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Silvesternacht

von

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Hope

Hope ließ das Glas kreisen und beobachtete die gelbbraune Flüssigkeit, bevor er sie mit einem Zug hinabstürzte. Er kniff die Augen zusammen, als die feurige Flüssigkeit seine Kehle hinab rann und dabei in seinem Hals brannte. Dann stellte er das Glas heftig wieder auf dem Tresen und starrte stumpf vor sich hin.

»Du weißt, dass das neue Jahr noch nicht begonnen hat?«, ein junger Mann mit schwarzem Haar setzte sich mit einem Lächeln neben ihn.

»Ob ich ein paar Stunden früher oder später völlig betrunken bin, ist doch egal«, antwortete er mit traurigen und deprimierten Tonfall und starrte auf das leere Glas.

»Welches Mädchen ist es diesmal?«, lachte der Schwarzhaarige und nahm ihm das Glas weg.

»Fjodor, das ist nicht lustig«, knurrte er und deutete dem Barkeeper, das er noch einen Whiskey wollte.

»Komm, hab dich nicht so. Normalerweise liegt es nun einmal an einer Frau, wenn du schlecht gelaunt in einer Kneipe sitzt, und trinkst, bis du nichts mehr mitbekommst«, eine Spur von Sorge schlich sich in die braunen Augen.

»Fjodor, jetzt hör mir mal zu: Nur weil du Neas Verlobter bist, heißt das noch lange nicht, das dich mein Leben in irgendeiner Weise etwas angeht«, fauchte Hope und nahm das Glas entgegen, und stürzte es abermals in einem Zug hinab.

»Das sag ich dir aber nicht als künftiger Schwager, sondern als Freund.«

»Ist mir egal.«

Fjodor seufzte und nahm ihm dieses Glas ebenfalls aus der Hand.

»Verdammt, es ist doch deine Schuld, das ich jetzt saufen muss, also lass mich auch«, fauchte Hope und stand erregt auf, doch Fjodor wusste, das sein Freund ihm nichts tun würde. So erwiderte er den Blick ruhig.

»Warum musstest du mir auch Cinder vorstellen…?«, mit einem Seufzen ließ er sich wieder auf den Sitz fallen und legte den Oberkörper auf den Tresen.

Erstaunt schaute Fjodor ihn an. Damit hatte er offensichtlich nicht gerechnet. Er sagte irgendetwas, doch Hope hörte ihm nicht zu. Es ging ihm dreckig, und er wollte sich in seinem Selbstmitleid suhlen, da störten die aufmunternden Worte seines Freundes bloß.

Irgendwann hob er den Kopf. Fjodor war nicht mehr da. Er hatte nicht gehört, wie er gegangen war, nur, dass er irgendwann leiser geworden war. Allerdings nicht nur die Stimme seines Freundes, sondern alles um ihn herum.

Er schaute sich um. Nur noch vereinzelt waren Leute da, die meisten waren mittlerweile zu irgendwelche Partys oder diverse Discotheken unterwegs. Er stand schwankend auf und verließ die Bar. Er wollte nicht mehr trinken, aber er wollte Cinder vergessen.

Es war schon seltsam. Er kannte die junge Frau kaum. Sie war Fjodors kleine Schwester und mit seiner eigenen Schwester gut befreundet, doch als er sie das erste mal gesehen hatte, da hatte er schon gewusst, das es sein Herz zerreißen würde, müsste er ohne sie sein. Und er war ohne sie.

Er fühlte sich seltsam leer, als er ziellos durch die Stadt lief. In der Ferne hörte er das Knallen der Böller, und für einen Moment dachte er wirklich darüber nach, zu der Party zu laufen, zu der ihn ein Freund eingeladen hatte, doch dann seufzte er und blieb stehen.

Er dachte kurz nach und beschloss dann, dass er nach Hause gehen und sich in seinem Bett verkriechen wollte. Gespannte Erwartungen, Freude, Lachen, menschliche Gesellschaft im Allgemeinen schienen ihm völlig unerträglich.

Benebelt, wie er war, suchte er die nächste Straßenbahnhaltestelle und entzifferte Mühsam die Straßenbahnlinien, die hier fuhren. Er hatte Glück, er hatte die Auskunftstafel noch nicht einmal bis zum Ende angestarrt, da hielt genau die Straßenbahn, die ihn nach Hause bringen würde.

Träge stieg er ein, bezahlte, und schaute sich dann suchend um. Es saß nur eine einzige weitere Person hier. Im ersten Moment hielt Hope ihn für Fjodor, doch als der andere den Blick hob, da wurde auch seinem so viel langsamer denkenden Hirn bewusst, das er es nicht war.

Dieser junge Mann war ein wenig jünger, seine Haut heller, dafür die Augen fast schwarz. Er hatte ein paar vereinzelte Sommersprossen auf der Nase, die sofort ins Auge stachen. Er schaute Hope abschätzend an, blickte dann wieder nachdenklich zwischen Fenster und dem kleinen, schwarzen Kästchen in seiner Hand hin und her.

Hope überlegte, ob er sich zu ihm setzen sollte, doch stattdessen ließ er sich auf den Polstern gegenüber fallen und starrte ebenfalls aus dem Fenster. Nur ein paar Haltestellen später schob der Fremde das Kästchen in die Tasche und stand auf, um zu gehen. Die Straßenbahn schloss gerade die Tür, als Hope auffiel, das die schwarze Schatulle auf dem Boden lag. Er stürzte hin und wollte noch hinausspringen, doch da hatte die Straßenbahn schon fahrt aufgenommen.

Er klopfte gegen die geschlossene Tür, und der junge Mann blickte auch auf, doch es war zu spät. Er konnte noch das Entsetzen in dem blassen Gesicht sehen, als der junge Mann bemerkte, worauf er heftig gestikulierte. Allerdings würde er wohl bis zum nächsten Jahr warten müssen, bevor er seine Kästchen wiederbekam.

Hope seufzte und setzte sich wieder. Er wusste, das die nächste Haltestelle so ungünstig lag, das man sie zu Fuß nur mit großen Umwegen erreichen konnte, und da Silvester war, würde die nächste Straßenbahn eine Weile auf sich warten lassen. Eigentlich hatte er auch keine rechte Lust, dort auf den Fremden zu warten, also stand für ihn fest, das er nach Hause gehen, und das Kästchen im Fundbüro abgeben würde, sobald es ihm möglich war.

So stieg er die nächste Haltestelle nicht aus, sondern fuhr noch die restlichen ab, bis er fast bei seiner Wohnung angelangt war. Die letzten Meter ging er zu Fuß. Er kramte umständlich seinen Schlüssel hervor, und während er schon Verwünschungen auf die Nachbarn ausstieß, die mit aufgedrehten Boxen eine Party zu feiern schienen, fummelte er am Schloss herum, bis er in den Hausflur konnte.

Er stapfte meckernd und schlecht gelaunt die Stufen hinauf und rammte den Schlüssel so grob in seine Wohnungstür, dass er sich im ersten Moment nicht drehen ließ. Erst, als er es noch einmal sanfter versuchte, kam er hinein.

Er fluchte lauthals, als er die Schuhe von den Füßen schmiss und den Schlüsselbund auf die Kommode im Flur warf. Das Blinken des Anrufbeantworters, der eine neue Nachricht verkündete, gab ihm noch mal den Rest. Solch schlechte Laune hatte er noch nie.

Dennoch drückte er entnervt den entsprechenden Knopf, sodass die Frauenstimme ihm mitteilte, dass er eine neue Nachricht habe, die heute Abend eingegangen war. Er zog sich gerade den Pulli über den Kopf, als er zusammenzuckte und innehielt, um interessiert zu lauschen.

»Hallo Hope. Ich bin es, Cinder… Nea hat mir deine Nummer gegeben, ich wollte nämlich wissen, warum du nicht zu der Party kommst, heute? Also, ich wollte da eigentlich auch nicht hin, aber ich wollte dich fragen, ob du mit zum Konzert kommst. Du weißt schon, das Debütkonzert von diesem Musiker, Melodin Tomas. Aber das ist ja schon vorbei und… ach, ich rede Unsinn. Ich wollte nur sagen, dass ich es schön fände, wenn du auch kommst. Das neue Jahr alleine begrüßen ist so… nun ja. Entschuldige, wenn ich dich gestört habe. Guten Rutsch noch«, ertönte die sanfte Stimme von Fjodors Schwester.

Hope zog den Pulli endgültig aus. Mit einem Mal fühlte er sich wieder völlig nüchtern. Und unglaublich allein. Er starrte den braunen Wollstoff an, aus dem der Pullover bestand, schaute dann zum Telefon. Wollte sie wirklich, dass er kam, oder hatte Fjodor sie nur darum gebeten?

Er wusste, dass er es nicht herausfinden würde, wenn er weiter so vor sich hin starrte. Also fluchte er abermals lautstark und legte sich aufs Sofa. Als er durch den Fernseher zappte, konnte er dennoch an nichts anderes denken, als an Cinders Stimme. Hatte er sich ihre Enttäuschung nur eingebildet, oder war sie echt gewesen?

Nach zehn Minuten sinnlosen Schaltens, die ihm jedoch wie Stunden vorkamen, machte er aus und schaute auf die Uhr. Wenn er jetzt losfuhr, konnte er noch vor Mitternacht dort sein. Doch jetzt zu fahren war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee. Dazu war er ganz eindeutig zu betrunken. Und selbst so war er noch ein entschiedener Gegner davon, das man alkoholisiert Auto fuhr.

Er stand auf und zog sich seinen Pullover wieder an. Es war wohl an der Zeit, dass er mal wieder Fahrrad fuhr. Er machte sich fertig, verließ die Wohnung und stieg in den Keller hinab. Im Fahrradkeller brauchte er einige Momente, bis er seinen Drahtesel in der hintersten Ecke entdeckt hatte. Natürlich von Staub und Spinnenweben völlig verkrustet.

Er seufzte zum unzähligsten Mal und kämpfte sich zwischen den anderen Rädern hindurch. Er pustete über den Staub, nur um es zu bereuen, als er hustend und keuchend von einer Wolke umhüllt wurde.

Nur langsam wurde die Luft wieder klar. Da nahm er das Fahrrad einfach auf und drängelte sich zurück, das schwere Gestell über den Kopf haltend, ohne irgendwo rüber zu stolpern oder gar hinzufallen. Es könnte sonst ausgesprochen schmerzhaft enden, das wusste er.

Hope atmete erleichtert auf, als er das Fahrrad wieder abstellen konnte. Er zog es die Kellertreppe hinauf und schaffte es irgendwie nach draußen. Dort lehnte er sich erst einmal an die Wand und bereute es zutiefst, dass er sich nicht öfter auf diese Art und Weise sportlich betätigte. Er war eigentlich jetzt schon fix und fertig, doch gönnte er sich nur eine kleine Pause. Dann stieß er sich ab und untersuchte das Rad kurz aber gründlich, um es als Fahrtüchtig anzuerkennen.

Dann machte er sich auf den Weg zur Party. Unterwegs begegnete er immer wieder verschiedenen Leuten, die mit Böllern knallten, oder schon jetzt Raketen in den Himmel jagten. Es war bitterkalt, doch schwitzte und keuchte er schon nach kurzer Zeit. Er schaute in den bewölkten Himmel auf. Da landete eine Schneeflocke auf seiner Nase. Die Erste in diesem Winter.

»Schnee zum Abschied, ja?«, sagte er leise zu sich selbst, und lächelte. Er schaute auf die Uhr und stellte fest, dass er wohl auch so noch rechtzeitig kam, denn die Wohnung, in der die Party stattfinden würde, war nur noch zwei Straßen weiter.

Dort angekommen machte er sich nicht die Mühe, das völlig verdreckte, staubige Rad anzuketten. Selbst wenn es jemand stahl, war es ihm egal. Er klingelte und sogleich brummte es, sodass er die Tür aufdrücken konnte. Hope brauchte nur dem Lärm zu folgen. Ein Fremder, offensichtlich schon stark betrunken, öffnete ihm.

»Hey, weißt du, wo Rex ist?«, rief er über die laute Musik.

»Nee, der ist vor einer Stunde schon mit irgendeiner verschwunden«, war die gelallte Antwort.

Hope nickte und kämpfte sich durch die Partygäste. Er entdeckte ein paar Freunde, doch wollte er mit keinen von ihnen sprechen. Dafür schlug sein Herz hart gegen seine Rippen, als er Cinder entdeckte, die sich gegen einen Betrunkenen wehrte.

»Hey, da hinten ist eine, die will was von dir«, erklärte er dem Typen, der ihn sogleich fragend anschaute und dann davon ging. Offensichtlich hatte er schon wirklich viel Alkohol intus. Doch Hope war es egal, er reichte Cinder die Hand.

»Da bin ich«, erklärte er so leise, dass sie es nur gerade so hören konnte.

»Lass uns gehen«, bat sie mit einem unbehaglichen Seitenblick. Gemeinsam verließen sie die Party und schlenderten hin zu einem Park in der Nähe. Dabei schneite es immer dichter, und Cinder begann damit, lachend umherzutanzen, wie ein kleines Kind.

»Ich liebe Schnee!«, rief sie in die einsame Nacht hinaus. Hope folgte ihr lachend. So liefen sie durch den Park, und obwohl es nur Minuten gewesen sein konnten, den Mitternacht lag noch immer bevor, hatte er das Gefühl, das diese Nacht bis in die Unendlichkeit reichte. Er wollte, dass sie niemals endete.

Letzten Endes fanden sie sich auf einer Brücke ein, wo sie sich lächelnd und ganz unvermittelte in seine Arme kuschelte.

»Gleich ist es soweit«, erklärte sie lachend und deutete auf die Turmuhr, die in der Ferne unaufhörlich gen Neujahr schlug.

»Cinder? Warum bist du eigentlich hier?«, obwohl er sich so glücklich fühlte, wie wohl noch nie in seinem Leben, hatte er dennoch das Bedürfnis, aus ihrem Mund zu hören, das sein Glück nicht nur eine Fehlinterpretation des Momentes war. Sie schaute verwundert zu ihm auf, blickte dann wieder nachdenklich zum Uhrturm.

»Wieso bist du hier?«, wollte sie wissen, ohne ihm vorher zu antworten.

»Weil ich dich liebe. Aber ich weiß, dass ich dich nicht haben kann. Du hast etwas Besseres verdient, als mich. Ich war immer schon ein Nichtsnutz und ein Idiot«, dies war keine Nacht der Lügen, das wusste er. Also sagte er, was er dachte.

»Hope«, sie stieß sich von ihm ab, wandte sich entschieden um und schaute ihn fast schon herausfordernd ins Gesicht. »Hör mir zu, und hör mir gut zu.«

Und er hörte gut zu. Er saugte jedes ihrer Worte regelrecht in sich auf, denn vielleicht waren es die Letzten, die sie an ihn richtete. Er war zu weit gegangen, als er sie umarmte, er hatte es gewusst. Er hatte immer schon ein Talent dafür gehabt, jede Beziehung durch irgendwelche unsinnigen Gedanken oder eine unbedachte Geste komplett zu zerstören. Doch niemals hatte es ihm so weh getan, wie dieses Mal.

Ruhig erwiderte er ihren kalten, fast schon abweisenden Blick.

»Hope. Mir ist egal, was du von dir selbst denkst«, begann sie so komplett anders, als er erwartet hatte. »Ich weiß mehr über dich, als du meinst. Nea hat mir viel erzählt. Ich kenne deine Vergangenheit. Aber ich kenne auch dich selbst, denn mit jedem Wort und jeder Geste und jedem noch so kleinen Blick verrätst du dich. Dich, und dein wahres Wesen. Deswegen kenne ich dich. Und deswegen weiß ich auch, dass mir deine Vergangenheit egal ist, solange ich nur deine Zukunft bin. Deine schöne, glanzvolle, zauberhafte Zukunft.«

Erstaunt schaute er sie an.

»Heißt das, das… du mich auch liebst?«, fragte er zögernd. Sie nickte lächelnd und fiel ihm um den Hals. In genau diesem Moment schlug die Turmuhr zwölf und Raketen flogen zischend in den Himmel, um dort den Nachthimmel mit tausenden bunten Lichtern zu erhellen.

Doch das war Hope eigentlich ziemlich egal. Ja, Silvester war vorbei, das neue Jahr begann, doch so viel wichtiger war die junge Frau in seinen Armen, die er Leidenschaftlich küsste, und die er so eng an sich drückte, wie es irgend möglich war, ohne ihr wirklich weh zu tun.

»Heda!«, rief es mit einem mal vom Weg unterhalb der Brücke herauf. Über das Knallen und Zischen hätte er es fast nicht gehört. Er löste sich von Cinder, und beide schauten erstaunt über die Brüstung hinab. Der junge Mann aus der Straßenbahn stand dort, neben ihm ein Mädchen mit hellbraunem Haar, das erstaunt zu ihnen aufblickte. Der junge Mann jedoch lächelte glücklich. »Krieg ich meinen Ring wieder?«

Verwundert wühlte Hope in seiner Jackentasche, und tatsächlich, er hatte ihn mit dabei.

»Jederzeit!«, rief er lachend hinab und warf dem jungen Mann das Kästchen direkt in die offenen Hände.

»Danke!«, rief der hinauf und wandte sich dem jungen Mädchen zu. Den Rest konnte Hope auch ohne Worte verstehen. Die Freude seines Gegenübers ließ eigentlich nur einen Schluss zu.

Hope wandte sich lächelnd Cinder zu.

»Also habe nicht nur ich heute mein Glück gefunden«, erklärte er ihr.

»Hope, weißt du eigentlich, wer das war?«, sie schaute ihn aus großen Augen an.

»Nein, aber spielt es wirklich eine Rolle?«, er zog sie wieder näher zu sich und gab ihr einen Kuss. Erst später würde er sich fragen, wer der junge Mann gewesen ist, und noch viel später, es auch herausfinden.

Doch für den Moment war nur Cinder wichtig. Und sie klärte ihn nicht auf. Sie drückte sich nur enger an ihn. Denn wirklich wichtig waren nur sie beiden, und sonst nichts auf der Welt. So blickten sie gemeinsam in den hell erleuchteten Nachthimmel, und zugleich auch in ein neues, gemeinsames Jahr.

Cinder

»Und was tust du heute noch?«

Cinder schrak auf.

»Was?«, fragte sie abgelenkt und schaute ihre Freundin Nea verwirrt an.

»Du hast mir nicht zugehört«, lachte die.

»Ich… nein, nicht so wirklich…«, räumte Cinder nachdenklich ein.

»Ist schon gut, süße«, winkte sie ab.

»Ich, nein, ich meine…!«, Cinder wusste nicht einmal ansatzweise, worum es ging, so starrte sie Nea eigentlich nur verwirrt an. Die lachte nur noch mehr darüber.

»Erzähl, woran hast du gedacht?«, fragte sie und schaute einem jungen Mann nach, dessen Rückansicht durchaus sehenswert war.

»An nichts besonderes«, Cinder wurde rot und widmete sich eingehend ihrem Kakao.

»Okay, wenn du meinst…«, Neas Lächeln sagte ziemlich deutlich, was sie von dieser Aussage hielt, doch ging sie nicht weiter darauf ein. »Rex hat für heute eine große Fete geplant, kommst du auch?«

»Ich weiß nicht… Rex’ Freunde sind immer so…«, Cinder zog die Nase kraus.

»Aufdringlich? Ja, sind sie. Aber ich gehe mit Fjodor hin, dann lassen sie mich vielleicht in Ruhe. Und Hope kommt wahrscheinlich auch, um mich zu beschützen«, lachte Nea. Da horchte Cinder auf und ihr Herz schlug schneller.

»Dein Bruder kommt auch?«, fragte sie und versuchte, möglichst gleichgültig zu klingen.

»Hat er zumindest gesagt. Aber du kennst ihn ja, binnen einer halben Stunde ist er völlig betrunken und baggert alles an, was nicht bei drei eine Geschlechtsumwandlung gemach hat«, Nea seufzte und stand auf. »So, ich muss jetzt los. Wir sehen uns dann später.«

Cinders Freundin verließ das Café, in das sie sich für einen warmen Kakao getroffen hatten. Sie selbst überlegte erst einen Moment, dann stand auch sie auf und ging ebenfalls. Sie lief die kurze Strecke zu ihrem Auto und stieg dann ein, um gleich darauf lautstark zu fluchen. Sie und Nea hatten sich extra getroffen, um unliebsame Weihnachtsgeschenke umzutauschen und diverse Gutscheine einzulösen, doch natürlich lagen die meisten Dinge noch hinten auf den Rücksitzen und auf dem Beifahrersitz. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass die meisten Geschäfte schon zu hatten. So drehte sie genervt den Schlüssel und fuhr los.

Nach Hause musste sie eine ganze Weile fahren, sie wohnte außerhalb der Stadt, in einem Dorf. Sie parkte und stieg aus. Die Sachen auszuladen, nur um sie später wieder einzuladen, war sinnlos, so ging sie sofort zur Wohnungstür. Sie schloss auf und trat ein.

Die Post lag vor der Tür, denn in dem Hochhaus, in dem sie wohnte, wurden die Briefe durch einen Schlitz in der Tür geschoben. Sie lag schon seid gestern dort, Cinder hatte keine Lust gehabt, sie wegzuräumen, doch meinte sie, das noch ein paar verspätete und nichts sagende Weihnachtsgrüße dazu gekommen waren.

Sie seufzte und bückte sich nun doch. Nach einem kurzen durchsehen hatte sie nur einen einzigen Briefumschlag entdeckt, der so etwas wie Interesse in ihr weckte. Er war von einer Freundin, vermutlich enthielt auch er nur die üblichen Weihnachtsgrüße, doch sie irrte sich.

Als sie den Umschlag öffnete und den Brief herauszog, fielen auch noch zwei Karten mit hinaus. Mit einem Stirnrunzeln bückte sie sich danach und musste einen Moment darauf schauen, um zu begreifen, des es Konzertkarten waren. Doch nicht für irgendein Konzert, sondern für das eines jungen Musikers.

Melodin Tomas. Sie hatte schon so viel von ihm in der Zeitung gelesen. Er war der Neffe einer berühmten Geigerin und er sollte heute Abend sein Klavierdebüt geben, die Karten waren schon seid Monaten ausverkauft. Sie wusste, dass die Schwarzmarktpreise unter Liebhabern der klassischen Musik an die fünfhundert gingen und er als größtes Genie nach Mozart galt. Und bei ihr waren einfach so zwei Karten mit der Post eingetrudelt. Sie mochte klassische Musik, aber sie verstand nicht, wieso ihr Maya ihr zwei Karten schickte, also nahm sie den Brief und las ihn durch.
 

Hey Cinder!
 

Erst einmal schöne Weihnachten und einen guten Rutsch! Ich hoffe, der Brief kommt noch so halbwegs rechtzeitig an, ansonsten eben frohes Neues Jahr.

Hey, es tut mir Leid, das ich mich so lange nicht gemeldet habe, aber hier geht es drunter und drüber, kennst du ja. Lod war ein bisschen krank und, ich kann es immer noch nicht glauben, ich bin verlobt! Mit einem richtigen Prinzen! Ja, okay, was heißt schon Prinz in der heutigen Zeit… er trägt den Titel, aber so wirklich bekannt ist er gar nicht, wobei ich nicht das Gefühl habe, das er darüber sonderlich traurig ist. Ich übrigens auch nicht, so hat man wenigstens seine Ruhe.

Und ja, ich rede hier von demselben jungen Mann, wie in meinem letzten Brief. Ich hab es auch nicht gewusst, erst nachdem er mir den Antrag gemacht hat, da sind wir seine Familie besuchen gefahren, halt in den Semesterferien. Und da hab ich das eben erfahren. Und er ist gar nicht so eingebildet, wie man sich so jemanden vielleicht vorstellen mag, aber wer glaubt ja auch, dass sein Kommilitone ein Prinz ist, der inkognito Politikwissenschaften studiert.

Na ja, ist ja auch egal. Ich bin jetzt auf jeden Fall verlobt, wann die Hochzeit stattfindet weiß ich aber noch nicht genau, du bist aber die Erste, die eine Einladung bekommt, du musst unbedingt meine Brautjungfer sein!

Ach ja, die Karten! Sie sind von Tariq, er möchte dich gerne kennen lernen und weil wir eben auf dieses Konzert gehen, kannst du ja auch hinkommen, wenn du willst, und der Brief eben auch noch rechtzeitig da ist. Die andere Karte ist für deine Begleitung. Bring also deinen Freund mit, wenn du einen hast, und wenn nicht: Zur Not tut es auch Fjodor. Oder Nea, oder sonst eine liebe Freundin, uns ist alles recht.

Ansonsten hoffe ich, dass wir uns dann eben auf dem Konzert treffen. Aber man schreibt sich ja, auf wieder sehen.

Liebe Grüße, Maya
 

Cinder lächelte. Ja, das war Maya, wie sie leibt und lebt. Doch das Lächeln hielt nur kurz. Sie glaubte nicht wirklich, das Fjodor auf einem klassischen Klavierkonzert mitgehen würde, und alleine wollte sie auch nicht gehen.

Sie beschloss, dass sie erst einmal abwarten würde. Sie würde auf die Party gehen, und… ja, vielleicht konnte sie ja Hope fragen, ob er mitkommen wollte. Und ganz vielleicht würde er sogar ja sagen.

Sie lachte laut auf und tänzelte in ihr Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Es dauerte eine schiere Ewigkeit, bis sie etwas gefunden hatte, was ihr zumindest annähern gefiel. Ein dicker, gemusterter Rock, dazu einen schwarzen Rollkragenpulli. Sie zog noch eine schwarze Strumpfhose an und schlüpfte gut gelaunt in die Stiefel, überlegte dann, ob sie mit dem Auto fuhr oder sich besser an öffentliche Verkehrsmittel halten sollte, denn sie wusste nicht, ob sie etwas trinken würde und bei Rex übernachten mochte sie nun wirklich nicht.

Aber sie beschloss gut gelaunt, dass sie vermutlich mit Nea und Fjodor mitfahren konnte, und sollten sie und Hope wirklich noch zu dem Konzert gehen, dann mochte sie nicht auf Bus und Straßenbahn angewiesen sein.

So nahm sie ihren Autoschlüssel und tanzte die Treppe hinab. Es war noch früher Abend, es würden noch nicht viele Leute bei Rex sein, aber das war ihr nur recht, so konnte sie vielleicht ein wenig helfen, bevor es ungemütlich wurde.

Sie parkte ein wenig von seiner Wohnung entfernt und ging den Rest des Weges zu Fuß, weit war es ja nun nicht mehr. Und sie hatte recht, als sie klingelte war es Rex, der öffnete.

»Oh, hallo Cinder. Du bist früh«, lachte er, hatte dabei Butter im Gesicht kleben. Sie wollte gar nicht so genau wissen, wie die dahin gekommen war, also fragte sie nicht, sondern lächelte schüchtern.

»Ich wollte dir ein wenig helfen. Zu Hause ist nichts mehr zu tun und ich hatte Langeweile«, erklärte sie.

»Das kommt genau richtig, du kannst mir mit den Häppchen helfen«, lachte er und sie nickte. Sie war nicht das einzige Helferlein, Rex’ Freundin und ein junger Mann, den sie nicht kannte, halfen ebenfalls fleißig, sodass sie ohne größere Schwierigkeiten fertig waren, als die ersten Gäste kamen.

Es hätte ein lustiger Abend werden können, hätte Cinder nicht immer unruhiger darauf gewartet, das Hope kam. Sie traf einige Freunde und viele Bekannte wieder und auch Nea und Fjodor tauchten bald schon auf, aber der Ersehnte zeigte sich nicht. Irgendwann setzte sie sich dann mit einem Seufzen zu ihrem Bruder und ihrer besten Freundin.

»Hope kommt wohl doch nicht, was?«, fragte sie leise.

»Nein, ich denke nicht. Der hat sich vorhin in seiner Stammkneipe schon Volllaufen lassen, vermutlich liegt er schon zu Hause im Bett und schläft seinen Rausch aus«, überlegte Fjodor.

»Meinst du wirklich?«, Cinder schaute ihn traurig an.

»Wieso rufst du nicht zu Hause bei ihm an? Vielleicht ist er ja da, vielleicht denkt er, dass niemand hier wäre, mit dem er sich unterhalten mag, vielleicht weiß er gar nicht, dass wir alle hier sind«, überlegte sie.

»Ich habe seine Nummer nicht«, antwortete Cinder traurig.

»Ich gebe sie dir, warte kurz«, bat Nea und suchte in ihrem Handy, bis sie der Freundin eine Nummer nennen konnte. Die speicherte sie sofort ein, lächelte dankbar und verdrückte sich dann vor die Tür, damit sie ungestört telefonieren konnte.

Sie ließ es lange klingeln, doch niemand ging ran. Irgendwann knackte es in der Leitung und Hopes Stimme ertönte, erklärte, das er nicht zu Hause war und bat den Anrufer darum, eine Nachricht zu hinterlassen.

Cinder zögerte kurz, sollte sie wirklich auf den Anrufbeantworter sprechen? Sie beschloss, dass sie es einfach tun sollte und sprach.

»Hallo Hope. Ich bin es, Cinder«, begann sie und kam sich im selben Moment ungemein dämlich vor. Warum rief sie ihn denn an? Was hatte sie eigentlich mit ihm zu tun, außer, das er der Bruder ihrer besten Freundin und der beste Freund ihres eigenen Bruders war? Doch nun gab es kein Zurück mehr.

»Nea hat mir deine Nummer gegeben, ich wollte nämlich wissen, warum du nicht zu der Party kommst, heute? Also, ich wollte da eigentlich auch nicht hin, aber ich wollte dich fragen, ob du mit zum Konzert kommst. Du weißt schon, das Debütkonzert von diesem Musiker, Melodin Tomas«, ein Blick auf ihre Uhr zeigte ihr, das es im Bezug auf das Konzert eigentlich egal war, ob er noch kam. Deswegen sprach sie traurig weiter. »Aber das ist ja schon vorbei und… ach, ich rede Unsinn. Ich wollte nur sagen, dass ich es schön fände, wenn du auch kommst. Das neue Jahr alleine begrüßen ist so… nun ja. Entschuldige, wenn ich dich gestört habe. Guten Rutsch noch«, sie legte auf und hoffte, das Hope das Gespräch gleich löschte und ihre sinnlosen, verwirrten Sätze nicht hörte

Sie stopfte ihr Handy in die Hosentasche und ging wieder nach Oben. Es war noch ein bisschen hin bis Mitternacht, und sie mochte auch nicht draußen stehen, bis Hope vielleicht doch kam. Doch der Abend war für sie eigentlich schon vorbei. Sie setzte sich irgendwo hin, wo es halbwegs still war und fragte sich, ob sie nicht vielleicht doch nach Hause gehen sollte, so schlimm war es auch wieder nicht, wenn man einen Silvesterabend alleine verbringen würde.

Doch für den Moment blieb sie noch und beobachtete die anderen dabei, wie sie immer betrunkener worden. Gelegentlich klingelte es noch an der Tür, aber sie schaute schon gar nicht mehr, wer kam.

Irgendwann begann es zu schneien und sie beobachtete lächelnd, wie der erste Schnee das alte Jahr verabschiedete, und das Neue begrüßte, zumindest, bis einer der Betrunkenen sich zu ihr setzte.

»Hey Schätzchen«, säuselte er ihr ins Ohr.

»Verschwinde«, antwortete sie nur.

»Och, komm schon«, er rutschte näher an sie heran und legte eine Hand auf ihr Bein.

»Nein, geh!«, sie rutschte angeekelt von ihm weg.

»Aber Kleines…!«, er sprach leise auf sie ein und sie wehrte sich verzweifelt, bis irgendjemand die Hand auf seine Schulter lag.

»Hey, da hinten ist eine, die will was von dir«, erklärte Hope und deutete hinter sich.

Der Fremde schaute ihn einen Moment lang fragend an, dann stand er auf und ging, hoffte dabei wohl, leichtere Beute zu finden.

»Da bin ich«, meinte Hope und schaute sie an. Sogleich schlug ihr Herz bis zum Hals hinauf. Sie schaute sich einmal kurz um und stand dann auf.

»Lass uns gehen«, bat sie, während sie sich demonstrativ einmal umschaute.

»Gerne«, antwortete er lächelnd und gemeinsam verließen sie die Party und schlenderten langsam zu einem Park in der Nähe. Dabei schneite es immer dichter.

Cinder freute sich über den Schnee, sie liebte den Schnee, und so begann sie damit, lachend umherzutanzen und scherte sich dabei nicht darum, was Hope über sie denken mochte. Sie freute sich viel zu sehr.

»Ich liebe Schnee!«, jauchzte sie in die dunkle Nacht hinaus. Hope lachte hinter ihr. So liefen sie gemeinsam durch den Park, und obwohl es eigentlich nur ein paar Minuten gewesen sein konnten, den Mitternacht lag nach wie vor bevor, kam es ihr vor, wie eine Ewigkeit, und sie wünschte sich vom tiefsten Grunde ihrer Seele aus, das diese Nacht niemals enden mochte.

Zu guter Letzt fangen sie sich auf einer Brücke ein. Cinder lächelte und ohne darüber nachzudenken, einfach nur einem tiefen, inneren Bedürfnis folgend, kuschelte sie sich tief in seine Arme.

»Gleich ist es soweit«, lachte sie und zeigte dabei auf die Turmuhr, die in der Ferne unaufhörlich gen Neujahr schlug.

»Cinder?«, fragte Sly ganz unvermittelt. »Warum bist du eigentlich hier?«

Sie zögerte, ihre Gedanken rasten. Sie schaute verwundert über diese Frage zu ihm hoch, dann wieder nachdenklich auf den Uhrturm.

»Wieso bist du hier?«, fragte sie statt einer Antwort und wollte sich so ein wenig Zeit verschaffen, um ihren Mut zusammen zu nehmen und ihm zu gestehen, was sie dachte, und was sie fühlte. Doch seine Antwort war so völlig anders, als sie erwartet hatte, wie es nur irgend möglich war.

»Weil ich dich liebe. Aber ich weiß, dass ich dich nicht haben kann«, erklärte er und wirkte dabei unheimlich traurig, wie er in den dunklen Nachthimmel schaute. »Du hast etwas Besseres verdient, als mich. Ich war immer schon ein Nichtsnutz und ein Idiot.«

Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, was sie eben gehört hatte. Sie zögerte kurz, dann befand sie, dass diese Abend nur für wahre Worte gedacht war.

»Hope«, sagte sie also und stieß sich von ihm ab. Dann wandte sie sich entschieden um und schaute ihn so fest und herausfordernd ins Gesicht, wie sie es konnte. »Hör mir zu, und hör mir gut zu.«

Er schaute sie scheu und unwillig an, als müsste er sich mit aller Macht dazu zwingen, stehen zu bleiben und nicht davonzulaufen, wie jede einzelne Faser seines Körpers ihm befehlen mochte. Aber er blieb und er schaute sie an. Sie erwiderte seinen Blick, aus Angst jedoch so bemüht distanziert, wie es ging. Sie wollte ihm nicht zeigen, wie wichtig ihr das war, was sie nun tun würde, aus Angst, dass er sie dann doch nur verletzen würde.

»Hope. Mir ist egal, was du von dir selbst denkst«, begann sie sanft und hatte Mühe, sich nicht in seinen wunderbar blauen Augen zu verlieren. »Ich weiß mehr über dich, als du meinst. Nea hat mir viel erzählt. Ich kenne deine Vergangenheit.«

Das stimmte. Sie hatte Nea fast schon über ihren Bruder ausgefragt, bis sie fast alles wusste, was auch Nea wusste, und das war viel. Und nicht nur auf seine Person bezogen, sondern auch auf sein Wesen und einfach alles, worüber sie etwas wissen konnte. So wusste sie auch, das er ein Frauenheld schlechthin war, aber sie liebte ihn dennoch so sehr, dass es ihr egal war. So fuhr sie fort.

»Aber ich kenne auch dich selbst, denn mit jedem Wort und jeder Geste und jedem noch so kleinen Blick verrätst du dich. Dich und dein wahres Wesen. Deswegen kenne ich dich. Und deswegen weiß ich auch, das mir deine Vergangenheit egal ist, solange ich nur deine Zukunft bin«, erklärte sie sachlich, musste dann aber Lächeln, das sie hinzufügte: »Deine schöne, glanzvolle, zauberhafte Zukunft.«

Das Erstaunen in seinem Blick war echt, das merkte man sofort.

»Heißt das«, er zögerte kurz, bevor er weiter sprach, »das…du mich auch liebst?«

Sie nickte lächelnd und fiel ihm um den Hals. Als hätte die Uhr nur auf diesen Augenblick gewartet schlug die Turmuhr zwölf und unzählige Raketen flogen zischend in den Himmel, um dort den Nachthimmel mit tausenden bunten Lichtern zu erhellen.

Sie freute sich, es war ein wenig, wie ein Wink des Schicksaals und sie wusste, das ein solches Omen nur bedeuten konnte, das alles gut werden würde. Wieso auch nicht? Hope wusste, das sie ihn liebte, und sie wusste, dass er auch sie liebte. Das alte Jahr vorbei und das neue Jahr hatte schon so zauberhaft begonnen, wieso sollte es nicht so auch weitergehen?

Er zog sie enger an sich heran und küsste sie ganz unvermittelte und voller Leidenschaft, drückte sie so eng an sich, das er ihr fast weh tat, aber sie genoss es.

»Heda!«, rief in diesem Moment jemand vom Weg unterhalb der Brücke zu ihnen hinauf. Über das Knallen und Zischen hätte sie es fast nicht gehört. Hope löste sich von ihr und gemeinsam schauten sie über die Brüstung hinab. Ein junger Mann mit schwarzem Haar, dunklen Augen und einer blassen Haut schaute zu ihnen hinauf, neben ihm ein Mädchen mit hellbraunem Haar, das irgendwie erstaunt und verwundert wirkte. Doch der junge Mann, der Cinder sofort seltsam bekannt vorkam, lächelte glücklich.

»Krieg ich meinen Ring wieder?«, fragte er gut gelaunt. Verblüfft, aber auch eindeutig freudig begann Hope in seiner Jackentasche zu wühlen und zog letzen Endes ein schwarzes Kästchen hervor.

»Jederzeit!«, rief er lachend dem jungen Mann zu und warf es zu ihm hinab, direkt in seine wartenden, offenen Hände.

»Danke!«, antwortete der Lächelnd und da erkannte Cinder ihn. Es war Melodin Tomas persönlich, doch was tat er hier im Park, wenn doch irgendwo in dieser Stadt garantiert sein Debüt ausreichend gefeiert wurde? Doch was er da tat, konnte man auch ohne Worte verstehen, die plötzliche Freude des Mädchens ließ nur einen Schluss zu. Doch da wandte sich Hope schon wieder mit einem Lächeln an Cinder.

»Also habe nicht nur ich heute mein Glück gefunden«, meinte er.

»Hope, weißt du eigentlich, wer das war?«, fragte sie und schaute ihn aus großen Augen an.

»Nein, aber spielt es wirklich eine Rolle?«, er zog sie wieder zu sich heran und gab ihr einen weiteren Kuss. Und sie befand, dass er recht hatte. Wen interessierte es schon, wenn ein Klavierspieler seiner Liebsten in der Silvesternacht einen Antrag machte, wenn man selbst nur Minuten zuvor sein eigenes Glück gefunden hatte?

Sie lächelte und erwiderte den Kuss, ging nicht weiter auf den jungen Mann ein. Stattdessen schauten sie gemeinsam in den hell erleuchteten Nachthimmel und zugleich auch einem neuen, gemeinsamen Jahr entgegen.



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