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Wolfprincess

Die Liebe ist stärker als alles andere
von

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Schnee

Kalt … so … kalt…
 

Ich vergrub meine Nase noch ein Stückchen tiefer in den hohen Mantelkragen. Die Hände die handschuhlos waren und wie Eiszapfen an meiner Seite baumelten bohrte ich in meine Jackentaschen. Es war kalt, sogar für den Winter. Meiner Meinung nach zu kalt. Meine Nase war eisig und rot und meine blauen, aufgeplatzten Lippen schmerzten, bei jedem Atemzug der aus meinem Mund entweichte. Der warme Dampf der aus meinem leicht geöffnetem Mund entfloh, bildete einen leichten Nebelschleier vor meinen Augen. ,,Zero!“ Bei dem Versuch meinen Hund zu rufen, versagte ich kläglich. Ich konnte mich noch genau an meine Worte erinnern, als ich ihm Zwinger gesehen hatte.
 

Bitte Mama, ach bitte. Ich verspreche egal was ist ich kümmere mich um ihn.
 

Das hab ich jetzt davon. Ich liebte meinen Hund wirklich, doch manchmal wünschte ich mir ich hätte seinem Hundeblick damals widerstanden. Ich hörte leise den Schnee unter Zeros Pfoten knacken, als er aus dem Schneewind auf mich zukam. Ich hätte ihn fast nicht erkannt. Zero ist ganz weiß. Das einzige an ihm was merkbar war, war ein kleiner schwarzer Punkt, ober der Nase. Zero fror nicht. Sein weißes Fell bewegte sich mit dem Wind, bei dem es mich erneut erzittern ließ. Manchmal, wenn ich Zero so sah, denke ich immer, es wäre doch schön mal so ein weiches warmes Fell zu haben. Geduldig musterte mich Zero mit seinen schwarzen Knopfaugen und sofort war ich wieder froh diesen Hund ausgesucht zu haben. Ich hielt Zero nicht an der Leine, so etwas finde ich grausam. Hunde brauchen Auslauf, sie sollten nicht ihrer Freiheit beraubt werden. Ich wagte es nicht auf meine Armbanduhr nach der Zeit zu sehen, denn meine Hand ruhte in meiner warmen Jackentasche. Meine Augen beobachteten wie Zeros Pfotenabdrücke sofort wieder hinter ihm verweht wurden, als ob er nie hier gewesen war. Nie gewesen. War ich je gewesen. Ich weiß es nicht und ich wusste es auch nie. Meine Erinnerung an meine Vergangenheit reichte nicht weit zurück und ich wollte auch nicht, dass sie weiter zurück reichte. Zero trabte schnurstracks zu unserem Haus. Eine kleines Hüttlein wie ich es selbst gern nannte. Geduldig wartete Zero sitzend vor der Einganstür auf mich. Sein Fell war nass und glänzte schön, als seien seine Haare mit Glitzer bestreut worden. Er hatte seine Ohren gespitzt und sein Schwanz klopfte unermüdlich gegen den Boden. Ich streifte meine durchnässten, mit Schnee bedeckten Stiefel an der Fußmatte auf der herzlich „ Tretet ein ins feine Heim “ geschrieben stand ab. Zero konnte es kaum erwarten endlich in das trockene Zimmer zu stürmen, genauso wie ich. Er schüttelte sein durchnässtes Fell und das kalte Wasser spritzte wie Perlen in alle Richtungen. Langsamen Schrittes trabte er zum Kamin in dem ein kleines dennoch Wärmespendendes Feuer loderte. Ich war nie dafür einen Kamin zu haben, aus Gründen die mir selbst nicht einfallen wollen, doch jetzt war ich glücklich darüber und bereue die Entscheidung nicht. Ich legte meinen triefend nassen Mantel über die Heizung und streifte die paar kleinen nassen Falten glatt. Noch etwas zittrig zog ich mir den Schal vom Hals und platzierte ihn ordentlich neben dem Mantel. ,, Lauren… wie schön das du wieder da bist… Ich habe bereits Wasser für den Tee aufgesetzt“ Meine Großmutter stand in der Küche und drehte eifrig an den Herdknöpfen herum. Ein dankendes Lächeln zog sich über mein Gesicht. Kurz nachdem ich Zero in meine Familie aufgenommen hatte, starb meine Mutter bei einem Autounfall. Ich war noch sehr klein gewesen und wütend auf Zero. Ich gab ihm die Schuld und ich merkte, wie ich meinen einzigen Freund solch schreckliche die vorwerfen konnte. Nachdem meine Mutter gestorben war, verschwand mein Vater spurlos, ohne eine Nachricht. Seitdem kümmert sich meine Großmutter um mich und ich bin mit meinem Leben einigermaßen wieder klar gekommen. Ich muss zugeben, dass ich ein sehr verschlossener Mensch bin. Ich habe wenige Freunde und bei den wenigen die ich habe, bin ich mir ihrer Freundschaft nicht sicher. Auf jeder Party auf der ich war, bin ich immer alleine in der Ecke gesessen und habe stumm zu gesehen. Mein einziger wahrer Freund den ich je hatte war Zero und auch wenn er mir meine schlimmen Vorwürfe verziehen zu scheinen hatte, plagte mich noch immer mein Gewissen. Mehr mein Herz als mein Gewissen. Der Vorfall liegt jetzt bereits 10 Jahre zurück und ich erinnere mich nur ungern daran. Maine Großmutter riss mich aus meinen Gedanken, als sie mir die rauchende Tasse mit dem gut duftenden Zimttee vor die Nase hielt und mich auf das Sofa wies. Es war wieder einmal soweit. Zeit für eine Von Großmutters Geschichten. Ich hatte zwar schon erwähnt wie ich zu Geschichte stand, aber die von Großmutter schienen für mich einen Sinn zu haben, einen wahren Kern. Es war aufregend ihr zu lauschen und auch wenn sie manchmal eine Geschichte zweimal erzählte mir war es gleich. Ihre Erzählungen hatten was an sich was mich faszinierte. Sie kamen als wahre Begebenheiten rüber. Zero trottete zu mir und ließ seinen Kopf schnaufend auf meinen Schoß sinken. Er legte den Kopf leicht schräg und das war für mich das Signal zum Streicheln. Er liebte es auf den Wangen gekrault zu werden. Ich stellte meine sowieso noch zu heiße Tasse auf den kleinen Selbstgefertigten Tisch und beobachtete wie Zero genüsslich die Augen schloss als ich mit meinen Finger durch sein weiches Fell an seinen Wangen fuhr. Ich konnte sein leichtes zufriedenes Knurren in der Kehle spüren. Es hatte was seltsam Beruhigendes an sich. Meine ganze Aufmerksamkeit galt Zero, sodass mir gar nicht bewusst war das Großmutter bereits in ihrem Schaukelstuhl saß und immer wieder den aufsteigenden Rauch ihres Tees zur Seite blies. Ich war gespannt was sie heute erzählen wollte. Ich lauschte all ihren Geschichten gerne, aber am liebsten hatte ich immer noch ihre Erzählungen über Werwölfe. Diese erzählte sie immer mit so viel Inbrunst und Leidenschaft, sodass ich jedes Mal wie gefesselt lauschte, kaum atmete und fast nicht blinzelte. Ich wollte keinen Moment dieser Sagen verpassen. Wenn Großmutter zum Reden begann, bekam alles so einen speziellen Hauch von Wahrheit. Als ob sie es wirklich miterlebt hatte. Es war besser als jedes Buch und jede Fernsehsendung die ich kannte. Großmutter stoppte das Wippen ihres Stuhles und stellte ihre etwas weniger dampfende Tasse neben meine und setzte zum ersten Satz an. Zero hatte ein Auge offen und schielte zu Großmutter hinüber, als ob er genauso gespannt auf die Geschichte wäre wie ich.

„ Heute mein Schatz…will ich die von einer wirklich wahren Geschichte erzählen, die mir selbst passiert ist“. Meine Augen wurden groß. Ich erhob mich von meinem Platz, sehr zum Missfallen von Zero und ließ mich an der Seite von Großmutters Stuhl nieder. Zero saß ruhig da und sah mich an. Mit diesen schwarzen Augen in die ich mich bei ihm verliebt hatte. Das klingt jetzt zwar etwas komisch, aber auch wenn er ein Tier ist für mich ist er mehr und seine Augen sind für mich wie ein Spiegel ein Spiegel meiner selbst. Ich wandte meinen Blick ab von Zero und sah meine Großmutter erwartungsvoll an. Sie begann zu erzählen:
 

Als ich noch ein kleines Mädchen war, war ich unglaublich neugierig und dickköpfig. Ich habe mich oft in der Nacht aus meinem Zimmer geschlichen, während meine Eltern erschöpft von der Feldarbeit im Bett lagen. Sicher… ich war es auch, denn ich musste ihnen immer helfen. Doch egal wie müde oder erschöpft ich war, ich stahl mich immer aus meinem Zimmer um einen ganz bestimmten Ort im Wald aufzusuchen. Ein wunderschöner Ort so einen, den man nur einmal im Leben findet. Jeder Mensch hat seinen eigenen speziellen Ort, man muss ihn nur suchen und finden. Ich habe gesucht und wer bekanntlich auch sucht der findet. Und ich wurde belohnt. Mit dem schönsten Anblick der mir je geboten werden könnte. Er war nicht groß aber auf die Größe kam es mir nicht an. Seine Ausstrahlung besaß mehr Größe als sie ein König je haben könnte. Es war eine kleine Wiese von dichten Tannen umringt, doch durch die Wipfel trat immer ein kleiner Lichtstrahl der das kleine Fleckchen Himmel erhellte. Inmitten der Wiese, auf der wunderschöne kleine Blumen aller Art und Weise wuchsen stand ein großer Stein. Ich lag jeden Abend auf diesen Stein und sah in den Sternenhimmel ober mir. Ich lag schon viele Abende dort, doch die Sterne boten immer wieder neue Dinge zu entdecken, in dieser Nacht machte ich eine schicksalhafte Begegnung.
 

Meine Augen wurden immer größer und ich hätte Großmutter am liebsten die Tasse, aus der sie gerade einen Schluck nahm weggerissen und sie gedrängt die Geschichte fortzusetzen. Ich hasste Unterbrechungen, doch Großmutter wusste das und machte schnell dort weiter wo sie aufgehört hatte.
 

Nun denn. Ich kämpfte mich durch das bereits zu hoch gewachsene Farngestrüpp bis hin zu meiner Wiese, doch ich erstarrte. Auf meinem geliebten Felsen stand ein Wolf. Der größte und prächtigste den ich je gesehen hatte. Er ließ die Wiese um sich herum die eine Pampa aussehen. Seine blauen Augen musterten mich. Sie hatten die Farbe von Saphiren und sein Fell war schwarz. Eigentlich hätte ich ihn in dieser dunklen Nacht gar nicht erkannt, doch der helle Lichtstrahl der Sterne ließ sein Fell leuchten. Es war wie schwarze Seide und ich hatte das dringende Bedürfnis ihn berühren zu müssen. Ich wollte spüren ob sein Fell wirklich so weich war wie es aussah und ob seine Augen wirklich so wunderschön blau funkelten. Plötzlich sprang er vom Stein und kam auf mich zu. JE näher er kam desto größer wurde er. Mir war eines schon klar, dieser Wolf war anders als andere. Er war mindestens doppelt so groß wie eine Dogge, aber dafür war seine Schönheit unvergleichlich. Er beschnupperte mich leicht. Er musste sich sogar ein bisschen bücken um mit seiner Nase mein Gesicht untersuchen zu können. Er war ein Riese. Seine Augen schienen in mein Inneres zu blicken und ich konnte meinen Blick nicht von seinem lassen. Seine blauen Augen machten den Anschein als würde sich Wasser in ihnen bewegen, so blau waren sie. Blauer als der Himmel nur sein könnte, blauer als das klarste Wasser, unvergleichlicher als jede blaue Farbe. Sein warmer Atem kitzelte mein Gesicht und ich streckte meine Hand nach seinem Gesicht aus, doch er ließ seinen Blick nicht von meinen Augen ab. Sanft fuhr ich durch sein Fell und mein Atem schien stehen zu bleiben. So weich… so… unvergleichlich weich. Ergeben gab er mir seine schwarze Stirn frei und ich legte meine Hand die noch lose an meiner Seite hing darauf. Warm…so… wundervoll warm. Lange stand ich so da mit geschlossenen Augen und lauschte seinem rhythmischen Atem und wie sein Fell mit jedem seiner Atemzüge sich auf und ab bewegte. Doch plötzlich war das weiche warme Fell unter meinen Händen weg und alles was ich spüren konnte war nackte dennoch angenehm warme Haut. Ich wagte nicht die Augen zu öffnen. Aus Angst? Aus Traurigkeit? Ich wusste es nicht. Ich konnte spüren, wie mich 2 starke Arme umarmten und auch wenn ich wusste es war kein Wolf, hatte ich dennoch keine Angst. Ich überwand mich meine Augenlieder zu öffnen und sah den Mann vor mir, der sich von mir gelöst hatte. Sein schwarzes Haar war schulterlang und wild durchzaust. Seine Haut war weiß und wirkte kalt doch das war sie nicht im Gegenteil. Sie war weich und warm. Wie Seide fühlte sie sich unter meinen zitternden Fingerkuppen an. Ich wusste nicht wer dieser Mann war, bis ich ihm in die Augen sah. Blaue Augen. Unverwechselbar. Er war dieser Wolf. Ein Werwolf in den ich mich allein durch seine bloße Anwesenheit verliebt hatte.
 

Ich saß da sprachlos. Das war sie die finale Geschichte bei der mir wortwörtlich der Atem wegblieb. ,, Großmutter…was ist mit ihm passiert“ meine Stimme klang zerbrechlich und ich hatte gar nicht bemerkt das Zero neben mir saß und seinen Kopf an meinem Hals schmiegte. Großmutter lächelte. ,, Er war meine große und einzige wahre Liebe, doch wurden wir getrennt, nachdem es für mich gefährlich wurde. Denn wenn sich ein Werwolf sich mit einem Menschen abgab oder sich sogar verliebte musste der Mensch sterben. Es war strengstens verboten, doch wir hielten unsere Liebe geheim, bis ich einmal angegriffen wurde. Mein Geliebter verließ mich um mich nicht weiter in Gefahr zu bringen, aber mit dem Versprechen mich immer zu lieben und keine andere“. Ich konnte mir eine kleine Träne der Rührung nicht zurückhalten, mein Körper war wie gelähmt. Zero winselte leise und schleckte mir die Träne weg. Gerührt von dieser kleinen Geste, nahm ich sein weiches weißes Gesicht in beide Hände und gab ihm einen Kuss auf den kleinen schwarzen Fleck. Ich bedankte mich bei Großmutter für die mehr als gelungene Geschichte und gab ihr einen Kuss. Müde stolperte ich die schmale Treppe zu meinem Zimmer hoch und ließ mich in mein Bett fallen. Schnell ließ ich noch mein T-Shirt und meine Jeans zu Boden fallen und zog mir die Decke bis zum Kinn. Ich spürte etwas Weiches unter meinen Händen. Zero. Er ließ einen Schnaufer von sich gähnte einmal und schlief ein. Mein Blick lag noch eine Weile auf ihm. Wie sein Brustkorb auf und ab ging. Ich zog ihn etwas näher zu mir ran, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und streichelte ihn so lange auf der Wange, bis auch ich erschöpft in einen Traumlosen Schlaf fiel.

Traum?

Ich war mir nicht sicher ob die Berührung die ich letzte Nacht in meinem Gesicht gespürt habe, einfach nur Einbildung war. Es fühlte sich so unglaublich echt und warm an. Ich hatte meine Augen geschlossen und mein Atem war gleichmäßig. Mein leerer Körper wanderte zwischen Traum und der Wirklichkeit hin und her. Die Nacht war dunkel. Meine Hand griff nach dem gut duftenden Morgentee und meine Augenlieder waren schwer. Auch wenn ich geschlafen habe, fühlte ich mich dennoch als sei ich all die Stunden munter in meinem Bett gelegen. Zero saß zu meiner Rechten und hatte seinen Kopf leicht auf meinen Schoß platziert. Er wirkte müde genauso wie ich. Hatte er auch einen Traum, aber wie meiner könnte er wohl kaum sein. Ich erinnerte mich. Ließ das Geschehene noch einmal Revue passieren.
 

Meine Hand…sie lag leicht auf dem frisch gewaschenen Lacken. Mein Haar…zerzaust und unordentlich hing es mir wirr ins Gesicht, stand in alle Richtungen ab. Der Duft des Raumes…ich wusste irgendetwas war anders an diesem Geruch. Nicht das es schlecht roch im Gegenteil. Die Luft war getränkt mit allen möglichen Gerüchen, doch hauptsächlich konnte ich den unverkennbaren Geruch des Waldes ausmachen. Holzig mit einem Hauch von Moos und nassem Laub. Es duftete gut. Mit jedem Luftzug ließ ich diesen Duft in meine Lungen fließen, bis sie kurz vorm platzen waren, ich wollte den Geruch nicht wieder ausatmen. Er war wie eine Droge für mich. Meine ganz persönliche Droge. Ich verweilte eine Weile in meiner Starre, bevor sich meine Lungen erneut füllten. So süß und dennoch so herb. Doch etwas fehlte. Wo war das weiche Fell mit dem ich unter meinen Armen eingeschlafen war. Der Platz auf dem Zero gelegen hatte war lauwarm. Er war vor kurzem noch hier gewesen. Ich wollte meine Augen nicht öffnen. Die Müdigkeit drückte mich wie eine Platte aufs Bett. Meine Gliedmaßen lagen regungslos und starr auf der weichen mit meinem Duft versehenen Matratze. Ich spürte was. Diesen Duft wie er mir ins Gesicht gehaucht wurde. Ich öffnete meinen Mund um mehr von dieser Köstlichkeit einzuatmen. Ein Finger so weich wie eine Feder strich mir mein wirres Haar aus dem Gesicht. Erneut schwebte ein Hauch von Wald über mein Gesicht und erneut nach ich eine Nase voll. Ich konnte nicht mehr widerstehen. Leicht schloss ich meine Augen auf um zu sehen woher dieser Geruch kam. Dieser unglaubliche Duft. Silber weiß blitzte es vor meinen müden Augen. Schimmernde weiß glänzende Federn streichelten mein Gesicht. Zart und sanft. Haar. Silbernes Haar. Ging von ihm dieser Duft aus. Eine Hand weich wie Seide nahm eine meiner schwarzen dünnen Haarsträhnen n die Hand und ließ es durch seine Finger fließen. Es sah aus wie flüssiges schwarzes Marmor. Ein Mensch? Ein Mann? Sein Körper war hell und seine Muskeln spielten unter seiner perfekten Haut, zeichneten ihre Konturen ab. Ich blinzelte nicht. Ich wollte keinen Moment von dieser Schönheit, von diesem Traum verpassen. Seine Fingerkuppen streiften meine Wangen und ich konnte verstehen warum Zero das immer so gern hatte. Es war angenehm und verführte mich wieder zum Einschlafen. Ich wollte sein Gesicht sehen, seine Augen. Ich kämpfte gegen meine langsam zufallenden Augenlieder an und traf endlich auf die Augen des Mannes. Sie waren schwarz. Schwarz wie die Nacht und trotzdem leuchteten sie. Flüssige Seide. Sein silbernes Haar bedeckte seine Augen leicht und ich schob es vorsichtig zur Seite. Der Fremde streichelte noch immer mein Gesicht und ich hörte auf mich gegen die Müdigkeit zu wehren. Meine Lieder fielen zu und die angenehme Berührung im Gesicht verschwand, doch die Augen hatten sich in mir eingebrannt. Es fühlte sich alles so echt an. Der Geruch, der nicht zu verfliegen scheint die Berührungen, wie sie sich echter nicht anfühlen konnten.
 

Ich stellte meine Tasse auf den Frühstückstisch und sah Zero an, der auf meinen Schoß eingeschlafen zu sein schien. Ich wollte mich nicht bewegen, wollte seine friedliche Ruhe nicht stören. Wieder streichelte ich ihn durch sein Wangenfell und spürte wieder das vertraute zufriedene Gurren in seiner Kehle. Zero hatte die Augen geschlossen, doch ich hätte sie zu gerne gesehen. Sie erinnerten mich an die Augen des Mannes aus meinem Traum, bei dem ich mir eben nicht sicher bin ob er wirklich einer war. Eigentlich, wenn ich jetzt so nachdachte, hätte ich vielleicht Angst haben sollen. Ein Fremder der in der Nacht an meinem Bett saß. Es war unvorstellbar, aber nach der Geschichte von Großmutter, überraschte mich schon mittlerweile nichts mehr. Mit meiner noch freien Hand streifte ich mir über die Stelle an der mich der Mann berührt hatte, sie war warm. Vorsichtig nahm ich Zeros Gesicht in beide Hände und hob es von meinem Schoß. Zero veränderte das Gesicht unglücklich, wachte aber zu meinem Glück nicht auf. Ich musste kurz raus, einfach um mal abzuschalten. Mein Blick wanderte aus dem halb zu gefrorenen Fenster auf dem sich schöne Eiskristalle gebildet hatten. Der Schnee blies stärker als gestern, aber das hielt mich nicht ab mir meinen warmen und getrockneten Mantel anzulegen. Geschickt band ich mir den Schal um und war heute schlau genug mir Handschuhe anzuziehen. Ich wohne hier auf der kleinen Insel Vancouver und war an harte Winter gewöhnt. Ich stopfte mein hüftlanges schwarzes Haar unter meine Wollhaube und zog den Zipp bis zur höchsten Kragenspitze zu. Großmutter war nicht da. Sie war vermutlich in das kleine nahe gelegene Dörfchen spaziert um einzukaufen. Wir wohnten etwas abgeschieden, aber darüber war ich froh. Ich liebte die Ruhe und Ungestörtheit. Ich ließ Großmutters Geschichte noch einmal durch meine Gedanken huschen und dachte an ihre Worte. Ein spezieller Ort. Ob ich wohl auch so einen Ort finden würde. Ich schüttelte den Kopf um mir diesen für den Moment unsinnigen Gedanken auszureden. Vielleicht würde ich wirklich mal auf so einen Ort stoßen. Wer weiß? Ich fühlte mich auf einmal nur seltsam einsam. Zero war immer an meiner Seite seit dem Tod meiner Mutter, das ich ihn selbst bei einem harmlosen kleinen Spaziergang wie diesem vermisse. Doch ich musste mal endlich alleine klar kommen. Zero würde nicht immer bei mir bleiben können, irgendeiner von uns zwei wird früher oder später sterben. Bei dem Gedanken Zero zu verlieren zog sich mein bereits geschundenes Herz schmerzhaft zusammen. Der Gedanke, der bloße, tat höllisch weh. Als ob mir ein Messer in die Brust gerammt werden würde. Ich atmete einmal tief ein und aus und blickte mit meinen blauen Augen durch meinen verdampfenden warmen Atem. Einfach aus Spaß stieß ich immer wieder Nebelschwaden aus meinen zusammengekniffenen Mund. Einer von der Weiten müsste wohl denken ich sei Raucherin. Bei dem Gedanken lächelte ich ein wenig, es war gut mal ein bisschen lustig und positiv zu denken. Es lenkte mich ab. Ich beschloss umzukehren. Meine Gedanken hatten mich weit genug vom Haus weggetrieben. Ich konnte nur mehr ein schwaches Licht von der Laterne vor unserer Tür aus erkennen und den aufsteigenden Rauch aus dem Kamin. Dennoch musste ich mich beeilen. Gegen die Mittagszeit hin wurde der Wind immer erbarmungsloser, das war bekannt. Schnellen Schrittes stapfte ich durch den kniehohen Schnee und vergrub meine rote Nase noch tiefer als sie es bereits schon war in den Schal. Doch plötzlich war ich starr. Das Licht und der Rauch waren weg. Ich konnte sie nicht mehr ausfindig machen. Angst stieg in mir hoch. Ich musste schnell zurück. Orientierungslos torkelte ich durch den immer stärker werdenden Wind und meine gefrorenen Gelenke taten weh. In meinen Ohren klirrte es trotz Haube und bei jedem Windstoss glaubte ich mir würden sie abgerissen werden. Mit zusammengebissenen Zähnen presste ich meine kalten Handschuhe auf meine Ohren und setzte mich unter einen halbwegs windgeschützten Baum. Ich zitterte wie Espenlaub und mein Blick war glasig auf den gefrorenen Schnee vor mir gerichtet. Ich würde sterben. Sah so mein Ende aus? Wie erbärmlich. Ich konnte mich schon praktisch in der Zeitung sehen. Teenager verirrte sich im Schneewind und erfror. Welch lachhafter Tod. Ich versuchte zu lachen um mir so die Last der Angst von den Schultern zu nehmen, doch ich war zu schwach. Kraftlos sackte ich zusammen.
 

Ich weiß nicht wie lange ich in dem weißen Silber gelegen habe. Mein Blick war in die Ferne gerichtet und ich wartete langsam auf mein letztes Stündlein. Ein bisschen hatte ich die Hoffnung, dass man mich hier doch finden würde, aber wen kümmert es schon was mit mir passiert. Großmutter war die einzige, aber selbst sie, die immer so aufopfernd war, wäre nicht so lebensmüde gewesen bei diesem Wind nach mir zu suchen. Woher sollte sie auch wissen, dass sich hier im sterben lag. Ich musste leise lachen, doch es war mehr ein hilfloses Krächzen. Ich wollte meine Augen bereits für immer schließen, als ich eine Silhouette im Schneewind vor mir sah. Ich war zu schwach um ängstlich oder erstaunt zu wirken, als ich erkannte wer vor mir stand. Es war der Mann aus meinen Träumen Sein Oberkörper war nackt und schien fast mit seiner Umgebung zu verschmelzen, so weiß schien mir seine Haut. Die zerfetzte Jeans war mit einem alten Gürtel an seiner Hüfte befestigt und keine Füße waren schuhlos. Allein wenn ich ihn so sah wurde mir noch kälter, als mir bereits schon war. Ich merkte gar nicht mehr wie stark ich eigentlich zitterte. Mein ganzer Körper war taub. Sanft schob er seine Hände unter mich und hob mich hoch. Vereinzelt hingen meine schwarzen Haarsträhnen wie Eiszapfen starr nach unten. Ich legte mein Gesicht auf seine muskulöse warme Brust und wunderte mich warm er nicht vor der ganze Kälte zurück schreckte, oder wenigstens zitterte. Nichts. Er war warm und gab mir sofort das Gefühl von Geborgenheit. Als ob ich ihn schon ewig kennen würde. Geschmolzener Schnee tropfte von seinen Haarspitzen in mein Gesicht. Ich sah auf in seine Augen. Schwarz sah mich durchdringend an. Er sah gar nicht auf den Weg vor sich, sonder er sah nur in meine Augen. Am liebsten hätte ich meinen starren Arm gehoben der wie Tod nach unten baumelte und hätte sein makelloses Gesicht berührt. War es wirklich so weich und eben wie es aussah. Ich wollte mich selbst überzeugen, aber ich war einfach kraftlos. Seine Staken Arme hielten mich vorsichtig und sanft und ich schloss die Augen an seiner wohligen Brust. Der Duft seiner Haut benebelte meine Sinne und ich konnte einfach nicht genug von diesem Duft, den ich, der Fremde nannte, kriegen. Ich wollte mehr. Wollte ihn berühren, wollte wissen wer er war. Vergebens. Ich merkte, als ich meine Augen geschlossen hatte, nicht mehr fiel. Ich lauschte wie der Holzboden unseres Wohnzimmers unter seinen nackten Fußsohlen knackte. Doch das Gespräch, welches er anscheinend mit meiner Großmutter führte, vernahm ich nur wie durch Watte. Zumindest hörte sich Großmutters Stimme so an. Doch ich konzentrierte mich genau auf die Stimme des Fremden. Sie war weich und hatte den Ton eines kürzlich gewordenen 18 jährigen. Das erklärte wohl auch seine feine dennoch muskulöse Statur. Doch ich war zu schwach um seiner Stimme weiter zu lauschen. Ich könnte spüren, wie er mich die Treppen rauf ich mein Zimmer trug und mich vorsichtig ins Bett legte. Saft zog er mir den durchnässten Schal, Mantel, die Handschuhe und meine gefrorene Haube aus. Ich schlief ein, doch kurz davor, spürte ich zwei warme Lippen auf meiner Stirn und mein Körper schien sofort zu glühen. Mir war warm. Doch dann war er weg und mit ich auch das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Ich konnte wieder das vertraute weiche Fell unter meinen regungslosen Armen spüren und entspannte mich sofort wieder. Zero war da und das war alles was ich jetzt zur Besserung brauchte.



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