ihr Buch vor die Brust und schob ihren neugewonnen Kumpel vor sich her, bis sie im Matheraum angekommen waren. Der lag ja zum Glück im Erdgeschoss des Gebäudes.

Gekonnt platzierte sie ihn mal wieder neben ihrem angestammten Platz, nahe am Fenster. Da konnte man wenigstens etwas anderes sehen, außer dieser hässlichen alten Ziege von Mathelehrerin.
 

“Sag’ mal, sitzt du immer allein?”, wollte der junge Mann dann wissen, packte seine Mathesachen auf den Tisch und kam sich ein wenig geschrumpft vor, weil die Tische hier höher waren, als in den anderen Räumen.
 

“Joar”, kam die gelassene Antwort, ehe Dana das Kinn auf die Verschränkten Arme ablegte und nach vorn sah.
 

“Hast wohl auch nicht so viele Freunde, hm?”, stellte er dann einfach mal fest. Immerhin sah es nicht gerade so aus, als würde Dana von Freundschaften umringt sein.
 

“Die Weiber sind mir zu nervig und zu tuckig. Ich geh lieber an den Strand, anstatt shoppen. Ich bin lieber in einer Werkstatt, als bei der Maniküre. Da kommen die meisten nicht drauf klar. Mike erst recht nicht”, erklärte sie ihm dann und zückte ihr Mathebuch, auch wenn sie sich dafür wieder aus ihrer bequemen Pose erheben musste.

Aber immerhin kam ihre Lehrerin und da war es nicht so sinnig, wenn da nicht alles auf dem Tisch lag.
 

“Autos?”

Seth sah die Dunkelhaarige zu seiner Seite groß an und hob eine Augenbraue. Wie viele Frauen gab es denn bitte, die sich für Autos interessierten?
 

“Ja, meine große Leidenschaft. Mein Papa hat mir zum Geburtstag einen alten Chevrolet geschenkt. Das Ding läuft nicht, aber ich so kurz vor dem Durchbruch!”, meinte sie begeistert und wippte mit dem Stuhl ein wenig hin und her.

“Wenn er fertig ist, können wir ja mal eine Probefahrt machen”, schlug sie dann vor. Doch eine Antwort erwartete sie nicht. Vor allem, weil ihre Mathelehrerin gerade an ihrem Pult den Platz einnahm.

Und auch wenn sie schon wissen wollte, wie die Antwort ausfallen würde. Es wäre dennoch besser gerade in dieser Unterrichtsstunde nicht zu reden.
 

“Also wenn du mich abholst”, meinte Seth dennoch leise und schmunzelte leicht, als die Lehrerin auch gleich zu ihnen beiden rüber sah.
 

“Nelson! Dover! Ruhe, wenn ich bitten darf!”, bellte der Dinosaurier am Pult und beide mussten sich ganz schwer ein Lachen verkneifen.
 

“Du bist also doch kein Streber”, flüsterte Dana zurück und rammte Seth liebevoll den Ellenbogen an die Schulter.

Don't let me fall - Chapter 2

Autor: Me

Titel: 1000 Miles

Kapitel: 2 von 42
 

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Chapter 2
 


 

Am Abend des Tages saß Seth mit seiner Schwester zusammen am Küchentisch. Schweigend - vorerst.
 

“Man, der Tag war heute so scheiße, weißt du das?”, begann Trish zu erzählen. Und wenn sie einmal anfing, dann nahm es auch beinahe niemals ein Ende!
 

“Nein, aber du wirst es mir sicherlich gleich erzählen”, konterte Seth ruhig und spießte jetzt schon gelangweilt den Salat auf die Gabel.
 

“Ja! Genau. Mein Chef, ne, dieser alte Sack, hat mich erst einmal volle Kanne angeflirtet.”
 

“Zieh’ längere Röcke an, dann passiert das nicht mehr.”
 

Da fiel ihm echt nichts mehr zu ein. Ok, Dresscode sollte seiner Schwester doch etwas sagen, oder?

Die Kostüme, die sie trug hatten ja auch alle eine Rocklänge bis zum Knie.

Ja, soweit, so gut. Da sollte doch Trish nicht immer das Schneiderlein spielen und die Röcke um gute zehn Zentimeter kürzen. Dann würde der Chef ihr nicht mehr hinterher geifern und sie bräuchte sich nicht zu beschweren. Herr Gott! War Seth froh, ein Kerl zu sein und kein Weiblein!
 

“Als ob! Nein! Und dann... Dann die Höhe des Tages. Ich hab die absolute scheiß Arbeit machen müssen. Weißte, ich arbeite im Management, nicht in der Buchhaltung und dann so was! Weißt du, wie schrecklich das ist?”, fragte sie ihm.
 

Ja, als ob ich das wüsste, dachte sich der Jüngere der Geschwister und verdrehte - gedanklich - die Augen.
 

“Hm, dein Leben ist schon grauenvoll.” Da sprach die absolute Ironie aus ihm.
 

Sollte sie doch einfach froh sein, einen angenehmen Job zu haben. Sie bekam ja nicht einmal mehr Ärger, wenn sie zu spät kam. Oder Seth hatte diese Passage in dem bereits Gesagten erfolgreich verdrängt. Das konnte auch sein...

Merkte man, dass er absolut genervt war? Nein, hoffentlich nicht. Vor allem weil Trish immer solch übermäßig schreckliche Probleme hatte. Warum hatte diese Frau solche Probleme? Andere würden sich über solche Probleme freuen!
 

“Und dann war auch noch der Fahrstuhl ausgefallen und ich musste die ganzen Scheißtreppen so oft hoch und runter laufen! Das war die Hölle! Kannst du dir das vorstellen?”
 

“Sorry, ich weiß nicht, wie es ist, die ganzen Treppen zu laufen. Ich hab da so wenig Erfahrung”, kam es recht trocken von Seth, während er begann, auf seinem Salat herum zu kauen.
 

“Oh, das tut mir leid. So war das nicht gemeint”, entschuldigte sich seine Schwester sofort.
 

“Kein Ding”, winkte er das nur schnell ab. Es passierte der Brünetten schließlich beinahe jedes Mal. Aber ihr Bruder nahm es ihr nicht böse. Immerhin zeigten solche Sachen ihm, dass er von seiner Schwester nicht als ‘Behinderter’ angesehen wurde. Denn viele umgingen diese Themen bewusst, damit man niemanden verletzte. Ob Trish es einfach vergaß, oder was auch immer, das war dem Schüler eigentlich egal.
 

Nur das Essen war ihm heute nicht egal... Allein der Blick auf das Grünzeug auf seinem Teller, mit der weißen Soße darüber.

Hätte es heute nicht ein einfaches Steak getan? Oder Fisch? Warum musste ausgerechnet heute diese Rohkostscheiße auf dem Plan stehen? Kein Wunder, dass er ewig zu wenig wog, wenn seine allerliebste Trish immer nur so was auf den Tisch brachte.
 

“Wie war denn dein Tag?”, versuchte die Geschäftsfrau dann doch lieber das Thema zu wechseln. Auch wenn der miesepetrige Gesichtsausdruck Seth’ sicherlich nichts mit ihrem Thema zu tun hatte, sondern mit dem Essen...
 

“Hm, wo fang ich an? Es begann, wie jeden Tag. Ich kam in die Schule, bekam ein paar dumme Sprüche und Blicke. Dann habe ich die reizende Tippse der Schule kennen gelernt und wurde dann von einem gewissen Mike angemotzt. Hm, joar. Und dann kam Dana. Dana ist so alt wie ich, wir gehen in die selbe Klasse und haben beinahe jeden Kurs gemeinsam”, zählte er seinen ersten Schultag einfach mal so herunter. Man konnte es auch Kurzfassung nennen, denn alles andere würde bei Trish ohnehin nicht hängen bleiben. Bei Gott, sie war nicht doof. Aber sie verdrängte gern Dinge aus ihrem Gedächtnis, die sie nicht interessierten.

Jedoch interessierte sie das Thema ‘Mädchen’ wohl doch...
 

“Ein Mädchen? Oh, das freut mich aber. Wie sieht sie denn aus?”, freute sich Trish und bombardierte ihren kleinen Bruder erst einmal fröhlich mit Fragen.

Aber dieses ‘Oh’ könnte sie sich echt langsam mal sparen, dachte Seth, nahm sein Glas und goss den Eistee hinein, den er sich von gefühlten sechs Metern Distanz herangeln musste.
 

“Wie sie aussieht. Wie ein Mädchen halt. Lange Haare, Brüste, ‘nen kleinen Hintern. Ich mag sie, sie ist cool. Sie mag Autos”, erklärte Seth und smilte vor sich hin, während er das Glas an die Lippen setzte und förmlich beobachten konnte, wie es hinter der Stirn seiner Schwester anfing zu arbeiten.

Jedoch kam ein ganz anderes Ergebnis, als er erwartet hatte: “Und sonst? Sind die Lehrer nett? Kommst du mit dem Stoff klar?”
 

“Trish! Die hängen mir mit dem Lernen meilenweit hinterher. Ok, abgesehen von den Strebern, aber sonst hab ich ohnehin diesen Vorsprung, weil ich ja nichts zu tun habe.”
 

Sie würde es aber auch niemals lernen. Warum merkte sie denn nicht endlich, dass er meilenweit voraus war? Dass er durch sein ewiges zu Hause herumhängen halt einen Wissensüberfluss hatte, den niemand brauchte - der niemanden interessierte. Warum fragte sie beinahe tagtäglich das Gleiche?

Und deswegen fixierte die Schwester auch sofort die Glasplatte ihres Esstisches und legte die Gabel beiseite.

Sie hatte sich vorgenommen, diese Fragen zu lassen, denn sie kannte die Antworten

bereits. Dennoch stellte sie sie jedes Mal aufs Neue. Sie könnte sich selbst dafür treten. Denn es war doch irgendwo nicht fair ihrem Bruder gegenüber, oder?
 

“Mach dir keinen Kopf, Schwesterchen. Du kennst mich und du weißt, wie ich damit umgehe, oder?”, fragte Seth, legte sein Besteck zusammen und stellte es kurz darauf in die Spüle. Er riss ihr nicht den Kopf dafür ab. Er wollte ihr auch kein schlechtes Gewissen machen, oder sonstiges. Es war halt nur ...doof, wenn man immer das Gleiche sagte...
 

“Ich bin in meinem Zimmer. Hausaufgaben”, erklärte er noch, ehe er dann auch schon aus der Küche in den Flur verschwand und seine Schwester somit allein ließ.
 

Trish vergrub das Gesicht nur in den Händen und schüttelte nur den Kopf.

Warum war Seth so?

Warum fand er sich einfach damit ab?

Sie hatte so viele junge Menschen in Rollstühlen kennen gelernt. Alle hatten die Hoffnung nicht aufgegeben, vielleicht doch noch einmal laufen zu können. Sie hatten sich nicht einfach aufgeben.

Sie wusste nicht, ob Seth das getan hatte.

Aber er war eindeutig viel zu locker im Umgang mit seiner Behinderung.

Die ganzen Beleidigungen, damals schon in der ersten Klasse. Er hatte sie einfach hingenommen, nie hatte er wirklich etwas darauf gesagt.

Das ging nun schon seit wirklichen neunzehn Jahren so. Kein Wort der Klage. Immer nur dieser Sarkasmus und die Ironie über seine eigene Lage. Dieser Humor, mit dem er alles nahm.

Sie verstand ihn nicht.
 

Nie sprach er mit ihr über Irgendwas. Und wenn, dann lief es jedes Mal so ab, wie es nun auch war. Grauenvoll, wenn man sie fragte. Dabei wollte sie einfach nur ein wenig für ihn da sein.

Sie wollte ihn doch nur spüren lassen, dass sie für ihn da war und dass sie sich für ihn interessierte.

Aber vielleicht interessierte es ihn auch nicht? Vielleicht wollte er keinen seelischen Beistand? Vielleicht wollte er nicht, dass man ihn jedes Mal wieder auf seine Lage hinwies? Vielleicht sollte sie einfach mal warten, bis er zu ihr kam?

Seth derweil lag auf seinem Bett, kritzelte in seinem Matheheft herum und versuchte irgendwie, auf kreative Art und Weise diese Aufgaben zu lösen. Mit mäßigem Erfolg..

Wer zum Henker brauchte Vektorrechnung, oder Parabeln? Er brauchte dies in seinem Leben sicherlich nicht.
 

Also schlug er Heft und Buch zu und schob es einfach achtlos vom Bett, um sich das Englischbuch heran zu ziehen und aufzuschlagen.

Langweilig, fiel ihm dazu nur ein.

Er konnte schreiben, lesen und sprechen. Warum musste er dann nur Grammatik lernen? Es war seine Muttersprache, die sollte man doch beherrschen, oder? Man sollte davon ausgehen. Aber es brachte jedoch auch nichts, weiter darüber nachzugrübeln.
 

Entweder er machte es, oder es machte es nicht. Und auch hier entschied er sich dafür, es nicht zu machen.
 

Also flog auch das vom Bett.

Geschichte war das nächste, was er sich heran zog.

“Was mach’ ich diesen Scheiß eigentlich?”, fragte er sich selbst und blätterte das dicke Buch einfach nur lustlos durch. Vielleicht sollte er wenigstens das machen.
 

Sein Lehrer schien ihn zu mögen und diese eventuelle Sympathie wollte er sich nicht verderben.

Wer weiß, für was das noch einmal gut sein konnte. Ein Lehrer, der auf seiner Seite war?! Wer wollte das nicht?

Alles andere konnte warten, oder er machte es - sollte er morgen das Glück haben und vorstellen müssen - aus dem Kopf heraus. Das konnte er eigentlich schon immer ganz gut.
 

“Seth?”, drang dann jedoch die Stimme seiner Schwester an sein Ohr und entlockte ihm ein - zum Glück ungehörtes - Seufzen.
 

“Ja?”, fragte er zurück und wartete auf eine Antwort.
 

“Da ist jemand an der Tür für dich. Soll ich sie rein lassen?”, wollte Trish wissen.
 

“Wie sieht sie denn aus?”, fragte er zurück. Denn er hatte keine Lust sich in seinen Rollstuhl zu bewegen und dann nach vorn zu kommen. Das brauchte er nun echt nicht. Und vielleicht war es unwichtig, dann hätte sich der Aufwand und die Mühe nicht gelohnt.
 

“Klein, brünett mit blonden Strähnen und einen dummen Grinsen im Moment.”
 

“Ja, lass’ sie rein”, rief Seth nach vorn. Das war wirklich die beste und passende Beschreibung, um Dana auf den Punkt zu bringen. Seth rollte sich auf den Rücken, um sich aufzusetzen, immerhin konnte er hier nicht so herum liegen, wenn Dana gleich im Zimmer erschien. Das kam immer so ein wenig doof.
 

Ein schneller Check im Zimmer. Gut, keine Unterwäsche oder dreckige Socken, die er noch nicht in die Wäsche getan hatte.

Und die Bücher lagen auch einigermaßen ordentlich auf dem Boden.

Um ehrlich zu sein, brauchte Seht sich um Sauberkeit und Ordnung keine Sorgen zu machen. Er war von Natur aus sehr ordentlich und sie hatten eine Putzfrau, die alles Vormittags schön sauber machte.
 

“Seth!!”, hörte er auch schon die Stimme Danas, als die Tür zu seinem Zimmer aufging und das dunkelhaarige Mädchen auf ihn zugestürmt kam.
 

“Ich hab deine Hausnummer gestalkt”, quietschte sie ihm beinahe entgegen, während sie sich einfach auf ihn stürzte und auf die Matratze drückte.
 

“Oh mein Gott! Das ist ein Verbrechen!”, kam es nur von ihm zurück als er das Mädchen von sich schob.
 

“Ich dachte, ich komm’ vorbei und entführ’ dich ans Wasser? Dann können wir noch ein wenig reden...? Hm?”, fragte sie und große, blaue Augen sahen ihn an.
 

Doch es ließ ihn irgendwie ein wenig zweifeln. Sie kam doch nicht einfach so hier vorbei. Und dann auch noch, obwohl sie sich immer noch so gut wie gar nicht kannten. Gut, davon abgesehen, sie würden sich auch in zwei Tagen nicht viel besser kennen.

Dennoch schien es Seth so, als wäre da irgendwas anderes im Busch und bisher hatte sein Gefühl den Jungen noch nie getäuscht.
 

Wie gesagt, Dana war echt ein wandelndes Rätsel. Zumindest in einigen Ansichten. Vielleicht bekam er die Chance, die ganzen unsichtbaren Rätsel um ihr Wesen zu lösen. Und vielleicht sollte er heute schon damit anfangen?
 

“Was sagst du? Du guckst so kritisch. Aber wenn du nicht willst. Ich hab’n Film mitgebracht, den könnten wir auch gucken”, schlug sie dann vor, als sie die kleine Denkfalte zwischen seinen Augenbrauen sah.
 

“Ne, ne”, winkte er dann jedoch ab.

Auf Filme hatte er ja mal so gar keinen Bock. Seth war ohnehin nicht so der Filmegucker, dann doch lieber raus.
 

“Also Wasser??”
 

“Ja, ans Wasser. Wenn wir da, zu Fuß hin kommen”, bestätigte der Dunkelhaarige und fuhr sich durch die Haare, damit diese wieder richtig lagen und er Dana halbwegs komplett sehen konnte.
 

“Oh, das ist cool!”, quietschte sie beinahe und sah ihm dann dabei zu, wie er sich recht umständlich die Schuhe über die Füße streifte und sich in seinen Rollstuhl verfrachtete.
 

“Ich schieb’ dich auch”, gab sie dann zum Besten und hüpfte auf der Stelle auf und ab, sodass ihr Pferdeschwanz, den sie sich gebunden hatte, auf und ab wippte.
 

“Wenn du willst.”

Es klang vielleicht ein wenig genervt, im Grunde war er das auch. Immerhin mochte Seth es nicht, wenn man ihn wie einen Einkaufswagen vor sich her schob. Aber bei Dana, da wusste er, dass er es ohnehin nicht unterbinden könnte.

Damit fasste sie auch gleich die Griffe und schob Seth aus dem Zimmer und den Flur bis zur Eingangstür der Villa.
 

“Trish. Ich bin noch mal weg!”, rief der Dunkelhaarige durch das komplette Haus.
 

“Sei aber spätestens um halb zwölf wieder da. Du musst morgen zur Schule”, rief seine Schwester von oben aus dem Wohnzimmer zurück und gab damit ihr Einverständnis.
 

“Ja.”
 

Draußen angekommen, schlug ihnen erst einmal die etwas kühlere Nachtluft Kaliforniens entgegen.

Manchmal waren die Nächte wirklich angenehmer als die Tage. Seth war noch nie der Mensch für viel Wärme und viel Sonne gewesen. Er lag zwar schon gern mal so am Pool auf den Liegen - unter seinem Sonnenschirm - oder etwas in der Art. Aber wenn er sich in der direkten Sonne, bei Temperaturen über dreißig Grad draußen aufhalten musste, wurde er wahnsinnig.
 

“So, und nun sagst du mir, was du wirklich hier wolltest”, meinte Seth recht ernst und wartete auf eine Antwort, während sie gemeinsam den Weg runter zur Küste einschlugen.

Es war schon von Vorteil, wenn man nahe am Wasser wohnte. Irgendwie... Die Aussicht war auch schöner, auch wenn hier und da ein paar Häuser am Horizont zu sehen waren, aber das schob das männliche Wesen der beiden nun einfach mal bei Seite. Dana war im Moment halt wichtiger.

Und das Seufzen, das er zu hören bekam, reichte ihm schon aus, um zu wissen, dass es nicht einfach nur aus Langeweile war.
 

“Ich hab nachgedacht, weißt du?”, fing sie an und wusste, dass Seth ihr zuhörte.
 

“Über Mike ... Heute Abend beim Abendessen ...da war er wieder voll das Arschloch”, erzählte sie.
 

“Ihr wohnt zusammen?”, purzelte es ihm von den Lippen. Wenn das nicht die Höchststrafe war, dann

wusste er es auch nicht mehr.
 

“Ja, sein Vater und er sind bei mir und meiner Familie eingezogen, als die Mutter verschwunden ist. Ist schon ein paar Jahre her.”

Oh mein Gott! Ein paar Jahre schon... Seth reichten fünf Minuten mit dem Kerl und er wäre bereit für die geschlossene Anstalt.
 

“Na ja. Jedenfalls fing er beim Essen wieder mit seinem dummen Gelaber an. Von wegen, ich würde mich nur mit Opfern abgeben. Ich hätte den falschen Umgang und überhaupt zu wenig richtige Freunde. Die abwertenden Kommentare lasse ich nun hier einmal unzitiert, denn die sind echt unter der Gürtellinie.”
 

Sie hielten an einer Bank an, die einen wunderbaren Blick auf das Meer bot, hinter welchem die Sonne gerade zu verschwinden schien.

Leise drang das Meeresrauschen zu ihnen hoch und Dana ließ sich auf das Holz sinken. Seth machte sich nicht die Mühe und blieb dort sitzen, wo er war.
 

“Ich kann ja auch mit niemanden reden. Wie du weißt, Freunde habe ich nicht wirklich, mein Vater ist oft auf Montage und deswegen sehr selten und wenn nur kurz zu Hause. Meine Mutter hat meistens die Nachtschicht und schläft tagsüber deswegen. Mein Bruder ...ist von der Armee her unten in Afghanistan und mit Mikes Vater? Der is’ genau so arrogant und scheiße wie sein Sohn... Sorry, wenn ich dir mit meinem Gesülze auf die Nerven falle, aber ich muss mal mit jemanden darüber reden...”, sprach sie weiter und blickte dann zu dem jungen Mann an ihrer Seite rüber.

Dana hatte einfach das Gefühl, als könnte sie Seth alles anvertrauen, was sie beschäftigte. Als würde er sie verstehen.
 

Aber viel stärker war das Gefühl, dass sie ihn schon seit Jahren kennen würde. Wie einen sehr guten Freund oder gar einen Bruder. Es war merkwürdig und nicht zu beschreiben.
 

“Warum ärgerst du dich eigentlich so über diesen Mike?”, fragte Seth dann einfach mal nach. Irgendwas musste doch da sein, dass sie sich so über ihren Cousin aufregte. Er selbst würde den Kerl einfach ignorieren und links liegen lassen. Was brachte es denn auch, wenn man sich groß über solche Leute aufregte?
 

“Weil er einfach er ist. Mike ist ...er ist jünger als ich, er ist beliebter als ich, er hat die ganze Schule unter seiner Fuchtel und ist Kapitän der Basketballmannschaft und wohl der beste Freund des Schülersprechers. Er disst mich immer.”
 

“Mike erzählt nur Bullshit, hör doch einfach drüber hinweg.”
 

“Ich bin aber nicht wie du”, hielt sie dagegen und beobachtete, wie Seth den Blick wieder geradeaus richtete und tief ein- und ausatmete.
 

“Und er ..mag dich nicht”, setzte Dana noch hinterher und strich sich den Pony aus dem Gesicht.
 

“Und? Das juckt mich nicht. Ich leg’ es nicht darauf an, dass man mich mag”, erklärte Seth seinen Standpunkt.
 

Er hätte nicht gedacht, dass Dana und er – also, dass sie beide so schnell so gute Freunde werden konnten. Dass Dana ihm sogar so etwas jetzt schon erzählte und gleich am ersten Tag ihrer Bekanntschaft zu ihm kam. Das überraschte ihn. Aber er nahm es ihr auch nicht übel oder so etwas in der Art. Er freute sich irgendwo auch darüber, dass sie vorbei gekommen war. Und er würde auch am liebsten irgendwas sagen, damit sie sich besser fühlte. Aber ihm fiel nichts ein.
 

“Aber - warum bist du da so cool?”
 

“Weil ich es nicht brauche. Die Leute, die mich kennen und mögen wollen, die tun dies. Alle anderen - is’ mir egal”, zuckte er lediglich die Schulter. Es kümmerte ihn aber auch wirklich nicht.

Leise seufzte das Mädchen, rutschte ein wenig auf der Bank näher zu Seth heran und legte ihre Hand auf die seine.
 

“Meinst du nicht, diese Einstellung ist falsch?”
 

“Wäre sie falsch, wäre ich ein Wrack. Wenn du dir alles zu Herzen nimmst, dann bist du irgendwann kaputt. Das lernt man schnell, vor allem wenn man in meiner Situation steckt. Und auf solche Leute wie deinen Cousin gebe ich ohnehin nicht viel. Deswegen lässt mich das eigentlich kalt. Und wenn, dann weiß ich, wie man kontert. Das hat mir Dean beigebracht.”

Mit einem beinahe fiesen Grinsen drehte er seinen Kopf zu ihr und drehte seine Hand so, dass ihre in seiner lag.
 

“Wenn du willst, bring ich’s dir bei. Dann läuft Mike volles Rohr auf”, schlug Seth vor.

“Gott!”
 

“Seth reicht vollkommen aus”, grinste er.
 

“Du bist einfach unglaublich”, schmunzelte sie hinterher und schüttelte den Kopf, ehe sie etwas

anderes fragte: “Kann ich heute bei dir pennen?”
 

“Meinetwegen”, stimmte er zu und erntete einen Kuss auf die Wange von ihr.
 

“Ich hab mir schon immer so’n Kumpel wie dich gewünscht.”
 

“Du kennst mich nicht einmal richtig, Dana”, kam es nur ein wenig ungläubig von ihm zurück. Sie wusste nicht einmal annähernd etwas von ihm. Außer sein Alter, seinen vollen Namen und wo er wohnte. Reichte das tatsächlich schon aus, um das hier eine wirkliche Freundschaft zu nennen?
 

“Und? Muss ich das denn? Ich mag dich, das reicht”, hielt Dana dagegen und hüpfte dann von der Bank auf.
 

Jetzt ging es ihr wieder besser. Sie wusste, dass Seth wohl hinter ihr stand - im übertragenen Sinne.

Vor allem, weil sie nun auch wusste, dass Mike Seth nicht niedermachen konnte. Und wenn er das nicht schaffte, würde er auch Dana in Ruhe lassen.

Es war einfach unglaublich. Das alles. Dieser Tag würde als bester Tag in ihrem Leben in die Geschichte eingehen.
 

Dana hatte sich selten so gut gefühlt, wie gerade in diesem Moment.

Seth schüttelte nur sachte den Kopf. Dana war ok. Sie machte ihm das Leben jetzt schon erträglicher, als es vorher war. Jedoch vermisste er seine beiden Kumpels schon ein wenig. Dean ganz besonders.

Der Kerl war der unschwulste Schwule, den er jemals getroffen hatte. Das größte Arschloch unter den Sonne und die härtesten Sprüche auf der Zunge, die bisher das Licht der Welt erblickt hatten.

Mike würde heulend in der Ecke sitzen, wenn Dean irgendwann zu Besuch kommen würde und ganz zufällig auf Danas Cousin treffen würde.

Oh, das wäre ein Fest. Ganz ehrlich. Irgendwie gönnte er es diesem Bekloppten ja schon, dass mal jemand die Schranken zumachte.
 

Und Marcus? Marcus war eher so der ruhige Kerl. Spielte Schach und war eher für Peace und Frieden auf der ganzen Welt. Nein, kein Hippie, einfach nur ein guter Kumpel, der die Welt verändern wollte.

Und hier lag die Betonung auf wollte. Denn geschafft hatte Marcus es nie so wirklich, jemanden zum Besseren zu bekehren.

Manchmal fragte Seth sich wirklich, wie gerade Marcus es mit ihm und Dean so lange hatte aushalten können. Sie beide waren im Doppelpack echt das schlimmste Chaotenpärchen auf der High gewesen. Und Marcus als Moralapostel dazwischen. Tja, das Leben ist kein Ponyhof.
 

“Sag’ mal, wer ist denn dieser Dean?”, wollte Dana dann neugierig wissen, nachdem sie ihre Euphorie-Attacke beendet hatte.
 

“Ein guter, nein, mein bester Kumpel. Wenn er mit der Highschool fertig ist, wollte er mich hier besuchen kommen.”
 

“Kennst du ihn schon lange?”
 

“Mein halbes Leben. Er war anfangs beinahe wie du”, schmunzelte Seth und hatte dann Dana beinahe auf seinem Schoß sitzen.
 

“Oh man! Ein Kerl, der ist wie ich?”
 

“Nicht mehr. Jetzt hat eher jeder Respekt vor ihm. Er hat etwas von Vin Diesel, Wesley Snipes und Martin Lawrence in einer Person.”
 

“Lern ich ihn dann auch kennen? Irgendwie ist die Vorstellung von einem weißen Matrin Lawrence echt toll. Ich mag den Kerl. Bad Boys ist mein absoluter Lieblingsfilm!”
 

“Wenn du willst. Er hat da sicherlich nichts gegen”, bestätigte Seth. Er kannte seinen Kumpel immerhin gut genug um das behaupten zu können. Vor allem war der Kerl auch wirklich umgänglich und freundlich, wenn man ihm nicht gerade auf den Sack ging. Und sicherlich würde sich Dean auch freuen, dass Seth sich nicht ganz so schwer tat, wie er vorher befürchtet hatte.
 

“Bad Boys? Will Smith ist einfach zu cool für diese Welt. Ich liebe seine Sprüche in den Filmen”, bestätigte Seth. Also teilten sie beide sogar die gleiche Leidenschaft für Filme mit gutem Humor.

Noch ein Pluspunkt!
 

Dana stand dann etwas unschlüssig vor dem Jungen, ehe sie den Kopf schräg legte. “Darf ich mich auf deinen Schoß setzen?“, fragte sie zuckersüß.
 

Klar, sie wusste, dass das vielleicht ein wenig aufdringlich war. Aber bei ihrem Bruder durfte sie das auch immer, wenn dieser mal zu Hause war. Und sie brauchte das jetzt. Jemanden, der sie einfach in den Arm nahm und ihr zeigte, dass sie nicht allein war.

Seth jedoch sah sie einfach nur einen Moment lang an, hob eine Augenbraue. “Ok”, stimmte er letztendlich dann doch zu und Dana ließ sich auf seinen Schoß sinken, ließ ihre Beine über die Armlehne baumeln und nahm sich Seth' Hand, während sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte.

Wenn man genau hinsah, könnte man denken, die beiden wären zusammen. Dabei ...war es für Dana irgendwie nur so schön, einen Freund zu haben. Einen Kumpel.
 

Und Seth ...er war halt anders als andere Jungs und sie dachte auch nicht daran, weiter als Freundschaft zu denken.

Und wenn sie ehrlich war, wollte sie das auch nicht. Sie wollte sich nicht vorstellen, wie es wäre, mit ihm zusammen zu sein. Denn sie würde es ohnehin nie sein.
 


 

Am nächsten Morgen klingelte sein Wecker um die gewohnte Uhrzeit, kurz vor sieben. Jedoch ertönte ein unbekannter, dumpfer Aufschlag und ein leises Jammern. Etwas, das er so nicht jeden Morgen aufs neue hörte.

Noch im Halbschlaf runzelte Seth die Stirn. Das gehörte nicht zum Song. Das gehörte nirgendwo hin.

Langsam hob er seine Augenlider, blickte neben sich auf das Bett. Doch die Seite war wie jeden Morgen frei. Niemand lag dort. Und für einen kurzen Moment erinnerte er sich auch nicht daran, dass Dana bei ihm übernachtet hatte. Doch drehte er sich dann etwas umständlich auf die Seite und sah den dunklen Haarschopf Danas neben dem Bett aufragen.
 

Erst dann machte es klick bei ihm. Ach ja, da war ja was..., dachte Seth und rieb sich über die Augen.

“Was machst du da unten?”, fragte er dann verpennt und blickte über den Rand seines Bette zu Dana hinunter.
 

“Dein Wecker hat mich erschreckt”, gab sie kleinlaut zu und wirkte total verloren. Zwischen der Bettdecke und dem viel zu großen Shirt, dass er ihr zum schlafen geliehen hatte, wirkte sie wie ein kleines Kind.
 

“Seth! Frühstück ist fertig. Beweg deinen Luxus-Hintern aus dem Bett!”, schrie dann auch schon Trish durch die ganze Villa, ehe Seth auch nur noch etwas zu Dana hätte sagen können.

Deswegen seufzte er auch nur tief und genervt, ehe er sich auf den Rücken drehte, den Arm über die Augen lehnte.

Dana jedoch hatte den Sturz aus dem Bett wohl schon überwunden und kicherte leise vor sich hin.
 

“Luxus-Hintern”, kicherte Dana dann auch schon gleich wieder viel munterer und stand auf.
 

“Sei froh, dass du schneller bist als ich”, murrte er nur immer noch müde. Das war so typisch seine Schwester. Immer diese ewige Schreierei morgens um diese Uhrzeit. Nur weil Trish schon seit morgens um halb fünf wach war. Wenn sie nicht mehr liegen konnte, war das ja nicht sein Problem!

Es war definitiv zu früh. Wirklich zu früh...
 

“Ich besetz’ kurz dein Bad”, informierte Dana ihn noch kurz, ehe sie an das angrenzende Badezimmer verschwand.
 

Das leise Rauschen der Dusche im Bad nebenan ließ ihn darauf schließen, dass Dana noch ein wenig im Bad brauchen würde. Also müsste Trish auch noch ein wenig auf ihn warten. So ein ...bisschen, auf jeden Fall.

Der Gedanke daran, gleich wieder in die Schule zu müssen, um sich endlos zu langweilen, trieb den Neunzehnjährigen dazu, wieder schlafen zu wollen.

Er hatte keine Lust auf das Geleier der Lehrer, die unnützen Informationen, die er niemals brauchen würde. Das alles war so überflüssig, das dachte man gar nicht.
 

“Seth?”, flötete seine neugewonnen Freundin aus dem Bad und riss ihn damit aus den Gedanken.
 

“Ja?”, fragte er nur zurück, klang jedoch mehr schlafend als hellwach.
 

“Benutzt du Make-up?”
 

“Ich muss doch die durchzechten Nächte irgendwie abdecken, oder?”
 

Ein leichtes Grinsen legte sich auf sein Gesicht. Gott, das klang immer so unmännlich, wenn Männer Make-up benutzten um besser auszusehen. Gut, ok. Er hatte ja nun kein komplettes Sammelsurium an Kosmetik da stehen.

Und es war nur wieder eine Sache, die er von Dean übernommen hatte. Eine der vielen Sachen, die Seth sich von seinem langjährigen Kumpel abgeguckt hatte. Und wenn er so zurück dachte, hatte Dean einen wirklich großen Einfluss auf ihn gehabt.
 

Bezogen auf die Mode und die Musik. Im Grunde hatte Dean Seth’ komplettes Leben verändert, seitdem sie sich kennen gelernt hatten nach dem Kindergarten in der Primary School...
 

“Darf ich ein wenig was von deinem Frauen-Zeug?”, drang die Frage zu ihm durch.
 

“Alles was mir ist, ist auch dir”, gab er zurück und machte sich über seine merkwürdige Satzstellung gar keine Gedanken. Er durfte das! Es war immerhin früh. Und er war faul.

“Cool.”
 

Leise klopfte es darauffolgend auch an Seth’ Zimmertür und Trish schob sich ins Zimmer.

“Hey, sag mal, sitzt du auf deinen Ohren? Warum liegst du da immer noch herum?”
 

“Oh, das ist meine Schuld, Miss Nelson”, entschuldigte sich Dana aus dem Badezimmer heraus. Nicht wissen, dass Seth sie in keinster Weise angemeldet hatte.
 

“Du - hast du’n Mädchen da?”, kam es erstaunt von der Brünetten an der Tür, die die Augen überrascht geweitet hatte. Das war ja mal völlig Neues. Gestern war sie ja schon überrascht, dass Seth einen weiblichen Namen nannte, als sie sich unterhalten hatten. Und jetzt war dieses Mädchen auch noch hier!
 

“Ja, Dana. Sie blieb über Nacht. Sie hat ein wenig Stress zu Hause.”
 

“Ja, er hat mich aufgenommen und aufgepäppelt”, drang es zu ihnen durch und die Badezimmertür ging für einen Augenblick auf, damit Dana Trish kurz zuwinken konnte, um sich dann wieder um ihr Aussehen zu kümmern.
 

“Du Casanova! Das hätte ich ja nun nicht von dir gedacht!”, lächelte Trish ihn breit an und schloss die Tür hinter sich, um sich anzulehnen.
 

“Also so ist das ja nun nicht”, nuschelte der Neunzehnjährige vor sich hin. Nein, also ganz wirklich. So war das nicht!
 

“Mach dich einfach langsam fertig. Ich fahr euch beide dann zur Schule, muss heute etwas später zur Arbeit”, sagte Trish und stieß sich von der Tür ab.
 

“Was gibt’s denn zu Essen?”, wollte Seth noch wissen.
 

“Spiegelei mit Speck und Bratkartoffeln”, folgte die Antwort.
 

“Das klingt ja super!”, rief Dana ihre Begeisterung zu den beiden Geschwistern.
 

“Dann beweg' dich aus dem Bad! Ich muss da auch noch rein.”
 

“Ihr seid ja jetzt schon wie ein altes Ehepaar”, schüttelte Trish den Kopf. “Einfach grauenvoll. Wenn das so weiter geht, will ich nicht wissen, wie es endet”, meinte die Ältere von ihnen und machte sich wieder auf den Weg zurück in die Küche, ließ die beiden Jüngeren somit wieder allein.
 

“Deine Schwester ist toll”, meinte Dana, als sie endlich aus dem Bad kam und sich neben Seth auf das Bett fallen ließ.
 

Sie fuhr sich durch die dunklen Haare und blinzelte ihren neuen besten Kumpel durch richtig schwarz geschminkte Augen heraus an.
 

“Das solltest du öfters tragen. Steht dir”, machte er ihr gleich ein Kompliment und ging nicht einmal ansatzweise näher auf das Kommentar ein, das seine Schwester betraf. Denn es stand ihr wirklich und es war halt Erste, was ihm ein- und aufgefallen war. Es brachte ihre hellen Augen einfach wunderbar zur Geltung und unterstrichen das Blau gekonnt.
 

“Danke”, schmunzelte sie, ein wenig verlegen sogar.

Seth erwiderte da nichts drauf, er schmunzelte nur zurück, ehe er sich aus dem Bett hievte und selbst ins Bad wollte.
 

“Wenn du alles eingesaut hast, musst du aufräumen”, mahnte er noch bevor er die Tür aufstieß.
 

“Ich dachte, ihr habt so viel Geld. Habt ihr keine Haushälterin?”, kam es stichelnd von ihr, während er hinter der Tür verschwand.
 

“Ja, ja. Red’ du mal.”
 

Und schon wurde die Tür ins Schloss geschlagen.

“Du bist jetzt nicht sauer, oder?”, fragte sie nach. Immerhin wollte sie nicht, dass er sauer auf sie war. Immerhin war das Thema Geld immer ein sehr sensibles Thema. Und sie wusste halt nicht, wie Seth darauf reagierte.
 

“Wenn ich sauer bin, sieht das anders aus”, erklärte er dann und es folgte ein leises Lachen.

Etwas, das Dana unheimlich beruhigte. Also war Seth doch nicht anfällig für so etwas.

War er überhaupt für irgendwas anfällig?, dachte sie sich dann und ließ sich auf den Rücken sinken.

Sie musste noch so viel von dem anderen kennen lernen, aber sie war sich sicher, dass sie die Chance dazu bekommen würde. Sie mochte ihren dunkelhaarigen neuen Freund unheimlich gern leiden, vor allem, weil er das komplette Gegenteil von ihr selbst war.
 

Sie wäre in seiner Situation bestimmt schon durchgedreht. Und das mehr als nur einmal.

Leise seufzte Dana. Es war jetzt komplett ruhig in der großen Villa. Nichts war zu hören, sodass sie sich beinahe fragte, was Seth im Bad machte.

Leicht stützte das junge Mädchen ihre Unterarme auf die Matratze und sah sich um. Sie mochte Seths Zimmer irgendwie.
 

Er hatte dieses wunderbar große, weiche Bett, die beiden dunklen Beistelltische jeweils an den Kopfenden des Bettes. Diesen großen Spiegelschrank und die kleinen Kommoden, die mit so viel Krimskrams zugestellt waren. Bilder, kleine Figuren...
 

Der Riesenfernseher gegenüber von der Riesenfensterfront, das blaue Sofa...

Der Schreibtisch an der freien Wand neben den Fenstern.

“Megan Fox, wie konnte es auch anders sein?”, murmelte sie vor sich hin, als sie das lebensgroße Poster von dieser Frau an der Tür entdeckte. Warum fuhren alle Männer so auf diese Frau ab?

Aber das würde sicherlich für ewig ein Rätsel bleiben.
 

“So, wir können jetzt frühstücken”, riss Seth’ Stimme sie aus den Gedankengängen und der Bewunderung über dieses einfache, schlichte und doch so persönliche Zimmer.

Sofort glitt der Blick der Dunkelhaarige zu dem jungen Mann rüber und sie musterte ihn ein wenig.

Eigentlich sah er aus wie gestern. Schwarze Jeans - auch wenn sie sich fragte, wie er da rein kam...

Das schwarze Tanktop und das kurzärmlige rotkarierte Hemd. Aber es stand ihm... Ganz eindeutig.
 

“Ja, ok”, gab sie dann von sich und erhob sich vom Bett, um ihm dann durch den großen hellen Flur in die Küche zu folgen.
 

“Ihr wohnt echt schön”, meinte Dana, als sie sich an den Tisch setzte und sich umsah.
 

“Danke”, sagte Trish, die die Eier dann verteilte, ehe sie die Pfanne mit den Bratkartoffeln einfach auf den Tisch stellte und sich ebenso setzte.
 

“Die Innenarchitekten haben echt ganze Arbeit geleistet. Der Kühlschrank ist ein Traum - und das helle Holz ist so derart pflegeleicht. Das glaub ich nicht”, erklärte die Geschäftsfrau und tat sich - im Gegensatz zu den beiden Jüngeren - Salat auf ihren Teller.
 

“Der Pool hinten im Garten des Hauses...”
 

“Ja, Süße, da kommt noch Wasser rein. Aber die Fliesen sind noch nicht fertig verlegt. Der Pool war ein einziges Chaos, als ich diese Villa besichtigt habe. Aber wenn er fertig ist, gibt’s ne Poolparty!”, freute Trish sich und smilte Dana breit an.
 

Seth schüttelte nur den Kopf. Warum war seine Schwester immer so zugänglich und sofort auf einem Level mit jedem. Das war manchmal echt ein bisschen unheimlich, wenn er ehrlich sein sollte.

Dana blickte dann nur über den Tisch hinweg zu dem Dunkelhaarigen, der gerade den letzten Rest aus der Ketchupflasche auf seinem Ei verteilte.
 

“Ähm, warum tust du das?”, fragte Dana leicht verstört nach. Warum tat man Ketchup auf sein Spiegelei?
 

“Das mach ich schon immer so...”, kam ebenso verpeilt von Seth zurück. Warum sollte er es nicht tun? Er wusste nicht, wie er es erklären sollte.
 

“Das ist komisch”, kommentierte das Mädchen das Tun und musste sich ein Lachen verkneifen, bei dem Blick, den Seth gerade drauf hatte.
 

Er sah so aus, als hätte er einen Geist oder ähnliches gesehen. “Iss einfach.”



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Kommentare zu dieser Fanfic (11)
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Von: abgemeldet
2011-07-11T07:36:49+00:00 11.07.2011 09:36
Hach, ich finde nicht, dass das mit Dana und Seth zu schnell geht. Man lernt eben Leute kennen und versteht sich auf Anhieb richtig gut, also warum zögern?
Ich finde die FF klasse :D Aber natürlich tue ich das, ich würd' mir für das Beta-Amt kloppen, schätz' ich xD
<3~
Von:  Isilein12
2011-07-08T20:16:51+00:00 08.07.2011 22:16
Dein FF ist echt klasse ich hoffe du schreibst schnell weiter ich bin schon richtig aufs nächste Kapitel gespannt ^^ ich platze fast vor Vorfreude ^^


LG Isilein12
Von:  Inan
2011-07-07T11:15:31+00:00 07.07.2011 13:15
Es wirkt tatsächlich schon etwas so, als würde Dana auf ihn stehen, aber an sich muss das ja nichts heißen.
Ist aber niedlich, wie sehr sie ihn schon mag, das ist dann wahrscheinlich doch toller für Seth, als dass ihn keiner leiden könnte oder so~
Tolles Chap =)
Von: abgemeldet
2011-07-06T12:05:41+00:00 06.07.2011 14:05
boah i hab zum kreischen angfangen als i gsehn hab dass ein neues kapi on is.
gfreu mi sooooo (:
der seth is so niedlich >.<
Von:  Salix
2011-07-05T22:38:28+00:00 06.07.2011 00:38
Interessantes Kapitel. Einfach Alltag. Aber geht das mit Dana und Seth nicht etwas sehr schnell?
Und warum sind die Buchstaben des gesamtenKapis dickgedruckt?
LG

Salix
Von: abgemeldet
2011-06-19T20:30:25+00:00 19.06.2011 22:30
gott,der seth ist fuer mich geschaffen.wunderschoenes gesicht,guter geschmack was kleidung betrifft und der geilste musik geschmack aller zeiten.uh und hab ich schon das geile make up und die hamma snakebites erwaehnt.?seth,i love you.! <3
dana ist ja voll die liebe.
und mike.wuhuuu.!das ist auch ein kleiner leckerbissen *yammyamm*
Von: abgemeldet
2011-06-19T19:31:03+00:00 19.06.2011 21:31
erstes kapi: interresant...werd jetzt gleich weiter lesen
Von: abgemeldet
2011-06-17T13:02:52+00:00 17.06.2011 15:02
BLESS THE FALL! ESCAPE THE FATE! YOU ME AT SIX! BLACK VEIL BRIDES!
liiiiiiiiiiiiiebe~
- hatten wir ja schon 'ne unterhaltung drüber. :b

das kapitel ist gut und es ist schön, dass seth in dana (hoffentlich ?) eine freundin gefunden hat und die ganzen opfer die ihn mobben sollen mal schön ruhig sein.
mir ist jetzt nichts irgendwie an fehlern oderso aufgefallen, das einzige auffällige war:
“Muss scheiße sein, die Eltern zu verliehen, oder?”, wollte sie wissen.
heißt's nicht verlieren ? :o

nundenn, das war's auchschonwieder. (:
lg! ♥
Von:  Salix
2011-06-16T23:07:39+00:00 17.06.2011 01:07
Hi,

deine Story ist echt interessant. Auch die Idee ist spannend. Eben nicht typische Klischee-Story.

LG

Salix

P.S. Falls du niemand anderes findest... ich kann mich am Betalesen probieren. Hab's nur noch nie gemacht und Kommaregeln sind für mich etwas, dass anderen zustößt aber mir selten.
Von:  maulemeer
2011-06-11T14:49:55+00:00 11.06.2011 16:49
Hallo Sassa_Shootingstar,
ich habe deine Geschichte gelesen und muss sagen bis jetzt klingt es ganz interessant. Ich habe festgestellt das Seth's Schwester in deiner Charakterbeschreibung ein Alter von 19 Jahren hat und in dem Kapital von 29.
Ich denke da hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen.
maulemeer


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