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Warriorcats - Stunde des Verrats

von

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Kapitel 1:

FlussClan
 

Dunkelgraue Wolken schoben sich vor das Silbervlies und die Luft war heiß und feucht.

„Ein Sturm zieht auf...“,murmelte Nassschweif eher an sich selbst gewandt und Pantherfell konnte seinen Worten nur Glauben schenken. Ein Gewitter war im Anflug. Er beschleunigte seine Schritte.

„Wenn diese Wolken da tatsächlich brechen sollten, dann müssen wir uns beeilen!“, beschwichtigte er seine Freunde und fiel nun in einen leichten Trab.

Sie erreichten die Abzweigung des Flusses, der FlussClan und DonnerClan voneinander trennte. Mit wenigen weiten Sprüngen überwand Pantherfell die Hürde und wartete an den Sonnenfelsen.

„Was ist Schnellfluss, komm endlich rüber!“

Der graublaue Krieger scharrte mit einer Kralle im Sand des Flussbetts.

„Ich weiß nicht Pantherfell, ich glaube das ist keine gute Idee...“, murmelte er leise und schaute seinen Freund wehmütig an. Pantherfells Rückenhaare sträubten sich. Wollte sein treuer Freund etwa kneifen?

„Na gut...“, rief er über das laute Plätschern des Flusses hinweg, „wenn ihr nicht mitmachen wollt, gehe ich eben allein.“

Damit drehte Pantherfell demonstrativ den Rücken zu seinen Freunden und marschierte langsam in das feindliche Territorium.

Er konnte hören, wie Schnellfluss sich doch dazu hinleiten ließ, dem schwarzen Krieger zu folgen. Erleichtert atmete Pantherfell auf. Niemals wäre er ohne seinen besten Freund weitergegangen, wurde ihm bewusst, als er in Schnellfluss dunkelgrüne Augen blickte.

Nassschweif war auf der anderen Seite geblieben und machte keine Anstalt sich zu rühren.

„Was ist los?“, fragte Pantherfell laut.

Nassschweifs Augen blitzten kurz auf.

„Ich habe nie behauptet, dass ich euch begleite.“

Wut flammte in Pantherfells Innern auf. Wie konnte sein einstiger Mentor ihn nur so hängen lassen? Der Krieger wirbelte herum und Schnellfluss hetzte ihm hinterher. Über den Lärm von Wind und Wasser konnte Pantherfell Nassschweif noch sagen hören: „Ich werde euch nicht verraten!“

Wenigstens das. Auf weitere Probleme hatte Pantherfell keine Lust.

Als die beiden Katzen von Bäumen umringt waren,blieb Pantherfell stehen und betrachtete seine Umgebung. Ohne seinen Ohren und Nase wäre er verloren gewesen, denn irgendwie sah hier alles gleich aus.

„Wohin jetzt?“,fragte Schnellfluss mit wackelnder Stimme.Anscheinend konnte er immer noch nicht glauben, was er da tat.

Pantherfell nickte und spitzte die Ohren. Zuerst konnte er nur verschiedene Waldgeräusche ausmachen, aber plötzlich drang von weit her ein Bellen zu seinen Ohren. Mit einem Zucken der Ohren gab Pantherfell seinem Freund die Richtung an und rannte los.

Nach nicht einmal allzu langer Zeit bremste Pantherfell abrupt ab. Schnellfluss rammte gegen ihn.

„Sind wir da?“,fragte er überflüssigerweise, denn vor den Freunden erstreckte sich eine Steinmauer. „Da müssen wir hoch.“, stellte der graue Krieger fest und sprang noch vor Pantherfell die unnatürlich geformte Wand hoch.

Es war das erste mal, dass Pantherfell den Zweibeinerort sah. Ehrlich gesagt war er von dem Anblick enttäuscht. Er hatte von riesigen Gebäuden gehört, die wie Säulen in den Himmel ragten, als wollten sie einen Weg zum SternenClan bilden und von Donnerwegen, die wie gerade Flüsse sich zwischen die Nester der Zweibeiner schlängelten. Was er hier sah, waren einfache Häuser, wie jenes, jenseits der WaldClangrenzen.

„Ich hatte es mir beeindruckender vorgestellt.“, seufzte Pantherfell und Schnellfluss nickte.

„Kralle hat uns was anderes erzählt.“, wiederholte der graue Krieger Pantherfells Gedankengänge. Sie blieben noch kurz auf der Anhöhe sitzen, dann sprang Pantherfell in das kurze Gras hinter der Mauer und huschte im Schatten der Nester durch den Zweibeinerort, dicht gefolgt von Schnellfluss.

Schlummernde Monster drängten sich dicht aneinander und die beiden Krieger umgingen sie so leise wie möglich. Die Zweibeinernester waren ruhig und nirgends schien sich etwas in den gähnenden Schwärze der Häuser zu regen. Selbst die sonst kläffenden Hunde störten die Nachtruhe nicht. Es war wahrlich gespenstisch.Und plötzlich landete eine schneeweiße Katze vor Pantherfells Füßen. Erschrocken fauchte er und die beiden Krieger umkreisten die fremde Katze voller Feindseligkeit.

Zu Pantherfells Verwunderung scherte der Kater sich nicht darum und begann mit geschlossenen Augen seine ausgefahrenen Krallen zu putzen. Pantherfell erstarrte. Sie waren viel länger als seine eigenen, oder überhaupt einer Katze.

„Jetzt beruhigt euch doch mal!“, versuchte der weiße Kater die Krieger zu besänftigen und schnurrte belustigt. Schnellfluss verharrte kurz und wand sich dann angespannt an den Kater.

„Wer bist du? Und was willst du von uns?“

Das Schnurren der weißen Katze wurde lauter.

„Die Frage lautet wohl eher: was wollt ihr?“

Seine eisblauen Augen schienen die beiden Krieger zu durchbohren, als der fremde Kater beide betrachtete.

„Ihr kommt nicht von hier.“, stellte er ruhig fest.

Pantherfell schob sich vor Schnellfluss.

„Kannst du uns sagen, wo wir den StadtClan finden.“

Der Kater, der sich wieder seiner Fellpflege gewidmet hatte, schaute erstaunt auf.

„Zum StadtClan!? Da müsstet ihr ungefähr drei Tage in diese Richtung ziehen.“

Mit einem Kopfnicken deutete er die Richtung und Pantherfell entfuhr ein Seufzen.

„Aber es gibt auch hier einen Clan. Sie sind Teil des StadtClans. Alle Katzen in diesem Dorf gehören ihm an.“, erklärte der weiße Kater und zuckte mit den Schnurrhaaren.

„Kannst du uns zu ihnen führen?“, fragte Schnellfluss vorsichtig und betrachtete dabei die ausgefahrenen Krallen des Katers.

„Das könnte ich tun.“

Lächelnd erhob er sich und deutete den beiden Freunden mit dem Schwanz, ihm zu folgen. Verschiedenste Gerüche flossen in Pantherfells Nase zusammen und je weiter sie sich vom Wald entfernten, desto unbehaglicher wurde ihm zu mute. Als er bereits fragen wollte, wie lange es noch dauere, sprang der Kater mit mit einem kräftigen Satz in eine Senke, und verschwand. Pantherfell und Schnellfluss starrten sich erstaunt an, bevor sie ebenfalls die Böschung hinunter glitten. Über ihnen erstreckte sich der Donnerweg über dem Fluss und wurde gestützt von vielen schwanzlängen hohen Stämme, die wie Bäume aus dem Boden ragten und einen Teil des Flusses in düstere Schatten tauchten. Dort entdeckten sie nun auch den weißen Kater. Doch er war nicht allein. Zu allen Seiten des Ufers drängten sich Katzen aneinander und erst als Pantherfell unter den Donnerweg trat konnte er ihren Geruch wittern, der unter dem modrigen Gestank des nassen Steines lag. Pantherfell und Schnellfluss wichen ungeschickt einigen großen und wohlgenährten Katzen aus, indes hatte der weiße Kater Platz auf einem hervorragenden Stein genommen, der halb über dem Fluss hing.

„Willkommen im DorfClanterritorium!“, begrüßte der Weiße sie und ein freundschaftliches Funkeln trat in seine Augen.

„Ich bin Stahlstern, einer der zweiten Anführer des StadtClans und Anführer des DorfClans. Nun... was wollt ihr vom StadtClan?“

Neugierig beugte sich Stahlstern vor und Pantherfell schritt mutig vor den Felsen, neben ihm blieb Schnellfluss auf seiner Höhe stehen und zum ersten mal blitzte etwas wie Entschlossenheit in seinen Augen auf. Bevor Pantherfell die Frage des Anführers beantworten konnte, ergriff sein Freund das Wort: „Ich bin Schnellfluss und das ist Pantherfell.“, stellte er die beiden vor, „Und wir kommen vom FlussClan, aber nun wollen wir uns euch anschließen!“

Ein lautes Fauchen entfuhr Stahlsterns Kehle. Mit ausgefahrenen Krallen sprang er von der Anhöhe herunter, jede Freundlichkeit war aus seinen Zügen gewichen. Die restlichen Clankatzen funkelten die beiden FlussClankrieger mit gefährlich glitzernden Augen an, während ihr Anführer Pantherfell und Schnellfluss Schritt für Schritt aus ihrem Lager drängte.

„Niemals werden wir Waldkatzen in unseren Clan aufnehmen!“, knurrte er und Pantherfell starrte ihn entsetzt und verwirrt an. Er wusste nicht ob es die plötzliche Feinseligkeit oder die Tatsache, dass der Kater ihren Geruch nicht eher erkannte hatte was jegliche Gedanken vertrieb und nur noch Platz für die nackte Angst ließ. Die glühenden Blicke aus der Dunkelheit ließen Pantherfell die Nackenhaare zu Berge stehen.

„Ich lass euch Zeit bis das Gewitter ausbricht, um unser Territorium zu verlassen, dann befehle ich meinen Kriegern euch auseinander zu nehmen!“, drohte Stahlstern mit fletschenden Zähnen und seine langen Krallen bohrten sich in den harten Boden. Schnellfluss war bereits los gerannt,doch Pantherfell widmete dem weißen Kater noch einen letzten Blick

„So leicht lass ich mich nicht unterkriegen!“

Die Reaktion des Katers konnte Pantherfell nicht mehr sehen, da er mit lang ausgestreckten Gliedern seinem Freund folgte. Während der Flucht keimte immer wieder ein Gedanke in ihm auf.

Warum hat Stahlstern uns wegen unserer Herkunft verurteilt?

Doch der schwarze Krieger wusste keine Antwort.
 

WindClan
 

Wie Sturzbäche fiel das Regenwasser aus den dunklen Wolken. Weißsturm und Sternenpfote rannten so schnell es die in ihren Mäulern baumelnde Frischbeute zuließ. Direkt über den WaldClanterritorien entlud sich das Gewitter und grelle Blitze zuckten über den schwarzen Himmel. Mit tropfnassem Fell rutschten die beiden Katzen die Senke hinab, in deren Mitte das Lager des WindClans lag. Geschützt durch die wuchernden Sträucher war es in den Baus trocken. Sternenpfote und ihr Mentor schüttelten die kalten Tropfen aus ihren Fellen und legten die Frischbeute auf den hohen Haufen neben der Kinderstube. In dieser Blattgrüne war die Beute so reich wie es nur selten vorkommt.

„Du warst heute sehr gut beim Jagen.“, lobte der junge Weißsturm seine Schülerin und Sternenpfote schnurrte verlegen.

„Danke. Du hattest aber auch sehr gute Fänge.“, erwiderte die silberne Kätzin und schlich mit einem Lächeln auf den Lippen in den Bau der Schüler. Bis auf sie war er leer. Ihr Bruder Mondpfote und der ältere Kater Großpfote waren noch mit der Abendpatrouille im Gelände und Sternenpfote hoffte, dass ihre Clankameraden bald zurückkämen. Bei diesem Wetter war es sehr gefährlich in offenem Gelände. Sternenpfote schaute von ihrem Schlafplatz aus zwischen dem Dornengestrüpp hindurch auf die Mitte des Lagers. Dort war es genauso ruhig wie im Bau der Schüler, nur Tupfengesicht huschte kurz über den sandigen Boden der Kuhle hinüber zum Bau von Laubstern. In letzter Zeit besprach sie sich ungewöhnlich oft mit dem Anführer und insgeheim stellte Sternenpfote sich die Frage, ob irgendetwas im Busch war. Auch Mondpfote war das Verhalten der beiden wichtigen Katzen nicht entgangen, aber im Gegensatz zu seiner Schwester machte er sich keine Sorgen.

„Das ist Heiler-Anführer-Angelegenheit.“, hatte er seinen Standpunkt verteidigt und die Sache damit abgetan. Doch Sternenpfote spürte die Spannung der beiden Katzen.

Ein lautes Rascheln unterbrach ihre Gedanken und erleichtert schaute sie in die blauen Augen ihres Bruders, der gerade mit den Kriegern Schneefall und Nebelpelz von dem Grenzgang zurückkam. Knapp verabschiedete er sich von den älteren Katzen und kroch durch den Dornentunnel zu Sternenpfote in den Bau. Sein graues Fell war noch nass vom Regen und bildete kleine Tropfen, die auf den Boden perlten. Schnurrend begann sie sein kaltes Fell trocken zu lecken, während er zitternd versuchte sein Nest aufzuheizen.

„Ich habe mir Sorgen um euch gemacht. Bei so einem Wetter bleibt man am besten den ganzen Tag im warmen Nest und ruht sich aus.“

Mondpfote nickte kräftig.

„Wir waren grade mitten drin, die Grenzen beim SchattenClan zu erneuern, als dieses Unwetter ausbrach. So schnell es ging sind wir wieder her gerannt.“

„Ich und Weißsturm hatten es gerade noch geschafft die Beute einzusammeln.“

Mondpfotes Fell war nun halbwegs trocken und erschöpft kuschelte die silberne Kätzin sich an ihren Bruder. Das Prasseln des Regens und das gleichmäßige Heben und Senken Mondpfotes Flanken machte Sternenpfote schläfrig und Augenblicke später war sie in einen tiefen Schlaf gesunken.
 

DonnerClan
 

Aufgeregt hüpfte Phönixjunges zwischen den Beinen ihrer Mutter herum, während Rubinjunges mit stolz erhobenem Haupt neben Pumapelz saß und auf die rostbraune Kätzin schaute, die ihren Clan unter sich versammelt hatte.

„Wir haben uns heute hier versammelt“, schallte ihre helle Stimme durch durch das Lager auf dessen Blätterdach unaufhörlich der Regen prasselte, „um diese beiden Jungen in den Schülerstand zu erheben.“

Ihre freundlichen grünen Augen ruhten auf den beiden Schwestern, deren Fell im trüben Licht der wolkenverhangenen Sonne wie Feuer leuchtete. Rubinjunges erhob sich würdevoll, doch ihre Schwester stürmte mit abgeknicktem Schwanz nach vorne. Die Augen der Clankatzen funkelten amüsiert.

„Phönixjunges!“

Die kleine gestreifte Kätzin hatte sich nun auch hingesetzt und blickte ehrfürchtig zu ihrer Anführerin hoch.

„Von diesem Tag an bis du deinen Kriegernamen verdienst wird dein Name Phönixpfote sein. Tigerstreif, du bist ein erfahrener und treuer Krieger. Ich möchte, dass du all deine Fähigkeiten an diese Jungkatze weiter gibst.“

Phönixpfote war wieder aufgesprungen und zu ihrem neuen Mentor gerannt, der ihre Nase mit der seinen berührte und seine neue Schülerin freundlich musterte. Mit aufgeregt peitschendem Schwanz ließ sie sich neben Tigerstreifs großen Pfoten nieder.

Roststern fuhr mit der Zeremonie fort: „Rubinjunges, von diesem Tag an bis du dir deinen Kreigernamen verdient hast sollst du den Namen Pubinpfote tragen. Dein Mentor wird Orangepelz sein.“

Sie blickte den jungen Krieger an, der vor Stolz beinahe zu platzen schien.

„Du bist zwar noch jung, aber der DonnerClan ehrt dein Jagdgeschick und deine Stärke. Ich erwarte, dass du dies an deine Schülerin weitergeben wirst.“

Mit einem respektvollen Nicken erhob Orangepelz sich, während Rubinpfote würdevoll wie eh und je sich zu ihm begab und ihre Nase an seine presste. Ein Schnurren entfuhr seiner Kehle und Rubinpfote musste augenblicklich lächeln. Sie mochte Orangepelz. Als sie noch in der Kinderstube waren, kam er immer zum Spielen und Rubinpfote hoffte, dass ihr Mentor für immer ihr Freund bleiben würde. Die Sonne erreichte den Zenitstand und die beiden frisch gebackenen Schülerinnen bezogen ihren neuen Schlafplatz, wo bereits Veilchenpfote, Löwenpfote und Dachspfote warteten und sie freundlich in Empfang nahmen. Obwohl Rubinpfote es sich nicht wie ihre Schwester anmerken ließ, war sie doch sehr aufgeregt und mit einem Blick auf Phönixpfote wusste sie, dass sie diesen Tag niemals vergessen würde.
 


 

SchattenClan
 

Der umgestürzte Baumstamm hatte genau den Bau der Schüler getroffen. Panische Angst ging durch den SchattenClan und der Schock saß tief in ihren Gliedern. Keine Katze konnte sich rühren.

„Was ist passiert?!“, hallte die atemlose Stimme der Heilerin durch das Lager, als sie mit einem Bündel Kräuter im Maul das Herz der SchattenClanterritoriums betrat. Weidenfell war der erste, dessen Stimme wieder Halt gewann, als er durch das aufgeregte Miauen der Katzen hindurchrief: „Ein Baustamm ist in den Bau der Schüler gestürzt!“

Vor Schreck ließ Saphirauge das Kräuterbündel in den Staub fallen und rannte zur Unfallsstelle.

„Wie viele Katzen waren drin?“, fragte sie mit einem verzweifelten Unterton in ihrer Stimme.

„Wir wissen es nicht genau... Schattenpfote und Felspfote sind hier, die anderen drei fehlen.“

Genau in diesem Moment kam Hirschstern mit einer schilpattfarbenen und einer hellbraunen Kätzin in das Lager geschritten. Beim Anblick der Zerstörung weiteten sich seine grünen Augen. Unfähig zu sprechen schritt er zu Saphirauge. Diese schlussfolgerte: „ Wenn Schattenpfote und Felspfote die ganze Zeit hier waren und Weizenpfote und Efeupfote gerade eingetroffen sind, dann kann nur Bärenpfote im Schülerbau gewesen sein.“ Blättersturm und Rehfuß stürmten zu der Heilerin und ihrem Anführer. Ein klägliches Miauen hallte durch das Lager und alle Katzen senkten betrübt den Kopf.

„Was ist los mit euch!?“, knurrte der Vater des verschollenen Schülers, „Ihr tut so, als wär jede Hoffnung verloren. Vielleicht lebt Bärenpfote noch.“

Ohne eine Reaktion der anderen Katzen abzuwarten sprang der mutige Kater in das Gewirr aus Hecken und Ästen. Geladene Spannung breitete sich unter den Anwesenden aus.

Bitte SternenClan, lass ihn am Leben sein!

Betete Saphirauge, bereit beim geringsten Lebenszeichen vorzupreschen und dem Kater zu helfen.

Plötzlich ertönte ein erfreutes Miauen: „Ich habe ihn gefunden!“

Das war eindeutig die Stimme von Blättersturm und erleichtert drehte Saphirauge sich zu Hirschstern. Seine Miene war ernst und unergründlich. Ein lautes Rascheln ertönte, dann blitzte das braune Fell von Blättersturm durch das Gebüsch. Die Katzen des SchattenClans hatten sich schon zum Jubel bereit gemacht, doch das laute Miauen der Katzen erstarb, als Blättersturm mit feuchten Augen den schlaffen Körper von Bärenpfote hinter sich herzog.

„Ist...ist er tot?“, fragte Schattempfote und eine Träne rann ihr Gesicht herunter. Saphirauge betrachtete den kleinen Körper des Katers. Ihre steinerne Miene hellte sich auf.

„Er lebt! Seht nur, seine Flanken bewegen sich.“

Sie wirbelte zu Schattenpfote herum.

„Renne so schnell du kannst in meinen Bau und hol Mohnsamen und Schafgabe!“

Die Kätzin sprintete in den Heilerbau, während Saphirauge sich an den Katzen vorbei drängte, die entsetzt auf das viele Blut starrten. Jenes sickerte aus tiefen Wunden an Hinterläufen und Kopf.

„Ich gehe schnell Spinnenweben suchen!“, rief Rehfuß im Wegrennen. Saphirauge wollte ihr danken, aber der Ernst der Lage verschlug ihr die Stimme.

„Bärenpfote!“, sanft flüsterte sie dem jungen Kater ins Ohr. Alle Clankatzen hielten erwartungsvoll die Luft an. Ein schmerzerfülltes Stöhnen entfuhr Bärenpfotes Kehle und Saphirauge atmete erleichtert auf. Noch war die Hoffnung nicht verloren. Die umstehenden Krieger machten Schattenpfote Platz, die mit einem Bündel Kräuter neben Saphirauge sprang. Sie rang nach Luft, aber tatkräftig stand sie ihrem Bruder zur Seite. Nun erreichte auch Rehfuß mit den benötigten Spinnenweben wieder ihren Sohn und presste auf Anweisung der Heilerin die seidigen Fäden auf die Wunden ihres Sohnes. Saphirauge war währenddessen dabei, Bärenpfote die Mohnsamen und Schafgabe zerkleinert in den Mund zu stecken.

„Schluck das unter, Bruder! Bitte!“

Verzweifelt leckte Schattenpfote die Wange ihres Bruders, der daraufhin schwerfällig und unter großen Anstrengung die Kräuter schluckte.

„Wird er überleben?“, fragte Weizenpfote, die dato nur schockiert zugeschaut hatte.

Saphirauge hätte der kleinen Kätzin nur zu gerne Hoffnung gemacht, aber dazu hätte sie lügen müssen.

„Tut mir Leid, Weizenpfote, aber ich kann es dir noch nicht sagen...“

Die Wirkung er Kräuter hatte eingesetzt und Bärenpfote würde nun kaum noch Schmerzen spüren. Zusammen mit dem Vater des Katers schleppte die Heilerin Bärenpfote in ihren Bau, gefolgt vom Rest seiner Familie und Hirschstern.Der weise Anführer schickte die Angehörigen nach draußen. Als er sich sicher war, dass der verletzte Kater schlief, wand er sich an Saphirauge.

„Ich hatte vor wenigen Tagen einen Traum. Der SternenClan hat mir eine Botschaft geschickt. Ich glaube, das Unglück hat damit etwas zu tun.“

Saphirauge wurde hellhörig.

„Wie lautete die Nachricht?“

Hirschstern blickte mit gläsernen Augen gen Himmel.

„Blut und Unglück werden die Erde tränken, auf deren Grund die Nacht ein schrecklichen Verrat begeht...“

Kapitel 2

FlussClan
 

Zu Pantherfells Erleichterung hatte niemand im Lager ihr Fehlen bemerkt und der stetig heftiger werdende Regen hatte den Geruch der Zweibeinersiedlung vollständig weg gewaschen. Ein weiteres mal versuchte der schwarze Krieger sein Fell zu trocknen, als Schnellfluss mit einem Kaninchen im Maul in den Bau der Krieger kroch. Er ließ sich neben seinem Freund fallen und bot ihm ein Teil des Kaninchens an. Selig begann Pantherfell kleine Fleischbrocken von den Knochen des Beutetiers zu reißen und seinen Hunger zu stillen. Ohne zu reden aßen die beiden Freunde, als Schnellfluss das Schweigen brach.

„Warum willst du eigentlich wegrennen. Was hast du im StadtClan, was du hier nicht bekommst?“, fragte der graue Krieger in gedämpftem Tonfall, damit keiner der anderen Katzen mithören konnte.

Genau in diesem Moment erblickte Pantherfell die erst kürzlich erkorenen Aschenstern, wie sie mit ihrem Stellvertreter Lindengesicht leise sprach. Ihr wunderschönes Fell glänzte trotz des schlechten Wetters gesund und ihr Anblick raubte Pantherfell den Atem.

„Freiheit!“, beantwortete er die Frage seines Freundes und erhob sich gähnend.

„Ich werde jetzt schlafen gehen. Falls du Nassschweif siehst, dann richte ihm bitte meinen Dank aus.“, murmelte Pantherfell während er sich zwei mal um die eigene Achse drehte und es sich dann in seinem Nest aus Farn und Moos bequem machte.

„Ich werde es ihm ausrichten.“

Damit verließ Schnellfluss den Kriegerbau und das letzte was Pantherfell sah, bevor er von der Müdigkeit übermannt wurde waren die strahlenden Augen von Aschenstern.
 

Feine Sonnenstrahlen schienen durch das Blätterdach des Baus und kitzelten Pantherfells Nase. Hinge nicht noch der feuchte Duft des Regens in der Luft, hätte Pantherfell nie geglaubt, dass erst gestern ein heftiges Unwetter gewütet hatte. Gähnend erhob er sich und blickte sich um. Alle Katzen schliefen noch, Schnellfluss neben ihm eingeschlossen, und nur drei Nester waren leer. Noch immer schläfrig schlüpfte Pantherfell aus der angenehmen Wärme des Baus. Leichter Nebel waberte über den Boden und leuchtete geheimnisvoll in der Morgensonne. Das Lager war leer und selbst aus Luchstatzes Heilerbau kam kein Laut, obwohl der neurotische Heiler immer sehr früh auf den Beinen war. Pantherfell warf einen Blick zurück in den Bau der Krieger. Wieder schlafen gehen wollte er nicht und Schnellfluss gleichmäßiges Heben der Flanke verriet, dass er noch im Tiefschlaf war.

Dann gehe ich eben allein jagen.

Leise schlich der schwarze Kater sich aus dem Lager und lief Richtung Fluss. Das Wasser glitzerte und Pantherfell konnte bis auf den Grund sehen. Still verharrte er in seiner Position und beobachtete die Elritzen, die zutraulich immer näher an das Ufer geschwommen kamen. Pantherfell fixierte eine besonders mutige. Mit angespannten Pfoten wartete er auf den Richtigen Moment, dann schnellte seine Pfote nach vorne und die spitzen Krallen des Kriegers bohrten sich in das zarte Fleisch des Fisches. Mit einem Ruck zog er ihn aus dem Wasser. Noch zappelnd ließ er die Elritze auf den sandigen Boden fallen und wartete, bis seine Beute endlich erschlaffte. Zufrieden mit seiner Jagd versteckte er die Beute zwischen dem Schilfrohr und scharrte trockenen Sand darüber, damit keine Räuber das erlegte Tier riechen und stehlen konnten, bis Pantherfell es ins Lager brachte. Der Krieger entfernte sich vom seichten Wasser des Flusses und betrachtete die Umgebung des Territoriums, nicht sicher, was er als nächstes tun sollte. Auf Jagen hatte er keine Lust mehr, aber er bis zur nächsten Patrouille dauerte es noch mehrere Stunden. Seine umherschweifenden Blicke fielen auf das rote Dach des Zweibeinernestes und kurzentschlossen rannte Pantherfell dem Gebäude entgegen. Vielleicht war Kralle ja bereits erwacht. Er hatte seinen Hauskätzchenfreund schon lange nicht mehr gesehen. Geübt kroch Pantherfell durch das Loch im Zaun und schlich vorsichtig im Schatten des Hauses durch den unordentlichen Garten, Ausschau haltend nach dem samtig schwarzen Pelz des Katers. Endlich entdeckte er ihn auf dem Fenstersims seines Hauses.

„Hey Kralle!“, rief Pantherfell zu dem Kater hinauf, dessen Augen erfreut aufblitzten, als er seinen Freund entdeckte. Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob er sich und sprang elegant von seinem Platz. Pantherfell war immer wieder erstaunt, wie schlank und muskulös Kralle für ein Hauskätzchen war. Freundlich schnurrend leckte Kralle über Pantherfells Schulter.

„Schön, dass du mich wieder besuchen kommst! Warst du schon beim StadtClan?“

Ein enttäuschter Ausdruck trat in Pantherfells Gesicht.

„Ja, aber ich bin nur auf den DorfClan getroffen. Der StadtClan wäre viel zu weit weg.“, lamentierte der Krieger und ließ sich auf seine Hinterläufe fallen.

„Oh, das tut mir sehr leid. Ich hatte im Innern des Monsters meiner Zweibeiner die Entfernung gar nicht gemerkt.“, entschuldigte sich der Kater und schaute verlegen auf seine Pfoten.

„Du kannst ja nichts dafür. Ich hätte zu gerne den StadtClan getroffen. Der DorfClan ist zwar Teil von ihm, aber er untersteht dem Befehl von Stahlstern. Eigentlich war er sehr freundlich zu uns, aber als Schnellfluss unsere Herkunft erwähnte, war er ganz plötzlich feindselig gestimmt.“

Kralle wackelte verwirrt mit seinen Ohren.

„Merkwürdig...“, entgegnete er.

„Du weißt nicht zufällig, warum er sich so verhalten hat?“

Nein...“, Kralle wirkte betreten, „Ich habe noch nie was von ihm gehört.“

Nach einer kurzen Weile des Schweigens hellte sich Kralles Miene plötzlich auf.

„Ich kenne einen alten Einzelläufer. Er hat bestimmt schon zwei Generationen hinter sich. Vielleicht weiß er mehr über den StadtClan. Ich könnte ihn fragen, wenn er das nächste mal in diese Gegend kommt.“, schlug der schwarze Kater vor und Pantherfell schmiegte sich dankend an ihn.

„Du bist ein echter Kumpel!“, schnurrte er und schaute auf seinen Schatten. Das Gespräch mit Kralle hatte sich länger gezogen, als er gedacht hatte.

„Ich muss zurück, sonst macht sich Schnellfluss Sorgen, außerdem möchte ich mich der Mittagspatrouille anschließen.“

Im Wegrennen rief Pantherfell Kralle noch zu: „Ich werde dich so bald wie möglich wieder besuchen kommen, vielleicht wissen wir dann beide mehr!“

Kralle zuckte mit seinen Ohren und signalisierte, dass er ihn verstanden hatte, dann verschwand er gemächlich in der Scheune seiner Zweibeiner.
 

WindClan
 

Es waren Großpfotes schwere Tatzen, die Sternenpfote aus dem Schlaf rissen. Mürrisch erhob sie sich und unterzog ihr Fell einer kurzen Pflege.

„Windfuß will dich mit Weißsturm und Schneefall auf die Morgenpatrouille schicken.

„Ich hasse Patrouillen!“,stöhnte sie genervte und hievte sich widerwillig aus ihrem gemütlichen Nest. Großpfote stimmte ihr mit einem Nicken zu.

„Wo wart du gestern Nacht eigentlich? Ich hab dich gar nicht ins Lager kommen sehen.“

Großspfote zuckte mit den Schultern.

„Ich hab noch gemeinsam mit Nebelpelz unsere Beute eingesammelt. Die Blattgrüne dieses Jahr ist so reich, dass wir selbst auf den Patrouillen beim Donnerweg auf Beute treffen. Als ich zurück gekommen bin, haben du und dein Bruder bereits tief und fest geschlafen“

Das genügte Sternenpfote als Begründung und mit einem knappen Abschiedsgruß zwängte sie sich durch den Dornentunnel in die Mitte des Lagers. Dort erwartete sie bereits Weißsturm und das schöne weiße Fell des Krieger strahlte so hell im Licht der Morgensonne, dass Sternenpfote willkürlich die Luft anhalten musste.

„Was ist?“, rief der junge Krieger, „möchtest du da hinten Wurzel schlagen?“

Mit heißem Pelz rannte sie auf ihn zu und versuchte ihre Verlegenheit zu verbergen.

„Lass uns gehen!“,sagte sie mit fester Stimme, um ihre Schamröte zu verbergen und rannte mit wehendem Fell aus dem Lager hinaus. Dort wartete bereits der Rest der Patrouille.

„Da seid ihr ja endlich!“,murrte Schneefall und Windfuß fügte schnurrend hinzu: „An einem so schönen Tag kann man doch den Morgen nicht verschlafen.“

„Genau, sei das nächste mal pünktlich!“

Es sollte wie ein Vorwurf klingen, aber Sternenpfote konnte den Sarkasmus aus Schneefalls Stimme hören und grinsend trabten die vier Katzen los. Nur Weißsturms Gesicht war ernst und seine Augen lagen im dunklen Schatten seiner Wimpern, als sie über das Licht durchflutete Grasland stürmten.

„Kaum zu Glauben, dass gestern Abend hier die Hölle los war.“

Schneefall sprang fröhlich miauend in die Luft und der Wind der Geschwindigkeit zerzauste ihr flauschiges Fell.

„Man könnte sich glatt ins Gras fallen lassen und den ganzen Tag faulenzen!“, stimmte die silberne Kätzin der Kriegerin zu und verfiel der gleichen Euphorie. So schöne Tage wie diese gab es wirklich selten, in denen einfach alles stimmte. Keine Sorgen, keine Not, keine Probleme! So konnte das Leben bleiben bis Sternenpfote eines Tages zum SternenClan gehen würde.

Kurz vor dem Donnerweg verlangsamte Windfuß seine Schritte und schlich vorsichtig an den stinkenden Pfad. Bei diesen Temperaturen stank er sogar noch mehr und sonderte eine unangenehme Hitze ab. Sternenpfote fühlte sich, als würde ihr Fell gleich in Flammen aufgehen. Weißsturm und Schneefall schien es genauso zu ergehen, zumindest wirkten sie nicht gerade glücklich. Windfuß strich durch das hohe Gras und erneuerte die Grenzen, als die Erde zu beben begann. Gerade noch rechtzeitig konnte er zu seinen Clankameraden springen, bevor ein Zweibeinermonster über den Donnerweg raste und Staub aufwirbelte. Sternenpfote hustete, als der heiße Dreck in ihren Lungen hängen blieb.

„Ekelhaft hier! Lasst uns schnell weiter gehen.“

„Ja, ist wohl besser so.“; stimmte Windfuß zu und führte die Gruppe weiter.
 


 

DonnerClan
 

Rubinpfote hatte vor Aufregung die ganze Nacht nicht schlafen können und trotz der mangelnden Ruhe war sie voller Energie. Phönixpfote hüpfte aufgeregt um ihre Schwester.

„Was glaubst du werden wir heute machen? Bestimmt kämpft Tigerstreif mit mir und zeigt mir seine Techniken. Oder vielleicht jagen wir auch etwas, oder vielleicht...“

Rubinpfote hörte gar nicht mehr zu. Ihre Schwester war mal wieder ganz die alte und während die rote Kätzin nur ab und zu nickte und dem Wortschwall von Phönixpfote zustimmte, hielt sie Ausschau nach ihren beiden Mentoren. Endlich sichtete sie die beiden Krieger und ihr Pelz begann vor Aufregung zu kribbeln.

„Da sind sie!“, teilte die Kätzin ihrer Schwester mit, die daraufhin endlich verstummte. Zusammen rannten sie den erfahreneren Katzen entgegen und begrüßten sie schnurrend.

„Was tun wir heute?“, fragte Rubinpfote höflich und versuchte mit einem strengen Blick die jüngere Phönixpfote zur Ordnung zu rufen. Doch die kleine Kätzin dachte nicht daran auf den warnenden Blick ihrer älteren Schwester zu hören und begann nun Tigerstreif mit Fragen zu löchern.

„Wir werden euch die Grenzen unseres Territoriums zeigen, damit ihr beim Jagen nicht aus Versehen die Grenzen überschreitet. Das könnte schlimme Folgen haben.“, beantwortete Tigerstreif Rubinpfotes Frage und ging nun auch auf die seiner Schülerin ein, während die vier Katzen das Lager verließen und im Schatten der Bäume durchs Unterholz krochen. Rubinpfote schaute mitleidig zu dem dunklen Tigerkater, doch dieser lächelte selig und beantwortete jede von Phönixpfote Fragen mit Ernsthaftigkeit. Die kleine rote Kätzin konnte nicht anders, als ihn dafür zu bewundern. Sie selbst war viel zu ungeduldig mit ihrer Schwester.
 

Orangepelz und Tigerstreif hatten die Führung übernommen und die beiden neuen Schüler trotteten ihnen gehorsam hinterher. Plötzlich blieb Tigerstreif stehen. Vertrauenswürdig beugte er sich zu den kleinen Katzen runter.

„Was könnt ihr riechen?“

Rubinpfote und Phönixpfote streckten die Nasen in die Luft.

„Ich rieche den Wald!“, antwortete Rubinpfote ohne zu zögern.

„Aber außer dem Wald?“

Rubinpfote prüfte weiter die Luft, als ihre Schwester aufgeregt auf quiekte.

„Ich habe irgendwas fremdes gewittert. Ein frischer Geruch... nach Wasser und irgendetwas anderem!“

„Sehr gut.“, lobte Orangepelz die braune Kätzin und Rubinpfote bemerkte den Geruch nun auch. So etwas hatte sie noch nie gerochen.

„Orangepelz, was ist das?“,fragte sie neugierig.

„Prägt euch den Geruch gut ein. Das ist FlussClan. Ihr Territorium liegt jenseits der Sonnenfelsen hinter dem Fluss.“

„Was sind die Sonnenfelsen?“

„Das werdet ihr gleich sehen.“, antwortete Tigerstreif und rannte vor raus, während die Jungkatzen mit ihren kurzen Beinen kaum hinterher kamen.

Die Sonnenfelsen waren eine Gruppe aus grauem Gestein, das in den Himmel ragte und eine wohltuende Wärme verbreitete.

„Hier ist es immer am wärmsten und Beute ist selbst in der Blattleere reich.“

Tigerstreifs Augen verdunkelten sich.

„Aber sie sind ein umstrittenes Gebiet. Der FlussClan versucht immer wieder sie uns wegzuholen.“

„Aber wir werden sie vertreiben!“

Mutig schritt Phönixpfote nach vorn und schaute stolz über die Steingruppe, als wäre es ihr eigenes Königreich.

„Nicht wahr Tigerstreif?“

Der Tigerkater schnurrte belustigt und deutete den Schülern mit einem Schwanzschnippen die nächste Richtung die sei einschlagen sollten. Rubinpfote schritt Seite an Seite neben Orangepelz durch den Wald, während ihre Schwester wider des Befehls zu den Sonnenfelsen rannte.

„Bleib da, Phönixpfote!“, rief Tigerstreif ihr nach, doch ihre Schwester hatte ihn nicht gehört. Gemeinsam hetzten sie ihr hinterher, als Rubinpfote der strenge Geruch des FlussClans in die Nase stieg. Er war hier viel kräftiger, als in weiterer Entfernung und der Geruch haftete nur an einigen Grashalmen. Verwirrt drehte sie sich zu ihrem Mentor um.

„Warum riecht es hier so streng nach FlussClan?“

Der rote Kater blieb stehen und trabte neugierig auf seine Schülerin zu.

„Was hast du ge-“

Er hielt inne und schnüffelte an dem gleichen Grashalm wie sie selbst und fauchte ganz plötzlich.

„Diese miesen FlussClankatzen. Tigerstreif, komm und sieh dir das an!“

Der braune Kater hatte mittlerweile seine eigenwillige Schülerin wieder aufgelesen und kam mit ihr im Schlepptau ebenfalls angerannt. Orangepelz deutete auf die Duftspur und Tigerstreif entfuhr ein wütendes Knurren.

„Das müssen wir Roststern melden. Wir holen unser Rundgang später nach.“, versprach er den beiden aufgeregten Schülern.

„Das hast du gut gewittert!“, lobte ihr Mentor Rubinpfote und ihre Schnurrhaare zuckten stolz, bevor die vier Katzen zum Lager zurück rannten
 


 

SchattenClan
 

Die Müdigkeit nagte an Saphirauge, doch sie dachte nicht daran zu schlafen. Bärenpfotes Zustand hatte sich nicht sonderlich gebessert und der kleine Kater kämpfte noch immer mit dem Tod. Die Farnbüschel am Eingang ihres Baus raschelten, als Hirschstern die Heilerin besuchte.

„Wie geht es ihm?“, fragte er in gedämpftem Tonfall, um Bärenpfote nicht zu wecken. Saphirauge seufzte.

„Nicht viel besser fürchte ich...“

Trauer blitzte in den Augen des Anführers auf.

„Hoffentlich schafft er es.“

Saphirauge konnte nur mit den Schultern zucken und verfluchte sich in Gedanken, dass sie dem Verwundeten nicht besser helfen konnte.

Wenn doch nur Himmelsfell hier sein könnte, um mir zu helfen.

Doch der Heiler würde ihr wohl nur noch im Traum begegnen. Wo sie gerade bei Träumen war...

„Ich habe diese Nacht lange über deine Worte nachgedacht, Hirschstern.“, murmelte sie und starrte gedankenverloren in den azurblauen Himmel über ihnen, der so gar nicht zu Saphirauges Stimmung passte. Sie schloss kurz die Augen, dann drehte sie sich entschlossen zu ihrem Anführer.

„In einigen Tagen ist die große Versammlung und du musst dich mit den anderen Anführern austauschen. Du bist nicht mehr der Jüngste und der Clan kann es sich nicht leisten, dass du ein Leben verlierst. Ich habe beschlossen zum Hochfelsen zu reisen, wenn es Bärenpfote besser geht und wir bis dahin keine weiteren Träume erhalten haben. Diese Botschaft ist sehr ernst zu nehmen und wir müssen ihr auf den Grund gehen, sonst könnte es ein übles Ende nehmen.“

Saphirauge zog mit Absicht nicht in Erwägung, dass Bärenpfote vielleicht nie wieder sich erholen würde. Sie wollte die Hoffnung des Anführers und auch von sich selbst nicht noch weiter schwächen. Hirschstern schien lange nachzudenken und Saphirauge befürchtete, er könnte wütend sein, weil sie ihn auf sein hohen Alter angesprochen hatte, doch dann schaute er ihr fest in die Augen und sprach: „Ich denke, dass wird das Beste sein. Geisterstimme kennt sich mit Kräutern aus und kann dich während deiner Abwesenheit vertreten. Ich werde die Nachricht deiner Reise aber erst verkünden, wenn Bärenpfote die Not überstanden hat... wenn überhaupt.“,Letzteres murmelte der Anführer eher an sich selbst gewandt, doch Saphirauge konnte es dennoch verstehen und die Worte schnürten ihr die Kehle zu. Wenn selbst ihr weiser und erfahrener Anführer die Hoffnung aufgegeben hatte, war es dann vielleicht wirklich zu spät für den jungen Kater? Saphirauge rief sich zur Vernunft. Sie durfte als Heilerin nicht so denken, sonst würde Bärenpfote es wirklich nicht schaffen. Mit neuem Elan und alter Frische begann sie ein Päckchen aus Kräuter für den Verwundeten zusammenzumischen.

„Lass mich bitte allein. Ich brauche meine Ruhe zum arbeiten.“

Hirschsterns Blick war unergründlich, doch er verließ ohne weiteren Kommentar ihren Bau und ließ Saphirauge allein zurück.

Kapitel 3

FlussClan
 

„Wo bist du so lange gewesen!“

Vorwurfsvoll schaute Schnellfluss in Pantherfells bernsteinfarbene Augen. Unter der Lautstärke des Vorwurfs zuckte er zusammen, ehe der schwarze Krieger verstohlen um sich blickte und sich dann vertrauenswürdig nach vorne zu beugen.

„Ich war bei Kralle.“, entschuldigte er sich mit gedämpftem Tonfall. Die eben noch wütenden Züge seines Freundes hellten sich auf.

„Er hat gesagt, dass er nichts von Stahlstern weiß. Aber er kennt einen Kater, über den er vielleicht einiges in Erfahrung bringen könnte.“

Schnellfluss' Miene war unergründlich.

„Du willst es also immer noch tun?“

Pantherfell seufzte: „Hör zu! Ich kann nicht hier bleiben. Dieser Clan zerstört mich, versteh das doch!“

Seine Augen blickten wehmütig zu dem grauen Krieger.

„Wann erzählst du mir endlich was los ist?“, fragte er sanft und leckte einmal mit seiner rosa Zunge über Pantherfells Schulter. Dieser schnurrte dankbar, bevor seine Miene wieder ernst wurde.

„Ich werde es dir erzählen, aber jetzt noch nicht. Ich fühle mich noch nicht bereit dazu.“

Das schien Schnellfluss als Antwort zu genügen. Mit einem Schnippen des Schwanz signalisierte er, dass Pantherfell ihm folgen sollte.

Schnellfluss zog eine Maus vom Frischbeutehaufen und Pantherfell tat es ihm nach, bevor beide Krieger im Eingang der Kinderstube stehen blieben. An Sonnenpelz' Bauch drängten sich drei Junge.

„Aschenstern hat mir versprochen, dass ich bald einen Schüler zugeteilt bekomme.“, flüsterte der graue Kater seinem Freund zu, um die Jungen nicht zu wecken, und leckte stolz über sein Brustfell.

„Vielleicht bekommst du auch bald einen!“, versuchte Schnellfluss Pantherfell Hoffnung zu machen und knuffte ihn freundlich in die Seite.

„Wohl kaum...“
 

WindClan
 

Mit funkelnden Augen starrte Mondpfote seine Schwester an, während Sternenpfote eine Lücke in seiner Verteidigung suchte. Doch der Kampf der beiden Schüler war wie ein Tanz. Wenn die Kätzin einen Schritt tat, wich Mondpfote ihr aus und umgekehrt. Keiner der beiden konnte den anderen ernsthaft treffen.

Ein weiteres mal vollführte der graue Tigerkater einen durchaus beachtlichen Angriff, aber sein silbernes Ebenbild wich geschickt aus.

Sternenpfote wollte gerade zu ihrem Pfotenschlag ausholen, als Weißsturm und Wiesenschweif dazwischen gingen.

„Das reicht!“,streng blickte der braune Kater auf seinen Schüler Mondpfote, der ihn zuvor wütend angefunkelt hatte. Nun duckte sich der Jungkater unter der Macht der älteren Katze.

„Euer Kampfstil ist einfach zu ähnlich, um nicht zu sagen nahezu identisch.“

Sternenpfote meinte eine Spur Stolz in Weißsturms Stimme mitschwingen zu hören, aber wie so oft war die Miene des Kriegers ernst und unergründlich. Der weiße Kater deutete Mondpfote und seinem Mentor mit dem Schwanz, dass sie Platz machen sollten.

Mit einigen Rückwärtsschritten schuf Weißsturm eine Kluft zwischen ihm und Sternenpfote. Angriffslustig ging er in Kauerstellung und begann seine Schülerin zu umkreisen. Diese wiederum tat es ihrem Mentor nach und ihr Gegenüber scharf beobachtend umkreisten sie sich. Sternenpfote hatte gelernt, dass eine Defensivstellung zu Beginn des Kampfes ihr eindeutige Vorteile einbrachte und so wartete sie ungeduldig, dass der ältere Kater sie angriff. Ohne Vorwarnung zischte er plötzlich nach vorn und Sternenpfote wurde wieder einmal bewusst, warum sein Name Weißsturm lautete.

Gerade noch rechtzeitig schaffte sie es den scharfen Krallen des Krigers zu entweichen und tauchte unter ihm hindurch. Entschlossenheit flammte in ihrem Innern auf. Noch nie hatte sie es geschafft ihren Mentor zu schlagen. Wenn sie bald Kriegerin werden wollte musste sie es mit ihm aufnehmen. Sternenpfote behielt ihre jetzige Strategie bei. Weißsturm tat einen Angriff nach dem andern und schmerzlich wurde der silbernen Kätzin klar, wie sehr der Übungskampf gegen Mondpfote an ihren Kräften gezehrt hatte. Lange würde sie ihre Verteidigung nicht mehr aufrecht erhalten können. Schwer atmend ließ sie sich ein wenig hängen und wartete den nächsten Angriff ihres Mentors ab. Mit einem triumphierenden Grinsen auf den Lippen wollte er zum finalen Schlag ausholen, doch statt, wie die ganze Zeit schon, die Flucht zu ergreifen, sprang die silberne Kätzin diesmal kurz vor einem Treffer nach oben. Der Wind schlug ihr ins Gesicht und rauschte an ihren Ohren vorbei, als sie sich geübt in der Luft drehte und mit eingefahrenen Krallen auf dem Rücken Weißsturms landete. Vor Überraschung unaufmerksam krachte der Kater unter ihr zusammen. Mit den zierlichen Hinterpfoten drückte sie seinen Kopf in den staubigen Boden, während ihre vorderen Pfoten sachte die ungeschützten Flanken des Katers bearbeiteten. Unter einem schwerfälligen Stöhnen ihres Mentors ließ sie ihn wieder frei und leckte sich stolz über das weiße Brustfell. Sie hatte gesiegt und zum erstem mal ihren klugen Mentor überlistet. Dieser spuckte noch immer Sand aus, während die umher stehende Katzen leise lachten.

„Du wirst noch bis heute Abend Staub spucken!“,höhnte Wiesenschweif sarkastisch und Mondpfote fügte mit unterdrücktem Kichern hinzu: „Hast deinen Kampf in den Sand gesetzt...Im wahrsten Sinne des Wortes.“

Weißsturm äffte beleidigt, aber lächelnd die beiden Kater nach und schüttelte sich die braunen Staubflocken aus seinem Fell.

„Tut mir leid!“, entschuldigte Sternenpfote sich und schaute beschämt zu Boden.

„Ach was, dazu sind Mentoren doch da:um von ihren Schülern auseinander genommen zu werden.“

Zum ersten mal seit langem lachte der weiße Kater lauthals und Stolz durchflutete Sternenpfotes Körper.

„Wenn ich eine feindliche Katze gewesen wäre, hätte ich jetzt bereits die Reise zum SternenClan angetreten. Es gibt nichts mehr, was ich dir im Kampf beibringen könnte!“

Mondpfote beglückwünschte sie und die Katzen wechselten die Plätze. Nun schauten Sternenpfote und Weißsturm zu und Wiesenschweif trainierte mit Mondpfote.

Von dem Kampf bekam die silberne Kätzin kaum etwas mit.

Bald ist es soweit, dachte sie stolz, bald werde ich zur Kriegerin ernannt.

Ein weiteres mal begann ihr Gesicht vor Stolz zu glühen.
 


 

DonnerClan
 

Ein wütendes Knurren entfuhr Roststerns Kehle, als Tigerstreif die unwillkommene Nachricht überbrachte.

„Wie können sie es wagen!“, fauchte die rotbraune Kätzin und schritt energisch in ihrem Bau hin und her.

„Wir werden den FlussClan gleich bei der nächsten großen Versammlung zur Rede stellen!“, stellte Roststern klar und trat hinaus zu dem Felsvorsprung.

„Alle Katzen, die alt genug sind ihre Beute selbst zu erlegen mögen sich zu einem Clantreffen einfinden!“

Ströme von Katzen krochen aus dem Unterholz und versammelten sich mit fragenden Blicken unter ihrer Anführerin. Rubinpfote und Phönixpfte waren mit Orangepelz in die Menge getaucht, während Tigerstreif neben der Anführerin und deren Stellvertreterin Blumenduft sitzen blieb.

Als Roststern zufrieden festgestellt hatte, dass der versammelte Clan vollzählig war, wurde ihr Blick wieder ernst und hasserfüllt.

„Meine Clangenossen, hört gut zu: der FlussCLan hatte die Dreistigkeit unser Clanterritorium zu betreten!“

Entsetzen und Wut keimte in den Katzen auf und Rubinpfote bemerkte, wie auch in ihre das bereits verebbte Gefühl wieder hochkam.

„Tigerstreif! Trete vor und erzähl, was sich zugetragen hat.“, befahl Roststern und überließ dem Tigerkater das Wort.

Knapp wiederholte er die Geschichte und ließ dabei die Einzelheiten über Phönixpfotes Ungehorsam weg. Rubinpfote fand das sehr nett und zuvorkommend von ihm, wo doch ihrer eigensinnige Schwester eine Strafe durchaus gut getan hätte.

Schweigend hörten die Katzen des DonnerClans zu und der unverhohlene Hass blitzte in ihren Augen. Als der Tigerkater geendet hatte, trat er mit respektvoll geneigtem Kopf nach hinten, um der Anführerin die Spitze zu überlassen.

„Er kann es nicht leugnen. Der FlussClan war eindeutig ungebeten auf unserem Gebiet und ich werde das Thema bei der Versammlung sofort ansprechen. Ihr anderen Katzen schweigt darüber, bis ich Aschenstern zur Rechenschaft gezogen habe.“

Ein würdevolle Nicken ging durch die Menge und Rubinpfote schaute zu ihrer Schwester, die ausnahmsweise einmal voll und ganz bei der Sache war und den Mund hielt. Unbeabsichtigt musste Rubinpfote schlucken, als sie in die entschlossenen Gesichter der Clankatzen blickte. Dieser Vorfall würde Ärger bringen.
 


 

SchattenClan
 

„Halte durch!“,flüsterte die schwarzblaue Heilerin des SchattenClans, während ihre Zunge gleichmäßig über Bärenpfotes Wange strich.

Heute morgen war der Kater unter einem schmerzverzerrten Aufschrei aufgewacht; ein Zeichen, dass er auf dem Weg zur Besserung war. Saphirauge war überglücklich gewesen. Doch als die Hoffnung wieder aufgefrischt und das Glück zum Greifen nah gewesen war, hatte Bärenpfote keine weiteren Anzeichen einer Besserung gezeigt.

Enttäuscht ließ sie die Ohren hängen und richtete sich wieder auf, als Saphirauge bemerkte, dass der junge Kater nicht aufwachte. Die Heilerin fürchtete, dass er wohl für immer Schäden davontragen würde, selbst wenn er das Schlimmste überstanden hatte.

Sehnsüchtig hielt Saphirauge nach dem Silbervlies Ausschau, aber eine dichte Wolkendecke hatte gegen Abend den Himmel verdunkelt und alles in düsteres Licht getaucht, welches sich in bereits fortgeschrittener Stunde zu ihrem Bedauern nicht gelichtet hatte.

Es war still im Lager und alle Katzen schlummerten in ihren Nestern, nur die Abendpatrouille war noch unterwegs und würde so früh noch nicht wiederkommen. In der Stille der Nacht bemerkte Saphirauge immer mehr die stärker werdende Müdigkeit. Seit nunmehr als zwei Tagen hatte sie nicht mehr geschlafen und die fehlende Ruhe hinterließ Spuren in ihrem Gesicht, wie sie ernüchtert feststellte, als die schwarze Heilerin in den kleinen flachen Tümpel starrte, der ein Stück weit in ihren Bau hineinreichte. Ihre Augen verfinstert den sich, als sie ruhig ihrem Spiegelbild in die saphirblauen Augen schaute.

„Wie könnte ich jemals wieder in dieses Gesicht sehen, wenn ich Bärenpfote sterben lasse!“, dachte sie laut und schlug mit einer Pfote nach ihrem Ebenbild. Die Spiegelung verschwamm und Saphirauge zog scharf die Luft ein. Sowie das Wasser sich beruhigt hatte, stand plötzlich eine fremde Katze neben ihr. Das bunt getupfte Fell der Katze strahlte einen merkwürdigen Glanz aus. Erschrocken schaute Saphirauge neben sich, doch ihr Bau war bis auf Bärenpfote komplett leer, nicht einmal ein fremder Geruch hing in der Luft. Als die Heilerin wieder das Wasser betrachtete,war die Erscheinung verschwunden.

„SternenClan, was sollte das?“, fragte sie leise. Eine Gruppe aus vier Sternen blitzte hinter den Wolken hervor. Das war ein eindeutiges Zeichen gewesen: Saphirauge musste dem mächtigen Clan im Traum begegnen. Mit einem letzten sorgenvollen Blick auf Bärenpfote werfend rollte Saphirauge sich neben der Wasserstelle zusammen und wurde schneller als sie gedacht hatte von den tiefen Schwärzen des Schlafs übermannt.

Kapitel 4

FlussClan
 

Aschensterns seidiges Fell leuchtete wie glühende Asche, als sie mit stolz erhobenem Haupt vor ihren versammelten Katzen platz nahm.

„Wir haben uns heute hier versammelt, um zwei Jungen zu Schülern zu machen.“

Ihre Augen leuchteten aufgeregt; es war ihre erste Ernennung in ihrer Führerschaft. Regenpelz und Kleintatze hatten ihre beiden Jungen glänzend geleckt und die Schwänze der kleinen Katzen zuckten aufgeregt.

Mit einem auffordernden Blick von Aschenstern sprang Frostpfote auf und dribbelte mit ihren kurzen Beinen bereits auf die Anführerin zu. Moospfote war nicht ganz so stürmisch und Pantherfell konnte seine Angst riechen. Erst als Kleintatze ihn sanft mit der Schnauze angestupst hatte folgte er seiner Mitschülerin. Beide hatten vor Staunen ihre Mäuler aufstehen und Pantherfell konnte das erhabene Blitzen in Aschensterns Augen sehen. Mit einem Nicken forderte sie die kleine weiße Kätzin auf sich zu erheben.

„Von diem Tag an bis du dir deinen Kriegernamen verdient hast“, sprach sie würdevoll, „soll dein Name Frostpfote lauten. Du wirst ihr Mentor sein!“, bestimmte Aschenstern und ihr Blick ruhten auf dem feuerfarbenen Fell Flammenkralles.

„Du bist ein erfahrener und mutiger Krieger. Ich erwarte, dass du all dies an diese Kätzin weitergeben wirst.“

Die beiden Katzen berührten sich mit der Nase.

Moospfote saß eingeschüchtert vor Aschensterns großen Pfoten, als diese sich an den braunen Kater wand: „Dein Name wird Moospfote sein. Dein Mentor wird Schnellfluss sein.“

Die graue Anführerin sprach Pantherfells Freund nun direkt an und er bemerkte, wie ein Beben durch den Körper des Katers ging. Seine Augen leuchteten aufgeregt, als er ihrem kalten Blick begegnete.

„Du bist ein kluger und geschickter Krieger. Gib all dein Wissen an deinen ersten Schüler weiter.“

Zögernd trat Moospfote vor seinen neuen Mentor und streckte sich schüchtern nach vorne, damit sich ihre Nasen berühren konnten. Stolz durchflutete Pantherfell, als er Schnellfluss mit seinem ersten Schüler dasitzen sah. Zu seiner Verwunderung war er gar nicht eifersüchtig auf den grauen Krieger, eher sogar froh. Treue und Loyalität waren das erste was man seinen Schülern beibrachte und wie sollte Pantherfell dies vermitteln, wenn er selbst treulos war? Zudem hätte ein Schüler wie Frostpfote nur Probleme bereitet mit seiner Neugier. Ein erleichtertes Seufzen entfuhr Pantherfell, als Aschenstern die Versammlung schloss, sowie das Rufen der Katzen aufgehört hatte. Er sah, wie viele Katzen nach der eher formellen Zeremonie den beiden Schülern persönlich gratulieren wollten und sie bei ihren neuen Namen zu nennen. Der schwarze Krieger dagegen verschwand ziemlich als einziger im Bau der Krieger und legte den Kopf auf seine Pfoten. Wenn er sich dem StadtClan anschließen wollte, bedurfte es vieler Vorbereitung. Die Reise musste unter den bestmöglichen Umständen verlaufen.

Viel zum Nachdenken kam Pantherfell jedoch nicht. Der gestrige Ausflug hatte ihn sehr ermüdet und nach dem anstrengenden Tag saß die Müdigkeit tief in den Gleidern des Kriegers. Einen kurzen Blick nach Aschenstern werfend schlief Pantherfell zügig ein.
 


 

WindClan
 

Behutsam schlichen Sternenpfote und Mondpfote auf Laubsterns Bau zu, Großpfote dicht hinter ihnen.

„Wir werden mächtig Ärger bekommen, wenn das raus kommt.“,warf Großpfote mit einem besorgten Unterton ein.

„Jetzt hab dich nicht so! Wer soll uns schon bemerken. Laubstern und unsere Mentoren sind doch viel zu sehr mit Labern beschäftigt.“

Sternenpfote schnaubte verärgert. Dieser Feigling. Bereits von Weitem konnte Sternenpfote das gedämpfte Miauen aus dem Dornenbusch hören, in dessen Innern der Bau des Anführers lag.

„Seid leise!“, knurrte Mondpfote, als seine Schwester begeistert aufgequiekt hatte.
 


 


 

DonnerClan
 

„Stell dir nur mal vor Rubinpfote!“, rief Phönixpfote nun zum mindestens zehnten mal und wiederholte sich auch jetzt wieder.

„Wenn wir gut gegen des FlussClan kämpfen, dann werden wir bestimmt zu Kriegern ernannt!“

Aufgeregt sprang die rote Kätzin im Bau der Schüler umher. Rubinpfote hatte aufgegeben ihr zu erklären, dass sie noch zu jung waren. Ihre Schwester hörte sowieso nie zu. Nach Veilchenpfotes Aufforderung erzählte Phönixpfote ein weiteres mal die Geschichte, wie sie die Spur des FlussClans gewittert hatten. Dabei ändert sie alles so ab, dass sie als Heldin dastand. Rubinpfote konnte nur darüber schmunzeln. Eigentlich war sie es ja gewesen, die die entscheidende Spur entdeckt hatte, aber sie konnte gut auf die Bewunderung der anderen verzichten.

Löwenpfote und Veilchenpfote hörten gespannt die heroische Fantasiegeschichte ihrer Schwester in der sie noch eindrucksvoll einen Kampf zwischen ihr und einem Fuchs schilderte, wobei sie den anderen Mitgliedern der Patrouille das Leben rettete, während die rotbraune Kätzin aus dem Bau der Schüler kroch und zum Frischbeutehaufen trottete.

Plötzlich stürmten Wolfsnase und Dachspfote an ihr vorbei.

„Aber Wolfsnase, ich weiß doch gar nicht, ob das etwas zu bedeuten hat!“

Der mürrische Heiler des DonnerClans wirbelte herum.

„Keine normale Katze bekommt einfach mal so Träume vom SternenClan. Ich werde sofort zu Roststern gehen und verkünden, dass du mein Schüler wirst!“

Damit brauste der graue Kater davon direkt in den von Efeu bewachsenen Anführerbau. Dachspfote wollte noch etwas erwidern, doch mit dem Wort im Hals steckend blieb er stehen und ließ sich resignierend auf seine Hinterläufe fallen.

Rubinpfote ließ das Essen bleiben und rannte auf den älteren Schüler zu.

„Wirst du unser neuer Heiler?“, fragte sie von Neugierde gepackt.

Dachspfote nickte leicht: „Ja... scheint so.“

Fast zeitgleich mit Phönixpfote und den anderen Schülern, die den Tumult vor ihrem Bau gehört hatten, tauchte die kleine Anführerin auf dem Felsen auf.

„Ich fordere alle Katzen, die alt genug sind ihre Beute selbst zu machen sich zu einer Versammlung einzufinden.“

Verwundert trafen die Clankatzen auf der Lichtung zusammen. Statt Roststern trat Wolfsnase nach vorn.

„Katzen des DonnerClans! Der SternenClan hat uns einen neuen Heiler geschenkt. Dachspfote wird noch heute Nacht mit mir zu den Hochfelsen reisen.“

Die Katzen brachen in Jubel aus und beglückwünschten Dachspfote, der verlegen vor seine Anführerin und den grauen Heiler trat.

„Dachspfote, als neuer Heilerschüler gebe ich dich in die Obhut von Wolfsnase. Von diesem Tag an soll man dich unter dem Namen Dachstatze kennen.“

„Dachstatze, Dachstatze!“, riefen die Versammelten den Namen ihres künftigen Heilers.

„Nun beeilt euch, damit ihr zu Mondhoch bei den Felsen seid!“

Roststern schloss die Versammlung und die versammelten Clankatzen machten Wolfsnase und Dachstatze Platz, damit sie in ihren Bau laufen konnten um sich auf die lange Reise vorzubereiten.

„Irgendwie werde ich Dachtatze im Bau der Schüler vermissen.“, seufzte Veilchenpfote.

„Die nächste große Versammlung wird so spannend werden!“,jauchzte Phönixpfote und Rubinpfote schaute zum Horizont, wo sich die Sonne langsam dem Erdboden näherte. Bald würde Dachspfote im Licht des Halbmond seine Kräfte verliehen bekommen und Rubinpfote erinnerte sich, wie ihre Mutter von einem mystischen Ritual erzählt hatte, von dem weder Anführer noch Heiler sprechen durften.
 


 

SchattenClan
 

Der vertraute Geruch ihres Baus war verschwunden und mit ihm auch der bedrückende Duft Bärenpfotes Wunden und Blutes. Stattdessen fegte eine angenehm kühle Brise um ihre Nase. Erstaunt schlug Saphirauge ihre Augen auf. Sie lag auf dem glatten Stein beim Baumgeviert. Der strahlende Halbmond warf sein silbernes Licht auf die Erde und noch bevor Saphirauge blinzeln konnte nahmen die hellen Mondstrahlen gepaart mit dem Licht des Silbervlieses Gestalt an. Als würden die Sterne vom Himmel in Sturzbächen vom Himmel fließen strömte ihr Licht auf den Versammlungsstein und Augenblicke später starrte Saphirauge in die fremden Gesichter dreier Katzen. Unwillkürlich hatte Saphirauge sich flach auf den Bauch gedrückt und betrachtete nun ihr Spiegelbild in den weise und uralt scheinenden Augen der fremden SternenClankatzen. Der Pelz der drei Katzen leuchtete unnatürlich hell und schien fast von sich aus zu strahlen.

„Wer seid ihr und warum habt ihr nach mir verlangt?“

Saphirauges Stimme sollte würdevoll und klug klingen, doch stattdessen zitterte sie und die Worte kamen krächzend aus ihrem Mund.

Eine wunderschön getigerte Kätzin trat nach vorne. Ihr Pelz hatte die Farben des Feuer. Wie einzelne Flammen züngelten sich die roten und goldenen Streifen über ihren zierlichen, aber kräftigen Körper. In ihren ebenso braunen Augen spiegelte sich unendliches Wissen wieder.

„Mein Name ist Funkelblitz. Ich war die einstige Heilerin des SchattenClans.“

Sie drehte sich herum und deutete auf einen massigen und breitschultrigen Kater mit dunkelbraun getigertem Fell. Wie ein Schatten kauerte er unter dem Halbmond. Das einzige Licht waren seine goldenen Streifen und die unglaublich hell leuchtenden grünen Augen in denen Saphirauge eine unendliche Freundlichkeit spürte, die sein Äußeres niemals hätte vermuten lassen.

Direkt neben ihm stand eine lichte Katze deren seidiges langes Fell die Farbe des Mondes besaß. Mit ihren strahlend blauen Augen beäugte sie Saphirauge.

Wieder ertönte die helle und sanfte Stimme Funkelblitz' : „Das sind Feuerzahn und Winterbach, Heiler des DonnerClans und FlussClans.“

Saphirauge sich suchend um.

„Wo ist der WindClanheiler?“

„Eisenglanz besucht gerade die Träume einer anderen Katze.“

Diesmal sprach der dunkle Schattenkater. Seine Stimme war genauso freundlich und sanft wie der Ausdruck seiner Augen.

Saphirauge war damit als Antwort zufrieden. Zudem nagten andere, viel wichtigere Fragen an ihr.

„Also, was wollt ihr nun von mir?“

Der bisher glückliche und Zufriedene Glanz in den Augen der SternenClankatzen verschwand.

„Wir haben die vor wenigen Nächten eine Nachricht geschickt...“

Saphirauge wurde hellhörig. Wollten die SternenClanheiler sie etwa über die Vision aufklären?

„Es ist so, dass diese Fäulnis, die den Wald heimsucht, jeden Clan betreffen wird, wenn nicht bald etwas unternommen wird!“

Funkelblitz Stimme klang verzweifelt und ihre Worte ließen Saphirauge einen Schauer über den Rücken laufen.

„Worum handelt es sich denn bei dieser „Fäulnis“?“

Diesmal war es die weiße Kätzin, die ihr antwortete.

„Tut uns leid, Heilerin des SchattenClans, aber noch ist dein Geist nicht bereit diese Nachricht aufnehmen zu können. Wache nun auf. Schon bald werden wir dich vollzählig in deinen Träumen besuchen kommen...“

Die SternenClankatzen zerfielen wie Staub und die einzelnen Partikel wurden mit dem Licht des Mondes wieder in den Himmel getragen.

„NEIN!!! Wartet! Ich habe noch so viele Fragen!“

Doch die Katzen konnten sie nicht mehr hören. Mit einem Ruck riss es Saphirauge von den Pfoten und alles wurde schwarz. Als die schwarze Kätzin ihre Augen erschrocken aufriss sah sie gerade noch einen Strahl des Halbmond, der ihr seidiges Fell striff und dann hinter den Grasbüscheln verschwand.

Saphirauge seufzte. Wie lange würde es wohl noch dauern, bis sie Funkelblitz und den anderen Verstorbenen wieder begegnen würde?

Kapitel 5

FlussClan
 

Mit gekrümmten Rücken streckte Pantherfell sich und schüttelte seine steifen Glieder. Während seiner Morgenwäsche erinnerte er sich an seinen merkwürdigen Traum. Schleierhaft sah er das Bild des Baumgeviert vor seinen Augen und wie durch Nebel verdeckt die Silhouetten vierer Katzen. Er hatte ihr Gespräch nicht verstehen können, aber doch waren die Stimmen so vertraut und nah gewesen. Eine allen voran: die wispernde Stimme der wunderschönen weißen Kätzin. Sie war ihm schon so oft im Schlaf begegnet und obwohl sie Pantherfell nie direkt ansprach waren ihre Worte doch auch immer an ihn gerichtet.

Sofort verschwand die schöne Kätzin aus seinen Gedanken, als er Aschenstern ins Lager kommen sah. Mit zwei weiteren Kriegern hatte sie die Patrouille angeführt, so, wie es am Vorabend besprochen worden war. Pantherfell selbst hatte noch nie eine Patrouille anführen dürfen. Unwillkürlich spürte er den Stich der Eifersucht, als er vor seinem inneren Auge wieder den Tag sah, an dem sein bester Freund mit Steingrund, Regenpelz und Nassschweif seine erste große Patrouille anführen durfte.

Pantherfell schüttelte ernüchtert den Kopf.

Was macht es schon aus, dass Aschenstern mich hasst? Nicht mehr lange und diese Kätzin wird für immer aus meinem Leben treten.

Doch als Pantherfell sich aus dem Bau der Krieger zwängte und die eiskalten Augen Aschensterns auf ihm ruhten, wusste er, dass er sie niemals vergessen würde.

Wie paralysiert stand Pantherfell vor seiner Anführerin, als diese auf ihn zukam.

„Was starrst du so?“, fauchte sie leise und ihre Augen glühten vor Missachtung. Pantherfell zuckte zusammen.

„Ich habe dich nicht angeschaut! Ich war in Gedanken.“, erwiderte er kühl und war stolz auf seine Beherrschung. Aschenstern beließ es dabei und zog mit verärgert zuckendem Schwanz von dannen. Ohne sie eines weiteres Blickes zu würdigen zog der schwarze Krieger einen Fisch vom Frischhaufen, als er ein Rumpeln aus dem Heilerbau hören konnte. Verwundert spitzte er die Ohren und bekam gerade noch mit, wie Luchstatze die schildpattfarbene Honigpfote mit vor Wut glühenden Augen anschrie.

„Du bist zu nichts zu gebrauchen!“, war das einzige, was der verwunderte Kater noch von dem Gespräch aufschnappen konnte, als er den braunen Pelz Luchstatzes in den Büschen verschwinden sah.

Honigpfote dagegen kauerte immer noch wie angewurzelt am Boden.

Pantherfell hob die Frischbeute vor seinen Pfoten auf und trottete zu der goldenen Kätzin.

An ihrer Seite ließ er ihn fallen und schob ihn vor Honigpfotes Nase.

„Komm schon, iss ihn. Du hast seit Tagen nichts gegessen, das habe ich gesehen.“

Überrascht schaute die kleine Kätzin hoch und blickte ihn lange an. Es war als schaue Pantherfell in seine eigenen grünen Augen.

„Danke Pantherfell.“, hauchte Honigpfote und begann gierig den Fisch zu verschlingen. Pantherfell indes leckte über ihr mittlerweile ungepflegtes goldenes Fell.

„Du solltest dich mehr um dich kümmern, Schwester, sonst stirbst du noch bevor du deine Reise zum Hochfelsen angetreten hast.

Honigpfote hörte abrupt auf zu essen. Pantherfells Schnurrhaare zuckten besorgt.

„Was ist los?“

Die Schülerin seufzte laut.

„Ich werde wohl nie Heilerin werden. Luchstatze sagt ich wäre eine Gefahr für den Clan.“

Pantherfell knurrte verärgert.

„Lass dich doch von diesem Stück Krähenfraß nicht beeindrucken. Der ist nur ein unzufriedener alter Kater, der langsam mal in den Ruhestand gehen sollte. Ich konnte ihn noch nie leiden!“

Honigpfote lachte amüsiert über Pantherfells Wutausbruch auf und schmiegte sich dankbar an ihren Bruder.

„Vielen Dank, Pantherfell. Jetzt habe ich wieder Motivation!“

„Genau. Du wirst die beste Heilerin, die den Clan je gesehen hat.“

Mit einem flüchtigen Nasenkuss verschwand die goldene Kätzin wieder unter den Farnen und wurde vom Schatten der Gräser verschluckt.

Pantherfell zuckte zusammen, als er plötzlich seinen Freund neben sich spürte.

„Erschreck mich doch nicht so!“, rief er aus. Schnellfluss ging aber gar nicht auf ihn ein.

„Honigpfote sieht so schön aus, wenn sie glücklich ist...“

Verliebt schaute der graue Krieger der Heilerin nach.Pantherfell seufzte. Schnellpfote sowie Schnellfluss hatten schon seit der Kinderstube auf Pantherfells Schwester gestanden. Umso schmerzlicher war es für den jungen Krieger dann, als er erfahren hatte, dass seine große Liebe Heilerin wurde und sie niemals zusammen kommen würden.

Ohne etwas dagegen tun zu können musste nun auch Pantherfell an seine unerwiderte Liebe denken und nun schauten die beiden Krieger bedrückt einander an.

„Kätzinnen können so grausam sein.“, lamentierte Schnellfluss und Pantherfell konnte ihm nur im Stillen zustimmen.
 


 

WindClan
 

Gehetzt kamen die drei Schüler in ihrem Bau an.

„Das war knapp.“, hechelte Großpfote unter seinem lauten Atmen.

Mondpfote stimmte dem Schüler zu und fügte noch hinzu: „Beinahe hätte Windfuß uns erwischt!“

„Und rausbekommen, was da für eine Heimlichtuerei abläuft haben wir auch nicht!“, maulte Sternenpfote und ließ sich erschöpft in ihr Nest fallen.

„Ich glaube sowieso nicht, dass da irgendetwas im Busch ist. Du hast einfach zu viel Fantasie!“, maßregelte Mondpfote seine Schwester, „Vielleicht steigern wir uns da einfach in etwas rein und am Ende haben diese Treffen von Tupfengesicht und Laubstern gar keine Bedeutung.“

„Ja klar, und Igel können fliegen!“

Sternenpfote schnaubte empört. Hielt ihr eigener Bruder sie etwa für verrückt?

Nun schritt auch Großpfote ein. „Hört endlich auf euch zu streiten. Wir haben ein viel größeres Problem, wenn Laubstern oder Tupfengesicht raus bekommen, was ich euch jetzt sage.“

Sofort war Sternenpfotes Wut verraucht und auch Mondpfote beugte sich interessiert zu seinem Mitschüler.

Großpfote schaute jedem seiner Freunde einmal tief in die Augen.

„Versprecht, dass ihr das für euch behaltet. Niemand darf davon erfahren, sonst sitzen wir ALLE im Mäusedung.“

Ein gefährliches Funkeln trat in die verschiedenfarbigen Augen des Katers.

„Also: Vor ein paar Tagen bin ich an Tupfengesichts Bau entlang gegangen. Ich hatte mir an einem Stein den Ballen aufgeschlitzt und wollte ihn verarzten lassen. Doch als ich vor ihrem Bau stand konnte ich hören, wie Laubstern mit ihr redete. Ich war so schnell wie möglich an ihnen vorbei geschlichen, aber ich bekam noch mit, wie Tupfengesicht von einer beängstigenden Prophezeiung sprach. Und als wir gerade eben beim Bau des Anführers waren hatte ich sie glücklicherweise noch mitbekommen, bevor Windfuß aufgetaucht war...“

Großpfote machte eine Pause, um die Spannung zu steigern. Sternenpfotes Pelz kribbelte vor Aufregung und Neugier. Der schwarz-weiße Kater schaute ein weiteres mal in die Augen seiner Mitschüler, bevor er fortfuhr: „... die Prophezeiung lautet: Blut wird die Erde des Verrats tränken, oder so ähnlich. Jedenfalls bedeutet das nichts Gutes.“

Ein kalter Schauer war Sternenpfote den Rücken herunter gelaufen. Die Worte ihres Clankameraden beängstigten die silberne Kätzin. Es stimmte, diese Prophezeiung hieß nichts Gutes und nun konnte sie verstehen, dass Laubstern sie vor dem Clan geheim hielt: er wollte keine Panik. Und Panik war auch absolut gerechtfertigt.

„Mann, das ist echt krass!“, murmelte Mondpfote.

„Entschuldigung, dass ich dich vorhin verhöhnt habe. Du hattest mit deiner Vermutung vollkommen recht. Nun ist allerdings die Frage: was sollen wir mit diesem Wissen anstellen? Wir können nicht einfach tatenlos herum sitzen. Ich zumindest kann mit den Worten einer solch gruseligen und gefährlichen Prophezeiung in Gedanken nicht ruhig schlafen und auf Tupfengesicht oder gar Laubstern können wir auch nicht bauen. Wir werden mächtig Ärger bekommen, wenn wir verraten, was wir wissen.“

„Ich finde auch, dass wir etwas tun sollten.“

Sternenpfote sprang entschlossen auf.

„Also ist es nun entschieden? Wir nehmen die Dinge selbst in die Pfote und kriegen raus, was für ein Unheil auf uns zukommt.“

Auch die beiden jungen Kater hatten sich erhoben.

„Abgemacht! Und wir werden alles für uns behalten. Ich schwöre mit meinem Leben.“

„Und ich mit meiner Ehre!“

Sternenpfote dachte kurz nach, mit was sie schwören sollte, dann kam ihr ein guter Gedanke. Eine Bedingung, die für sie noch wichtiger war als ihr Leben oder die Ehre.

„Und ich bei meiner Freundschaft zu euch.“

Gleichzeitig heulten sie zum Mond auf, wie drei Wölfe, vertieft in ihrem gemeinsamen Lied.
 

DonnerClan
 

„Was meint ihr?“,brach Phönixpfote die Stille, die sich unter den Freunden gebildet hatte, „Wie ist es wohl mit den Toten zu reden?“

Löwenpfote schnaubte auf.

„Es ist verboten und nicht respektabel dem Gesetz der Krieger gegenüber als normale Clankatze darüber zu reden oder denken.“

Löwenpfote war wie immer die ehrenvollste Katze unter den Schülern und dafür bewunderte Rubinpfote die goldbraune Schülerin. Sie würde bestimmt irgendwann einmal Anführerin werden, da war sich Rubinpfote sicher.

„Jetzt sag bloß, du hättest noch nie darüber nachgedacht!“

Phönixpfote rollte mit den Augen und stützte ihren Kopf auf die rechte Pfote, während ihr Blick herausfordernd auf der älteren Schülerin lag. Rubinpfote konnte schon fast die Blitze hin und her springen sehen. Bevor es zu Handgreiflichkeiten kam sprang glücklicherweise Veilchenpfote ein. Rubinpfote hätte in dieser Situation wahrscheinlich nicht gewusst, was sie tun sollte.

„Jetzt hört endlich auf! Ihr benehmt euch nicht gerade wie angehende Krieger. Außerdem: wer will schon rausbekommen, dass wir darüber geredet haben? Ich bin mir sicher Roststern hatte sich auch schon oft darüber Gedanken gemacht, oder Blumenduft.“

Rubinpfote nickte bekräftigend und fügte noch hinzu: „Genau! Ihr seid wirklich beschränkte Babys!“

„Halt dich da raus, Rubinpfote! Niemand kann dein dummes Gerede gebrauchen.“

Laut fauchend war Phönixpfote aufgesprungen und funkelte nun ihre Schwester wütend an.

„Warum hast du sowieso deinen Senf dazugegeben. Deine Meinung interessiert hier niemanden!“

Auch Löwenpfote hatte sich erhoben und stand majestätisch neben Phönixpfote. Die rote Kätzin verfluchte sich in Gedanken. Warum hatte sie überhaupt etwas gesagt? Bei diesen Dummköpfen war es klar gewesen, dass es Ärger geben würde. Hilfesuchend schaute sie sich nach Veilchenpfote um, doch die hatte sich leise und unbemerkt aus dem Bau geschlichen.

Feigling! , dachte Rubinpfote wütend und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder den fauchenden Schülern vor sich.

„Ihr seid doch alle bescheuert und könnt nicht mehr als Kämpfen. Oder hast du jemals etwas sinnvolles gemacht, du Flohbündel?“, höhnte Rubinpfote ihre Schwester und kehrte ihr den Rücken zu. Was dann passierte, hatte niemand niemals erwartet oder vorhersehen können.

Die rote Kätzin hörte, wie Phönixpfote laut fauchte und ihre Schwester als Hohlkopf bezeichnend mit ausgefahrenen Krallen auf Rubinpfote zusprang. Doch genau in dem Moment, wo die rotbraune Kätzin auf dem Rücken ihrer Schwester landen wollte, drehte diese sich um.

Phönixpfotes lange und unglaublich spitze Krallen der linken Pfote bohrten sich in Rubinpfotes rechtes Auge. Noch ehe die rote Kätzin wusste, wie ihr geschah, sickerte dunkelrotes Blut aus vier langen Fleischwunden durch Rubinpfotes Auge.

Der Schmerz kam merkwürdigerweise erst Sekunden nach dem Unfall. Doch dann traf er die junge Schülerin grausam und rücksichtslos. Unwillkürlich musste sie sich auf den Boden werfen und wälzte sich vor Schmerz gekrümmt im Staub.

„Mein Auge! Mein Auge!“, schrie sie und ihre Stimme hallte durch das gesamte Lager.

Mit ihrem intakten Auge konnte Rubinpfote noch die vor Schock aufgerissenen Augen ihrer Schwester sehen, die wie zu Stein erstarrt ihre Blutverschmierten Krallen betrachtete während hinter ihr mehrere Krieger in den Bau gestürmt kamen, bevor die Stimmen um die rote Kätzin immer dumpfer wurden und ihre Sicht zu einem bunten Meer aus Farben verschwamm.

Und dann kam nur noch Finsternis.
 


 

SchattenClan
 

Saphirauge überlegte lange, ob sie Hirschstern über ihr neu erlangtes Wissen in Kenntnis setzten sollte, doch schließlich beschloss sie es bleiben zu lassen. Der alte Anführer hatte bereits genug Sorgen mit der düsteren Prophezeiung.

„Saphirauge?“

Die dünne Stimme Bärenpfotes riss die Heilerin aus ihren Gedanken.

Der junge Kater hatte das Schlimmste überstanden und würde in wenigen Tagen den Heilerbau wieder verlassen können. Laut Bärenpfotes Angaben schmerzten die Wunden des Unfalls zwar immer noch, aber es hatte sich nichts entzündet. Während Saphirauge einen Mohnsamen zerdrückte und in ein entzündungshemmendes Kräuterpäckchen mischte, wanderten ihre Gedanken zu dem Traum. Es war an der Zeit zur Reise zum Hochfelsen aufzubrechen. Geisterstimme konnte sich nun auch um Bärenpfote kümmern und auch sonst hatte es keine weiteren Vorfälle gegeben, bei denen Saphirauges Können gefragt war.

Nachdem die schwarze Heilerin sicher gestellt hatte, dass der verletzte Schüler die gesamten Kräuter gegessen hatte, verließ sie ihren Bau und trottete zu Hirschstern. Dieser saß in gewohnt würdevoller Position auf dem umgestürzten Baumstamm und überblickte die Geschehnisse seines Clans.

Saphirauge sprang neben ihn und schaute den großen Kater von der Seite an.

„Ich werde nun zu Geisterstimme gehen und ihr sagen, dass ich auf eine Reise zum Hochfelsen aufbrechen muss. Danach werde ich so schnell wie möglich aufbrechen.“

Hirschsterns Ausdruck war wie immer ernst und undurchschaubar, als er seinen Blick auf die Heilerin wendete.

„Nun gut, dann werde ich den Clan versammeln und ihnen von deinem Vorhaben berichten. Ich bin mir sicher, in Geisterstimmes Obhut werden sie sich wohl fühlen.“

Er signalisierte Saphirauge, dass sie gehen konnte und rief dann: „Alle Katzen, die alt genug sind ihre Beute selber zu machen, mögen sich zu einer Clanversammlung einfinden!“

Majestätisch wie eh und je hallte die raue Stimme Hirschsterns durch das im hohen Gras verborgene SchattenClanlager.

Saphirauge indes wartete vorm Bau der Krieger und passte ihre Schwester Geistersimme ab.

„Was ist los?“, fragte die bleiche Kätzin, als Saphirauge sie außer Hörweitreiche der anderen Katzen geführt hatte. Saphirauge ging noch einmal alles in Gedanken durch.Was es wirklich klug ihrer Schwester von dem unheilvollen Traum zu berichten? Aber wem sollte sie sonst anvertrauen außer ihrer Zwillingsschwester?

„Ich muss zu den Hochfelsen reisen. Drei ehemalige Heiler der WaldClans kamen mich gestern Nacht besuchen und sie trugen mir auf zu den Hochfelsen zu reisen. Von allen Katzen hier im Clan bist du die einzige, die mich vertreten kann.“

Verschwörerisch blickte Saphirauge zu ihren Seiten und beugte sich dann weiter nach vorne.

„Vielleicht werde ich länger weg bleiben müssen, als angenommen. Ich habe im Gefühl, dass der SternenClan etwas wichtiges mit mir vor hat.“

Geisterstimme schien nicht gerade glücklich darüber ihre Schwester zu vertreten, doch auch sie hatte ein wenig von der Gabe der Heiler geerbt, was allerdings nur Saphirauge wusste. Das war auch der Grund, warum Geisterstimme die schwarze Heilerin besser verstand als jede andere Katze des Clans und als einzige für ihre Vertretung infrage kam.

Nach einigen Sekunden des Schweigens nickte die weiße Kätzin schließlich.

„Ich werde dich vertreten, keine Frage. Dass du mir aber bloß unbeschadet nach Hause kommst! Es liegt etwas in der Luft... Ich konnte es noch nicht genau deuten, aber es bedeutet nichts gutes. Wenn ich wieder eine Vision bekomme, dann versuche ich über den SternenClan mit dir in Kontakt zu kommen.“

Saphirauge nickte zustimmend und verabschiedete sich schnell von ihrer Schwester, bevor sie sich aus dem Lager schlich, damit sie noch vor Beendung der Versammlung verschwinden konnte. Sie durfte keine Zeit mehr verlieren.

Kapitel 6

FlussClan
 

Alles um Pantherfell war schwarz. Ihm war als befände er sich in einer stockdüsteren Höhle, doch sowie er fremde undeutliche Stimmen hörte, wusste der schwarze Krieger, dass es sich wieder einmal um einen seiner Träume handelte. Pantherfells Puls beruhigte sich merklich, während er vergebens versuchte irgendetwas aus dem hallenden Stimmengewirr zu verstehen. Es erkannte vertraute Stimmen, aber auch viele neu, die verängstigt miauten und verzweifelt klangen. Plötzlich hoben sich helle Lichtpunkte von der tiefschwarzen Umgebung um Pantherfell ab und tauchten die Umgebung in ein helles Licht, dass die Konturen einzelner Gegenstände preisgab, bis der Kater schließlich das Baumgeviert erkannte. Doch er war nicht allein. Um ihn herum hatten sich Katzen versammelt. Ihre Augen funkelten wütend und panisch schaute Pantherfell sich nach einer Fluchtmöglichkeit um, doch die Situation was ausweglos. Überall wo er hinschaute erkannte der junge Krieger weitere Augenpaare, die im Licht des Silbervlieses geheimnisvoll leuchteten.

Plötzlich sprang eine schneeweiße Katze aus der Menge zu Pantherfell und er erkannte die Kätzin, die ihn in seinen Träumen oft besuchen kam. Doch obwohl der Kater die Kätzin schon so oft gesehen hatte, war er von ihrem Anblick paralysiert. Denn es war das erste mal, dass sie ihm direkt in die Augen schaute.

ER stellte sich vor, wie schäbig die seine doch aussehen mussten im Vergleich zu den strahlend blauen Augen der fremden Katze vor ihm, die die Farbe eines wolkenlosen Sommerhimmels hatten.

Die Kätzin öffnete ihren Mund, als wollte sie etwas sagen, doch Pantherfell konnte nichts verstehen.

„Was willst du von mir?“, fragte er verzweifelt, als ihr Bild langsam vor den Augen des Kriegers dunkler wurde und die Finsternis seinen Blick verschleierte.

Pantherfell schrie auf. Das letzte, was er verstand, bevor er aufwachte war die vertraute und helle Stimme der weißen Kätzin.

„Es ist deine Bestimmung...“
 

„Was!?“

Keuchend wachte Pantherfell auf und schaute sich verwirrt um. Es war bereits hell und die meisten Krieger hatten den Bau bereits verlassen. Die wenigen, die übrig geblieben waren hatte Pantherfells Ausruf nicht geweckt. Erleichtert erhob sich der schwarze Kater und trottete aus dem Bau heraus.

Was soll meine Bestimmung sein?, überlegte er und hielt währenddessen unwillkürlich nach Aschenstern Ausschau. Er konnte sie nirgends entdecken und war einerseits erleichtert, aber sofort machte er sich Sorgen. Erst jetzt bemerkte er, dass auch sonst keine Katze bis auf die Schlafenden im Lager war.

Er prüfte sorgenvoll die Luft und sein Blick fiel in die Kinderstube. Dort saß gerade Sonnenpelz und leckte das feuerrote Fell ihres Junges Flussjunges.

„Sonnenpelz?“

Der Kater trabte auf die Königin zu, die ihn freundlich musterte.

„Was gibt’s Pantherfell?“

„Wo sind Aschenstern und all die Krieger hin? Ich konnte sie nirgends im Lager finden.“

Die rote Kätzin beugte sich zu ihrem Jungen.

„Geh zu Tante Feinpelz und frag sie, ob wir nachher einen Spaziergang machen sollen.“

Flussjunges quiekte laut und rannte in den Bau der Königinnen.

Nun widmete Sonnenpelz ihre Aufmerksamkeit dem wartenden Krieger.

„Ich habe gehört, dass die Zweibeiner einen großen Hund frei auf unserem Territorium laufen lassen haben. Aschenstern und die Krieger sind dort hingegangen um ihn zu vertreiben.“

Pantherfell weitete ungläubig seine Augen.

„Und dann geht sie einfach so da hin und greift ihn an? Was soll das, warum hat sie keine Versammlung einberufen?“

Sonnenpelz zuckte vor Pantherfells barscher Stimme zurück.

„I-Ich weiß nicht. Sie hat Lindengesicht losgeschickt die wachen Krieger zusammen zu trommeln und ist dann aus dem Lager verschwunden. Flammenkralle war gerade bei mir, als unser zweiter Anführer ihn gerufen hat, deshalb weiß ich es.“

Pantherfell hatte sich halbwegs wieder beruhigt.

„Schon gut. Danke für die Information, aber ich muss mich beeilen, um den anderen zu Hilfe zu kommen.“

Damit preschte der schwarze Krieger aus dem Lager und folgte der Spur seines Clans. Sie war noch frisch und daher leicht zu verfolgen.

Schon von weitem konnte Pantherfell das Kriegsgeheul hören. Als er sich einen Weg durch den Schilfrohrwald geschlagen hatte erwartete ihn ein Bild der Grauens. Das Feld war blutgetränkt. Überall verstreut lagen verwundete Katzen auf dem Boden. Pantherfell ließ sein Blick weiter schweifen und entdeckte Aschenstern, wie sie gegen einen riesigen Hund kämpfte. Das Monster war mindestens zwei Schwanzlängen groß und an seinem weit aufgerissenen Maul klebte das Blut des FlussClans Wut packte Pantherfell und er rannte auf den Gegner zu. Dieser hatte bereits zu einem Biss mit seinem mächtigen Kiefer ausgeholt,doch bevor er seine Zähne in Aschensterns Kehle hacken konnte, war Pantherfell auf den Rücke des Hundes gesprungen und bearbeitete mit ausgefahrenen Krallen Nase und Augen des Monsters.

Wild um sich beißend versuchte der Fremdling den schwarzen Kater abzuschütteln, doch Pantherfells Krallen bohrten sich nur noch tiefer in das Fleisch des Hundes.

Mit einem letzten Krallenhieb bohrte Pantherfell seine Klauen in ein Auge des Hundes. Blut strömte aus der Wunde, in der noch immer die Krallen des Kriegers steckten.

Laut heulend sprang der Hund umher.

Pantherfell spürte, wie sich sein Halt lockerte, doch bevor er wieder die Balance finden konnte hatte der große Hund ihn abgeworfen.

Unsanft prallte Pantherfell gegen einen Felsen. Die scharfen Kanten zerschnitten seinen Rücken. Er rappelte sich auf und sah, wie der Hund schwer verwundet wegrannte. Dann bemerkte er den warmen und klebrigen Gegenstand unter seiner Pfote.

Pantherfells Augen weiteten sich vor Ungläubigkeit. Er hatte dem Hund das Auge herausgerissen. Der Beweis dafür lag zu seinen Pfoten.

Eine Traube von Katzen kam auf den Kater zu. Es waren allesamt schwer verwundete Krieger aus dem FlussClan, darunter auch Aschenstern.

Schnellfluss stürmte nach vorne und schmiegte sich an seinen Freund.

„Du hast uns gerettet Pantherfell!“,jubelte der graue Krieger und Pantherfell wurde heiß unter seinem Fell.

Verlegen beobachtete er Aschenstern, in der Hoffnung, sie würde ihm wenigstens ein respektvolles Nicken schenken, doch nur eiskalter Hass sprühte aus ihren Augen. Wieder einmal fragte Pantherfell sich, was er der Kätzin getan haben könnte, dass sie ihn so sehr hasste.
 

WindClan
 

Sternenpfote sah ihren Bruder gerade mit einem Maul voll Frischbeute ins Lager tapsen. Er legte seine Ausbeute auf den stetig wachsenden Futterberg und kam dann auf die silberne Kätzin zu gerannt.

Mit einem lauten Schnurren begrüßten sie sich.

„Ich habe schon auf dich gewartet.“

Mondpfote spitzte neugierig die Ohren.

„Was ist denn los?“

Sternenpfote beugte sich vor und sprach mit gedämpfter Stimme: „Ich habe mir gedacht, dass wir vielleicht ein wenig im FlussClanterritorium spionieren könnten. Bestimmt finden wir etwas über die Prophezeiung raus.“

Mondpfote schwieg lange Zeit und die Schülerin fragte sich, ob ihr Bruder mitkommen würde, doch dann schaute der große Kater in die Augen seiner Schwester. Das geheimnisvolle Funkeln in seinen hellblauen Augen sprach mehr als tausend Worte.

Ohne weiteres erhoben sich die beiden Geschwister und schlichen sich unbemerkt aus dem Lager.

Als sie außer Hörreichweite des Lagers waren atmete Sternenpfote erleichtert auf.

„Ein Glück, dass uns niemand bemerkt hat. Wenn wir zurückkommen sagen wir einfach, dass wir jagen waren.“

„Das ist eine gute Idee.“

Sternenpfote war froh, dass sie den Segen und die Gesellschaft ihres Bruders hatte. Sie hätte nicht gewusst, wie diese schwere Mission sonst hätte bestehen können.

Die Geschwister preschten in Richtung Fluss.

Auf dem Weg dahin fing Mondpfote eine Drossel, die sich anscheinend aus dem Wald hierher verirrt hatte, und verscharrte sie im trockenen Boden.

„Alibibeute.“, schnurrte er belustigt, als der Kater den fragenden Blick seiner Schwester bemerkte.

Kurze Zeit später kamen die beiden Geschwister schon an die Grenze. Nur noch der reißende Strom zu ihren Füßen trennte Sternenpfote und Mondpfote vom Territorium des FlussClans.

Prüfend trat Mondpfote auf einen der hervorstehenden Steine, die eine Art Pfad die Klippen hinunter zum Fluss bildeten. Das tückische jedoch war, dass wegen der Wärme der letzten Woche und der drückenden Feuchtigkeit um das Ufer des wilden Flusses jeder Stein von einer glatten mit Algen überwucherten Schicht bedeckt war.

Mondpfote verlagerte sein gesamtes Gewicht auf seine Pfote und konnte gerade noch rechtzeitig nach hinten springen, als seine Ballen den Halt unter dem Stein verloren und er beinahe in die Strömungen zu seinen Pfoten gefallen wäre.

„Das ist superglatt! Wir komme niemals unversehrt unten an!“, schrie der Kater seiner Schwester über das Tosen des Wassers hinweg. Sternenpfote war jedoch bereits selbst vorgetreten und analysierte gründlich jeden Felsspalt. Irgendwie musste es doch zu machen sein, dass man hinüber kam.

„Vielleicht sollten wir es einfach weiter unten versuchen!“, schlug Mondpfote vor, doch die silberne Kätzin schüttelte den Kopf.

„Auf unserem Territorium kann man nur über die Klippen den Fluss überqueren und ich habe keine Lust auch noch dem SchattenClan einen Besuch abzustatten.“

Damit sprang die Kätzin unverhohlen auf die erstbeste Felskante und krallte sich mit wackelnden Beinen fest.

„Sternenpfote! Bist du verrückt! Komm sofort zurück!“, schrie ihr Bruder doch Sternenpfote ignorierte seinen Befehl.

„Mach dir nicht in den Pelz. Ich habe mich noch nie sicherer gefühlt, als auf diesem Stein hier.“

Na gut, das war gelogen, aber die Schülerin wollte unter allen Umständen wissen, was der befeindete FlussClan über die Prophezeiung wusste. Wenn sie das rausbekämen stand ihrer Kriegerzeremonie nichts mehr im Wege.

Sternenpfote hielt Ausschau nach dem nächsten Stein und fand eine sichere Stelle vielleicht eine Schwanzlänge von ihr entfernt. Sternenpfote war eine hervorragende Springerin, doch der Geräuschpegel des Flusses und der kleine Felsspalt ließen den Mut und das Selbstbewusstsein der Kriegerin sinken.

Doch die Kätzin ignorierte das unregelmäßige Pochen ihres Herzens und die Stimme in ihrem Kopf, die beinahe zu schreien schien: Tu es nicht!

Ohne weiter nachzudenken sprang Sternenpfote ab. Während sie sich in der Luft befand schätzte sie die Entfernung zu ihrem Ziel ab und stellte entsetzt fest, dass sie sich bei ihrem Sprung ein wenig verrechnet hatte.

Weiter vorne als angenommen landete Sternenpfote. Keuchend klammerte sie sich an der glatten Oberfläche des Steines fest, als sie bemerkte wie ihre Ballen wegzurutschen drohten.

Hoffentlich hat Mondpfote meinen Fehler nicht bemerkt, dachte die Kätzin und sah ihren Bruder, der den Bauch flach auf den Boden gedrückt hatte, in die blauen Augen. Sie erkannte seine Sorge darin, und so sehr es die silberne Kätzin auch traurig machte ihn so unglücklich zu sehen, musste sie einfach auf die andere Seite kommen.Es war ihre Bestimmung.

Und so von Entschlossenheit gepackt tat sie einen gefährlichen Schritt, der Sternenpfote zu Verhängnis werden sollte.

Sie peilte ihr nächstes Ziel, einen großen flachen Stein, an und zog für einen kurzen Moment die Krallen ein,um mit einem kräftigen Satz auf dem ausgewählten Stein zu landen.

Sternenpfote maß kurz die Entfernung, dann wollte sie sich in die Luft erheben. Aber sowie ihre Vorderpfoten nicht mehr die Balance auf dem Stein hielten rutschten Sternenpfotes Hinterpfoten auf dem glatten Stein ab.

Ein Ruck ging durch ihren Körper, als ihre Krallen an den Felskanten abrutschten und sie in die erbarmungslose Tiefe des Flusses eintauchte.

Der Aufschlag raubte Sternenpfote den Atem und weniger als eine Sekunde später spürte sie, wie das kühle Wasser unter ihren Pelz drang und ihre Sicht verschleierte. Instinktiv hielt Sternenpfote die wenige Luft die ihr geblieben war an und versuchte sich strampelnd an die Wasseroberfläche zu befördern. Doch jedes mal, wenn sie meinte es geschafft zu haben zog eine weitere Strömung ihren Körper in die Tiefe.

Sternenpfote spürte, wie all ihre Sinne nach Sauerstoff verlangten. Doch es war nichts da. Ihre Krallen bohrten sich in den schlammigen Grund des Flusses, aber die Kätzin bekam keinen Halt und wurde erbarmungslos mitgerissen.

Sie hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben und wollte eigentlich weitere Versuche starten über Wasser zu kommen, aber ihre Gliedmaße gehorchten den Befehlen der Kätzin nicht mehr. Ihre Sicht verdunkelte sich und das letzte was Sternenpfote noch sehen konnte waren drei Luftblasen, die den letzten Rest Luft aus ihren Lungenflügeln nach oben transportierten, während sie selbst auf den Untergrund sank und in einer stetig wachsenden Finsternis nichts mehr hörte außer des schwächer werdenden Pochen ihres Herzens.
 


 

DonnerClan
 

Rubinpfote wollte ihre Augen öffnen, doch ein grauenhafter Schmerz erinnerte sie daran, dass ihre Wahrnehmung sich für immer verändert hatte, ebenso ihre Bestimmung für den Clan. Und Schuld daran war niemand geringeres als ihre eigene Schwester.

Rubinpfote öffnete nun ihr intaktes Auge und schaute sich um. Sie befand sich im Bau des Heilers, doch niemand war da.

Plötzlich hörte sie ein aufgeregtes Miauen in ihrem Rücken.

„Wolfsnase, komme schnell, sie ist aufgewacht.“

Es war eindeutig die Stimme von Dachstatze. Wenige Augenblicke später stand der große Kater direkt vor ihr.

„Wie geht es dir?“

Es war echte Sorge, die in seiner Stimme mitschwang und Rubinpfote wäre eigentlich gerührt darüber gewesen, doch die hiesige Situation hatte all ihre positiven Gefühle verscheucht.

„Wie soll es mir schon gehen? Beschissen natürlich!“, fluchte die rote Kätzin und verwünschte ihre Schwester in Gedanken.

„Ich werde niemals Kriegerin werden.“

„Sag doch so was nicht. Roststern finden einen anderen Platz für dich im Lager. Außerdem gab es auch schon früher verstümmelte Krieger. Bestimmt wirst du eine Technik finden mit nur einem Auge zu kämpfen.“

Rubinpfote zuckte bei dem Wort „Verstümmelt“ zusammen. Ein Wort, das ihr vorher kinderleicht über die Lippen gekommen war ließ ihr nun das Blut in den Adern gefrieren.

Es stimmt, dachte sie verzweifelt, ich bin ein Krüppel.

Tränen sammelten sich in ihren Augen und das salzige Wasser brannte in der Fleischwunde an ihrem rechten Auge.

Dachstatze schien total überfordert.

„Beim SternenClan! Bitte hör auf zu weinen.“

Er wollte sie beruhigen indem der Heiler über Rubinpfotes Wange leckte, aber das Gefühlschaos in ihrem Innern war nicht zu bändigen.

Und als wäre es nicht bereits Pein genug hilflos auf der Seite zu liegen und sich den Kopf darüber zu zerbrechen welchen Nutzen man vielleicht noch für den Clan haben könnte, tauchte Phönixpfote im Bau der Heiler auf. Sie sah schlecht aus. Als hätte sie eine gefährliche Krankheit oder ähnliches und doch fühlte Rubinpfote kein Mitleid zu ihrer Schwester. Sie legte all ihre Wut und all ihren Hass in einen Blick, der die sonst so wortgewandte und mutige Phönixpfote zurückweichen ließ und darauf war Rubinpfote sehr stolz.

Dachstatze hatte das Blickgefecht der Schüler anscheinend mitbekommen, zumindest drängte er sich vor Phönixpfote und schickte sie nach draußen.

„Sie braucht Ruhe, Phönixpfote! Am besten ist es, wenn du nicht in den Heilerbau gehst.“

Die Worte verletzten die feuerfarbene Kätzin, das konnte Rubinpfote sehen.

Sie wollte Dachstatze danken, doch kein Laut kam über ihre Lippen, also tat sie es nur im Stillen. Der Kater blickte sie an und Rubinpfote wusste, dass er ihren Dank dennoch bemerkt hatte.
 


 

SchattenClan
 

Sonnenhoch war bereits lange vergangen und Saphirauge hatte nicht einmal die Hälfte der Strecke geschafft. Die Hitze und der Hunger ließen sie immer wieder in ein gemächliches Tempo zurückfallen, obwohl die Heilerin endlich wissen wollte, was die SternenClanheiler ihr sagen wollten.

Wieder zwang sie sich dazu schneller zu gehen. Das WindClanterritorium war nur noch wenige Schritte entfernt.

Der Donnerweg sonderte einen unangenehmen Duft ab, doch von den Monstern der Zweibeinern war keine Spur. Gemächlich konnte Saphirauge hinübergehen.

Saphirauge duckte sich in das hohe Gras, als der WindClangeruch den Geruch ihres Clans überdeckt hatte. Sie war darauf bedacht von niemandem entdeckt zu werden. Der Marsch durch das WindClanterrotorium war bereits früher gefährlich gewesen, doch nun stellte es eine wahre Herrausforderung für Saphirauge dar.

Schleichens kroch sie von einem Grasbüschel zum nächsten und fühlte sich wie eine gesuchte Verbrecherin auf der Flucht.

Ein Stimmengeschwirr kam auf Saphirauge zu und die schwarze Kätzin hielt unwillkürlich die Luft an. Sie versteckte sich im Gras und betete zum SternenClan, dass sie keinen Rückenwind bekommen würde.

„Hast du sie heute schon gesehen?“

„Nein. Als ich heute morgen in den Schülerbau kam, waren beide verschwunden, warum?“

„Ich dachte mir, dass ich euch langsam auf eure Prüfung vorbereite. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis Laubstern euch ernennt.“

„Meinst du wirklich?“

Den Rest des Gesprächs konnte Saphirauge nicht mehr hören. Mit angelegten Ohren schaute sie verstohlen über die Gräser hinweg und entdeckte zwei feindliche Krieger. Sie bewegten sich in Richtung Osten und als die Heilerin sicher war, dass sie nicht umdrehen würden, rannte sie los und versuchte so viel der Strecke wie möglich zurückzulegen.

Der Wind hatte gedreht und blies Saphirauge nun unaufhörlich in den Rücken.

Sie beschleunigte ihre Schritte.

Früher war es möglich gewesen vom SchattenClan ohne Umwege zu den Hochfelsen zu gelangen, doch seit die Zweibeiner ihr Weideland dort hin verlegt hatten mussten Anführer und Heiler gezwungenermaßen den WindClan passieren.

Der starke Geruch des WindClans hatte den Duft Saphirauges eigenen Clans nun vollendend überdeckt. Glücklicherweise begegnete die schwarze Kätzin keinen weiteren Patrouillen und konnte ihre Reise ohne weitere Probleme fortführen.

Die Sonne brannte heiß auf Saphirauges Fell, als sie den Donnerweg überquert hatte. Im Schutz der Klippen befand sich die Felsspalte, der einzige Weg um zum mystischen Mondstein zu gelangen.

Die Heilerin schob sich in den Felsspalt. Der modrige Geruch kalten und feuchten Gesteins lag in der Luft und obwohl die Kätzin diese Strecke schon so oft gegangen war pochte auch dieses mal ihr Herz wieder wie in ihrer ersten Nacht in der Höhle des Mondsteins.

Die Finsternis verschluckte Saphirauge und sie konnte sich nur noch auf ihre Schnurrhaare und ihren Geruchssinn verlassen. Keuchend schnappte sie nach Luft, die unter dem Gewicht der Felsen abgestanden und stickig war.

Plötzlich wehte Saphirauge ein frischer Wind zu und ihre Schritte beschleunigten sich. Nur noch wenige Schwanzlängen und sie erreichte den Mondstein. Sein Schimmern war nicht annähernd so strahlend wie in der mondbeschienenen Nacht, aber dennoch sonderte der Stein einen geheimnisvollen Schimmer ab, der Saphirauges seidiges Fell zum leuchten brachte.

Bis Mondhoch war es noch einige Zeit und so beschloss die junge Heilerin die Höhle ein wenig zu erkunden.

Sie schritt um den Mondstein und betrachtete ihn von allen Seiten. Von seinem Anblick beeindruckt wanderte ihr Blick zu der Öffnung an der Höhlendecke. Der Himmel war strahlend blau und keine Wolke war zu sehen.

Plötzlich stieß Saphirauge gegen etwas weiches und warmes. Ein Fauchen ertönte und die Kätzin sprang zurück.

Erschrockene blaue Augen starrten in wütend funkelnde goldene.

„Wer bist du?“, fauchte die helle Stimme wieder.

„Saphirauge.“, antwortete die Heilerin des SchattenClans und beugte sich ins Dunkel, um ihr gegenüber komplett zu erkennen. Der Fremdling erhob sich und schritt in das Licht, das durch die Höhlendecke drang.

Saphirauge erkannte die Gestalt einer Katze, einer Kätzin um genau zu sein. Ihr Fell war flauschig und mit schwarzen Tupfen übersäht.

„Wie ist dein Name?“, fragte nun Saphirauge nachdrücklich und betrachtete die fremde Katze eindringlich. Sie trug keinen Geruch von einem der anderen Clans.

„Man nennt mich Eulenfeder.“

„Woher kommst du und was machst du in dem Heiligtum der WaldClans?“, knurrte Saphirauge um die fremde Kätzin einzuschüchtern. Ernüchtert stellte die Heilerin fest, dass diese völlig unbeeindruckt war.

„Ich wollte zum SternenClan sprechen. Außerdem ist dieser Stein bestimmt nicht Eigentum der WaldClans.“

Angriffslustig funkelte Eulenfeder Saphirauge an.

„Das beantwortet aber immer noch nicht meine eigentliche Frage: woher kommst du?“

„Ich bin Mitglied des glorreichen StadtClans.“,verkündete Eulenfeder feierlich. Saphirauge zuckte fragend mit den Ohren.

„Nie gehört.“

Eulenfeder musterte die schwarze Kätzin kurz abschätzend, doch dann hellte ihre Miene sich plötzlich auf.

„Du bist ja schwarz!“, rief die braune Kätzin. Saphirauge war verwirrt.

„Ähm... und weiter?“

„Der SternenClan hat mir in meinen Träumen von einer schwarzen Katze berichtet, deren Fell im Schein des Mondsteins blau leuchtet.“

Die Heilerin ließ sich auf ihre Hinterläufe fallen.

„Und was hat der SternenClan über mich gesagt?“

„Dass eine Katze kommen wird, die ein großes Unheil verhindern wird und unseren Anführer stürzen wird.“

Saphirauge fiel die Kinnlade herunter.

„WAS!?“

Entschuldigend leckte Eulenfeder der schwarzen Kätzin über die Schulter.

„Vielleicht bist du ja auch gar nicht die gesuchte Katze. Warten wir einfach gemeinsam bis Mondhoch und fragen den SternenClan selbst.“

Seufzend gab Saphirauge ihr Einverständnis. Sie hatte es genau gewusst, der SternenClan erwartete großes von ihr.

Kapitel 7

FlussClan
 

Zutiefst enttäuscht über Aschensterns Verhalten flüchtete Pantherfell nach der Rückkehr der Krieger in den Wald.

Er hatte niemanden etwas gesagt, nicht einmal Schnellfluss und sogar er selbst wusste nicht genau, wohin ihn seine Beine trugen.

Ein Tropfen fiel auf Pantherfells Nase. Er schaute in den Himmel.

Hoch aufgetürmte Wolken kündeten das erwartete Gewitter an, dass Luchstatze schon lange vorausgesagt hatte.

Weitere Tropfen fielen vom Himmel.

„Ich hasse regen!“, lamentierte Pantherfell und wie zur Bestätigung entfuhr der schwarzen Wolke ein tiefes Grollen.

Pantherfell schaute hinter sich und überlegte, ob er zurück gehen sollte, doch der schwarze Krieger entschied sich dagegen.

Der Regen wurde immer heftiger, je weiter Pantherfell sich der Grenze zum WindClan näherte.

Plötzlich drang ein ungewöhnliches Geräusch zu Pantherfells Ohren. Der Kater horchte genauer.

Der Ton kam aus Richtung Wasserfall.

Vorsichtig schlich Pantherfell durch den Wald. Das Tosen des Wassers wurde immer lauter.

Der Wald lichtete sich und gab das steinige Ufer des Flusses preis.

Und dort erblickte Pantherfell auch die Quelle des Geräuschs: auf der anderen Seite rannte ein fremder Krieger aufgeregt hin und her, während aus seinem weit aufgerissenen Maul herzzerreißende Schreie dröhnten. Der FlussClankrieger ging in Kampfbereitschaft.

Als der Kater Pantherfell erblickte weiteten sich seine Augen.

„Hilf mir!“, schrie der Eindringling und Pantherfell gab seine Kauerstellung auf. Der Krieger wirkte nicht, als wollte er jetzt kämpfen.

„Bitte!“, flehte der Kater, „Meine Schwester, sie ertrinkt!“

Pantherfells Augen weiteten sich. Eine Katze schwebte in Lebensgefahr.

Ohne weiter darüber nachzudenken sprang der schwarze Krieger mutig in den reißenden Fluss.

Selbst für den geübten Schwimmer war diese Strömung fast zu stark und immer wieder zerrten die Strömungen an Pantherfells Beinen.

Er ging auf Tauchgang. Das umherwirbelnde Wasser verschleierte seine Sicht, doch undeutlich konnte er im fahlen Licht eine silberne Gestalt.

Pantherfell zwang seine Beine noch kräftiger zu strampeln. Nun war er schon ganz nahe und konnte den Körper der Kätzin beinahe greifen.

Sie wirkte friedlich, wie sie ruhig und bewegungslos auf dem sandigen Boden lag, als würde sie schlafen und Pantherfell war sich nicht einmal sicher, ob sie noch am Leben war, doch er musste sie einfach retten. Er hörte nichts außer des wilden Pochen seines Herzens, das in seinen Ohren dröhnte.

Er reckte seinen Hals nach vorn und packte die Kätzin im Genick. Mit wenigen Schwimmzügen erreichte Pantherfell die Oberfläche und ließ sich weitgehend mit der Strömung in Richtung Ufer treiben.

Japsend hackte er seine Krallen in die Erde und zog sich schwerfällig an Land, wo er sich erschöpft neben die immer noch reglose Kätzin fallen ließ

Auf der anderen Seite waren noch immer die verzweifelten Schreie des jungen Katers zu hören.

Pantherfell rottete sich zusammen, versuchte seine Müdigkeit zu ignorieren und widmete seine Aufmerksamkeit der Geretteten.

Ihre Flanken bewegten sich nicht mehr.

Mit aller Kraft presste der schwarze Kater seine Pfoten auf den Brustkorb der Katze.

„Los! Atme!“, befahl er, doch die Katze reagierte nicht.
 

WindClan

Die Dunkelheit hatte Sternenpfote vollkommen umschlossen.

In weiter Entfernung konnte sie das Plätschern und Reißen des Wassers hören.

Plötzlich ging ein schmerzender Ruck durch ihren Körper und sie wurde nach oben geschleudert.

Sternenpfote wollte instinktiv die Augen öffnen, doch ihr Körper gehorchte nicht mehr.

Am Rande ihres Bewusstseins spürte sie, wie die kalte und bedrückende Nässe um ihren Körper verschwand, die Schreie einer Katze und das rhythmische Druckgefühl auf ihren Lungenflügeln.

Das Wasser in ihren Atemwegen geriet in Wallung und auf einen Schlag reagierte ihr Körper wieder. Das Wasser wurde nach oben gedrückt und frische Luft füllte ihre Lungen.

Noch immer war alles schwarz um sie, aber die umliegenden Geräusche kamen immer nähre.

Eine fremde, dunkle Stimme drang zu Sternenpfotes Ohren.

„Hörst du mich? Du bist in Sicherheit.“

Sternenpfote wollte antworten, aber ihre Stimme reagierte nicht.

Nur langsam verschwand das Taubheitsgefühl in ihren Gliedern.

Es kam Sternenpfote wie Stunden vor, bis sie endlich die Lieder öffnete.

Sie erwartete einen Blick auf den Himmel, oder Bäume, doch stattdessen starrte sie in wilde grüne Augen und niederprasselnde Regentropfen hinter einem schwarzen Himmel.

Das erste was Sternenpfote dachte war: FlussClan. Sie wollte aufspringen, aber dessen war ihr Körper anscheinend noch nicht gewachsen.

Der Fremde drehte den Kopf weg.

„Sie ist wach!“, schrie er über das Tosen des Wassers hinweg. Erst jetzt spürte sie den stetig anwachsenden Wind auf ihrem nassen Fell und sie fröstelte.

Sofort widmete der Fremde seine Aufmerksamkeit wieder Sternenpfote.

„Kannst du aufstehen?“

Seine Stimme war angenehm sanft und die silberne Kätzin konnte nicht anders als jeden üblen Gedanken an den FlussClan zu verwerfen.

„Ich glaube nicht.“

Hilfsbereit zog der schwarze Kater an Sternenpfotes Nackenfell, um sie auf die Beine zu stellen.

„Du musst aber. In deinem Zustand brauchst du sofort einen Heiler.“

„Nein!“, schrie Sternenpfote und riss sich aus dem Griff des Katers.

„Ich kann nicht, ich muss warten bis ich trocken bin.“

„Schon gut, aber was ist mit deinem Bruder?“

Mondpfote!, dachte die Kätzin erschrocken und stand ruckartig auf. Ihre Beine wackelten ganz fürchterlich und bestimmt wäre sie umgefallen, wenn der Fremde sie nicht gestützt hätte.

Auf der anderen Seite erblickte Sternenpfote ihren Bruder. Seine Augen waren voller Sorge und Furcht weit aufgerissen. Bis über die Schlucht und soger den modrigen Geruch des faulen Holzes und den veralgten Steinen konnte die Kätzin seine Angst riechen.

„Mondpfote!“

„Ja?“

„Mach dir keine Sorgen, mir geht’s gut. Bleib am besten wo du bist,oder geh ins Lager. Ich komme später nach. Sag den andern, wenn sie fragen, ich wäre noch jagen.“

„Aber...“

„Nein, Mondpfote! Ich kann Tupfengesicht nicht sagen, wo ich so nass geworden bin. Geh jetzt, bitte. Wir dürfen nicht auffliegen!“

Mondpfote wollte noch etwas erwidern, doch er brachte kein Ton mehr heraus und trotte mit hängendem Schwanz davon.

Sternenpfote seufzte. Sie konnte kaum ertragen ihren Bruder so unglücklich zu sehen.

„Er ist ein guter Kater.“

Verwundert drehte Sternenpfote sich um. Der fremde Krieger schmiegte sich immer noch an das nasse Fell Sternenpfotes.

„Wie heißt ihr beiden denn?“

„Mein Bruder heißt Mondpfote und mein Name ist Sternenpfote.“

„Pantherfell.“, stellte der schwarze Kater sich knapp vor.

Langsam wärmte Sternenpfote sich wieder auf. Die Hitze ihres Retters brachte ihr Fell zum glühen. Erschöpft legte sie den Kopf auf ihre Pfoten.

„Bekommst du keinen Ärger, weil du mich gerettet hast?“

Pantherfell schnaubte verächtlich.

„Ich bekomme sowieso immer Ärger, ob ich was getan habe oder nicht.“

„Warum?“

Der Kater schwieg und Sternenpfote befürchtete, ihn mit irgendetwas verletzt zu haben, doch dann drehte er sich zu ihr um und blickte der Kätzin lange in die Augen.

Seine Augen waren schmerzerfüllt zusammengekniffen und in seinen grünen Augen lag eine tiefe Trauer.

„Es ist wegen unserer Anführerin. Sie kann mich nicht leiden, um nicht zu sagen sie hasst mich.“

Sternenpfote wusste nicht, was sie erwidern sollte, also hielt sie lieber ganz den Mund und genoss einfach nur Pantherfells Wärme.

Angelehnt an der Schulter des Katers schlief Sternenpfote selig ein.
 


 

DonnerClan

Nur entfernt nahm Rubinpfotes Unterbewusstsein die Stimme ihres Anführers wahr, während Albträume die junge Kätzin plagten.

Ein heftiges Ruckeln riss sie aus dem gegenwärtigen Traum, in dem völlige Schwärze sie umgeben hatte und nur verzerrte Schreie zu hören waren.

Stöhnend öffnete Rubinpfote die Augen und blickte in das traurige Gesicht ihrer Schwester.

Verärgert fauchte die rote Kätzin Phönixpfote an: „Was willst du hier!?“

Phönixpfote zuckte unter dem Vorwurf zusammen und kauerte sich auf den Boden.

„I-ich wollte mich entschuldigen. Weißt du... morgen wäre unsere erste große Versammlung gewesen. Ich wollte dir nur sagen, dass ich darauf verzichtet habe mit zu gehen.“

Beinahe wäre Rubinpfote über das edle Verhalten ihrer sonst so ungestümen Schwester verwundert gewesen, doch schnell rief sie sich zur Vernunft.

„Ich nehme deine Entschuldigung erst an, wenn du eine Möglichkeit gefunden hast, mein Augenlicht wieder zu bringen.“

Abweisend drehte Rubinpfote der getigerten Katze den Rücken zu.

Inständig hoffte die rote Kätzin, dass Phönixpfote doch noch mit ihr reden würde. Aber sie schwieg. Nur am Rascheln des Gräser konnte Rubinpfote hören, dass ihre Schwester verschwunden war.

Sogleich bereute sie, die Kätzin so abgewiesen zu haben.

Was bin ich doch nur für ein Monster?, dachte Rubinpfote und versuchte die Tränen zurück zu halten. Doch trotz ihrer Reue wusste die Schülerin nicht, ob sie ihrer Schwester jemals verzeihen konnte.

Es begann zu regnen und einige der schweren Tropfen fanden ihren Weg zu Rubinpfote in den Bau.

Aus dem Lager drangen keine Stimmen; wahrscheinlich waren die meisten Krieger mit dem Clanalltag beschäftigt.

Rubinpfote seufzte und versuchte sich zu erheben.

Sie wollte ihr entstelltes Gesicht sehen,bevor sie sich vor dem Rest des Clans zeigen wollte. Ihre Beine waren noch ganz taub von den Mohnsamen, doch die Kätzin konnte sich erheben.

Leicht taumelnd trottete sie zu einer Pfütze und schloss ihr intaktes Auge.

Sie atmete zwei mal tief ein, dann schaute sie der Wahrheit ins Gesicht - und erschrak.

Wen sie im spiegelnden Wasser sah, war niemals die stolze Kätzin, die sie gekannt hatte.

Rubinpfotes Fell war zerzaust und ungepflegt, ihr Blick ungesund getrübt. Ganz zu Schweigen von den vier klaffenden Wunden durch ihr Auge. Anstelle des Augapfels prangte ein schwarzes, tiefes Loch.

Sie musste Schlucken und drehte der fremden Katze den Rücken zu.

Der Schock hatte ihr zugesetzt und um Rubinpfote herum begann sich der Bau langsam zu drehen. Hätte sie was gegessen, wäre es bestimmt spätestens jetzt vor ihren Füßen gelandet.

Sie schloss ihr Auge und ließ sich resignierend auf die Seite fallen.

Ich werde niemals zu einer Kriegerin, hallte ihre Stimme wie ein Echo in ihren Gedanken, Niemals.
 

SchattenClan

Schweigend saßen Saphirauge und Eulenfeder nebeneinander und warteten auf Mondhoch.

Die Heilerin des SchattenClans schaute immer wieder verlegen zu der Fremden, in der Hoffnung, sie würde ein Gespräch beginnen, doch die Augen Eulenfeders waren starr auf den Mondstein gerichtet und in der Höhle herrschte bedrückende Stille.

Die Anspannung schien beinahe aus jedem Felsen zu sprühen, während Saphirauge in Gedanken immer wieder durchdachte, was sie tun wollte, wenn der SternenClan wirklich sie dazu berufen hatte, das Unheil zu vertreiben?

Sollte sie wegrennen? Oder sich doch der Herausforderung stellen.

„Welche Stellung beziehst du eigentlich in deinem Clan?“, brach Eulenfeder endlich das Schweigen.

„Ich bin eine Heilerin.“

Saphirauge wartete auf eine Antwort, doch die braune Kätzin schwieg wieder.

„Und du?“

Saphirauge wollte unbedingt im Gespräch bleiben, nicht nur, um mehr über ihre gegenwärtige Gesellschaft zu erfahren.

„Ich bin eine Blumenseherin.“

„Eine was?“, rutschte es Saphirauge raus und sie büßte sogleich einen feindseligen Blick ein.

„Im Grunde heile ich einfach nur mit normalen Blumenarten meine Clangenossen. Aber im Laufe der Zeit haben einige angefangen mir übernatürliche Kräfte zuzusprechen. Was natürlich Unsinn ist. Und was sind deine Aufgaben als Heilerin, außer natürlich das Heilen?“

Nun schaute Eulenfeder die schwarze Kätzin direkt in die Augen und Saphirauge meinte darin echte Neugierde zu entdecken.

„Na ja, ich verarzte, ich helfe bei Geburten und kümmere mich auch um den seelischen Zustand meiner Patienten. Und natürlich bin ich, zusammen mit unserem Anführer, eine Art Medium. Der SternenClan schickt ausschließlich den Heiler Träume und Visionen. Wir beziehen ein hohes Ansehen im Clan.“

„Welche Blumen benutzt du zur Heilung?“

„Fast gar keine.“

Eulenfeder war mehr als überrascht. Saphirauge grinste.

„Ich benutze nur verschiedene Kräuter und Samen. Blumen sind mir fast völlig unbekannt. Welche Arten verwendest du denn?“

Eulenfeder drehte sich mit gespielter Empörung weg.

„Das ist geheim.“, miaute sie lachen, fügte dann aber ernst hinzu: „Ich unterstehe einem Kodex. Niemand außer den Blumenseherinnen ist es gestattet zu heilen. Und was ist mit dir?“

„Ich darf nur nicht vor Kriegern, Schülern und den restlichen Clanmitgliedern über Begegnungen mit dem SternenClan berichten. Die meisten Katzen interessieren sich auch nicht sonderlich für die Kräuterkunde. Sie wissen, dass sie mir vertrauen können und das genügt ihnen als Erklärung.“

„Geht mir ganz genauso.“

Wieder trat diese unangenehme Stille ein. Saphirauge wollte irgendwie das Schweigen brechen und plapperte einfach das erstbeste los.

„Dürfen Blumenseher Gefährten haben?“

Mit leichter Verfremdung schaute Eulenfeder Saphirauge an.

„Natürlich, warum sollte man es uns auch verbieten.“

„Heiler dürfen keinen haben.“

„Das ist ungerecht. Ich wüsste nicht, wie ich ohne meine drei Kinder und ihrem Vater leben könnte.“

Saphirauge wusste darauf keine Erwiderung. Sie hatte sich noch nie Gedanken über eine richtige Familie gemacht. Der ganze Clan waren ihre Kinder, so wie Himmelsfell es ihr beigebracht hatte.

Die schwarze Heilerin überlegte wieder still, wie sie die Zeit totschlagen konnte, als ein Strahl des weißen Planeten auf den Mondstein traf. In mehreren Etappen brach sich das Licht in dem glühenden Stein und erhellte so den gesamten Hohlraum im Innern der Felsen.

„Es geht los.“, flüsterte Eulenfeder ehrfürchtig.

Seite an Seite schritten sie zum Mondstein und legten sich zu seiner Seite nieder.

Der kalte Duft des Steins stieg in Saphirauges Nase und sie sog ihn tief in ihre Lungen.

Mit geschlossenen Augen horchte sie der Stille der Nacht und bald überkam sie ein visionartiger Traum.

Kapitel 8

FlussClan
 

Pantherfell wusste nicht genau, wie lange er nun schon zusammen mit der WindClankätzin im Schutz eines Felsen saß, doch irgendwann begann sich die Schlafende unruhig zu bewegen.

Ihn ihrem Gesicht spiegelte sich Angst wieder, was aber auch kein Wunder war. Wer hätte einen Beinahetod auch einfach so überwunden?

Ruckartig riss Sternenpfote die Augen auf. Keuchend atmend erhob sie sich. Mittlerweile war ihr Fell nur noch regennass und struppig aufgeplustert.

„Danke für deine Hilfe.“

Respektvoll neigte die silberne Kätzin ihren Kopf.

Pantherfell hatte sich auch erhoben und wollte etwas erwidern, doch ihm fielen keine Worte ein.

Schweigend standen sie sich gegenüber, bis Sternenpfote es brach.

„Ich hätte noch eine Frage an dich...“

„Nur zu.“

Neugierig beugte der schwarze Krieger sich vor. Fest schaute Sternenpfote ihm in die Augen.

„Ich muss mich darauf verlassen, dass du es auf keinen Fall deinem Anführer oder Heiler erzählst!“

Pantherfell war erst verwundert über diese Bedingung, bis ihm einfiel, dass ja nur er wusste, dass er sich niemals jemandem in seinem Clan anvertrauen würde, außer Schnellfluss.

„Da kannst du dich drauf verlassen, ich setzt nicht viel auf Treue.“

Amüsiert und zugleich geschockt funkelten Sternenpfotes Bernsteinaugen.

„Du hast nicht zufällig von einer besorgniserregenden Nachricht vom SternenClan gehört?“

Der schwarze Krieger dachte zuerst an die Worte der weißen Kätzin, doch er verwarf den Gedanken schnell. Diese Botschaft war ganz bestimmt ausschließlich für ihn bestimmt gewesen.

Ehrlich schüttelte er den Kopf. Sternenpfote seufzte enttäuscht.

„Dann war mein Bad völlig umsonst. Na ja, ich gehe jetzt mal lieber. Danke für deine Hilfe und bis zur großen Versammlung.“

Pantherfell wollte noch etwas erwidern, doch da sah er nur noch den wehenden silbernen Schweif in Richtung Zweibeinerbrücke verschwinden.

Es war sehr mutig, sie zu überqueren und Pantherfell war erstaunt über die Robustheit und den Mut der silbernen Schülerin.

Wenn es in unserem Clan solche Krieger gäbe, wäre er nicht so wie jetzt.
 

WindClan

Sternenpfote rannte so schnell wie sie konnte über die hölzerne Brücke der Zweibeiner.

Bis zu sich nach Hause war es noch weit und sie musste mindestens noch etwas Frischbeute mitnehmen.

Auf dem Weg zum Baumgeviert stieß sie auf eine Amsel und erledigte sie rasch. Das Unwetter hatte viele Beutetiere vertrieben und jenseits des Flusses war nur noch das scharfe Wehen des Windes zu hören.

Mit der Amsel und einem Kaninchen im Maul, zwängte Sternenpfote sich durch das dornige Gestrüpp zu ihrem Lager.

Den ersten, den sie erblickte war ihr Mentor Weißsturm. Mit seiner stattlichen Statur und dem ernsten Blick erinnerte der weiße Krieger Sternenpfote an ihren Retter und ihr Pelz begann vor Verlegenheit zu glühen.

„Du bist lange fort geblieben.“, stellte Weißsturm ohne Vorwurf fest.

„Ich weiß, tut mir leid. Ich war gerade im Jagdrausch, als Mondpfote nach Hause wollte. Ich sagte ihm, er könne ruhig schon vorgehen.“

„Er wirkte etwas verstört, als er ins Lager kam. Ist irgendetwas vorgefallen!“

Verdammt!, dachte Sternenpfote und versuchte sich so schnell wie möglich etwas zusammen zu lügen.

„Wir ähh...“

Fest starrte ihr Mentor sie an und es war beinahe unmöglich eine glaubhafte Lüge zu erfinden, doch dann kam ihr die rettende Idee.

„Wir sind auf einige Zweibeiner getroffen, die am Fluss gespielt haben. Einer hat versucht ihn zu fangen, aber wir konnten noch rechtzeitig flüchten.“

Das schien Weißsturm zu genügen, zumindest drehte er sich ohne weiteren Kommentar weg und ließ Sternenpfote allein auf der Lichtung zurück.

Erleichtert atmete diese auf.
 


 

DonnerClan
 

Wieder einmal hatten Albträume Rubinpfotes Schlaf heimgesucht. Doch zu ihrer Verwunderung befand sich die Schülerin nicht im Bau der Heiler, sondern auf einem kleinen Felsen, der von vier mächtigen Eichen umringt wurde. Die Blätterdächer hörten Ringförmig auf, sodass genau über dem Fels der strahlende Nachthimmel sein Licht auf die winzige Lichtung werfen konnte.

Das ist wohl das Baumgeviert..., dachte Rubinpfote ehrfürchtig, während sie weiter das prächtige Spiel von Licht und Dunkelheit auf dem Nachthimmel beobachtete.

Als sie den Blick wieder auf den Erdboden richtete, sprang sie erschrocken auf. Vor ihr saßen in seelenruhiger Haltung zwei Katzen.

Unweigerlich duckte Rubinpfote sich zum Angriff und zeigte Angriffslustig ihre Zähne.

„Dein Mut ist beeindruckend.“, ertönte die sehr dunkle Stimme des ebenso düsteren Katers vor ihr, von dessen dunklem Fell sich goldene Streifen abhoben und ebenso im Kontrast zu seinen freundlichen grünen Augen standen, die Rubinpfote sonderbar bekannt vorkamen. Ihr gesträubtes Nackenfell legte sich ein wenig.

„Wer seid ihr?“, fragte die rote Schülerin und ihr Blick loderte wie Feuer, als sie die andere Katze, höchstwahrscheinlich ein Weibchen, beäugte. Ihr Fell hatte die Farben von einem Waldbrand und ebenso lodernde Augen, wie Rubinpfote selbst.

„Mein Name ist Funkelblitz und das ist Feuerzahn.“, stellte sie sich mit zarter Stimme vor.

Noch bevor einer der beiden Fremden Katzen weiter reden konnte, fiel es Rubinpfote wie Schuppen von den Augen. Sie wusste warum ihr diese kräftige Gestalt und die Giftgrünen Augen so bekannt vorkamen. Der Kater vor ihr war ihrem Vater Beerenstreif beinahe aus dem Gesicht geschnitten. Einzig die unterschiedliche Fellfarbe unterschied die beiden.

Mit weit aufgerissenen Augen sprang Rubinpfote auf.

„Wie kommt es, das du wie mein Vater aussiehst?“

Ihre Stimme erklang eine Oktave höher als gewollt.

Ein sanftes Lachen entfuhr dem Tigerkater.

„Weil ich deines Vaters Vater bin.“

Rubinpfote konnte ein ungläubiges Kopfschütteln nicht unterdrücken.

„Und ich bin deine Großmutter.“, meldete sich nun auch Funkelblitz zu Wort und ging einen Schritt auf Rubinpfote zu. Sie ließ es geschehen.

„Aber wenn ihr meine Großeltern seid, dann könnt ihr doch nur vom Sternenclan geschickt worden sein. Ich weiß nämlich zufällig ganz genau, dass ich euch beide noch nie zuvor gesehen hab.“

Feuerzahn senkte verständnisvoll den Blick.

„Du hast vollkommen recht, Enkelin. Wir sind Teil des SternenClans. Doch bevor wir weiterreden, möchte ich, dass du auch unsere andere Identität kennst. Ich, Feuerzahn war einst Heiler des DonnerClans und meine Gefährtin Heilerin des SchattenClans.“

Ein überraschtes Miauen entfuhr Rubinpfote.

„Das kann nicht sein. Heiler dürfen keine Jungen bekommen, und dazu kommt auch noch, dass ihr aus verschiedenen Clans kommt!“

Vorwurfsvoll schaute sie den beiden Toten ins Gesicht.

„Wir lernten uns auf der großen Versammlung kennen, die wir natürlich als Heilerschüler und später als voll ausgereifte Heiler immer besuchten. Wir verliebten uns ineinander und viele Blattwechsel dauerte es, bis ich eines Tages feststellte, dass ich schwanger war. Glücklicherweise lag meine Schwangerschaft im Winter und so bemerkte niemand meinen anschwellenden Bauch. Es war ein gefährlich kalter Winter, als ich meinen Wurf bekam. Es war Nacht und niemand bemerkte es. Und so froh ich auch über meine Kinder war, desto sicher war ich mir auch, dass ich sie entweder sterben lassen oder zu ihrem Vater bringen musste. Ich entschied mich für letzteres, da ich selbst sie niemals hätte großziehen können und es in meinem Clan keine vertraute Königin kam, der ich meine Jungen hätte geben können. Und so wanderte ich mit drei Jungen im Maul quer durch unsere Clans, bis ich mich bei Feuerzahns Heilerbau einschlich und ihm die Jungen übergab. Dieser hatte eine Schwester, die einen etwa gleichalterig Wurf in dieser Nacht bekommen hatte und konnte sie überreden, die Fremden Jungen anzunehmen.

Aber noch vor Mondhoch starben zwei und zurück blieb dein Vater Beerenstreif. Feuerzahn und ich wussten beide, dass der SternenClan uns zürnen würde, aber glücklicherweise geschah nichts dergleichen. Zumindest noch nicht. Aber nun, so viele Blattwechsel später, da macht sich die Tragweite unseres Handelns bemerkbar.m Die Ältestenkatzen des SternenClans zürnen uns.“

Die Katzen sprachen nicht weiter, sondern schwiegen lange Zeit, bis Feuerzahn wieder das Wort ergriff.

„Hör zu, junge Enkelin: großes Unheil kommt über den Wald. Einzig und allein das Handeln von dir und einigen weiteren Katze entscheidet das Schicksal eurer Clans. Versuch die Wunde deiner Schwester zu deinem Vorteil zu benutzen. Du bist nicht die erste und wirst auch nicht die letzte Katze sein, der ein Auge fehlt. Du kannst Kriegerin werden. Doch das allein ist nicht entscheidend. Du musst tun, was dein Herz dir sagt, nicht dein Verstand. Dann kannst du dem Unheil Einhalt gebieten.“

Rubinpfote wollte noch mehr wissen, aber die Katzen vor ihr lösten sich auf und mit ihnen verschwamm auch die Umgebung zu einem einzigen Meer aus Farben.

Keuchend erwachte Rubinpfote und diesmal endgültig. Morgengrauen war schon nah und es lohnte sich nicht mehr einzuschlafen. Stattdessen dachte die verletzte Schülerin über die Worte der SternenClankatzen nach. Noch konnte sie Kriegerin werden. Dieser Gedanke vertrieb alles Düstere in ihrem Kopf und schaffte Platz für Freude.
 

SchattenClan
 

Keuchend erwachte Saphirauge aus dem Traum. Ihr Fell hatte sich gesträubt und ihr Herz klopfte panisch. Es ist also wahr. Der SternenClan verlangt von mir, dass ich mit dieser Kätzin mitgehen...

Eulenfeders Augen blitzen kurz auf im Schein des Mondes, als sie Saphirauge mit nachdenklich zusammengezogenen Augenbrauen beobachtete.

„Dann stimmt es wohl, dass du die Kätzin bist mit der ich mich heute Nacht treffe sollte. Aber der SternenClan hat schon Launen. Dich einfach mit mir mitzuschicken.“

Einen kurzen Augenblick lang starrte sie gedankenverloren in die strahlende Tiefe des Mondsteins. Dann fügte sie ernster hinzu: „Aber es wird nicht leicht werden, dich in unserer Gesellschaft aufzunehmen. Aber darüber können wir uns später Gedanken machen. Nun sollten wir uns beeilen,. Wenn wir in drei Tagen bei meiner Familie ankommen wollen.“

Ohne auf Saphirauges Reaktion zu warten lief Eulenfeder voraus und zwängte sich durch den Spalt im Fels. Während die beiden Kätzinnen hintereinander her robbten, überlegte Saphirauge, wohin sie ihre Reise nun bringen würde und wer die Familie der Katze vor ihr war.

Die SchattenClanheilerin war erleichtert, als sie nicht mehr die schwere Macht der Felsen über sich spürte.

„Wohin nun?“, fragte sie. Eulenfeder deutete mit ihrem Kopf in Richtung Hof und rannte los. Saphirauge hatte keine große Mühe hinterher zukommen. Ihr war beinahe so, als wäre Eulenfeders Kondition in miserablem Zustand. Keuchend kam sie vor der Scheune zu stehen, während Saphirauge völlig normal neben ihr Platz nahm.

„Ich bin froh, wenn ich endlich zu Hause bin. Das hier ist kein Ort für mich.“

Saphirauge wollte etwas antworten, doch sie wusste nicht was. Also schwieg sie einfach und folgte der Fremden weiter bis zu einem großen Monster des Donnerwegs. Es stand etwas abseits im Gras und schlief. Zumindest leuchteten seine grellen gelben Augen nicht.

Saphirauge hielt vor Entsetzens und Furcht die Luft an, als sie sah, wie Eulenfeder um das Monster ging und in seinem eckigen Bauch verschwand.

„Oh SternenClan! Eulenfeder, geht’s dir gut?“

Sie lief auf das Monster zu, allezeit bereit es mit ihren Krallen zu bearbeiten. Doch das war gar nicht nötig. Sein Riesiger Körper war an einer Seite geöffnet.und in seinem Bauch saß Eulenfeder seelenruhig auf dem kantigen, braunen Inhalt seines Magens.

„Was tust du da? Komm sofort da raus, das ist gefährlich. Mit diesen Monstern ist nicht zu spaßen.“

„Monstern?“, fragte Eulenfeder und ihre Schnurrhaare zuckten amüsiert.

„Das ist ein ganz normales Auto. Die einzige Gefahr, die von ihm ausgeht sind die Menschen und die Räder des Autos. Aber wenn wir uns von beiden fernhalten wird uns nichts passieren. Das ist unser Taxi, das uns nach Hause bringt.“

Saphirauge wusste nicht was ein Taxi war, aber sie wollte bestimmt nicht mit dem Monster mitfahren.

„Jetzt komm endlich!“, genervt sprang Eulenfeder aus dem Bauch des Monsters und zerrte Saphirauge grob mit sich. Noch bevor sie wusste, wie ihr geschah, fand sie sich auch schon von schwarzen Flächen umgeben wieder. Ihr Fell sträubte sich und sie hielt den Atem an.

„Entspann dich. Uns droht wirklich keine Gefahr. Ich bin schon tausend mal mit einem Auto gefahren. Wir müssen hier drin nur von den schweren Umzugskisten fernhalten. Sie könnten uns verletzten. Aber hier oben habe ich eine Matratze gefunden, die sehr bequem ist.“

Während Eulenfeder sprach, beruhigte sich die SchattenClankätzin wieder und ihr gesträubtes Fell glättete sich. Gemeinsam nahmen sie auf einer flachen, aber sehr großen Unterlage platz, die zu allem Überfluss auch noch weich war. Saphirauges Beklommenheit löste sich in Luft auf.

„Ist das schön. So weich und warm...“

„Du hast noch nicht in einem frisch gemachten Bett der Menschen geschlafen. Mit flauschigen Daunenkissen und Bettwäsche aus Satin.“

„Ich habe absolut keine Ahnung, was das alles sein soll.“, gab Saphirauge schmunzelnd zu.

„Keine Sorge, das wird schon. Sobald wir bei mir sind, erkläre ich dir die wichtigsten Dinge. Da fällt mir ein... du bist wahrscheinlich nie in einer Stadt gewesen. Es könnte anfangs erschreckend auf dich wirken, aber mit den richtigen Überlebenstricks wird das Stadtleben zu einem Kinderspiel. Pass auf: wir haben massig Zeit, bis wir aussteigen müssen. Ich werde dir also erklären und du hörst zu.“

Saphirauge nickte zustimmend.



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