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Gefühle

von

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1.

„Tja, mein Sohn.“ Mein Vater strich sich über sein Kinn und starrte auf mein Matheheft, das er grade in der Hand hielt. Er glotzte jetzt schon seit fünf Minuten, so, als wolle er jede Zahl einzeln erfassen.

Ich stand neben ihm wie auf Kohlen. Ich hasse diese Moment! Konnte er mir nicht einfach seine Predigt halten, damit ich verschwinden konnte? Immer dieses dämliche Theater.

Ich hatte das Gefühl, er zögerte immer so lange, bis er merkte, wie die Wut in mir hochstieg, um dann, wenn ich kurz vor dem Ausbruch stand, mit dem Reden anzufangen. Und genau so war es auch diesmal.

Ich holte grade tief Luft, da öffnete der den Mund. „Tja, mein Sohn,“ wiederholte er. „Da hast du dich ja nicht grade mit Ruhm bekleckert!“

„Was?“ brüllte ich und wies auf das Heft. „Es ist eine zwei plus!! Was gibt es an einer zwei plus auszusetzen?!“

Meinen Vater konnte man nicht auf die Palme bringen, ob man ihn nun anschrie oder ihm irgendwelche bösen Spitznamen gab. Er war immer die Ruhe selbst. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper. In seiner bedächtigen Art antwortete er: „Eine zwei plus ist nun mal keine eins! Und du weißt, wenn du Medizin studieren willst, brauchst du einen sehr guten Durchschnitt.“

„Ich will aber nicht Medizin studieren! Wieso seht ihr das nicht endlich ein?!“ schrie ich, riss ihm das Heft aus der Hand und stürmte aus dem Wohnzimmer. Um wenigstens ein wenig Genugtuung zu bekommen, knallte ich die Tür mit voller Wucht hinter mir in Schloß.

„Julian?“ hörte ich meine Mutter aus dem Esszimmer rufen und ich flitzte die Treppe hoch. Mit meiner Mutter wollte ich jetzt auf keinen Fall zu tun haben.

In meinem Zimmer angekommen, schmiss ich das Matheheft auf mein Bett und traktierte dann meinen Boxsack, der in einer Ecke hing. Dafür war damals mein Taschengeld für drei Monate draufgegangen, aber das Ding war jeden Cent wert. Ohne wäre ich bestimmt so gut wie jeden Tag vor meinen Eltern ausgerastet, was dann einen Familienrat nach sich zog, bei dem ich immer an den Pranger gestellt und mir in aller Deutlichkeit aufgezeigt wurde, was ich denn nun wieder falsch gemacht hatte. Und danach erzählten sie mir zum tausendsten Mal, wie mein Leben abzulaufen hatte: Perfekte Noten auf dem Abitur-Zeugnis, ein perfektes Studium an einer hochangesehenen Uni (mein Vater war für ein Medizinstudium, meine Mutter tendierte eher zu Jura), danach ein perfekter Job mit einem perfekten Gehalt, die perfekte Frau und selbstverständlich perfekte Kinder.

Ich konnte es nicht mehr hören.

Mit nicht mehr ganz so viel Wut ihm Bauch aber mit jeder Menge Frust warf ich mich auf mein Bett und vergrub den Kopf im Kissen. Wie so oft schwamm ich in einem bodenlosen See voller trüber Gedanken, bis irgendwo im Haus plötzlich etwas scheppernd zu Boden fiel und mich daran erinnerte, dass die Welt sich, auch, wenn ich mal wieder in Depressionen versank, weiterdrehte.

Ich seufzte einmal tief, stemmte mich vom Bett hoch und setzte sich an meinen Schreibtisch. Die Lehrer hatte in letzter Zeit wohl der Hafer mehrmals gestochen, denn für die nächsten Wochen waren wir mit Klausuren zugepflastert. Ich griff nach meinem Geschichtsbuch, schlug die entsprechende Seite auf und vertiefte mich in die französische Revolution.

Ja ich weiss, erst rebelliere ich mehr schlecht als recht gegen meine Eltern und jammere darüber, wie sehr sie mich unter Druck setzen und dann lerne ich trotzdem schön, damit beim nächsten Mal unter meiner Arbeit die übliche eins steht und meine Eltern wieder stolz auf mich sind und davon schwärmen, was für ein fantastischer Arzt ich einmal sein werde. Oder was für ein fantastischer Jurist.

Tja, ich stehe eben total unter der Fittiche meiner Eltern und versuche alles, um sie zufrieden zu stellen. Dieses Rebellieren hier und da ist, glaube ich, ein Eingeständnis meines Gehirns daran, dass ich ein siebzehnjähriger Teenager bin und die nun einmal zu rebellieren haben.

Und sich danach wieder brav an ihre Bücher setzen.

Zwei Stunden hockte ich bestimmt da und hämmerte mir den Stoff an die richtigen Stellen meines Schädels, dann klopfte es an die Tür und sie wurde direkt danach aufgerissen. Meine Mutter stand auf der Schwelle, in der Hand das Telefon und mit freudestrahlendem Gesicht blickte sie auf ihren braven Sohn, der fein dasaß und lernte.

Mir fielen tausend Dinge ein, die ich ihr jetzt so gerne an den Kopf geschmissen hätte und dann wäre ich, endlich einmal mit dem guten Gefühl der Selbstbehauptung, der Rücksichtnahme auf die eigenen Gefühle, aus dem Zimmer gegangen. Und zwar betont langsam. Ich wollte ihr Gesicht sehen, wenn es sich vom Freudestrahlen in Entsetzen verwandelte und sie mich mit offenem Mund anstarrte.

Aber was tat ich stattdessen? Ich drehte mich zu ihr um und lächelte und hasste mich in diesem Moment.

„Das ist ja schön, dass du lernst. Dein Vater wird stolz auf dich sein,“ sagte sie und dann hielt sie mit das schnurlose Telefon hin. „Es ist Kai.“

Ich griff nach dem Hörer, sagte hallo und starrte meine Mutter an. Ich kannte ihre Angewohnheit, gerne während eines Telefongespräches in meinem Zimmer zu bleiben, damit sie auch kontrollieren konnte, was ich zu erzählen hatte und deswegen versuchte ich, sie mit den Augen hinaus zu dirigieren. Und anscheinend hatte sie heute einen guten Tag, denn nach einer halben Minute drehte sie sich tatsächlich um und ging. Sie schloss sogar die Tür hinter sich.

Ich wandte mich wieder dem Telefon zu. „Tut mir Leid dass es etwas länger gedauert hat. Aber du kennst ja meine Mutter.“

Kai lachte: „Oh ja, allerdings. Und eben weil ich sie kenne, wollte ich nur Bescheid sagen, dass ich gleich bei dir vorbeikomme und dich ein bisschen in eine schönere Welt entführe.“

Ich öffnete der Mund, aber er kannte mich nur zu gut und sprach gleich weiter: „Und keine Widerrede! Du kommst mit und basta. Bis gleich also.“ Er legte dann sofort auf, bevor ich auch nur irgendetwas sagen konnte.

Ich lehnte mich in meinem Schreibtischstuhl zurück, blickte auf den ganzen Papierkram und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Kai war mein bester Freund, wir waren schon zusammen in einer Klasse in der Grundschule gewesen und das hatte sich auf dem Gymnasium fortgesetzt. Und im Laufe der Zeit hatte sich herausgestellt, dass seine Eltern fast genau so tickten, wie meine. Wir hatten uns vorher auch schon immer gut verstanden, aber das hatte uns erst richtig zusammengeschweißt. Wenn ich Kai nicht hätte, dann wäre ich sicherlich irgendwann verrückt geworden.

Er wohnte nicht weit weg von mir und nach seinem Anruf begann ich, mir bessere Sachen anzuziehen und mir noch einmal kurz durch die Haare zu fahren. Danach lief ich hastig die Treppe runter. Ich wollte auf keinen Fall, dass Kai auf meinen Vater oder meine Mutter traf. Im Gegensatz zu mir besaß er wenigstens ein wenig Durchsetzungsvermögen und diskutierte stundenlang mit seinen Eltern, die aber, wie als Ausgleich, dann doch noch um einiges strenger waren als meine und wurde es auch nicht müde meine Eltern zu belehren, dass sie mich anders behandeln sollten.

Deshalb mochten sie Kai auch nicht besonders, doch trotzdem akzeptierten sie ihn und ließen mich, meistens jedenfalls, ohne Diskussionen und Predigten, ziehen. Allerdings beschwerten sie sich dann nachher immer bei mir, was andere Dinge mit sich zog und irgendwann redeten sie dann wieder geschlossen auf mich ein, während meine beiden Schwestern dabei saßen, mit großen Ohren zuhörten und sich diebisch freuten, dass es nicht um sie ging.

Ich hatte es eilig, aus dem Haus zu kommen, griff mit der einen Hand nach meiner Jacke und mit der anderen nach der Türklinke. „Ich geh’ noch weg,“ brüllte ich, riss die Tür auf und wollte schnell hindurchschlüpfen, aber Kai grinste mir von der anderen Seite bereits entgegen. „Aber Julian,“ rief er, als er meinen gehetzten Blick sah. „Willst du mich nicht erst zu deinen Eltern bringen, damit ich ihnen einen guten Abend wünschen kann?!“

„Hör bloß auf,“ zischte ich, drängte ihn zur Seite und zog die Tür hinter mir zu.

Er grunzte einmal vergnügt. Ich glaube, er war der einzige Mensch auf dieser Welt, der ein solches Geräusch von sich geben konnte und es reizte jeden, der es hörte, dazu, ebenfalls zu lachen. Auch heute verfehlte es nicht seine Wirkung und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Ich musste gar nicht fragen, wo es hingehen würde, da es nur eine Möglichkeit gab: Das ,Schäfers’, eine kleine Kneipe in der Innenstadt. Was sich so Innenstadt nannte. Der Ort, an dem ich geboren und mehr schlecht als recht groß geworden war, war nicht mehr als ein verschlafenes Nest. Aber mir gefiel es hier und um mal ein paar Stunden von dem üblichen Alltagskram abzuschalten reichte die Kneipe völlig aus. Wir gingen ja auch nicht dahin, um uns zuzusaufen, sondern um mal was anderes zu sehen. Da es meistens Einheimische waren, die dort hockten, kannten wir uns alle schon und wurden dementsprechend begrüßt, als wir zur Tür hereinkamen und die Ecke, in die wir uns immer setzten, war auch noch frei. Und, ohne dass wir etwas sagen mussten, brachte uns der Wirt zwei Krefelder.

Kai lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah mich mit einem Blick an, den ich schon ziemlich oft bei ihm gesehen hatte. „Was ist los?“ fragte ich deswegen.

Er runzelte die Stirn. „Du weißt doch, dass meine Eltern gerne öfters mal einen auf Familie machen, nicht wahr?“ Ich nickte und er fuhr fort: „Die Schwester meiner Mutter ist vor kurzem hergezogen und jetzt bestehen meine Eltern darauf, dass ich was mit meiner Cousine und meinem Cousin mache. Und deswegen hab ich sie eingeladen, auch herzukommen. Ich hoffe, das ist in Ordnung.“

„Na klar,“ erwiderte ich. „Wird schön sein, mal wieder neue Gesichter zu sehen und andere Stimmen zu hören.“

Er hob sein Glas. „Okay Alter, auf uns und das verdammte Leben, das wir führen.“

Während ich einen großen Schluck trank, fiel mir ein, dass das Gesicht von Kais Cousine dann doch nicht mehr ganz so neu für mich sein würde. Ich hatte sie vor vier Jahren schon einmal auf Kais Geburstagsparty getroffen. Genau konnte ich mich an sie aber nicht mehr erinnern, nur noch daran, dass sie einen sehr ausgefallenen Namen hatte. Also, er war jedenfalls für mich, der doch mehr oder weniger das Leben eines Spießers in einer spießigen Familie führte, ausgefallen gewesen.

Zehn Minuten, nachdem wir uns häuslich niedergelassen hatten, tauchte Kais Verwandtschaft dann auf. Ich saß so, dass ich die Tür im Blick hatte und die beiden fielen mir sofort auf, weil sie so neu aussahen – besser kann ich es einfach nicht beschreiben.

Der Anblick von Kais Cousine sprach dann auch die richtigen Synapsen in meinem Gehirn an und weckte Erinnerungen. In den vier Jahren hatte sie sich nicht viel verändert. Sie war immer noch klein, blond, hatte Sommersprossen im Gesicht und die Vorliebe für mehrfarbige Kleidungsstücke auch behalten. Dazu trug sie einen merkwürdigen Schal um den Hals, der aussah, als hätte der Hersteller beim Stricken ganz bewusst irgendwelche Fehler gemacht. Ihr Blick fiel als erstes auf mich und an ihrem Gesicht war deutlich abzulesen, dass sie mich auch wieder erkannte.

Was mir an dem ziemlich hochgewachsenen Jungen, der hinter ihr ging, als erstes auffiel, war, dass er Kais Cousine wie aus dem Gesicht geschnitten war. Die gleichen blonden Haare, wenn auch etwas kürzer, die gleichen Gesichtszüge, die gleiche Nase, die gleichen Sommersprossen, der gleiche Mund…

Ich muss ihn wohl ziemlich irritiert angesehen haben, denn er glotzte verwirrt zurück. Für einen Moment starrten wir uns einfach an, dann senkte ich den Blick und spürte, wie mein Gesicht heiß wurde. Vermutlich hatte ich jetzt eine Birne wie ein Feuermelder. Was mich ziemlich überraschte. Schüchtern war ich eigentlich nicht.

Kai wurde von seiner Cousine nur mit einem kurzen Kopfnicken bedacht und dann stürzte sie sich auf mich. Auch damals auf der Party war sie vor Mitteilungsdrang fast geplatzt und ich stellte mich innerlich schon mal darauf ein.

Sie streckte mir die Hand hin. „Hallo Julian, kennst du mich noch?“ Ich öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwiderten, aber sie ließ es gar nicht zu: „Ich hab dich gleich wieder erkannt, als ich dich da sitzen sah. Und das nach vier Jahren. Es waren doch vier Jahre, oder? Mein Gott ist das lange her.“ Sie redete ohne Punkt und Komma, ließ sich neben mich auf den Stuhl fallen und zog ihre Jacke aus, wobei sie mir ein T-Shirt präsentierte, das nur mit einem Wort beschrieben werden konnte: bunt.

Ihr Bruder setzte sich neben Kai, stützte die Unterarme auf den Tisch und blickte seine Schwester mit einem Blick an, der halb genervt und halb belustigt war. „Bea!“ rief er schließlich mitten in ihr Gerede hinein und er musste es noch ein paar Mal rufen, bevor sie den Mund schloss und ihn anblickte. „Was ist?“ fauchte sie wütend.

Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Gib mir nur ein paar Sekunden, damit ich auch mal meinen Namen nennen kann. Du bestehst doch immer so darauf, dass wir alle höflich sind.“

Sie kniff die Lippen missbilligend zusammen. Früher hatte sie es auch gehasst, unterbrochen zu werden. Dafür hatte sie aber keinerlei Probleme damit, anderen regelmäßig ins Wort zu fallen.

Ihr Bruder streckte mir über den Tisch hinweg die Hand hin. „Hi, ich bin Francis.“

Ich ergriff seine Hand. „Hallo, ich bin Julian,“ sagte ich unbeholfen, was mich selbst überraschte. Ich hätte auch noch gerne etwas hinzugefügt wie ,Nett, dich kennenzulernen’, aber ich konnte es nicht. Während Francis, der nix weiter erwartet hatte, sich wieder Kai zuwandte und Bea ihre Sprache wiederfand, saß ich da und fragte mich, warum um alles in der Welt ich nicht in der Lage gewesen war, ein ,Nett, dich kennenzulernen’ hinzuzufügen. War mir der Vorfall von vorhin denn so unangenehm gewesen, ohne dass ich es selbst mitbekommen hatte?

Um mich abzulenken wandte ich mich wieder Bea zu. Ich bin zwar nicht allzu introvertiert, aber ich höre trotzdem lieber zu, als selbst zu reden und das war für Bea natürlich ideal. Sie lief zur Höchstform auf, legte die Geschichte, wann wir uns denn jetzt das letzte Mal gesehen und was sie gesagt und was ich gesagt hatte, schnell wieder ad acta und begann mir zu erzählen, dass sie jetzt endlich ihre Berufung gefunden hatte. Jahrelang hatte sie sich darüber Gedanken gemacht, was sie denn nach der Schule machen sollte, sie war jetzt schon in der zehnten und jetzt hätte sie nur noch dieses Jahr und danach musste sie sich dann entscheiden. Und sie hatte beschlossen, dass sie ihr Abi machen und danach studieren würde, am liebsten Soziale Arbeit und sie hatte auch schon ein paar Unis im näheren Umfeld gefunden, die den Studiengang anbieten würden und eine davon sei angeblich besonders hervorragend…

Ich nickte an den geeigneten Stellen, lächelte und gab zustimmende Laute von mir – und erwischte mich selbst dabei, dass mein Blick ab und zu einmal zu Francis ging, der ebenfalls Krefelder trank, den Arm auf die Tischplatte und den Kopf in die Hand gestützt hatte und mit Kai in ein angeregtes Gespräch vertieft war.

Ich hatte keine Ahnung, wieso ich immer zu ihm herübersah. Mittlerweile müsste es mir doch klar sein, dass Bea und er Zwillinge waren. Und da musste ich ihn doch gar nicht mehr angucken. Einmal reichte doch und das grade war jetzt aber wirklich das letzte Mal.

Es gab aber noch viele letzte Male an diesem Abend.

Unglücklicherweise hatte Bea, auch, wenn sie die ganze Zeit redete, immer noch ein Auge für ihre Umgebung und für den, mit dem sie redete. Frauen und ihre Mutitaskingfähigkeiten. Irgendwann unterbrach sie sich selbst und fragte: „Warum guckst du eigentlich immer zu meinem Bruder rüber?“

Ich konnte nicht verhindern, dass ich zusammenzuckte. Ich war mir sicher gewesen, dass ich es so hinbekommen hatte, dass es niemandem aufgefallen war, aber da hatte ich mich wohl geirrt. Und wenn es Francis auch gemerkt hatte? Ich spürte, wie mein Gesicht schon wieder heiß wurde, vermutlich hatte es diesmal auch die Ohren erwischt. Und dann kam mir doch glatt ein geistreicher Einfall. „Ihr seid Zwillinge, nicht wahr?“

„Ja, allerdings, man sieht es uns wohl an.“ Sie lachte und ich stimmte höflich mit ein. Allerdings war mir so gar nicht zum Lachen zumute. Aber wenigstens hatte ich mich aus der Affäre gezogen. Für den Rest des Abends hielt ich mich standhaft davon ab, auch nur ein einziges Mal zu Francis hinüberzublicken. Und wir wechselten an diesem Abend, bis auf das kurze ,Tschüss’ am Ende kein einziges Wort mehr. Auch mit Kai sprach ich erst wieder, als wir beide auf dem Heimweg waren. Bea und Francis mussten in die andere Richtung, was mir auch ganz lieb war. Nicht nur wegen Bea.

„Meine Cousine ist ganz schön anstrengend, nicht wahr?“ meinte Kai nach ein paar schweigsamen Minuten, die ich dazu genutzt hatte, die Luft in mich aufzusaugen, in der Hoffnung, so wieder klar im Kopf zu werden.

Ich zuckte mit den Schultern. „Na ja, ich hab sie ja damals schon getroffen und da hat sie schon die ganze Zeit nur geredet. Von daher war ich ein wenig drauf vorbereitet gewesen.“

Kai lachte. „Ach ja, die Party damals. Du hast dich nachher bei mir ganz schön über sie aufgeregt.“

„Das werde ich jetzt aber nicht machen,“ erwiderte ich. „Warum hast du mir eigentlich nie erzählt, dass dein Cousin und deine Cousine Zwillinge sind? Und wieso war er damals eigentlich nicht auf der Party?“

Kai zuckte beiläufig mit den Schultern. „Francis ist ein komischer Kauz. Wir haben uns nie verstanden. Er lebt in seiner eigenen Welt und was anderes, als zu diskutieren, kann ich mit ihm nicht machen. Früher haben wir zwar nicht diskutiert, aber wir haben uns immer geprügelt, wenn wir uns gesehen haben. Unsere Eltern haben sich immer furchtbar aufgeregt und ich glaube, selbst wenn ich ihn damals hätte einladen wollen, hätte Mam gleich nein gesagt. Und deswegen fand ich ihn auch nie erwähnenswert. Ich wollte eigentlich auch nicht, dass er heute mitkommt, normalerweise macht er solche Sachen auch nicht, aber dann ist er ja doch aufgekreuzt.“

Ich hätte ihm gerne noch einige Fragen über Francis gestellt, zum Beispiel, warum er ein komischer Kauz sei und worüber sie den ganzen Abend geredet hatten. Sie lagen mir schon auf der Zunge, aber ich schluckte sie hinunter. Mir gefiel nicht, was Francis' Anwesenheit mit mir angestellt hatte, also war es besser, mich nicht weiter um ihn zu kümmern.

2.

Die nächsten Tage herrschte der übliche Alltagstrott. Essen, Schlafen, Schule, Lernen. Vor allem lernen. Wenn ich nicht morgens und mittags den Schulweg gehabt hätte, wäre ich gar nicht mehr an die Luft gekommen. Mathe, Geschichte, Englisch… es schien kein Ende zu haben. Und ich biss die Zähne zusammen und lernte brav bis in den Abend hinein und nahm mir dann eine Stunde für mich allein, bevor ich schlafen ging. Ich hasste den Lernplan, den ich, natürlich mit Unterstützung meiner Eltern, aufgestellt hatte, an den ich mich aber trotzdem strikt hielt.

Manchmal fragte ich mich, ob ich nicht vielleicht schizophren sei.

Glücklicherweise gab es nach dem ganzen Klausurstress zwei Wochen Herbstferien und ich nahm mir eine Woche eine komplette Auszeit. Ging abends spät ins Bett, schlief am nächsten Tag lange, packte meine Bücher nicht mehr an und tat nur noch Dinge, die mir Spaß machten.

Am Mittwoch rief Kai mich an. „Tut mir Leid, dass wir bis jetzt noch nichts zusammen gemacht haben, aber Mam hat uns von einer Verwandtenfeier zur nächsten geschleppt. Und apropos Verwandtenfeier: Bea gibt Freitag eine Party, ihre Eltern gehen abends auch weg und kommen die Nacht nicht wieder. Und sie hat extra betont, dass du auch unbedingt kommen sollst.“

„Sie weiß, dass sie in mir jemanden hat, der ihr brav zuhört.“, entgegnete ich.

„Du kommst also?“, erkundigte sich Kai und ich bejahte es.

„Super. Wir sollen am Freitag alle so gegen sieben, halb acht bei ihr sein. Sie wohnt hinten am Schwimmbad.“ Er beschrieb mir den Weg in allen Einzelheiten und legte erst auf, nachdem ich ihm versichert hatte, dass ich mir auch alles aufgeschrieben hatte, denn wir konnten uns leider erst da treffen. Seine Eltern hatten anscheinend beschlossen, jede einzelne Minute der Ferien mit ihrem einzigen Kind zu verbringen.

Ich drückte auf den Knopf am Telefon und ließ mich in den nächstbesten Sessel fallen. Eine Party war immer eine willkommene Abwechslung und ich freute mich, dass Bea an mich gedacht hatte… doch trotzdem wollte ich irgendwie nicht hingehen. Ich redete mir die ganze Zeit ein, dass es dafür keinerlei Grund gab. Obwohl ich ganz genau wusste, dass da einer war. Ich schlug mir gegen die Stirn und rief mich zu Ordnung. Ich hatte Francis jetzt zwei Wochen nicht mehr gesehen, er hatte den Vorfall sicherlich schon längst vergessen und das sollte ich jetzt auch tun.

Von da an begann ich, mich auf die Party zu freuen. Ich erzählte meinen Eltern am Donnerstagabend davon und da sie meinen Entschluss, wenigstens eine Woche für die Ferien zu nutzen, respektierten, hatten sie nichts dagegen. Als sie hörten, dass ich von einem Mädchen eingeladen worden war, bestanden sie darauf, dass ich ein kleines Geschenk für sie kaufte. Meine Mutter ging sogar mit mir einkaufen, weil sie behauptete, Männer hätten keine Ahnung, was Frauen gefiel. Am Ende stand ich mit einem kleinen Blumenstrauß und einer Schachtel Pralinen da und meine Mutter war zufrieden.

Ich rechnete mir aus, wie lange ich zu Beas Haus brauchen würde und unterschätzte mich mal wieder grandios. Es war grade einmal halb sieben, als ich mit meinen Geschenken im Arm an der Haustür klingelte. Die ganze Sache hatte aber auch einen Vorteil: Ich konnte Bea die Geschenke überreichen, ohne dass andere anwesend waren. Denn ich war sicherlich der einzige, der was mitgebracht hatte.

Ich ordnete noch einmal hastig meine Kleidung und fuhr mir mit der Hand durchs Haar, da wurde die Tür auch schon schwungvoll aufgerissen und vor mir stand… Francis.

Mein Herz machte einen Hüpfer, ich konnte nix dagegen tun. Wieder starrten wir uns erst einige Zeit in die Augen, ich fassungslos, dass er tatsächlich da stand und er, weil er mich zuerst einordnen musste. Dann fiel sein Blick auf die Blumen und die Pralinen und er grinste. „Das wird Bea gefallen. Jemand, der Geschenke mitbringt. Das wird für sie der Gipfel der Höflichkeit sein.“ Er prustete einmal vergnügt. „Aber du bist dann doch etwas zu früh für die Party, Kollege.“

Ich schluckte einmal, mein Mund war plötzlich ganz trocken. „Ich bin zu früh losgegangen.“, krächzte ich und war über den Klang meiner Stimme ziemlich erschrocken.

Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Kein Thema. Wenn du Bock hast, kannst du gerne die Zeit bei mir absitzen, Bea ist nämlich noch unterwegs. Mein Zimmer ist aber nicht das Ordentlichste.“

„Nein, nein, nein!“, schrie alles in mir. „Mach das nicht. Lauf lieber noch ein wenig herum.“ Und mein Mund sagte. „Klar, wenn’s kein Problem ist.“

Er grinste, machte eine Kopfbewegung, die mich aufforderte, einzutreten und schloß die Tür hinter mir. „Dann komm mal mit,“ sagte er und stieg die Treppe hoch, die rechts direkt hinter der Tür begann. Er machte kein Licht an und ich stolperte hinter ihm her und hätte mich ein paar Mal fast langgelegt, konnte mich aber in letzter Sekunde noch fangen.

Ich kam mit einiger Verspätung oben an und er schnalzte mit der Zunge. „Tut mir Leid, ich hätte wirklich das Licht anmachen sollen.“ Noch während er sprach drückte er auf einen Schalter und das Licht ging an. Ohne wäre ich verloren gewesen, denn der Flur, durch den wir nun gingen, war voll gestopft mit kleinen Schränken, auf denen alle möglichen zerbrechlichen Sachen standen.

Francis riss die Tür ganz am Ende auf. „Herzlich willkommen.“, rief er und als er sagte, sein Zimmer wäre nicht ordentlich, hatte er nicht übertrieben. Unter dem Fenster stand ein Schreibtisch nebst Stuhl auf dem sich Bücher stapelten und überall lagen Papierbälle herum. Das Bett in der rechten hinteren Ecke war voller Klamotten. Neben der Tür stand eine Couch und davor ein Tisch – ebenfalls alles belegt. Der riesige Sessel, in den Francis sich grade mit wenig Anmut fallen ließ und der aussah, als hätte er auch schon bessere Tage gesehen, war das einzige freie Möbelstück.

Ich stand im Türrahmen, mit meinen Blumen und Pralinen und wusste nicht, was ich tun sollte. Das Zimmer war erst ein richtiger Schock gewesen. So etwas hatte ich noch nie vorher gesehen. Selbst meine Schwestern waren ordentlicher. Ich blickte zu Francis, der gemütlich im Sessel lümmelte, den Controller einer Spielkonsole in der Hand hielt und konzentriert auf den Fernseher an der Wand gegenüber starrte.

Wieder hatte es mir die Sprache verschlagen, ich konnte nicht auf mich aufmerksam machen sondern stand einfach nur da und wartete darauf, dass Francis mir wieder Beachtung schenkte, was eine ganze Weile dauerte. Erst dann wurde ihm bewusst, dass er grade Besuch hatte. Er drückte auf einen Knopf und sah zu mir hin. „Schieb die Sachen auf der Couch einfach zur Seite, meinetwegen auch auf den Boden und mach’s dir bequem.“ Dann wandte er sich wieder seinem Spiel zu.

Ich legte die Blumen und die Pralinen einfach auf einen der Stapel auf den Tisch, schob die Sachen auf dem Sofa so zusammen, dass ich mich setzen konnte und hockte dann da und wusste nicht, was ich machen sollte. Sollte ich irgendetwas sagen? Irgendeine Bemerkung über das Spiel machen, das er grade spielte, irgend ein Autorennspiel? Ich hatte keinerlei Ahnung von diesen Dingen. Ich hatte mal einen Game Boy besessen, den dann aber meine Schwestern beschlagnahmt hatten.

Francis schien es nichts auszumachen, dass ich nichts sagte. Er tat es auch nicht, sondern konzentrierte sich ganz auf das Spiel und fluchte manchmal oder schimpfte auf seine Mitfahrer.

Es klopfte und nachdem Francis ein ,Ja’ genuschelt hatte, trat eine Frau ins Zimmer, die ich sofort als seine Mutter identifizierte. Sie ließ ihren Blick durchs Zimmer schweifen und ich lehnte mich unwillkürlich ein wenig nach hinten, weil ich auf ein Donnerwetter wartete. Bei meiner Mutter hätte es jetzt eins gegeben, dass die Wände gewackelt hätten.

„Du solltest vielleicht wieder einmal aufräumen.“, meinte sie stattdessen nur, sie hob noch nicht einmal die Stimme und für einen Moment starrte ich sie verwirrt an.

„Hm.“, machte Francis nur.

„Und vielleicht solltest du auch langsam mit dem Lernen anfangen.“, redete sie weiter. „Schreibst du nicht nächste Woche eine Arbeit?“

„Hm.“, kam es wieder von Francis und dann fluchte er.

Spätestens jetzt musste doch die Predigt kommen. Ich war innerlich schon ganz angespannt. Aber stattdessen drehte sie sich um und ging aus dem Zimmer. Und schloß die Tür hinter sich.

„Wow.“, entfuhrt es mir. Selbst, wenn ich alle meine Willenskraft zusammengekratzt hätte, das hätte ich nicht unterdrücken können.

„Was ist?“, fragte Francis, ohne seine Augen vom Bildschirm zu nehmen.

„Meine Mutter hätte sich jetzt furchtbar aufgeregt.“, erklärte ich.

„Hat sie früher auch. Aber irgendwann hat sie dann endlich eingesehen, dass es nichts bringt und wieder damit aufgehört.“

Ich seufzte. „Ich wünschte, meine Eltern wären auch so.“

Er sah mich über die Schulter hinweg an. „Sind deine Eltern auch so Spinner wie die von Kai?“

Ich zog unbehaglich die Schultern zusammen. „Ja, schon, aber als Spinner würde ich sie nicht unbedingt bezeichnen.“

„Vielleicht siehst du das so, weil sie deine Eltern sind.“, meinte er gönnerhaft, dann stieß er sich mit dem Fuß am Teppich ab und drehte den Sessel so, dass er mir direkt gegenüber saß. „Pass auf.“, sagte er und setzte dann zu einem hitzigen Monolog an. Er wetterte auf die Gesellschaft, in der es anscheinend nur um Leistung ging und sich der kleine Mann sein ganzes Leben abschuftete, damit die Bonzen in ihren Chefetagen immer reicher und reicher wurde, ohne selbst dafür irgendetwas zu tun. Man hätte doch nur dieses eine Leben und sollte es doch genießen, aber stattdessen verbrachte man die meiste Zeit damit, Dinge zu tun, die einem keinen Spaß machte. Und nachher, wenn man alt und grau war, saß man da und blickte zurück und fand, dass man sein Leben nicht gelebt hat. So, wie es heutzutage ablief, das war doch nicht menschlich. Menschen sollten so nicht leben. Aber diese Gesellschaft ließe ja nichts anderes zu.

Er redete und redete, wobei er mich ganz stark an seine Schwester erinnerte, und starrte mich dabei die ganze Zeit an. Ich konnte seinem Blick aber immer nur ein paar Sekunden standhalten und musste dann den Kopf senken.

Er beendete seine Ansprache mit einem triumphierenden „So!“, atmete einmal tief ein, lehnte sich zurück und machte ein zufriedenes Gesicht, als hätte er grade einen erfolgreichen Vortrag vor einem sehr anspruchsvollen Publikum gehalten. Er drehte den Sessel wieder zurück und widmete sich dem Autorennen.

Ich saß da und ließ mir durch den Kopf gehen, was gesagt hatte. Ich wusste jetzt, warum Kai ihn nicht mochte. Er war zwar mit dem ganzen Druck, den ihm seine Eltern machten, nicht einverstanden, doch trotzdem war er der Meinung, dass man in diesem Leben viel Leistung bringen musste. Francis sah das ganz anders und ich? Ich hatte mir eigentlich noch nie Gedanken darüber gemacht, was ich von all dem halten sollte. Ich war immer nur genervt von meinen Eltern, aber über das große Ganze, das dahinter steckte, hatte ich noch nie nachgedacht. Tendierte ich eigentlich mehr in die Richtung von Kai? Oder in die von Francis?

Ich starrte Francis' Hinterkopf an und versuchte mir klarzumachen, was ich von all dem hielt. Als er plötzlich die Faust in die Höhe riss und einen Jubelschrei ausstieß, weil er als erster über die Ziellinie gefahren war, gleichzeitig die Tür aufgerissen wurde und Bea ihren Kopf hindurchsteckte zuckte ich erschrocken zusammen.

„Francis.“, rief sie, dann fiel ihr Blick auf mich, sie zog überrascht die Augenbrauen hoch und dann lächelte sie. „Du bist schon da?“

Ich sprang hastig auf und hielt ihr die Blumen und die Pralinen hin. „Ja, ich bin zu früh von Zuhause losgegangen. Hier, das ist für dich.“

Sie starrte auf die Geschenke und ihre Wangen färbten sich leicht rosig. „Oh, das ist ja total lieb von dir. Komm, dafür kriegst du auch n Stück von meinem selbstgebackenen Kuchen, bevor die anderen ihn alle essen.“ Sie fasste mich am Arm und zog mich aus dem Zimmer.

„Bis dann,“ sagte ich zu Francis, der mich selbstzufrieden angrinste. „Viel Spaß.“
 

Ich war alles andere als ein angenehmer Gast an diesem Abend. Um mich herum lachte und unterhielt sich alles oder tanzte zur der Musik, die aus den großen Boxen dröhnte. Der Keller, in dem wir feierten, war zwar noch nicht fertig, aber man sah ihm jetzt schon an, dass aus ihm einmal ein großartiger Partykeller werden würde. Eine Stereoanlage stand in der Ecke und in der anderen war die Bar schon soweit aufgebaut, das man hinter ihr Getränke fertig machen konnte.

Doch von all dem bekam ich kaum etwas mit, obwohl ich die Musik ziemlich gut fand und es mir eigentlich auch Spaß machte zu tanzen. Und an Aufforderungen mangelte es an diesem Abend wirklich nicht.

Aber ich stand in der Ecke, hielt mich an meinem Glas Cola fest und musste die ganze Zeit an das denken, was Francis gesagt hatte. Es war ja nicht so, dass diese Einstellung etwas vollkommen neues für mich gewesen wäre. Ich hatte einige Leute in der Klasse, die man als faul bezeichnen konnte, die niemals lernten und denen es völlig egal war, was sie in der Arbeit für eine Note bekamen. Sie machten lieber Dinge, die ihnen Spaß machten.

Ich hatte mit diesen Leuten niemals mehr als ein paar Worte darüber gewechselt und niemand von ihnen hatte mir ihre Ansicht vom Leben so direkt entgegen geschmettert, wie Francis. Meistens standen sie auch gar nicht dazu, sondern sagten immer Dinge wie „Vor der nächsten Arbeit lern ich diesmal bestimmt, vielleicht kannst du mir ja auch dabei helfen.“. Was sie dann aber letztendlich natürlich nicht taten.

Kai stand einige Zeit bei mir und wir führten eine ziemlich verkrampfte Unterhaltung mit vielen Pausen. „Was ist bloß los mit dir?“, meinte er irgendwann. Ich zuckte mit den Schultern. „Weiß auch nicht. Ist wohl nicht mein Tag heute.“

Er sah mich kurz komisch an, lehnte sich an die Wand und trank einen Schluck aus seinem Glas. Aber als ich schließlich nichts mehr sagte, ging er und gesellte sich zu einem Grüppchen, das in der Nähe stand und sich wohl irgendwelche Witze erzählten, denn alle lachten lauthals.

Die Zeit verging, ich wechselte hier und da mal einen Satz mit Beas Freunden, die alle eigentlich ziemlich nett waren und selbst dabei musste ich über Francis' Worte nachdenken. Und je länger die Party ging, desto mehr dachte ich nicht mehr über das nach, was Francis mir entgegengeschmettert hatte – nein, ich dachte über Francis nach. Darüber, dass seine Augen gar nicht blau waren, wie die seiner Schwester, sondern eher grün. Das seine Haare einen leichten Wirbel über der Stirn hatten. Und das er ein sehr schönes Lächeln hatte.

Als ich soweit mit meinen Gedanken gekommen war, war ich von mir selbst schockiert. Ob Bea doch etwas in die Cola getan hatte, obwohl ich sie um Cola pur gebeten hatte? Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie so etwas machte, aber irgendwo her mussten diese komischen Gedanken ja kommen.

Ich schüttelte den Kopf, um sie zu verscheuchen, was mir allerdings nicht gelang.

Als ob ihr jemand gesagt hätte, dass ich grade an sie gedacht hatte, kam Bea plötzlich zu mir und lächelte mich an. „Na du? Alles klar bei dir?“

Ich erwiderte das Lächeln. „Ja, alles klar. Dieser Keller ist wirklich toll. Da wirst du später super Partys drin feiern können.“

Sie musterte mich einmal kurz. Vermutlich besaß sie soviel weibliche Intuition, dass sie genau wusste, dass mich etwas völlig anderes beschäftigte als der Keller. Sie fasste mich erneut am Oberarm, eine Geste, die ich mittlerweile als total Bea-typisch eingeordnet hatte. „Komm, du stehst schon ewig alleine hier in der Ecke, es wird Zeit für etwas Gesellschaft. Ich hab schon ein paar Leuten von deinen süßen Geschenken erzählt, die wollen dich jetzt unbedingt kennen lernen.“

„Ach wirklich?“ Die Geschenke wurden mir immer unangenehmer.

Bea zerrte mich in eine Ecke, in der auf dem Boden eine Decke ausgebreitet war, ein paar Kissen lagen herum und vier Leute saßen im Kreis und unterhielten sich.

„Hey!“, rief Bea und schob mich vor. „Das ist Julian, der mit den Geschenken.“

Vier Köpfe drehten sie zu mir, blickten zu mir hoch und lächelten. Ich lächelte zurück, Bea drückte mich auf einen freien Platz und setzte sich mir gegenüber.

Sie diskutierten grade über den Klimawandel und nachdem ich einen Moment zugehört hatte, wie sie sich gegenseitig ihre Argumente an den Kopf warfen und manche von ihnen richtig hitzig wurden, wurde mir bewusst, dass ich wohl grade in einen Diskussionszirkel geschleppt worden war. Und irgendwie hätte es mir bei Bea auch gleich klar sein können, dass sie gerne diskutierte.

Ich beteiligte mich mit ein paar Beiträgen, so dass es nicht auffiel, dass ich die meiste Zeit dasaß und mit meinen Gedanken ganz woanders war.

Als ein Mädchen namens Livia behauptete, ihrer Meinung nach könne der Klimawandel durch den Egoismus der meisten Menschen gar nicht aufgehalten werden, ging mir die ganze Situation plötzlich tierisch auf die Nerven. Die Leute gingen mir auf die Nerven, vermutlich alles Einser-Schüler, die nicht tagelang zuhause eingesperrt waren und lernen mussten, um ihren Schnitt zu halten, bei denen nicht die Eltern bei jeder zwei, die sie nach Hause brauchten, total ausrasteten und sicher lag ihnen auch nicht ständig jemand in den Ohren, dass sie später unbedingt und auf jeden Fall Medizin oder Jura studieren sollten. Oder beides.

Der Krach ging mir auf die Nerven, die Lieder, die ich vorher noch so toll gefunden hatte, fand ich nun einfach nur noch scheiße und am liebsten hätte ich geschrieen, das jemand die Lautstärke leiser drehen sollte.

Aber ganz besonders ging ich mir selbst auf die Nerven. Warum konnte ich nicht aufhören, an Francis zu denken? Warum musste ich immer und immer wieder gebetsmühlenartig seine Worte in meinem Hirn wiederholen?

Livia redete sich immer mehr in Rage, aber ich fiel ihr einfach ins Wort. „Bea, kannst du mal eben mitkommen?“

Sie nickte und stand sofort auf. „Klar.“

Wir gingen in den kleinen Vorratsraum, in dem es nicht ganz so laut war.

„Es tut mir Leid.“, sagte ich. „Aber mir geht es nicht wirklich gut und ich hoffe, du bist nicht böse, wenn ich jetzt nach Hause gehe?“

Wieder musterte sie mich mit diesem Blick, als könne sie auf den Grund meiner Seele blicken. Dann lächelte sie. „Du siehst auch ein wenig blass um die Nase aus. Natürlich bin ich nicht böse, wenn du gehst. Hauptsache, dir geht es bald wieder besser.“

An der Garderobe wühlte sie unter einem Dutzend Jacken meine heraus und brachte mich zur Tür. „Komm gut nach Hause.“, sagte sie, umarmte mich einmal fest und blieb dann so lange im Türrahmen stehen, bis ich hinter der nächsten Ecke verschwunden war.

Ab da begann ich zu laufen und ich rannte den ganzen Weg nach Hause, in der Hoffnung, meine verdammten Gedanken dadurch endlich loszuwerden.

3.

Ich war natürlich nicht so weltfremd, dass ich nicht wusste, was da grade mit mir passierte. Und irgendein Teil in mir hatte bereits ellenlange Debatten mit den anderen angefangen, um es ihnen bewusst zu machen, so dass ich es mir endlich selbst eingestand, aber die anderen weigerten sich bis jetzt strikt.

Ich hatte eigentlich nicht wirklich Angst vor der Reaktion der Menschen um mich herum, nein, das größte Hindernis waren meine Eltern. Meine Eltern, die eine perfekte Frau und perfekte Kinder erwarteten. Und so wie ich sie zufrieden stellen wollte, in dem ich gute Noten nach Hause brachte, wollte ich sie auch glücklich machen, in dem ich eines Tages die perfekte Ehe führte. Aus diesem Grund war ich bis jetzt auch nur mit Mädchen ausgegangen, die meine Eltern vorgeschlagen hatten. Woraus niemals etwas geworden war. Die längste Beziehung hatte grade mal drei Monate gehalten.

Außer Atem kam ich zu Hause an, aber ich gönnte mir keine Pause, zog mir hastig Schuhe und Jacke aus und rannte in mein Zimmer, wo ich eine halbe Stunde lang auf meinen Boxsack einschlug, bis mir die Arme weh taten. Danach war ich völlig am Ende und wollte nur noch schlafen und glücklicherweise waren die Gedanken an Francis erst einmal verschwunden.
 

Doch leider kamen sie am nächsten Tag wieder. Also verbrachte ich den Samstag damit, ziellos durch die Stadt zu wandern, wobei ich die Gegend am Schwimmbad mied. Als ich wiederkam, hatte ich einen Anruf von Kai verpasst. Er wollte sicherlich über gestern Abend sprechen und warum ich so komisch gewesen war. Ich rief ihn nicht zurück. Er hatte bis jetzt noch jedes Geheimnis aus mir herausgeholt und ich hatte ihm auch immer bereitwillig alles erzählt – nur diesmal wollte ich es auf keinen Fall. Allerdings hatte ich neben dem Gefühl des Selbsthasses, weil ich einfach nicht aufhören konnte, an Francis zu denken, nun auch noch ein schlechtes Gewissen wegen Kai. Er konnte doch nichts dafür, dass ich so mies drauf war.

Auch den Sonntag verbrachte ich wieder auf Wanderung und als wir um sechs das übliche sonntägliche Familienessen hatten und mein Vater sagte, dass es für mich nun wieder Zeit wäre, mit dem Lernen weiterzumachen, wäre ich ihm am liebsten um den Hals gefallen. Lernen war eine willkommene Ablenkung, denn auch wenn ich es nicht mochte, schaffte ich es meistens, mich voll und ganz darauf zu konzentrieren.

Jeden Tag der letzten Ferienwoche beschäftigte ich mich mit einem anderen Fach und lernte von morgens bis abends. Am Donnerstag arbeitete ich fast die Hälfte des Mathebuches durch. Zwischendurch führte ich noch ein kurzes Telefongespräch mit Kai, der ein wenig mit mir abhängen wollte, aber ich vertröstete ihn auf irgendwann und stürzte mich wieder an die Arbeit. Und am Sonntag freute ich mich wie ein Schneekönig, dass die Schule wieder anfing. Ich hängte mich voll rein, brachte eine Eins nach der anderen nach Hause und bekam sogar von meinem Vater ein kleines Lob, das mich sehr stolz machte. In dieser Zeit konnte ich mich mit dem elterlichen Druck richtig anfreunden.

An Wochenende kam die Schwester meines Vaters zu Besuch und mir wurde die große Ehre zuteil, dass meine Eltern mich vor ihr in den höchsten Tönen lobten. Sie nickte mir anerkennend zu und drückte mir dann einen 20 Euro-Schein in die Hand. „Hier, damit kannst du dich für deine tollen Leistungen selbst belohnen.“

Ich dankte ihr und ging am nächsten Tag direkt nach der Schule in die Stadt. Ich wollte mir mal wieder ein Buch kaufen, das hatte ich schon lange nicht mehr gemacht. Ich kam zwar kaum zum Lesen, aber Bücher kaufen machte immer wieder Spaß. In dem kleinen Buchladen brauchte ich nicht lange, um mich für den neuen Grisham zu entscheiden.

Mit meiner Beute im Rucksack verließ ich den Laden und der Abschiedsgruß des Verkäufers klang mir noch in den Ohren, als ich plötzlich das Gefühl hatte, vor eine Wand gelaufen zu sein. Auf der anderen Straßenseite stand Francis, ich erkannte ihn sofort, obwohl er mir nur den Rücken zugewandt hatte, und unterhielt sich mit jemandem.

Wie damals, als er mir die Tür aufgemacht hatte, übernahm mein Körper die Entscheidung, was ich tun sollte. Meine Füße gingen selbstständig über die Straße und zu ihm hin. „Hi Francis,“ sagte mein Mund.

Er drehte sich zu mir um und sah mich an und mein Herz schlug einen Salto mortale.

„Oh hey Julian. Was machst du denn hier?“

„Ich habe gestern eine großzügige Spende von meiner Tante bekommen und die hab ich jetzt gleich auf den Kopf gehauen.“

„Coole Sache.“, sagte der Junge, mit dem sich Francis unterhalten hatte. „Ich wünschte, meine Alten würden ab und zu mal n bisschen Kohle locker machen.“ Er nickte mir zu. „Hi, ich bin Tim. Bist du der mit den Geschenken?“

Beide lachten und ich wurde sicher wieder rot. „Das war der Einfall meiner Mutter,“ versuchte ich mich zu verteidigen, wusste aber im gleichen Augenblick, dass der Schuss nach hinten losgehen würde.

„Oh ja und was Mami sagt, das muss dann auch gemacht werden.“, rief Tim mit affektierter Stimme und die beiden lachten nur noch umso lauter.

Am liebsten hätte ich mich einfach umgedreht und wäre gegangen, aber ich konnte nicht. In meinem Gesicht schien man aber deutlich ablesen zu können, was ich grade dachte, denn plötzlich verstummten die beiden und Francis schlug mir einmal leicht auf die Schulter. „Ach komm, sei nicht sauer. Meine Mutter macht auch ständig Sachen, die ich einfach nur zum Kotzen finde. Sag mal...“, wandte er sich an Tim, wobei er die Hand auf meiner Schulter liegen ließ, was mir einen Stromstoß nach dem anderen durch den Körper jagte. „Ich glaub, der arme Junge hat in seinem Leben noch nie an ner Konsole gespielt. Als er mir zugesehen hat, wie ich NFS auf der PS3 gespielt hab, da hat er geguckt wie Auto. Vielleicht sollten wir ihn mal mitnehmen und ihn in das Zockerleben einführen.“

Tim zuckte mit den Schultern. „Warum nicht. Der Meier hat bestimmt nix dagegen und Frischfleisch ist doch immer nett.“ Er grinste mich an und bleckte die Zähne.

„Also gut, dann los.“ Francis nahm die Hand von meiner Schulter und drückte auf eine der Klingeln des Hauses, vor dem wir die ganze Zeit standen.

Jetzt meldete sich mein Gewissen zu Wort. Ich hatte schon immer gewusst, dass es verdammt mächtig war. „Ich kann nicht. Ich muss nach Hause.“

Beide fuhren zu mir herum und starrten mich an. „Vermutlich lernen, was?“, meinte Francis.

Ich musste wieder an das denken, was er damals gesagt hatte und die Worte blieben mir im Hals stecken.

Die Tür brummte, Tim drückte sie auf, aber er ließ seinen Blick nicht von mir. „Komm schon. Deine Alten werden auch mal auf dich verzichten können. Und wer immer nur lernt, der wird irgendwann bescheuert im Kopp.“

Ich sah für den Bruchteil einer Sekunde zu Francis rüber und mein Herz begann schneller zu schlagen, als er mich tatsächlich erwartungsvoll anblickte. Und plötzlich durchströmte eine warme Welle meinen Körper und ein Gefühl der Freiheit nahm von mir Besitz. „Okay, ich verzichte heute mal aufs Lernen und guck mir an, was ihr zu bieten habt.“, meinte ich grinsend.

Francis schnalzte mit der Zunge. „Eine gute Entscheidung. Also nix wie hoch.“
 

Diesen Nachmittag fühlte ich mich so, wie ich mich schon lange nicht mehr gefühlt hatte: glücklich und zufrieden.

Wir waren zu fünft und keiner hatte irgendetwas dagegen, dass ich auch dabei war. Im Gegenteil, ich hatte schon nach ein paar Minuten das Gefühl, als würde ich total dazugehören. Nur leider konnte ich zu den Gespräche, die die Jungs führten nicht allzu viel beitragen, da es die meiste Zeit um irgendwelche Videospiele ging. Niemand sprach über die Schule, über Arbeiten oder das Lernen, wie es bei Kai und mir so häufig der Fall war. Zwar unterhielten wir uns auch über andere Dinge, aber irgendwann kam das Gespräch zwangsläufig darauf zurück, eben, weil die Schule und das ganze Drumherum die meiste Zeit unseres Lebens beschlagnahmten. Aber hier war das ganz und gar nicht der Fall.

Mir reichte es völlig, einfach nur dazusitzen, zuzuhören und mir anzugucken, was die Jungs grade an Spielen spielten. Vor allem, weil ich die meiste Zeit neben Francis saß. Wir wechselten immer nur belanglose Worte, aber das war für mich mehr als genug. Und als er mich dazu aufforderte, doch einfach mal mitzuspielen, war ich sofort bereit dazu.

Ich schlug mich gar nicht mal so schlecht und das brachte mir die Anerkennung der anderen ein. Auch Francis nickte einmal lobend mit dem Kopf und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Gegen zehn Uhr machten wir uns auf den Heimweg. Tim, Francis und ich hatten am Anfang den gleichen Weg, doch irgendwann musste Tim dann rechts abbiegen und nach einer kurzen Verabschiedung war ich allein mit Francis.

Eine Weile liefen wir schweigend nebeneinander her, Francis war offenbar mit der Situation zufrieden und pfiff mehr schlecht als recht vor sich hin und ich wollte zwar unbedingt etwas sagen, war aber viel zu aufgeregt. Die Worte schwirrten durch meinen Kopf, aber ich konnte sie nicht einfangen.

Ich war so mit mir selbst und mit Francis beschäftigt, dass ich keinen Blick mehr für meine Umgebung hatte und ich über die Kante eines Pflastersteins stolperte, der ein Stück höher lag als die anderen. Ich sah den Boden auf mich zurasen und richtete mich auf den Aufprall ein, der aber nicht kam. Francis hatte blitzschnell reagiert und mich am Träger meines Rucksacks gepackt. Vorsichtig stellte er mich wieder auf die Füße.

Ich blickte auf und sah ihm direkt in die Augen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel und ich spürte, wie ich weiche Knie bekam. Da ich Angst hatte, dass er etwas von meinen Gefühlen in meinem Blick erkennen konnte, senkte ich schnell den Kopf. „D… danke.“, stammelte ich.

Er ließ den Träger los. „Kein Ding. Und jetzt weiß ich, dass du ein kleiner Tollpatsch bist.“

An der Hitze auf meinem Gesicht wusste ich, dass ich mal wieder brennend rot geworden war. Aber wenigstens konnte ich es darauf schieben, dass die ganze Situation mir ein wenig peinlich war und Francis dachte das sicherlich auch.

Trotz allem hatte dieser Vorfall meine Zunge gelockert und auch Francis war nun gesprächiger und er war es, der anfing: „Du hast dich wirklich ziemlich gut geschlagen heute. Aus dir machen wir noch einen richtigen Zocker.“

Ich wollte meinen Ohren nicht trauen. „Heißt das, du willst, dass ich beim nächsten Mal wieder mitkomme?“

Er zuckte mit den Schultern. „Warum nicht? Ich hab dir ja damals schon gesagt, dass ich es für ausgemachten Schwachsinn halte, wenn jemand den ganzen Tag nur am Lernen ist. Und da du nicht so ein engstirniger Idiot bist wie Kai und sich bei dir wirklich noch was machen lässt, finde ich. du solltest wieder mitkommen.“ Er sah mich von der Seite an. „Vielleicht ist es scheiße von mir, dass ich so denke, aber ich finde, jeder von uns sollte sich mal ein bisschen vom Ernst des Lebens frei nehmen und das unterstütze ich gerne.“

Ich schluckte. „Ich… ich finde das überhaupt nicht scheiße und ich komme gerne wieder mit.“

„Okay super. Wir treffen uns eigentlich jeden Montag. Gib mir deine Handynummer, dann meld ich mich.“

„Na ja.“, druckste ich herum. „Eigentlich habe ich gar kein Handy.“

Er zog die Augenbrauen hoch. „Dass es so etwas heutzutage noch gibt. Aber bei deinen Eltern wundert mich eigentlich nichts mehr. Hast du vielleicht einen Zettel und einen Stift?“

Ich nickte und holte aus meinem Rucksack meinen Block und meinen Kugelschreiber. Ich riss ein Blatt Papier in zwei Hälften und reichte eine davon Francis. Wir schrieben uns gegenseitig unsere Nummern auf und als er mir seine Hälfte zurückgab und ich nach ihr griff, merkte ich, wie sehr meine Hände zitterten. Um mich abzulenken warf ich einen Blick auf den Zettel. Seine Schrift war ziemlich groß und eckig.

Das hier konnte doch alles nur ein Traum sein. Es war alles so einfach und unkompliziert.

Nachdem wir die Nummern ausgetauscht hatten, liefen wir wieder einige Zeit schweigend nebeneinander her, bis ich schließlich allen meinen Mut zusammenkratzte. So, wie es im Moment zwischen uns war, konnte ich die Fragen, die mir grade auf der Zunge brannten, auf jeden Fall aussprechen. Ich räusperte mich. „Warum seid ihr eigentlich hergezogen? Ich meine, mitten im Schuljahr?“

Er seufzte einmal. „Ganz einfach, meine Mutter hat es schließlich doch geschafft, meinen Vater zu überreden. Wir haben ja nie weit weggewohnt, wir sind ja auch schon immer hier zur Realschule gegangen und jeder hatte seine Freunde hier und da die Schwester meiner Mutter auch hier wohnt und beide ja immer so viel auf Familie machen hat sie solange rumgenörgelt, bis wir uns schließlich hier das Haus gekauft haben. Keine große Sache also.“

„Warum verstehst du dich mit Kai nicht?“

„Weil er ein Trottel ist. Er denkt, nur das was er macht, ist richtig und wer es genau so macht gehört zu den Guten und wer es anders macht, der gehört in den Müll. Und er kommt davon nicht runter, egal was man sagt. Ich hab’s versucht, aber es geht nicht. Aber immer, wenn ich diese Fresse seh, dann fang ich damit wieder an. Dabei will ich es gar nicht.“ Er stockte. „Tut mir Leid, ihr seid ja so gute Freunde.“

„Ach na ja. Sooo gut sind wir dann auch nicht befreundet. Ich finde auch, dass seine Einstellung manchmal einfach nur Mist ist.“, wiegelte ich ab und dachte im gleichen Moment, in dem ich es ausgesprochen hatte, dass das doch nicht ich gewesen war, der das gesagt hatte. Wenn ich die Freundschaft mit Kai nicht gehabt hätte, dann wäre ich jetzt wahrscheinlich schon in irgendeiner Gummizelle eingesperrt. In Gedanken entschuldigte ich mich bei ihm.

Aber das war genau das, was Francis hören wollte und das war es ja letztendlich, um das es mir ging.

„Ja, du hast total Recht!“, rief er.

Wir hatten mittlerweile die Straßenkreuzung erreicht, an der sich unsere Wegen trennen mussten. Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, aber als Francis mir nur zunickte und „Bis dann,“ sagte, war ich doch etwas enttäuscht. Ich sah ihm hinterher, wie er mit schnellen Schritten weiterging.

Als er nur noch ein kleiner Punkt in der Ferne war, drehte ich mich schließlich um und ging nach Hause. Die Schule war um viertel nach eins aus gewesen. Ich schaute auf die Uhr. Das war vor sechs Stunden gewesen und ich hatte mit seitdem nicht mehr gemeldet. So etwas hatte ich noch nie vorher getan und plötzlich bekam ich Angst vor der Reaktion meiner Eltern

. Sie war so stark, dass sie sogar Francis vorübergehend aus meinem Kopf verdrängte.

4.

Mit rasendem Herzen und schwitzigen Fingern kramte ich den Haustürschlüssel aus meinem Rucksack und steckte ihn, so leise ich konnte, ins Schloß. Aber es war nicht leise genug. Kaum steckte er ganz drin, als die Tür von innen aufgerissen wurde und ich vor meinem Vater stand. Als er mich sah, war sein Gesicht erfüllt mit einer Mischung aus Wut und Erleichterung. Da die Situation für uns beide neu war, stand er erst einmal ein paar Sekunden nur da und suchte nach Worten, die er aber schließlich fand. „Weißt du eigentlich, wie spät es ist?“, fuhr er mich mit gedämpfter Stimme an. „Wo warst du?!“

Ich befeuchtete meine trockenen Lippen, bevor ich ebenso leise erwiderte: „Ich… ich war bei Freunden. Ganz spontan.“ Meine Stimme zitterte und wieder einmal verfluchte ich meine Schwäche. Jeder andere in meinen Alter hatte keinerlei Probleme, seinen Eltern die Meinung zu sagen und für sich selbst einzustehen, manchmal sogar mehr als nötig, nur ich schaffte es nicht. Unter dem Blick von meiner Mutter oder meinem Vater knickte ich regelmäßig ein.

„Ganz spontan.“, äffte er mich nach. „Dir ist wohl nicht ganz klar, was für Sorgen wir uns um dich gemacht haben?! Was ist nur los mit dir, dass du auf einmal mit solchen Sachen anfängst?“

„Ich… ich...“, stotterte ich, aber mein Vater erwartete gar nicht, dass ich ihm darauf eine Antwort gab. „Und gelernt hast du auch nicht! Was für ein vergeudeter Tag! Denk an deinen Abitur-Schnitt und an deine Zukunft. Dann wirst du solche Sachen sicher nicht noch einmal machen!“

Jetzt wäre wieder einmal einer dieser Augenblicke gewesen, wo ich ihm hätte sagen sollen, wie furchtbar egal mir mein Abi-Schnitt war. Dass ich mich heute zum allerersten Mal seit langer Zeit wieder richtig wohl gefühlt hatte. Dass ich niemals vorhätte, Medizin oder Jura zu studieren. Und das sie mich mit ihrem elendigen Druck und ihren guten Noten mal kreuzweise konnten.

Aber ich tat es nicht. Stattdessen senkte ich den Kopf und murmelte: „Entschuldigung. Es wird nie wieder vorkommen.“

„Das hoffe ich auch!“, erwiderte mein Vater unversöhnlich. „Und jetzt sieh zu, dass du ins Bett kommst.“

Gehorsam ging ich die Treppe hoch und in mein Zimmer. Ich warf meinen Rucksack in die Ecke und erst in diesem Moment überkam mich die Wut, die ich vorhin so dringend gebraucht hätte, um meinem Vater endlich einmal die Stirn zu bieten.

Stattdessen ging ich wie so oft zu meinem Boxsack und schlug so lange auf ihn ein, bis ich keine Kraft mehr hatte. Dann putzte ich mir die Zähne, zog mich um und legte mich ins Bett. Doch so müde ich auch war, ich konnte nicht einschlafen. Aber ich musste nicht nur an Francis denken, an das, was er mit mir gesprochen hatte, an den Klang seiner Stimme und an die Szene, in der er mich am Träger festgehalten hatte.

In diesem Moment beneidete ich ihn auch um seine Stärke. Er ließ sich nicht von seinen Eltern beeinflussen, er war einfach er selbst.

Wieso konnte ich nicht so stark sein?

Einem plötzlich Impuls folgend sprang ich aus dem Bett, öffnete leise die Tür zu meinem Zimmer und schlich im Dunkeln die Treppe hinunter zu der Garderobe und holte aus meiner Jackentasche den Zettel mit Francis' Nummer. Leise ging ich wieder zurück in mein Zimmer und als wieder im Bett lag, erwischte ich mich dabei, wie ich mit dem einen Ende des Zettels leicht über meine Wange strich. Erschrocken legte ich ihn auf den Nachttisch, drehte mich zur Wand und zog mir die Decke über den Kopf.

Was machte ich bloß für Sachen zur Zeit? Ich erkannte mich selbst kaum wieder.
 

Am nächsten Morgen beim Frühstück musste ich auch noch die Vorwürfe meiner Mutter über mich ergehen lassen und fühlte mich richtig mies. Ich war froh, als ich endlich zur Schule gehen konnte.

Kai wartete an der üblichen Ecke auf mich. In der letzten Zeit hatte mehr oder weniger Funkstille zwischen uns geherrscht. Er war ein wenig angefressen darüber, dass ich ihn damals nicht zurückgerufen hatte und zeigte mir das auch deutlich, aber als er merkte, dass es mich nicht sehr beeindruckte und ich mit meinen Gedanken ständig ganz woanders war, ließ er es sein.

Die Schulwege hin und zurück liefen zum größten Teil schweigsam ab, aber an diesem Tag hielt er es nicht mehr aus, packte mich am Arm und sah mich eindringlich an. „Julian, jetzt sag mir doch endlich, was mit dir los ist?!“

Ich zog die Schultern zusammen. „Was soll denn mit mir los sein? Das ist heute eben nicht mein Tag.“

Er verdrehte die Augen. „Seit Beas Party ist doch bei dir jeder Tag nicht dein Tag!“ Plötzlich grinste er bis über beide Ohren. Jetzt weiß ich, was mit dir los ist. Du hast dich total verschossen. Irgendeine von Beas Freundinnen. Wer ist es? Julia? Lina? Also, Lina könnt ich verstehen, die sah ja echt heiß aus an dem Abend.“ Er begann von Lina zu schwärmen, an die ich mich nur deswegen erinnern konnte, weil sie an diesem Abend furchtbar hässliche weiße Stiefel getragen hatte.

„Ich bin nicht verliebt!“, fiel ich ihm ins Wort, aber das wischte er mit einer Handbewegung beiseite. „Ach, erzähl mir nichts. An dir sieht man doch die klassischen Zeichen. Du redest nicht mehr viel, du träumst ständig, du denkst eben nur an deine Traumfrau. Wer ist es, komm sag’s mir doch. Ich erzähle es auch nicht weiter, das schwöre ich!“ Er drang immer weiter auf mich ein und irgendwann ging er mir nur noch auf die Nerven.

„Ich bin nicht verliebt!“ schrie ich ihn an, doch das beeindruckte ihn nicht. „Man Julian, jetzt reg dich deswegen doch nicht so auf. Ich sag’s dir noch mal: Mir kannst du’s ruhig anvertrauen, ich werde es nicht weiterzählen.“

Jetzt hatte ich endgültig genug. „Hör zu.“, sagte ich. „Wenn du jetzt nur noch darüber reden willst, dass ich angeblich verliebt bin und wer es vielleicht sein könnte, dann lass mich bitte in Ruhe oder rede jetzt auf der Stelle von irgendetwas anderem!“

Er hörte die mühsam unterdrückte Wut in meiner Stimme und erkannte, dass es mir wirklich ernst war. Das leicht schelmische Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. „Schon gut, schon gut. Ich sage nichts mehr.“

Und so verlief der Rest des Schulweges wieder schweigend.

Wie schon in den Wochen davor hockte ich wie Falschgeld im Unterricht. Was die Lehrer sagten, rauschte völlig an mir vorbei und mechanisch wie ein Roboter schrieb ich das, was sie uns diktierten oder an die Tafel kritzelten in meine Hefte.

Am Nachmittag saß ich über meinen Hausaufgaben oder meinen Lernstoff, starrte aus dem Fenster und dachte an Francis und daran, dass ich ihn am Montag vielleicht wiedersehen würde. Und was ich dann sagen oder tun würde.

Das war meine Woche und ein Teil von mir, der das Ganze noch aus der Distanz sah, versuchte mich wieder zurück in mein altes Leben zu ziehen, aber es war bereits zu spät. Und das, obwohl ich mir immer noch sicher war, dass Francis mir nur deswegen so wichtig war, weil er ganz anders war als alle anderen und ich mich nur auf den Montag freute, weil ich da endlich mal wieder etwas machen konnte, das nichts mit Lernen oder Noten zu tun hatte. Das sagte ich mir immer und immer wieder.

Das Wochenende schlich nur da so dahin. Am Samstag fragte mich mein Vater in Biologie ab, weil ich in der nächsten Woche eine Arbeit schrieb und obwohl er mich, immer, wenn er mal kurz einen Blick in mein Zimmer geworfen hatte, mich über den Büchern sitzen gesehen hatte, konnte ich ihm jetzt keine Antwort auf eine von seinen Fragen geben.

Von seiner ruhigen Art war nichts mehr geblieben. Vermutlich hatte sie nur Bestand, wenn die Vorfälle in einem bestimmten Rahmen blieben. Eine zwei plus in der Arbeit zum Beispiel. Aber bei solchen Dingen wie absolutes Nichtwissen fand er dann seine Grenzen. Er schrie mich an, was mir denn einfalle, nur noch ein paar Tage bis zur Arbeit und ich wüsste nichts. Wenn ich jetzt nicht auf der Stelle lernte, dann würde es sicherlich wieder eine zwei werden. Oder sogar eine drei. Er packte mich am Arm, zerrte mich die Treppe hoch, drückte mich auf den Schreibtischstuhl und warf das Buch vor mir auf die Tischplatte. „Jetzt lerne gefälligst! In zwei Stunden komme ich und frage dich noch einmal und wehe, du kannst mir dann wieder nichts sagen!“ Er rauschte davon und knallte die Tür hinter sich in Schloß.

Diese Ansage half mir wenigstens einigermaßen beim Lernen. So verbrachte ich die Hälfte der Zeit mit Träumen und die andere mit dem Aufbau der Zelle und als mein Vater genau zwei Stunden später wiederkam, konnte ich ein paar seiner Fragen auch beantworten. Das besänftigte ihn ein wenig. „Es geht doch! Und jetzt mach gefälligst auch so weiter.“

Natürlich tat ich es nicht, ich starrte aus dem Fenster. Und der distanzierte Teil in mir sah eine Menge Schwierigkeiten auf mich zukommen.

Am Sonntag kam Kai vorbei und bestand darauf, mit mir zu reden. Wir saßen uns in meinem Zimmer gegenüber, er auf dem Bett und ich auf dem Schreibtischstuhl und eine ganze Weile herrschte Schweigen zwischen uns.

Schließlich seufzte er. „Es tut mir wirklich Leid, wenn ich dir schon wieder damit komme, aber als dein Freund muss ich unbedingt wissen, was mit dir los ist! Letzten Monat saßen wir noch in der Kneipe und haben Bier getrunken und jetzt redest du gar nicht mehr mit mir.“

Ich spürte plötzlich ein heftiges inneres Verlangen, ihm zu erzählen, wie es mir im Moment ging, dass ich es mir selbst nicht erklären und nicht wusste, was ich dagegen tun konnte, aber ich kämpfte mit solcher Macht dagegen an, dass ich die Zähne aufeinander presste. Ich konnte es Kai nicht sagen. Er mochte Francis nicht und außerdem würde er mir sicher deutlich ins Gesicht sagen, was ich die ganze Zeit so entschieden von mir schob. Deswegen zuckte ich nur mit den Schultern. „Na ja, Menschen verändern sich eben. Vor allem in unserem Alter, von heute auf morgen. So ist das eben.“

„Ja, so ist das eben.“, wiederholte er und ließ mich dabei nicht aus den Augen und wir beide wussten, dass er mir nicht glaubte. Er seufzte wieder, dann stand er plötzlich auf, legte mir die Hand auf die Schulter und sah mich ernst an. „Was auch immer in deinem Kopf grade stattfindet, du willst es mir wohl nicht sagen und auch, wenn ich es unbedingt wissen will, werde ich dich nicht mehr danach fragen. Ich will dir nur sagen, dass ich immer dein Freund sein werde und du jederzeit zu mir kommen kannst.“

„Danke.“ Ich lächelte ihn einmal kurz an.

„Dann bis Montag,“ sagte er und ging.

Kaum war er zur Tür hinaus, als er auch schon vollkommen aus meinen Gedanken verschwunden war. Ich verbrachte den Rest des Tages damit, am Schreibtisch zu sitzen und auf das Telefon zu achten. Ich war mir zwar sicher, dass Francis nicht heute anrufen würde, aber ich konnte trotzdem nicht anders. Immer, wenn es klingelte, sprang ich auf, lief zum Geländer und hörte gespannt zu, was unten gesprochen wurde. Und ich hatte mich nicht geirrt: Francis rief nicht an.

Auch, als ich am Montag schweratmend nach Hause kam, weil ich fast den ganzen Rückweg gerannt war, hatte keiner für mich angerufen. Ich war so enttäuscht, dass ich für einen Moment am liebsten losgeheult hätte. Doch dann riss ich mich zusammen und hielt mir selbst eine Standpauke. Ich solle mich nicht so anstellen, sooo extrem wichtig wäre dieser Anruf doch auch nicht. Wäre zwar schön, wieder was mit Francis und den anderen zu machen, aber nicht lebensnotwendig. Doch diese Methode war nicht wirklich erfolgreich, da ich ja wusste, dass es genau andersherum war.

Ich saß grade am Schreibtisch und versuchte, mich auf die Latein-Hausaufgaben zu konzentrieren, als meine Mutter ins Zimmer kam. „Ein Anruf für dich…“ Sie konnte nicht zu Ende sprechen. Ich sprang so heftig von meinem Stuhl auf, dass er nach hinten wegkippte, stolperte auf sie zu und riss ihr das Telefon aus der Hand. „Hallo?“ rief ich atemlos. Mein Herz raste und ich musste einmal schlucken, als ich tatsächlich Francis' Stimme am anderen Ende hörte. „Hi Julian, ich bin’s. Tut mir Leid, ist n bisschen später geworden. Verdammte Schule, du weißt ja wie das ist.“

„Ja.“, krächzte ich, ich war nicht fähig, irgendetwas anderes zu sagen. Ich konnte es eigentlich immer noch nicht ganz fassen, dass er tatsächlich angerufen hatte.

„Hast du jetzt Zeit? Wir können uns an der Kreuzung von letzter Woche treffen. Die Jungs sind sicher schon voll dabei.“

Wieder fiel meine Antwort einsilbig aus. „Klar.“

„Okay, dann bis gleich.“ Er legte auf und ich stand einen Augenblick nur da, starrte vor mich auf den Boden und versuchte das Gefühl des totalen Glücks, das mich grade überkam, herunterzukämpfen. Es war doch nichts besonderes.

„Du willst weg?“ Ich zuckte zusammen, als meine Mutter, die natürlich die ganze Zeit hinter mir gestanden und jedes Wort gehört hatte, mich ansprach.

„Aber du musst für Biologie lernen! Du schreibst am Mittwoch doch die Arbeit!“, rief sie, bevor ich antworten konnte und in diesem Moment tat ich etwas, was ich vorher noch nie gemacht hatte. Ich log. „Ja, das war Paul aus meiner Klasse, wir haben uns heute zum Biolernen verabredet. Ich muss jetzt auch gleich los.“

„Paul?“, wiederholte meine Mutter. „Von dem habe ich ja noch nie etwas gehört. Seit wann trefft ihr euch denn zum Lernen?“

Tausend andere Gedanken rasten durch meinen Kopf und es fiel mir unglaublich schwer, die Lüge weiterzuspinnen. „Er… er ist nicht sehr gut in Bio und heute ist er zu mir gekommen und hat mir gefragt, ob ich ihm nicht helfen kann. Und ich finde, wenn man jemandem etwas erklärt, dann ist das gleichzeitig eine sehr gute Übung.“

Das traf bei meiner Mutter genau den richtigen Nerv. Ihr lieber schlauer Sohn der sein Wissen mildtätig nutze und jemandem, der nicht so intelligent war, half und dabei gleichzeitig noch lernte. Sie strich mir einmal kurz über die Wange, eine Geste, die bei ihr so selten war wie die Wahrung meiner Privatsphäre. „Das ist wirklich lieb von dir. Dann beeil dich mal.“

Da sie weiterhin wie festgegossen im Zimmer stand, blieb mir nichts anderes übrig, als mein Bioheft, mein Biobuch und mein Etui in meinen Rucksack zu packen. Sie begleitete mich noch bis zur Haustür und wünschte mir „produktive Stunden.“

Als sie die Haustür hinter mir schloß, musste ich erst einmal tief Luft holen. Das erste Mal, dass ich gelogen hatte – und es war so furchtbar einfach gewesen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich es überhaupt konnte.

Francis wartete schon am verabredeten Ort, als ich kam. Ich sah ihn und die verschiedensten Gefühle rasten durch meinen Körper, von denen ich aber keine zeigen durfte. Innerlich brodelte ich, aber äußerlich war ich erstaunlich ruhig, als ich zu ihm hinging. „Hey.“, sagte ich.

Er grinste. „Hey. Dann lass uns mal gleich losgehen.“

Wir waren grade einmal fünf Schritte gegangen, als ich mich nicht mehr zurückhalten konnte. „Ich hab vorhin meine Mutter belogen!“, platzte es aus mir heraus.

Er drehte den Kopf und starrte mich an. „Echt? Coole Sache.“ Ich hörte die Anerkennung in seiner Stimme, genau das, was ich auch erreichen wollte. „War ganz einfach,“ fügte ich hinzu und hoffte, dass ich mich einigermaßen lässig anhörte.

Er schlug mir auf die Schulter. „Ich sehe, unser guter Einfluss tut schon seine Wirkung. Sehr schön.“

Den Rest der Strecke ging ich wie auf Wolken.

5.

Als wir bei den Jungs ankamen, wurde ich begrüßt, als sei ich schon ewig dabei gewesen. Wir saßen wieder wie am Montag davor – also ich wieder neben Francis. Und diesmal wurden die Worte, die zwischen uns gewechselt wurden, schon mehr.
 

In der nächsten Zeit lebte ich nur noch für die Montage. Alles andere schien mir völlig bedeutungslos. Da meine Eltern nicht damit rechneten, dass ich sie anlog, fiel es mir nicht schwer, Paul und unsere gemeinsamen Lernstunden dauerhaft einzuführen. Und er hatte natürlich immer nur am Montag Zeit. Meine Eltern schluckten es und lobten mich für meinen Einsatz.

Ich hatte immer mehr das Gefühl, zwei Leben zu leben, von denen eins mich völlig gefangen nahm. Und immer noch tat ich so, als hätte ich keine Ahnung, warum das so war.

Die Freundschaft zwischen mir und Francis wurde immer beständiger und irgendwann war sie so weit, dass wir uns nicht mehr nur Montags trafen. Meistens saßen wir bei ihm in seinem chaotischen Zimmer, spielten auf der Konsole oder redeten einfach nur. Francis wurde nicht müde, mir seine Sicht auf die Dinge in der Welt zu erklären und ich wurde nicht müde, ihm zuzuhören. Meinetwegen hätte er auch ein Lexikon vorlesen können, es wäre mir egal gewesen. Ich war einfach nur überglücklich, da zu sein, wo ich war.

Ich lernte eine ganze Menge über ihn und fing an, mich ihm völlig anzupassen. Plötzlich hatte ich Meinungen von Sachen, die mich vorher nicht die Bohne interessiert hatten.

Diese Harmonie wurde dann schließlich durch die Bio-Arbeit gestört. Unter ihr stand ein dickes, fettes Befriedigend. Dazu warf mir meine Lehrerin einen halb fragenden, halb enttäuschten Blick zu, als sie mir das Heft aushändigte.

Ich starrte auf das mit kräftiger roter Tinte geschriebene Wort. Befriedigend. Eine Drei. Die erste Drei meines Lebens. Wie sollte ich das bloß meinen Eltern beibringen?

Kai warf einen Blick über meine Schulter. „Eine Drei? Du hast eine Drei geschrieben?!“

Ich murmelte irgendetwas und klappte das Heft zu.

Heute ließ ich mir besonders viel Zeit für den Heimweg. Aber nicht, weil ich mal wieder vor mich herträumte, sondern weil ich voll und ganz damit beschäftigt war, mit eine gute Ausrede für meine Drei auszudenken. Und da ich immer noch nicht besser im Lügen geworden war und auch noch nie in die Situation gekommen war, wegen einer schlechten Note zu flunkern, brauchte ich entsprechend lange, bis mir mir, in meinen Augen Gutes eingefallen war, das anschließend noch verfeinert werden musste. Außerdem wollte ich es möglichst lange vermeiden, meine Mutter gegenüber zu treten.

Doch auch der am längsten hinausgezögerte Schulweg hat einmal ein Ende und schließlich stand ich vor unserer Haustür. In der Hoffnung, wenigstens noch ein paar Minuten Ruhe vor dem großen Sturm zu haben, klingelte ich nicht wie sonst, sondern schloß die Tür auf und wollte hoch in mein Zimmer huschen, aber was Noten anging, hatte meine Mutter schon immer einen unglaublichen Instinkt gehabt, jedenfalls was mich anging. Kaum hatte ich die Haustür einen Spalt geöffnet, als sie aus der Küche gelaufen kam und mir die Klinke aus der Hand riss. Sie strahlte mich an, weil sie sich sicher war, dass sie die Antwort auf die Frage: „Und? Wie ist die Bioarbeit ausgefallen?“ schon kannte und sie sie zufrieden stellen würde.

Das lange Nachdenken und das anschließende Tüfteln und Feilen an meiner Ausrede hätte ich mir sparen können, denn als ich sie ansah, war in meinem Hirn nur noch ein großes, schwarzes Loch. Ich konnte gar nichts mehr sagen, sondern stand einfach nur da und starrte sie an. Und vermutlich stand mein Mund dabei offen.

Da sie diese Reaktion noch nie erlebt hatte, wusste sie zuerst gar nichts damit anzufangen, sondern glotzte nur verwirrt zurück. Dann begann sie nachzudenken und erinnerte sich an die letzte Zeit, in der es mit meinen schulischen Leistungen bergab gegangen war. Dann zählte sie eins und eins zusammen. „Julian, welche Note hast du in der Bioarbeit?“

Es war sinnlos, noch weiter da zu stehen und gar nichts zu sagen. Sie würde es ja sowieso bald herausfinden. „Ich... ich habe eine Drei.“, gab ich deswegen sofort zu.

Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Eine Drei?! Wie konnte denn das passieren? Was ist nur los mit dir? Ich erkenne dich nicht wieder. Ist dir denn nicht klar, wie sehr du dir grade deine Zukunft verbaust?“ Sie seufzte einmal tief. „Geh auf dein Zimmer! Wenn dein Vater nach Haus gekommen sind, werden wir ausführlich drüber sprechen.“

Sie verschwand wieder in der Küche und ich ging mit schweren Schritten die Treppe hoch. Ich hatte einen dicken Kloß im Hals.

In meinem Zimmer schmiss ich meinen Rucksack in die Ecke und warf mich aufs Bett, wo ich mich zusammenrollte. Ich hatte keine Lust, irgendetwas zu machen. Ich zog mir die Decke über den Kopf und lag dann einfach nur da und starrte in die Dunkelheit um mich herum. Mir kam es vor, als würde ein tonnenschwerer Fels auf mir liegen und ich bildete mir ein, dass es die Enttäuschung meiner Eltern war. Wieder einmal hasste ich mich selbst von ganzem Herzen. Ich hasste mich dafür, dass ich nicht genug gelernt, deswegen eine Drei geschrieben und meine Eltern enttäuscht hatte. Ich hasste mich dafür, dass ich mich wieder so von meinen Eltern beeinflussen ließ. Und in diesem Moment hasste ich Francis und das, was er mit mir gemacht hatte. Doch dieses Gefühl verschwand sofort wieder, als ich ihn vor meinem inneren Auge sah und bald war mein Verstand wieder voll von ihm. Egal, was mir auch passierte, ihn würde nichts verdrängen können. Ich musste an die Gespräche denken, die wir geführt hatten, an seine Stimme, die sich gerne überschlug, wenn er sich so richtig in Fahrt geredet hatte, sein Lachen...
 

„Julian!“ Jemand rüttelte mich an der Schulter.

Ich schreckte hoch und wusste für einen Moment nicht, was los war. Dann wurde mir bewusst, dass ich eingeschlafen war. Zum ersten Mal war ich nachmittags eingeschlafen. Ich schlug die Bettdecke zurück und erkannte in dem dunklen Schemen, das vor mir stand, meinen Vater. Hinter ihm war das Fenster, es war schon dunkel. Ich musste mindestens drei Stunden verpennt haben.

„Hast du etwa bis jetzt geschlafen?“, schrie mein Vater mich an. „Unglaublich! Du schreibst eine Drei in deiner Biologiearbeit und hältst es dann nicht einmal für nötig, zu lernen und legst dich stattdessen hin und schläfst?!“

„Tut... tut mir Leid.“, murmelte ich mit schwerer Zunge. Ich fühlte mich, als hätte mich ein Zug überfahren. Diese unfreiwillige Mittagsschlaf war anscheinend alles andere als erholsam gewesen.

„Tut dir Leid?“, wiederholte er. „In letzter Zeit hast du wirklich einiges, was dir Leid tun muss. Aber tust du etwas? Zeigst du uns, dass es dir wirklich Leid tut? Nein, du treibst dich mit irgendwelchen Leuten herum und schläfst!“ Er riss mir die Decke weg. „Steh sofort auf und komm runter ins Wohnzimmer! Deine Mutter und ich haben mit dir zu reden!“ Er ging vor und um seine Worte zu unterstreichen knallte er die Tür in Schloss.

Für einen Moment, einen winzigen Moment spielte ich mit dem Gedanken, mir einfach wieder die Decke über den Kopf zu ziehen und weiterzuschlafen. Ich hatte keine Lust mehr auf irgendwas. Vorallem nicht darauf, mich mit meinen Eltern auseinander zu setzen.

Aber der Teil in mir, der ein guter Sohn sein wollte, raffte sich schließlich hoch, zog die Klamotten zurecht, fuhr sich einmal durchs Haar und ging dann nach unten ins Wohnzimmer.

Wie üblich bei solchen Gesprächen saßen meine Eltern auf dem Sofa an der Wand und ihnen gegenüber stand der Hocker, auf den ich mich nun zu setzen hatte. Mir war ziemlich übel, als ich mich drauf niederließ und von meinen Eltern mit Blicken durchbohrt wurde. Wie sonst auch übernahm mein Vater das Sprechen, meine Mutter saß nur da, starrte mich an, runzelte die Stirn und schüttelte in unregelmäßigen Abständen den Kopf.

Ich erwartete einen Schrei-Monolog von meinem Vater, aber was er sagte, überraschte mich. „Julian, wir wissen, dass du in einem schwierigen Alter bist, in dem dich alles andere viel mehr interessiert, als die Schule.“ Seine Stimme war sanft und mein Herz machte einen Hüpfer. Fingen sie etwa an, Verständnis dafür zu zeigen, dass ich keine Maschine war, die gute Noten am Fließband produzieren konnte. Doch sein nächster Satz brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. „Aber trotz allem geht es nicht so weiter! Ich glaube, du verstehst es nicht, wie wichtig harte Arbeit und gute Noten heutzutage sind, um nachher ein gutes Leben zu führen! Wir hatten gehofft, dir das durch unsere Erziehung klar zu machen, aber damit sind wir wohl gescheitert. Vielleicht sollten wir uns jemanden suchen, der das besser kann und dich zurück auf den richtigen Weg schubst.“

Ich seufzte einmal innerlich. Bei der Internatsdrohung wusste ich, dass ich jetzt wirklich zu weit gegangen war und ihnen zu Kreuze kriechen musste. Ich senkte den Kopf. „Entschuldigung. Es ist alles meine Schuld. Ich werde morgen zu Frau Heins gehen und sie darum bitte, bei ihr ein Referat zu halten. Ich werde mir große Mühe geben und dadurch werde ich die schlechte Drei ausgleichen können! Das verspreche ich!“ Ich sah meinem Vater ernst in die Augen.

Der nickte. „Gut. Dann zeig mir, dass wir doch nicht alles falsch gemacht haben bei dir. Du kannst gehen.“

Erleichtert stand ich auf und verließ das Wohnzimmer. So schlimm wie ich gedacht hatte, war es dann ja doch nicht geworden, was ich echt erstaunlich fand.

Wie versprochen ging ich in der nächsten Biostunde zu meiner Lehrerin und bat sie darum, ein Referat zu halten. Wie wohl die meisten Lehrer schloß sie die Schüler, die in ihrem Unterricht durchweg gute Leistungen brachten besonders ins Herz und war sofort bereit, mich das Referat halten zu lassen. Ich durfte mir sogar das Thema selbst aussuchen. Ich entschied mich für Vererbungslehre, das hatte mich schon immer interessiert. Und weil es mich interessierte, fiel es mir auch nicht schwer, mich dort richtig einzuarbeiten.

Ich fuhr sogar extra zwei Stunden zur Unibibliothek, um mir passende Literatur herauszusuchen. Ich genoß die Busfahrt, starrte aus dem Fenster und dachte an Francis.

Weil ich meinen Eltern beweisen wollte, dass ich das alles ernst nahm, verbrachte ich die nächste Woche jeden Tag mit meinem Referat. Meine Eltern sahen es mit Zufriedenheit. Meine Mutter kochte mir einen Tag sogar mein Lieblingsessen.

Doch wenn ich mich mal nicht mit dem Referat beschäftigte, musste ich an Francis denken. Mir kam es wie eine Ewigkeit vor, dass ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte und ich wollte vor mir selbst nicht zugeben, wie sehr ich ihn vermisste und wie enttäuscht ich war, dass er sich in der ganzen Zeit nicht meldete und fragte, was mit mir los war. Vermutlich war ich ihm überhaupt nicht wichtig und er hatte sich nur mit mir abgegeben, weil ich ihm immer begeistert zugehört und ihm in allem, was er gesagt hatte, Recht gegeben hatte. Sicher brauchte er nur Publikum und jetzt, wo ich nicht mehr da war, hatte er jemand anderen gefunden.

Der Gedanke kam mir eines Abends, als ich mir die Zähne putzte. Ich spürte einen heftigen Stich, natürlich war es Eifersucht und natürlich wusste ich es tief in mir.

Ich starrte mich im Spiegel an. Würde Francis so etwas wirklich tun? War ich ihm eigentlich völlig egal? Ich schüttelte heftig den Kopf. Nein, ich lag völlig falsch, ganz sicher.

Ich spülte mir den Mund aus, stellte meine Zahnbürste zurück, ging in mein Zimmer und legte mich ins Bett. Ich war ziemlich müde, doch der Gedanke hatte sich in meinem Kopf festgesetzt und ließ mich erst sehr spät einschlafen.

Auch in den nächsten Tagen musste ich ständig darüber nachdenken, ich vernachlässigte meine Arbeit und verbrachte die meiste Zeit damit, aus dem Fenster zu starren. Wieder hatte ich dieses Gefühl der Lustlosigkeit. Warum war ich eigentlich hier? Warum machte ich das Ganze überhaupt?

Die düsteren Gedanken bescherten mir etwas, was jeder in meinem Alter schon mindestens einmal hatte durchstehen müssen, was für mich aber völlig neu war: eine schlimme Krise. Mein Referat wurde mir völlig gleichgültig. Nur um vor meinen Eltern den Schein zu wahren setzte ich mich jeden Nachmittag an meinen Schreibtisch und tat so, als würde ich arbeiten. In Wirklichkeit saß ich meistens nur da, hatte den Kopf in die Hände gestützt und befand mich in meiner eigenen völlig grauen Welt. Abends war ich jedes Mal froh, wenn ich schlafen gehen und den ganzen Mist wenigstens für ein paar Stunden vergessen konnte. Zwar waren meine Träume in dieser Zeit auch alles andere als fröhlich, aber immer noch besser als das, was mich in der Realität erwartete.

Der Tag, an dem ich das Referat halten sollte rückte immer näher, ich war zwar so gut wie fertig, aber die Qualität hatte sich stetig verschlechtert. Das würde sicherlich keine Eins geben, mit der ich die Drei in der Arbeit ausgleichen konnte. Das hieß weiterhin Stress mit meinen Eltern und vielleicht würden sie mich ja wirklich auf ein Internat schicken. Nachdem mein Vater die Drohung damals zum ersten Mal ausgesprochen hatte, wusste ich, dass sie sich auch schon eins ausgesucht hatten. Er hatte mir damals sogar Bilder in einer Broschüre gezeigt.

Aber es war mir völlig egal. Sollten sie mich eben wegschicken. Schlechter als jetzt konnte es mir eh nicht mehr gehen.

Das Wetter passte ich meiner Stimmung an. Der Winter kam mit aller Macht, es wurde eisigkalt und alle waren sich sicher, dass wir bald Schnee bekommen würden, aber stattdessen gross es wie aus Kübeln und alles war grau und matschig. Genau so, wie es auch in meinem Inneren aussah und während alle anderen über das Wetter meckerten, genoß ich es. Ich liebte es, am Fenster zu sitzen, an meinem Stift rumzukauen und in den Regen zu starren.

Doch noch nicht einmal das Wetter meinte es gut mit mir, denn irgendwann fing es dann doch an zu schneien. Der Schnee blieb sogar liegen und überzog die Welt mit einer glitzernden weißen Schicht. Eigentlich liebte ich Schnee, doch in diesem Winter verabscheute ich ihn.

An einem Tag, an dem es mir besonders mies ging, schneite es extrem stark und nachdem ich den ganzen Nachmittag am Schreibtisch gesessen, in das Schneegestöber gestarrt und zugesehen hatte, wie es dunkel wurde, beschloß ich, ins Bett zu gehen. Ich würde heute sowieso nichts Produktives mehr auf die Reihe kriegen und wenn meine Eltern meckern wollten, dann sollten sie es eben tun.

Grade, als ich aufstand, klingelte es. Meine Schwestern waren beide unterwegs und soviel ich wusste, erwarteten meine Eltern keinen Besuch. Deswegen war es vermutlich für mich, sicher Kai. Er hatte heute mal wieder den ganzen Schultag auf mich eingeredet, weil er wissen wollte, was mit mir los war. Ich hatte ihm nichts gesagt. Ich wusste nicht warum, aber irgendetwas stand zwischen uns... seitdem ich Francis kennengelernt hatte.

Als ich an der Treppe war, hatte meine Mutter die Tür bereits geöffnet.



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