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Gladiator

Ein Halbdämon und das Imperium
von

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Vor langer Zeit

Die Menschen verbargen sich zitternd in ihren bescheidenen Häusern, als das Dämonenheer durch die Strassen des kleinen Ortes zog. Das Ziel lag eindeutig bei der Burg, die ein Stück oberhalb erbaut worden war. Dort lebte der Herr – und dieser hatte die Tore vor den Fremden geschlossen, mehr aus Furcht, als dass er wirklich angenommen hätte, eine Armee des Imperators aufhalten zu können. Wie eine Lawine an Streitmächten waren die Dämonen mit ihren menschlichen Hilfstruppen aus dem Süden gekommen, hatten die hohen Berge überschritten und sich hier über das Land ausgebreitet.
 

Oben auf der Burg blickten die Bewohner auch mehr als besorgt hinunter.

Der Burgherr trat zu seinem Befehlshaber: „Sie kommen.“

„Ja, Herr. Und sie haben Belagerungsgerät dabei. Es wundert mich nur eines…“

„Was?“

„Seht doch. Sie ziehen einfach durch den Ort. Sie haben ihn nicht niedergebrannt, nehmen die Menschen dort nicht gefangen oder Ärgeres.“ Der Burgkommandeur blickte vorsichtig seitwärts: „Herr, darf ich Euch einen Vorschlag machen?“

„Du glaubst, wir haben keine Aussicht.“ Nun, wenn er selbst etwas vom Kriegshandwerk verstand, dann war klar, dass in nur wenigen Stunden seine Burg sturmreif sein würde.

„Nur eine.“

„Ich soll mich opfern.“

Der Befehlshaber schwieg und blickte hinunter, wo sich das Dämonenheer nun formierte. Menschliche Hilfstruppen zogen die Belagerungsgeräte mit Hilfe von seltsamen Tieren – oder waren das auch Dämonen? Nein. So oder so würde die Burg nicht zu halten sein. Ergab man sich, bestand eine gute Aussicht, dass die Menschen hier ebenso wie die Dörfler am Leben gelassen wurden, wenn auch vielleicht als Sklaven verschleppt. Nur der Burgherr und seine Familie würden die Strafe des Siegers zu spüren bekommen. Ergab man sich freilich nicht, bedeutete das härtestes Kriegsrecht – und niemand hier wäre morgen noch am Leben. So, hieß es, handhabten es die dämonischen Heerführer des Imperators. Aber wer war schon sicher, wie ein Dämon reagierte. Ein rascher Seitenblick verriet ihm, dass auch die meisten seiner sonst so ruhigen Krieger zu beten begannen.

Ein seltsames Wesen näherte sich der Burg: „Im Namen des Imperators!“ rief es – oder eher er, denn er war bewaffnet: „Öffnet die Tore der Burg und ergebt euch bedingungslos. In diesem Fall wird weder das Dorf zerstört noch dessen Bewohner getötet.“

Der Burgherr atmete tief durch, ehe er beide Hände an den Mund legte: „In diesem Fall…was geschieht mit den Bewohnern der Burg?“

„Solange noch kein einziger Pfeil flog, werden auch die Krieger als waffenlos behandelt. – Wenn man sie ohne Waffen antrifft.“

Der Kommandeur konnte eine gewisse Erleichterung nicht unterdrücken. Das klang so, als ob auch er selbst und seine Männer überleben könnten - falls sie sich entwaffneten, ehe die Dämonen die Burg betraten. Zumindest lauteten die Gerüchte, dass sich die Dämonen an ihre Bedingungen hielten.

Sein Gebieter nickte ihm zu: „Dann geh zu deinen Männern und lass aufschließen.“ Er wandte sich wieder an den Boten: „Die Tore werden in diesem Fall geöffnet.“ Es blieb ja sowieso keine Wahl, war es doch seine Pflicht, seine Untergebenen zu schützen. Er konnte nur hoffen, dass sein eigener Tod rasch von statten gehen würde – und dass es ihm gelingen würde, für seine Frau und seine Tochter um Gnade zu bitten.
 

Nur eine halbe Stunde später ließ sich der Heerführer der Dämonen auf dem Platz des Burgherrn in der Halle nieder, nachdem seine Krieger die Burg gesichert hatten. Der ehemalige Gebieter und seine engsten Mitarbeiter wurden vor ihn geführt und in die Knie gestoßen. Ein wenig neugierig betrachtete dieser den Sieger. Er hatte nie zuvor solche Dämonen gesehen, wie sie hier im Heer des Imperators dienten. Er kannte sie nur als unheimliche Wesen in den Wäldern und Bergen, die Menschen fraßen. Aber diese hier wirkten meist so…menschenähnlich. Der Kriegsherr vor ihm trug Rüstung, wenn auch schwerer, als er selbst es vermocht hätte. Nur das lange, zurückgebundene, schneeweiße Haar und die seltsam goldfarbenen Augen verrieten, dass er kein Mensch war. Allerdings hatte er auch noch keine derartige Kriegsbemalung bei einem seiner eigenen Art gesehen. Gezackte blaue Streifen zierten die Wangenknochen. Der Dämon lehnte sich nachlässig zurück und dem Burgherrn wurde klar, dass der Heerführer seine Angst bemerkt hatte.

„Du willst Gnade?“ Die tiefe Stimme klang ruhig – und doch lag eine Spur Verachtung darin.

In gewissem Aufbäumen seines Kriegerstolzes erwiderte der Burgherr: „Es ist meine Pflicht, meine Untergebenen zu schützen. Nur darum ließ ich die Tore öffnen. Der Befehl des Königs lautete, den Truppen des Imperators Widerstand zu leisten.“

„Nun, davon haben weder ich noch andere etwas bemerkt.“

„Das…das war, bevor wir wussten, was Dämonen sind.“ Zunächst hatten sie nur geglaubt, bei den Gerüchten, dass das Imperium von Dämonen beherrscht würde, handele es sich um Sagen, irreführende Botschaften, um Schrecken zu verbreiten.

„Keine Gnade also für dich?“

Der Gefangene bemühte sich, seine Angst hinunterzuwürgen. Nur, wenn dieser Heerführer ihn für nicht feige hielt, würde er seiner Bitte vielleicht folgen: „Ich gab Befehl, Widerstand zu leisten. So werde ich auch die Folgen tragen. Doch bitte ich um Gnade für meine Familie.“

„Als da wäre?“

„Meine Frau und meine einzige Tochter…“ Er sah das Nicken des Kriegsherrn und war für einen Moment erleichtert, ehe er erkannte, dass das nicht ihm gegolten hatte, sondern einigen dämonischen Kriegern. Ohne weiter Nachzudenken, stöhnte er: „Herr….“

Der Heerführer hob die Hand als Warnung, lieber zu schweigen. Kaum jemand wagte es, die Tore zu schließen, wenn eine Dämonenarmee des Imperiums nahe rückte. Das sprach durchaus für diesen Menschen. Andererseits war es schon aus taktischen Gründen notwendig, keinen Widerstand zu dulden, ein Exempel zu statuieren.
 

Mit gewissem Interesse betrachtete er Mutter und Tochter, die nur wenige Minuten später hereingeführt wurden, sichtlich in Todesangst. Ihm entging nicht, dass sie dennoch erleichtert waren, den Ehemann und Vater noch lebend vorzufinden sowie die anderen Menschen. Und vor allem entging ihm nicht die unleugbare Schönheit der Tochter. Nie zuvor hatte er ein menschliches Wesen getroffen, das so angenehm geduftet hatte, selbst in der Ungewissheit und Angst des Augenblicks. Ihre langen Haare fielen unglaublich dicht und fast wie lebendige Kohle über ihren Rücken. Für einen Moment fühlte er sich versucht, sie zu berühren. Es musste schön sein, sie unter seinen Händen zu spüren. Er wartete, bis sie vor ihm knieten, ein wenig erstaunt über die Milde, die allein dieser Geruch in ihm weckte. Er hatte viel Zeit und Mühe, selbst Intrigen darauf verwendet, dass die Armeen des Imperiums auch nördlich der hohen Berge vorstießen, die Handelswege hier sicherten. Und jetzt war er nahezu bereit, jeder Bitte zu folgen, die sie aussprechen würde? Das gab es doch fast nicht. War sie eine Hexe?

Langsam sagte er zu dem Burgherrn: „Diese Burg hat uns die Tore geöffnet, doch zunächst sich nicht ergeben. Mein Wort gilt. Wer sich ergibt, bleibt am Leben, ebenso die Menschen dort in dem Dorf. Und dies gilt auch für deine Familie.“ Wie sie aufatmeten: „Dennoch: du hast den Befehl gegeben, die Tore zunächst zu schließen. Und so wirst du dafür sterben. Morgen früh, wenn der Tag beginnt, wird auch dein erster Tod von sieben beginnen.“

„Nein, Herr…ich flehe Euch an….“ Die Tochter warf sich vor, buchstäblich zu seinen Füßen, und legte die Stirn auf seine Schuhe.

Er kannte von anderen Menschen diese Geste, unterwürfig und beschwörend zugleich, und reagierte nicht wie bei einem Dämon, der ihn unerlaubt berührte. Dieser hätte sich gleichzeitig in allen vier Ecken des Raumes wiedergefunden. Und da war auch dieser Duft… „Was?“

„Habt Erbarmen...“

Er spürte in sich die Versuchung aufsteigen, den Vater freizulassen – unmöglich. Er hatte eine Armee zu führen, noch dazu aus Dämonen, hatte einen Ruf zu verteidigen. Er konnte das Urteil abschwächen, ja, aber nicht ohne noch einmal vor seinen Männern und den Menschen seine Strenge, seine Härte zu zeigen. „Zahlst du dafür?“

Sie richtete sich etwas auf, sichtlich verwirrt. Ihre Eltern hatten eher begriffen, denn der Burgherr sagte hastig: „Schweig, Izayoi! Lieber sterbe ich...“

Ein Dämonenkrieger stieß ihn auf das Nicken des Heerführers zu Boden. Dieser musterte die Tochter: „Es ist mein Recht deinen Vater töten zu lassen. Nach dem Gesetz des Imperiums gilt er als Verräter und stirbt den siebenfachen Tod. Jeder, der ihm folgte, ist dem Tode ebenso verfallen.“ Er sah das tiefe Erschrecken in ihren dunklen Augen, aber er durfte nicht nachgeben: „Ich sehe jedoch, dass dein Vater seinen Irrtum bedauert. Immerhin gab er nach, ehe der erste Pfeil die Sehne verließ. So lasse ich alle Menschen in der Burg und im Dorf frei und am Leben. – Erscheint dir das nicht nachsichtig?“

Sie senkte den Kopf. Es waren kriegerische Zeiten und sie wusste wie jeder hier um die Gefahren.

So fuhr er sachlich fort: „Aber ich bin heute in der Tat in milder Stimmung. – Richtet mir ein Gästezimmer. Und du kommst zu mir. Für jedes Mal, das du mir heute Nacht Vergnügen bereitest, wird dein Vater einen Tod weniger sterben.“

Er bemerkte das Feixen seiner Männer, die anscheinend nur zu gut wussten, dass selbst einer noch so geschickten Professionellen wohl sogar bei einem Hundedämon sieben Mal versagt bleiben würden, wie viel mehr einem ahnungslosen Mädchen. Die Menschen dagegen rangen nach Atem. Aber niemand wagte etwas zu sagen. Zu sehr war ihnen bewusst, dass dieser dämonische Kriegsherr Recht hatte. Sie alle waren eigentlich dem Tode verfallen und würden leben bleiben. Und so war das nur eine Sache des ehemaligen Burgherrn – und dessen Tochter.
 

Der Heerführer stand mitten im Gästezimmer, als zwei seiner Krieger das Mädchen hereinführten und zu Boden stießen.

Er nickte etwas: „Ihr könnt zu den anderen gehen.“

„Aber, es ist unsere Pflicht…“

„Mir zur gehorchen. Oder hältst du mich etwa für so schwach, dass ich nicht mit einem Menschenmädchen fertig werde?“

Das auch nur andeutungsweise zu bejahen hätte eine Abkürzung ins Jenseits beschert, das war den Kriegern klar. Überdies war es angenehmer bei den Kameraden am Feuer zu sitzen, als Wache vor der Tür zu schieben und sich anhören zu dürfen, wie sich allein der Herr amüsierte. So verschwanden sie eiligst.

Der Kriegsherr wandte sich um und trat an das Fenster, hörte, wie das Mädchen hinter ihm unwillkürlich aufatmete. Seltsam, wie ähnlich sich Menschen und Tiere in dieser Beziehung waren. Entfernte man sich von ihnen, nahmen sie es als Zusage, dass man ihnen nichts tun würde. Jedem Dämon dagegen wäre klar gewesen, dass es vollkommen gleichgültig wäre, ob er einen Meter oder zehn von ihm wegstünde.

„Izayoi“, sagte er und hörte, wie sie überrascht die Luft einsog. Hatte sie nicht damit gerechnet, dass er sich ihren Namen merken könnte? „Ich habe für das Imperium Kriege geführt, weit im Süden, im Osten und nun hier.“ Er blickte in die Dunkelheit: „Ich habe dabei viele Frauen beschlafen. Aber niemals habe ich eine mit Gewalt in mein Bett gezwungen, weder Dämon noch Mensch. Meine Aussage zuvor war notwendig, um unser beider Ruf zu wahren. Ich muss meine Dämonen unter Kontrolle halten und du nach meiner Abreise vor deinen Menschen sicher sein. – Du kannst dich dort ins Bett legen und schlafen oder so knien bleiben, das ist mir gleich. Ich verpfände dir jedoch mein Wort, dass dein Vater morgen einen leichten Tod haben wird.“

Sie sah zu ihm, musterte den langen, weißen Zopf, der über seinen Rücken fiel, die seltsamen Fellteile, die aus den Schultern seiner Rüstung zu wachsen schienen. Was sollte sie darauf sagen: „Herr, ich bitte Euch, treibt kein grausames Spiel mit mir.“ Und mit ihrem Vater.

„Ich gab dir mein Wort.“

Er drehte sich noch immer nicht um. Fast zögernd erhob sie sich, um sich hinzulegen. War das nur eine Methode, um sie einfacher in sein Bett zu bekommen? Nein, entschied sie sich dann mutig. Dazu hätte er keinen Umweg nötig gehabt. Schon gegen einen Menschenmann hätte sie sich nicht zur Wehr setzen können, geschweige denn gegen einen Dämon – zumal, wenn dessen ganzes Heer in und vor der Burg lagerte. Was war das für ein seltsamer Mann?

Sie dachte noch darüber nach, als sie durch eine gewisse seelische Erschöpfung und Erleichterung in einen Schlaf sank, der einer Ohnmacht ähnlicher war.

Der Heerführer hörte ihre ruhigen Atemzüge, das gleichmäßige Schlagen des Herzens und wandte sich um, ging zum Tisch, um sich einen Stuhl zu holen, neben das Bett zu setzen und sie zu betrachten. Das schien ihm die angenehmste Möglichkeit zu sein, die Nacht zu verbringen.
 

Manch einer aus dem Dämonenheer warf einen unabsichtlichen Blick empor zu dem Haupttrakt des Schlosses.

„Er vergnügt sich“, fasste einer der Krieger zusammen: „Und wir dürfen weder die Weiber aus dem Dorf noch die im Schloss haben…“

„Versuchs doch.“ Ein Veteran zeigte im Lächeln seine Fangzähne: „Aber sag’s mir vorher, damit ich außer Hörweite komme.“

„Meinst du, er wird mich anschreien?“

„Eher umgekehrt.“ Und da der kriegserfahrene Dämon die neugierigen Blicke der meist jüngeren sah: „Es war im Osten, ich glaube in einer Stadt namens… ist ja auch gleich. Auch da galt striktes Plünderungsverbot und anderes. Ein…nun, ein sehr dummer Dämon hielt sich nicht daran und vergewaltigte die Tochter des Stadtfürsten, denen der Herr seinen Schutz versprochen hatte. Ich kam gerade dazu, als er ihn von dem schreienden Mädchen wegriss. Ihr Vater stand daneben und jammerte etwas von Vertragsbruch. Nur er selbst…“ Er sah unwillkürlich empor: „Beim Imperator! Nur er selbst blieb vollkommen ruhig. Er drückte den Krieger mit der Linken an die Wand und zeigte ihm kurz die rechte Klaue. Der begann zu betteln, zu flehen, um dann nur noch zu schreien. Der Herr hat ihn buchstäblich und sehr langsam tranchiert. Anschließend hielt er Truppenschau und meinte, noch immer sehr ruhig, dass, falls noch jemand Selbstmordgelüste hege, könne er es ihm sagen, allerdings bevor er ihn zum Wortbruch treibe. Huh. Ich wüsste nicht, dass noch einmal jemand so dumm war.“

„Schon gut. Wie heißt das Sprichwort so schön, was dem Imperator erlaubt ist, ist noch lange nicht jedem Ochsen erlaubt…“

„Über den Vergleich würde vielleicht sogar er lächeln.“
 

Sie fuhr empor, alarmiert durch das Gefühl, beobachtet zu werden. Mit klopfendem Herzen erkannte sie den Dämon neben dem Bett – aber immerhin nicht neben ihr. Dennoch warf sie einen forschenden Blick auf das Lager, was ihn zu einem Lächeln brachte.

„Ich habe dich nicht angerührt. Du vertraust meinem Wort nicht.“

„Verzeiht…ich...ich bin nur so erschrocken.“ Schließlich wäre es äußerst unklug gewesen, ihn zu verärgern. Sie betrachtete ihn vorsichtig. Er lehnte vorgeneigt auf dem Stuhl, die Hände nachlässig zwischen den Knien baumelnd. Eigentlich sah er gar nicht so gefährlich aus, wie man es von Dämonen sagte. Und er schien auch ganz anders…

„Ich habe dich angesehen.“

„Warum?“ fragte sie prompt. Solange er redete, würde er doch nicht…Nun, er hatte zwar gesagt, dass er nie Gewalt anwenden würde, aber das waren nur Worte.

„Du bist schön. Es entspannt mich, dich anzusehen.“ Er wusste selbst nicht, warum er das zugab.

„So...so habt Ihr keine Frau? Oder nur weit weg, in der Hauptstadt?“

„Ja.“

Sie nahm das als Beantwortung der letzten Frage: „Habt Ihr auch Kinder?“ Wie wohl so ein kleiner Dämon aussah? Seltsamerweise hatte sie nie zuvor daran gedacht, dass auch diese Wesen Kinder haben könnten.

Wann hatte ihn das zuletzt jemand gefragt? Und dann auch noch in echter Neugier? „Einen Sohn.“

Sie war zum einen froh, dass er sich mit ihr unterhielt, zum anderen empfand sie unwillkürlich fast Anteilnahme: „Das muss dann schwer sein, nicht nach Hause zu können, immer im Krieg zu sein.“

„Das ist bei Dämonen etwas anders.“ War es das wirklich?

„Wie alt ist denn Euer Sohn?“

„Bei Menschen würdest du ihn wohl auf vierzehn oder fünfzehn schätzen.“ Tatsächlich, er ließ sich von einem Menschenmädchen ausfragen, das er mit jedem Recht hätte töten können. Aber sie hatte etwas an sich….Nach Hause kommen, da hatte sie wohl an ihren Vater gedacht. Nein, selbst wenn er zu Frau und Sohn zurückkehrte, war das kaum ein herzlicher Empfang. So etwas gab es unter Dämonen nicht. Er sah auf seine Hände. Dort würde er sicher keine Entspannung finden.

Sie betrachtete ihn wieder und erkannte, dass er wohl nicht mehr dazu sagen wollte: „Das tut mir Leid.“

„Was?“

„Dass Ihr keine richtige Familie, kein Zuhause habt. Auch, wenn Ihr ein Dämon seid…das ist etwas Schönes.“ Sie richtete sich etwas auf: „Darf ich aufstehen?“

Er war für einen Moment überrascht, ehe er begriff, dass er so nahe vor dem Bett saß, dass sie mehr oder weniger direkt an ihm vorbei hätte müssen. So rutschte er mit dem Stuhl etwas zurück, erkannte dann noch verblüffter, dass sie sich direkt vor ihm niederkniete und seine Hände betrachtete.

Leise meinte sie: „Wollt Ihr mir etwas über Euren Sohn erzählen?“

„Er ist mehr der Sohn seiner Mutter. – Izayoi, ich versprach dir, nur mit deinem Willen zu handeln: darf ich dein Haar berühren?“

Sie war so verwirrt, dass sie es mit beiden Händen hochhob und wieder sinken ließ. Dieser Wunsch entsprach in keiner Weise dem, was ihre Mutter und die anderen Frauen ihr geraten hatten, um ihr wenigstens den Versuch zu ermöglichen, ihm siebenmal Vergnügen zu bereiten. Aber…nun, eigentlich war es schon ein wenig unschicklich, aber würde doch wohl kaum wehtun: „Ja.“

„Dann dreh dich um.“

Sie rutschte herum, spürte mehr, als sie es im Halbdunkel sah, dass er seine Knie spreizte, um ihr Platz zu lassen, es ihr zu ermöglichen, näher heranzukommen. Zögernd folgte sie der stummen Aufforderung, spürte dann, wie seine Finger sanft über ihr Haar strichen, mit einer Strähne spielten. Das gefiel ihm? Ihr fiel es immer schwerer, Angst vor ihm zu haben. Vater würde morgen sterben, ja, aber der Kriegsherr hatte ihr doch versprochen, dass er leicht sterben würde… „Euer Sohn ist mehr der seiner Mutter? Mehr….ein Dämon?“

„Ich bin auch einer.“

„Kalt?“ versuchte sie zu verdeutlichen, was sie meinte.

„Wenn du mich in einer Schlacht siehst, würdest du daran nicht zweifeln…“ Er strich behutsam über ihren Kopf, sich nicht bewusst, dass er auf sie im Augenblick kaum kalt wirkte. Zu angenehm war der so nahe Duft, jetzt sogar ohne Furcht, das Gefühl unter seinen Fingern.

„Daran zweifle ich nicht. Ich meinte….ohne den Wunsch nach einem Zuhause?“

„Ich weiß es nicht.“

„Dann zeigt es ihm.“

Er war so verblüfft, dass er im Streicheln innehielt: „Was?“

„Was ein Zuhause ist. Von wem sollte er es denn sonst wissen, wenn er es nicht von seiner Mutter lernen kann.“

Sie wagte es….Aber sie hatte Recht und so wickelte er nachdenklich eine lange Strähne um seine Linke, als er erstaunt spürte, dass sie seine rechte Hand mit ihren Fingern berührte. Neugierig werdend überließ er sie ihr.

Ihr Mitgefühl hatte in diesem Moment die Oberhand gewonnen. Er war allein, sehnte sich nach einem Zuhause, das ihm weder Frau noch Sohn gaben…Ein wenig schüchtern und zugleich neugierig betrachtete sie im Halbdunkel die Hand, die in ihren beiden lag. Es war eine Klaue, die Krallen eines Dämons. Und sie war sicher, dass er sie damit in Stücke reißen konnte, ohne sich auch nur anzustrengen. Dennoch…ja, dennoch ruhte diese schreckliche Klaue jetzt in ihren Händen, fast müde, wie ein kleiner Vogel im Nest. Ohne weiter nachzudenken hob sie sie und drückte einen sanften Kuss auf seine Handinnenfläche.

„Izayoi!“ Es war fast wie ein heiseres Flüstern. Er musste sich zusammennehmen, um ihr nicht zu zeigen, welche Glut diese Geste in seinen Lenden auslöste. Aber sie hatte sein Wort. Und er konnte ihre Wärme ihr nicht mit brutaler Gewalt vergelten.

Sie gab seine Hand frei, erschreckt, ob sie ihn verärgert hatte. Unwillkürlich senkte sie den Kopf, spürte zu ihrer Erleichterung sofort wieder seine Finger, die sanft ihr Haar beiseite strichen.

Er betrachtete kurz ihren Nacken, ehe er sich vorneigte und seine Lippen darauf drückte. Er spürte ihr Erstarren, dann jedoch, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte – und nicht aus Furcht. „Izayoi….“ Mühsam kämpfte er um seine Selbstbeherrschung.

Sie ahnte nichts davon, aber sie hörte ein Gefühl in seiner Stimme, das sie in eine ungeahnte Spannung versetzte: „Herr…?“

„Ich…ich möchte dich küssen.“

Sie spürte, wie sie rot wurde. Aber ihr war auch klar, dass sie diesen Wunsch kaum abschlagen konnte – und auch nur wollte. So murmelte sie, ein wenig verlegen: „Tut, was Ihr wollt….“

Er zog sie empor, als er aufstand und drehte sie um, betrachtete sie im Halbdunkel, erkannte ihre unwillkürliche Verlegenheit: „Keine Furcht…“ meinte er leise, als er sie umarmte.

Sie schloss die Augen.

Und dann war alles plötzlich ganz einfach.
 


 

And love is a stranger, who´ll beckon you on,

Don´t think of the danger or the stranger is gone

This dream is for you, so pay the price,

Make one dream come true – you only live twice.
 

Nancy Sinatra
 

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Im nächsten Kapitel beginnt unsere Geschichte und ein Mönch aus dem Osten des Imperiums lernt einen echten Halbdämon kennen...
 

bye
 

hotep

Miroku und der Halbdämon

Der größte Sklavenmarkt des Jahres in allen Provinzen des Imperiums fand in der weiten, fruchtbaren Ebene am südlichen Fuß der hohen Berge statt, vor den Toren einer ummauerten Stadt. Viele Händler hatten ihre menschliche Ware hierher getrieben, viele Interessenten waren gekommen.

Zumeist wurden die Sklaven gruppenweise angeboten: junge, schöne Frauen als Tänzerinnen oder für andere Zwecke, ganze Familien mit Kindern, Männer für Ackerbau und Viehzucht.

Ein Stück außerhalb des eigentlichen Markttreibens befand sich eine Sklavenkarawane aus dem Norden. Gaius, der Händler, hatte seine Ware über die Pässe der Berge geschafft, Männer, Frauen und Kinder, die er nun zu Reihen aufgestellt hatte, um die Interessenten anzulocken. Er verkaufte so gut wie immer an Direktabnehmer. Da ihm ein rascher Blick verriet, dass seine Männer aufpassten, machte er selbst sich auf den Weg, um das andere Angebot anzusehen und Neuigkeiten auszutauschen.

Auf dem Markt erkannte er einen Händler, weit aus den östlichen Provinzen des Imperiums: „Yoshida!“

„Gaius, lange nicht gesehen. Mit Erfolg unterwegs gewesen?“

„Natürlich. – Deine Ware?“ Er musterte die fremdländisch gekleideten Frauen, die schamhaft zu Boden blickten – als ob ihnen das helfen würde, wenn sich jemand für sie interessierte. Aber da war auch eine überraschende Erscheinung…

„Ja. – Neugierig?“ Er hatte den Blick seines Bekannten bemerkt.

„Ich habe meine eigene Ware. Mich wundert nur der junge Mann. Ist das nicht ein Priester?“ Und die durften eigentlich nicht als Sklaven verkauft werden.

„Ein Mönch. Aber er wurde mir verkauft, als Strafe seines Fürsten. Und angeblich soll er da noch Glück gehabt haben.“

„Auch nicht schlecht.“ Das war natürlich etwas anderes.

„Was hast du so zu bieten? Irgendetwas Interessantes?“

„Ja, aber nichts für dich. Ich habe einen echten, lebenden…“

Schreie unterbrachen Gaius und Yoshida fuhr herum: „Miroku!“

Der Mönch senkte sichtlich schuldbewusst den Blick, gepackt von zwei Aufsehern. Das Ehepaar vor ihm sah zu dem Sklavenhändler und der Mann fauchte: „Wenn du deine Sklaven nicht besser erzogen hast, brauche ich auch keinen zu kaufen.“ Sie gingen.

Yoshida biss sich zornig auf die Lippen: „Du hast schon wieder die Frau angefasst? Miroku, sowohl dein Verkauf als Sklave als auch die diversen Prügel, die ich dir schon verabreicht habe, hätten dich heilen sollen. So bringst du mich in Verruf. Aber das war das letzte Mal!“

„Schneide ihm die Kehle durch“, empfahl Gaius: „So eine nutzlose Ware…ah…ich habe da etwas, vielleicht wäre es amüsant.“

„Was meinst du?“

„Wie ich schon sagte, ich habe einen echten, lebenden Halbdämon. Wir könnten ja mal sehen, wie sich dein Mönch anstellen will, um ihn davon abzuhalten ihn zu zerreißen.“

„Gut.“ Yoshida winkte seinen Männern: „Zwei bringen diesen verkommenen Mönch zu Gaius. Die anderen bleiben hier. Und ich, mein lieber Miroku, bin schon sehr neugierig, wie du das überleben willst.“
 

Ein Halbdämon? Miroku ließ sich widerstandslos über den Markt schieben. Flucht war unmöglich. Aber eigentlich war es ebenso unmöglich, dass es einen Halbdämon gab. Dämonen und Menschen konnten keine gemeinsamen Kinder zeugen, das war eine ausgewiesene Tatsache. So sehr konnten sich allerdings doch nicht einmal menschliche Sklavenhändler irren…

Das führte zu etwas anderem. Die meisten Dämonen fraßen keine Menschen, nur die einfachen, die in den Wäldern lebten. War dieser Halbdämon etwa deren Abkömmling? Die waren primitiv und er konnte sie läutern, mit Bannzetteln töten. Leider hatte er weder Bannzettel dabei, geschweige denn eine Ahnung, ob das bei einem halben Menschen funktionieren würde.

Das hatte er nun von seiner Passion für schöne Frauen, mit Vorliebe deren Kehrseite. Schlimm genug, dass ihm der Fürst sein Techtelmechtel mit seiner Frau übel genommen und ihn verkauft hatte, schlimm genug, dass Yoshida ihn schon einige Male peitschen ließ, er nun weit weg von zu Hause war…nein, jetzt durfte er sich auch noch mit einem Monster herumschlagen.

„He, Halbdämon!“ rief Gaius: „Ich habe hier was für dich!“

Miroku sah erstaunt, wie ein junger Mann, nun, eher noch ein Junge, das Gesicht drehte. Das sollte ein Halbdämon sein? Er trug auf dem Kopf kleine Öhrchen, sein langes, weißes Haar fiel dicht und schwer über seinen Rücken. Und seine Hände waren Klauen. Der Mönch schluckte etwas. Die metallenen Ringe um Hals und Handgelenke, verbunden mit schweren Ketten waren wohl ebenso wenig überflüssig wie die kurze Fessel zwischen seinen Knöcheln. Und er stand abseits von den anderen Sklaven, bewacht von zwei Aufsehern.

„Kettet den Mönch an den Halbdämon!“ befahl Gaius.

„Tatsächlich, ein echter Halbdämon!“ Yoshida war neidisch: „Für ihn wirst du sicher einen hohen Preis erzielen können. Aber du meinst, er sei nichts für mich?“ In seiner Heimat wäre das eine Sensation und er könnte mit dem Geld in Ruhestand gehen.

„Ich habe einen dauernden Abnehmer, der auf starke Männer steht.“ Gaius lächelte etwas. „Und er zahlt immer besonders gut für Besonderheiten.“ Das wäre nun der Höhepunkt seiner Laufbahn.
 

Miroku schluckte erneut, als er zu dem Halbdämon geführt wurde, sich ein Halsband um seine Kehle schloss, das mit dem des anderen durch eine kaum einen Meter lange Kette verbunden wurde. Selbst die Fesseln würden das Monster nicht abhalten können, ihn in dieser Nähe zu zerreißen….Was für ein Tod. Aber er war es sich und seinen Ahnen schuldig keine Furcht zu zeigen.

So suchte er den Blick des Halbdämons und begegnete goldfarbenen Augen, die ihn musterten.

Nein, das war kein Monster, dachte er plötzlich, kein wildes Tier. Das war ein denkendes Wesen. Dämonen galten zwar nicht gerade als mitleidig, aber er musste einfach auf die menschliche Seite hoffen.

„Ich heiße Miroku“, erklärte er daher: „Und komme aus den östlichen Provinzen des Imperiums.“ Was konnte er noch sagen, um seinem Gegenüber klar zu machen, dass er keine Beute sondern ein Mensch sei? So wie dessen Mutter oder Vater? „Wie heißt du?“

In den Augen des Halbdämons flackerte etwas auf, das der Mönch als Gefühl erkannte, ohne zu ahnen welches. Er spürte nur, dass es etwas vollkommen anderes als Fressgier oder Mordlust war.

Der Junge sah rasch zu den beiden Sklavenhändlern, ehe er antwortete: „Inuyasha. – Weißt du, dass du der erste Fremde bist, der mich das fragt?“

„Äh, nein…“ Auch Miroku blickte seitwärts. Anscheinend waren Gaius und Yoshida enttäuscht, dass er nicht bereits zerfetzt wurde, denn sie besprachen etwas. „Woher kommst du?“

„Jenseits der hohen Berge, aus dem Norden. – Dachten diese Idioten etwa, ich will dich fressen?“ Diese Titulierung seines Besitzers trug ihm einen prompten Schlag auf den Rücken durch einen Bewacher ein.

Zu Mirokus Verblüffung nahm der Halbdämon den Hieb hin, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. „Nun ja“, meinte der Mönch hastig: „Es gibt nicht gerade viel Halbdämonen…und es ist wohl wenig über die...ich meine, wie dich bekannt.“

Inuyasha zuckte die Achseln: „Keh!“ machte er leise: „Jedenfalls sieht es so aus, als ob du mir erhalten bleibst.“

„Was?“ Der Mönch sah sich um. Tatsächlich. Yoshida ging. Verdammt. Sklavenhändler hin oder her – er achtete auf seine Ware. Und Gaius schien da anders zu denken, er brauchte nur die Kleidung der Sklaven aus dem Norden ansehen. Außer dem roten Gewand, das der Halbdämon trug, hingen an den meisten mehr oder weniger Fetzen. Und er musste kaum zu überlegen, was der mit ihm anstellen würde, würde er noch einmal eine potentielle Kundin anfassen.

Tatsächlich kam der Sklavenhändler heran: „Da ihr euch ja gut zu verstehen scheint, bleibt ihr so. Yoshida hat dich mir geschenkt, Mönch. Viel Spaß zu zweit. – Ihr beide könnt euch das Aufpassen jetzt schenken. Mit dem Anhängsel kommt nicht einmal ein Halbdämon weit.“ So folgten ihm seine Männer.

„Keh!“ murmelte Inuyasha: „Dieser Vollidiot hat keine Ahnung!“

„Du könntest fliehen? Warum tust du es nicht?“

„Weißt du etwa, wohin ich gehen sollte?“ Außerdem wurden entflohene Sklaven mit einem überaus grausamen Tod bestraft. Und das Einzige, was er noch wollte, war, am Leben zu bleiben. Für Mutter.

„Ich würde nach Hause gehen.“

Inuyasha äußerte erneut etwas, das wie ein „Keh“ klang: „Weißt du, Miroku, so heißt du doch, als Halbdämon zählt man nicht gerade zu den beliebtesten Leuten. Wer, glaubst du, hat mir die Fesseln angelegt?“

Der Mönch sah seinen Nachbarn betroffen an. In der Stimme des Halbdämons hatte nicht einmal Bitterkeit gelegen – er stellte nur eine Tatsache fest. „Soll das heißen, die Leute aus deinem Heimatort haben dich an den Sklavenhändler übergeben?“

„Ja. – Sie kamen eines Nachts zu der Hütte, die ich im Wald bewohnte. Ich wunderte mich ja schon, aber dann dachte ich, dass sie nur wieder einen Jagdauftrag hätten. Ich habe ihnen in den letzten Jahren öfter Wildbret besorgt, da ja die schreckliche Dürre war. Und dann fielen sie über mich her. Ich sollte die Dürre hergezaubert haben.“

„Du hast dich nicht gewehrt?“ Er hätte doch mit Menschen fertig werden müssen?

„Ein wenig. Mutter hat mir allerdings immer verboten, Menschen zu töten.“

„Lebt sie denn noch?“

„Nein.“ Tiefe Trauer war zu erkennen.

So bemühte sich der Mönch um eine passende Antwort: „Das...das tut mir Leid. Ich kann mich an meine nicht einmal erinnern, aber ich war sehr traurig, als mein Vater starb.“

„Den kenne ich nicht mal.“

„Aber er war wirklich ein Dämon?“

„Ja. Ein Hundedämon.“

„Ich meine…“ Miroku brach ab. Das war sicher unhöflich. Aber eigentlich hatte es auch in seiner eigenen Ausbildung als Mönch geheißen, dass es keine Kinder zwischen den Rassen. geben könnte

Inuyasha missverstand ihn: „Er war in dem Heer des Imperators, das unseren Ort eroberte.“

„Das ist doch schon so lange her, dass die nördlichen Provinzen erobert wurden …du siehst wie fünfzehn aus….“

„Ich bin ein Halbdämon.“

„Und die Armee des Imperators überfiel das Dorf, in dem deine Mutter lebte…mit bekannten Folgen. Aber es gab nicht mehrere Halbdämonen?“

„Nein. Außer meiner Mutter hat ja niemand….“ Er brach wieder ab. Warum erzählte er das einem Wildfremden? Nur, weil der an ihn gekettet worden war? Oder weil der ihn aus ehrlichem Interesse fragte? Zum ersten Mal seit….er wusste es nicht mehr. Heuchelei oder Lügen wären seiner Nase nicht entgangen.

„Schon gut“, meinte Miroku, dem der Andere Leid tat. Die Mutter tot und zuvor sicher schon als Mutter eines Halbdämons von der Dorfgemeinschaft gemieden, dann war der Junge in den Wald geschickt und zum Schluss Sklavenhändlern übergeben worden, weil er angeblich Schadenszauber gewirkt hatte. Das war mit Sicherheit nicht das, was man eine schöne Kindheit nannte. „Entschuldige, ich rede einfach gern.“

Inuyasha akzeptierte das: „Wie wurdest du zum Sklaven?“

„Oh…durch eine schöne Frau. Na ja…ich machte der…der Fürstin ein wenig den Hof. Und der Fürst wurde wütend und verkaufte mich an Yoshida.“ Miroku rieb sich den Kopf: „Ich kann einfach nichts dagegen machen. Wenn ich eine schöne Frau sehe, bin ich hin und weg.“

„Aha“, machte der halbdämonische Junge verständnislos: „Jedenfalls…wenn die anderen dort verkauft sind, geht es weiter nach Süden.“

„Richtung Hauptstadt?“

„Ich weiß es nicht. Gaius meinte nur, er müsse mich einem guten Kunden abliefern. Der Kerl freut sich schon auf das Geld, was er für mich bekommt.“

„Eines ist gut: wenn du teuer verkauft wirst, wird dich dein neuer Besitzer sicher auch schonen. Schließlich soll sich eine Investition ja auch lohnen.“

„Das klingt logisch….“ Der Halbdämon glaubte es allerdings nicht und sagte seine Meinung dazu: „Aber er wird sicher wieder ein Mensch sein. Und Menschen sind grausam.“

Miroku überlegte kurz, was er als Protest erwidern sollte, aber das entsprach wohl den Erfahrungen des Anderen: „Du meinst Gaius?“

„Er und seine Männer, auch die Leute aus meinem Dorf….Weißt du, wir mussten auf dem Weg hierher über die hohen Berge. Da war selbst jetzt Schnee und wir mussten manchmal an tiefen Schluchten vorbei. Mir hat das ja wenig ausgemacht, aber den Kindern und manchen anderen. Wer nicht mehr weiterkonnte und zusammenbrach, wurde geschlagen. Raffte er sich nicht mehr auf, wurde er einfach liegengelassen.“

„Der geht nicht sehr pfleglich mit seiner Ware um. Yoshida war da anders.“

„Außerdem“, fuhr Inuyasha fort, ohne auf den Einwurf einzugehen: „Menschen halten Menschen als Sklaven. Das tun Dämonen nicht.“

„Nicht?“

„Mutter sagte, nein.“

„Ausgerechnet...ich meine, entschuldige, ich wollte um Buddhas Willen nicht deine Mutter beleidigen….“ Das wäre wohl eine ziemlich törichte Selbstmordvariante, zumal deutlich zu erkennen war, dass der Halbdämon an seiner verstorbenen Mutter hing: „Ich dachte nur, dass sie Dämonen hasste, wenn sie ein Kriegsopfer gegen die Dämonen war….“ Das war schließlich zu vermuten, wenn eine Armee des Imperiums ein Dorf erobert hatte.

Inuyasha schüttelte etwas den Kopf: „Niemandem wurde etwas angetan, weder Frau noch Mann, sagte sie. Nur Vater und sie….“

Jetzt starrte ihn der Mönch doch an. War das wahr? Hatte es da mitten im Krieg eine Liebe zwischen den Rassen gegeben? Oder hatte die Frau nur ihren Sohn angelogen, um ihm eine Möglichkeit zu geben, unbelastet mit ihren Erinnerungen aufzuwachsen? Letztendlich war das gleich. „Das…das war dann sicher selten“, meinte er nur.

„Wer ist denn Buddha?“ erkundigte sich der Junge.

„Äh…der…der Heilige, dessen Vorbild ich folgen möchte. Ich bin Mönch, sozusagen in der Ausbildung zu einem Priester.“

Inuyasha nickte, schwieg aber dann und der an ihn gekettete Mensch respektierte das.
 

Erst früh am nächsten Morgen wurde deutlich, dass Gaius auf dem dreitägigen Markt gute Geschäfte gemacht hatte, obwohl er eigentlich zu spät eingetroffen war. Viele seine Sklaven waren verschwunden, eine größere Gruppe aus Männern, Frauen und Kindern wurde gerade zusammen gedrängt, wohl fertig für den Aufbruch gemacht. Inuyasha stand auf und Miroku folgte eilig, da die Kette zwischen ihren Halsbänder nur knapp einen Meter lang war.

„Warte…bitte“, sagte er ächzend: „Ich weiß, dass ich für dich nur ein Anhängsel bin, aber könntest du einfach sagen, wenn du aufstehen willst?“ Er rieb sich das Genick, das schon bedrohlich im Metall geknackt hatte.

„Ja, gut.“ Der Halbdämon schien heute deutlich weniger gesprächig als gestern. Er stand regungslos und betrachtete die anderen Sklaven.

Zwei andere Männer wurden zu den Kettengefährten herangeführt, einer älter und in deutlich ehemals vornehmer Kleidung, einer jünger. Die Ähnlichkeit verriet, dass es sich wohl um Vater und Sohn handelte.

„Wartet hier“, befahl der Wächter, ehe er sich wieder der anderen, größeren Gruppe zuwandte.

„Sie haben es bald geschafft“, murmelte der Halbdämon, ohne die bereits Verkauften aus den Augen zu lassen.

„Was soll das heißen, du dämliches Halbtier!“ fauchte der jüngere Unbekannte prompt.

Inuyasha fuhr herum. Ohne, dass ihn die Ketten sichtbar behinderten, war er neben dem anderen Sklaven und packte den an der Kehle: „Was hast du gesagt?“

Miroku beeilte sich, den Schritt hinüber ebenfalls zu machen. Gütiger Buddha, war dieser Kerl schnell und stark: „Äh…Inuyasha, wenn du ihn würgst, kann er nicht reden…“

Der gab wortlos den anderen frei, der keuchend zu Boden sank.

„Danke“, sagte der Ältere höflich, dabei offen lassend, ob es sich auf den Einwand des Mönches oder die Handlung des Halbdämons bezog. „Unsere Familie ist auch dabei.“ Er klang so traurig, dass ihn Inuyasha musterte.

„Was hast du?“

„Weißt du denn nicht, wohin sie gehen?“

„Ich denke, sie sollen ein verlassenes Dorf wieder aufbauen…“ Es waren doch Männer, Frauen und Kinder: „Da können sie dann leben, wie zuhause.“

„Oh nein, Halbdämon, da irrst du dich. Es ist schlimm für einen Sklaven, auf die Schiffe verkauft zu werden. Aber sie kommen an einen Ort, der noch viel schlimmer ist. Sie werden die Sonne nicht mehr sehen. Sie kommen in eine Goldmine.“

„Keh! Da sind doch Kinder dabei!“

„So hast du mehr Erbarmen als der Minenbesitzer. Er soll sogar ein Senator sein. Einer sagte uns, dass gerade die Kinder vorne arbeiten, wo die Gänge schmal sind und noch kein Erwachsener abbauen könnte. Die Frauen müssen das Gestein mahlen. Und keiner von ihnen wird je mehr den blauen Himmel sehen. Sie werden sterben, alle.“

„Was ist ein Senator?“ erkundigte sich Inuyasha.

„Ein sehr reicher Mann,“ erwiderte Miroku: „In der Regierung des Imperators.“

„Keh! Und dann beruht sein Reichtum auf Kindern und Toten!“ Der Verachtung in der Stimme des Halbdämons schlossen sich die drei Menschen in Gedanken an.
 

Während seine Männer zusammenpackten, die nun überflüssigen Wagen verkauften, kam Gaius zu seinen restlichen vier Gefangenen. Dank des guten Geschäftes war er in hervorragender Stimmung und so ließ er ihnen genügend Essen und Trinken bringen: „Stell es dahin“, befahl er: „Und ihr vier: wir ziehen in wenigen Stunden weiter, nach Süden, Richtung Hauptstadt. Nun, du, Halbdämon, wirst sie nicht zu sehen bekommen. Übermorgen erreichen wir Avenna. Dort wartet dein neuer Herr. Ich habe ihm Nachricht geschickt und er war entzückt. Halbdämonen sind einfach etwas besonders. – Ihr beide und der Mönch…ich werde zusehen, dass ich euch auch dort loswerde, aber er will eigentlich keine …hm…geistigen Genüsse.“ Er wandte sich mit einem gewissen Grinsen ab.

Miroku sah zu den anderen beiden Menschen: „Was meint er?“ Er versuchte vorsichtig ein Brot zu ergattern. Solange sein Kettengefährte stand tat er sich da schwer. Aber wenn er in den letzten Minuten bereits eines über den gelernt hatte, dann, dass es jetzt nicht ratsam wäre ihn zu stören. Immerhin schien der den Zug um seinen Hals nicht einmal zu bemerken

„Ich habe keine Ahnung.“ Der jüngere Mann warf einen raschen Blick zu dem stoisch stehenden Halbdämon, ehe er zu essen begann.

„Avenna…“ sagte dagegen sein Vater: „Soweit ich hörte, ist dort eine Kampfschule. – Er will den Halbdämon sicher als Gladiator verkaufen.“

„Gladiator?“ Miroku blickte zu Inuyasha, der noch immer regungslos dastand und dem verschwindenden Zug der Minensklaven nachsah. „Was hast du?“ fragte er dann doch.

„Kinder…..“ meinte der Halbdämon leise: „Menschen halten Sklaven, Menschen töten Kinder…“

„Das kannst du nicht ändern. Interessiert dich nicht, was aus dir werden soll?“

„Nein. Es ist ja doch alles gleich. Alles, was ich will, ist leben.“

„Auch, wenn das töten bedeutet? Wenn du wirklich Gladiator werden sollst…? Ich hörte, das sind Kämpfe in den Arenen.“

Inuyasha sah zu dem Mönch und Miroku erschrak fast vor dem intensiv leuchtenden goldenen Blick: „Ich werde leben. Denn das ist alles, was ich noch für Mutter tun kann.“ Sie hatte soviel für ihn getan, so viel auf sich genommen, um ihn am Leben zu halten…

Er fuhr so plötzlich herum, dass der an ihn gekettete Mensch wieder einmal Angst um sein Genick bekam: „Wie heißt dieser Senator, der Kinder einkauft?“

Der ältere Mann sah vom Essen auf. Er und sein Sohn waren schon zu lange mit Gaius unterwegs, dass sie nicht erkannt hätten, wie wichtig es war, sich einmal den Bauch vollzuschlagen. Wer ahnte, wann es wieder etwas gab. Aber er hatte gesehen, was dieser Halbdämon zuvor ohne Anstrengung mit seinem Sohn getan hatte: „Naraku, glaube ich, heißt er. Senator Naraku.“

Inuyasha nickte langsam.
 

****************************
 

Ob es den ehrenwerten Senator interessieren würde, wüsste er, dass er sich soeben den Zorn eines jungen Sklaven zugezogen hat?

Auf dem Weg nach Süden lernen sich Miroku und Inuyasha etwas näher kennen und erfahren ihr weiteres Schicksal.
 

bye
 

hotep

Sklaven und Menschen

Während Gaius mit einem Rest seiner Männer, nur vier, und den vier Sklaven durch die weite, fruchtbare Ebene nach Süden zog, hatte er die anderen ausbezahlt entlassen.

Miroku war noch immer an den Halbdämon gekettet und die so zwanghaft erzeugte Nähe ließ ihn beharrlich versuchen, Gespräche mit Inuyasha zu anzubahnen. Manchmal ging dieser darauf ein, manchmal nicht, aber der Mönch hatte einen zu großen Respekt vor den deutlich überlegenen Körperkräften, als dass er in diesem Fall nicht geschwiegen hätte – um es eine Viertelstunde später erneut zu versuchen.

„Inuyasha, weißt du eigentlich, was ein Gladiator ist?“

„Nein.“ Der Halbdämon blickte zu seinem Nachbarn: „Du sagtest, Kämpfe?“

„Ja. Ich habe so etwas noch nie gesehen, aber ich hörte, es kämpfen die Männer in so genannten Arenen vor Zuschauern.“

„Menschen.“ Das klang verächtlich.

„Ich weiß nicht, ob da nicht auch Dämonen unter den Kämpfern und Zuschauern dabei sind, ehrlich. Aber das wird auch für dich gefährlich.“

Inuyasha zuckte die Schultern: „Ich werde leben.“

„Für deine Mutter….“ deutete Miroku an, der sich daran erinnerte, dass der andere das gestern erwähnt hatte.

„Ja.“

„Was meinst du damit eigentlich? Ich dachte, sie ist tot?“

„Ja.“ Der Halbdämon sah geradeaus, ehe er doch antwortete: „Mutter sagte mir, dass die Menschen nicht gerade böse auf sie waren, ehe sie sahen, dass sie...naja, dass sie mit mir schwanger war. Und da forderten sie sie auf mich zu töten. Sie tat es nicht. Als ich geboren wurde….sie wohnte lieber außerhalb des Ortes im Wald als mich umzubringen. Sie hat viel auf sich genommen, nur, damit ich leben kann. Und ich werde sie nicht enttäuschen.“

„Ich verstehe….“ Miroku zögerte kurz, dann fragte er trotzdem: „Sie war allein?“

„Ja.“ Die Bitterkeit war kaum zu überhören. Ihre eigene Mutter, seine Großmutter, war nur zu bald gestorben, wohl aus Trauer über das Schicksal ihrer Tochter.

„Dein Vater wird nicht einmal wissen, dass es dich gibt. In meiner Ausbildung hieß es immer, dass Halbdämonen unmöglich sind, weil sich…weil es eben nicht geht.“ Der Mönch erschrak etwas, als sich sein Nachbar ihm zuwandte: „Ich weiß, dass du das lebende Gegenbeispiel bist“, betonte er hastig.

„Das wird wirklich gelehrt?“ fragte Inuyasha etwas ungläubig.

„Ja.“

Der Halbdämon sah stumm zu Boden. Mutter hatte ihm erzählt, dass sein Vater sicher nicht wisse, dass er existiere, weil dieser auch der Meinung gewesen war, zwischen Dämonen und Menschen könnte es keine Kinder geben. Er selbst hatte stillschweigend angenommen, sein Vater habe sich schlicht nicht für die Folgen seiner Nächte mit Mutter interessiert. Aber – hatte Mama doch Recht gehabt? Lebte irgendwo sein Vater und hatte nicht die geringste Ahnung von einem Sohn? Würde er sich sogar um ihn kümmern?

Er rief sich zur Ordnung. Er war jetzt ein Sklave, ein Gegenstand, den man verkaufte und kaufte. Alles, was er tun musste, war zu überleben. Für Mutter, deren Leben ohne ihn sicher viel einfacher gewesen wäre. Jede Hoffnung. wieder frei werden zu können, sollte er besser fahren lassen.

Miroku bemerkte, dass sein enger Nachbar in Gedanken versunken war und blickte auf seine linke Seite, wo die anderen beiden Sklaven gingen, die sich lieber ihren Schicksalsgenossen als den Wächtern angeschlossen hatten.

„Wie seid ihr eigentlich in diese Lage gekommen?“ Ihm war nicht bewusst, dass er sich noch vor hundert Jahren als Mensch aus dem weit entfernten Osten nicht mit einem aus dem Land nördlich der hohen Berge hätte unterhalten können. Die Einheitssprache des Imperiums war dazu jedem Gebildeten zu geläufig geworden, zusätzlich zu der seiner Heimat. So fragte er sich auch nicht, warum oder wie die Mutter des Halbdämons diesem Imperial beigebracht hatte.

„Du meinst, zu Sklaven geworden?“ Der ältere Mann sah sich unwillkürlich nach seinen Bewachern um, die sich freilich nicht um die so schicksalsergeben laufende Ware kümmerten und selbst redeten: „Mein Name ist Atticus. Ich bin…war Medicus.“

Der junge Mönch nickte etwas. Also war Atticus ein studierter Arzt, im Gegensatz zu den gewöhnlichen Dorfheilern, die nur von ihren Vorgängern ausgebildet wurden: „Das ist eigentlich eine einträgliche Tätigkeit.“

„Wenn einem nicht gerade ein Patient stirbt…“ Der Medicus seufzte: „Er war aus äußerst gutem Haus und ich sollte seiner Familie Schadensersatz zahlen. Das konnte ich nicht. Und, wie du weißt, Mönch, wird man bei Schulden zum Sklaven. Ich und meine gesamte Familie.“

Das war in der Tat unter Menschen üblich. Oder auch, dass ein Vater in diesem Fall seine Kinder verkaufte, seine Frau. Das Familienoberhaupt besaß das Recht dazu. Aber anscheinend hatte nicht einmal das ausgereicht, Atticus´ Schulden zu bezahlen, so dass auch er selbst seine Freiheit verloren hatte.

„Und du?“ fragte der Medicus.

„Mein Fürst verkaufte mich. Er fand…nun ja…ich sei seiner Frau zu nahe getreten.“ Miroku zuckte etwas die Schultern: „Sie ist eine sehr schöne Frau….“

„Also als Strafe? Zeitlich?“

„Nein.“ Ja, von dieser Möglichkeit einer befristeten Leibeigenschaft hatte er auch schon gehört. Leider war sein Fürst wütend genug gewesen, keine zeitliche Abgrenzung auszusprechen – und ihn weit weg zu schicken. Sein Heimatland würde er kaum mehr wieder sehen.

„Menschen sind ungerecht….“ meinte Inuyasha, ohne seine Nachbarn anzublicken.

„Dämonen sind besser?“ erkundigte sich Atticus prompt: „Das hört man selten. Aber nun gut, du bist ja auch…“ Er brach lieber ab, da ihn der Halbdämon sofort fixierte:

„Nur Menschen besitzen Sklaven, Dämonen nicht.“

„Das ist wahr“, gab der Arzt zu, ergänzte aber: „Alle menschlichen Völker besitzen Sklaven oder können zu solchen werden. So war das auch schon, ehe das Imperium die jeweiligen Länder eroberte. Und der Imperator ließ die Gesetze unter den Menschen wie sie waren. Er kümmert sich nicht darum, wie sich Menschen unter ihresgleichen benehmen, so habe ich es im Studium gelernt.“

„Das klingt eigentlich gut“, sagte der Mönch: „Wenn man eben nicht gerade selbst zum Sklaven wird.“

„So ist es und niemand kann etwas dagegen tun.“

Niemand, dachte Inuyasha. Weiß der Imperator überhaupt, dass es Sklaven gibt? Interessiert ihn das? Dämonen und Menschen haben ja nicht viel gemeinsam, das ist bekannt. Oder gibt es irgendwo doch auch Dämonen, die Sklaven von Menschen sind? Oder ist das verboten?

Er sollte sich nicht so viele Gedanken machen. An seinem Schicksal konnte er nichts ändern. Er musste nur einfach überleben. Für Mama.

Miroku dagegen war froh, mit einem Menschen reden zu können: „Wo hast du studiert, Atticus? Gibt es in den nördlichen Provinzen eine Arztausbildung?“

„Sieh nicht auf die nördlichen Provinzen herab, Mönch!“ sagte Atticus´ Sohn sofort: „Schon bevor uns das Imperium vor Jahrzehnten eroberte, waren wir zivilisiert.“

„Schon gut, Mirko, “ beruhigte sein Vater: „Ich denke, er meinte das anders. – Ja, in den nördlichen Provinzen gibt es eine Medicusausbildung, am großen Tempel in Batau. Aber ich habe in der Hauptstadt studiert, ehe ich nach Norden ging. Der Liebe wegen, “ ergänzte er mit einem traurigen Lächeln.

Miroku entsann sich, dass die anderen Familienmitglieder in die Minen verkauft worden waren: „Das tut mir Leid“, meinte er daher und fuhr fort, um abzulenken: „Wie ist denn die Hauptstadt? Ich hörte, sie sei riesig.“

„Oh ja, und sehr prachtvoll. Viele Paläste und Schulen gibt es dort. Und natürlich viele Dämonen. Mit den Menschen leben sicher einige Hunderttausende in der Hauptstadt.“

„Hast du den Imperator einmal gesehen?“

„Ja. Es gibt immer wieder Veranstaltungen in der Öffentlichkeit, bei denen er und seine Familie erscheinen.“

„Wie sieht er aus?“

„Er ist ein Hundedämon. Hm.“ Er sah zu Inuyasha: „Wenn ich es mir so recht überlege….auch du hast Hundedämonenblut, nicht wahr?“ Und da der Halbdämon nicht antwortete: „Er, seine Frau und sein Sohn haben alle drei diese langen, weißen Haare, das ist das auffälligste Merkmal von Hundedämonen, glaube ich.“

„Dann hat er einen Erben.“ murmelte Miroku, ohne genau zu wissen warum.

„Ja.“ Atticus nickte: „Selbst, wenn der Imperator eines Tages sterben sollte, wird die Herrschaft ohne großen Streit weitergegeben. So weit ich damals hörte, ist der Junge unter Dämonen recht gut angesehen. Er soll stark sein. Und auch, wenn natürlich auch andere Dämonen die Macht übernehmen wollten, so wird es kaum einer wagen.“

„Wie alt ist er denn?“

„Das kann ich nicht sagen. Er sah vor dreißig Jahren wie ein Jugendlicher aus, aber Dämonen und Menschen altern ja unterschiedlich. Er mag schon einige hundert Jahre sein. Und wie alt der Imperator selbst ist…ich weiß es nicht.“

„Dämonen eben.“ Miroku warf einen raschen Blick zu seinem anderen Nachbarn. Inuyasha sah wie ein Fünfzehnjähriger aus – aber wie alt war er eigentlich? Er hatte gesagt, dass sich seine Eltern bei der Eroberung des Nordens durch das Imperium kennen gelernt hatten – und das war doch sicher schon dreißig oder vierzig Jahre her, eher länger. Nun, kein Wunder, dass seine Mutter inzwischen gestorben war.

„Ja. – Was ist dort vorn los?“

Diese Frage des Arztes ließ auch Inuyasha aufsehen, zumal ihre Bewacher und Gaius prompt zu ihnen aufschlossen.

Vor ihnen lag ein kleines Dorf zwischen Hügeln, die sich mit Wein und Olivenbäumen bewachsen dahin zogen. Schon den ganzen Tag waren sie immer wieder an Weingütern vorbeigekommen, an Olivenhainen, in denen Bauern oder Sklaven arbeiteten. Aber vor dem Ort stand eine große Menschenmenge, bei der es sich fast um die gesamte Dorfbevölkerung handeln musste – und andere Menschen in einer Kleidung, die der Halbdämon noch nie gesehen hatte. Männer und Frauen trugen einen eng anliegenden, schwarzen Anzug, der an verschiedenen Stellen zusätzlich durch Panzerungen geschützt war. Und sie waren bewaffnet, ungewöhnlich genug, durften das in der Regel doch nur Dämonen sein.

„Die Jäger des Imperators“, stellte Atticus fest.

Miroku blickte zu ihm: „Die ...was?“

„Die Jäger des Imperators. Du weißt doch, dass es immer wieder zu Zwischenfällen mit diesen Wurmdämonen kommt, die Menschen fressen? Der Imperator schickt gegen sie seine Jäger aus. Diese Menschen dort. Anscheinend gab es in dem Dorf Zwischenfälle. Gibt es solche Einheiten im Osten nicht?“

„Nein, da machen es Priester oder Leute wie meine Wenigkeit…“ Miroku zuckte die Schultern: „Vermutlich beschränkt sich diese Sondereinheit auf die Provinzen südlich der Hohen Berge.“

Der Sklavenhändler hatte es gehört: „Du kommst gegen Wurmdämonen an, Mönch?“

Miroku wusste nicht, ob das gut oder schlecht für ihn wäre, hoffte aber ersteres. Je mehr Fähigkeiten er besaß, umso teurer wurde er verkauft – und umso wertvoller wäre er für seinen zukünftigen Besitzer: „Ja, das beinhaltet meine Ausbildung.“

Gaius nickte etwas: „Dann sehen wir mal, ob die Jäger Unterstützung brauchen können….Wartet hier.“

Dieser Befehl galt seinen Männern, die die vier Sklaven prompt anhielten, zu einer Gruppe zusammendrängten, während der Händler selbst weiterging.

Inuyasha sah seitwärts: „Du kannst Dämonen jagen?“

„Diese kleinen, ja. Du kennst sie doch sicher.“

„Ja, natürlich. Ich habe sie immer vom Dorf abgehalten….“

Und die Menschen hatten es ihm gedankt, in dem sie ihn in die Sklaverei verkauft hatten. Der Mönch verstand langsam, warum der Halbdämon eine gar so schlechte Meinung von der Art seiner Mutter hatte. „Du bist dann wirklich stark“, sagte er nur, während er beobachtete, dass Gaius zu den Jägern trat und sichtlich höflich begrüßte.

Diese wichen beiseite und der Sklavenhändler sprach mit einem älteren Mann, sicher dem Anführer der Dämonenjäger. Der schüttelte den Kopf und Miroku seufzte innerlich. Das Leben als Jäger von Wurmdämonen wäre doch sicher kaum unerträglich gewesen. Falls Gaius ihn nicht bald ordentlich verkaufen konnte, würde er sonst wo landen, da gab er sich keinen Illusionen hin. Der Händler behielt ihn, ebenso wie Atticus und seinen Sohn, höchstens bis zu dem Ort, an dem er Inuyasha abliefern wollte. Danach…nun, er wollte lieber nicht daran denken. Goldminenbesitzer gab es sicher noch mehr.

Mit neuer Hoffnung erkannte er, dass Gaius mit einer jungen, schwarzhaarigen Frau sprach. Die Jägerin stand höchstens in seinem, Mirokus, Alter und der enganliegende Jagdanzug betonte ihre Figur. Er verspürte unwillkürlich Lust, einmal über diese Rundungen zu streichen…

Und rief sich unverzüglich zur Ordnung. Wenn er verkauft werden wollte, so passierte das sicher nicht, wenn er wieder einmal eine potentielle Kundin berührte. Und das war sie, denn sie kam mit Gaius zurück, der seinen Männern winkte. Diese schoben Miroku und den noch immer an ihn geketteten Inuyasha vor, während sie Atticus und Mirko zurückzogen.

„Bitte sehr, Venatrix“, sagte Gaius höflich: „Das ist der Mönch, von dem ich sprach.“

„Es ist ungewöhnlich“, meinte sie und Miroku spürte, wie sein Herz rascher schlug. Sie war schön…

„Wie ich bereits erwähnte: er wurde von seinem Fürsten als Gerichtsstrafe unbefristet zu einem Sklaven gemacht. Ich halte mich an die Gesetze.“

„Daran zweifele ich nicht.“ Die Jägerin musterte den Mönch: „Du hast eine Ausbildung erhalten, die dich befähigt, Wurmdämonen zu vertreiben?“

„Zu läutern, ja…“ Miroku fiel ein, dass es für einen Sklaven unziemlich war, einem Kunden in die, wenn auch so schönen, Augen zu gucken und sah hastig zu Boden.

„Bannzettel?“

„Bannzettel und auch verschiedene andere Methoden.“ Er ließ seinen Blick etwas höher schweifen. Sehr lange Beine, ein geradezu einladendes Hinterteil….

Im nächsten Moment realisierte er, dass Gaius scharf Luft holte, dass die Kette an seinem Hals sich straffte, da Inuyasha stehen geblieben war – und er selbst einen Schritt nach vorn getan und seine Hand vollkommen eigenständig gehandelt hatte. Fast entsetzt zuckte er zurück. Damit war jede Chance vorbei…

In diesem Augenblick traf ihn eine heftige Ohrfeige. Die Jägerin hatte ihre gute Reaktion bewiesen.

Und bewies ebenso Selbstbeherrschung. Ohne dass auch nur Ärger in ihrer Stimme lag, meinte sie: „Welche anderen Methoden? Gifte?“

„Äh, ja, Venatrix.“ Miroku nahm sich eilig zusammen. Was diese Anrede wohl bedeutete?
 

Inuyasha bemerkte, dass die beiden über diverse Gifte zu reden begannen. Nun ja, der Mönch war ihm nett erschienen, für einen Menschen, und so war ihm zu gönnen, dass er an eine angenehme Herrin verkauft werden würde. Was wohl diese Anrede bedeutete? Venatrix? Aber dann entsann er sich, dass ihn Mutter bei einer Jagdbeute einmal gelobt hatte, besser könne das auch der Venator nicht. Venator war der Ehrentitel für den besten Jäger des Imperiums und folglich Venatrix für die beste Jägerin. Sie war so jung, aber sie musste über ungewöhnliche Fähigkeiten verfügen. Da würde es Miroku doch sicher gelingen, ihr klar zu machen, dass auch er so ausgebildet worden war.

Nun gut, dachte er gleichzeitig. Warum sollte er sich um einen Menschen kümmern, den er kaum zwei Tage kannte und der nur deswegen mit ihm sprach, weil sie so nahe aneinander gekettet waren? Aber er wusste gleichzeitig warum. Dies war der erste Fremde gewesen, der nach seinem Namen gefragt hatte, der in ihm eine Person gesehen hatte und nicht den Halbdämon…

Er blickte auf, als einer der Jäger bei dem Dorf den Namen „Sango“ rief und sich die Venatrix umdrehte:

„Ich komme gleich! – Schön, Händler. Was willst du für diesen Mönch?“

„Er ist sehr gut ausgebildet…“

„Und überhaupt nicht erzogen“, unterbrach sie sofort: „Da wartet eine Menge Arbeit auf mich. Warum ist er eigentlich mit dem anderen verbunden? Das ist doch…ein Dämon?“

„Ein Halbdämon, der gegen die Menschen seines Dorfes Schadenszauber verübte“, beteuerte Gaius eilig. Die Jäger des Imperators genossen laut Gerüchten den Vorzug dessen Ohr zu haben. Und es war verboten einen Dämon zu versklaven. Allerdings gab es kein Gesetz zum Thema Halbdämon, so dass er wohl eher den Menschen zuzurechnen war, auch in den Augen der Dämonen.

„Oh.“

Inuyasha hatte den Kopf gehoben und blickte der Jägerin in die Augen. Sie hatte keine Furcht vor ihm, das war ihm klar. Nun, ängstliche Leute würden kaum auch nur diese Wurmdämonen jagen können. Sie schien ihn zu mustern. Überlegte sie, ob auch er nützlich wäre? Diese kleinen Dämonen jagen konnte er, Abschaum war das. Und es wäre vielleicht angenehmer als in irgendeiner Arena kämpfen zu müssen. Er hatte ja auch noch nie ein Schwert in der Hand gehabt.

„Und warum sind sie verbunden?“ beharrte Sango.

„Um es dem Halbdämon zu erschweren, zu flüchten, Venatrix“, behauptete Gaius hastig: „Es gibt keinen besonderen Grund, außer, dass ich annahm, ein Mönch werde eher Widerstand leisten können als ein Medicus.“

„Ein Arzt?“ Sie musterte die anderen beiden: „Der da?“

„Ja, das ist ein Arzt, aus den nördlichen Provinzen. Ein sehr guter Medicus, der in der Hauptstadt studiert hat,“ beteuerte der Sklavenhändler: „Nur Schuldknechtschaft…“

„Wir werden sehen. – Schön. Ich nehme die beiden, den Mönch und den Medicus.“ Sie zog aus ihrem so enganliegenden Anzug einen Beutel mit Münzen: „Wenn dir das hier reicht. Wenn nicht, lasse ich beide hier.“

Gaius nahm den kleinen Beutel und öffnete, überflog die Münzen mit geübtem Blick. Das war nicht so viel, wie er gewöhnlich erwartet hätte, aber Atticus war alt und müde durch die Wanderung. Wer wusste, ob er ihn überhaupt verkaufen konnte, von diesem lüsternen angeblichen Heiligen aus dem Osten ganz zu schweigen. Würde er derartigen Abfall dann noch loswerden, so bekäme er kaum die Hälfte. Überdies hatte ihm Yoshida ja Miroku geschenkt – und der wusste sicher, warum: „Einverstanden, Venatrix. Es war mir eine Ehre, deine Bekanntschaft zu machen. – Macht ihn los und bringt den Medicus her.“

Miroku blickte unwillkürlich seitwärts. Das klang nicht so schlecht für ihn. Freilich wusste er nicht, was sonst noch auf ihn bei den Dämonenjägern wartete, aber seine neue Herrin schien interessiert an seinen magischen Fähigkeiten: „Leb wohl, Inuyasha, und viel Glück.“

„Dir auch.“ Der Halbdämon nickte etwas: „Wir werden uns nicht mehr sehen.“ Irgendwie schade. Der erste Mensch außer Mutter, der in ihm den Jungen gesehen hatte…

„Nein.“ Da die Kette um seinen Hals gelöst war und sich die Venatrix abwandte, folgte ihr der Mönch, die Hand noch einmal kurz zum Abschied erhoben.

Inuyasha sah ihm und Atticus nach, bis sie bei den anderen Dämonenjägern angekommen waren, welche in offenbar militärischer Formation aufbrachen. Hoffentlich hatten es die beiden gut getroffen. Was ihn selbst anging, so wagte er das langsam zu bezweifeln. Aber es gab jemanden, der ihm darüber Auskunft geben konnte und so sah er zu dem Sklavenhändler. Vor Schlägen wegen einer angeblich ungebührlichen Frage würde ihn seine Kleidung schützen, eine Tatsache, die er wohlweislich verschwiegen hatte. Seine Mutter hatte den Stoff von seinem Vater als eine Art Abschiedgeschenk bekommen, um sich zu wärmen – und sie hatte ihrem Sohn daraus diese Kleidung geschneidert. Sie hielt nicht nur warm sondern schützte wie eine Rüstung. Manchmal hatten sich Mama und er gefragt, von welchen Tieren dieses sonderbare Fell käme, aber sich dann auf irgendwelche einfachen Dämonen geeinigt. „Ich soll Gladiator werden?“

Der Händler war etwas verdutzt, hatte ihn der Halbdämon doch bislang nie angesprochen: „Ich verkaufe dich an den Leiter einer Gladiatorenschule, ja. Ob du fähig bist die Ausbildung durchzustehen, wird sich zeigen. Das interessiert mich nicht. Er ist ein guter Kunde und kauft mir immer starke Männer oder Jungen ab.“

„Stark. Was macht ein Gladiator?“

„Er kämpft.“ Gaius war erstaunt, ehe er sich erinnerte, dass der Halbdämon ja aus einem kleinen Dorf stammte und wohl nie eine der Arenen gesehen hatte: „Vor Publikum gegen einen anderen Gladiator.“

Das klang nicht so schlimm, dachte Inuyasha unwillkürlich. Immerhin bekam man eine Ausbildung, da gab es doch sicher Regeln.

Aber damit bewies der junge Halbdämon nur, dass er die Welt noch immer nicht richtig kannte.
 

*******************

Inuyasha hat seinen ersten Freund verloren, aber es heißt wohl nicht zu Unrecht, dass man sich im Leben immer zweimal sieht. Fragt sich nur, in welchen Lagen.

Im nächsten Kapitel lernt der junge Halbdämon seinen neuen Besitzer kennen – und die Umstände, unter denen er in den nächsten Jahren leben wird. Oder sterben.
 

bye
 

hotep

Die Kampfschule

Dank seiner Erfahrungen mit Menschen und Mutters Erzählungen über seinen Vater hält Inuyasha Dämonen für besser. Zu Recht?
 

3. Die Kampfschule
 

Inuyasha sah sich ein wenig neugierig um, als Gaius und seine Männer ihn und Mirko durch die Stadt Avenna führten. Er war nie zuvor in einem so großen Ort gewesen. Für einen Jungen, der am Rand eines kleinen Dorfes aufgewachsen war, wirkte die Menge an Menschen und auch Dämonen beeindruckend. Und seine Nase war fein genug, um ihn durch all die unbekannten Gerüche zu verwirren. Er bemerkte, dass ihn einige Leute neugierig musterten, abschätzend. Wussten sie, dass er Gladiator werden sollte? Oder weil er ein Halbdämon war?

Aber der Sklavenhändler führte sie weiter, aus dem Ort wieder hinaus. Dort lag ein ummauertes, großes Anwesen mit einem Gebäude neben dem Nebengebäude, wie es Inuyasha nie zuvor entdeckt hatte: aus Holz und rund.

„Hakudoshis Privatarena“, erklärte Gaius unerwartet, als er den neugierigen Blick bemerkte: „Du wirst sie schon noch kennen lernen. Dort üben die Gladiatoren.“
 

Nur kurz darauf stand Gaius mit seiner Attraktion im Arbeitszimmer des Arenaleiters. Mirko hatte bei den Wachen des Sklavenhändlers im Hof bleiben müssen. Inuyasha starrte seinen mutmaßlichen neuen Herrn verwundert an. Das war ein sehr junger Mann, sicher nicht viel älter als er selbst, aber da mochte er sich irren. Schließlich hatte er noch nie mit richtigen Dämonen zu tun gehabt. Das war schlecht abzuschätzen. Hinter ihm stand jedenfalls ein großer, dunkler Dämon mit spitzen Zähnen, fast unbekleidet. Beide musterten ihn prüfend.

Irgendwie fühlte er sich erleichtert. Mama hatte doch gesagt, dass Dämonen keine Sklaven halten würden. Und sie hatte immer erzählt, wie liebenswürdig Vater zu ihr gewesen sei. Dämonen waren freundlich. Dann würden sie ihn doch bestimmt frei lassen? Frei kaufen?

„Tatsächlich ein echter Halbdämon, lieber Gaius, “ sagte der junge Mann: „Ich fürchtete schon, du hast dich getäuscht. Wunderbar. Das wird ein sehr unterhaltsamer Gladiator werden. - Was meinst du, Goshinki? Samnit oder Netzkämpfer?“

Der Dämon hinter ihm schüttelte den Kopf: „Weder noch, Herr Hakudoshi. Das Gewand, das er trägt, ist an sich schon eine Rüstung. Feuerratten, wenn ich mich nicht irre. Das könnte interessant werden. Wenn er gegen alle Gladiatorenarten kämpfen kann…und dabei offensichtlich ungeschützt ist…Ich denke, gerade die Frauen werden auf ihn stehen. Er könnte diesen Niedlichkeitsfaktor haben.“

Inuyasha presste unwillkürlich wütend die Zähne zusammen, dass so über ihn geredet wurde, noch dazu von Dämonen, was Hakudoshi nicht entging:

„Oh, da will jemand wohl nicht Gladiator werden? Nicht kämpfen? Wie…dumm.“ Er lächelte, aber darin lag keinerlei Heiterkeit oder gar Wärme.

„Soll ich ihn bestrafen lassen? Peitsche, Feuer oder Eisen?“ erkundigte sich Goshinki prompt sachlich, was in Inuyasha einen unwillkürlichen Schauder auslöste, da er plötzlich an seiner Überzeugung zweifelte.

Waren denn Dämonen auch so schlimm wie die Menschen, mit denen er bislang zu tun gehabt hatte, nein, eher schlimmer? Die Dörfler hatten ihn als Sklaven verkauft, aber doch Mutter und ihn bis zu ihrem Tod im Wald leben lassen. Oder gab es gar keinen Unterschied? Nicht, wenn man erst einmal ihnen ausgeliefert, ein Sklave war? Das bisherige Weltbild des Jungen aus der Provinz brach mit seiner Hoffnung in sich zusammen. Einer war so schlimm wie der andere – und er war ein Nichts dazwischen, ein halbdämonischer Sklave.

„Nein. – Noch nicht.“ Hakudoshi musterte die angebotene Ware, die nun erst den Kopf tief gesenkt hatte: „Ich glaube, er ist noch nicht lange Sklave, nicht wahr, Gaius?“ Und da der Händler nickte: „Bring ihn in den Einzelkäfig. Wie überaus passend dieser Zeitpunkt des Kaufes ist. Morgen kann er zunächst zusehen, was mit Sklaven geschieht, die nicht kämpfen. – Und Gaius, wir schließen unseren kleinen Handel ab.“

Inuyasha ließ sich von Goshinki abführen. Was blieb ihm schon übrig. Kurz darauf fand er sich in einem Käfig wieder, der in die Wand eines Tores eingelassen war, und ihm gerade genug Platz bot, sich hinzusetzen. Liegen oder ausschlafen wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Ihm selbst würde es nichts ausmachen eine Weile nicht zu schlafen, aber er bedauerte unwillkürlich die Menschen, die hier wohl schon gewesen waren. Goshinki schloss den Käfig und ging wieder. Der Halbdämon suchte in den Gerüchen um sich, wo er war, was hier wohl geschehen würde und erkannte die Witterung nach Schweiß, Leder und Metall. Dort vorne, irgendwo den Gang entlang waren bewaffnete Männer, die näher kamen. Sieben. Er hörte, wie Goshinki sagte:

„Gebt eure Waffen ab. Für heute ist Schluss. Und morgen ist sowieso ein besonderer Tag. Da könnt ihr ausschlafen.“

Die Männer gehorchten wohl, denn Metall klirrte. Inuyasha versuchte im Halbdunkel des nur durch einzelne Öllampen beleuchteten Ganges etwas zu erkennen, bemerkte dann, dass die sieben Kämpfer sich ihm näherten und durch das Tor kamen.

„Oh, ein Neuer, “ stellte einer mit langen, schwarzen Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden waren, fest: „ Na, da bekommst du ja morgen eine nette Einführung.“

„Seid ihr Gladiatoren?“ erkundigte sich Inuyasha mit gewisser Neugier. Ob sie so nett wie Miroku waren?

„Ja, natürlich. Hast du noch nie welche gesehen? Warst du nie in einer Arena?“ Und da der Halbdämon den Kopf schüttelte: „Ach, ein kompletter Anfänger? Na, dann viel Spaß.“

„Er sieht wirklich niedlich aus“, meinte ein Anderer: „Allein diese Öhrchen auf dem Kopf…Die würde ich ihm zu gerne abschneiden…“

Inuyasha spürte, wie seine Ohren unwillkürlich zuckten. Was waren das denn für Sonderlinge? Einer von ihnen besaß ja unter sich Räder wie an einem Wagen? Oder saß er auf einem?

Aber der Anführer erwiderte nur: „Das liegt bei Herrn Hakudoshi, wie du weißt, Jakotsu. Und ich bin sicher, er wird nicht wollen, dass seine Neuerwerbung zu schnell Schaden nimmt. Du wirst warten müssen. Es sei denn, er ist zu dumm, um aus morgen zu lernen.“

Die sieben Gladiatoren gingen weiter und Inuyasha schluckte unwillkürlich. Was würde morgen geschehen? Schon Hakudoshi, nein, sein neuer Herr hatte gesagt, er werde morgen sehen, was mit ungehorsamen Sklaven geschähe. Das klang nach einem Schauspiel, das ihm nicht gefallen würde. Aber da musste er wohl durch. Er war nur ein Sklave und Herr über sein Leben und seinen Tod war Hakudoshi, gleich, was immer er von ihm hielt. Er war der erste Dämon, den er selbst kennen gelernt hatte und widersprach doch dem, was Mama über seinen Vater erzählt hatte. Gab es da auch Unterschiede oder hatte sich seine Mutter geirrt, nicht erkannt, wie sein Vater wirklich gewesen war? Es war jetzt gleich, wie alles in seinem Leben. Er musste einfach versuchen für Mama zu überleben. So setzte er sich so bequem hin, wie es seine Fesseln zuließen und wartete.

Andere menschliche Männer kamen einzeln und schweigend an ihm vorbei. Sie warfen ihm nur einen raschen, gleichgültigen Blick zu, ohne sich weiter um ihn zu kümmern oder ihn gar anzusprechen. Als wohl alle durch waren stieg ihm der Geruch nach Essen in die Nase, Fleisch und Gemüse. Er erhielt nichts, womit er fast gerechnet hatte.
 

Es war fast Mittag des nächsten Tages, als Goshinki mit vier anderen Dämonen kam, um Inuyasha abzuholen. Zur gewissen Erleichterung des Jungen wurden seine Fesseln gelöst, zum ersten Mal seit Wochen, und er rieb sich unwillkürlich die Handgelenke und das Genick.

„Komm, Halbdämon“, befahl Goshinki: „Du darfst heute kostenlos zusehen.“

Inuyasha wusste, dass er keine Wahl hatte, und ließ sich von den Männern durch den dunklen Gang führen, eine Treppe empor, durch weitere, vor ihnen und hinter ihnen verschlossene, Türen. Schließlich fand er sich auf einer Art großem Balkon über der Arena wieder, auf dem sich einige Sitze befanden. Hakudoshis Privatarena, hatte Gaius gesagt. Sollte er nun Gladiatoren beim Üben zusehen? Dann erst entdeckte er den breiten Metallpfosten, zu dem er geschubst wurde. Ehe er ganz begriff, was das werden sollte, wurden seine Hände emporgezogen, über seinem Kopf angebunden.

Goshinki nickte etwas: „Fesselt auch seine Füße. Er ist ein Halbdämon und den Zuschauern soll nichts zustoßen.“

Die Dämonen gehorchten und ketteten Inuyasha mit gespreizten Beinen an.

„Was…was soll das?“ brachte er erschreckt hervor.

Goshinki lächelte etwas: „Ich will heute noch nachsichtig sein, Halbdämon. Aber wenn mich ein Gladiator, ein Sklave, anspricht, verdient er sich gewöhnlich einige Schläge. Und sei sicher, dass dir dein Feuerrattengewand dann nichts hilft. Herr Hakudoshi hat übrigens schon vorlauten Sklaven den Mund zunähen lassen. - Legt einen Riemen um ihn.“ Der Halbdämon begriff zuerst nicht, spürte dann jedoch, dass ein breiter Ledergurt so fest um seinen Kopf, seinen Mund geschnallt wurde, dass er nicht mehr reden konnte. Und Goshinki musterte ihn noch einmal genau: „Hm. Öffnet seine Oberbekleidung, so dass die Kunden abschätzen können, wie stark er ist.“

Inuyasha zuckte unwillkürlich zusammen, als seine Brust, sein Bauch entblößt wurden, zumal er bemerkte, dass inzwischen zehn Menschen und Dämonen beiderlei Geschlechtes auf den Balkon traten. Sie sollten oder eher wollten wohl ebenfalls bei dem zuschauen, was er beobachten musste. Und jetzt hatten ihn einige entdeckt und kamen heran.

„Oh, Waffenmeister, “ sagte eine Frau zu Goshinki: „Ein neuer Gladiator? Warum war der denn noch nicht im Angebot? So jung und so niedlich…“

War sie Mensch oder Dämon? In seiner jähen Panik konnte Inuyasha nicht einmal das mehr unterscheiden. Instinktiv wollte er an seinen Ketten zerren, aber er konnte sich keinen Zentimeter bewegen.

„Der Halbdämon beginnt erst seine Ausbildung“, antwortete der Angesprochene: „Er ist noch nicht zu vermieten.“

„Halbdämon - stark, also?“ Sie kam noch näher heran und musterte den Gefesselten: „Darum auch die Ketten? Hu, das wird dann ja richtig spannend…“ Sie strich über seine Brust, kratzte fast sanft. Da sie das unwillkürliche Zusammenzucken bemerkte, lachte sie: „Komm schon, nicht so schüchtern, mein hübscher Gladiator. Zu schade, dass Hakudoshi nur ausgebildete Kämpfer vermietet. Sogar für meine Zwecke…“ Sie knuddelte seine Ohren.
 

Die nächsten Minuten wurden für Inuyasha zu einer Ewigkeit. Menschen und Dämonen, die ihn genau betrachteten, ja, anfassten, ohne dass er sich wehren oder auch nur protestieren konnte. Zum ersten Mal wurde ihm voll bewusst, was es bedeutete, eine Ware zu sein, ein Gegenstand, bei dem sich niemand fragte, was er dabei empfand. Sicher hatte er es zuvor auch gewusst, aber nun erst wurde ihm das gesamte Ausmaß klar, eine Abwertung sondergleichen.

Endlich ließen sie ihn in Ruhe und setzten sich in sichtbarer Spannung.

Ein Mann blieb neben ihm und Goshinki stehen.

„Ich muss zugeben, diese Privatvorführungen bereiten mir immer Freude, Waffenmeister. In den offiziellen Arenen ist es doch oft langweiliger, gerade das restliche Programm.“ Dann ging er auch und nahm Platz.

Inuyasha hatte nicht so ganz verstanden, was er meinte. Eine Privatvorführung? Und was bedeutete Goshinkis Titel als Waffenmeister? Anscheinend war er ein höherrangiger Angestellter.
 

Nur Minuten später wusste er Ersteres. Zwei junge Menschenmänner wurden in die Arena geführt, nahezu unbekleidet. Er erkannte in einem von ihnen Mirko, den Sohn des Arztes aus dem Norden. Was sollte das? Er blieb nicht lange im Unklaren, denn die sie begleitenden Gladiatoren drückten ihnen je ein Schwert in die Hand, ehe sie sich zurückzogen.

Mirko hatte doch sicher noch nie gekämpft? Inuyasha begriff nicht ganz – und doch. Er schloss unwillkürlich die Augen, als die beiden begannen, mit den Schwertern aufeinander einzuschlagen, ohne jeden Schutz und sichtbar ohne jede Kampferfahrung.

„Sieh nur hin, Halbdämon“, befahl Goshinki leise: „Das ist das Schicksal von Sklaven, die Herrn Hakudoshi verärgern, weil sie zu schwach sind oder nicht üben wollen. Sieh es dir nur an.“

Inuyasha gehorchte, in der sicheren Überzeugung sonst gezwungen zu werden. Aber er wusste, er würde das nie vergessen. Jeder der unbeholfenen Schläge mit dem Schwert war ein Treffer, beide „Kämpfer“ wenn man das so nennen konnte, bluteten bereits. Und die Zuschauer jubelten bei jedem Tropfen Blut. Es war widerlich, beschämend.

Endlich stürzte einer der beiden, wohl tot. Mirko hatte gewonnen, wenn auch verletzt. Für einen Moment freute sich Inuyasha für ihn, dass er gewonnen hatte, ehe er erkannte, dass ein neuer Gegner bereits in die Arena geführt wurde. Jetzt begriff er. Das war ein reines Todesspektakel. Hakudoshi tötete seine nutzlosen Sklaven vor Publikum, ja, nahm anscheinend dafür Geld.

Und wenn er nicht ebenso enden wollte, musste er gehorsam sein, üben, ein Gladiator werden. Dann würde er auch kämpfen müssen, aber mit Rüstung – und Ausbildung, Erfahrung. So standen seine Chancen zu überleben deutlich höher. Und er wollte doch leben…

Ein vierter Unglücklicher wurde in die Arena gestoßen. Mirko hatte das letzte Treffen nicht überlebt. Vielleicht sein Glück, denn wer wusste, wie viele Opfer es noch geben würde.
 

Aber nach diesem Vierten war Schluss. Kein neuer Sklave kam herein, dafür allerdings ein Gladiator, bewaffnet mit einem Schwert und mit Brustpanzer und Helm geschützt. Der unerfahrene, angeschlagene Sklave hatte gegen den Professionellen doch keine Chance…

Der Halbdämon sah in das offenbar handverlesene Publikum, das sich sichtlich köstlich über die hilflosen, verzweifelten Abwehrversuche amüsierte. Nein, wenn es irgend ging, würde er nicht so enden, zumal sie gegen ihn sicher vollblütige Dämonen einsetzen würden.

Er erkannte etwas entfernt Hakudoshi, der sich unverzüglich erhob, nachdem das letzte Opfer getötet worden war und herankam, zu ihm aufsah: „Nun, Halbdämon? – Nimm ihm den Riemen ab.“

Inuyasha wusste, was er sagen musste, wollte er leben: „Ich werde Gladiator.“

„Und du wirst dich auf meinen Befehl hin schlagen, verletzen und töten lassen.“

„Ja.“ Den Gleichaltrigen als „Herr“ anzusprechen, versagte er sich. Er würde gehorchen und schweigen, weil ihm nichts anderes übrig blieb, aber etwas in ihm sträubte sich gegen diese Anrede.

Der Arenaleiter schien nichts zu bemerken: „Gut. – Goshinki, bring ihn in die Quartiere der Gladiatoren. Vielleicht ..ja, Juromaru soll ihm erklären, wie es läuft. Und du, Halbdämon: Goshinki ist der Waffenmeister. Er sorgt für eure Ausbildung.“
 

Juromaru war ein junger Mann mit einem etwas eigenartigen Blick, wie Inuyasha fand, aber er wusste auch, dass er dazu nichts sagen sollte. Vielleicht wäre der nett zu ihm?

„Ein Halbdämon, also. Na schön. Die Sache ist ganz einfach. Jeder von uns hat hier in dieser Halle eine Nische für sich, in der er schläft. Morgens ertönt eine Glocke, dann wird aufgestanden und es gibt zu essen. Brot und Wasser und Gemüse, auch Zwiebeln. Dann kommt der Waffenmeister mit einigen Männern und schließt auf und gibt uns die Übungswaffen. Wir gehen anschließend in die Arena und jeder trainiert das und mit dem, wie es ihm befohlen wird. Dazwischen gibt es Wasser. Abends, nach der Waffenabgabe, bekommen wir wieder was zu essen, in der Regel mit Fleisch. Das ist der Vorteil eines Gladiatorenlebens. Man bekommt immer genug zu essen. Bei Verletzungen gibt es auch ärztliche Behandlung. – Da kommt Kageroumaru, mein Bruder. - Das ist ein Neuer. Ich soll ihm alles erklären.“

Inuyasha musterte den Näherkommenden interessiert. Brüder?

Kageroumaru schüttelte den Kopf: „Neu und unerfahren, in der Tat. Hör zu. Es war ein Befehl, dir das zu erklären, und das wird Juromaru auch tun. Aber danach brauchst du nicht mehr auf Hilfe hoffen. Hier gibt es keine Freunde. Wenn du mit deiner Ausbildung fertig bist, Halbdämon, wird dich Herr Hakudoshi ebenso wie uns vermieten. Und da kann es passieren, dass man gegeneinander kämpfen muss. Darum: keine Freunde, das macht es nur schwerer. Sonst ist das Leben als Gladiator nicht schlecht, für einen Sklaven.“

„Sagte ich auch gerade“, beteuerte sein Bruder: „Genug zu essen und ärztliche Versorgung. Und immerhin, ich wurde im gesamten letzten Jahr nur sieben Mal verliehen.“

Sieben Kämpfe also, die er anscheinend alle gewonnen hatte. Inuyasha nickte ernsthaft: „Und wo soll ich schlafen?“

„Such dir eine leere Nische. Nachher wird dir sicher Goshinki erklären, welche Sorte von Gladiator du werden sollst.“

„Sorte?“ Auch Hakudoshi und Goshinki hatten da etwas gesagt, aber er hatte es nicht so recht verstanden.

„Du hast noch nie einem Gladiatorenkampf zugeguckt?“ Die Brüder blickten sich erstaunt an.

„Nein. So etwas gibt es bei uns…im Norden nicht.“ Nun, vielleicht in einer großen Stadt.

„Es gibt zwei Hauptkämpfer. Das eine ist ein so genannter Netzkämpfer. Er ist ohne Rüstung bis auf einen Schutz an der linken Schulter. Als Kleidung trägt man nur einen Schurz. Das mache ich. Ich habe ein Netz um meinen Gegner darin einzuwickeln und ich habe einen Dreizack um ihn anzugreifen. Das andere ist ein Samnit. Nennt man so, aber ich weiß nicht, warum. Dieser hat einen Helm mit Gesichtsschutz auf und trägt Beinschienen und manchmal einen Brustpanzer und ein Schwert. Sonst auch nur einen Schurz und Schuhe. Samniten kämpfen meist gegeneinander oder gegen einen Netzkämpfer. Hier, Kageroumaru, ist ein spezieller Kämpfer. Er hat zwei Schwerter, dafür aber keine Rüstung, außer einem geschlossenen Helm. Er tritt gegen Netzkämpfer oder auch Samniten an.“

„Dann kann es passieren, dass ihr gegeneinander…?“ Inuyasha brach ab, als er plötzlich verstand, was der andere zuvor zum Thema Freundschaft gesagt hatte.

Kageroumaru musterte ihn auch nur verächtlich, während Juromaru meinte: „Ja. Das ist möglich, zumal, wenn Herr Hakudoshi oder der Veranstalter es amüsant findet, wenn sich Brüder gegenseitig umbringen. Einmal war es schon so, aber wir haben es beide überlebt.“

Der junge Halbdämon nickte. Was hätte er dazu auch sagen können? Immerhin war das nicht sein Problem. Er hatte keine Freunde und keinen Bruder. Alles, was ihm geblieben war, war sein Wille am Leben zu bleiben. So suchte er sich eine leere Nische. In den anderen saßen Menschenmänner auf Decken, die ihn kaum beachteten Hoffentlich würde er später auch eine erhalten. Er setzte sich und sah sich noch einmal in dem fensterlosen Saal um. Der Geruch war atemraubend nach Schweiß und abgestandener Luft und ihm wurde klar, dass er sich daran gewöhnen musste.
 

Nur kurz darauf kam der Waffenmeister mit zwei anderen Dämonen, um die Gladiatoren in die nun wieder leere Arena zum Exerzieren zu holen. Erst kurz vor Betreten des Übungsgeländes erhielten sie Schwerter, wohlweislich abgeschirmt durch eine Gittertür, hinter der die eigentliche Waffenkammer lag. Mit den Übungswaffen konnte kein Mensch eine der dämonischen Wachen auch nur verletzen.

„He, Halbdämon.“

Inuyasha trat zu Goshinki. Er wusste, dass er keine Alternative hatte – nur die so zu enden, wie Mirko zuvor, wenn nicht ärger.

„Hast du schon einmal ein Schwert in der Hand gehabt?“

„Nein.“

„Dann hier. Nimm das Holzschwert und wir gehen zu dem Pfahl am Rande. Dort werde ich dir die entsprechenden Schläge beibringen. Wenn du die Technik soweit beherrscht, erhältst du ein Metallschwert. Rüstung sollst du keine bekommen, sagte der Herr.“

„Kein Samnit?“ probierte der Junge sein neues Wissen aus.

Goshinki fixierte ihn wegen dieses Vorlautes, entschied sich dann aber dafür, dass das eine zulässige Sachfrage gewesen war: „Nein. Das Feuerrattenhaar schützt dich zum einen sowieso, zum anderen…das Publikum wird entzückt sein zu sehen, wie du dich gegen Schwergepanzerte schlägst. Du dürftest gerade auf weibliche Zuschauer gut wirken, das war vorhin deutlich zu sehen. – Komm.“
 

Der Arenaleiter musterte unterdessen ein wenig nervös seinen unangekündigten Besucher. Der schwarzhaarige Mann in weißem Gewand, dessen roter Streifen einen Senator verriet, lehnte im Stuhl des Hausherrn, den dieser unverzüglich freigegeben hatte.

„Es tut mir Leid, dass ich dich nicht sofort begrüßt habe, aber ich hatte eine Vorführung für meine speziellen Kunden, die soeben den neuen Jahrgang gesichtet hatten.“

„Mein lieber Hakudoshi, ich will dich nicht deiner kleinen Vergnügungen berauben, zumal du damit Geld verdienst. Aber ich lasse dich diese Kampfschule aus einem anderen Grund führen. Wie weit sind die sieben Krieger?“

„Sie sind jederzeit einsatzbereit. Und, wenn ich es so sagen darf, sie werden froh sein, ihre Fähigkeiten wieder einmal zeigen zu können. Immer nur trainieren ist langweilig für derartige Spezialisten. Soll ich Bankotsu rufen?“

„Nein. Je weniger sie einstweilen von meiner Verbindung zu dir wissen desto besser. Immerhin könnte aus dem einen oder anderen Zufall doch der Imperator etwas von ihnen erfahren. – Sie sollen das Landgut von Senator Murus zerstören.“ Der Otterdämon begann wirklich ihn und seine Pläne zu stören.

Hakudoshi nickte nur: „Keine Überlebenden?“

Der Senator hob ein wenig die Hand, als er milde korrigierte: „Keine Zeugen.“

„Natürlich. – Wo liegt dieses Landgut?“

„Hier.“ Der Besucher schob eine Landkarte hinüber: „Wie ich…rein zufällig erfuhr, reist der Senator dieses Wochenende mit seiner gesamte Familie dorthin.“

„Danke.“

„Gibt es sonst etwas Neues, mein Junge?“

Hakudoshi hasste diese Anrede, aber er musste sie sich gefallen lassen. Immerhin entsprach das den Tatsachen. „Ich habe von Gaius, dem Sklavenhändler, gestern einen neuen Gladiator eingekauft. Ich bin sicher, dass er erfolgversprechend sein wird.“

„Ein Kriegsgefangener?“

„Nein, noch recht jung, aber ein Halbdämon.“

„Ungewöhnlich, in der Tat. Du wirst ihn teuer vermieten können, wenn er mitspielt.“

„Oh, ich habe da meine Mittel. Bislang ist er brav.“

„Gut. Ich brauche dann einen neuen Leibwächter.“

Hakudoshi unterdrückte sein Schon-wieder: „Natürlich, wie du willst. Spezielle Fähigkeiten?“

„Vielleicht ein besserer Kämpfer als der Letzte. Besorge ihn mir.“

„Ich hätte da zwei Brüder, die auch schon gemeinsam gekämpft haben. Ich glaube, die wären besser als nur ein einziger Mann für deine Bedürfnisse.“

Der Senator, der nur zu gut wusste, wie es um seine Beliebtheit bei den Kollegen stand, lächelte: „Nun, ich führe eben ein etwas….aufregendes Leben. Untätigkeit wäre tödlich für mich.“

Seine Tätigkeit könnte allerdings zum gleichen Ergebnis führen, sollte der Imperator davon erfahren. Aber dazu schwieg Hakudoshi: „Dann entschuldige mich für einen Moment. Sie üben bereits wieder in der Arena.“

„Gut.“
 

Inuyasha schlug unter der Anweisung des Waffenmeisters mit dem Holzschwert immer wieder gegen den Übungspfahl an dem Schilde befestigt waren. Er wusste es nicht, aber genau so begann auch die Ausbildung der Neulinge im Heer des Imperators.

„Goshinki.“

Der drehte sich sofort um und sah zu dem Balkon empor: „Ja, Herr Hakudoshi?“

„Ich habe einen unverzüglichen Auftrag für Juromaru und Kageroumaru. – Später will ich mit Bankotsu sprechen, wenn das Training beendet ist.“

„Ja.“ Der Waffenmeister blickte zu seinem neuen Schüler: „Mach allein weiter, Halbdämon. Und nicht nachlässig sein.“

Inuyasha nickte nur. Was hätte er auch dazu sagen sollen. Anscheinend wurden einige Gladiatoren wieder an Veranstalter vermietet. Kageroumaru hatte zuvor Recht gehabt. Man durfte sich nicht anfreunden. Es war besser allein zu bleiben.

Nun, das war er in den letzten Jahren wirklich gewohnt, eigentlich seit seiner Geburt. Nur Mutter war immer für ihn da gewesen. Und für sie würde er am Leben bleiben.

Gegen Menschen und Dämonen.

So schlug er weiter auf die Schilde ein, wieder und wieder.
 


 

„Arm yourself because no one else here will save you

The odds will betray you

And I will replace you....”
 

Chris Cornell: You know my name
 

***********************************+
 

Unser junger Halbdämon wurde desillusioniert. Sein Überlebenswille wird ihm wohl in den nächsten Jahren weiterhelfen, wenn er viel zu lernen hat, wenn er leben will. Und er lernt seinen neuen Kampfpartner kennen: Tessaiga.
 

bye
 

hotep

Tessaiga

Inuyasha gewöhnte sich bald an den monotonen Tagesrhythmus in der Kampfschule. Wecken im Morgengrauen, Frühstück, Üben, Abendessen, erschöpftes Schlafen, an sieben Tagen in der Woche. Die anderen, menschlichen, Gladiatoren wechselten kaum ein Wort mit ihm ebenso wie untereinander, wenn es nicht während der Übungen gegeneinander notwendig war. Manche von ihnen schienen ihm ähnlich wie die Ochsen auf dem Feld unter dem Joch – sie reagierten nicht auf Ungewöhnliches, schienen nicht einmal mehr zu denken.

Die sieben Kämpfer um Bankotsu waren immer beisammen, unterhielten sich, aber sie waren auch etwas Besonderes. Wenn sie die Kampfschule verließen, dann immer gemeinsam und sie kehrten auch stets gemeinsam zurück.

Der junge Halbdämon wusste nicht, was sie taten, denn sie hielten sich dazu stets abgesondert von den anderen. Eigentlich war er ganz froh darum. Der Anführer, Bankotsu, war ja anscheinend ganz in Ordnung, aber die Anderen fand er doch recht unheimlich. Vor allem ein anderer, recht junger, Mann musterte ihn immer wieder mit einem so eigenartigen Lächeln. Und da dieser Jakotsu schon einmal gemeint hatte, er wolle ihm gern seine Öhrchen abschneiden, hielt sich Inuyasha lieber von ihm fern. Irgendwie war keiner dieser sieben Gladiatoren besonders freundlich.
 

Einige Male war er schon bestraft worden, zumeist wegen impulsiver Fragen oder Bemerkungen. Leider wussten Goshinki und Hakudoshi nur zu gut um die Fähigkeiten seines Gewandes und so musste er es stets ausziehen, ehe er mit Stahlruten gepeitscht oder auch stundenlang mit Ketten an Armen oder Beinen an der Decke aufgehängt wurde. Sie achteten sehr darauf, ihm zwar Schmerzen zuzufügen, dabei aber dafür zu sorgen, dass er spätestens am nächsten Tag wieder üben konnte. Er hatte jedoch auch schon bei anderen Verurteilungen zusehen müssen, wie alle stets, und wusste, dass er bislang gut davongekommen war. Faule oder widerspenstige Gladiatoren wurden oft mit glühendem Eisen behandelt – und der Geruch des verbrannten menschlichen Fleisches war für ihn fast ebenso unerträglich wie die Schreie. Von anderen Strafen, die Hakudoshi einfielen, ganz zu schweigen.

Dämonen und Menschen waren gleich grausam, hatte er daraus geschlossen. Um zu Überleben passte er sich an und lernte, neben den Schwerttechniken, seine Gedanken zu verbergen, zu schweigen und sich zu beherrschen, meist zumindest.
 

„Nun, Goshinki, wie macht sich unser Halbdämon?“ Eine reiche Kundin mit besonderen Vorlieben hatte sich schon mehrfach scheinbar beiläufig nach ihm erkundigt. Allerdings nicht zum Kämpfen, das war dem Kampfschulleiter nur zu bewusst. Sie zahlte jedoch immer gut für sehr junge, sehr starke Männer. Da diese zwar vollkommen erschöpft aber zumeist lebend zurückkehrten, tat er ihr den Gefallen.

„Gut, Herr Hakudoshi. Man merkt da wohl doch das dämonische Blut. Er ist recht talentiert für den Schwertkampf, würde ich sagen.“ Nun, er hatte selten einen so stur Übenden gesehen wie den Halbdämon in diesen ersten Monaten. „Und er ist nie nachlässig.“ Nicht einmal er hatte in dieser Zeit je einen Grund gesehen, ihn wegen mangelnden Fleißes zu bestrafen - und das wollte etwas heißen.

Hakudoshi nickte zufrieden. Dann würde seine Kundin eben noch warten müssen. Ausgebildete Gladiatoren waren teurer und weitaus vielseitiger verwendbar: „Kann er dann schon ein Metallschwert bekommen?“

„Wenn du es wünschst? Wir haben allerdings kein neues mehr….“

„Ich weiß. Aber für morgen hat sich Toutousai angekündigt. Darum frage ich.“ Und der Meisterschmied besuchte nur noch die Kampfschulen, die nahe der Hauptstadt lagen. Immerhin kündigte er sich stets an, so dass gewisse Vorbereitungen getroffen werden konnten, nicht zuletzt die Visite der Waffenkammer.

„Der Alte ist verrückt.“ Goshinki schüttelte etwas den Kopf: „Warum beauftragst du nicht Kajinbou?“

„Weil ich nicht bei einem Schüler kaufe, wenn der Meister bei mir vorbeikommt, dummer Goshinki. – Und wer weiß, wie lange es Toutousai noch macht… Bringe den Halbdämon in den vorderen Hof, wenn der Schmied da ist. Persönlich.“

„Du willst ihm ein individuelles Schwert geben? Wie den sieben Kriegern?“ Goshinki gelang es gerade noch, seine Verwunderung in höfliche Worte zu kleiden. Der Herr neigte nicht dazu unnütze Ausgaben zu machen – und würde auch ihn für eine unangebrachte Bemerkung bestrafen. Immerhin war sein Vorgänger als Waffenmeister angeblich in eine Goldmine geschickt worden…

„Ja. Auch, wenn er nur ein Halbdämon ist – besonders Befähigte kämpfen mit ihren eigenen Waffen einfach besser. Und es wäre doch schade, wenn er nach den drei Jahren Ausbildung schon im ersten Kampf draufgeht ohne meine Unkosten hereingeholt zu haben.“ Hakudoshis Schmunzeln erinnerte an das tödliche Lächeln seines Vaters.

Goshinki nickte eilig nur noch.
 

Inuyasha betrachtete ein wenig erstaunt den alten Dämon, der neben einer Kuh im Hof stand und einige Schwerter vor sich auf einem Tuch ausgebreitet hatte, die Hakudoshi gerade musterte. Das sollte ein Schmied sein? In dem Dorf, bei dem er mit seiner Mutter gelebt hatte, war das ein Mensch, breit und groß gebaut, und nicht so ein mickriger, alter Mann…

„Ist das dein neuer Gladiator, Hakudoshi?“

„Ja. Hast du ein persönliches Schwert für ihn, Toutousai?“

„Hm….“ Der alte Schmied kratzte sich am Kopf, als er den Jungen musterte: „Ein Halbdämon, also? Ungewöhnlich, sehr ungewöhnlich. Und dann auch noch mit Hundedämonenblut. Geradezu außerordentlich. Guter Kämpfer?“

„Recht befähigt, ja“, antwortete Goshinki, um zu verhindern, dass der Sklave sich auf ein Gespräch einlassen sollte: „Aber Neuling.“

„Aha...ja…dann nimm das mal, Bengel.“ Toutousai bückte sich und nahm eine Klinge auf: „Hier.“

Inuyasha fasste ein wenig verständnislos nach der Waffe. Er sollte ein eigenes Schwert bekommen? Warum? Die anderen Gladiatoren hatten keines, nun, nur die Sieben. Bei allen anderen war es reiner Zufall, welches Schwert, welchen Dreizack sie an welchem Tag aus der Waffenkammer erhielten. Und warum guckte ihn dieser alte Metallbieger jetzt so an?

„Nichts…“ seufzte der und entriss ihm das Schwert wieder: „Dann das hier?“

Nach vier Versuchen reichte es Inuyasha: „Sag mal, du alter Zausel, was soll denn passieren, wenn ich ein Schwert nur in der Hand halte?“ entfuhr es ihm.

„Schweig, Halbdämon!“ befahl Goshinki sofort und dieser senkte den Kopf, sicher, dass auf ihn später eine Strafe wartete. Immerhin neigte der Waffenmeister nur zur Peitsche, während der Kampfschulleiter da über weit mehr Phantasie verfügte.

„Die Frage ist nicht ganz unberechtigt“, meinte jedoch Hakudoshi, damit andeutend ungewohnterweise diesen Vorlaut zu verzeihen: „Vielleicht erklärst du dich, Toutousai?“

„Er ist kein Mensch!“ sagte der Schmied, als ob damit alles begründet wäre. Da ihn sein Auftraggeber weiterhin fragend ansah, ließ er sich doch zu einer Erläuterung herab: „Persönliche Schwerter bei Menschen müssen ihnen einfach gut in der Hand liegen. Aber dämonische Schwerter suchen sich ihren Herrn, dem sie sein Leben lang treu sind. Ah, das ist es…das hatte ich vergessen. Hundeblut…Hundeblut…“ Der alte Dämon wandte sich seiner Kuh zu und suchte etwas in einem anderen Beutel.

Der Kampfschulleiter schüttelte unwillkürlich ein wenig den Kopf. Das wurde ja von Mal zu Mal schlimmer mit dem Alten. Vielleicht sollte er doch bei Kajinbou kaufen. Der war immerhin Toutousais Schüler gewesen, auch, wenn sie wohl nicht gerade als Freunde geschieden waren. Aber diesen Zausel auszuhalten war eine echte Zumutung, mochte sein Vater sagen, was er wollte. Jetzt drehte sich der Schmied wieder um, ein sichtbar altes, verrostetes Schwert in der Hand: „Sag mal, Toutousai, willst du mich auf den Arm nehmen? Ich kaufe dir doch keinen Schrott ab.“

Der dämonische Schmied warf ihm einen empörten Blick zu: „Das ist eines meiner Meisterwerke!“ Und da er bemerkte, dass, und vor allem wie, sein Kunde die Klinge anstarrte: „Du solltest lernen hinter die Dinge zu sehen, Hakudoshi. – Hier, Junge, versuche das mal.“

Etwas enttäuscht nahm Inuyasha das verrostete Schwert. Die anderen waren schön und glänzend gewesen. Was sollte er mit so etwas? Da würden ihn ja alle auslachen….Im nächsten Moment spürte er etwas, das er bei keinem anderen zuvor gefühlt hatte: der Griff pulsierte in seiner Hand. Und plötzlich veränderte sich die Klinge, wurde riesig und breit – und so schwer, dass er unwillkürlich auch mit der Linken zufasste.

Hakudoshi und Goshinki blickten erst sich an, dann den Schmied, der sichtlich zufrieden wirkte:

„Na also, Tessaiga ist dein Schwert, Hundebengel.“

„Was ist los?“ erkundigte sich der Kampfschulleiter: „Soll das heißen, dieses Schwert hat sich seinen Herrn gesucht?“

„Ja. Und dieses Schwert wird ihn nicht im Stich lassen. – Ich habe es einst für… einen alten Freund geschmiedet, der es eigentlich seinem zweiten Sohn überlassen wollte sobald der geboren wurde.“ Er sah zu Inuyasha: „Da er dann keinen mehr bekam, kann ich mit Tessaiga tun, was ich will. Und da der Sohn ein Hundedämon gewesen wäre, kam ich auf die Idee, dass es zu dir passen könnte. Immerhin bist du ein halber.“ Er kratzte sich erneut am Kopf: „Na ja, mit so ganz dieser Wirkung hatte ich zwar nicht gerechnet, aber das macht ja nichts. Tessaiga hat sich für dich entschieden.“

Tessaiga, also. Der junge Halbdämon starrte die riesige Klinge in seinen Händen an. Noch immer schien ein gewisses Pulsieren vom Griff auszugehen und er hätte schwören mögen, dass sich das Schwert freute.

„Hier“, Toutousai bot ihm eine Scheide: „Das gehört dazu. Wenn du die Klinge hinein schiebst, wird sie sich wieder verkleinern.“ Er verzog ein wenig das Gesicht. Warum nur hatte er das Gefühl, er habe noch irgendetwas vergessen, etwas ungemein Wichtiges? Das Schwert hatte sich seinen Meister gesucht, die Scheide war auch die Richtige…Vielleicht würde es ihm später noch einfallen. So bedeutsam konnte es einfach nicht gewesen sein.

Inuyasha tat es und schob sich die Scheide samt Schwert in den Gürtel.

„Du gibst mir das Schwert nach dem Training ab!“ warnte Goshinki prompt.

„Oh“, meinte der alte Schmied: „Niemand außer dem Jungen wird diese Wirkung hervorrufen.“

„Das ist mir klar“, erwiderte Hakudoshi: „Also schön. Dieses Schwert. – Geh üben, Halbdämon.“

Toutousai blickte dem jungen Gladiator nach. Warum nur hatte er immer noch das Gefühl etwas von entscheidender Wichtigkeit übersehen zu haben? Tessaigas Geheimnis musste der Junge selbst herausfinden, da konnte ihm niemand helfen. So sagte er trotz seines unguten Empfindens nur seinen Preis.
 

Die folgenden Tage verbrachte Inuyasha zu seiner gewissen Frustration einfach damit, die riesige Klinge mit nur einer Hand hochheben zu lernen. Erst nach über einer Woche war er stark genug, überhaupt damit beginnen zu können sie zu führen. Mit dem Holzschwert, sei es auch so schwer wie ein gewöhnliches, hatte er keinerlei Probleme gehabt. Aber dieses Tessaiga war so wuchtig...warum eigentlich war die Klinge so extrem breit? Es war jedoch eben nun sein Schwert und er wollte und musste lernen damit umzugehen. Schließlich waren Goshinki schon Andeutungen entkommen, dass die Ausbildung nur drei Jahre dauern würde. Und dann sah er sich vermutlich dem ersten tödlichen Kampf gegenüber. Der Waffenmeister hatte schon bemerkt, dass man ihn gegen mehrere Menschen oder gar Dämonen stellen würde. Hakudoshi wäre sicher entzückt, ihn, den so seltenen Halbdämonen, möglichst oft und möglichst teuer vermieten zu können. Allerdings würde ihn das in Lebensgefahr bringen – umgekehrt aber ihm bei einem Sieg das Weiterleben ermöglichen. Und so trainierte er weiter, in der Gewissheit, dass dieses Schwert sein einziger Partner, ja, Freund in den nächsten Jahren war.
 

Ein Jahr später betrachtete Hakudoshi vom Balkon aus seine in der Arena übenden Gladiatoren, ehe er sich zu seiner Besucherin, die hinter ihm stand, umwandte: „Schön, Kanna, dann nimmst du also fünf von ihnen mit in die Hauptstadt.“

„So ist Vaters Befehl“, erwiderte das Mädchen, dessen Blässe noch durch die weiße Kleidung unterstrichen wurde.

„Du weißt, Schwester, wie ich zu unserem Erzeuger stehe. Schön, ich gehorche seinen Befehlen, aber …“

„Du wirst nicht an ihm vorbeikommen, Hakudoshi.“ Sie trat neben ihn: „Welche? – Das dort ist doch ein Halbdämon?“

„Ja. Ihn nicht. Er hat noch zwei Jahre in Ausbildung vor sich, da kann ich ihn dir nicht mitgeben. Wenn Senator Naraku ein Turnier für den Imperator veranstalten will und sich, angeblich, die Unkosten für Gladiatorenkämpfe leistet, müssen sie alle fähig sein, um ihn und uns nicht zu blamieren.“

„Natürlich“, sagte sie ebenso ruhig wie bisher: „Aber ich habe ein ungutes Gefühl bei diesem Jungen.“

„Da bist du die Einzige. Noch jedes weibliche Wesen, das ihn sah, fand ihn… niedlich.“

„Sei kein Narr, Hakudoshi. Du weißt, dass ich manchmal mehr sehe als du.“

„Ja, wie, dass unser eigener Vater mich umbrachte. Komm schon, Kanna, ich lebe noch. Und du hast dich geirrt. Wie jetzt auch. Welche Gefahr sollte von einem Sklaven ausgehen, einem Gladiator, der eingesperrt ist und seine Waffe abends abgeben muss? Außerdem ist er noch so jung.“

Wie wir, wollte sie sagen, entschied sich dann aber nur zu antworten: „Er ist gefährlich, glaube mir. Und ich habe das Gefühl…“ Sie brach ab. Er würde ihr keinen Glauben schenken, nun, auch ihr Vater nicht. Ein Gladiator, ein einfacher Sklave, würde doch nie dem mächtigen Senator Naraku gefährlich werden können…

„Ich weiß, du willst gern Prophetin sein, aber ich besitze keinen Glauben – Diese Fünf dort. Zwei Netzkämpfer, drei Samniten.“

„Gut. Ich reise morgen mit ihnen in die Hauptstadt. Stelle die Wachen ab.“ Keiner von ihnen würde zurückkehren, gleich, wer wie kämpfte. Vater bevorzugte Diskretion.

„Wie weit ist Kagura?“ erkundigte sich Hakudoshi geistesabwesend, als er zwei Gladiatoren betrachtete, die sich vor ihren Gegnern niederknieten, auf diese Weise übten, regungslos den tödlichen Gnadenstoß zwischen die Schulterblätter zu empfangen, so, wie es seine Kunden und ihre Zuschauer schätzten.

Kanna zuckte die schmalen Schultern: „Nicht weit. Der Sohn des Imperators ist für weibliche Schönheit nicht sehr empfänglich.“

„Das wird Vater nicht freuen.“

„Es ist nur ein Nebenschauplatz. Ich soll dir ausrichten, dass die sieben Krieger demnächst wieder benötigt werden.“

„Natürlich stehen sie zu seiner Verfügung.“

„Wissen sie, dass sie eigentlich einen Hochverräter unterstützen?“ Die Frage klang beiläufig.

Er meinte auch nur: „Vaters Ziele sind ihnen vollkommen gleich, solange er gut zahlt und ihnen Gelegenheit verschafft, ihre…Künste zu üben.“

Kanna nickte: „Und das ist der Fall, bis er sein Ziel erreicht hat.“

„Er geht langsam vor, zu langsam.“

„Darum verstehst du dich auch nicht mit ihm.“

„Natürlich.“

Sie hätte gern den Kopf geschüttelt, fand das jedoch nicht sehr geschickt. Es war nicht klug sich gegen Vater zu stellen, das würde Hakudoshi schon noch merken, sobald er offener rebellieren wollte.

Dieser sagte nur: „Und jetzt geh, Kanna.“
 

Inuyasha gab Tessaiga wie jeden Abend dem Waffenmeister, aber er wusste, dass das falsch war. Etwas in ihm wehrte sich dagegen. Das war sein Schwert, sein Partner, sein einziger Freund. Allerdings war ihm auch klar, dass jedes Widerstreben zu einer harten Strafe oder gar seinem Tod führen würde. Selbst bei Übungswaffen verstand Goshinki nie auch nur etwas Unbotmäßigkeit, um wie viel weniger bei einem Dämonenschwert. So wandte er sich bloß ab, um seine Ration an Wasser zu holen und dann zur Essensausgabe zu gehen. Seltsam, das man sich so sehr an eine Sache hängen konnte. War das bei einem Kämpfer, einem Gladiator immer so? Dieser bizarre Schmied hatte doch gesagt, dass sich ein Dämonenschwert seinen Herrn selbst suchte. War es etwa Bestimmung? Immerhin war es ja ein Hundedämon gewesen, der es hatte schmieden lassen. Und sein unbekannter Vater war auch einer, denn er würde wohl noch leben. Nun, vielleicht war es Bestimmung. Und dann, da war er sich plötzlich vollkommen sicher, würde er mit Tessaiga immer siegen.

In dieser Nacht träumte er davon, mit seinem Schwert seine Mutter zu beschützen.
 

In einer Taverne in der Hauptstadt, die überwiegend von Dämonen besucht wurde, sah der alte Schmied gerade zur Decke auf: „Irgendwie fällt mir gerade ein, dass ich dir noch etwas erzählen wollte. Ich habe vor einigen Monaten Tessaiga verkauft.“

Seinem Gegenüber fiel fast die Kinnlade herunter: „Bist du jetzt vollkommen senil geworden, Toutousai? Das war kein gewöhnliches Schwert! Und auch noch eine Auftragsarbeit! Was machst du, wenn mein Herr tatsächlich noch einen zweiten Sohn bekommt?“

„Ich wollte es ja eigentlich nicht verkaufen. Es war mehr ein Test.“ Der Schmied kratzte sich am Kopf. Die mehr als unangenehme Überraschung seines Gegenübers flösste ihm Unbehagen ein. War das der Fehler gewesen?

„Natürlich. - Bist du verrückt geworden? Wer trägt jetzt dein Meisterwerk?“

„Ein Gladiator…“

Seinem Gesprächspartner fehlten die Worte.

So fuhr der alte Schmied erklärend fort: „Ich…sagen wir so, wir haben einige Schwerter versucht, aber keines wollte ihn als Herrn anerkennen. Und dann dachte ich, dass es an seinem Hundedämonenblut liegen könnte und wollte eigentlich Tessaiga nur ausprobieren. Es wählte ihn allerdings tatsächlich aus.“

„Hundedämon? Oh, einer von den wenigen Dämonen, die Gladiator werden?“

„Nein, ein Halbdämon, recht jung und recht dumm.“

„Unsinn, es gibt doch keine Halbdämonen, nun ja, so gut wie nie. - Was meinst du mit dumm?“

„Er konnte die Klinge auf Anhieb aktivieren – aber ich denke nicht, dass es ihm gelingen wird, Tessaigas Geheimnis zu erkennen.“

Sein Gegenüber schüttelte in sichtbarer Verzweiflung erneut den Kopf: „Dir ist schon klar, was du da geschmiedet hast? Das ist das Beschützerschwert. Das sollte seinen Träger in den Kriegen des Imperiums schützen und nicht irgendeinen dahergelaufenen Gladiator. Und, wie gesagt, wenn der Herr…“

„Dann werde ich ihm ein anderes schmieden müssen. Bezahlt hat er ja dafür.“ Toutousai kratzte sich erneut am Kopf: „Na ja, und das mit Tessaiga werde ich ihm dann eben auch sagen müssen. Aber er wird schon keinen anderen Sohn bekommen können, hat er ja seit Jahrhunderten nicht.“

„Das solltest du nicht so laut sagen, du verrückter alter…ach, was weiß ich!“ Der Andere blickte sich ängstlich in der Taverne um, ehe er etwas ruhiger fortfuhr: „Es ist ja nur dein Schwert. Und dein Leben.“

Aber das war dem alten Schmied inzwischen auch klar geworden. Und dennoch war er eigentlich sicher, das Richtige getan zu haben. Ein dämonisches Schwert suchte sich seinen Herrn selbst aus und Tessaiga hatte sich für diesen halbdämonischen Jungen entschieden. Er selbst hatte fast zwei Jahre Arbeit in die Klinge gesteckt und sie nun deutlich unter Wert verkauft. Aber Meisterstück hin oder her – Tessaiga hatte seinen eigenen Willen.
 

*******
 

Inuyasha hatte wohl einmal Glück.

Fragt sich nur, wie lange. Im nächsten Kapitel schließt der junge Halbdämon seine Ausbildung ab und soll das erste Mal vermietet werden.
 

bye
 

hotep

Munus

Worterklärungen für die Nicht-Lateiner unter euch: Der Spieleveranstalter war ein munerarius, der die munera organisierte, aus denen später die ludi, die tödlichen Gladiatorenspiele der Kaiserzeit hervorgingen. Munera wurden zunächst bei Begräbnissen veranstaltet, später auch zur Unterhaltung. Ich habe den Spieleveranstalter Munus genannt, da dies eben nicht das Römische Reich ist….
 

5. Munus
 

Inuyasha hatte sein Zeitgefühl verloren. Schon lange zählte er nicht mehr die Tage, die Wochen, die Monate, die er in der Kampfschule war. Nur wenig Abwechslung gab es in dem monotonen Ablauf. Manchmal reisten die sieben Krieger ab, dann kamen sie wieder, manchmal wurden Gladiatoren vermietet und kehrten verletzt zurück. Oder auch gar nicht.

So war er wirklich überrascht als ihm Goshinki eines Tages erklärte, seine Ausbildung sei beendet und er würde nun auch vermietet werden. Zunächst allerdings stünde ein bisschen Werbung an. Schon das Lächeln des Waffenmeisters ließ ihn nichts Gutes ahnen, geschweige denn die Tatsache, dass dieser sagte: „Zieh dein Oberteil aus. Es macht sich bei den Interessenten besser, wenn sie sehen können, wie stark du bist. Und gerade die Frauen werden so auf dich stehen.“

Der Halbdämon gehorchte, obwohl in ihm eine äußerst ungute Erinnerung an seinen ersten Tag aufstieg, als ihn jeder betrachten, ja, anfassen durfte. Diese eine Frau vor allem…Aber er fragte nur: „Weitere Befehle?“

Goshinki war so zufrieden mit dem gefügigen Gladiator, so dass er etwas ausführlicher erklärte: „Es sind einige Kunden gekommen, die den neuen Jahrgang sichten wollen. Und du bist nun einmal der einzige Halbdämon, da werden alle Interesse an dir zeigen. Zuerst kommt die Besichtigung, dann Einzelübungen in der Arena. Kein Kampf zunächst. Herr Hakudoshi will die Preise erhöhen können. Benimm dich also, vielleicht vermietet er dich dann an jemanden, der nur ehrliche Kämpfe zeigen will.“

Inuyasha glaubte ihm nicht, aber er wollte sich keiner Strafe aussetzen und schwieg.

So fand er sich bald in einer Reihe mit fünf menschlichen Gladiatoren im Vorhof wieder, alle anderen entsprechend ihren Kampfarten gekleidet. Fünf Männer und zwei Frauen betraten diesen, geführt von Hakudoshi. Inuyasha war etwas erstaunt über die beiden Frauen, zumal eine davon doch noch ein sehr junges Mädchen war. Aber dann erkannte er, dass es sich wohl um Mutter und Tochter handelte. Ob diese ihn auch anfassen würden? Er schluckte, da er inzwischen durchaus mitbekommen hatte, was in diesem Fall von ihm erwartet wurde. Und er hatte doch keine Ahnung….

Goshinki pfiff dagegen leise: „Senatorin Higurashi! Strengt euch an, Männer. Sie ist der Munus des Imperators!“

„Was ist ein Munus?“ erkundigte sich der Halbdämon unwillkürlich, zuckte dann allerdings zusammen, mit einer Strafe rechnend, wie er sie sich schon öfter zugezogen hatte.

„Der Veranstalter“, zischte der Waffenmeister allerdings nur. Vor Kunden wurde kein Sklave bestraft, das senkte den Preis, wenn diese seine Ungehorsamkeit mitbekamen.

Sie organisierte also Gladiatorenkämpfe und anderes für den Imperator? Dann würde sie sicher viel bezahlen – und Hakudoshi doch zufrieden sein und ihn nicht traktieren. Eigenartig, dass dies eine Frau machte. Obwohl, bis eben hatte er auch nicht erwartet, dass eine Frau im Senat sein könnte. Das war wohl Unsinn. Er musste nur an die junge Frau denken, die vor Jahren diesen Mönch...Miroku…gekauft hatte. Sie hatte auch einen Titel getragen, Venatrix. Ganz offensichtlich machte der Imperator da keinen Unterschied. Zuhause, im Norden, war das anders gewesen.

Er senkte den Blick, zu gut abgerichtet, aber auch aus gewissem Schamgefühl. Dämonen und Menschen vor ihm betrachteten jeden Quadratzentimeter seines Körpers genau, abschätzend, forschend. Und dabei hätte er gern die Tochter der Senatorin weiter angeguckt. Seit Jahren hatte er kein Mädchen auch nur gesehen – und er hatte sie beim ersten Anblick als hübsch und nett eingestuft. Ihre Augen waren so groß, so dunkel, so warm und sie roch so gut…Aber das war vollkommen gleich. Hakudoshi würde ihn jetzt vermieten.

Er brach seinen Gedankengang ab, als ein Dämon fragte: „Wie viel für den Jungen da, Hakudoshi?“

„Pro Turnier: zweitausend als Miete, wenn er verletzt wird dreitausend, als Todesfallpauschale fünftausend“, kam die ruhige Antwort.

Der junge Halbdämon hätte fast zu laut Luft geholt. Das war das Doppelte, was der für die menschlichen Gladiatoren verlangte, soweit er mitbekommen hatte.

Und er fuhr fort: „Zu teuer? Du hast ihn noch nicht kämpfen gesehen. Die Menschen die halbe Miete davon.“

Der noch immer zu Boden blickende Inuyasha entdeckte vor sich einen Kleidersaum, Schuhe. Eine weibliche Stimme stellte fest: „Du bist ein Halbdämon.“

Sie klang so warm, so weich…wie Mama….In gesunder Abneigung gegen Stahlruten und Hakudoshis Erfindungsgaben erwiderte er jedoch ohne einen Muskel zu bewegen nur: „Ja, Herrin.“

„Sag: Senatorin.“ Sie klang irritiert: „Seit wann übst du hier?“

„Seit drei Jahren, Senatorin.“

„Gegen wen?“

„Samniten, Netzkämpfer und andere.“

„Welche Rüstung trägst du?“

„Keine, Senatorin. Mein…“ Er brach ab. Mehr war nicht gefragt gewesen. Und er war wegen überflüssiger Äußerungen schon geschlagen worden.

„Dein...?“ wiederholte sie.

„Mein Gewand ist aus Feuerrattenhaar, das schützt mich.“

Hakudoshi mischte sich ein: „Und bedenke, Senatorin, was es für einen Effekt macht, wenn er anscheinend ungeschützt ist.“ Er klang ruhig, aber damit hatte er gerechnet. Der Halbdämon würde der Renner in diesem Jahr sein. Allerdings ausgerechnet sie…Er hatte ihr jedoch unmöglich die Sichtung verweigern können, ohne dass sie zum Imperator ging.

„Ich organisiere Spiele nicht erst seit gestern, mein Lieber. Auch dieser Samnit macht einen guten Eindruck. Ich möchte Übungen sehen.“

Da dies auch die anderen Interessenten wollten, nickte der Kampfschulleiter.
 

„Es ist unheimlich hier“, flüsterte die Tochter der Senatorin, als sie auf dem Balkon der Arena Platz nahmen: „Ganz anders als in der Kampfschule im Süden, wo wir letztes Jahr waren.“

„Ja“, gab die Mutter leise zu: „Ich habe auch noch nie Männer von Hakudoshi genommen. Allerdings, die letzten Veranstaltungen, die Senator Naraku organisierte, waren sehr gelungen. Ich kann es mir nicht leisten hinter ihm zurückzustehen. schon um euretwillen. Ohne meinen Titel als Senator und vor allem das Einkommen als Munus wird Souta keiner und du wirst nicht Priesterin. Ich benötige das Wohlwollen des Imperators. Naraku besorgt sich seine Kämpfer immer hier.“ Und es hatte sie deutliche Mühe gekostet, das herauszubringen. Seltsamerweise machte Hakudoshi keine Werbung, hatte auch kein anderer ihr bekannter Munus von hier je Gladiatoren geholt.

„Ich weiß, Mama. Aber diese Männer…und dieser Halbdämon…sie haben uns nicht angesehen.“

„Ich habe es bemerkt, Kagome. Sonst wollen sie einen immer beeindrucken, zeigen, wie stark und fähig sie sind. Und hier schienen sie fast Angst zu haben. Du hast Recht. Es ist eine ungute Atmosphäre.“

„Kannst du sie nicht hier wegholen?“

„Alle unmöglich. Du hast ja schon gehört, wie viel Hakudoshi allein als Miete pro Kampf für diesen Halbdämon will. So viele Gladiatoren kann ich mir nicht leisten – und wird der Imperator auch sicher nicht wollen.“

„Er sieht so niedlich aus mit diesen Ohren….“ Kagome bemerkte nicht, dass sie gerade nicht vom Imperator sprach. Sie blickte in die Arena, wo die sechs Gladiatoren gerade eine lange Reihe ausgefeilter Einzelübungen begannen, um ihr Können zu zeigen. „Aber so ein großes Schwert….“

„Das ist ein Dämonenschwert. Nur jemand mit dieser Energie kann es führen. Anscheinend auch als Halbdämon.“

„Ja, ich spüre seine Macht. Also, die des Schwertes, “ ergänzte sie hastig.

Die Senatorin warf ihr einen raschen Blick zu, lächelte dann aber: „Natürlich. Du hast da eben ein besonderes Talent, das mir vollkommen fehlt. – Nun, wir werden sehen.“
 

Hakudoshi bemerkte, wie seine Interessenten vor allem den Halbdämon beobachteten und rieb sich gedanklich die Hände. Das war eine ausgezeichnete Investition gewesen. Er würde ihn innerhalb eines Jahres mindestens zwölf Mal vermieten können, da es doch zu erwarten stand, dass er seine Kämpfe überleben würde. Natürlich würde Naraku ihn später auch für ein Turnier vor dem Imperator haben, und, wie immer, nichts dafür bezahlen wollen, aber da musste er eben zusehen, dass er zuvor sein Geld samt Gewinn schon hereinbekommen hatte. Andererseits schien auch Senatorin Higurashi erhebliches Interesse an ihm zu haben – und wäre der Halbdämon schon einmal vor dem Imperator aufgetreten, würde Naraku sich wohl etwas anderes einfallen lassen müssen. Was würde ihm sein Vater jetzt befehlen? Die Senatorin abweisen und den Halbdämon anderweitig vermieten? Das wäre wohl das Sinnvollste.

Der Kampfschulleiter richtete sich etwas auf, als er bemerkte, dass die Senatorin zu ihm kam und sich neben ihm niederließ.

„Du hast da interessante Gladiatoren, Hakudoshi“, meinte sie.

„Welche möchtest du anmieten?“

„Nun, ein Halbdämon ist noch nie vor dem Imperator aufgetreten. Das wäre etwas Ungewöhnliches.“

„In der Tat. Und darum …“ Er hätte fast zuviel gesagt.

Sie sah in die Arena: „Und darum soll Senator Naraku der sein, der dies ermöglicht? Was für ein treuer Sohn.“

Hakudoshi holte tief Luft. Der Schlag kam unerwartet. Naraku legte stets äußersten Wert darauf, dass niemand von seinen unehelichen Söhnen erfuhr. Offiziell hatte er als Kinder nur Kanna und Kagura. „Ich weiß nicht, wovon du redest, Senatorin“, meinte er ein wenig mühsam.

„Natürlich. - Mein Angebot lautet: ich bezahle dir Dreißigtausend als Ablöse sofort. Und dafür gehört der Halbdämon dann zu meinem Stall.“

„Dreißigtausend?“ echote Hakudoshi verblüfft. Das war viel mehr, als er innerhalb eines Jahres selbst bei regelmäßiger Vermietung aus dem Halbdämon schlagen könnte. Spätestens dann musste er ihn ja bestimmt dem ehrenwerten Senator Naraku überlassen. Der Munus des Imperators wollte wohl wirklich eine gute Veranstaltung auf die Beine stellen. Nun, sie stand ja in Konkurrenz zu seinem nicht gerade innig geliebten Vater, den er solcherart auch ein wenig ärgern konnte. Allerdings müsste er noch eine Kleinigkeit erledigen… „Gut. Einverstanden, Senatorin. Ich werde ihn den Vertrag unterschreiben lassen, dann gehört er zu deinem Stall.“

„Ein gutes Geschäft für uns beide.“ Die Senatorin stand wieder auf, zufrieden, derart erfolgreich auf den Busch geklopft zu haben. Also hatte sie ihr Gefühl nicht betrogen, dass Hakudoshi Naraku ähnlich sah. Dieses Verwandtschaftsverhältnis erklärte auch, warum dieser seine Gladiatoren immer von hier holte.
 

Inuyasha zog sich rasch sein Oberteil über, als ihm Goshinki den Befehl brachte, zum Kampfschulleiter kommen zu sollen. Demgemäß war er vermietet worden. Wohin er wohl reisen musste? Und wie oft dort kämpfen? Ob er das überleben würde? Doch, das würde er. Er hatte Tessaiga und er musste nur an seine Mutter denken…

Hakudoshi musterte ihn, als er hereinkam, ehe er eines von zwei Papieren über den Tisch schob: „Hier. Unterschreibe. Wenn du deinen Namen nicht schreiben kannst, genügen drei Kreuze.“

Ein wenig irritiert gehorchte der junge Halbdämon und versuchte hastig zu entziffern, was dort stand, als er seinen Namen darunter setzte. Als er „Higurashi“ las, setzte sein Herzschlag aus. Er würde in der Hauptstadt kämpfen, vor dem Imperator?

„Du hast dich soeben verpflichtet, zwölf Jahre für den Munus des Imperators zu kämpfen.“ Hakudoshi nickte etwas: „Viel Spaß. Sie hat immerhin Dreißigtausend für dich bezahlt.“

Zwölf Jahre? Das war eine lange Zeit, aber ein Halbdämon lebte doch viel länger als ein Mensch. Und wieso überhaupt: zwölf Jahre? Was würde dann geschehen? Musste er hierher zurück? Dreißigtausend – das war ja ein Vermögen. Was sie wohl dafür alles von ihm wollte? Noch hatte sie ihn nicht angefasst…

Aber bevor er unerlaubterweise eine Frage stellen konnte, reichte der Kampfschulleiter die Papiere dem Waffenmeister: „Bring ihn weg, Goshinki. Die Senatorin will unverzüglich abreisen.“

Im Hof wartete eine Sänfte zwischen zwei Pferden. Inuyasha erkannte die Senatorin und ihre Tochter darin. Daneben standen zwei menschliche Bewaffnete, sicher der Geleitschutz. Beide musterten ihn mit gewisser Neugier, nickten ihm dann aber freundlich zu. Wo waren allerdings die dämonischen Wachen oder Ketten für ihn? Aber ein Fluchtversuch wäre auch vollkommen sinnlos. Ihm fiel ein, dass entflohene Sklaven stets mit einem grausamem Tod rechnen mussten – um wie viel weniger würde es für einen, der dem Herrn des Imperiums entkommen wollte, Nachsicht geben.

Goshinki überreichte die Papiere.

„Mit den besten Empfehlungen des Herrn Hakudoshi, Senatorin.“

„Danke. Dann können wir aufbrechen.“ Als sich die Sänfte in Bewegung setzte, das vordere Pferd geführt von den beiden Bewaffneten, fuhr sie fort: „Komm neben mich, Halbdämon…“ Sie warf einen zweiten, verwunderten, Blick auf die Papiere in ihrer Hand: „Du hast keinen Namen?“

„Inuyasha, Herrin.“ Nichts in ihm wehrte sich gegen diese Anrede. Sie fragte ihn nach seinem Namen? Das hatte in den ganzen letzten Jahren niemand getan – nun, seit Miroku niemand. Zuvor allerdings auch keiner. Und er wurde nicht angekettet. Sie und ihre Tochter rochen überdies so gut, so warm….

„Ich sagte schon, du sollst mich Senatorin nennen.“ Wieder wirkte sie etwas irritiert: „Du bist doch kein Sklave.“

„Äh…was?“ Inuyasha dachte, nicht recht gehört zu haben.

Die Senatorin hob die Papiere in ihrer Hand: „Hakudoshi hat vor drei Jahren deine Freilassung unterschrieben, schon vergessen?“

Anscheinend hielt sie ihn jetzt für dumm. So suchte er nach Worten, die er jahrelang nicht hatte aussprechen können: „Verzeihung, Senatorin, das…das kommt ein wenig überraschend. Ich dachte immer, ich sei noch ein Sklave. Immerhin wurde ich auch bestraft…“

„Dann hat Hakudoshi das jetzt erst unterschrieben und zurückdatiert, Mutter“, stellte Kagome fest: „Aber warum?“

Das fragte sich auch Inuyasha, der einen raschen Blick auf die Tochter der Senatorin riskierte. Wenn er schon kein Sklave mehr war….

„Nun, ich verstehe jetzt vor allem, wie es Senator Naraku möglich war, derartig glanzvolle Gladiatorenspiele zu veranstalten. Hakudoshi kauft Sklaven, bildet sie aus und vermietet sie. Damit sichert er seinem Vater nicht nur Einnahmen, sondern auch eine schier unerschöpfliche Quelle an Gladiatoren, denn Naraku wird keine Miete bezahlen.“

Naraku? Irgendwoher kam Inuyasha dieser Name bekannt vor. Senator Naraku? Dann erinnerte er sich daran, dass dies der Name des Goldminenbesitzers war, der die ganzen Familien gekauft und in den sicheren Tod geschickt hatte. Und Hakudoshi war sein Sohn?

Nachdenklich fuhr die Senatorin fort: „Noch eines ist mir jetzt klar. Wir hatten doch schon ein ungutes Gefühl, Kagome. Diese Männer dort sind alles Sklaven. Und Hakudoshi lässt sie erst frei, wenn sie an einen anderen Munus übergehen. Solange sie nur vermietet werden…“ Sie sah seitwärts: „Wurdest du schon einmal vermietet, Inuyasha?“

„Nein. Das sollte heute…mein erstes Mal sein. Darf ich dich etwas fragen, Senatorin?“ Er musste versuchen herauszufinden, wie sie ihn weiter behandeln wollte, Sklave hin oder her. Vielleicht war das auch nur eine Falle, um ihn dann hart bestrafen zu können – als ob ein Besitzer dazu einen Vorwand benötigte.

„Nun?“

„Du hast Dreißigtausend für mich bezahlt und ich muss jetzt zwölf Jahre für dich kämpfen?“

„Ja, so steht es in unserem Vertrag. Und ich bin sicher, du bist danach ein reicher Mann.“ Obendrein würde er ihr eingesetztes Geld auch wieder für sie einbringen.

„Reich?“ wiederholte der junge Halbdämon ungläubig.

„Natürlich. Ein Gladiator bekommt doch Anteile an den Einnahmen seiner Kämpfe. Die Zuschauer werden sicher begeistert von dir sein.“

Davon hatte Inuyasha noch nie etwas gehört. Aber vermutlich steckte Hakudoshi auch dieses Geld ein. „Und wenn ich….wenn ich sterbe?“

„Warum solltest du? Schön, es passieren manchmal Unfälle, aber…Moment. Kagome, erzähle ihm doch einmal wie die Spiele in der Hauptstadt ablaufen. Ich muss nachdenken.“

Der junge Halbdämon blickte zu dem Mädchen, mehr als irritiert. Sie sah wirklich hübsch aus, dachte er, nahm sich aber zusammen. Kagome war die Tochter einer Senatorin und er zwar kein Sklave mehr - aber doch ein Gladiator. Aber wieso nannten sie es Spiele? Nun ja, es waren wohl tödliche.

Kagome nickte: „Ja, Mama. – So ein Tag mit Gladiatorenspielen dauert immer sehr lange. Gladiatoren sind teuer und außer meiner Mutter als Veranstalterin des Imperators leistet sich kaum jemand euch Kämpfer für dauernd. Nun ja, Senator Naraku. – Es geht morgens los. Zuerst finden allerlei sportliche Veranstaltungen statt, Ringen oder Wettläufe. Dann ist eine Mittagspause, in der die Zuschauer sich Essen und Trinken holen. Meist auf Kosten des Imperators. Danach gibt es zumeist etwas, bei dem Dämonen ihre Geschicklichkeit und Fähigkeiten zeigen. Und dann finden als Höhepunkt die Gladiatorenkämpfe statt. Meist sind es drei Paare unterschiedlicher Sorten. – Oh, Mutter, Inuyasha müsste sich doch gut gegen Kouga machen.“

„Ja, daran dachte ich.“ Die Senatorin sah zu ihrer Neuerwerbung: „Er hat sich auch auf zwölf Jahre verpflichtet und ist der einzige Dämon unter meiner Gladiatoren. Gewöhnlich muss er sich immer sehr zurückhalten, aber gegen dich könnte es auch für ihn interessant werden.“

Ein Dämon, der sich freiwillig zu diesem tödlichen Kampf gemeldet hatte? War er so sicher, immer gegen Menschen zu gewinnen?

Sein Gesichtsausdruck musste seine Überraschung verraten haben, denn Kagome nickte: „Er hat schon einiges Geld erkämpft. Er ist sehr nett, ich glaube, ihr werdet euch gut verstehen.“

„Ein Gladiator hat keine Freunde“, erwiderte der Halbdämon sofort.

„Warum denn nicht? Das wäre ja traurig.“

„Wenn du nicht weißt, an wen du vermietet wirst, und nicht weißt, ob du beim nächsten Kampf nicht deinen Freund töten musst?“

„Ja, was hat denn dieser Hakudoshi da gemacht?“ fragte sie empört: „Mutter!“

„Ich verstehe immer mehr“, meinte die Senatorin.

„Das musst du dem Imperator anzeigen!“

„Hakudoshi hat hohe Protektion. Und ich kann im Moment nichts offen gegen Senator Naraku unternehmen, um meiner Kinder willen, Kagome. Aber ich werde eine Gelegenheit nutzen, den Imperator darauf aufmerksam zu machen. Hakudoshi ist wohl absolut sicher, dass kein Munus genauer bei einem Gladiator nachfragt, wenn die Papiere in Ordnung sind.“ Die Senatorin blickte seitwärts, wo ihre Neuerwerbung neben der Sänfte ging und sichtbar nichts verstand: „Der Gladiatorenberuf ist gefährlich, ja, es gibt immer wieder Verletzungen. Aber doch keine Toten…Nun, so gut wie nie. Das verhindern ja schon die Regeln und die Schiedsrichter.“

„Schiedsrichter?“ echote Inuyasha. Er wusste selbst, dass er nicht gerade intelligent wirkte, aber das war im Moment zuviel Neues auf einmal, zumal nach den abstumpfenden Jahren in der Kampfschule.

„Natürlich. Zwei Priester sind immer mit in der Arena. Und wenn ein Gladiator seinem Gegner zu unterlegen ist, wird der Kampf abgebrochen. Was natürlich nicht vorkommen sollte, da es das Publikum enttäuscht. Darum ist es auch die Aufgabe des Munus, meine Aufgabe, die Paarungen möglichst gleichstark zu besetzen und die Kämpfe ausführlich vorzubereiten. Selten gibt es dann auch andere Kämpfe eines Gladiators, zum Beispiel gegen zwei andere gleichzeitig oder nacheinander, aber nur auf Wunsch des Veranstalters, also in meinem Fall gewöhnlich des Imperators. Und auch diese werden genau geplant und in Szene gesetzt.“ Die Senatorin betrachtete ihn: „Du hast wirklich geglaubt, dass jeder Kampf auf Leben und Tod geht?“

„Ich sah schon zu.“

„In einer öffentlichen Arena? Das wäre….“ Sie suchte nach Worten: „Ja, eine Hinrichtung!“

„Es war die eigene Arena Hakudoshis. Und die Männer, die starben, waren seine Sklaven, die nicht zum Gladiator ausgebildet werden wollten. Die, die er vermietete, kamen zu einem gut Teil auch nie mehr wieder.“ Irgendwie tat es gut, dass Kagome und ihre Mutter so empört waren. Sein Leben schien erfreulicher zu werden, als er es in den vergangenen Jahren befürchtet hatte. Und, wenn die Herrin…die Senatorin Recht hatte, wäre er in zwölf Jahren nicht nur frei sondern auch reich. „Ich…Senatorin, ich werde Geld bekommen?“ vergewisserte er sich.

Diese nahm sich sichtlich zusammen: „Ja. Wie gesagt, jeder auftretende Gladiator erhält Anteile an den Einnahmen der Arena. Je öfter du also angefordert wirst, umso mehr Geld bekommst du. Dazu kommen die Münzen, die die Zuschauer in die Arena werfen. Das wird immer zwischen den beiden Kämpfern aufgeteilt. Und natürlich, bei einem ganz besonderen Kampf, macht auch der Imperator ein Geschenk.“

Das klang fast zu schön um wahr zu sein. Wo war da die Falle? „Wo…wo werde ich wohnen?“ Er wollte nicht direkt fragen, ob es wieder in solch einem stickigen, fensterlosen Raum mit allen anderen im Keller der Arena sein würde.

„Bei den anderen. Bei meinem Haus gibt es einen Hof, wo ihr üben könnt. In dem Gebäude dort wohnen meine Gladiatoren. Du kannst Marcus und Tino fragen, sie führen das Pferd.“

Inuyasha warf einen überraschten Blick nach vorn. Diese beiden waren auch Gladiatoren? Und die Senatorin ließ sich von ihnen beschützen statt sie bewachen zu lassen und einzusperren? „Danke“, sagte er aber nur in geübtem Gehorsam und machte einen Satz nach vorne, um neben die beiden zu gelangen.

„Senatorin Higurashi sagte, ihr seid Marcus und Tino…auch Gladiatoren?“

„Ja. Ich bin Tino.“ Der blonde Mann betrachtete ihn wieder neugierig: „Du bist also ein echter Halbdämon?“

„Ich heiße Inuyasha.“ Die Senatorin hatte ihn nach seinem Namen gefragt, da wollte er von einem Gleichrangigen nicht so genannt werden.

„Ich wollte dich nicht ärgern, Inuyasha. Aber ich habe noch nie einen gesehen. Halbdämonen sind wohl sehr selten….“

Was sollte er dazu schon sagen: „Ja, sehr.“

Tino grinste: „Wenn wir in der Hauptstadt sind und wieder üben, möchte ich gern mal gegen dich antreten. Das wird sicher spannend.“

„Gut.“ Inuyasha, nun, da er wusste, dass er wohl nicht töten musste und nicht um sein Leben kämpfen, war mehr als erleichtert – und durchaus willens mit anderen zu reden um seine Neugier zu befriedigen: „Wie viele seid ihr?“

„Wir sind sechs, mit dir sieben, Gladiatoren. Also, wir beide, dann Kouga, das ist ein Wolfsdämon, Gaius, Goku und Minari.“

„Samniten?“

„Ja, wir beide. Gaius und Minari snd Netzkämpfer. Goku ist Spezialist, er hat eine eigenartige Kampftechnik drauf, na, das wirst du schon sehen. Und Kouga kämpft mit einem Schwert. Der Kerl ist schnell, selbst für einen Dämon, das muss man ihm lassen. Meist stellt uns die Senatorin zu zweit gegen ihn, damit es ein wenig amüsanter für die Zuschauer wird. Obwohl, gegen dich könnte er sich auch schwerer tun. Jedenfalls, sind die Kämpfe gegen ihn immer recht einträglich. Da fliegen die Münzen!“

Der bislang schweigsame Marcus nickte: „Ich hoffe, dass das bei dir auch passiert. Immerhin ist ein Halbdämon noch nie in der Arena gewesen.“ Er zwinkerte: „Und so, wie du aussiehst, werden bestimmt nicht nur Münzen sondern auch Blumen fliegen.“ Da er bemerkte, dass Inuyasha nichts verstand: „Frauen und Mädchen werfen gern kleine Sträuße in die Arena, wenn sie einen mögen. Manchmal liegen dann da auch Liebesbriefe bei, Bitten um Verabredungen.“ Er lächelte unwillkürlich, als er den fassungslosen Blick des Jungen bemerkte: „Wenn du es noch nicht wissen solltest: Gladiatoren sind die Elite der Arena. Und es ist keine Schande, sich mit einem zu verabreden.“

Das hatte ihm wirklich noch keiner gesagt: „Hat die Senatorin nichts dagegen?“

„Nicht, wenn du am nächsten Tag wieder pünktlich zum Training erscheinst.“

Inuyasha atmete tief durch. Er hätte schon eine Idee gehabt, mit wem er gern eine Verabredung hätte, aber er vermutete doch schwer, dass sich die Toleranz der Senatorin nicht auf ihre eigene Tochter erstreckte.
 

***
 

Wann wird Inuyasha wohl bemerken, dass er mehr weiß als seiner Gesundheit zuträglich ist? Wann wird Hakudoshi bemerken, dass er einen gravierenden Fehler gemacht hat? Aber zunächst einmal lernt Inuyasha das Leben in der Hauptstadt kennen – und deren für ihn ungeahnte Schattenseiten.
 

bye
 

hotep

In der Hauptstadt

The sad part is, that you come from another kind of live,

I´m not believing now, I´m living by the knife

I lost my faith in human kind, and it’s time for a rest

Even though I did my best, I didn’t pass your test
 

Princess of the Egypt, e-type
 

Inuyasha blieb fast der Mund offen, als sie nach Tagen der Anreise endlich die Hauptstadt vor sich entdeckten. Er hatte gewusst, dass sie groß und prächtig sei, aber das hier hätte er sich nie vorstellen können. Er war in einem Dorf mit kaum hundert Menschen aufgewachsen, die Kampfschule hatte er nie verlassen dürfen, so dass er den ersten Eindruck von Avenna vergessen hatte, zumal diese Reise um den Ort geführt hatte. Daher traf ihn der Anblick der Metropole vollkommen unerwartet, die sich in die Hügel schmiegte.

„He, Inuyasha!“

Er drehte den Kopf zu Tino, der das Vorderpferd der Sänfte führte.

Dieser grinste ein wenig: „Ich kann mir vorstellen, was du denkst. So habe ich auch zuerst reagiert. Das ist sehr groß. Man kann sich leicht in der Hauptstadt verlaufen. Einmal war ich einen ganzen Tag weg, ehe ich zurückfand. Die Senatorin hatte sich schon Sorgen gemacht.“

Nun, sie hatte wohl eher schon ihre Investition weglaufen sehen, dachte der junge Halbdämon prompt, ehe er sich daran erinnerte, dass weder die Senatorin noch ihre Tochter in den letzten Tagen einen Besitzer herausgekehrt oder ihn gar bestraft hatten. Schön, die Zwei hatten in den Gasthäusern in einem Zimmer übernachtet und er und die anderen beiden im Stall im Heu, aber das war bequemer und wärmer gewesen als seine Unterkunft der letzten drei Jahre. Und er hatte mit den beiden mehr reden können, wenn man Tino betrachtete sogar müssen, als mit allen anderen in den letzten drei Jahren zusammen.

„Komm her, Inuyasha“, ergänzte Marcus: „Im Gedränge der Hauptstadt ist es wichtig, die Sänfte zu schützen. Es gibt immer wieder Idioten, die mit Gespann und im Galopp durchpreschen und anderes. Du bleibst hier an der rechten Seite. Niemand darf nahe an die Sänfte heran. Ich gehe links. Das ist auch gegen Taschendiebe, pass also auf. Gerade Fuchsdämonen sind da recht flink.“

Taschendiebe? Inuyasha war erstaunt, hatte er doch erwartet, in solch einer prächtigen Stadt gäbe es keine Verbrecher, aber er gehorchte. Er gehörte nun zum Stall der Senatorin Higurashi und da war es bestimmt seine Pflicht dafür zu sorgen, dass seiner Arbeitgeberin nichts zustieß. Und schließlich war ja auch Kagome in der Sänfte…

So war er äußerst aufmerksam, als er durch die engen, bevölkerten Straßen schritt. Der Sänfte wurde freilich einigermaßen Platz gemacht, sei es wegen des bewaffneten Geleitschutzes, sei es wegen der Pferde. Solch hohe Häuser hatte er noch nie gesehen. Wie viele Menschen wohl hier in einem einzigen Haus wohnten? Dämonen schloss er wegen der starken Gerüche und des doch höheren Ranges aus.

Die unbekannten und vielfältigen Gerüche der Stadt betäubten seine Nase, aber er bekam plötzlich die Witterung nach Fuchs mit. Da ihn Marcus vor Fuchsdämonen gewarnt hatte, wurde er nur noch angespannter. Durch das harte Training der vergangenen Jahre war er schnell geworden und so schoss seine Hand vor – und erwischte einen buschigen Schweif. Ein Fuchsjunge hatte sich an die Sänfte angeschlichen. Er hob ihn ohne Mühe am Schwanz hoch.

„Lass mich, du rücksichtsloser Rüpel!“ schrie der Kleine auf.

„Ach ja? Damit du stehlen kannst?“

„Ich wollte...ich wollte…“

„Ja?“ erkundigte sich der Halbdämon interessiert.

„Oh, lass doch den Kleinen, Inuyasha“, sagte Kagome: „Das ist doch ein Kind…“

„Deswegen braucht er sich trotzdem nicht so anzuschleichen.“

„Gib ihn mir.“

Der Halbdämon gehorchte diszipliniert, auch, wenn er ein ungutes Gefühl dabei hatte, einen potentiellen Taschendieb so nahe an die Senatorin und natürlich Kagome zu lassen.

Sie nahm ihn auf den Schoß: „Du wolltest stehlen, da bin ich sicher“, meinte sie: „Warum, Kleiner?“

„Ich heiße Shippou!“ krähte der Fuchsjunge fast empört und rieb sich seinen Schwanz: „Und na ja…ich meine…Vater ist krank, wir haben nichts zu essen und ihr habt so viel…“ Er blickte auf den Schmuck um den Hals der Senatorin.

„Armer Kleiner. Gehst du noch zur Schule?“

„Schule ist nur was für die hohen Tiere. Ich muss zusehen, Vater und mich durchzubringen.“

„Hast du keine Mutter mehr?“

„Nein, sie ist tot.“

„Armer Kleiner“, meinte nun auch Senatorin Higurashi: „Aber Diebstahl ist da keine Lösung. Du könntest leicht eingesperrt werden – und wer kümmert sich dann um deinen Vater? Hast du nie daran gedacht, dass du leichte Arbeiten übernehmen könntest?“

„Klar, habe ich. Aber wer stellt schon ein Kind ein?“ Nun, um ehrlich zu sein, hatte er es nie versucht. Das war jedoch auch nicht die Frage gewesen.

„Ich. Unter einer Bedingung.“

„Und die wäre?“ erkundigte sich der Fuchsjunge aufmerksam. Das war ein Angebot. Sie hatte Recht. Taschendiebstahl war eine riskante Sache, auch, wenn er klein und flink war. Dieser dämliche Typ da hatte ihn immerhin erwischt. Er und sich von einem Menschen fangen lassen…Moment mal, das war ja ein Dämon? Oder doch nicht? Eigenartig. Aber er lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die reiche Frau, die ihm ein Angebot machen wollte.

„Du stiehlst nicht mehr. Schon gar nicht in meinem Haus oder bei einem meiner Angestellten. Und du erledigst für mich Botengänge zuverlässig. Kannst du das?“

„Ja, klar, ich kenne die ganze Stadt…Und was bekomme ich dafür?“ Er ließ seinen Schwanz los und stellte sich auf Kagomes Schoß um erwachsener auszusehen. Erwachsene wurden besser als Kinder bezahlt.

„Wenn du nicht stiehlst, genug zu essen für dich und deinen Vater und, sagen wir, fünf Denare.“

„Pro Monat?“ Das war ein gutes Angebot, in der Tat. Seine Taschendiebereien brachten kaum das nötige Essen zusammen. Und leider waren die Prätorianer auf Draht. Er war der Polizeitruppe des Imperators schon einige Male mehr als knapp entkommen.

„Pro Woche. – Aber, wenn du stiehlst, werde ich den Imperator bitten dich überall suchen zu lassen, um dich zu bestrafen.“

„Den Im…äh...kennst du ihn?“

„Ich bin Senatorin Higurashi, der Munus des Imperators.“

„Oh….“ Natürlich wusste er jetzt, dass das eine nicht nur reiche sondern auch einflussreiche Frau war. Eine Senatorin und dazu noch die, die die Spiele organisierte. Das erklärte natürlich ebenso die Bewaffneten um sie. Sicher berühmte Gladiatoren. Er kannte alle Namen, wie wohl jeder Junge der Stadt, auch, wenn er nie Gelegenheit gehabt hatte, in die Arena zu gelangen. Er sah zu der Tochter, die ihn noch immer auf dem Schoss hielt: „Ja, gut, ich bin einverstanden. Und ich klaue auch nicht mehr, versprochen. Das muss ich ja dann auch nicht mehr.“

„Keh“, machte der junge Halbdämon leise. Ganz eindeutig hatten Kagome und ihre Mutter ein Herz für lahme Hunde, wenn man das so sagen durfte. Nun, er war wohl der Letzte, der sich beschweren sollte. Immerhin hatten sie auch ihn von Hakudoshi befreit. Hoffentlich würde sich der kleine Fuchs an die Bedingung halten.

Kagome nickte: „Dann geh zu Inuyasha.“

Der Fuchsjunge sprang aus der Sänfte und sah zu diesem hoch: „Inuyasha, also? Du bist doch kein Mensch.“ Und sicher auch kein Gladiator, denn diesen Namen hatte er noch nie gehört.

„Ich bin ein Halbdämon.“

„Oh…solche Mischlinge gibt es? Na, ich bin ich echter Dämon.“

Am liebsten hätte Inuyasha dem vorlauten Knirps eine Ohrfeige verpasst, nahm aber unter den Augen von Kagome und ihrer Mutter davon Abstand. Die beiden würden das wohl nicht gern sehen. So meinte er nur: „Du solltest besser die Klappe halten, Kleiner.“

„Das hättest du wohl gern….“ Aber Shippou wollte es sich ebenfalls nicht mit seiner neuen Arbeitgeberin verderben und so schwieg er tatsächlich.
 

Das Haus der Senatorin lag in der Nähe des Stadtzentrums und der junge Halbdämon war überrascht, dass es einen so großen, gepflasterten Hof hatte. Tino und Marcus nahmen ihn mit zu den dortigen Quartieren der Gladiatoren, einem ebenerdigen Haus.

„Hier auf dem Hof üben wir“, erklärte Tino: „He, Kouga!“

Inuyasha erkannte einen Wolfsdämon und war erstaunt, dass dieser plötzlich vor ihm stand. Tatsächlich. Der war schnell.

„Oh, ein Hund…nein, nur ein halber, oder?“ Kouga musterte ihn: „Das könnte dann wirklich mal ein netter Kampf werden. Wo wurdest du ausgebildet?“

„In der Kampfschule von Hakudoshi.“ Ein halber Hund, nur?

„Sagt mir nichts.“

Inuyasha warf unwillkürlich einen Blick seitwärts, wo die Senatorin und Kagome soeben in das Haupthaus gingen, ehe er meinte: „Dafür kann ich nichts. Mir wurde gesagt, dass wir gegeneinander antreten sollen.“

„Ja, das wird ein guter Kampf. Und übrigens, in deinem eigenen Interesse: halte dich von Kagome fern.“

„Was meinst du?“ Wie kam dieser Kerl dazu?

„Sie wird sich sicher lieber für einen ganzen Wolf als einen halben Hund entscheiden. Klar?“

„Woher willst du wissen, was Kagome sich denkt?“ fauchte Inuyasha prompt.

Kouga lächelte, aber es war kein angenehmes Lächeln: „Ich kenne sie seit Jahren. Und ich verehre sie. Lass deine dreckigen Pfoten von ihr. Oder aus unserem angesetzten Kampf wird schnell eine Blamage für dich.“

„Und von was träumst du sonst noch?“ Am liebsten hätte der Halbdämon zugeschlagen, aber das war wohl kaum erlaubt. Na, toll. Gleich zwei arrogante Dämonen, die auf ihn herabsahen, dieser Shippou und Kouga. Moment mal. Kouga machte Kagome den Hof? Und er kannte sie länger…da war er wohl im Vorteil. Mist. Ohne weiteres Wort wandte er sich an Tino, der mit gewissem Grinsen die Kontroverse verfolgt hatte: „Wo soll ich schlafen?“

„Komm nur. Ich zeige dir deine Kammer. – Und, das sage ich euch beiden: lasst diesen sinnlosen Streit sein. Die Senatorin will für ihre Kinder sicher gute Heiraten, da kommen Gladiatoren bestimmt nicht in Betracht.“ Allerdings hatte er das dumpfe Gefühl, da gerade tauben Ohren zu predigen.
 

Inuyasha gewöhnte sich rasch an das friedliche Leben im Hause der Senatorin. Natürlich übten auch hier die Gladiatoren den ganzen Tag, aber er durfte seine Waffe behalten, wurde nicht eingesperrt und an Markttagen erhielt er sogar frei und Ausgang. Abgesehen davon war das Essen sehr gut und es bereitete ihm nach den langen einsamen Jahren verständliches Vergnügen, hier auf freundliche Männer zu stoßen, mit denen er immer wieder etwas reden konnte, gemeinsam aß.

Auch Kouga war eigentlich in Ordnung, dachte er, wenn man das Thema Kagome mied. Der Wolfsdämon war wirklich unglaublich schnell, das hatte er beim Üben gesehen. Gegenüber den anderen, menschlichen, Gladiatoren zog er nicht einmal sein Schwert. Gegen Goku war das auch kaum möglich, dieser kämpfte in einer seltsamen, waffenlosen Technik, die selbst ihm, Inuyasha, Probleme bereitete. Gaius und Minari waren Netzkämpfer und übten in der Regel entweder gegeneinander oder gegen Marcus und Tino, die Samniten. Aber ebenso bildeten diese wieder untereinander Trupps, um gegen Goku, Kouga oder Inuyasha zu kämpfen. Hinzu kamen, für den jungen Gladiatoren, neue Übungen in Gymnastik und Schnellkraft. Senatorin Higurashi wusste, was sie dem Publikum bieten musste: Abwechslung und Spannung im Namen des Imperators.
 

Der Halbdämon wanderte neugierig durch die Hauptstadt. An den ersten freien Tagen war er mit Tino unterwegs gewesen, um die näheren Wege entdecken zu lernen. Jetzt kannte er sich gut genug aus, um allein zu gehen.

Er war in Gedanken versunken. Die anderen menschlichen Gladiatoren hatten eine ähnliche Ausbildung wie er genossen – nur ohne den Druck um ihr Leben kämpfen zu sollen. Für sie war von Haus aus klar gewesen, dass sie nach den Anweisungen eines Munus kämpfen würden, ein einstudiertes, wenngleich aufregendes Duell. Und ihm dämmerte langsam, dass die Kampfschule in Avenna absolut nicht mit anderen vergleichbar war, geschweige denn die Kämpfe, die Hakudoshi und seine Kunden veranstalteten, mit den offiziellen des Imperiums. Hoffentlich würde die Senatorin wirklich den Imperator auf diese Schattenwelt aufmerksam machen….

„Inuyasha?“

Sein Name ließ ihn sich erstaunt umsehen. Das war doch der Mönch, der zwei Tage an ihn gekettet gewesen war? „Miroku?“

„Schön, dich wieder zu sehen.“ Das war ehrlich gemeint: „Wie geht’s dir?“

„Ich bin Gladiator geworden.“ Unwillkürlich legte er die Hand an sein Schwert. Gladiatoren waren die Einzigen außer den Dämonenjägern und den Kriegern des Imperators, die bewaffnet durch die Strassen der Hauptstadt gehen durften, war ihm erklärt worden. Immer wieder hatte er bemerkt, dass er von Passanten beobachtet wurde, ja, angestarrt – wenn auch bei weitem nicht so wie Tino, den wohl doch einige auch in der Ziviltracht als Gladiator erkannten, manche gar um Unterschriften angingen. Womöglich hielten sie ihn selbst für einen Dämonenkrieger des Heeres.

Miroku nickte denn auch nur: „Da du hier bist…bei Senatorin Higurashi?“

„Ja. Ist sie so bekannt?“

„Nun, sie ist der Munus des Imperators. Ihr Name steht immer auf den Plakaten, wenn Kämpfe in der Arena sind. Dich habe ich da aber noch nie gesehen.“

„Nein, ich hatte auch noch keinen Auftritt. – Du gehst in die Arena?“ Inuyasha war überrascht, hatte er doch nicht gedacht, dass Sklaven dorthin gelangen würden.

„Ja. Sango, also, die Venatrix, nimmt mich mit.“ Miroku lächelte kurz verträumt.

„Du redest deine Herrin mit Vornamen an?“ Davon hatte er noch nie gehört.

„Na ja…es gibt eben Unterschiede. Nein, im Ernst: sie hat mich und Atticus freigelassen, das machen die Jäger immer. Ich arbeite dennoch weiter bei den Dämonenjägern, schon, weil es recht einträglich ist. Atticus auch. Oh, weißt du, was aus seinem Sohn geworden ist?“

Inuyasha schwieg.

Der Mönch verstand: „Er ist tot?“

„Ja.“ Nein, er würde nicht erzählen, wie der arme Junge gestorben war. Aber eines Tages würde er diesen Hakudoshi und diesen Senator Naraku irgendwie zur Rechenschaft ziehen. Er musste nur als Gladiator genügend Geld verdienen, dann war er reich. Und auf reiche Leute wurde doch bestimmt gehört.

„Das werde ich Atticus sagen.“

„Sicher? Ich meine, er hat die ganze Familie verloren...?“

„Es ist für Menschen besser Gewissheit zu haben, Ungewissheit ist das Schlimmste.“

Mama hatte so etwas auch einmal gesagt, daher nickte der junge Halbdämon. „Du wirst es wissen. Oh, ich glaube, du wirst schon gesucht…“ Er erinnerte sich an die Dämonenjägerin Sango, die auf das Gespräch aufmerksam geworden war.

Sie kam heran: „Miroku…Moment mal, kenne ich dich nicht?“

„Ich bin Inuyasha, Gladiator bei Senatorin Higurashi, Venatrix.“ Das klang so nach einem Titel und er kam sich recht erwachsen und wichtig vor.

„Und ein Halbdämon, oder? Aber du warst noch nie in der Arena. Ah, dich wird sie wohl für das Jubiläum aufheben, als Überraschung.“

Er starrte sie verwundert an: „Welches Jubiläum?“

„Die Thronbesteigung des Imperators. Es soll ein großes Fest geben, wenn ich die Gerüchte im Palast richtig deute. Und dazu gehört dann auch ein Tag in der Arena mit allen Vorzügen, die die Unterhaltungsbranche zu bieten hat.“

„Das werde ich sehen, Venatrix“, meinte er höflich. Das klang aufregend, und nun, da ihm die Senatorin ja versprochen hatte, dass die Kämpfe nach Regeln und mit Schiedsrichter abliefen, er also am Leben bleiben würde, auch nach einer Menge Geld.

„Wir auch. Wir haben sicher Karten, “ meinte Miroku mit einem raschen Seitengriff auf die Hinterseite seiner Begleiterin.

Diese seufzte nur und gab ihm eine Ohrfeige: „Du lernst es nie, perverser Mönch!“

Inuyasha erinnerte sich, dass der vor drei Jahren zu ihm gesagt hatte, er sei wegen Frauengeschichten schon zur Sklaverei verurteilt worden. Jetzt war er zwar freigelassen, aber gebessert hatte er sich wohl kaum. „Ich werde euch nicht entdecken“, antwortete er daher nur: „Es passen einige tausend Menschen und Dämonen in diese Arena.“ Tino hatte ihm das leere Rund gezeigt.

„Zwanzigtausend, um genau zu sein“, erwiderte die Venatrix, ohne weiter auf den Zwischenfall einzugehen: „Und an solch einem Tag ist sie sicher voll. Wir sitzen auf der Seite, auf der sich die Loge des Imperators befindet, über den Plätzen der Senatoren. Dort sind immer die Plätze der Dämonenjäger und Beamten des Imperators. – Du wirst allerdings genug mit Kämpfen beschäftigt sein.“

Das nahm der Halbdämon auch schwer an: „Das wird gewiss eine gute Vorstellung werden.“ Da er nicht mehr wusste, was er sagen sollte, nickte er nur: „Dann: Auf Wiedersehen.“

„Auf Wiedersehen, Inuyasha“, antwortete Miroku: „Oh, ich wohne im Quartier der Dämonenjäger, falls du mal Sehnsucht nach mir hast.“

Die Venatrix wartete, bis der junge Gladiator im Gewirr der Fußgänger verschwunden war, ehe sie meinte: „Er ist ein Halbdämon. Und ich möchte schwören, dass er Hundeblut in sich hat, wie der Imperator selbst und seine Familie. Da wird es sie sicher freuen, wenn er einen interessanten Kampf abliefert.“

„Er wurde jetzt drei Jahre oder eher mehr ausgebildet, da wird er schon was können. Gehen wir, Sango?“

„Ja. Und ich werde zusehen, dass wir über Vater Karten bekommen, sobald offiziell der Tag feststeht.“
 

Inuyasha bummelte derweil über den Markt. Er fand es faszinierend, dass hier praktisch alle Güter des Imperiums zu erhalten waren, Gewürze und Seide aus dem fernen Osten, Kupfer und Bronzeschmuck aus den westlichen Provinzen, Steine aus dem Norden, dazu viele Nahrungsmittel, die er weder je gerochen noch gar gegessen hatte.

„Suchst du etwas Bestimmtes?“

Die Frage ließ ihn herumfahren: „Kouga! – Mich interessieren die ganzen verschiedenen Gewürze und das viele Essen. Bei mir zuhause gab es nicht soviel.“ Warum hatte die Frage so einen aggressiven Unterton gehabt? Manchmal dachte er wirklich, der Wolf wolle ihn ernsthaft herausfordern, nicht nur zu einem Schaukampf. Wegen Kagome? Aber da hielten sich ja alle beide doch zurück.

„Gewürze?“ Da das eindeutig kein Geschenk für ein Mädchen war, wurde der schnelle Wolf ruhiger: „Das ist die Hauptstadt des Imperiums. Wo, wenn nicht hier wird man alles bekommen. In keiner Provinz, nehme ich an, wobei ich nie im Norden oder Süden war.“

„Ich war nur im Norden. Und dann natürlich in Avenna in der Kampfschule.“

„Ein echter Junge der Provinz, hm? Ich komme aus dem Osten, aber ich war im Heer des Imperiums im Westen, wie jeder Dämon.“

„Jeder Dämon muss in den Westen?“

„Blödsinn, Köter! Jeder Dämon muss einige Zeit im Dienst des Imperiums stehen. Meist im Heer, aber manche gehen auch in die Verwaltung.“

Da in der Stimme des Wolfes Verachtung gelegen hatte, meinte Inuyasha: „Pass besser auf! Wenn du mich beleidigst, könntest du es spätestens am Jubiläumstag bereuen.“ Unwillkürlich legte er die Finger an Tessaiga. Das hier war nicht sein Besitzer und konnte ihn nicht bestrafen.

Kouga wusste, dass es ihre Arbeitgeberin nicht gern sehen würde, gerieten sie ernstlich aneinander. Und dieser junge Halbhund hier war anscheinend recht aufbrausend. So fuhr er bemüht sachlich fort: „Das machen Dämonen, die keine Lust auf Kämpfe haben. Und kleine Dämonen, wie dieser...dieser…ach, ich kann mir den Namen nicht merken…M…Miau…oder so. Ein Flohgeist, der der Kanzler des Imperators ist.“

„Ein Flohgeist?“ Inuyasha konnte sich ein derartiges Wesen nicht als Politiker vorstellen und lachte unwillkürlich auf.

„Ist so...verdammt!“

Jede Unstimmigkeit war vergessen, als sich Wolf und Halbdämon rasch umsahen, dann hektisch durch die Umstehenden einen Weg bahnten. Durch all den Lärm des Marktes hatten sie den Aufschrei eines Mädchens gehört – und beide waren sicher, dass es sich um Kagome gehandelt hatte.

„Da oben!“ Inuyasha hatte mehr zufällig einen Blick auf die Häuser geworden. Auf einem Flachdach stand Kagome und bemühte sich verzweifelt, den Angreifer loszuwerden, der sie offenbar von dort hinunterwerfen wollte.

„Nicht so langsam, du dummer Hund, “ gab Kouga zurück, als er bereits empor sprang, auf dem Vordach nur als Zwischenstation, ehe er mit einem gewaltigen Satz auf dem flachen Dach landete. Der junge Halbdämon folgte eilends, nicht willens, dem Wolf den Vortritt zu lassen.

Der offenbar menschliche Angreifer bemerkte die Ankunft der beiden bewaffneten dämonischen Gladiatoren und flüchtete unverzüglich. Kouga sprang nach hinten, wo die Senatorin halb bewusstlos lag, während Inuyasha Kagome buchstäblich in die Arme riss.

„Er...er wollte uns…“ brachte das Mädchen erschreckt hervor.

„Warum wart ihr denn ohne Begleitung unterwegs?“ fragte Kouga niemand Bestimmten, als er seine Arbeitgeberin emporzog: „Senatorin? Alles in Ordnung?“

„Ja, danke…Kagome?“

„Ich bin hier, Mama.“

„Kouga, Inuyasha…!“ Die Senatorin ließ sich aufhelfen: „Dann hatten wir Glück, dass ihr hier zufällig in der Nähe wart. Ich weiß nicht, was dieser Mann von uns wollte. Wir waren gerade auf dem Weg zum Tempel, wo Kagome Ende des Jahres als Priesterin anfangen soll, als er uns einfach packte und in das nächste Haus zog. Er war so stark…Hier oben…sagte er, er solle uns umbringen.“ Ihre Stimme zitterte, sich nur zu bewusst, das auch ihre menschlichen Gladiatoren zu spät gekommen wären.

„Er solle oder er wolle?“ fragte Kouga prompt nach, ehe ihm einfiel, dass Inuyasha noch immer Kagome im Arm hielt und diesem einen bösen Blick zuwarf.

Der Halbdämon wusste sich das zu deuten und ließ los, meinte jedoch: „Kagome? Kannst du allein stehen?“

„Ja, danke. Oh, ich bin so froh, dass ihr zufällig hier wart. Ich verstehe nicht, was dieser Mann wollte. Ich meine, Mama trägt das Abzeichen des Senats und jeder müsste wissen, dass er sein Leben selbst beendet, wenn er eine Senatorin tötet.“

Ihre Mutter nickte: „Ja. – Ich weiß nicht, Kouga ob er sagte er will oder er soll. Es war so überraschend. Und, um ehrlich zu sein, ich wüsste keinen Grund, warum jemand mich umbringen sollte.“

Jemand hatte ihn gehabt, dachte Kouga und bemerkte, dass dieser halbe Hund witterte, anscheinend nach dem Geruch des Attentäters suchte. Nun ja, das war eben kein vollwertiger Dämon, diese Spur hatte er schon gefunden. Aber jetzt war es wichtiger, die beiden nach Hause zu begleiten, ehe noch jemand sein Glück versuchte, zumal der Angreifer sicher in der Menge des Marktes verschwunden war: „Kannst du gehen, Senatorin?“

„Ja, danke. Danke noch einmal euch beiden. Kagome, bist du ganz in Ordnung?“

„Ja, Mama. Es ist sicher nur der Schreck im Moment, dass ich noch zittere.“

Obwohl jeder der beiden Gladiatoren das Mädchen am liebsten in den Arm genommen und getragen hätte, folgten sie nur schweigend, als die Senatorin mit ihrer Tochter an der Hand das Treppenhaus hinab stieg.
 

Inuyasha dachte auf dem Heimweg nach. Das war knapp gewesen. Wären nicht er und der Wolfsdämon zufällig über den Markt gegangen, sondern auch nur die menschlichen Gladiatoren, wären Kagome und ihre Mutter unten auf dem Pflaster gelandet. Schreckliche Vorstellung. Und er glaubte, den Attentäter erkannt zu haben: einen der sieben Krieger, sehr groß, sehr stark.

Nur, welchen Grund sollte Hakudoshi haben, den Munus des Imperators töten zu lassen? Oder eben nicht Hakudoshi sondern Senator Naraku?

War das da Politik? Oder handelte es sich um den Posten des Spieleveranstalters?

Das ging ihn sicher nichts an, würde ihm eher eine Strafe einbringen. Unwillkürlich fielen ihm die brennenden Schmerzen ein, die er schon durchgemacht hatte, spürte er wieder die Striemen an Brust und Rücken.

Nein. Da musste er schweigen.

Er nahm sich jedoch fest vor, ein aufmerksames Auge auf Kagome zu haben. Natürlich auch auf seine Arbeitgeberin. Immerhin hatte sie ihn von Hakudoshi weggeholt und ihm ein angenehmes Leben versprochen.
 

***
 

Hakudoshi kann sich glücklich schätzen, dass seine Erziehungsmaßnahmen noch fruchten. Irgendwann wird Inuyasha allerdings klar werden, dass er Kagome und ihre Mutter nur schützen kann, wenn er redet…

Im nächsten Kapitel erfährt Senator Naraku von einem Halbdämon und Inuyasha lernt den Finanzier seines ersten Turniers kennen: Sesshoumaru.
 

Bye
 

hotep

Sesshoumaru

Unser halbdämonischer Junge aus der Provinz hat noch eine Menge zu lernen über seine Freunde und Gegner...
 

7. Sesshoumaru
 

Inuyasha machte sich Sorgen. Das gerade noch missglückte Attentat behagte ihm gar nicht. Die Senatorin war sehr nett zu ihm und auch Kagome, nun ja, die hatte er sowieso recht gern, und dass da jemand einfach versucht hatte sie zu ermorden…

Andererseits war ihm klar, dass er seinen Verdacht, Hakudoshi oder gar Senator Naraku stecke dahinter, für sich behalten musste. Das war eine Senatorin, das ein Senator und er nur ein Gladiator. Sagte er etwas, hieß es doch sicher leicht, dass ihn das nichts angehe. Im schlimmsten Fall schickte ihn Senatorin Higurashi in Ketten zu Hakudoshi und verlangte ihr Geld zurück. Und das wollte er auf gar keinen Fall. Sein Schicksal dann…nun, dazu gehörte nur die Phantasie des Gladiatorenschulleiters.

Allerdings versuchte er im Gespräch mit seinen Kollegen dafür zu sorgen, dass die Senatorin nicht mehr allein auf die Strasse gehen sollte. Zum Glück waren Kouga und die anderen auch dieser Meinung, so dass das zumindest stimmen würde. Obwohl die Menschen gegen auch nur einen der sieben Krieger, den er erkannt zu haben glaubte, kaum eine Chance hätten, so würde der sich doch gegen drei oder gar vier Menschen härter tun als nur gegen zwei überraschte Frauen. Es sei denn, Naraku oder Hakudoshi wären so verrückt, gleich alle Sieben auf Kagomes Mutter zu hetzen. Aber mitten in der Hauptstadt sollte sie doch wohl zumindest davor sicher sein.
 

Senator Naraku hatte unterdessen von Bankotsu, dem Anführer der sieben Krieger, die Nachricht erhalten, dass das Attentat fehlgeschlagen war.

„Ich bedauere, aber die beiden Frauen waren allein, nichts verriet, dass die zwei dämonischen Gladiatoren in der Gegend waren. Und da der Auftrag lautete unauffällig zu bleiben, zog sich mein Waffenbruder zurück.“ Dieser hatte zuvor gemeint, beide seien ihm auf die Schnelle bekannt vorgekommen, aber natürlich würde er sie auch schon in der Arena gesehen haben. Überdies war der Gute nicht gerade das hellste Licht am Kranz. Kein Grund, mit einer derart vagen Möglichkeit den zahlungskräftigen Auftraggeber zu beunruhigen.

„Ich vermute, du hast deinem…Kollegen bereits deutlich gemacht, dass weiteres Versagen nicht geduldet wird. Hm. Zwei dämonische Gladiatoren. Kouga, davon wusste ich. Wer ist der Zweite?“

„Soll ich Nachforschungen anstellen, Senator?“

„Nein.“ Das würde zu spät sein. Die Jubiläumsfeiern musste auf jeden Fall nun die gute Frau ausrichten. Zwei aufeinander folgende Attentate auf sie wären zu verdächtig. Jemand würde sonst einen Plan dahinter vermuten. Schade. Diese Feiern zu veranstalten hätte seinen eigenen Namen in der Öffentlichkeit mehr als gut dastehen lassen: „Nicht nötig. Aber bleibt noch ein wenig in der Hauptstadt, es mag sein, dass ich für Mukotsu noch einen Spezialauftrag habe.“

„Wie du willst, Senator.“ Immerhin zahlte dieser ausgesprochen gut. Und er deckte seine Männer.

„Geh.“ Allein gelassen versank Senator Naraku in tiefes Nachdenken.
 

„Ach du liebe Güte!“ Kouga sprang zurück, eine Reaktion, die seinen Übungspartner Minari den Kopf drehen ließ. Auch er erstarrte. Beide wandten sich um und blieben nebeneinander stehen, die Waffen beiseite schiebend, was auch die anderen bewog, ihre Duelle abzubrechen und zu ihnen zu kommen.

Inuyasha, der gerade gegen Marcus und Tino, die beiden Samniten, gekämpft hatte, trat zu den anderen in eine Reihe und verschränkte wie diese die Hände auf dem Rücken, fragte jedoch leise: „Wer ist das?“

Denn Senatorin Higurashi hatte mit einem jungen Mann den Hof betreten, dessen lange weiße Haare und spitze Ohren verrieten, dass er ein Hundedämon sein musste. Er trug eine schwarze Rüstung und zwei Schwerter im Gürtel. Um seine Schulter schlang sich eine Art Boa. Aber was den halbwüchsigen Gladiator dazu bewog ihn geradezu fassungslos anzustarren und nicht, wie die anderen, höflich den Kopf zu senken, war das erstmalige Gefühl: der ist wie ich. Ihre Augen, ihre Haare…das war so ähnlich, auch, wenn der vollblütige Dämon keine Öhrchen auf dem Kopf trug.

„Der Sohn des Imperators, Sesshoumaru!“ zischte Marcus: „Da geht’s sicher um die Jubiläumsfeiern.“

Inuyasha lief ein unwillkürlicher kalter Schauder über den Rücken, als er dem Blick des Hundedämons begegnete. Er hatte das Gefühl gerade seinem eigenen Tod in die Augen zu sehen. Er hielt jedoch stand und senkte nicht den Kopf. Schön, das war der Sohn des Imperators, aber wieso starrte der ihn so an?

„Ein Halbdämon also, Senatorin.“ Die tiefe Stimme war ruhig.

„Ja, Sesshoumaru-sama.“

Eine nie gehörte Anrede, dachte Inuyasha prompt, aber das war wohl der Titel. Deswegen gaffte der ihn so an. Hatte er noch nie einen Halbdämon gesehen?

Die Senatorin fuhr mit gewisser Unruhe in der Stimme fort: „Ich dachte, für die Jubiläumsfeierlichkeiten…“

„Etwas Besonderes, ja. In der Tat. Kouga sah ich schon kämpfen. Auch er. Nein, alle. Es soll wirklich etwas….Unvergessliches für den Imperator werden.“ Sesshoumaru betrachtete erneut Inuyasha: „Und dazu ist eine solche...Attraktion sicher am Besten. Besprechen wir das.“

„Ja, Sesshoumaru-sama.“

Als die beiden gingen, entspannten sich die Gladiatoren.

„Alle! Wir alle werden auftreten!“, meinte Tino freudig: „Da wird es Geld geben, Leute.“

„Sesshoumaru“, dehnte Inuyasha: „Der Sohn des Imperators….“ Und das erste Wesen, das fast so aussah wie er selbst, der erste Hundedämon, den er zu Gesicht bekam.

„Ja. Was hast du? Er hat dich als Glanzstück ausgesucht. Du, das wird toll. Die Münzen und Blumen werden dir sicher nur so zufliegen, zumal dich keiner je zuvor kämpfen gesehen hat.“

„Meinst du? Ich habe ein ungutes Gefühl bei ihm.“ Irgendwie hatte er ihn so angesehen….so abschätzend, so kühl…wie Hakudoshi.

„Das hat jeder, der ihn trifft.“ Goku kam heran: „Er ist stark, aber nicht einmal die anderen Dämonen behaupten, dass sie ihn mögen, nicht wahr, Kouga?“

Der Wolfsdämon zuckte die Schultern: „Darauf kommt es nicht an. Er IST stark und ich würde ungern gegen ihn kämpfen wollen.“

„Er hat zwei Schwerter…“ meinte der Halbdämon plötzlich: „Angeber oder kann er damit umgehen?“

„Oh, das kann er. Er war mit bei dem Feldzug, “ antwortete Kouga: „Du weißt schon, im Westen, bei dem ich auch dabei war. Es war das erste Mal, dass er das Kommando über ein Heer hatte, aber kämpfen kann er, doch. Es hieß nur, er habe zu seiner Volljährigkeit ein Schwert von seinem Vater und eines von seiner Mutter erhalten. Um sie nicht zu verärgern, trägt er beide.“

Inuyasha nickte etwas, meinte jedoch spöttisch: „Klingt nach äußerst bravem Sohn…“ Als Muttersöhnchen hatte er den Sohn des Imperators doch nicht eingeschätzt

„Na, du hast die domina noch nie gesehen, sonst wüsstest du, warum sich nicht einmal ihr Sohn traut sie zu verärgern. Und natürlich schon gleich gar nicht den Imperator selbst.“

„Domina?“

„Das ist der Titel der Ehefrau des Herrschers. Du bist wirklich ein Provinzler, Halbdämon!“ Kouga lachte etwas spöttisch auf: „Na, komm schon, du gegen mich...jetzt.“

Sie begannen wieder zu üben.
 

Senatorin Higurashi schüttelte etwas den Kopf: „Sesshoumaru-sama…“

„Was behagt dir an meinem Programm nicht, Munus?“

„Sicher, ein Halbdämon ist eine Attraktion, aber so viele Kämpfe, die er bestreiten soll – das wird gefährlich für ihn.“

„Er ist ein halber Hundedämon. Und du kannst gewiss sein, ich weiß, wie groß seine Kraft ist. Und wann sie zu Ende ist.“

Sie wusste, dass er die Wahrheit sprach, da kein Dämon je log, konnte aber ein unbehagliches Gefühl nicht unterdrücken: „Davon bin ich überzeugt“, meinte sie höflich: „Dennoch könnte ich mir vorstellen, dass es der Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, nicht gern sehen würde, wenn ein Mitglied, sei es auch nur ein halbes, seiner Art stirbt.“

„Nun, ich bin der Veranstalter bei den Feiern zu Ehren unseres mächtigen Imperators, meines Herrn und Vaters. Und du hast zu gehorchen.“

„Selbstverständlich“, beeilte sie sich zu beteuern. Sie war von dem Posten des Munus abhängig. Die Lebenshaltungskosten, die Unkosten für das Senatorenamt, die Unkosten für die Ausbildung ihrer Kinder – das alles beruhte nur auf diesem, für eine Frau äußerst ungewöhnlichen, Amt. Und sie bezweifelte nicht, dass es Sesshoumaru gelingen würde, seinen Vater davon zu überzeugen, ihr den Posten zu entziehen. Es gab genug andere, die das Amt begehrten, allen voran Senator Naraku. „Es ist nur meine Pflicht dir fachliche Einwände zu bringen.“

„So sind wir uns einig. – Für den letzten Durchgang werde ich selbst eine Überraschung aufstellen.“

„Einen Dämon? – Erneut Kouga…“

„Nein. Kouga macht den Beginn.“ Und zum Ende wieder einen Dämon. Oder mehrere. Es gab einen zwölfstündigen Aufstand und die Anführer saßen im Kerker. „Gut, Munus. Das Programm steht. Kümmere dich um die Durchführung.“

„Ja, Sesshoumaru-sama.“ Was sollte sie Anderes sagen? Und zumindest bis zu den Feierlichkeiten hatte sie nun keine Möglichkeit direkt mit dem Imperator über die Kampfschule in Avenna zu reden. Sesshoumaru war der offizielle Veranstalter und damit ihr Ansprechpartner. Es würde fatal sein ihn zu verärgern, in dem man auch nur den Anschein erweckte ihn nicht für voll zu nehmen.
 

Nur kurz nach dem Abendessen kam Kagome zu den Quartieren der Gladiatoren, die gemeinsam im Vorraum saßen, redeten und würfelten: „Inuyasha...ich ...kann ich mit dir reden?“

„Das schickt sich nicht, allein mit ihm zu reden“, warf Kouga prompt ein und bekam einen funkelnden schwarzen Blick:

„Aber mit dir und ihm allein? Ich sagte, ich will mit ihm reden.“

„Ich komme ja schon!“ Inuyasha war bereits unterwegs, ohne den Wolfsdämon weiter zu beachten.

Draußen meinte sie: „Komm, setzen wir uns da auf die Bank unter dem alten Baum. Ich…Mutter macht sich Sorgen.“

Unwillkürlich war der junge Halbdämon alarmiert: „Warum? Wegen des Anschlages?“ War da schon wieder etwas geschehen?

„Nein. – Der Sohn des Imperators hat das Programm zusammengestellt. Mit dir als Hauptkämpfer.“

„Ja, das habe ich verstanden. Warum macht sie sich Sorgen? Die anderen meinten, ich wäre eine gute Zugnummer, es würde viel Geld geben.“ Traute sie ihm das nicht zu? Hielt sie ihn für so schwach? Und Kagome war auch dieser Meinung? Das war enttäuschend.

„Ja, das schon. Je mehr Kämpfe du bestreitest, desto höher dein Anteil an den Einnahmen. Und die Arena wird voll sein, das ist sicher.“ Sie betrachtete so nervös ihre Hände, dass er unwillkürlich den Arm um sie legte:

„He, glaubst du vielleicht, ich werde mit dem Wölfchen da nicht fertig? Oder den anderen?“

Sie duldete die Umarmung, meinte jedoch: „Darum geht es nicht. Mutter sagte, dass der Sohn des Imperators harte Kämpfe für dich ansetzte – und wohl den schwersten zum Schluss.“

„Das pack ich schon. Du könntest mir etwas zutrauen!“ Er bemerkte, dass er sie noch immer umfing und ließ etwas hastig los. „Ich bin immerhin kein Mensch!“

„Ja, und er meinte ja auch, dass du ein halber Hundedämon wärst und er schon wisse, was du kannst und was nicht. Genau das macht ihr ja Sorgen.“

„Muss ich das jetzt verstehen?“

„Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst…Mama hat das Gefühl, Sesshoumaru legt es darauf an, dass du dabei verletzt wirst, wenn nicht schlimmeres.“

„Aber gesagt hat er das nicht.“ Warum war er eigentlich bemüht, den Hundedämon zu verteidigen? Wohl genau darum. Das erste nichtmenschliche Wesen, das zumindest halb wie er selbst war, seine zweite, bislang unbekannte, Hälfte…

„Nein“, musste sie zugeben.

„Ich meine, ich mag ihn nicht besonders. Er wirkt auf mich wie ein ziemlich eiskalter und machtbewusster Mistkerl. Aber er kann ja mich kaum umbringen. Du und deine Mutter habt doch gesagt, wie das hier abläuft. Und dass der Imperator das nur als Schauspiel sehen will.“

„Ja, schon. Ich wollte dich nur warnen. Das wird schwer.“

„Keh! Ich und Tessaiga werden gewinnen.“

„Tessaiga?“

Er deutete auf sein Schwert: „Das hat diesen Namen.“

„Oh, das ist dann wertvoll, oder? Nur wertvolle Schwerter bekommen eigene Namen.“

„Ja, mag sein.“ Aber er glaubte es nicht. Warum hätte Hakudoshi es ihm lassen sollen? „Aber es war ein sehr….eigenartiger Typ, der es geschmiedet hat. Hieß Toutousai.“

„Ja, den Namen habe ich schon einmal gehört. Er ist ein sehr berühmter Schmied und seine Schwerter sollen so teuer sein wie ein ganzes Wagengespann samt Wagen.“ Sie betrachtete ihn: „Das gehört dir?“

„Ja, er…er verkaufte es, weil es mich ausgesucht hatte. Er meinte, das tun Dämonenschwerter, sie suchen sich ihren eigenen Herrn. Und keiner außer mir könne damit umgehen.“ Darum hatte es ihm der Schulleiter wohl auch gelassen. Für jeden anderen Sklaven wäre es nur ein Stück Metall.

„Dann wirst du gewinnen.“ Sie atmete etwas auf: „Und du bist ja doch kein Mensch, da wird das schon klappen.“

„Ja. – Äh, Kagome…darf ich dich um etwas bitten?“

Sie wurde unwillkürlich etwas verlegen. Hier im Hof, allein unter dem Baum mit einem jungen Mann sitzend…was wollte er? Aber sie meinte: „Ja.“

„Geh nicht mehr allein auf die Strasse. Ich mache mir Sorgen um dich.“

„Wegen des Überfalls neulich? Ja, Mama meinte auch, dass wir nur noch in Begleitung von Gladiatoren gehen. Kouga hat sie da wohl überredet. Aber ich denke, dass das nicht notwendig ist. Es ist sehr nett, dass ihr euch Sorgen macht, aber das war sicher nur ein Verrückter.“

Inuyasha, der in ihm einen der sieben Krieger erkannt hatte, schüttelte etwas den Kopf, wollte das Mädchen aber nicht erschrecken: „Schon, aber er ist immerhin entkommen. Was, wenn er sein Glück ein zweites Mal versuchen will?“

„Schon gut. Mama hat ja gesagt, dass wir nicht mehr allein gehen.“ Sie stand auf: „Gute Nacht, Inuyasha.“

„Gute Nacht, Kagome.“ Als er zum Quartier zurückging, bemerkte er gerade noch, dass Kouga hinter der Tür verschwand. Der Wolf hatte zugesehen, wohl zugehört. Verdammt, wieso war der Idiot nur so auf Kagome versessen? Das ließ seine Chancen bei ihr doch erheblich schwinden. Außerdem, dachte er etwas resignierend, würde doch wohl auch ein vollblütiger Mensch bei ihr mehr Aussichten haben. Er war ein Halbdämon, weder Dämon noch Mensch – nichts Richtiges.
 

Senator Naraku empfing seine Tochter nicht sonderlich freundlich: „Nun, Kagura?“

Diese schluckte unwillkürlich, meinte jedoch: „Es gelang mir im Palast in Erfahrung zu bringen, wie das Programm bei den Jubiläumsfeierlichkeiten aussehen soll. Sesshoumaru selbst hat es ausgesucht.“

„Natürlich die Gladiatoren von Munus Higurashi.“

„Ja. Aber…“

„Aber?

„Es ist eine besondere Attraktion vorgesehen, ein neuer Gladiator.“

„Hat sie noch einen Dämon überzeugen können für sie zu arbeiten und nicht nur diesen Kouga?“ Das musste dann der andere Störenfried gewesen sein von dem Bankotsu berichtet hatte.

„Einen Halbdämon.“

Der Senator setzte sich etwas auf: „Einen Halbdämon?“

„Ja, ich weiß, dass es sie nicht geben soll, aber es soll ein richtiger, echter sein“, beteuerte sie.

„Nun, Sesshoumaru wird ihn sich angesehen haben und man kann ihn nicht belügen. Interessant. Er soll also die Hauptkämpfe bestreiten?“

„Ja. Und soweit ich hörte, wird das schwer und gefährlich für ihn. Dabei soll er noch recht jung sein, aber der Sohn des Imperators will seinem Vater wohl ein exquisites Programm bieten.“

„Umso bedauerlicher wäre es doch für die gute Senatorin, wenn Sesshoumaru das nicht könnte, zum Beispiel, weil dieser Halbdämon krank wurde….“ Der Senator verschränkte die Finger: „Schicke Mukotsu zu mir.“
 

Inuyasha war aufgeregt, aber das hätte er keinem Anderen gegenüber zugegeben. Es war das erste Mal, dass er vor Zuschauern in der Arena antreten sollte, noch dazu vor so vielen und gar als Hauptattraktion. Hoffentlich würde er alles richtig machen, hoffentlich würde er die Senatorin und vor allem Kagome nicht enttäuschen. Er war sicher, dass es schwer werden würde, ganz umsonst machten sich die beiden bestimmt keine Sorgen. Aber er war auch der Meinung, dass sie nicht so genau wussten, wie stark er war. Halbdämonen gab es eben so gut wie nie und so kannte auch niemand seine Fähigkeiten. Unwillkürlich fasste er immer wieder nach Tessaiga. Das war sein Schwert, sein Partner und zusammen würden sie das schon hinbekommen.
 

Er übte noch mehr als gewöhnlich in diesen Tagen und seine Kollegen, die seine Aufregung vor dem ersten Turnier nachvollziehen konnten, stellten sich ihm immer wieder auch zu viert als Trainingspartner gegenüber. Erst, wenn die genaue Kampfchoreographie des Munus vorlag, würden sie nur noch diese proben.

Marcus sprang zurück: „Hör auf, Inuyasha, das reicht absolut für heute. Essen steht auch schon da.“

„Ja, schon gut.“ Der junge Halbdämon konnte es riechen: „Gehen wir.“

„Du machst das wirklich inzwischen sehr publikumswirksam. Ich hoffe ja, dass das auch für uns mehr Münzen geben wird.“

„Du bist nicht eifersüchtig?“

Marcus lachte auf: „Das hätte ich dann schon bei Kouga sein müssen. Nein, es ist schon einträglich im Stall des Munus des Imperators zu sein. Aber dann noch mit Dämonen, Halbdämonen…ihr seid sehr selten in den Arenen, weißt du. Und mir geht es ums Geld. Ich habe noch fünf Jahre vor mir, dann bin ich aus dem Vertrag. Danach will ich mir ein kleines Landgut kaufen, Wein anbauen…“

„Klingt gut.“ Das wäre auch etwas für ihn, wenn er in zwölf Jahren frei wäre. Ob Kagome so etwas gefallen würde?

„Wo steckt denn Goku?“ wurden die beiden von Tino empfangen, als sie ins Quartier kamen.

„Das weiß ich nicht“, antwortete Inuyasha: „Wir waren die Letzten auf dem Hof.“ Aber das war eigenartig. Der Kämpfer aus dem Osten war gewöhnlich der Erste beim Essen: „Ich geh mal nachsehen.“

„Ich komme mit.“ Kouga sprang auf: „Nicht, dass ein erneuter Überfall auf die Senatorin erfolgt und er kämpft…“

Da erhoben sich alle.
 

Nur kurz darauf fand die feine Nase des Halbdämons den Vermissten, in einem Gebüsch nahe der Mauer liegend, offensichtlich mit hohem Fieber.

Er hob ihn auf: „He, Goku! Ich bringe dich ins Quartier.“

„Der Kuchen…“

„Was für ein Kuchen?“

„Ein Mädchen…ich denke, es war ein Mädchen…hatte einen Kuchen…hinter der Mauer. Ich...er..“

„Für dich und du hast ihn gegessen?“

Der kranke Gladiator nahm sich sichtlich zusammen: „Für dich...ich habe ihn gegessen…“

„Macht nichts“, tröstete Inuyasha prompt, dem der andere Leid tat.

„Inu….das war Gift…!“

„Was?“ Kouga war herangekommen: „Jemand hat dich vergiftet? – Marcus, geh zur Senatorin. Goku braucht dringend einen Medicus!“

Da dieser inzwischen bewusstlos schien, erklärte Inuyasha: „Er sagte, er habe über die Mauer hinweg einen Kuchen geschenkt bekommen, von einem Mädchen, und er hat ihn gegessen. Allerdings hätte das mein Kuchen werden sollen.“

Der schnelle Wolf brauchte nicht zu überlegen: „Verdammt! Da wollte jemand die Attraktion ausschalten.“

„Was würde es denn für die Senatorin bedeuten, wenn ich nicht auftreten könnte?“

„Sie wäre den Posten des Munus los, mindestens, eher auch noch den Sitz im Senat. Sesshoumaru versteht keinen Spaß, wenn es gegen seine Interessen geht. Und er würde sich vor seinem Vater bis auf die Knochen blamieren, bekäme er nicht die angekündigten Spiele zu dessen Jubiläum hin.“

Ohne weiter nachzudenken, da er den Bewusstlosen in seinen Armen betrachtete, entfuhr es Inuyasha: „Dann steckt Senator Naraku dahinter.“

„Das würde ich nicht so laut sagen, Hündchen. Der Senator hat hohe Protektion.“ Aber Kouga schwieg eine Weile: „Dann pass nur gut auf dich auf, bis in einer Woche das Turnier beginnt.“

„Wir passen alle auf dich auf“, meinte Tino: „Schon um des Munus willen.“

Der junge Halbdämon nickte nur.
 

***************

Inuyasha nimmt an, dass er Sesshoumaru nur so ähnlich sieht, weil beide Hundeblut haben? Er wird bald erneut feststellen, dass das Leben in der Hauptstadt für ihn gefährlich ist. Im nächsten Kapitel beginnt sein großer Tag: Vorkämpfe.
 

bye
 

hotep

Vorkämpfe

Our time has come, get ready to fight

Sisters and brothers in metal unite

The dreams that you had are about to come true

The voice of the warrior is calling for you
 

Hammerfall: The way of the warrior
 

Am Morgen des großen Tages war Inuyasha schon früh auf den Beinen. Immer wieder prüfte er Tessaiga, dessen Sitz in seiner Scheide. Seine Kollegen, nicht einmal Kouga, verloren kein Wort darüber. Sie kannten nur zu gut die Nervosität vor dem ersten Kampf, waren auch selbst ein wenig angespannt. Aber das gehörte dazu und schon beim zweiten Mal würde auch der Junge wissen, wie das alles ablaufen sollte.

„Die Senatorin“, meinte Tino und die Gladiatoren stellten sich eilig in einer Reihe auf, bereits in ihren Kampfkleidungen.

Sie kam heran, wie stets bei öffentlichen Auftritten in dem weißen Gewand, an der ein dunkelroter Streifen den Rang eines Senatsmitgliedes verriet: „Guten Morgen. Ich hoffe, ihr habt die Anleitungen alle gut geübt. Goku kann leider nicht mit auftreten, er ist noch zu geschwächt. Der Hofmedicus meinte jedoch inzwischen, dass er sicher überleben wird.“ Sie bemerkte das unwillkürliche Aufatmen seiner Kollegen, die ihn nicht hatten besuchen können, war er doch im Palast des Imperators untergebracht worden und sie hatten sich vorbereiten müssen: „Ich habe daher seine Kämpfe ersatzlos ausfallen lassen. Ihr müsst euch bemühen, die euren etwas in die Länge zu ziehen, aber das sollte euch allen gelingen. Gut. Dann gehen wir. Hinter meiner Sänfte Kouga und Inuyasha, dann Minari und Gaius, die Netzkämpfer, Tino und Marcus, die Samniten, machen den Abschluss. Ich wünsche euch allen viel Erfolg.“

„Danke, Munus“, erwiderte Kouga als Sprecher der Gladiatoren höflich.

Als sie sich in der gewünschten Reihenfolge aufstellten, flüsterte Inuyasha: „Kagome ist nicht dabei?“

„Sie kommt später, normalerweise, wenn das eigentliche Programm beginnt, wie auch die anderen Zuschauer. - Oh, du hast Recht. Sie ist dann ohne Schutz durch uns. Mist, daran haben wir gar nicht gedacht.“ Er sprang vor: „Äh, Senatorin…deine Tochter hat keinen Schutz, wenn sie...“

„Schon gut, danke, Kouga. Sie hat bei einer Freundin übernachtet und kommt mit den Dämonenjägern.“

Zufrieden ließ sich der schnelle Wolfsdämon wieder zurückfallen.

Inuyasha hatte es ebenfalls gehört und war beruhigt. Zum einen, dass sie sicher in die Arena gelangen würde – und zum zweiten, dass sie wirklich zusehen würde. Er wollte doch für sie kämpfen. Für sie und Mama.

Zunächst jedoch stand ihm der Gang durch die Menge bevor. Seine Kollegen hatten ihn vorgewarnt, kannten die Szene aus Erfahrung, aber er war beeindruckt, ja, ein wenig verwirrt. Zu Hunderten säumten die Menschen und Dämonen den Weg vom Haus der Senatorin zur Arena, nur mühsam von dämonischen Kriegern zurückgehalten, berührten immer wieder die Gladiatoren, die sich das gefallen ließen, fast dauernd in die laute Menge winkten. Sie galten als Helden und das war eben so. Der junge Halbdämon folgte diesem Beispiel, wie es ihm gesagt worden war. Er war nur froh, dass niemand seine Ohren anfasste. Kougas Schwanz musste immerhin einige Male dran glauben.
 

Auf dem großen Platz vor der Arena war bereits eine lange Tafel mit den verschiedensten Speisen darauf aufgebaut worden. Weitere Dämonenkrieger hielten die Zuschauer in weitläufigem Abstand im Kreis darum: das beliebte Essen der Gladiatoren. Inuyasha verstand diese Sitte nicht so ganz, aber auch er hatte, wie die anderen, gestern Abend nichts gegessen, um hier tüchtig zugreifen zu können. Tino hatte gemeint, es sei eine Art Wettessen und die Zuschauer würden anhand der Mengen, die ein Gladiator aß, abschätzen wollen, ob er kräftig sei und gewinnen könne.

So ließen sich die Sechs nieder, nachdem die Samniten ihren Helm angenommen hatten, durch den sie nichts essen konnten. Inuyasha hörte wie in der Menge sein Name fiel, die Namen der anderen, bemerkte, dass die Leute auf ihn zeigten. Eindeutig waren sie berühmt – obwohl ihn doch noch niemand kämpfen gesehen hatte. Aber er fasste mit gutem Appetit zu. An ihm sollte es nicht liegen. Zum Glück war das Essen jetzt am Vormittag, bis zu seinem Auftritt würden Stunden vergehen und er wieder vollkommen beweglich sein.
 

„Können wir eigentlich auch zusehen?“ erkundigte er sich leise bei Minari, der neben ihm saß.

Der Netzkämpfer nickte und nahm ein Stück Hühnchen: „Bis kurz vorher. Dann müssen wir uns ja vorbereiten. Und dann, wenn du allein gegen die anderen bist, können wir dir auch wieder zusehen. Da gibt es extra verborgene Plätze unten an der Arena. Ich zeig sie dir nachher.“

„Gut, danke.“ Er hatte schon befürchtet, dass sie die ganzen langen Stunden in den dunklen Katakomben absitzen mussten. Aber anscheinend liefen diese Turniere doch ganz anders ab, als Hakudoshi das immer gesagt hatte. Nun, eigentlich hatte er auch nicht erwartet, dass ihn Kagome oder ihre Mutter angelogen hätten.
 

Plötzlich erstarrte er, als er einen Mann in der Menge sah, den er lieber nicht in der Hauptstadt gewusst hätte: einen der sieben Krieger, der ihm schon einmal seine Ohren hatte abschneiden wollen. Wie war sein Name? Er fiel ihm nicht mehr ein, aber er wusste, dass dieser scheinbar so feminin und weich wirkende Mann ein gefährlicher Kämpfer war. Und dass die sieben Krieger immer beisammen waren. Also waren sie wirklich alle hier. Hoffentlich passierte Kagome nichts - oder ihrer Mutter. „Wo ist eigentlich die Senatorin?“ fragte er flüsternd.

„Sie ist der Munus und hat wohl noch eine Menge zu tun. Im Moment wird sie sicher Sesshoumaru Bericht erstatten, da er heute ja offiziell der Veranstalter ist. Später wird sie hinten in der Loge des Imperators sitzen, schließlich ist sie ihm, oder diesmal auch seinem Sohn, Rechenschaft schuldig, wenn etwas schief geht.“

Der Imperator selbst und auch Sesshoumaru waren also in ihrer Nähe. Und die hatten doch bestimmt so etwas wie eine Leibwache. Da wäre auch die Senatorin sicher.
 

Während der vormittäglichen Sportveranstaltungen sahen die Gladiatoren zu. Für sie war ein durchbrochener Bogen im Mauerwerk freigelassen worden, so dass sie aus den Katakomben freien Blick in die Arena hatten, allerdings kaum von den Zuschauern bemerkt werden konnten.

Inuyasha starrte überwältigt in das Rund. Nie zuvor hatte er so viele Menschen und Dämonen auf einen Haufen gesehen. Die Arena war voll. Und dort drüben…das war die Loge des Imperators. Auf diese Entfernung war die Senatorin nicht zu erkennen, zumal sie sich gewiss hinten hielt, aber sie würde da doch sicher sein. Interessanter fand er dann den Imperator und seine Familie, soweit er sie aus dieser Distanz betrachten konnte. Sesshoumaru hatte er ja bereits gesehen, aber die weißhaarige Frau auf der linken Seite des Herrschers musste die domina sein. Sie saß über Stunden vollkommen regungslos und beobachtete die Rennen, die Ringkämpfe. Das waren also drei echte Hundedämonen. Ob sein Vater auch solche weißen Haare besessen hatte? Sicher, immerhin hatte er selbst ja auch welche. Als zuvor der Imperator die Loge betreten hatte, war das gesamte Rund unter den Jubelrufen buchstäblich erbebt. Er hatte gespürt, wie ihn unwillkürlich ein kalter Schauder überlief. Diese Leute waren alle so begeistert und es hatte einige Zeit gedauert, bis er die Rufe verstand: „Imperator, Triumphator!“

Sein Blick glitt weiter. Das mussten die Plätze für die Senatoren sein. Ob dieser Naraku auch dabei war? Vermutlich schon, aber er konnte kaum die Gesichter unterscheiden – und hatte ihn ja noch nie gesehen. Oberhalb waren die Plätze der Beamten und der Dämonenjäger, aber er konnte weder Sango noch Miroku erkennen. Das war zu weit weg, zu viele Leute.

„He, Inuyasha!“ krähte jemand und er wandte den Kopf:

„Shippou, du kleine Nervensäge. Was ist los?“

Der flüsterte: „Dich will jemand sprechen….“

„Und wer?“

„Jetzt komm schon!“ Der kleine Fuchsdämon zerrte an ihm: „Das ist nämlich verboten!“

„Inuyasha!“ Kouga wurde aufmerksam: „Du darfst jetzt nicht mehr weggehen!“

„Ich geh auch nicht weg, keine Sorge. Schließlich lasse ich die Senatorin doch nicht hängen.“ Er warf einen letzten Blick auf den Ringkampf zweier Bärendämonen in der Arena, ehe er Shippou folgte. Seine Nase verriet ihm, wer hinter der Säule auf ihn wartete, ehe er Kagome sah:

„Was machst du denn hier?“

„Ich wollte dir nur Glück wünschen“, meinte sie eilig: „Danke, Shippou. Pass du auf, dass niemand kommt, ja?“ Und da der kleine Fuchs eilig verschwand: „Das ist nämlich verboten, weißt du. Niemand darf euch Kämpfer jetzt noch besuchen, um euch nicht abzulenken.“

„Schon gut. Und was machst du dann hier?“

„Wie gesagt, ich wollte dir Glück wünschen. Das wird sicher schwer zu gewinnen. Sango, das ist meine Freundin….“

„Die Venatrix. Ich kenne sie.“

Sie war etwas überrascht, erklärte jedoch: „Sie erzählte, dass du als gewisse Sensation angekündigt wirst. Und das bedeutet natürlich, dass der Sohn des Imperators nicht sein Gesicht verlieren will. Es wird schwer werden.“

„Keh. Das schaffe ich schon. Ich habe gut geübt.“

„Ich hoffe es.“ Sie betrachtete ihn. Er war doch ein Junge, höchstens so alt wie sie selbst – und es würde gefährlich für ihn werden. In jähem Impuls richtete sie sich auf und küsste ihn flüchtig. Da er prompt rot wurde, wurde sie es auch: „Nur...nur als Glücksbringer…“ murmelte sie, ehe sie eilig verschwand.

Der junge Halbdämon starrte ihr fassungslos hinterher, sah, dass ihr Shippou sofort folgte, ehe er unwillkürlich über seine Lippen rieb. Nun ja, Glück konnte er gebrauchen. Aber die Art dieses Wunsches….Er drehte sich um und kehrte zu den anderen zurück. Er wollte für Mama und Kagome kämpfen – und das würde er auch tun.
 

Gegen Mittag verkündeten Ausrufer eine einstündige Pause der Darbietungen – und dass, wer wolle, sich kostenlos etwas zu essen und zu trinken besorgen könne. Die Gladiatoren wurden ebenfalls gut versorgt, auch, wenn keiner nach dem üppigen Mahl am Morgen zufasste. Überdies wollten sie gelenkig und schnell bleiben, um eine gute Darbietung abliefern zu können.

Inuyasha hatte bemerkt, dass Kouga ihn mied und er wusste, dass der Wolfsdämon Kagome gerochen hatte – und eifersüchtig war. Aber das war eben nicht zu ändern. Immerhin hatte sie mit ihm reden wollen und nicht mit dem schnellen Wolf. Und er gab sich selbst zu, dass ihn das freute. Vielleicht...ja, vielleicht….Er lehnte sich an die kühle Mauer und versank in äußerst angenehmen Tagträumen.

Er sah erst auf, als ein menschlicher Mann hereinkam, den er nie zuvor kennen gelernt hatte: „So, nach der Mittagspause seid ausnahmsweise ihr schon dran. – Du bist wohl Inuyasha? Der erste Auftritt?“ Da der Halbdämon nickte: „Und dann gleich so ein großer. Na, ich bin neugierig, was du kannst. Oh, mein Name ist Publius. Ich bringe euch zur Arena. - Der Plan des Munus liegt mir vor. Also, zuerst ganz klassisch, Samnit gegen Netzkämpfer, laut Anweisung Minari gegen Tino. Dann Kouga gegen Inuyasha, wie ihr sicher wisst. Und als dritter Kampf ist vorgesehen Inuyasha gegen Vier, also zwei Samniten und zwei Netzkämpfer. - Tja., Weiß einer von euch, wie es dann weitergehen soll?“ Er kannte die Gladiatoren aus diversen Vorstellungen.

„Was meinst du?“ erkundigte sich Kouga überrascht: „Ich dachte…nun, mehr hat uns die Senatorin nicht vorgegeben.“

„Ja, auch auf meinem Plan steht nichts Genaues. Nur, dass dann der Sohn des Imperators noch eine Überraschung plane – und dass Inuyasha allein in der Arena sein soll. Eigenartig. – Du weißt auch nichts?“

„Nein.“ Der junge Halbdämon dachte an Kagomes Besorgnis. War es das? „Keh“, meinte er: „Gleich was es ist, ich mach es fertig. Vielleicht irgendein Tier?“

„Ich denke nicht, also, wir haben nichts Besonderes in den Stallungen, soweit ich das mitbekam. Aber ich bin für die Auftritte der Menschen und Dämonen verantwortlich, nicht für die Tiere. Nun, wir werden es sehen. Schiedsrichter sind heute zwei Priester Hong und Kong…Oh, ich kann mir die Namen nicht merken. Sie stammen aus den östlichen Provinzen. Gut. Bereitet euch vor. Minari, Tino, ihr seid dran, sobald das Publikum wieder zurück ist.“
 

Senator Naraku betrachtete mehr als nachdenklich den Programmzettel in seiner Hand, ohne den gut choreografierten Kampf Netzkämpfer gegen Samnit unten im Sand zu beachten. Ein echter Halbdämon! Wie war sie an den gekommen? Leider war es nach den beiden misslungenen Attentaten auf diesen Mischling und die Senatorin nicht möglich gewesen ein drittes innerhalb einer Woche durchzuführen ohne unerwünschtes Aufsehen zu erregen.

Und warum hatte Hakudoshi ihm eigentlich den Halbdämon noch nicht geschickt, den er da ausbildete? Der musste doch fertig sein? Nun, so oder so wäre er jetzt nur mehr der Zweite, der eine derartige Spezialität bieten konnte – und sie schaffte das ausgerechnet bei den Jubiläumsfeierlichkeiten. Davon würde sein Sohn noch zu hören bekommen.

Minari und Tino hatten unterdessen ihr Duell beendet, nachdem es dem Netzkämpfer gelungen war, seinen Gegner einzuwickeln – die Senatorin verstand etwas von der Planung und ließ im ersten Kampf gern den scheinbar Unterlegenen gewinnen. Der Applaus der Zuschauer bewies es gerade wieder, ebenso die Münzen und Blumen, die von den Sitzen in die Arena geworfen wurden.

Als Munus war sie leider wirklich nicht ungeschickt. Sie würde kaum das Wohlwollen des Imperators verlieren – außer, dieser Halbdämon, den sie aufgetrieben haben wollte, wäre gar keiner. Das hätte allerdings Sesshoumaru schon zuvor festgestellt. Und der neigte nicht dazu, Betrugsversuche an sich mit Nachsicht hinzunehmen. Nein. Seinen schönen Plan, über das Amt des Munus des Imperators seinen Namen in der Öffentlichkeit gut darzustellen, konnte er wohl vergessen. Wenn das heute hier vorbei war, würde er sehr gut über neue Vorgehensweisen nachdenken müssen. So viel Zeit verschwendet….

„Vater“, flüsterte Kanna neben ihm und er sah zu ihr. So nickte sie in die Arena, wo soeben zwei dämonische Kämpfer eintraten

Er betrachtete sie. Einen kannte er aus vergangenen Veranstaltungen: „Kouga. Das andere ist dann der Halbdämon.“ Recht jung noch.

„Ich kenne ihn.“

Jetzt wurde er aufmerksam. Kanna war eine treue Tochter und würde nicht wagen sich auch nur zu irren, ganz im Gegensatz zu ihrer Schwester, die es geschafft hatte den falschen Gladiator zu vergiften und daher noch immer angekettet zu Zimmerarrest verurteilt war: „Woher?“

„Ich sah ihn vor zwei Jahren oder etwas mehr bei Hakudoshi. Er übte bei ihm. “

Naraku betrachtete die beiden Gladiatoren. Wie war die Senatorin an ihn gekommen? Hatte sie ihn von Hakudoshi? Wie konnte der es wagen…! Nun, eine kleine Reise nach Avenna wäre wohl angebracht. Und der Herr Sohn würde besser daran tun, seine Fragen beantworten zu können.
 

Inuyasha bemühte sich seine Aufregung nicht zu zeigen, als er plötzlich zum ersten Mal in seinem Leben die Aufmerksamkeit von zwanzigtausend Personen auf sich gerichtet sah, und ging scheinbar gelassen neben Kouga in die Mitte des Rundes, wo die beiden weiß gekleideten Schiedsrichter sie erwarteten. Wie es ihm beigebracht worden war, verneigte er sich etwas gegen diese, dann gegen seinen Widersacher. Der Wolfsdämon tat es ihm gleich, ehe sie sich gemeinsam zur Loge des Imperators wandten und sich erneut etwas verneigten. Der junge Halbdämon versuchte dabei neugierig einen genaueren Blick auf den Herrscher zu erhaschen. Das war also ein richtiger Hundedämon, wie auch Sesshoumaru, der neben ihm saß und seinerseits ihn musterte. Nun gut, das war kaum auffällig, alle Augen in der Arena waren im Moment auf ihn und seinen Gegner gerichtet. Die Schiedsrichter wichen etwas zurück, wohl wissend, wie viel Platz der schnelle Wolf gewöhnlich benötigte – und sie vermuteten aus Erfahrung, dass der Neue ebenfalls schnell und stark war, sonst würde der Munus sie nicht einzeln gegeneinander stellen.
 

„Ein Halbdämon!“ Die domina blickte am Imperator vorbei zu ihrem Sohn: „Eine wirklich ungewöhnliche Attraktion, die du deinem Vater, unserem Herrn und Imperator, da anbietest.“ Ihre Ahnung lag nicht in ihrer Stimme.

„Danke, verehrte Mutter. Ich denke, es wird noch besser.“ Sesshoumaru hatte durchaus bemerkt, dass sein Vater ebenfalls den Halbdämon betrachtete, ohne dass es freilich möglich gewesen wäre in seinem Gesicht zu lesen. Überdies hatte wohl jeder im Rund den Jungen gemustert. Halbdämonen galten als undenkbar, als reine Legenden und kaum hier jemand hatte einen zu Gesicht bekommen.
 

Der Imperator fixierte den jungen Gladiator, der soeben mit einem gewaltigen, übermenschlichen Sprung Kougas berühmten Tritten auswich. Keiner der beiden Kämpfer zog zu diesem Zeitpunkt sein Schwert. Sein Munus hatte dies sicher so angeordnet, um Steigerungsmöglichkeiten zu haben. Auch so war der Kampf schnell und sehr gut einstudiert – und das Raunen im Publikum verriet, dass zumindest die Menschen bereits Probleme hatten, dem Tempo zu folgen. Aber der Herrscher hatte andere Gedanken.

Das war ein Halbdämon namens Inuyasha, aus dem Stall der Senatorin Higurashi, so stand es im Programm. Und ihm waren in der Folge einige schwere Kämpfe zugeteilt worden. Zu schwer für einen so jungen Mann? Ein Halbdämon war äußerst selten, er hatte nur von zweien je im gesamten Imperium gehört, von denen allein einer noch lebte. Und dies hier war sogar offensichtlich einer, dessen Elternteil ein Hundedämon gewesen war – eigentlich unmöglich. Er kämpfte nicht schlecht, schien gut ausgebildet worden zu sein. Aber was den Imperator stutzen ließ war das jugendliche Alter, das Aussehen - und der Name.

Seine Hand glitt über seine Kleidung, tastete unauffällig nach einem kleinen Gegenstand darunter, als er sich plötzlich an ein Gespräch im Morgengrauen erinnerte, vor so langer Zeit, dass er es vergessen hatte.

„Du weinst….“

„Ja, mein Herr.“

Er hatte es ebenso gewusst: der Morgen würde den Abschied bedeuten – wohl für immer. Länger hatte er seinen Aufenthalt hier unmöglich hinausziehen können, aber sie mitnehmen wäre ebenso unmöglich gewesen, schon um ihretwillen. Als Menschenfrau allein in einem Dämonenheer und später gar in seinem Palast – er kannte seine Ehefrau und ihren Stolz.

Leise hatte sie gefragt: „Wenn ich ein Kind erwarte, wie soll ich es nennen?“

„Das ist unmöglich. Kinder aus unseren Rassen sind schon immer äußerst selten gewesen. Aber ich bin zu stark. Dein Körper würde niemals mein Kind austragen können.“ Auf ihren flehenden Blick hin hatte er dann doch ergänzt: „Nun, dann nenne ihn Inuyasha…“

Inuyasha.

Konnte es wirklich möglich sein…?

Er hatte sich immer für so ehrenwert und schonungsvoll gehalten. Konnte es sein, dass er ausgerechnet bei ihr alles genommen und nichts gegeben hatte...?

Er wandte den Kopf: „Ein interessanter neuer Kämpfer, Senatorin. Wo hast du ihn gefunden?“

„Danke, domine“, erwiderte sie höflich: „In der Kampfschule von Avenna. Aber er stammt aus den nördlichen Provinzen, jenseits der Hohen Berge.“

Als ob er die Bestätigung wirklich gebraucht hätte.

Izayois Sohn.
 

Er sah seitwärts. Sesshoumaru hatte diese Veranstaltung geplant, die Attraktionen ausgesucht. Und ganz gewiss war ihm aufgefallen, dass der Junge Hundedämonenblut besaß, ebenso die Ähnlichkeit des Gladiators mit sich selbst und seinem Vater. Mit für ihn gewohnter Präzision war er umgehend daran gegangen, den potentiellen Halbbruder in der Arena durch einen bedauerlichen Unfall töten zu lassen, einen möglichen Konkurrenten auszuschalten. Denn selbst der Imperator konnte es sich nicht leisten, eine derartige Vorstellung zu unterbrechen. Schließlich wusste doch jeder hier, dass die Kämpfe nur einstudiert waren, wenn auch so gut, dass es das Publikum gern vergaß. Und der Ruf des mächtigen Herrschers würde leiden, gerade unter Dämonen die notwendige Furcht vor ihm sinken, vermehrt Aufstände ausbrechen…

Das Imperium oder der Junge….

Inuyasha musste in allen Kämpfen siegen – oder würde sterben.
 

Sesshoumaru bemerkte den Blick seines Vaters und starrte nur geradeaus, in die Arena. Er hatte es also mitbekommen, nun, wie zu erwarten. Es war jetzt kaum noch von Interesse, ob das wirklich ein Sohn seines verehrten Vaters mit einem erbärmlichen Menschenweib war oder nicht. Das Halbblut würde bald sterben. Denn den letzten, überraschenden Kampf, den er selbst angesetzt hatte, würde ein Mischling nie überstehen. Dieser war doch sicher viel zu schwach, als dass er selbst ihm die Ehre hätte erweisen mögen die Klingen zu kreuzen.
 

***
 

Wenn er sich da mal nicht irrt…

Während der Imperator über seine Vergangenheit nachdenkt und Senator Naraku über seine Zukunft muss sich Inuyasha mit seiner Gegenwart zu beschäftigen, denn die Falle schnappt zu.
 

bye
 

hotep

In der Arena

In der Arena kämpften Inuyasha und Kouga mittlerweile buchstäblich frei Schnauze, ohne sich an weitere Pläne zu halten. Sie fühlten sich durch die Anweisung des Munus gedeckt, den Kampf in die Länge zu ziehen, um so Gokus Einsätze ausgleichen zu können. Tatsächlich aber lag hinter jedem Schlag, jedem Tritt der Kampf um ein Mädchen, das sicher dort oben bei den Dämonenjägern saß und ihnen zuguckte: Kagome.

Der Wolfsdämon sprang zurück: „Leider muss ich mich etwas zurückhalten, immerhin sollst du noch stehen, wenn die anderen mit dir fertig sind. Sesshoumaru würde uns alle in den Kerker werfen lassen, wenn wir ihn blamieren.“

„Keh! Glaubst du im Ernst, mit mir fertig werden zu können?“

„Schon. Aber wie gesagt, du stehst gerade unter gewisser Protektion…“ Er zog sein Schwert.

Der Halbdämon folgte diesem Beispiel. Also würden sie jetzt wieder auf die geübten Bewegungen ausgehen, aufpassen, sich nicht gerade gegenseitig zu verletzen. Das würde er nachher im Kampf gegen die vier Menschen sowieso extra beachten müssen.

Da er mit dem Gedanken schon beim nächsten Kampf gewesen war, parierte er einen Moment zu langsam. Kougas Klinge schoss zu - direkt auf seine Brust.
 

Ein Aufschrei ging durch das Publikum….der jäh abbrach, als alle erkannten, dass der junge Halbdämon nur zurücksprang, aber nicht verletzt war.

Feuerrattenhaar! Der Imperator entsann sich, dass er dies Izayoi überlassen hatte – und sie hatte wohl eine gute Verwendung dafür gefunden. Dann hatte der Junge vielleicht doch Chancen…Und das Schwert - es sah aus, wie Tessaiga. Aber wie und woher…Nein, das war doch unmöglich. Toutousai war ein alter Dummkopf, aber er würde es nie wagen, das Schwert aus der Hand zu geben.

„Wie amüsant“, kommentierte seine Gefährtin: „Er ist nur scheinbar ungeschützt, tatsächlich trägt er eine Kleidung, die wie eine Rüstung ist. Feuerratten, wenn ich mich recht entsinne. Deine Idee, Sesshoumaru?“

„Nein“, erwiderte dieser ehrlich. Er sah zu der Senatorin, die den Kopf schüttelte:

„Dieses Gewand trug er schon immer, Sesshoumaru-sama. Und bis eben wusste ich nicht, was es kann.“ Sicher, Inuyasha hatte erwähnt, dass es ihn schützen würde, aber das Ausmaß war wirklich ungewöhnlich.
 

Kagome war aufgesprungen, ließ sich nun wieder sinken: „Oh….ihr Götter! Ich dachte schon…“

Sango nickte: „Deine Mutter ist wirklich ein ausgezeichneter Munus. Sie weiß, wie man die Leute mitreißt. Einfach toll. Auch ich dachte schon…Was das wohl für Material ist? Es sieht so gewöhnlich aus…“

„Es kann nur eines sein“, meinte der Jäger neben ihr, ihr Vater: „Das Haar der Feuerratten. Selten und teuer. Ich frage mich, wo die Senatorin das her hat.“

„Nein, das Gewand gehört Inuyasha“, erklärte Kagome: „Das trug er schon, als er sich verpflichtete.“

„Eigenartig. Er stammt doch aus dem Norden, erwähntest du? Die Feuerratten wohnen jedoch weit im Süden. Nun gut, über Händler mag manches in weit entfernte Gebiete gelangen. Aber eine derartige Kleidung….“ Er betrachtete auch das Schwert, das dieser Halbdämon in der Hand hielt. Er müsste sich schwer täuschen, wenn das keine Meisterarbeit war – und ein Dämonenschwert. Wer war das nur? Ein Halbdämon, der gegen alle Lehren ins Leben kam, der so wertvolle Dinge besaß und doch ein Gladiator war?
 

Langsam ging unten der vorchoreographierte Kampf zwischen dem Wolfsdämon und dem Halbdämon zu Ende. Wie es der Munus geplant hatte, entwaffnete Inuyasha Kouga, der zurücksprang und sich verneigte, damit seine Niederlage zugab. Beifall toste auf und Münzen und Blumen flogen in die Arena, während sich die beiden Gladiatoren im Rund drehten und verneigten. Schon Kouga allein war bei den Zuschauern beliebt, aber dieses Gespann wollten die Dämonen und Menschen alle wieder sehen.
 

Sesshoumaru war zufrieden. Gleich, wie seine sonstigen Wünsche aussahen: wichtiger war es, seinem Vater und den Zuschauern ein Schauspiel zu bieten, das wahrhaft unvergesslich war. Senatorin Higurashi hatte in der Tat ein Händchen für die Choreografie der Kämpfe. Sie war mit Sicherheit der beste Munus, den Vater je ernannt hatte – und die einzige Frau. Nun, sein verehrter Vater hatte ihn ja schon darauf aufmerksam gemacht, dass man weder von der Gattung noch dem Geschlecht ausgehen sollte, war man der Herrscher, ohne Vorurteile ernennen sollte. Das war ein Punkt, auf den er immer wieder zurückkam, folglich bedeutend.
 

Angestellte der Arena hatten unterdessen rasch das Geld und die Blumen eingesammelt. Das würde später je zur Hälfte den beiden Gladiatoren überlassen werden. Nun blieb jedoch, zur gewissen Überraschung der Zuschauer, der junge Halbdämon allein im Rund zurück, während gleich vier andere Gladiatoren in den Sand kamen, zwei Netzkämpfer und zwei Samniten.

Inuyasha wartete, bis seine Kollegen bei ihm waren, ehe er sich umdrehte und mit ihnen vor die Loge des Imperators ging, sich erneut verneigte. Das würde jetzt schwierig werden. Sie hatten es zwar geübt, aber gerade die Netze, die Gaius und Minari nur zu geschickt führten, waren riskant. Warfen sie einmal zu schnell oder zu langsam, würde er sich verfangen und zu Boden gehen – was so nicht geplant war. Sicher hatten sie es wiederholt, oft genug, aber es waren vier Gegner und er würde sich vorsehen müssen, um letztendlich zu gewinnen, wie es die Senatorin vorgegeben hatte. Danach stand nur noch ein Kampf auf dem Programm, den Sesshoumaru für ihn ausgesucht hatte – ohne darüber dem Munus etwas zu erzählen. Vermutlich handelte es sich also nicht um eine Kampfchoreografie sondern etwas Echtes. Ungewöhnlich, aber er würde doch mit jedem Tier zu Rande kommen, das da ausgewählt worden wäre. Immerhin hatte er Tessaiga. Und jetzt sollte er sich erst einmal Gedanken um seinen Kampf gegen diese Vier machen, das beste Quartett menschlicher Gladiatoren, das Senatorin Higurashi hatte finden können.
 

Das wohl einstudierte Kampfballett, das die fünf Gladiatoren auf dem Sand begannen, riss nicht nur die Menschen mit, sondern auch die Dämonen. Vier Menschen gegen einen Halbdämon hatte noch nie jemand gesehen und es war faszinierend, wie knapp dieser immer wieder den Netzen entkam, die beiden Schwerter der Samniten abwehrte, schneller und stärker, als es ein Mensch vermocht hätte. Dennoch erkannten gerade die Dämonen im Publikum, dass auch der junge Hund angeschlagen wurde, schwerer Luft bekam. Nun, nach dem Kampf gegen Kouga und nun diesem hier nicht so verwunderlich. Und noch hielt er sich beachtlich.

Schließlich endete der Kampf wie vorgesehen damit, dass Inuyasha mit Minaris Netz Tino und Marcus einwickelte, damit die Samniten besiegt hatte. Die außer einem Netz unbewaffneten Minari und Gaius ergaben sich – gegen einen Schwertkämpfer hatten sie so keine Möglichkeiten.

Als unter dem Beifall des Publikums wieder Blumen und Geld in die Arena flogen, das sie sich zu fünft teilen würden, grinste Tino etwas, der sich mühsam aus dem Netz befreite: „Wenn ich jedes Mal, wenn du mich einwickelst, ein reicher Mann werde, kannst du das öfter machen!“

„Meine Meinung“, ergänzte Minari: „Kommt, wir müssen zum Imperator. Aber, Klasse gemacht, Inuyasha. Wie ein alter Hase!“

Die fünf Gladiatoren stellten sich in einer Linie vor der Loge des Herrschers auf und verneigten sich höflich.

„Viel Glück, Inuyasha“, murmelte Tino dabei: „Wenn ich irgendetwas von Dämonen verstehe, ist Sesshoumaru neugierig, wie du dich jetzt stellst.“

Denn jetzt kam der Kampf, der nicht einstudiert worden war, die Überraschung.

„Danke“, gab der junge Halbdämon zurück. Er wusste, dass er schon langsamer, müder war, als es wohl gut gewesen wäre, aber da musste er eben durch. Allein das Geld, das bislang seinen Anteil bildete, war schon mehr, als er je von einem einzigen Auftritt erhofft hatte. So ging er wieder einzeln in die Mitte der Arena und wartete.
 

Der Ansager, der jedes Mal den neuen Programmpunkt ankündigte, rief durch sein Megaphon: „Unser junger Halbdämon Inuyasha….“ Die Menge schrie auf, sicheres Zeichen, dass sie auf der Seite des Genannten war: „Hat sich nun der ultimativen Herausforderung zu stellen. Wie ihr alle wisst, hat es die Familie der Akatsuki gewagt, gegen unseren verehrten Imperator einen Aufstand zu führen. Damit waren sie alle dem Tode verfallen. In seiner Gnade hat es der ehrenwerte Veranstalter des heutigen Tages, der Sohn des Imperators, der mächtige Sesshoumaru, bestimmt, dass Fürst Akatsuki gegen Inuyasha kämpfen darf. Siegt er, wird er leben…“
 

Das war die Falle, dachte der junge Halbdämon nur, der den Aufschrei des Publikums ignorierte. Das war es….Ein Dämon, der nichts zu verlieren hatte gegen ihn. Und der mit ihm auf Leben und Tod kämpfen wollte. Musste. Wie bei Hakudoshi…dieser Mistkerl von Sesshoumaru. Aber ihm war dank der Ausbildung in Avenna klar, dass er den Fürsten der Akatsuki nicht schonen konnte oder auch nur durfte, wollte er selbst überleben. Er legte die Hand an den Schwertgriff.

Tessaiga.

Mein einziger Freund….

Für Mutter und Kagome.

Er warf einen Blick auf die Tribüne, oberhalb der weiß gekleideten Senatoren. Dort irgendwo waren die Dämonenjäger und sie….Für sie.
 

Ein Dämon betrat die Arena, gekleidet mit Panzerung und Schwert, wie es nur zu üblich war. Er betrachtete den jungen Gladiator abschätzend, als er näher kam.

„Tatsächlich. Ein Halbdämon. Und ich dachte schon, das sei Spott. So wird die Bedingung einfach zu erfüllen.“

„Keh! Glaubst du, es sei so einfach mich umzulegen?“ Inuyasha hatte die Hand an Tessaiga, spürte das vertraute, tröstliche Pulsieren seines Schwertes.

„Ich bin ein vollwertiger Dämon, du ein halber…Ich sollte Sesshoumaru tatsächlich dankbar sein.“

„Danke ihm, wenn du unter der Erde liegst.“

Der Akatsuki lächelte ein wenig: „Junge, ich verstehe. Du bist Gladiator. Aber du wirst bald sehen, dass es einen Unterschied macht, ob man nur eingeübte Bewegungen macht oder einen Kampf auf Leben und Tod bestehen muss.“

„Den Unterschied kenne ich, Fürst. Glaube mir.“ Inuyasha zog und Tessaiga verbreitete sich rasch.

„Das werden wir gleich sehen. – Nun, ich verstehe. Du hast ein Dämonenschwert und setzt wohl deine Hoffnung darein. Aber kein Dämonenschwert lässt sich von einem nicht vollwertigen Dämon kontrollieren, wenn es etwas taugt.“ Auch der Fürst nahm sein Schwert.

„Tja, dann musst du dich eben eines Besseren belehren lassen!“

Ohne weiteres Wort griff Akatsuki an. Es war schnell und Inuyasha hatte Mühe, den Hieb mit seiner Klinge zu parieren. Sofort setzte der Dämonenfürst nach und schlug erneut zu. In den folgenden Minuten sah sich der Halbdämon gezwungen, einfach standzuhalten. Zu einer Gegenattacke fand er keine Zeit, dazu waren die Angriffe zu schnell. Akatsuki war noch ausgeruht und ein vollblütiger Dämon. Zudem hoffte er, mit einem Sieg sein Leben zu retten. So setzte er all sein Können aus diversen Schlachten für und gegen den Imperator ein.
 

Oben unter den Zuschauern, auf den Rängen der hohen Beamten saß ein alter Dämonschmied, der die Hände an das Gesicht legte: „Das sieht nicht gut aus, Myouga!“

„Der Junge verteidigt sich nur noch, ja. Und das ist kaum abgesprochen.“ Der kleine Flohgeist sah seitwärts: „Da wird ihm auch Tessaiga nicht helfen können.“

„Er muss es entdecken.“

„Was, Toutousai? Hast du mal wieder etwas vergessen?“

„Nein, das konnte ich ihm ja nicht erklären. Tessaiga hat ein oder zwei nützliche Fähigkeiten, wie so manches Schwert, das ich schmiedete. Aber jeder Träger muss das Geheimnis selbst herausfinden. Findet der Junge die Windnarbe, wird er mit Tessaiga siegen. Findet er sie nicht, wird Fürst Akatsuki ihn umbringen.“
 

Der Imperator blickte in die Arena ohne seine Anspannung zeigen. Auch ihm war klar, dass sich Inuyasha nur verteidigte, keine Zeit zu einem Gegenangriff fand, vielleicht zu müde schon von den bisherigen Kämpfen. Er hatte keine Ahnung wie stark ein Halbdämon war, wie lange er das so durchhalten konnte. Immerhin verrieten die Abwehrbewegungen Geschicklichkeit, eine gute Ausbildung. Hatte der Junge doch Überlebenschancen? Wenn er Fürst Akatsuki richtig kannte, würde der alles daran setzen, diesen Kampf zu gewinnen. Schließlich war er wegen Hochverrates zum Tode verurteilt und Sesshoumaru hatte ihm im Namen des Imperators das Überleben bei einem Sieg versprochen. Etwas, dass er selbst nun akzeptieren musste, gleich, wie der Kampf ausging. Denn das Wort des Imperators galt als unumstößlich. Leider war Akatsuki ein erfahrener Krieger, erfahren nicht nur in der Arena sondern in Schlachten…

Immer war er wahrlich allein gewesen, hatte gefühllos sein müssen, bis er Izayoi traf. Und er war dennoch danach wie geblendet weiter durch das Leben gelaufen, sie so schmerzhaft vermissend und nichts unternehmend.

Er hatte sie im Stich gelassen.

Er war ein Narr gewesen, ein verdammter Narr.

Und jetzt würde ER deswegen sterben.

Der arme Junge.

Izayois Sohn.

Sein Sohn.
 

Sesshoumaru betrachtete den Kampf ohne zu wagen zu seinem Vater zu sehen. Wenn dies wirklich ein Halbbruder war, der dort nun sterben würde, wäre das kaum etwas, das der Imperator schätzen würde. Aber Vater hatte dann nur noch einen Sohn und Erben, das würde ihn vor zu drakonischer Strafe schützen.

Und die Sache würde bald ein Ende haben. Der Halbdämon flog gerade in hohem Bogen rückwärts und prallte hart in den Sand der Arena. Fürst Akatsuki setzte sofort nach. Noch aus dem Liegen wehrte Inuyasha allerdings die tödliche Attacke ab, rollte beiseite und sprang wieder auf.

Selbst aus dieser Entfernung konnte Sesshoumaru sehen, dass er schwer atmete, müde war. Aber aufgeben war wohl nicht seine Sache. Überhaupt musste er ehrlich zugeben, dass er nicht geglaubt hatte ein nur halber Hundedämon würde sich solange halten können. Rein objektiv betrachtet war das ein sehr starker Kämpfer, ein überaus befähigter Gladiator.
 

Verdammt, dachte Inuyasha nur, als sein Gegner wieder ein Stück zurückwich, offenbar eine neue Angriffstaktik überlegte. Das sah nicht gut aus. Zu mehr als abwehren kam er nicht. Und das war kaum eine Strategie, mit der er gewinnen konnte. Immerhin hatte er bislang standgehalten. Er hätte nie geglaubt, einmal dankbar an Goshinki zu denken. Aber ohne die Ausbildung des Übungsleiters in Avenna hätte er schon bisher einige Male sterben können. Denn Akatsuki hatte in einem Recht gehabt: es war ein Unterschied, ein einstudiertes Kampfballett zu spielen oder auf Leben und Tod zu kämpfen. Wäre er nicht in der Kampfschule zu Avenna gewesen um dort für die illegalen Kämpfe ausgebildet zu werden, sondern in einer regulären, wäre dieses Duell bereits beendet. Und sein Gegner bereitete einen neuen Angriff vor, so wie der sich schon wieder anschlich. Der plante doch etwas…?

Er fasste Tessaiga unwillkürlich fester.
 

Fürst Akatsuki hatte beschlossen, dem Kampf jetzt ein Ende zu bereiten. Und da dieser junge Gladiator sich tatsächlich zumindest recht geschickt verteidigte, würde er eben zu einem etwas ungewöhnlichen Mittel greifen. Nun, im Krieg oder auch einem solchen Duell, war alles erlaubt. Und das würde dieser halbe Hund nur zu bald feststellen. Er duckte sich ein wenig ab, griff von unten her an – eigentlich eine törichte Handlung, konnte sein Gegner doch nun von oben her mit mehr Schwung parieren. Gleichzeitig jedoch fasste seine Linke in den Sand der Arena und schleuderte ihn in Inuyashas Gesicht, seine Augen.

Der junge Halbdämon machte unverzüglich einen gewaltigen Satz zurück, um dem darauf folgenden Hieb zu entgehen und rieb sich hektisch mit der freien Hand über das Gesicht, während er weiter zurückwich. Verflixt, er konnte nichts sehen – und bis die aufsteigenden Tränen den Sand aus seinen Augen gewaschen hatten, war er schon tot, denn er konnte hören, riechen, dass sich Akatsuki ihm näherte. So hob er Tessaiga und versuchte sich anhand seiner anderen Sinne zu orientieren.

Ja, da war der dämliche Fürst, er kam auf ihn zu. Der jetzt am Nachmittag auffrischende Wind brachte ihm diese Botschaft. Aber da war noch etwas. Im Wind? Was war das nur? Als ob sich Energien aneinander reiben würden. Etwas wie eine Lücke, ein Spalt….

Tessaiga in seiner Hand pulsierte wieder. Und plötzlich wusste er, was zu tun war.

In buchstäblich blindem Vertrauen auf sein Schwert schlug er zu und ließ die Klinge in die Lücke im Wind schlagen, ohne auch nur auf seinen Gegner zu zielen.

Etwas wie ein lautes Grollen konnte er hören, den Aufschrei des Fürsten – und den aus tausenden von Kehlen.

Und dann war Stille.

War es vorbei?

Er rieb sich erneut über die Augen und versuchte mühsam etwas zu erkennen. Vor ihm zeigte der Arenasand metertiefe Risse. Akatsuki lag ein Stück abseits, mit zerschmetterter Rüstung, regungslos. Schiedsrichter kamen herbei, um ihn zu untersuchen. War er tot? Und was war eigentlich gerade passiert?
 

„Er hat also die Windnarbe gefunden“, meinte Toutousai zufrieden: „Dann ist er doch nicht so ein Idiot, wie ich schon dachte.“

„Die Windnarbe nennst du das?“ Myouga sah ihn an: „Eine solch mächtige Attacke habe ich kaum je von einem Dämon gesehen.“

„Nun, Akatsuki lebt noch, zeigen die Schiedsrichter an. Aber da sie den Kampf abbrechen hat unser junger Freund gewonnen. Für das erste Mal…na ja, nicht schlecht.“
 

Während Männer mit einer Trage in die Arena liefen, brandete Beifall auf, Jubelrufe. Inuyasha begriff ein wenig mühsam, dass es in der Tat vorbei war, er gewonnen hatte. Ohne weiter nachzudenken riss er beide Arme hoch, mit Tessaiga quer darin, und genoss den Jubel um ihn, während er sich um seine eigene Achse drehte und die Zuschauer ansah, da langsam die Tränen seinen Blick freigewaschen hatten.

Ich habe gewonnen, Kagome, dachte er: ich lebe noch, Mutter…

Da bemerkte er die Loge des Imperators. Dieser ließ ihn nicht aus den Augen, als er sich erhob und Beifall zu klatschen begann, unverzüglich gefolgt von Sesshoumaru und der domina. Als die Senatoren das sahen, standen sie ebenfalls auf und übernahmen den Rhythmus, dann die Beamten. Wie eine Welle lief es durch die Zuschauerränge, als sich einer nach dem anderen erhob und schließlich mündeten die Jubelrufe im Takt des Beifalls:

„I-nu-ya-sha! I-nu-ya-sha!“

Seinen Namen aus zwanzigtausend Kehlen zu hören….das hatte etwas Unheimliches. Inuyasha schob Tessaiga zurück und hob erneut die Arme. So gefeiert war er noch nie worden, nun, soweit er wusste, eigentlich kein Gladiator. Davon träumte man höchstens während des harten Trainings. Er sah erneut zu der Loge des Imperators.

Sesshoumaru, du Mistkerl, dachte er: wolltest du nur einen guten Kampf oder mich wirklich umbringen? Warum? Weil ich ein Halbdämon bin? Oder hast du einfach damit gerechnet, dass ich gewinnen kann?

Kagome hatte doch erzählt, er habe ihrer Mutter gesagt, dass er wisse, wie weit die Kraft eines halben Hundedämons gehe. Und soweit er nun erkennen konnte, war der Beifall des Sohnes des Imperators echt, Achtung für diesen letzten Schlag, mit dem niemand gerechnet hatte. Nun, er selbst auch nicht. Tessaiga bot wohl noch einige Überraschungen.
 

Langsam verebbte der Jubel, dafür flogen Münzen, Blumen in den Sand, eilig eingesammelt von Arbeitern der Arena. Wie es ihm beigebracht worden war, ging der junge Gladiator vor die Loge des Imperators und verneigte sich dort vor diesem und seiner Familie, die sich wieder gesetzt hatten, ehe er das Rund verließ.
 

Der Imperator blickte ihm nach, bevor er sich seitwärts wandte: „In der Tat eine gelungene, bemerkenswerte Veranstaltung, Sesshoumaru. Meinen Glückwunsch. – Senatorin, schick den Jungen morgen zu mir in Audienz.“

„Danke, verehrter Vater“, erwiderte sein Sohn höflich, während sich die Senatorin nur verneigte. Das klang so, als würde Inuyasha morgen noch einen Beutel Münzen als Anerkennung erhalten, was nur Kouga schon widerfahren war.
 

Senator Naraku blickte dagegen zu seiner Tochter: „Kanna, kehre unverzüglich nach Hause zurück und sage Akago und den sieben Kriegern, dass wir morgen früh nach Avenna aufbrechen.“ Das hätte sein Halbdämon sein sollen, sein Triumph – und Hakudoshi sollte besser eine gute Antwort auf seine Fragen haben. Mochte ihm sonst wer gnädig sein, wenn er diesen Gladiator wirklich einfach so Senatorin Higurashi überlassen hatte. Er hatte manchmal schon den Eindruck bekommen, als ob sein Sohn nicht ganz so treu war, wie er gern tat.

Ohne ein Wort zu verlieren erhob sich das Mädchen und verschwand. Der Senator würde noch auf dem folgenden offiziellen Empfang anwesend sein müssen, um den Imperator nicht misstrauisch zu machen.
 

In den Katakomben wurde Inuyasha von seinen Kollegen buchstäblich mit offenen Armen empfangen, von den Menschen umarmt.

„Das war vielleicht eine Attacke!“ meinte Tino: „Das habe ich noch nie gesehen.“

„Ich auch nicht, “ gab Kouga zu: „In dir steckt wohl echt mehr, als man auf Anhieb erkennen kann, du halber Hund!“ Aber das klang eher anerkennend: „Jedenfalls sollten wir dir dankbar sein, dass du das nie im Training eingesetzt hast.“

Inuyasha zuckte die Schultern, wollte aber auch nicht gerade erzählen, dass das nur eine Notlösung gewesen war. Zu gut tat die offen gezollte Anerkennung: „So was hebt man sich auf…“

„Hat der Angriff auch einen Namen?“ erkundigte sich Minari.

Namen? Aber dann fiel Inuyasha ein, dass es wie eine Wunde im Wind gewesen war, wie eine Narbe: „Kaze no Kizu. Windnarbe.“
 

I am the one, who lost control, but in the end I´ll be the last man standing
 

Hammerfall: Last man standing
 

************
 

Während Inuyasha seinen Triumph auskostet, planen andere bereits seine Zukunft oder Nicht-Zukunft.

Im nächsten Kapitel erhält der junge Gladiator Audienz beim Imperator - mit Überraschungen für viele Personen.
 

bye
 

hotep

Der Imperator

Seeing clearer what I´ve done, I refuse to let things go,

I could never once admit I´m wrong and what do I had to show.

Seeing clearer what `s at stake and the things I have to change

I just hope I can, it's not too late to get a chance to end this pain
 

Hammerfall: Last man standing
 

Die Gladiatoren der Senatorin Higurashi genossen das Bad und die Massagen in den Thermen des Imperators, in die sie nach den Kämpfen eingeladen worden waren, ebenso wie die Senatoren und hohen Beamten den illustren Empfang im Palast.

Inuyasha kam gerade aus der kundigen Behandlung eines Masseurs und hatte folglich nur ein Handtuch umgewickelt, als er erkannte, wer vor ihm stand: „Kagome!“

Er wurde tatsächlich rot, was sie eine unglaublich niedliche Reaktion fand: „Schon gut. Ich bin gleich wieder weg. Hier darf ich nämlich eigentlich nicht sein, sondern soll auf diesem Empfang lächeln…Macht wenig Spaß, muss ich zugeben, aber Mama hofft, dass ich so einen Ehemann finde, der mich versorgen kann. Du warst wirklich unglaublich in der Arena. Ich hatte solche Angst um dich, als Kouga da zustach….aber das war ja alles geplant, oder?“

„Äh, ja.“ Warum sollte er ihr in die strahlenden Augen sagen, dass das eine Panne gewesen war? Außerdem war da etwas Wichtigeres: „Du willst heiraten?“

„Ich muss. Ich meine, Priesterin zu werden deckt kaum den Lebensunterhalt. Und Mama hätte mich gern besser versorgt.“

„Ja, schon klar.“ Natürlich. Das war die Tochter einer Senatorin und er nur ein Gladiator. Warum sollte sie ihn auch nur in Betracht ziehen? Und warum tat es dennoch so im Herzen weh?

Sie betrachtete ihn. So unbekleidet hatte sie ihn nie zuvor gesehen. Ja, er war kein Mensch. Dazu war er zu stark, dazu waren die niedlichen Öhrchen zu hundeartig…Und doch sah er einfach nur unverschämt gut aus. Sie wurde rot, als sie begriff, dass sie ihn wohl genauso angaffte, wie die dämlichen Zuschauer heute morgen beim Essen der Gladiatoren, was sie aus irgendeinem Grund geärgert hatte: „Morgen sollst du übrigens zum Imperator, wenn du noch nichts davon weißt. Mama sagte, das werde wohl eine Belohnung. Kouga hat das auch schon einmal bekommen, einen ganzen Beutel Goldmünzen!“

„Oh.“ Dann würde er sich beim Feiern heute wohl etwas zurückhalten, um einen besseren Eindruck zu machen. „Danke für den Hinweis. Du, Kagome….“

„Ja?“

„Du solltest besser gehen. Da kommen Minari und Tino aus dem Wasser….“

Sie wollte schon fragen, woher er das wisse, begriff dann die Warnung, dass die beiden wohl komplett unbekleidet waren und floh hastig. Natürlich. Er war ein halber Dämon und deren Sinne übertrafen menschliche doch um einiges.
 

Am nächsten Morgen erwachte Inuyasha in seiner Unterkunft bei der Senatorin früh. Schade, dass es vorbei war, das war gestern ein wirklich perfekter Tag gewesen. Hoffentlich würde das sich noch einmal wiederholen. Er sah sich wieder im Sand stehen, hörte die jubelnden Zuschauer seinen Namen rufen – das war ein phantastisches Erlebnis gewesen. Er richtete sich auf und lauschte. Aha, die Kollegen schliefen noch, selbst Kouga. So stand er lautlos auf und schob sich Tessaiga ein. Die Massage gestern war wirklich toll gewesen. Er spürte überhaupt nichts mehr von seinen Kämpfen.

Als er draußen im Hof stand und sich umblickte, erkannte er etwas überrascht, dass die Hausherrin bereits arbeitete. Zumindest konnte er durch das Fenster ihres Arbeitszimmers die Senatorin erkennen, die mit jemandem sprach, der sich verneigte. Nur eine Minute später kam dieser Menschenmann in den Hof, auf ihn zu:

„Entschuldige, du bist doch der Gladiator Inuyasha?“

„Ja.“

„Im Namen des Imperators, er wünscht dich unverzüglich zu sprechen.“

„Ja, natürlich.“ Auch der Herrscher war schon so früh wach, obwohl der Empfang gestern doch sicher länger gedauert hatte? Aber nun gut, er war ja auch ein Dämon, ein recht starker wohl dazu und diese benötigten angeblich so gut wie nie Schlaf. „Bringst du mich hin?“

„So lautet mein Befehl.“ Der Mann verriet durch nichts, dass er eigentlich in der Kanzlei angestellt war und dort die Boten beaufsichtigte. Der Imperator war höchstpersönlich zu ihm gekommen und hatte ihm klare Anweisungen erteilt – da wäre es mehr als ungeschickt, diese nur halb zu befolgen oder gar durch andere ausführen zu lassen.
 

Inuyasha kannte den Weg in den Palast von gestern, war nur überrascht, dass sie heute abbogen, ehe er verstand. Gestern waren die Gladiatoren in die Thermen geführt worden, heute ging es wohl eher in den Verwaltungs- oder Regierungstrakt. Wie solch eine Audienz wohl ablaufen würde? Er sah einige andere Menschen oder Dämonen, die sich offenbar nicht auskannten, bei Angestellten nachfragten oder bei den Dämonenkriegern, die dort Wache standen. Manch einer von ihnen nickte ihm zu und ihm wurde klar, dass er eine Berühmtheit geworden war. Diese Krieger waren sicher gestern als Sicherheitspersonal in der Arena gewesen und hatten ihm zugesehen. Als jedoch einer auf sein Schwert deutete, es ihm wohl abfordern wollte, wehrte sein Begleiter ab: Befehl des Imperators.

Der Weg durch den Palast schien ewig zu dauern, bis sein Führer schließlich bei einem Schreibtisch stehen blieb, der quer über den Gang gestellt war, sich leise mit dem dort sitzenden Dämon unterhielt. Inuyasha entdeckte dahinter rechts und links drei offene Türen, hinter denen bereits Menschen und Dämonen saßen, die offenkundig warteten.

Sein Begleiter wandte sich um: „Komm.“

So folgte der junge Halbdämon weiter. Auch hier standen an jeder Tür Wachen und ihm wurde klar, dass es sich um das Herzstück des Imperiums handeln musste. „Diese Leute warten alle auf Audienz?“ erkundigte er sich leise.

„Ja. Wer eine Privataudienz wünscht, muss warten. Der Beamte dort teilt in die drei Räume zu, je nach Wichtigkeit, so, wie er sie einschätzt. Manche übernimmt auch Kanzler Myouga, je nach dem, eben. Hier ist die Kanzlei des Imperiums.“

„Ja, wie viele Audienzen gibt der Imperator denn am Tag?“ entfuhr es Inuyasha, der seine Annahme, ein Herrscher gebe abends Empfänge und lasse sich ansonsten feiern, als falsch erkannte.

„Ich weiß es nicht. Er beginnt bei Sonnenaufgang und endet bei Sonnenuntergang, außer es sind Senatsversammlungen, Staatsratsbesprechungen oder andere Termine.“

„Oh. – Und wohin bringst du mich eigentlich?“

„Mein Befehl lautet, dich unverzüglich zum Kanzler zu begleiten. Ohne Wartezeit. Was sehr ungewöhnlich ist. Du kannst dir darauf etwas einbilden. Selbst die Gesandten aus den Provinzen müssen warten, bis sie dran sind.“

„Kling ja echt gut.“

Dazu sagte der hohe Beamte lieber nichts: „Hier.“ Er nickte dem Wachposten vor der Tür zu: „Der Gladiator, wie es der Imperator wünscht.“

Dieser öffnete die Tür: „Kanzler Myouga, der Gladiator.“

„Er soll kommen.“

Der junge Halbdämon gehorchte, ein wenig überrascht über die Einrichtung des Zimmers. Zuvor war alles groß gewesen, prunkvoll, darauf ausgelegt, Reichtum und Macht des Imperators zu zeigen. Hier wirkte alles irgendwie winzig – was aber wohl an dem Besitzer dieses Arbeitszimmers lag. Er musterte erstaunt den kleinen Flohgeist, der auf einem seiner Größe angepassten Schreibtisch saß und offenbar Berichte las, nun aber aufblickte.

So legte er eilig die Faust an die Brust in der üblichen Grußformel eines Kriegers.

„Inuyasha.“ Myouga hatte ihn gestern nur von der Tribüne aus gesehen und betrachtete ihn nun genauer. Als sein Blick auf das Schwert in der Scheide fiel, schüttelte er den Kopf: „Die Wachen haben dich bewaffnet durchgelassen?“

„Es sei der Befehl des Imperators, sagte mein Führer.“

„Ach, der Herr…“ entfuhr es dem kleinen Kanzler: „Nun gut. Du warst noch nie in Audienz? Natürlich. Ich bringe dich hinüber. Du gehst hinein und kniest dich nach drei Schritten nieder. Der erhabene Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, wird dir dann schon sagen, was du tun sollst. Auf jeden Fall rede ihn nicht als erstes an. Beantworte Fragen kurz. Und die Anrede ist domine.“

Inuyasha musste ein Lächeln unterdrücken, als der Flohgeist aufsprang und zu einer anderen Tür eilte. Wie war der Imperator nur auf die Idee gekommen, diesen Winzling zum Kanzler zu ernennen? Dieser Myouga musste wirklich einiges im Kopf haben. Immerhin konnte er die anscheinend groß und schwer wirkende Tür öffnen – was aber wohl an irgendetwas anderem liegen mochte. Womöglich war ein Mechanismus für den Kanzler eingerichtet worden.

Dahinter zeigte sich ein dunkler Gang, nur erhellt von zwei Fackeln, an deren anderen Ende zwei weitere Dämonenkrieger standen, Hundedämonen, wie Inuyasha erkannte. Ganz bestimmt zählten sie zu der Elite der Leibwache. Sie musterten ihn ein wenig neugierig, soweit das für Dämonen möglich war, bewegten sich aber ansonsten nicht, sah man davon ab, dass einer die Tür für die Besucher öffnete. Offenbar hatte der Kanzler jederzeit Zutritt zum Imperator.

Aber dahinter zeigte sich kein Arbeitszimmer, sondern eher ein Vorraum. Neugierig sah sich Inuyasha um. Immerhin würde er kaum mehr hierher kommen. Drei Türen gingen von hier ab.

„Jetzt komm schon“, murrte Myouga: „Neugieriger Hund!“

„Ich wundere mich eben nur über diese ganzen Türen.“

„Das hier ist die Zimmerflucht des Imperators!“ Und da der Flohgeist den verständnislosen Blick bemerkte: „Dort, vor uns ist das Arbeitszimmer. Gewöhnliche Audienzbesucher kommen durch die Warteräume hinein. Dort links geht es in die privaten Gemächer. Und dort rechts hinaus.“

„Auch vor dieser Tür sind sicher Wachen.“

„Natürlich. Nicht, dass der Imperator sie benötigen würde, aber das ziemt sich eben so.“

Dann war der Herrscher eigentlich besser bewacht als so mancher Gefangener. Aber dazu sollte er wohl besser schweigen.

Myouga hatte unterdessen die Tür zum Arbeitszimmer geöffnet: „Domine….“

„Du kannst gehen. – Myouga, ich will später Toutousai sprechen. Der Junge soll hereinkommen“, antwortete eine tiefe Stimme unverzüglich.

Sie klang ein wenig wie Sesshoumarus, dachte Inuyasha prompt, aber natürlich, waren sie doch Vater und Sohn. Da Myouga winkte, trat er eilig näher und ging in das helle Arbeitszimmer, das bei weitem nicht so prunkvoll eingerichtet war, wie er vermutet hätte. Außer einem Schreibtisch voller Papiere und einem Stuhl war es leer. Für einen Moment wagte er es, den weißhaarigen Mann mit den blauen Markierungen im Gesicht zu betrachten, ehe er niederkniete und höflich zu Boden blickte, wie es ihm gesagt worden war. Der Imperator saß hinter seinem Schreibtisch, stand aber nun auf. Was er wohl von ihm wollte? Kagome hatte ja von einer Belobigung gesprochen…Geld? Mit dem gestrigen Tag war er seinem Wunsch nach einem Landgut schon einmal ein ganzes Stück näher gekommen. Die Senatorin hatte ihm ein Fach bei einer Bank eröffnet, wo er sein Vermögen sammeln sollte.

„Inuyasha, du hast in der Arena einen vorzüglichen Kampf gezeigt. Wo wurdest du ausgebildet?“

„In der Kampfschule von Hakudoshi zu Avenna, domine.“

„Wie kamst du dorthin?“

„Der Sklavenhändler Gaius…“

„Was? – Weiter.“

Irritiert blickte der Halbdämon auf, antwortete jedoch gehorsam: „Gaius verkaufte mich an Hakudoshi.“

„Du warst ein Sklave? Seit wann?“

„Die Menschen in dem Ort, in dem ich geboren wurde…nun, es gab Missernten, und sie vermuteten, ich sei Schuld dran.“

„Und sie überließen dich diesem Gaius? – Hattest du keine Verwandten mehr?“ Er stellte diese Frage fast angespannt.

Inuyasha hörte es und sah unerlaubt erneut auf: „Meine Mutter starb vor Jahren.“

Der Imperator atmete tief durch, sagte dann jedoch: „Hakudoshi kauft also Sklaven, um sie zu Gladiatoren auszubilden. Dann wurdest du freigelassen?“

„Äh, ja, als Senatorin Higurashi war so freundlich war, mich zu kaufen…“

„Erst dann.“ Er müsste diese Kampfschule einmal überprüfen lassen. „Und deine Mutter…woran starb sie?“

Inuyasha wurde langsam wirklich verwirrt. Das Interesse des mächtigsten Dämons des Imperiums an ihm hatte jedoch bestimmt Gründe. Hoffentlich gute für ihn: „Ich...ich weiß es nicht. Sie wurde immer schwächer und starb dann.“ Er wurde noch erstaunter, als der Imperator unter seine Kleidung griff.

„Ich habe etwas für dich, Inuyasha.“ Er reichte ihm ein kleines Medaillon.

„Äh, danke, domine.“ Das war sicher richtig, auch, wenn ihm ein Beutel Gold lieber gewesen wäre.

„Öffne es.“

Der Halbdämon gehorchte und betrachtete verblüfft das Büschel schwarzer Haare darin. Dann erst erkannte er die verblasste Witterung. Ruckartig blickte er auf und starrte widerrechtlich in goldfarbene Augen, die den seinen so ähnlich waren: „Das…das sind…“

„Das ist eine Strähne vom Haar deiner Mutter. Das war mein Abschiedswunsch an sie. So hatte ich immer etwas von ihr dabei. - Ich wusste nicht, dass sie ein Kind erwartete.“

„Do…“ Das war doch unmöglich.

„Ich bin dein Vater, Inuyasha.“ Er wartete einen Moment, ehe er erkannte, dass der vor ihm Kniende schlicht sprachlos war: „Steh auf, mein Junge. Ich erwarte nicht, dass du begeistert davon bist. Dein Leben war wohl alles andere als einfach. Ich hätte es dir einfacher machen können – aber ich habe wirklich nicht geglaubt, dass es möglich wäre…“

Dass ein Halbdämon entsteht, aber das brauchte er nicht auszusprechen.

Inuyasha erhob sich tatsächlich, mehr aus geübtem Gehorsam, als dass die Tatsache und ihre Folgen ihm schon bewusst gewesen wären.

Der Imperator betrachtete ihn erneut: „Ich kann nicht mehr tun, als dich um Entschuldigung bitten. Und dir zu versprechen, dass ich künftig besser für dich sorge. – Du hast dich bei Senatorin Higurashi auf zwölf Jahre verpflichtet?“

Das war vertrautes Gebiet: „Ja. Sie zahlte Hakudoshi Dreißigtausend für mich.“ Selbstredend ergänzte er: „Domine.“

„Dieses Geld wird sie natürlich ersetzt bekommen, sobald sie dich aus dem Vertrag entlässt. Denn mein Sohn kämpft nicht in einer Arena, ist kein Gladiator.“

Inuyasha suchte seine Gedanken ein wenig mühsam zusammen: „Ich…was soll ich denn dann machen?“ fragte er etwas hilflos.

„Kämpfst du so gern?“

„Ich habe seit Jahren nichts anderes getan.“

„Wenn wir uns besser kennen gelernt haben, werde ich sehen, was du für Aufgaben im Imperium übernehmen kannst. Ich werde dir Zimmer hier im Palast zuweisen lassen. Myouga soll ….Nein. Zuerst einmal: hast du eine Frage an mich?“

Trotz seiner fast panisch zu nennenden Überraschung wusste Inuyasha, was er seinen Vater immer hatte fragen wollen: „Du….du hast meine Mutter wirklich gern gehabt?“

„Ja. Und sie mich. Darum wollte ich auch ihre Haare bei mir haben. Mein Zuhause.“

„Und Sesshoumaru….?“

„Was ist mit ihm?“ Zum ersten Mal wurde der Imperator seinerseits verwirrt. Solche Einwände hatte er in seinen Vorstellungen, wie das Gespräch ablaufen sollte, nicht vorhergesehen.

„Ich meine, die domina?“

Der Junge dachte wirklich eher an diese beiden als an die Folgen für sich? „Dämonen und Menschen sind sehr unterschiedlich, das solltest du gerade wissen. – Keiner der beiden wird sich meinem Wunsch dich bei mir zu haben entgegenstellen.“

„Du willst wirklich…aber ich...du kennst mich nicht, domine.“

„Ich möchte dich aber kennen lernen.“

Es war der Wille des Imperators und so senkte der junge Gladiator gedrillt den Kopf: „Ja, domine.“

„Sesshoumaru spricht mich auch nicht so an, Inuyasha.“

„Ja….Vater.“ Wie ungewohnt das klang.

Der Imperator trat zu seinem Schreibtisch und zog an einer Schnur. Sofort eilte von draußen ein Diener herein und verneigte sich tief.

„Ich wünsche unverzüglich Sesshoumaru zu sprechen. - Du wartest, Inuyasha.“

Dieser wusste, dass ihm nichts anderes übrig blieb als zu gehorchen. Aber seine Gefühle waren zu aufgewühlt, als dass er einfach hätte stehen bleiben können, Ausbildung hin, Strafe her. So ging er zum Fenster und blickte hinaus auf das Häusermeer der Hauptstadt. Und wenn ihm jemand gesagt hätte, dass er dafür in fünf Minuten geköpft würde, es wäre ihm in diesem Moment gleich gewesen.

Einen Vater zu haben, und dann auch noch diesen….einen Bruder...eine Familie…
 

Der Imperator schwieg zu dieser Unhöflichkeit auch. Ihm war klar, dass das gesamte Weltbild des Jungen umgestürzt worden war, er sich fangen müsste. Und, dass es seine eigene, bislang sträflich vernachlässigte, Aufgabe als sein Vater wäre, ihn vor den Folgen dieser Umwälzung zu schützen, auch, wenn das für ihn selbst ein Risiko bedeutete. Bereits in der Nacht hatte er sich Pläne überlegt.
 

Als Sesshoumaru kam, stutzte er unmerklich, als er den jungen Gladiator am Fenster stehen sah, verneigte sich jedoch höflich gegen seinen Vater. Also war seine Vermutung richtig gewesen, schloss er daraus. Und nun?

Der Imperator sagte: „Sesshoumaru, schön, dass du so rasch gekommen bist. Darf ich dir deinen Halbbruder Inuyasha vorstellen?“
 

Dieser drehte sich abrupt um. Wie schon im Hof der Senatorin sah er sich außerstande, höflich den Kopf zu neigen, hatte eher das Gefühl in einen Spiegel zu blicken.
 

Sesshoumaru hatte dagegen den Eindruck, noch nie sei es ihm so schwer gefallen seine Selbstbeherrschung zu wahren. Was hatte Vater nun vor? Dass er den Bastard anerkennen wollte, war offensichtlich. Und dass er mitbekommen hatte, dass er selbst ihm einen tödlichen Unfall gegönnt hätte, auch. Kam jetzt eine Strafe? Verbannung in irgendeinen öden Ort am Rande des Imperiums? Oder wollte Vater gar seinen Bastard als Thronfolger einsetzen? Sollte alles vergeblich gewesen sein? Seine Bemühungen seine Wünsche zu erfüllen, seine Anstrengungen sein Wohlwollen zu erwerben?
 

Der Imperator setzte sich an seinen Schreibtisch: „Ich bin mir bewusst, dass zwei Söhne manche Konstellation in den Augen mancher ändern können. Darum habe ich bereits für die nächste Senatssitzung am Dienstag einen Beschluss eingebracht.“ Da ihn beide in derselben Weise geschult regungslos und schweigend anblickten, fuhr er fort: „Um die Sache zu klären: du, Sesshoumaru, erhältst den Titel eines Cäsar und wirst damit als offizieller Thronfolger anerkannt. Inuyasha bekommt keinen Titel, so wie du bislang. Wenn er sich eingearbeitet hat, eingelebt hat, werde ich sehen, wo seine Fähigkeiten liegen, im Militär oder in der Verwaltung, und es wird sich sicher eine Position finden.“ Das Riesenreich benötigte viel Personal, zumal welches, dem er vertrauen konnte.

Sesshoumaru atmete deutlich auf, so sehr, dass es auch für Inuyasha sichtbar war. Hielt ihn der denn wirklich für einen potentiellen Konkurrenten? Er war doch nur ein Halbdämon, das ein vollblütiger Hundedämon. Und wie hätte er je erwarten können, der neue Imperator zu werden? Das war ja geradezu unsinnig. Aber der Sohn des Imperators…stimmt, dachte er plötzlich. Das war alles gewesen, mit dem dieser bislang angesprochen worden war. Er hatte keinerlei Titel besessen. Und nun würde er der rechtmäßige Thronfolger werden.

„Ich danke dir, verehrter Vater“, sagte der ältere Halbbruder höfisch.

„Sobald du ernannt bist, wirst du offiziell an allen Audienzen und Besprechungen des Staatsrates teilnehmen, um dich einarbeiten zu können. – Und bis Dienstag würde ich dich bitten, dass du Inuyasha höfische Verhaltensweisen beibringst. Danach wird es Myouga übernehmen.“

Er und sollte diesem Bastard…Nein, korrigierte sich Sesshoumaru. Das war der zweite Sohn seines Vaters und, wie er dessen Gerechtigkeitssinn kannte, würde er beide gleich behandeln. Dass er sich bemühen würde, beiden gerecht zu werden, war schon an der Tatsache zu erkennen, dass er ihn endlich, endlich amtlich als Thronfolger einsetzen wollte, in aller Öffentlichkeit. Niemand konnte mehr daran zweifeln, dass er der neue Imperator werden würde. Und bis Dienstag war es schließlich keine Ewigkeit: „Wie du wünschst.“

„Gut. Inuyasha, gehe mit Sesshoumaru. Du wirst Bescheid erhalten, wo künftig deine Zimmer liegen.“

„Ja, do...Vater.“ Aber der junge Halbdämon zögerte etwas.

„Nun?“

„Senatorin Higurashi erwartet mich zurück…“

„Ich werde sie von den Veränderungen in Kenntnis setzen lassen.“

Seine beiden Söhne verneigten sich etwas vor ihm, ehe sie nebeneinander aus dem Audienzzimmer gingen.
 

Es war ungewohnt für Inuyasha, dass Menschen und Dämonen vor ihm beiseite wichen, sich verbeugten. Aber natürlich lag das nicht an ihm sondern an seinem Begleiter. Wohl niemand hatte es noch gewagt, dem Sohn…dem bislang einzigen Sohn des Imperators die Höflichkeit zu verweigern.

Dieser ging schweigend zu seinen eigenen Räumen, seinem Arbeitszimmer, wo sich ein kleiner, grüner Dämon hastig verneigte:

„Sesshoumaru-sama! – Und der...der komische Gladiator von gestern.“

Noch ehe Inuyasha eine Antwort gefunden hatte, die sicher kaum höflich geworden wäre, hatte sein Halbbruder bereits beiläufig zugetreten.

„Dies ist der Sohn meines mächtigen Vaters, Inuyasha, Jaken.“

Der Sohn meines Vaters, dachte der Halbdämon prompt: nicht mein Bruder oder wenigstens Halbbruder. Nun gut, was sollte er auch von jemandem erwarten, der ihn als Konkurrenten betrachtete. Und genau das tat Sesshoumaru, wenn er sich nicht schwer täuschte. Es war die mittlerweile jahrelange Erfahrung in Kämpfen, die ihm die Erkenntnis erlaubte. Der ach so mächtige Thronfolger beargwöhnte einen einfachen Gladiator.

„Geh.“

Während der kleine Dämon eilig gehorchte, sah sich Inuyasha kurz um. Ein Arbeitszimmer, auch nicht sehr prunkvoll eingerichtet. Aber er blickte zu seinem Halbbruder: „Wie soll ich dich anreden?“

Sesshoumaru ertappte sich tatsächlich bei dem Gedanken, dass der Bastard klüger war, als es den Anschein hatte: „Meinen Namen kennst du.“

„Also keinen Titel.“

„Ich habe keinen.“ Das klang etwas bitter: „Nun, bis Dienstag.“

„Wie du willst.“ Inuyasha hätte nicht sagen können, warum er plötzlich Mitleid mit dem Älteren empfand: „Ich…ich bin von dieser Lage ebenso überrascht wie du. Aber lass mich dir eines sagen: Imperator zu werden ist nicht mein Lebensziel. Und wird es sicher auch nie werden.“

Sesshoumaru musterte ihn. Er kannte höfische Intrigen zu gut, als dass er nicht gewusst hätte, dass das nur Worte waren. Aber da lag etwas in dem Blick dieses jungen Gladiators, das er nicht deuten konnte. Er war jedoch plötzlich sicher, dass dieser wusste, dass er ihn als Konkurrenten sah, dass er versucht hatte, ihn durch einen Unfall umkommen zu lassen – und keinerlei Rachegefühle hegte. Warum auch immer. So fragte er: „Was ist dein Lebensziel?“

„Ich wollte die Jahre als Gladiator durchkämpfen und dann ein Weingut kaufen. Aber jetzt….?“

„Wirst du vielleicht Verwalter einer Weinbauprovinz.“

„Damit konnte ich nicht rechnen.“

Das stimmte: „Ich soll dir etwas beibringen. Du begleitest mich in den nächsten Stunden.“
 

**************
 

Während der junge Gladiator von einem Familienleben träumt, bildet er im nächsten Kapitel das Thema zweier Gespräche zwischen Hakudoshi und dessen Vater sowie Sesshoumaru und dessen Mutter....
 

bye
 

hotep

Gift

Hakudoshi war nicht sonderlich überrascht, dass die sieben Krieger zurück nach Avenna kamen, eher über den unerwarteten Besuch seines Vaters. Nun, nicht ganz so unerwartet, hatte er sich doch denken können, dass dieser hier aufkreuzen würde, sobald der Halbdämon im Auftrag Senatorin Higurashis gekämpft hatte.

Senator Naraku ließ sich auf dem zweiten Stuhl im Raum vor dem Schreibtisch seines Sohnes nieder: „Ich höre.“ Er verschränkte die Finger in seinem Schoss.

„Ich vermute, es geht um diesen Halbdämon?“ erkundigte sich der Hausherr bemüht sachlich, der diese Geste als durchaus bedrohlich erkannte.

„Sehr richtig, mein Sohn. Und mich würde doch ein wenig interessieren, warum er für die Higurashi kämpfte und nicht für mich.“

Hakudoshi bemühte sich sein Unbehagen nicht zu erkennen zu geben. Schließlich hatte er mit dieser Lage gerechnet: „Ich hatte drei entgegenlautende Befehle zu beachten, die du mir gegeben hattest. Zum einen, möglichst gute und starke Gladiatoren für dich herbeizuschaffen, zum anderen, damit viel Geld zu verdienen und zum Dritten, niemandem zu sagen, dass ich dein Sohn sei.“

„Nun, das klingt durchaus nach einer aufschlussreichen Erklärung. – Hast du Wein hier?“

„Selbstverständlich.“ Er stand auf und gab draußen Befehl, einen Krug und zwei Becher zu holen, ehe er sich wieder setzte: „Glaube mir, ich war äußerst unangenehm überrascht, als der Munus des Imperators zur Sichtung des neuen Jahrganges unerwartet hier auftauchte. Aber ich konnte die Senatorin ja kaum wegschicken ohne Aufsehen zu erregen. Und natürlich hatte sie ein Auge auf den Halbdämon geworfen.“ Der Wein und die Krüge wurden durch einen Sklaven gebracht und abgestellt. Dieser zog sich eilig zurück. Hakudoshi deutete nachlässig darauf: „Such dir einen Becher aus.“

„Wie nett“, dachte Naraku spöttisch. „Will er mir damit zeigen, dass nichts vergiftet ist?“ Aber er suchte sich einen aus, ehe er langsam äußerte: „Und ich war diesmal nicht selbst anwesend. Schön. Warum hast du ihr nicht gesagt, er sei schon vergeben?“

Hakudoshi goss sich Wein ein, sicher, dass sein Vater erst davon trinken würde, wenn er selbst es getan hätte. Er war der Gastgeber: „Aus zwei Gründen. Zum einen bot sie mir Dreißigtausend für ihn, eine äußerst hohe Summe, die man mit gewöhnlicher Vermietung nie hätte hereinholen können, und zum Zweiten deutete sie nicht nur an, dass ich dein Sohn bin.“

„Senatorin Higurashi entwickelt Sinn für Intrigen? Das hätte ich wirklich nicht von ihr erwartet.“ Naraku goss sich ebenfalls Wein in den Becher: „Du hättest es mir dennoch sagen sollen. Denn so stand ich ihrer netten, kleinen Überraschung sehr erstaunt gegenüber. Eine Tatsache, die ich nicht sonderlich mag. Sicher, dass du dir die Dreißigtausend eingeschoben hast, ist fast verständlich.“

„Ich ..ich habe sie nicht…“ Auf Unterschlagung reagierte Vater stets drastisch.

Der Senator hob die Hand: „Du hast sie mir bislang noch nicht gegeben oder geschickt. Und das sind Monate. – Nun gut, mein lieber Hakudoshi. Ich gebe zu, dass es eine Versuchung war. Und dass du auch verwirrt warst, dass unser lieber, gewöhnlich so braver, Munus auf einmal intrigiert. Mich würde zu sehr interessieren, woher sie das weiß. Nun, trinken wir auf die Zukunft. Und dass ich nicht nur Munus werde, sondern ein höheres Ziel erreichen kann.“

„Ja, trinken wir darauf.“ Hakudoshi nahm einen großen Schluck. Das hörte sich so an, als ob er der Leiter der Kampfschule bleiben konnte, ein durchaus geachteter Mann hier in der Stadt, reich dazu. Sollte sein Vater doch glauben eines Tages Imperator werden zu können. Das würde ein Traum bleiben. Er beobachtete, wie der Senator ebenfalls den roten Wein schluckte, wenn auch deutlich genießerischer als er selbst, und trank erst dann weiter um seine zitternde Hand zu beruhigen. „Wie geht es meinen lieben Schwestern und Akago?“

„Akago kam mit hierher.“ Naraku betrachtete ihn genau: „Und deine Schwestern arbeiten in meinen Diensten.“

„Nun, Kagura kam wohl immer noch nicht weiter mit Sesshoumaru?“

„In der Tat. Ich frage mich langsam, ob der Gute überhaupt an Frauen interessiert ist. Man sieht ihn nie mit Frauen, selbst meine Spione konnten nie etwas über weiblichen, nächtlichen Besuch berichten. Allerdings auch keinen männlichen.“

„Also sein privater Diener?“

Jaken? Dem Senator entkam ein Lächeln. Nein. Das hielt er dann doch für unmöglich.

Hakudoshi goss sich erneut ein: „Auch noch etwas?“

„Ich habe noch. Du bist nach wie vor ein guter Weinkenner, stelle ich fest. Ohne Zweifel auf meine Kosten?“

„Nein, wo denkst du hin. Ich trenne mein und dein Geld genau.“ Er trank erneut. Im nächsten Moment entglitt ihm der Becher und stürzte zu Boden. Irritiert betrachtete er den sich rasch ausbreitenden Flecken auf den Fliesen, ehe ihm bewusst wurde, dass er seine Hand nicht mehr bewegen konnte. Entsetzt starrte er seinen Vater an, unfähig ein Wort herauszubringen. Er rang nur nach der Luft, die ihm immer mehr verwehrt wurde.

„Du hättest die Becher auch austauschen können, Hakudoshi“, erklärte Naraku kühl: „Mukotsu vergiftete den Wein im Krug und gab mir das Gegenmittel. Betrachte es als meine Freundlichkeit, dass es ein sehr schnell wirkendes Gift ist. Ein letztes Geschenk an meinen gar so treuen Sohn.“

„Kanna….“ brachte der Todgeweihte hervor. Sie hatte ihn gewarnt…

Der Senator hörte es verwundert, schwieg aber dazu und stand auf: „Akago wird ab sofort deine Aufgaben hier übernehmen. Mit deinem Beispiel vor Augen wird er sich gewiss Mühe geben.“ Er ging ohne sich noch einmal umzudrehen.
 

Die domina winkte ihren Dienerinnen zu gehen, als sich Sesshoumaru bei ihr melden ließ, wie sie es befohlen hatte. Als sie allein waren und er sich höflich ein wenig verneigte, sagte sie: „Ich habe die unglaubliche Nachricht soeben vom Imperator selbst vernommen. Was gedenkst du nun mit diesem Bastard zu tun?“

Er blieb sachlich: „Mein verehrter Vater befahl mir, ihn bis Dienstag bei mir zu behalten, um ihm höfisches Benehmen beizubringen.“

Sie erhob sich in ungewohnter Impulsivität: „Will er dich wirklich so demütigen, einen ungehobelten Gladiator bei Hofe einzuführen? Und was hast du sonst vor?“

Zum ersten Teil verbarg er seine Gedanken besser: „Ich verstehe nicht, was du meinst, verehrte Mutter.“

Sie ordnete unwillkürlich ihre Boa. Er war doch sonst nicht so schwer von Begriff? Ging ihrem Einzigen diese Sache doch so nahe? Nun, verständlich: „Du hast ihn durch einen Unfall in der Arena töten wollen, als du nur die Vermutung hattest, er sei ein Bastard deines Vaters. Jetzt weißt du es. Ich hätte angenommen, dass du konsequent bist.“

„Das bin ich.“ Er klang kühl: „Aber die Voraussetzungen haben sich geändert.“

Sie setzte sich langsam wieder: „Nun, ich sehe die einzige Änderung darin, dass deine Stellung jetzt eindeutig in Gefahr ist. Dieser kleine, hergelaufene Gladiator aus der Provinz wird sicher alles daran setzen sich bei deinem Vater einzuschmeicheln. Bring ihn um, ehe es ihm gelingt.“

„Nein.“

Sie sah ihn ehrlich erstaunt an. Bislang hatte sich ihr Einziger jeder ihrer Empfehlungen, jedem ihrer Wünsche gebeugt. Was sollte das denn auf einmal?

Sesshoumaru erkannte ihre Verblüffung. Dies war so ungewohnt bei ihr, dass er sich zu rechtfertigen suchte: „Zum einen wird der Senat in der folgenden Woche beschließen, dass ich der Thronfolger bin, mit dem Titel Cäsar.“

Dieser schlaue Hund von Inu no Taishou, dachte sie unwillkürlich. Damit hatte er natürlich ihren Sohn auf seine Seite gezogen und seinen Bastard abgesichert. Sie äußerte allerdings sachlich: „Das klingt nicht schlecht, ist aber nur eine Ernennung, die auch umgekehrt werden kann. Überdies: was hat das mit dem Leben oder Tod des Bastards zu tun? Du hast bereits sein Ableben geplant gehabt.“ Und ihre Ahnung, wer dieser Gladiator mit dem Mischblut war, war mittlerweile nur zu deutlich bestätigt worden.

„Da war es nur eine Vermutung, dass er der Sohn meines Vaters ist. Jetzt ist es Gewissheit. Mein verehrter Vater hat ihn inzwischen anerkannt und sein Tod würde ihn gewiss treffen.“

Das also war es. Sie hatte schon seit einigen Jahren, Jahrzehnten das Gefühl, dass ihr Einziger seinen Vater immer mehr schätzte. Und jetzt, als er sich zwischen ihnen beiden entscheiden sollte, schwenkte er auf die Seite seines Vaters. Warum auch immer. Wenn sie ihn nicht verlieren wollte, und das wollte sie entschieden nicht, musste sie einlenken. „Natürlich. Aber er kennt den Jungen bislang ja nicht...“

Ungewohnt fiel ihr Sohn ihr ins Wort: „Und zum Dritten, verehrte Mutter: ich bin kein Meuchelmörder. Der Halbdämon hatte in der Arena durchaus die Möglichkeit durch Stärke und Fähigkeit zu überleben – und er hat sie genutzt.“ Was ihn tatsächlich interessierte, wie er zugab.

Die domina ignorierte den zweiten Satz lieber: „Das habe ich auch nie behauptet. Ich schätze durchaus dein Ehrgefühl. – Nun, ich rate dir dennoch zumindest dafür zu sorgen, dass der Bastard möglichst rasch die Hauptstadt verlässt. Vielleicht einen Posten als Statthalter, irgendwo? Du selbst sagst, dass es ihm an höfischer Erziehung mangelt. So könnte er dich und nicht zuletzt deinen Vater, unseren Imperator, in peinliche Lagen bringen.“ Und was das andere betraf...nun, sie müsste darüber nachdenken: „Überlege es dir gut, Sesshoumaru. Du darfst gehen.“
 

Allein geblieben dachte sie noch einmal an das unangenehme Gespräch mit ihrem Ehegatten, der ihr schlicht erklärt hatte, er sei willens, seinen halbblütigen Bastard anzuerkennen und im Palast wohnen zu lassen. War dies schon eine Beleidigung ihres Stolzes, auch, wenn er natürlich wie jeder Mann nach dem Gesetz das Recht dazu hatte, so war es noch ärger geworden, als er hinter sie getreten war. Um ja nicht von einem möglichen Lauscher gehört zu werden, hatte er sich vorgebeugt und ihr zugeflüstert: „Nun, falls dem Jungen etwas zustoßen sollte, würde ich alle Mittel in Bewegung setzen den Schuldigen zu finden. Und streng zu bestrafen.“

Ihr war nur zu bewusst gewesen, dass das eine Warnung für sie war. Darum hatte sie ja auch gewollt, dass Sesshoumaru etwas unternahm. Als der überlebende Sohn würde er der Todesstrafe entgehen, höchstens bis an das Lebensende seines Vaters verbannt bleiben. Aber da sich ihr Einziger nun weigerte…

Sie benötigte einen passenden Sündenbock, der den Zorn des Herrschers zu spüren bekommen würde, ehe sie genauere Pläne schmiedete. Denn eines war ihr klar: nur mit dem Tod des Bastards wäre ihr Sohn wieder der unangefochtene Erbe. Und für ihren Einzigen und seine Zukunft würde sie alles tun.
 

Inuyasha sah sich erstaunt um, ehe er sich an seinen kleinen Begleiter wandte: „Das ist mein neues Zimmer?“ So groß, so hell hatte er noch nie gewohnt.

„Dein Audienzzimmer,“ erwiderte Myouga: „Denn ich vermute, du sollst auf Befehl des Imperators bald auch arbeiten. – Hier drüben sind deine beiden anderen Räume, privat. Niemand darf dort ohne deine Aufforderung hineingehen. Ein Schlafzimmer und ein Aufenthaltsraum. Wenn du noch Wünsche bezüglich der Ausstattung hast, wende dich an den Haushofmeister. Saya.“

„Und du meinst, der wird mir etwas besorgen?“

Der kleine Kanzler starrte ihn an, ehe er langsam sagte: „Du bist der Sohn des Imperators.“

Der Sohn des Imperators….wie Sesshoumaru. „Ich werde…ich muss mich erst daran gewöhnen.“

„Das solltest du bald tun, um den erhabenen Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, nicht in eine peinliche Lage zu bringen.“

Der junge Halbdämon begriff die Warnung nur zu gut: „Ich weiß.“ Er trat an das Fenster, das zu einem Innenhof des Palastes führte. Zu seiner Überraschung erkannte er den Sohn des Imperators, nein, seinen Halbbruder mit einem kleinen Menschenmädchen, das gerade mit einem Blumenstrauß in der Hand zu ihm kam: „Wer ist das denn?“

Myouga sprang neben ihn: „Rin.“

„Das Mädchen? Ich dachte…“

„Ja, Sesshoumaru schätzt Menschen nicht sonderlich, aber das ist etwas anderes.“

Inuyasha beobachtete, wie das kleine Mädchen geradezu fröhlich seine Blumen präsentierte, um dann hinter dem schweigend weitergehenden Sesshoumaru herzuhüpfen. Eigenartig. Aber auch der Imperator, sein Vater, war anders, als er zuvor geglaubt hatte. Waren sie privat eben privat und in der Öffentlichkeit in ihrer Rolle? Das würde er wohl bald merken. „Äh, Kanzler….Im Augenblick soll mir Sesshoumaru die höfischen Regeln beibringen und ab Dienstag du. Was muss ich jetzt gleich beachten?“

„Zuerst einmal: nie „äh“ sagen, “ tadelte Myouga prompt: „Ein Sohn des Imperators weiß, was er sagt und was er will. Du musst dich unter Kontrolle haben. Immer und in jeder Lage, wenn du den erhabenen Imperator nicht in eine unangenehme Situation bringen willst. Oh…und eines. Manch einer oder eine wird versuchen, dich auf ihre Seite zu bringen, in Intrigen zu verwickeln. Halte dich da raus. Vertraue allein dem Herrn.“

Inuyasha wollte schon wegen seines Halbbruders und dessen Mutter nachfragen, als er begriff, dass dies wohl für diese ebenfalls galt: „Nur meinem Vater“, bestätigte er daher. Den er allerdings ja auch nicht kannte.

„Das solltest du auch nicht sagen. Sage wenn: mein Herr und Vater, aber eher der Imperator.“

„Auch, wenn ich mit Sesshoumaru rede?“

Myouga hob alle vier Arme, mit dieser Frage etwas überfordert, erklärte jedoch diplomatisch: „Sag, was er dazu sagt. Aber pass auf, wenn andere dabei sind.“

„Und…darf ich auch Leute besuchen?“

„Du meinst Senatorin Higurashi?“

Nun, eher ihre Tochter…Aber das erwähnte er wohl besser nicht. Das klang alles so strikt. Aber strenge Regeln war er in den letzten Jahren wirklich gewohnt gewesen. Immerhin sah das hier nicht so aus, als ob er bei einem Fehler ausgepeitscht werden würde.

„Gib dann einfach Befehl, dass sie zu dir kommen soll. Verlasse den Palast so selten wie möglich, und wenn, dann nur mit Genehmigung des Imperators. Zumindest vorerst.“

Er war also gefangen? Oder befürchtete Myouga ein Attentat? Von wem? Er sprach die Frage laut aus.

Der Kanzler zuckte förmlich zusammen: „Also, wirklich. Eben genau, weil du soviel nicht weißt. Es wäre ungemein unangenehm für den Imperator. – Oh! Ich darf dir den Haushofmeister vorstellen, Saya…“

Ein alter Dämon war mit einem menschlichen Jungen eingetreten. Beide verneigten sich ein wenig vor dem darüber erstaunten Halbdämon.

„Dies ist Kohaku, Inuyasha-sama“, erklärte der Haushofmeister: „Er soll dir als persönlicher Diener zur Verfügung stehen. Befehl des Imperators.“

Inuyasha-sama. Der Angesprochene hätte fast gelacht, aber daran musste er sich wohl gewöhnen. Der Junge war kaum über zehn, trug aber Waffen. Eigenartig. Dann fiel ihm die Garderobe auf: „Du bist ein Dämonenjäger des Imperators, Kohaku?“

„Ja, Inuyasha-sama.“

„Dann kennst du Miroku?“

„Ja.“ Der Junge schien erstaunt: „Er ist der Freigelassene meiner Schwester.“

„Die Venatrix ist deine Schwester? Da bist du sicher ein guter Jäger.“ Er bemerkte, dass Myouga ihm beifällig zunickte. So also war es richtig? Dabei hatte er sich doch gar nicht hochnäsig benommen. Musste man das nicht? Dann war es umso besser. Aber warum wollte sein Vater, dass ein Dämonenjäger bei ihm war, zumal als persönlicher Diener? Fürchtete er doch ein Attentat? Soweit er sich erinnerte, hatte der Sklavenhändler Gaius gesagt, dass die Dämonenjäger stets treu zum Imperator standen.

Kohaku lächelte etwas: „Danke, Inuyasha-sama.“ Na so etwas, der Sohn des Imperators war ja richtig umgänglich. Da würde seine neue Aufgabe ihm nicht schwer fallen. Und natürlich würde er sich bei Miroku mal nach ihm erkundigen. Woher sie sich wohl kannten?

Der kleine Flohgeist räusperte sich: „Ich….Dürfen wir uns entschuldigen, Inuyasha-sama?“

„Ja, geht nur.“ Das war ein Hinweis gewesen. Durften sie etwa nur gehen, wenn er es sagte? Da hatte er wirklich noch viel zu lernen. Immerhin war er nicht allein. So sah er zu Kohaku, als die beiden anderen weg waren: „Ich will ehrlich sein, ich habe keine Ahnung, mit was ich dich im Moment beschäftigen soll.“

„Ich bin hier um auf deine Befehle zu warten, Inuyasha-sama.“

„Na, dann komm mit, dann sehen wir uns einmal meine neuen Zimmer an. Und dann…kannst du eine Nachricht für mich überbringen?“

„Natürlich. – Verzeihung. Ja, Inuyasha-sama.“ Er durfte sich durch die Freundlichkeit nicht täuschen lassen. Das war der Sohn des Imperators, wenn auch der jüngere der beiden, der dritte Mann im Reich. Der junge Dämonenjäger fuhr alarmiert herum, als sich die Tür wieder öffnete und bewies damit, dass der Imperator wohl durchaus auch an seine kämpferischen Fähigkeiten gedacht hatte. Er verneigte sich aber unverzüglich, als er den Eintretenden erkannte.

„Oh, Sesshoumaru.“ Inuyasha sah zu dem Jungen, ehe er erneut zu seinem Halbbruder blickte: „Das ist Kohaku. Der Imperator wies ihn mir zu, “ fügte er eingedenk Myougas Warnung hinzu.

Der Ältere war angenehm überrascht, dass der Bastard nicht von „Vater“ oder noch schlimmer „Papa“ sprach, nickte dem Jungen aber nur kurz zu: „Komm, Inuyasha.“

„Natürlich.“ Immerhin sollte er ja von ihm lernen.
 

Als sie nebeneinander durch die Flure des Palastes gingen, bemerkte Inuyasha durchaus, dass sich Neuigkeiten wohl in Windeseile verbreiteten. Die Verneigungen galten nun auch ihm – und sehr viele, wenn auch verstohlene, neugierige Blicke. Sicher hatte der eine oder andere Dämon oder Mensch ihn gestern in der Arena gesehen, aber natürlich nur aus der Distanz.

Sesshoumaru blieb stehen. Er empfand es in der Tat als unangenehm, den Bastard unterrichten zu sollen, aber er gab ehrlich zu, dass sich dieser scheinbar wohlerzogen zurückhielt. Er hatte es schlimmer befürchtet: „Dies war der Verwaltungstrakt. Hier liegen auch die Privaträume meines verehrten Vaters, die meinen und die meiner verehrten Mutter und nun auch die deinen. Dort drüben leben die Angestellten. Die Krieger, die hier stationiert sind in dem Flügel dahinter. – Rechts geht es in den offiziellen Trakt, wo sich die Empfangsräume befinden.“

Inuyasha nickte, erkundigte sich aber: „Darf ich dich etwas fragen?“ Und da er das Schweigen als Zustimmung interpretierte: „Muss ich mich deiner…der domina vorstellen?“ Er wollte doch keinen Fehler begehen.

Sesshoumaru nahm an, dass seine Mutter doch einmal ihre Contenance verlieren könnte, stünde sie unangekündigt dem Bastard ihres Ehemannes gegenüber: „Ich werde sie um einen Termin bitten.“

„So arbeitet sie auch?“ fragte der junge Halbdämon erstaunt.

„Sie hat die Leitung über mehrere soziale Projekte. Mein verehrter Vater würde nicht zulassen, dass jemand von hohem Rang nichts tut.“

Wieder etwas Überraschendes. Inuyasha vermutete langsam, dass er in den nächsten Tagen mehr lernen musste als in seinem ganzen Leben zuvor. Andererseits machte ihn das neugierig auf seinen Vater. Hoffentlich würde er einmal in Ruhe mit ihm reden können, wenn der den ganzen Tag arbeitete. Nun, im Notfall müsste er eben um Audienz bitten. Aber da der Imperator ja gesagt hatte er, er wolle ihn kennen lernen, würde sich sicher etwas ergeben. „Dann werde ich bestimmt auch bald was zu tun bekommen. Wo kann ich eigentlich üben?“

„Üben?“

„Ich habe die vergangenen Jahre jeden Tag von morgens bis abends Schwertkampf geübt. Das will ich eigentlich nicht aufgeben...naja, nicht ganz. Du hast doch auch Schwerter…“ Wenn auch nicht im Palast dabei, obwohl er selbst hier eine Rüstung trug.

Der designierte Thronfolger dachte kurz nach. Hatte der Bastard tatsächlich nur Waffen und Kampf im Kopf? Dann wäre er in der Tat kein Rivale um Vaters Erbe. Oder war er schlauer als gedacht und wollte ihn nur in Sicherheit wiegen? „Lass Scipio zu dir kommen. Er ist der Anführer der Palastwachen. Er wird es dir sagen können. Selbstverständlich kannst du nur üben, wenn dir deine anderen Aufgaben Zeit lassen.“

„Darf ich auch einmal gegen dich üben?“ Inuyasha wusste selbst, dass er unerwartet unsicher klang, aber er hatte ja keine Ahnung, wie das hier gehandhabt wurde, ob Sesshoumaru überhaupt noch übte. Und der erwies sich ja eigentlich als ganz nett, wenn auch kühl, da wollte er ihn nicht verärgern. Vielleicht würden sie so etwas wie Freunde werden können? Er begann jetzt schon die fröhliche Runde der Gladiatoren bei der Senatorin zu vermissen.

Der ältere Halbbruder ertappte sich bei dem Gedanken, dass das eine wunderbare Gelegenheit für einen Unfall wäre, aber er verwarf diesen Einfall wieder. Vater würde ihm niemals ein Versehen abnehmen – und er würde ihn mit dem Tod des Bastards kränken. Beides würde ihm mehr als Unannehmlichkeiten mit seinem verehrten Vater eintragen. Und wäre dazu noch sinnlos. Er war jetzt der endlich designierte Thronfolger. „Später einmal. Jetzt komm in mein Arbeitszimmer. Setz dich dort hin und höre einfach zu.“ So würde er den Befehl des Imperators ausführen und musste dennoch nicht mit dem Bastard reden.
 

Senator Naraku traf am Dienstag gerade noch rechtzeitig zu der anberaumten Sitzung ein – und erfuhr die unglaubliche Neuigkeit erst bei der Abstimmung. Selbstverständlich stimmte er der Ernennung Sesshoumarus zum Thronfolger zu, denn etwas Anderes würde das Auge des Imperators auf ihn lenken und das konnte er im Moment wirklich nicht brauchen. Dieser Halbdämon bereitete ihm nichts als Ärger. Schon als gewöhnlicher Gladiator hatte er ihn den Posten des Munus gekostet – und jetzt entpuppte er sich auch noch als der verschollene zweite Sohn des Imperators.

Moment mal. Das könnte unter Umständen ein Hebel sein, mit dem er sein Ziel selbst der Herrscher zu werden erreichen würde. Da musste er gut darüber nachdenken. Sehr gut. Denn bei Hochverrat gab es weder ein Zurück noch eine zweite Chance.

Und so ganz nebenbei sollte er der guten Senatorin Higurashi einmal zeigen, wer der bessere Intrigenspieler von ihnen beiden war. Sie hatte ihn immerhin dazu gebracht, seinen eigenen Sohn zu vergiften. Umgekehrt würde er sie nun über ihre Kinder in die Enge treiben. Der Sohn freilich war im Heer, in einer Offiziersschule und somit nicht einfach greifbar. Aber ihre Tochter…

Er rief seine Sänfte. Er sollte sich im Bad und bei einer Massage entspannen und dann ein paar Stunden Zeit zum Nachdenken nehmen. Und die sieben Krieger zurück in die Hauptstadt beordern.
 

***

Der Senator sollte an seinem Weltbild statt an einem Staatsstreich feilen: Mama Higurashi hat ihn dazu gebracht, seinen Sohn zu töten? Im nächsten Kapitel hat er zwei Unterhaltungen mit zwei Damen: Verschwörung.
 

Bye
 

hotep

Verschwörung

Die domina blickte aus tiefsten Gedanken auf, als eine Dienerin in ihre Privaträume trat: „Was ist?“ fragte sie ein wenig ungnädig, was sich die Dämonin eilig auf den Boden werfen ließ:

„Ich bitte um Vergebung, domina. Senator Naraku bittet um die Gunst einer Audienz.“

Naraku? Er war ein reicher, einflussreicher Mann, der sich, wenn auch vergeblich, um das Amt des Munus beworben hatte. Wollte er nun etwa ihre Protektion? Bislang hatten sie sich nur bei offiziellen Anlässen getroffen und formell unterhalten. Aber gut. Das würde sie wenigstens etwas von der Mühle ihrer Gedanken befreien. „Lass ihn in mein Audienzzimmer.“ Sie erhob sich, während die Dienerin bereits erleichtert hinauseilte, um den Senator auf ihrem Sessel in der Mitte des ansonsten leeren Empfangsraumes sitzend zu erwarten. Ihr Schreibtisch und der dortige Stuhl befanden sich in ihren Privatgemächern.

Naraku verneigte sich geschmeidig, während die Tür bereits hinter ihm geschlossen wurde: „Ich danke für die Ehre, domina, von dir empfangen zu werden.“

Sie nickte nur, duldete die gewöhnlichen höfischen Redewendungen. Je länger er allerdings so sprach, auf ihre wenigen Worte mehr als umfangreich einging, umso sicherer wurde sie, dass er eigentlich delikatere Dinge klären wollte. So hob sie etwas die Hand: „Ich vermute, dass ein so beschäftigter Mann wie du, Senator, einen wichtigen Grund hat, mich unerwartet aufzusuchen.“

War das eine Anspielung auf seinen Versuch, die meisten Senatoren auf seine Seite zu bekommen, manchmal eben auch, in dem er die widerstrebenden Kollegen umbringen ließ? Nein. Er sollte nicht mehr hören als gesagt worden war. Und das war die Aufforderung gewesen endlich zur Sache zu kommen. Sie war in der Tat eine kluge Frau: „Ich war in der Tat einige Tage der Hauptstadt fern, so dass ich erst gestern in der Senatsversammlung die schockierende Neuigkeit vernahm. – Meine Glückwünsche allerdings zur Ernennung deines edlen Sohnes zum Thronfolger.“

„Ich vermute nicht, dass DIESE Neuigkeit dich schockierte“, meinte sie kühl.

Er lächelte ein wenig: „Natürlich nicht. Ich habe mich, wie die meisten, ja bereits auf Sesshoumaru als würdigen Nachfolger eingerichtet. – Nun, ich bin ein treuer Diener des Imperators, aber ich bin auch davon überzeugt, dass dein Sohn allein der erhabene Thronfolger ist. Eine so kluge Frau wie du, domina, hat selbstverständlich das Problem bereits erkannt, das sich aus einem neu gefundenen Sohn ergibt.“

„Sesshoumaru wurde soeben ernannt“, sagte sie steif. Wollte er sie zu einer Äußerung gegen den Imperator verführen? Warum? Niemand konnte sie hier hören - es stünde Aussage gegen Aussage.

Naraku verneigte sich erneut höfisch: „Nun, Ernennungen und Entlassungen liegen allein im Belieben des Imperators. Und ein neuer Sohn, dazu so erfolgreich – denn ich gebe offen zu, dass sein Auftritt in der Arena sehenswert war – könnte seinen Vater, jeden Vater, doch gefühlsmäßig beeinflussen.“

Daran hatte sie ebenfalls zuvor bereits gedacht, meinte jedoch: „Du bist nicht erst seit gestern Senator. Ist dir bislang je aufgefallen, dass der Imperator gefühlsbetont agierte?“ Es war ein schmaler Grat, aber sie musste herausfinden, was er eigentlich wollte – und das, ohne einer von ihnen beiden den anderen wegen Hochverrates mitreißen konnte.

Sie lehnte die Diskussion darüber nicht ab, stellte er fest. Also konnte er weitergehen: „Nein. Aber eine solche Lage ergab sich auch noch nie. Ich möchte dir jedenfalls nur mitteilen, verehrte domina, dass ich jederzeit bereit bin, alles zu tun, dass dein Sohn der Thronfolger bleibt.“

Sie hatte durchaus verstanden und betonte:„Alles?“ Eine Chance für ihren Einzigen, der alleinige Thronfolger zu bleiben….und sie musste sie trotz allem Risiko für sich selbst nutzen.

Naraku warf einen raschen Blick zu Tür. Aber das Zimmer war mehr als übersichtlich, diese fest geschlossen. Es konnte keine Zuhörer geben: „Was immer dir beliebt. Ich empfinde eine gewissen Achtung vor Sesshoumaru und was dich betrifft…nun, da schweige ich lieber, das wäre ungehörig.“ Aber seine Augen funkelten sie fast keck an.

Ihr wäre um ein Haar ein Lächeln entkommen. Seit wann machte er Komplimente? Aber nun gut, bei den bisherigen Treffen war der Imperator neben ihr gestanden, da wäre es mehr als ungeschickt gewesen. So sagte sie direkt: „Was schlägst du vor? Dir muss bewusst sein, was du für ein Risiko eingehst. Ein wie auch immer geartetes Vorgehen gegen einen Sohn des Imperators ist….“ Wozu es aussprechen.

Also stimmte sie zu: „Er ist ein dahergelaufener Bastard, wollen wir offen sein, domina, nicht, wie dein Sohn edler Abstammung. Und selbstverständlich wäre ein…Vorgehen töricht. Zum einen kann er kämpfen, das hat er bewiesen, zum anderen würde es…sagen wir, Aufmerksamkeit erregen.“

Sie dachte kurz nach. Naraku bot ihr also an, Inuyasha zu beseitigen, damit Sesshoumaru der Erbe blieb. Warum? Weil Inuyasha ein Bastard war, ein Halbdämon, mehr nicht? Welches Risiko ging sie dabei ein? Nach diesem Gespräch eigentlich keines. Niemand hatte mitgehört, es gab keinen Beweis, was hier besprochen wurde. Und falls es schief ging, der Senator verhaftet wurde – wer würde ihm glauben, dass sie mit ihm gemeinsame Sache gemacht hatte? Der Inu no Taishou würde höchstens wütend werden, wenn Naraku ihm von seiner Schwärmerei für sie erzählte. „Du redest, als ob du einen Plan hast.“

„Nun, unser …junger Freund ist neu am Hofe, kennt einige Regeln noch nicht. Überdies hat er wohl kaum je so üppig gegessen. So könnte es doch leicht sein, dass ihm sein…Magen ein wenig Probleme bereitet.“

So primitiv hätte sie ihn nun doch nicht eingeschätzt: „Hofmedicus Jinenji ist weder blind noch dumm und weiß Tollkirsche zu erkennen.“

Ein sanftes Lächeln: „Selbstverständlich, domina. Ich möchte dich jedoch darauf aufmerksam machen, dass man nur erkennt, was man sucht.“

Also ein seltenes, unbekanntes Gift? Aber da war die Warnung ihres Mannes…. „Überdies halte den Imperator nicht für leichtsinnig. Wenn seinem Bastard etwas zustößt, wird er Ermittlungen anstellen lassen.“

„Dessen bin ich mir bewusst. Umso wichtiger ist es, dass kein Gedanke an Gift aufkommt.“

Sie musterte ihn. Das konnte nur bedeuten, dass er eine Krankheit vortäuschen wollte, langwierig und schmerzhaft für den Betroffenen, ohne Zweifel, aber ebenso schwer als Mord zu erkennen. Ein durchaus interessanter Plan: „Was willst du von mir?“ fragte sie unvermittelt: „Denn gleich was du sagst, ich würde dir nicht glauben, dass du keinen Vorteil daraus ziehst.“

Oh, den würde er ziehen, spätestens, wenn der Imperator und seine beiden Söhne das Zeitliche gesegnet hatten. Denn ganz eindeutig würde der reiche und anerkannte Mann, der das letzte überlebende Familienmitglied heiratete, die besten Karten im Nachfolgespiel in der Hand haben. Und diese seltsame Magenerkrankung war dann ja wohl als erblich in der Hundefamilie anzusehen. Mukotsu war da ein sehr fähiger Mann, nun, wie auch seine Kollegen, und es war gut, dass er sie seit Jahren an sich gebunden hatte: „Im Augenblick wäre ich bereits dankbar, deine Hand küssen zu dürfen.“

Sollte das etwa wirklich bedeuten, dass er solch ein Narr war, sich in sie verliebt zu haben, ja, anzunehmen, er hätte Chancen bei ihr? Nun, sollte er es glauben. Und wenn der Bastard aus dem Weg war, würde eben auch Naraku ein Unglück zustoßen. Sie musste nur den Inu no Taishou auf den Einfall bringen, dass dieser an Inuyashas Tod beteiligt sein könnte. Den Rest würde die durchaus fähige Polizeitruppe der Prätorianer erledigen. Und natürlich das Urteil des Imperators. Alles für ihren Einzigen. So reichte sie dem Senator ihre Hand.

Naraku war höfisch erfahren genug, nur einen vagen Kuss auf ihre Fingerspitzen zu hauchen. Zu mehr würde später Gelegenheit sein, wenn er ihr bewiesen hatte, dass er seinen Teil der Vereinbarung einhielt. Denn ganz eindeutig hatte sie Gefallen an der Macht und dem Leben als erste Dame des Imperiums – und würde wohl auch einwilligen, es zu bleiben. Und jetzt hatte er ein zweites Treffen mit einer Frau an diesem Vormittag.
 

Der Imperator hatte sich in seinem privaten Zimmer nachlässig auf seinem Bett ausgestreckt, ein ungewohnter Anblick auch für seinen jüngsten Sohn. Inuyasha saß auf einem Stuhl davor und hatte erzählt, wie er mit seiner Mutter gelebt hatte, bis sie gestorben war.

„Was ich nicht ganz verstehe, Inuyasha: warum lebtet ihr am Rande des Dorfes, ja, im Wald? Izayoi, deine Mutter, war doch die Tochter des Burgherrn.“ Er bemerkte betroffen den fast vorwurfsvollen Blick des Jungen: „Weil sie...und ich…? Aber ich hatte angenommen, die anderen Menschen würden denken, sie sei dazu gezwungen worden. Zumindest wollte ich diesen Eindruck erwecken, um sie eben vor Verachtung zu schützen.“

Inuyasha atmete durch, ehe er bemüht sachlich antwortete: „Nein. Das hat wohl funktioniert. Aber sie erwartete einen Halbdämon und die Menschen wollten, dass sie ihn tötet, sobald oder besser noch ehe er geboren ist.“

Der Herrscher setzte sich abrupt auf und sein Jüngster hatte plötzlich das Gefühl einer ungeheuren Macht, die gerade noch gezügelt wurde: „Das war es? Sie hat sich geweigert, dich zu töten und nahm für dich alles auf sich….Ich wollte, ich könnte etwas wiedergutmachen. – Ich muss gestehen, am liebsten würde ich Krieger aussenden, dieses Dorf doch noch dem Erdboden gleichmachen.“ Izayoi! Warmherzige, tapfere Izayoi! Und er hatte sie im Stich gelassen – ein nie wieder auszubessernder Fehler, ja, eine schändliche Entscheidung.

Inuyasha bemerkte durchaus, dass sich die Hand seines Vaters um das Medaillon legte, das er wohl seit damals unter seiner Kleidung trug und die Strähne seiner Mutter enthielt. Nein. Er konnte ihm nicht böse sein. Er hatte es nicht gewusst, hatte geglaubt, sie geschützt zu haben – und er vermisste sie wohl ebenso wie er selbst. Etwas trieb ihn daher dazu, tröstend zu sagen: „Sie war dir sicher nicht böse, Vater. Sie hat mir immer erzählt, wie freundlich du warst, wie sehr sie dich liebte.“

„Und dich haben sie als Sklaven verkauft!“ Immerhin konnte er an dem Jungen nun versuchen etwas wieder auszugleichen.

„Eher verschenkt. Sie waren heilfroh, dass Gaius mich mitnahm. Sie...sie dachten eben, ich sei schuld an den Missernten, dass ihnen die Götter wegen der Dämonenbrut zürnen würden.“ Die Hasstirade des Priesters würde er wohl nie vergessen.

„Sklaven.“ Der Imperator sah ihn an: „Ich muss gestehen, ich habe mich nie mit diesem Thema beschäftigt. Dämonen werden nicht zu Sklaven gemacht – und da es unter allen Menschen des Imperiums üblich war, Sklaven zu besitzen oder dazu gemacht zu werden, hielt ich das immer für…nun, eine eigenartige menschliche Sitte. Aber du bist ein Halbdämon!“

„Es gibt wohl kein Gesetz, das das verbietet….“

Noch. „Du warst Sklave. Würdest du sagen, dass das so sein soll?“

Inuyasha dachte einen Moment nach, ehe er die Schultern zuckte: „Ich weiß es nicht. Miroku oder die anderen fanden das normal, alltäglich. Ich fand es nicht gut, einem anderen so ausgeliefert zu sein.“

„Miroku? Irgendwoher kommt mir der Name bekannt vor.“

„Sango, die Venatrix der Dämonenjäger, kaufte ihn und Atticus und ließ sie frei.“

„Ach, der Mönch. Ja, er ist ja dauernd bei ihr. – Du kennst ihn?“

„Ja, er…nun ja, wir haben uns angefreundet.“

„Dann lass ihn auch zu dir kommen.“ Irgendwie hatte es der Junge geschafft Freunde und Bekannte zu gewinnen, auch als Sklave, als Gladiator? Er hatte wohl viel von seiner Mutter geerbt. Er selbst tat sich da mehr als schwer, nicht zuletzt durch seine Position.

„Danke.“

„Hast du dir schon überlegt, was du gern machen würdest?“

Ja, Senator Naraku eins wegen der Goldmine und des Attentates auf Senatorin Higurashi reinwürgen, dachte Inuyasha prompt. Aber, Atticus hatte damals gesagt, dass das ein reicher, in der Gunst des Imperators stehender Mann sei. Vielleicht sollte er damit nicht gerade sofort herausplatzen, sondern erst, sobald ihn sein Vater mehr schätzte? Immerhin waren sie ja noch in der Kennenlernphase – von beiden Seiten. Und es fragte sich, was sein Vater von ihm halten würde, brächte er ohne Beweise solche schweren Vorwürfe gegen einen, ja, wohl Freund. Vor seiner so strikten Ausbildung wäre er sofort damit herausgeplatzt, aber so erwähnte er nur seinen zweitwichtigsten Punkt: „Ich würde gern weiterüben. Ich habe seit Jahren jeden Tag mit dem Schwert gekämpft und es fehlt mir.“

„Hast du bereits mit Sesshoumaru darüber gesprochen?“

„Ja. Er sagte, ich solle mit Scipio darüber reden.“

Das war beruhigend. Anscheinend fanden sich die beiden Halbbrüder erst einmal zumindest miteinander ab. „Dann tue das. Du würdest also lieber eine militärische Aufgabe erhalten als eine in einem Büro?“

Inuyasha musste lächeln: „Ich kann doch nicht stillsitzen.“

„Und du hast Tessaiga.“
 

Flüchtig dachte der Imperator an das Gespräch mit dem alten Schmied. Toutousai war bereits selten kleinlaut in sein Audienzzimmer gekommen, hatte anscheinend gewusst, um was es gehen würde.

So hatte der Herrscher begonnen: „Soweit ich mich entsinne, zahlte ich dir eine nette Summe Goldes, damit du ein Schwert schmiedest, das meinen zweiten Sohn in den Kriegen des Imperiums beschützen soll. Kannst du mir erklären, warum Tessaiga nun in den Händen eines Gladiators ist?“ Es war ja nicht nötig, dem als erstes zu erzählen, dass er es genau dem Richtigen übergeben hatte, hatte er doch das in ihn gesetzte Vertrauen gebrochen.

„Nun, domine…es war ...eine Probe.“ Toutousai beschloss, bei der Wahrheit zu bleiben. Das könnte ihm vielleicht das Leben retten. So berichtete er von der Kampfschule zu Avenna, und wie sein Meisterschwert ausgerechnet auf diesen halbdämonischen Jungen reagiert hatte. „Ich gebe zu, domine, ich hatte mit dieser Folge nicht gerechnet, aber es war offensichtlich. Tessaiga hatte sich seinen Herrn ausgesucht. Und ich…ich meine, wenn du wirklich einen zweiten Sohn bekommst, werde ich eben ohne weitere finanzielle Forderungen erneut solch ein Schwert schmieden, ja, genau. Das habe ich ja Myouga auch schon gesagt.“

„Myouga wusste davon?“ kam es ungewohnt scharf.

Ups, da hatte er seinen alten Freund ja gerade in etwas geritten. Aber jeder war sich eben selbst der Nächste: „Ich erwähnte es vor einigen Monaten, ja…Ich meine, ich hatte fast vergessen, dass Tessaiga existiert….Und als Hakudoshi mir in Avenna sagte, dieser Junge habe Hundeblut, wollte ich es eben ausprobieren…“ Vorsichtig sah der alte Schmied auf.

„Toutousai, dein Schwert hat mehr Verstand bewiesen als du.“

„Äh, ja, domine…?“

„Dieser junge Gladiator, dieser Halbdämon, IST mein zweiter Sohn.“ Und er hatte das durchaus seltene Vergnügen, den Dämonenschmied mit offenem Mund zu sehen.
 

Jetzt meinte er: „Tessaiga wurde geschmiedet um seinen rechtmäßigen Träger zu schützen. Und es hat dich als seinen Herrn anerkannt. Nicht ohne Grund. Es wurde in meinem Auftrag für meinen zweiten Sohn angefertigt, als Sesshoumaru Tenseiga erhielt.“

„Aber…ich dachte…du wusstest nichts von mir?“ brach es enttäuscht aus Inuyasha heraus. War denn alles gelogen gewesen?

Der Imperator blieb ruhig: „Ich wusste nichts von dir, das stimmt. Aber ich hoffte damals eben immer noch…nun, dass Sesshoumaru einen Bruder bekommen würde. Und ich wollte beide Söhne gleich behandeln. Da Toutousai schon damals nicht mehr der Jüngste war, bekam er den Auftrag für zwei Schwerter. Tessaiga scheint gewusst zu haben, wer du bist. Manchmal überraschen mich Toutousais Werke.“

Er wollte beide Söhne gleich behandeln…ja, das war der Eindruck, den Inuyasha bislang von ihm gewonnen hatte, sah man von der Tatsache ab, dass Sesshoumaru der Thronfolger war. Aber nun gut, das war eigentlich klar, war er doch der Ältere und ein richtiger Dämon. „Tessaiga ist mein Freund“, sagte er: „Und der komische Metallbieger meinte damals, es würde mich nie im Stich lassen. Hat es bisher auch nicht.“

„Wird es auch nie. Es wurde für dich geschmiedet, und enthält, wie auch Tenseiga, einen Zahn von mir.“

Inuyasha brauchte einen Moment, um das zu verstehen: „Das heißt, du wolltest uns immer beschützen?“

„Ja.“ Der Herrscher stand auf: „Ich würde nun allerdings vorschlagen, dass du in deine Räume gehst. Ich muss noch arbeiten. Und du solltest mit Scipio reden, um deine Übungseinheiten zu besprechen.“

„Kann ich ihn einfach zu mir rufen lassen?“

„Natürlich.“ Der Imperator lächelte ein wenig: „Auch, wenn du dich noch daran gewöhnen musst: im gesamten Imperium gibt es kaum jemanden, der dir Befehle erteilen kann.“

„Nur du und Sesshoumaru?“

„In der Tat.“

„Nicht einmal die domina?“

Der Herrscher sah ihn an, ehe er langsam sagte: „Nur ich und Sesshoumaru.“

Mit dem unbehaglichen Gefühl gerade in ein Fettnäpfchen gesprungen zu sein, das fast Meeresgröße besaß, neigte der junge Halbdämon den Kopf: „Danke, domine.“ Immerhin wurde er nicht geschlagen.

„Dann geh. Und heute Abend, beim offiziellen Bankett, sei anwesend. Ich werde dir Saya schicken, den Haushofmeister, um dir zu erklären, wie du dich verhalten sollst.“

„Ja, Vater.“
 

Senatorin Higurashi ging langsam zu dem Zimmer ihrer Tochter. Das Gespräch mit Senator Naraku war noch unangenehmer gewesen, als sie es befürchtet hatte, und sie sah sich jetzt gezwungen, Kagome davon in Kenntnis zu setzen.

„Mutter?“ Diese sah von ihrem Buch auf.

„Senator Naraku war soeben bei mir.“

„Das klingt ernst.“

„Ist es auch.“

Kagome legte ihr Buch beiseite: „Setz dich doch. Was ist denn passiert?“

„Er will dich heiraten.“

„Was? Warum?“ fragte Kagome vollkommen konsterniert.

„Nun, er sagte zu mir, dass er dich für ein hübsches Mädchen halte. Und er meinte, dass du dich in seinem Haus wohl fühlen würdest, sind doch seine Töchter ungefähr in deinem Alter.“ Die Senatorin blickte auf ihre Hände.

„Das…ich kann ihn nicht leiden. Mutter, ich weiß, dass du nach einer guten Partie für mich suchst, aber das….“

„Es…es gibt ein Problem, Kagome. Ich halte ihn für einen raffinierten Politiker und Intriganten, aber ich bin mir doch sicher, dass er dich gut behandeln wird. Und ich musste dieser Ehe zustimmen. Ich muss an Souta denken und möchte dich bitten, das auch zu tun. Denn Senator Naraku machte deutlich, wie leicht es ist, einen Unfall zu haben. Ich weiß, dass einige Mitsenatoren bedauerliche Unglücke hatten oder bei einem Raubüberfall starben. Und jedes davon ihm sehr gelegen. Aber es gab nie Beweise oder auch nur eine Untersuchung.“

„Dieser Mistkerl!“ fauchte das Mädchen prompt: „Aber wenn der Imperator Bescheid weiß, wird er ihn doch verhaften lassen….“

„Wenn der Imperator nur ein Wort darüber erfährt….“ Die Senatorin seufzte: „Es gelang ihm, mir nur zu klar zu machen, dass auch in diesem Fall Souta etwas zustoßen würde. Er sagte, er habe genügend Leute zur Hand, die in seinem Sinne handeln würden. Bitte, Kagome, sei ein vernünftiges Mädchen und nimm dich zusammen. Er kommt morgen und will deine Antwort haben.“

„Warum meine?“ Kagome suchte nach irgendetwas wie Halt, als sie nach den Lehnen ihres Hockers griff. Das musste ein Alptraum sein. Sicher würde sie bald aufwachen.

„Er meinte, er möchte eine….eine Ehefrau haben, die ihn zu schätzen weiß. Glaube mir, es wäre mir lieber, wenn du nach deinem Gefühl entscheiden könntest, aber….“

„Es…es ist dein Ernst, Mutter….“

„Ja. Ich muss mich dieser Erpressung beugen, um Soutas Willen.“

„Ich…ich werde ihn nicht heiraten. Ich…wenn ich nicht hier bin, kann er nichts tun.“

„Sei vernünftig, mein Kind. Weglaufen würde nichts bringen, nur deinem Bruder schaden. Und so arg ist es nicht die Ehefrau eines Senators zu sein. – Ich bot ihm an, auf das Amt des Munus zu verzichten, auch, wenn das bedeuten würde, dass wir das Haus hier verlieren, ich das Amt des Senators aufgeben muss und Souta seine Ausbildung nicht beenden kann, aber Naraku meinte, das interessiere ihn nicht mehr.“

Kagome spürte, wie ihr vor Wut die Tränen in das Augen stiegen: „Ich…lass mich jetzt allein.“

„Natürlich. Du musst dich fangen. Und glaube mir, ich werde mir noch einmal den Kopf zerbrechen, wie man dem entgehen kann. Aber bislang fiel mir nichts ein. Er wusste sogar, in welchem Zimmer Souta untergebracht ist. Es tut mir aufrichtig Leid, Kagome.“

Sie ging in ihr Arbeitszimmer. Wie gut konnte sie ihre Tochter verstehen. Aber leider gab es keine Möglichkeit als dieser Erpressung zu folgen. Narakus Warnung war eindeutig gewesen. Erfuhr der Imperator, dass Kagome ihn nicht freiwillig heiratete, würde Souta sterben. Weigerte sie sich, ebenfalls. „Oh, Kouga.“

Der schnelle Wolfsdämon kam sofort heran: „Senatorin?“

„Zwei Männer vor die Tür meiner Tochter und zwei vor ihr Fenster. Sie hat Zimmerarrest und ich will verhindern, dass sie auf….Einfälle kommt.“

Ein wenig verwundert nickte Kouga nur: „Ich werde sie abstellen, Senatorin.“

Diese meinte: „Danke. Und richte aus, dass ich niemanden mehr zu sehen wünsche.“ Sie musste nachdenken. Aber wollte sie nicht beide Kinder verlieren, musste sie Kagome opfern. Ein perfides Spiel, das Senator Naraku da eingefädelt hatte. Und sie konnte es sich nicht einmal leisten, sich an den Imperator zu wenden, sollte Souta nicht sterben. Wer wusste schon, wen der Senator so alles bezahlte. Sie setzte sich und schlug die Hände vor ihr Gesicht. Das war sicher seine Rache dafür, dass sie noch immer Munus war, dass sie die Jubiläumsfeiern so gelungen gestaltet hatte und darüber hinaus, dass sie Inuyasha gefunden hatte, den zweiten Sohn des Imperators.
 

***
 

Unerwartete und böse Züge des ehrenwerten Senators.

Im nächsten Kapitel stehen sich die Halbbrüder zum ersten Mal mit blankem Stahl in der Hand gegenüber. Und Kagome beweist, dass sie kein willenloses Opfer zu werden gedenkt...
 

bye
 

hotep

Brüder

Als sich Kagome von ihrem verzweifelten Tränenausbruch erholt hatte, beschloss sie, noch einmal mit ihrer Mutter zu reden., Sicher, Souta sollte nichts zustoßen, aber sie vermochte sich nicht vorstellen, dass sie in der Lage wäre, Senator Naraku zu heiraten. Sie konnte ihn nicht ausstehen und die Vorstellung, dass er sie anfassen durfte, wie immer es ihm beliebte…Sie schüttelte sich.

So öffnete sie die Tür und erkannte erstaunt die beiden Gladiatoren, die sich ihr unverzüglich in den Weg stellten: „Tino, Minari...?“

„Befehl der Senatorin, Kagome. Du hast Zimmerarrest. Es tut mir Leid, “ erklärte Minari. Es war kaum zu übersehen, wie sehr sie geweint hatte, selbst, wenn es nicht bis vor die Tür zu hören gewesen wäre. Was nur geschehen war?

„Zimmerarrest…aber…“ Ihre Gedanken rasten. Auch bloß den Versuch zu unternehmen, die Gladiatoren zu überzeugen, dem Befehl zu widerstehen, wäre sinnlos. Sie wusste nur zu gut, wie treu diese zu ihrer Mutter standen – nun, in der Regel zur gesamten Familie, aber im Zweifel galt eben das Wort des Munus: „Ich meine, ich darf doch Besuch empfangen?“

„Ich werde die Senatorin fragen. Wen möchtest du sehen?“

„Die Venatrix. Sango. Sie…sie ist doch meine Freundin.“

„Ich werde fragen. Jetzt gehe aber in dein Zimmer.“

Sie gehorchte. Hoffentlich kam Sango, durfte sie kommen. Ihr würde doch bestimmt etwas einfallen.
 

Senator Naraku ließ sich nachlässig an seinem Schreibtisch nieder, sehr zufrieden mit seinem bisherigen Tag. Ein halbes Versprechen der domina, mit der Aussicht auf ein durchaus näheres Verhältnis, ein wenig Folter für Senatorin Higurashi, nun, nur der Beginn davon… „Ah, Mukotsu.“

Einer der sieben Krieger hatte sein Zimmer betreten und verneigte sich etwas.

„Du hast das Gift fertig, entnehme ich dem. Welche Wirkung?“

„Zunächst gar keine, da du ja gewünscht hast, es soll nach einer Krankheit aussehen, Senator. Derjenige wird zunächst nur ein wenig Schmerzen im Magen spüren. Falls er das bereits jemandem gegenüber erwähnt, umso besser. Ansonsten werden nach jeder Giftaufnahme die Schmerzen heftiger. Also, im besten Fall nach den drei Mahlzeiten am Tag. Nach ungefähr zehn Tagen entsteht dann Fieber, nach zwölf Tagen sehr hohes Fieber und Schweißausbrüche. Dann dürfte der Betroffene das Zimmer nicht mehr verlassen können. Allerdings sollte die Giftzugabe bereits nach zehn Tagen aufhören.“

„Warum?“

„Ich vermute, zu diesem Zeitpunkt wird dann ein Arzt zugezogen werden. Und der würde durchaus die Symptome des frischen Giftes erkennen können.“

„Aber der Tod wäre sicher?“

„Wenn das Opfer stark ist, nach zwölf Tagen, ja, Senator. Ein schwaches Opfer wäre bereits nach acht Tagen verloren.“

„Hm. – Und wenn das Opfer ein Dämon ist, der weniger isst?“

„Eine Mahlzeit am Tag genügt bereits. Nur die Schmerzen sind weniger und das Fieber länger. Drei Mahlzeiten und ein menschlicher Körper wären….gnädiger.“

„Gut. Dann lass es hier.“

Der kleine Mann stellte eine undurchsichtige Flasche auf den Tisch und erkundigte sich nur noch: „Ich soll es nicht selbst geben?“

„Nein. Ihr haltet euch bereit für weitere Befehle. Sage das Bankotsu.“ Der Senator betrachtete alleingelassen das Fläschchen. Nun, die domina sollte sehen, dass er stets tat, was er angekündigt hatte. Und das war Inuyashas Tod.
 

Der junge Halbdämon ging durch den Palast, gefolgt von Kohaku. Er fühlte sich ein wenig müde, hatte er doch gerade nach vier Stunden Imperiumskunde auch noch zwei Stunden Militärtaktik mit einem General hinter sich. Aber Vater wollte anscheinend, dass er in kürzester Zeit alles nachholte, was er nicht wusste. Immerhin hatte der sichtlich erleichtert aufgeatmet, als er bekannte, seit Kindertagen Lesen und Schreiben zu können. Theorie lag ihm jedoch einfach nicht. Er wäre lieber unten auf dem Übungsplatz und würde sich ein wenig abreagieren.

Er sah aus den Augenwinkeln, dass sich der junge Dämonenjäger hinter ihm tief verneigte und wandte den Kopf, sicher, dass das nur ein Familienmitglied sein konnte, das sich näherte. Familienmitglied. Welch ungewohntes Wort: „Sesshoumaru….“

Der Thronfolger kam heran: „Was tust du denn in diesem Teil des Palastes?“ Denn hier waren nur Verwaltungsräume, zivile und militärische. Machte sich der Bastard mit Beamten und Generälen vertraut? Plante der doch etwas gegen ihn? Seine Entmachtung?

Das könnte ich dich auch fragen, wäre es Inuyasha um ein Haar entfahren, aber er erwiderte eingedenk der Worte des Imperators, dass ihm nur mehr zwei Personen im Reich Anweisungen erteilen konnten: „Militärtaktik.“ Immerhin hatte er Jahre hinter sich, in der er für impulsive Reaktionen von Goshinki und Hakudoshi hart bestraft worden war.

Ach so. „Unterricht.“ Er hatte sich ja denken können, dass der Imperator nicht zuließ, dass sein neu gefundener Sohn nichts tat. Seine eigenen Erinnerungen an dieses Fach waren nicht sonderlich erbaulich. Das war langweilig, um es klar zu sagen. Nun, vielleicht sollte er seinem verehrten Vater als Dank für die offizielle Ernennung zum Thronfolger und die jetzt auch prompt erfolgende Einbeziehung in die Regierungsgeschäfte einen kleinen Gefallen tun und sich um dessen Bastard kümmern: „Hast du jetzt Zeit?“

„Ich glaube ja….“ Inuyasha sah fragend zu Kohaku, der seinen Tagesplan im Kopf hatte. Da dieser nickte: „Ja, habe ich. Was willst du?“

„Was hältst du von einem Übungskampf zwischen uns?“ Dann könnte er auch einmal direkt sehen, wie sich der junge Gladiator gegen einen richtigen Dämon hielt und was von Vaters berühmter Stärke bei einem Halbdämon noch übrig war. Denn der Kampf gegen Kouga in der Arena war ja abgesprochen gewesen.

Die Augen des Jüngeren leuchteten auf. Tatsächlich? Der ach so mächtige Thronfolger ließ sich dazu herab mit ihm zu üben? Das verursachte so ein seltsam warmes Gefühl im Herzen: „Gern.“

Er freute sich tatsächlich. Nun, dann würde er hoffentlich auch dem Imperator berichten, dass er, Sesshoumaru, sich Mühe gab. „Komm.“
 

So standen die beiden Söhne des Herrschers nur kurz darauf auf dem Übungsplatz, den die Krieger hastig geräumt hatten. Allerdings waren diese neugierig genug, nahebei stehen zu bleiben.

Ohne ein weiteres Wort schoss der Thronfolger auf seinen Halbbruder zu, das Schwert schlagbereit. Inuyasha parierte Klinge auf Klinge und drückte Tessaiga voran. Das also war die Stärke eines hochrangigen Dämons? Er hatte Kouga schon nicht gerade für einen Schwächling gehalten, aber nun spürte er hinter dem Schwert seines Gegners deutlich, dass sich dieser nicht einmal anstrengte. Nun, er selbst auch nicht gerade sonderlich. Es war eben ein Übungskampf. Aber er hielt dagegen, nicht willens, sich zurückdrängen zu lassen.

Interessant, dachte Sesshoumaru. Das Schwert - aber auch der Gladiator. Da war mehr Kraft, als er erwartet hatte – und anscheinend nahm dieser Idiot an, mit ihm mithalten zu können. Er stieß ihn zurück, musste sich dabei allerdings weitaus mehr anstrengen, als er geplant hatte.

Und Inuyasha blieb stehen, stürzte nicht, sondern lächelte nur etwas: „Keh!“
 

Die Zuschauer beobachteten, wie die beiden erneut aufeinander losliefen, in die Luft sprangen, wieder Schwert auf Schwert prallen ließen, scheinbar schwebend, ehe sie auseinander wichen, wieder und wieder. Es war eindeutig ein Übungskampf, aber es war auch zu erkennen, zumindest für die erfahrenen Kämpfer unter ihnen, dass sich die beiden Söhne des Imperators ausprobierten, versuchten, die Taktiken und Schwächen des Anderen herauszufinden.

Plötzlich flog das Schwert des Jüngeren beiseite. Ehe Inuyasha reagieren konnte, stellte er fest, dass er auf dem Boden saß, die Schwertspitze seines Halbbruders an der Kehle.

„Ich habe gewonnen“, stellte Sesshoumaru fest. Ihm war allerdings bewusst, dass er das wohl nur der Tatsache verdankte, dass er eben ein richtiger Dämon war, stärker und schneller als ein halber. Inuyasha hatte sich wirklich nicht schlecht gehalten, zugegeben viel besser, als er es von einem einfachen Gladiator erwartet hatte, der nur die von einem Munus vorbestimmten Abläufe nachspielte. Allerdings war da auch der Kampf gegen Fürst Akatsuki gewesen…und diese Attacke. Mit dem Angriff hätte er in einer Schlacht sicher förmlich eine Schneise in ein menschliches Heer geschlagen – und selbst Dämonen wären gelinde ausgedrückt aus der Fassung gebracht worden.

„Keh“, erwiderte der Halbdämon leise: „Diesmal.“ Warum nahm der Thronfolger sein Schwert nicht weg?

Aber der tat es nun und schob die Waffe in den Gürtel. Dieser Gladiator war eindeutig sehr interessant: „Diesmal“, gab er ehrlich zu. In einem ernsten Kampf würde er sicher siegen, aber in einer Übung mochte es durchaus sein, dass das nächste Mal Inuyasha gewann. Mit gewissem Interesse stellte er fest, dass er tatsächlich an einer weiteren Übungseinheit ein klares Vergnügen hätte. Solch starke Partner hatte er selten. Aus dieser ungewohnten Empfindung heraus entkam ihm der Satz: „Kommst du mit, baden?“

„Ja.“ Der Jüngere nahm erfreut Tessaiga auf und schob es in die Scheide. Diesmal – das bedeutete doch, dass weitere Übungen zusammen folgen würden Ein gemeinsames Bad nach dem Training? Das klang alles so wirklich nach einer Familie, einem Bruder….

Etwas keuchte: „Sesshoumaru-sama…ich meine, Cäsar…“ Dessen kleiner Diener Jaken eilte heran, um unter dem eisigen Blick des Thronfolgers zu ergänzen: „Äh…Kagura bittet um dringende Audienz…Wenn du nicht zu beschäftigt bist…“

Kagura? Wer war das denn? Irgendwie kam ihm der Name bekannt vor. Aber Inuyasha bemerkte, dass sein Halbbruder nicht sonderlich erbaut schien, genauer gesagt, diese Nachricht ungefähr so nett fand, als ob man ihm selbst mitgeteilt hätte, dass ihm ein Zahn gezogen werden sollte.

„Ich bade jetzt mit meinem Bruder“, sagte der allerdings nur und ging weiter, zum ersten Mal froh, eine solche Ausrede benutzen zu können.
 

In den Thermen stellte Inuyasha fest, dass man als Sohn des Imperators noch mehr Luxus genoss denn als Gladiator. Diener eilten heran, halfen beim Auskleiden, boten Lotionen an, Massage. Er bemühte sich ähnlich wie sein Halbbruder dreinzusehen, dessen Bewegungen zu imitieren, um sich nicht zu blamieren. Dieser schickte die Bedienungen dann allerdings weg.

Als sie allein im heißen Wasser saßen, an den entgegengesetzten Enden des runden Beckens mit vielleicht drei Meter Durchmesser, meinte er, um dem Älteren einen Gefallen für das Training zu tun:

„Naja, danke jedenfalls für die Lehrstunde. Ich war zu unaufmerksam.“

„In der Tat.“ Sesshoumaru lehnte sich zurück. Lieber das als Kagura….Viel lieber.

Inuyasha fiel etwas ein: „Äh, und wer ist eigentlich Kagura?“

„Das geht dich nichts an“, knurrte der Thronfolger prompt.

„Sie steht aber auch auf meinem Audienzplan…“

Jetzt richtete sich der Ältere doch wieder auf, etwas zu abrupt um es gleichgültig scheinen zu lassen: „Was?“

„Ich habe keine Ahnung, wer sie ist, deswegen frage ich ja“, gab Inuyasha zu.

„Sie ist die Tochter Senator Narakus.“

Naraku! Inuyasha dachte bei sich, dass dieser anscheinend überall auftauchte: „Und? Ist der Kerl wichtig?“

„Einer der mächtigsten und reichsten Senatoren. Und Kagura…Was will sie von dir?“

„Keine Ahnung. Ich meine, ich mache meine Audienzen ja nicht selbst aus.“ Meist. Hoffentlich würde Miroku bald kommen, dem hatte er einen Boten geschickt – zum ersten Mal in seinem Leben. Langsam begann er die Vorzüge des Daseins als Sohn des mächtigsten Dämons des Imperiums zu erkennen, allerdings auch die Verpflichtungen. Aber er war es ja auch erst seit weniger als einer Woche…

„Sie hat es also beantragt und Kohaku hat zugestimmt, weil er weiß, wessen Tochter sie ist. Sie ist lästig.“

„Ihr Papi will wohl, dass sie dich heiratet?“ Er begegnete dem Blick seines Halbbruders – und der war derart fassungslos, dass er grinste: „Schon gut, war nur so eine Idee.“

Verdammt, daran hatte er noch gar nicht gedacht, war Sesshoumarus einziger Schluss. Dabei war das so offensichtlich. Sein einigen Jahren beschattete sie ihn förmlich auf Festen und Banketten und ging ihm ansonsten mit nichtssagenden Audienzen auf die Nerven. Und jetzt machte sie sich an den Jüngeren heran? „Lass dich auf nichts mit ihr ein“, erwiderte er aber nur.

„In Ordnung, großer Bruder….“ Inuyasha lehnte sich zurück und schloss die Augen. Ja, eine Familie, ein Bruder…Mutter, hättest du dir das nur vorstellen können? Ich hätte dich gern hier. Und Vater auch, das weiß ich jetzt. Warum nur hat er dich nicht mitgenommen? Wegen der domina? Na, die werde ich noch kennen lernen. Myouga will mich nachher auf die Audienz bei ihr vorbereiten. Sesshoumaru ist anscheinend im Grunde recht nett…

Der Thronfolger musterte sein entspanntes Gegenüber. Das war ja eigentlich noch ein Junge, kein erwachsener Mann, auch, wenn der Körper von hartem Training zeugte. Das konnte keine Gefahr für ihn selbst sein, kein Kandidat um ihn als Erben zu ersetzen. Nun, noch nicht. Aber Inuyashas Interesse für Waffen und Kampf könnte man nutzbringend einsetzen. Ja. Er brauchte ihn in der Tat nicht zu töten. Wenn der Junge früher oder später Heerführer würde, wäre allen gedient, zumal er dann weg aus der Hauptstadt wäre, weg von der Möglichkeit zu intrigieren, weg von den Senatoren, die ihn vielleicht als Marionette benutzen wollten.
 

Kagome empfing Sango vollkommen kopflos: „Ich bin so froh, dass du gekommen bist!“

Diese hatte ihre Freundin noch nie so aufgeregt gesehen, ja, geradezu aufgelöst: „Was ist denn nur passiert?“

„Setz dich. Ich…versprichst du mir, es niemandem zu erzählen?“

„Ja, natürlich.“ Die venatrix nahm Platz: „Jetzt komm schon, was ist denn los?“

Zehn Minuten später wusste sie alles, was auch Kagome wusste.

„Das ist…oh, das ist gemein. Aber natürlich war er allein bei deiner Mutter, es gibt keinen Beweis…“

„Nein. Und er deutete auch an, wenn der Imperator etwas davon erfahren würde, würde er dafür sorgen...oh, ich kann doch Souta nicht…“

Sango legte den Arm um sie: „Ich habe selbst einen kleinen Bruder. Und ich würde auch nie zulassen, dass Kohaku etwas passiert. Genau das ist ja das Hinterhältige an diesem Plan.“

„Mutter meinte, dass schon öfter Leute starben, auch Senatoren…und es ihm sehr gelegen kam.“

„Aber es kam nie zu einer Untersuchung?“

„Nein, wohl nicht. Und auf bloße Verdächtigung hin…“

Sango atmete tief durch: „Aber, Kagome, selbst wenn du Naraku heiratest….das bringt nichts.“

Diese starrte ihre Freundin an: „Was meinst du?“

„Er bedroht Souta, um deine Mutter zu dieser Heirat zu erpressen. Danach bist du mit ihm verheiratet. Und immer, wenn er etwas von deiner Mutter will, braucht er dann nur auf dich zu zeigen. So oder so ist deine Mutter ihm ab jetzt vollkommen ausgeliefert und wird in ewiger Angst um ihre Kinder leben. Und, beim Imperator, ich möchte schwören, dass genau das ihm gefällt.“

Kagome schluckte: „Du hast recht. Ich muss dann in seinem Haus leben und wenn er…wenn er genug von mir hat….“

„Jeder Ehemann darf legal seine Frau töten, wenn sie Ehebruch begeht. Aber ich bin sicher, so primitiv würde er nicht vorgehen. Immerhin ist deine Mutter doch nicht irgendwer. – Lass mich nachdenken, ja?“ Sie ließ sie los.

„Natürlich.“ Kagome rieb sich die Schultern. Ihr war kalt geworden. Das war eine böse Falle, ja. Arme Mama, armer Souta. Und sie selbst…Was konnte, sollte sie nur tun? Wenn sie oder Mama um Audienz beim Imperator baten, würde Souta sterben….Und niemand außer dem Imperator könnte doch einen Senator aufhalten.

Sango nickte langsam: „Ich glaube, ich habe eine Idee. Naraku ist ein mächtiger Senator, ja. Aber auch er kann aufgehalten werden.“

„Ja, aber doch nur der Imperator…und wenn ich oder Mama zu ihm gehe…“

„Nein, das dürft ihr nicht, wegen Souta, das ist klar. Naraku hat sicher einen Spion, der ihm die Empfänge mitteilt. Aber Miroku soll zu Inuyasha in Audienz kommen, war heute die Anweisung. “

„Inuyasha?“ Kagome sah ihre Freundin vollkommen perplex an: „Was soll denn dein Freigelassener bei einem Gladi…ich meine, beim Sohn des Imperators?“

„Sie kennen sich von früher, wusstest du das gar nicht? Aber wenn ich Miroku von eurer Falle berichte und der das Inuyasha sagt…der Sohn des Imperators kann doch sicher jederzeit zu seinem Vater gehen und ihm von dieser Erpressung erzählen. Das wird niemandem auffallen.“

Inuyasha! Kagome erinnerte sich nur zu gut, wie besorgt er um sie gewesen war. Aber jetzt war er der dritte Mann des Imperiums – würde er sich überhaupt noch an sie erinnern? Gar, ihr helfen wollen? Aber dann dachte sie an seine so aufleuchtenden Augen, seine Arme um sich nach diesem Attentat, dachte auch daran, dass sie selbst ihm vor und nach seinem Kampf in der Arena förmlich nachgelaufen war – und da war weder ihr Leben noch das ihres Bruders auf dem Spiel gestanden. „Glaubst du?“

„Hast du einen besseren Plan? – Du stimmst morgen der Heirat zu, wenn Naraku kommt. Und inzwischen schicke ich Miroku zu Inuyasha, damit bis dahin der Imperator schon Bescheid weiß. Mein Bruder ist übrigens der persönliche Diener Inuyashas. Wenn Miroku nicht zugelassen wird oder sonst etwas schief geht, kann er es auch berichten.“

„Nein, lass deinen Bruder da raus. Ich meine, es reicht schon, dass meiner in Schwierigkeiten steckt…“

„Wie du meinst. Ich gehe jetzt und erzähle Miroku das.“ Hoffentlich war der noch im Quartier und nicht schon zum Palast gegangen, aber sie hatte ihm eigentlich gesagt, dass er auf sie warten sollte. War das eine Vorahnung gewesen? „Und du erzählst deiner Mutter, dass du brav bist, damit sie beruhigt ist. Nun ja, sie wird gewiss Sorgen haben, aber…“

„Ja. Und ich sage ihr lieber nichts von dem Plan, oder?“

„Genau. Wenn du nichts von mir hörst – oder von Inuyasha – stimmst du erst einmal der Heirat zu, wenn Naraku hier auftaucht.“

„Muss ich ja wohl. Aber…“

„Keine Angst. Ich meine, du hast Inuyasha doch nicht irgendwie verärgert oder deine Mutter?“

„Nein, eher im Gegenteil. Mama hat ihn…ach, vergiss es.“

Sango lächelte: „Na, wenn er so auf dich reagiert, wie du auf seinen Namen…“

„Was meinst du?“ Aber Kagome wusste, dass sie rot geworden war: „Nein, nein. Ich dachte nur daran, dass er und Kouga uns schon mal das Leben gerettet haben.“

„Wieso?“

„Ach, da war ein Verrückter, der sagte, dass er Mama und mich umbringen wollte und die beiden haben ihn vertrieben.“

„Habt ihr das den Prätorianern gemeldet? Dem zuständigen Präfekten?“

„Nein. Es war uns ja nichts zugestoßen und der Kerl war weg. Mama meinte dann, dass es eben ein Verrückter gewesen sein musste.“

Die venatrix schüttelte den Kopf: „Na, hoffentlich stimmte das auch. Immerhin war das ein Attentat auf eine Senatorin! – Ich gehe jetzt. Halt den Kopf hoch, ja?“

Kagome nickte: „Danke, Sango.“
 

***

Gut, eine Freundin zu haben, die mit kühlem Kopf plant. Im nächsten Kapitel erteilt und erhält die domina Audienz, ebenso Inuyasha, und der Imperator und der Thronfolger erfahren eine Überraschung…
 

bye
 

hotep

Domina

Wie einige von euch schon bemerkten, das Familienglück der ersten Familie des Reiches ist wohl sehr schwankend..
 

14. Domina
 

Die domina setzte sich auf ihren Platz im Audienzzimmer. Nur das unbewusste Zurechtzupfen ihrer Boa verriet, dass der kommende Besuch kein gewöhnlicher war. Sesshoumaru hatte ihr allerdings nur zu deutlich gemacht, dass es ihre Pflicht gegenüber dem Imperator war, seinen Bastard zu empfangen. Jetzt musste sie sich wohl mit dem ungehobelten Gladiator abfinden. Nun, einige wenige Minuten würden genügen, damit ihr Ehemann ihr keine Taktlosigkeit gegenüber seinem Zweitgeborenen vorwerfen konnte. Wie sie ihn kannte, hätte das in der Tat unangenehme Konsequenzen, da hatte ihr Einziger durchaus Recht. Und der hatte sich ja auch schon tagelang mit dem Bastard abgeben müssen.

Eine Dienerin öffnete die Tür: „Domina, Inuyasha-sama bittet um Audienz.“

„Ich lasse den Sohn des Imperators bitten.“ Ihrer Stimme war nicht anzuhören, welche Überwindung sie dieser Satz kostete.

Inuyasha kam herein und blieb nach drei Schritten stehen, wie es ihm Myouga zuvor eingeschärft hatte. Eigentlich hatte der kleine Kanzler mit ihm die gesamte Audienz durchgespielt. Als er sich jetzt andeutungsweise höfisch verneigte, dachte er kurz an das Gespräch.

„Myouga, das ist doch Unsinn! Alles so genau…“

„Die domina legt sehr viel Wert auf Höflichkeit. Und ich muss dich daran erinnern, dass sie die Ehefrau deines Vaters ist. Wenn du sie beleidigst, beleidigst du ihn.“

Und das wollte der Halbdämon wirklich nicht.

Die domina war ein wenig überrascht, dass er sich tatsächlich verneigte: „Ich heiße dich willkommen. Inuyasha, war dein Name.“

Als ob sie ihn nicht kennen würde. „Danke, domina.“

„Du hast in der Arena einen sehr guten Kampf gezeigt.“ Das war ein Lob und gleichzeitig der Hinweis auf seine Herkunft. Sie konnte und durfte ihn nicht offen beleidigen, aber sie sah auch keinen Grund zu jemandem sonderlich freundlich zu sein, der das lebende Beispiel dafür war, dass ihr Ehemann andere Frauen attraktiver fand als sie selbst. Schon seit fast fünfzig Jahren mied er ihr Bett.

„Danke.“

„Sicher ein Beispiel für das Erbe deines mächtigen Vaters. Deine Mutter ist ja ein Mensch.“

„Sie war es.“ Höflichkeit hin, domina her: falls sie es wagen würde, seine Mutter zu beleidigen, würde sie es mit ihm zu tun bekommen.

Sie war also tot. Sie hätte damit rechnen können, aber dennoch war sie erleichtert, dass der Imperator nicht auf die Idee kommen würde, dieses Menschenweib herzuholen. Nun, die hätte nicht lang gelebt. Es gab durchaus Möglichkeiten…Das galt ebenso für diese Missgeburt eines halben Dämons. Aber er war nun einmal hier und Naraku würde sich um ihn kümmern, also konnte sie die Unschuld sein – und vor allem in den Augen des Imperators gut dastehen, „Das ist bedauerlich. Mütter und Söhne haben ja oft eine sehr enge Bindung, “ erklärte sie darum.

Was sollte er dazu sagen? Soweit ihm Myouga inzwischen beigebracht hatte, war sie auf Sesshoumaru sehr stolz. „Ich vermute immer, domina.“ Stets den Titel erwähnen, hatte der kleine Flohgeist gesagt. Irgendwie war dieses ganze höfische Spiel wie ein Theater, dachte er plötzlich. Alles so geheuchelt förmlich und freundlich….Wie das Kampfballett der Gladiatoren. Aber auch, wenn es hier nur Worte waren, so waren die Waffen doch geschliffen und konnten verletzen – womöglich sogar töten. Hatte darum Myouga so ermahnt?

Erstaunlich höflich war er ja. Sie hatte mit einem ungehobelten Holzklotz gerechnet. Und er war behutsam, ja, vorsichtig. Hatte ihn jemand vor ihr gewarnt? Oder war er schon so gewesen, ehe er Gladiator wurde? Hatte ihn diese ….diese Menschenfrau höfisch erzogen? „Mich würde interessieren, seit wann dir bewusst war, dass der Imperator …mehr als dein Herr ist.“

„Seit er es mir sagte.“

„Das heißt also, erst nach deinem…berühmt gewordenen Kampf gegen den Verräter Akatsuki.“

„Ja.“ Versuchte sie wirklich eine Unterhaltung mit ihm?

„Dann hast du noch viel zu lernen, wie man sich bei Hofe benimmt“, meinte sie ein wenig spöttisch. „Hat dir der Imperator bereits gesagt, welche Verwendung er für dich plant?“

„Nein, domina.“ War das langweilig, nicht mehr antworten zu sollen. Aber Myouga hatte gemeint, das wäre zum einen kein höfisches Benehmen und zum zweiten dürfe ein Sohn des Imperators nichts sagen, was man gegen ihn verwenden könnte. In diesem Moment war ihm klar geworden, warum wohl Sesshoumaru immer so kurz angebunden war – und er hatte begonnen, ein gewisses Mitgefühl für seinen Halbbruder zu empfinden. Es konnte kein einfaches Leben sein, wenn man nur gegenüber seinem Vater offen reden konnte. Denn bei den Audienzen, die er selbst geben sollte. hatten ihn der Kanzler und das Beispiel des Thronfolgers schon gelehrt, dass man auch da nicht viel reden durfte. Öde. Irgendwie wäre er wirklich froh, sobald – und falls - er in das Militär gehen dürfte. Da war das doch sicher nicht so ein glatter Boden.

„Tatsächlich.“ Dann sollte sie einmal mit ihrem Einzigen darüber sprechen, falls Naraku und sein Plan versagten. Eine möglichst weite Entfernung von der Hauptstadt, ein Statthalter- oder Kommandeursposten irgendwo am Rande des Imperiums wäre des Bastards doch wohl angemessen. Und es würde Sesshoumaru bestimmt gelingen, seinen Vater zu überzeugen. Sie selbst hatte ja schon geraume Zeit kaum mehr Einfluss auf den Imperator, genauer, seit er aus diesem Feldzug im Norden zurückgekehrt war. Da hatte er sich verändert. Er mied sie, ihr Bett. Zunächst hatte sie angenommen, eine Rivalin zu haben, aber ihre Spione hatten ihr nur Negatives berichten können und so hatte sie schließlich angenommen, er habe sich im Krieg eine delikate Verletzung zugezogen. Dennoch: auch sein Verhalten hatte sich geändert. Er war viel mit Sesshoumaru zusammen, zog diesen immer näher zu sich. Ungewöhnlich. Nun, gleich: „Dann möchte ich dich nicht länger von deinen Pflichten abhalten. Du darfst gehen.“

Inuyasha verneigte sich und ging. Das war eine recht kurze Audienz gewesen, aber er war froh darum. Sie hatte nichts Warmherziges an sich und falls er je die Illusion gehabt hätte, sie könnte eine zweite Mutter für ihn werden, so war sie nun sicher dahin. Nein, da sollte er sich wirklich eher an Vater und Halbbruder halten.
 

Die domina erhob sich. Das war ja einigermaßen gut gegangen. Hoffentlich würde der Bastard auch dem Imperator mitteilen, dass sie höflich geblieben war. Außer zu offiziellen Gelegenheiten brauchte sie das Halbblut nun nicht mehr zu sehen. Das würde sie sicher genug strapazieren. Da eine Dienerin hereinsah: „Liegt noch etwas an?“

„Nein, domina.“

„Ich bin in meinen Privaträumen.“ Sie würde ein wenig entspannen – und überlegen, was man mit dem Bastard tun könnte. Sicher, falls Narakus Giftanschlag gelang, war sie dieses Problem ihres Einzigen los, aber das war nicht gesagt. Erstens waren die Leibwachen sicher aufmerksam und zweitens Hofmedicus Jinenji ein erfahrener Mediziner. Nein. Ein netter kleiner Statthalterposten, möglichst am Rande des Imperiums oder auf einer Insel, möglichst ohne stehendes Heer, das wäre wohl am besten. Ihr fielen einige Orte ein, an denen sie selbst allerdings nicht hätte sein mögen.

Sie fuhr herum, als sich ihre Schlafzimmertür öffnete. Welche von ihren Dienerinnen war so ungeschickt….

Sie erstarrte fast in der Bewegung, als sie erkannte, wer hereingekommen war, die Tür nun hinter sich zufallen ließ und die Arme verschränkte. Der Imperator war schon lange nicht mehr in ihr Schlafzimmer gekommen – und noch nie in solcher Stimmung. Er lächelte sogar ein wenig und sie spürte, wie sie ein Schauder überlief. Er war zornig. Warum nur? Hatte der Bastard…?

„Du weißt, warum ich hier bin?“ Die Frage klang fast sanft, da er ihren unwillkürlichen Schrecken bemerkt hatte.

„Ich…Leider nein. Ich habe deinen B…deinen zweiten Sohn zuvor höflich empfangen.“

„Darum geht es nicht.“ Er kam langsam näher: „Sondern um die gestrige Audienz für Senator Naraku.“

Hatte der Senator etwa geplaudert? Dem Herrscher von dem geplanten Giftanschlag erzählt? Hatte dieser Mistkerl sie in eine Falle locken wollen? Es war kaum davon auszugehen, dass der Imperator angetan von einem Mordplan gegen seinen Jüngsten wäre. Nein, sie musste ruhig bleiben. Noch war nicht klar, was er hier wollte. Instinktiv wich sie jedoch einen Schritt zurück, ehe sie sich aufrichtete: „Nun, es gehört zu meinen Pflichten Audienzen zu geben. Und du wirst zugeben, dass ich mich ihnen noch nie entzogen habe.“

„Du warst eine Stunde mit ihm allein.“

„Oh. Eifersüchtig? Erstaunlich bei einem Mann, der seit einem halben Jahrhundert ohne mich auskommt.“ Und da sie bemerkte, dass sie eher Öl ins Feuer gegossen hatte, er seine Hand entspannen musste: „Bitte, du kannst doch nicht wirklich annehmen, dass ich diesem Mann ominöser Herkunft erlauben würde, mich auch nur zu berühren…!“

Ihm war klar gewesen, dass seine Zurückhaltung sie kränken würde. Aber immer, wenn er auch nur daran dachte, sie ehelich zu umarmen, schob sich ein anderes Gesicht dazwischen, dunkle, warm leuchtende Augen, schwarze Haare wie Kohle…Darum ging es momentan allerdings auch nicht. „Es ist vollkommen gleich, was ich annehme. Es handelt sich darum, was andere annehmen könnten. Und meinen Ruf in der Öffentlichkeit. Ich werde nicht dulden, dass er Schaden nimmt. Wenn du noch ein einziges Mal eine Audienz ohne mindestens zwei Dienerinnen dabei gibst, werde ich dich als Ehebrecherin behandeln.“

„Und mich töten?“ Sie musste sich zwingen, ihre Selbstbeherrschung aufrecht zu halten. Damit hatte sie nicht gerechnet. Aber natürlich, er hatte auch im Palast so gute Spione wie nur irgendwer – und seinen Stolz. Schließlich, wer garantierte einem Mann, dass sein Erbe auch sein Erbe war, wenn seine Frau nicht nachweisbar tugendhaft war?

„Du bist die Mutter meines erstgeborenen Sohnes, das schützt dich vor dem Tod. Aber eine kleine Wüstenoase in der Einsamkeit wäre dein neues Zuhause.“

Sie war sicher, er würde das durchziehen, den Scheidebrief und ihre Verbannung unterschreiben – und Sesshoumaru würde ihr nicht helfen können, vielleicht nicht einmal wollen. Sie nickte daher nur: „Dein Befehl, mein Herr und Imperator.“

Ohne weiteres Wort ging er.

Mit zitternden Beinen ließ sie sich auf ihrem Bett nieder. Nein, damit hatte sie nicht gerechnet. Sie würde diese Anweisung befolgen, eher noch vorsichtiger sein müssen, denn der Imperator machte weder leere Drohungen noch sagte er etwas zweimal. Eine Eigenschaft, die sie bislang durchaus zu schätzen gewusst hatte. Eine zweite Privataudienz für Naraku war eigentlich auch nicht notwendig. Sollte der doch ruhig sein Glück versuchen und den Bastard vergiften. Sie musste sich um ihre eigene Sicherheit kümmern.
 

Als Inuyasha in seine Räume zurückkehrte, bemerkte er in seinem Vorzimmer zwei wartende Personen, eine junge Dämonin und einen Mönch, die sich beide vor ihm verneigten. Erfreut sagte er: „Miroku! – Komm.“

Der Mönch aus dem Osten gehorchte und schloss die Tür hinter sich, ehe er sich erneut verneigte.

Inuyasha wusste inzwischen, dass ihn niemand außer Vater und Bruder ungefragt ansprechen durfte und setzte sich: „Könntest du dich normal verhalten? Dieses höfische Drumherum geht mir wirklich auf die Nerven.“

Miroku musste etwas lachen, erleichtert, dass der neue Rang Inuyasha nicht zu Kopf gestiegen war: „Soll ich das glauben? Es ist doch sicher ganz reizvoll, der Sohn des Imperators zu sein. Allein, wenn ich die ganzen hübschen Mädchen hier sehe…“

„Du änderst dich nie, oder? Was sagt denn Sango dazu?“

„Sie hat...schlagende Argumente, dass ich lieber sie ansehen soll. Sie ist wirklich ein feines Mädchen und ich gebe mir auch Mühe, andere nicht mehr anzugucken. Sango. Sie…sie hat mich gebeten, dir etwas zu erzählen.“

„Was denn? Ich dachte, die Dämonenjäger haben sowieso das Ohr meines…des Imperators.“

„Es geht um Kagome und ihre Mutter. Sie sitzen in der Klemme.“

„Kagome!“ Mit einem Ruck richtete sich der junge Halbdämon auf: „Wieso denn? – Setz dich doch…dort, da ist noch ein Stuhl. Also, sag schon, was ist los?“

Der Mönch sagte, was los war, und beobachtete ein wenig beunruhigt, wie sich die Klauen seines alten Bekannten zu Fäusten ballten.

„Naraku!“ Das war nur ein Knurren.

„Da sie sicher sind, dass sie beobachtet werden, trauen sie sich natürlich nicht, den Imperator zu informieren. Der Senator scheint genau zu wissen, wo sich Souta befindet und hat wohl auch jemanden abgestellt, der den Jungen beobachtet. So kam Sango auf die Idee, dass ich es dir erzähle. Du hast doch sicher Zutritt zu deinem…zum Imperator. Und nur dieser kann einen Senator verhaften lassen oder so.“

„Dieser Mistkerl wird Kagome nicht heiraten! Hm. Ich kann keinen Senator verhaften lassen?“

„Ich glaube nicht, nein. Soweit ich weiß, stehen die Mitglieder des Senats unter besonderem Recht. Und das scheint Naraku auszunutzen.“

„Oh ja. Jetzt reicht es mir wirklich mit diesem ….“ Inuyasha suchte das passende Schimpfwort: „Gut, Miroku. Sag Sango, dass ich mich darum kümmere, das kann sie auch Kagome weitergeben. Die Goldmine, Hakudoshi, das Attentat und jetzt das.“

„Muss ich das gerade verstehen?“ Aber Miroku erhob sich: „Danke, Inuyasha. Das wird die Mädchen sicher beruhigen. Nur, bitte, sei vorsichtig. Wenn Naraku mitbekommt, dass da etwas gegen ihn läuft…“

„Ja, schon klar, dann ist Kagomes Bruder dran. Keine Sorge. Ich mache noch meine Audienzen durch, dann gehe ich zum Imperator. So war das jetzt jeden Abend und ist sicher nicht weiter auffällig.“

„Du hast ganz schön zu arbeiten, oder?“

„Ja. Und zu lernen. Immerhin kam ich heute zum Üben, das habe ich schon vermisst. Sogar mit meinem…mit dem Thronfolger.“

„Cäsar, so heißt jetzt sein Titel, nicht wahr?“

„Ja. Jetzt geh und beruhige die Mädchen.“

Das war eine klare Verabschiedung und so verneigte sich der Besucher und verließ das Arbeitszimmer etwas erleichterter, als er gekommen war. Er kannte Kagome und war sicher, dass diese Naraku nicht ausstehen konnte.
 

Die junge Dämonin, die noch wartete, stellte sich als Kagura vor. Inuyasha dachte daran, dass sie Narakus Tochter war und fertigte sie recht kurz ab, ohne zu ahnen, dass er damit dem Beispiel seines Halbbruders folgte. Allerdings sah er sich nicht in der Lage, das Geschenk, das sie ihm mitgebracht hatte, abzulehnen, angeblich von ihr selbst hergestellte Süßigkeiten. Als sie gegangen war, sah er auf: „Gibt es noch etwas, Kohaku?“, da sein Diener gerade hereinsah.

„Nein, Inuyasha-sama. Für heute ist niemand mehr da.“

„Fein. - Wenn du willst, kannst du was von den Süßigkeiten essen. Ich bin beim Imperator.“

„Wie du befiehlst…“

Auf dem Weg zu den Amtsräumen des Herrschers dachte er nach. Am liebsten würde er reinstürzen und Vater alles erzählen, was er über Naraku wusste. Aber womöglich war dieser Mistkerl ein Freund von ihm und er würde ihm nicht glauben. Andererseits war Kagome...ja, Kagome. Die schiere Vorstellung, dass sie zu einer Ehe mit einem Mörder gezwungen würde genügte, um ihm vor Zorn heiß werden zu lassen. Wenn sie sich für Kouga entschieden hätte, hätte es ihn geschmerzt, aber er hätte gewusst, dass der sich gut um sie kümmern würde, sie liebte. Aber so etwas wie Naraku hatte sie nicht verdient. Nun, eigentlich hatte den niemand verdient.

In den Vorzimmern seines Vaters warteten noch immer Leute. Das schien eine nie enden wollende Kette zu sein. Aber die Sekretäre waren bereits dabei die Namen aufzulisten. Morgen früh würden die Dämonen und Menschen in der Reihenfolge, in der sie jetzt hier waren auch wieder zugelassen werden.

„Inuyasha-sama…!“ Einer der Beamten verneigte sich: „Du willst Audienz?“

Nur ein Knurren: „Spricht was dagegen?“

„Nein, selbstverständlich nicht.“ Au weia. Da war aber jemand wütend. Was konnte nur geschehen sein, dass der eigentlich so nette Gladi…zweite Sohn des Imperators so zornig war?
 

Inuyasha verneigte sich höflich vor seinem Vater, etwas erstaunt, dass Sesshoumaru bei ihm war. Dies war die letzten Tage nie der Fall gewesen, auch, wenn dieser seit seiner Ernennung zum Thronfolger an vielen Audienzen teilnahm.

„Setz dich, mein Sohn. - Was ist geschehen?“

„Ich….kennst du Senator Naraku, verehrter Vater?“ begann er fast vorsichtig.

„Natürlich. Er ist einer der mächtigsten und reichsten Senatoren.“

„Vertraust du ihm?“ Inuyasha bemerkte, dass der Imperator langsam seine Hand auf den Schoss legte und Sesshoumaru ihn ansah: „Ich…Senatorin Higurashi und Kagome stecken in einer Klemme, an der er schuld ist.“

„Eine Intrige unter Senatoren ist nur zu üblich“, erklärte der Thronfolger gelassen: „Da mischt sich der Imperator nie ein. Solange Naraku keinen Hochverrat begeht.“

„Morde genügen nicht?“ fragte Inuyasha bitter zurück.

„Das möchte ich jetzt doch genauer wissen“, meinte der Imperator: „Was weißt du über Morde und was hat das mit der Senatorin und ihrer Tochter zu tun?“

Inuyasha berichtete: „Und das ist noch nicht alles.“

„Dann hebe ich mir meine Meinung dazu auch noch auf. Was weißt du weiter über Naraku?“

„Wie du weißt, war ich in der Kampfschule von Avenna. Hakudoshi hatte dort sieben sehr geschickte Krieger, die er immer gemeinsam zu Aufträgen sandte, jedoch nie zu einem gewöhnlichen Arenakampf vermietete. Ich habe sie hier schon in der Hauptstadt gesehen. Hakudoshi ist Narakus Sohn und es dürfte klar sein, für wen die sieben Krieger eigentlich arbeiten. Es fand vor einigen Wochen ein Attentat auf die Senatorin und Kagome statt. Zum Glück konnten Kouga und ich es verhindern, aber ich hatte in dem Attentäter auch einen der sieben Krieger erkannt.“

„Aber du hast den Mund gehalten?“ erkundigte sich Sesshoumaru.

„Naja, ich war ein einfacher Gladiator und wollte mich nicht gerade in die Intrigen zweier Senatoren einmischen.“

„Hakudoshi ist tot.“ Der Imperator bemerkte den verwunderten Blick seines Jüngsten: „Angeblich starb er plötzlich an einem Fieber. Ich wollte die Kampfschule unter dem Vorwand der Steuer prüfen lassen. Neuer Arenaleiter ist Akago. Ist das auch ein Sohn von Naraku?“

„Wenn ich wetten sollte, ja.“

„Er hat seine Söhne verborgen, da sie wohl außerehelich sind. Und wir sollten glauben, dass er nur Töchter habe.“ Der Thronfolger sah zu seinem Vater: „Entweder er hat seit neuestem moralische Bedenken oder einen anderen Grund.“

„Es schadet nie, unerwartete Verstärkung zu besitzen“, meinte der Imperator: „Sieben Krieger, sagst du, Inuyasha. Und das seit Jahren?“

„Ja. Sie waren schon in Avenna, als ich dort anfing. Also gewiss vier Jahre.“

„Und seit fast fünf Jahren haben mir ergebene Senatoren ab und an kleine Unfälle, werden von Banditen überfallen…Sesshoumaru, lass dir die Unterlagen der Prätorianer geben, welche die Todesfälle aller Senatoren der letzten Jahre betreffen. Vielleicht gab es Zeugen. Inuyasha soll dir nach diesem Gespräch die Beschreibung der sieben Krieger berichten. – Was weißt du noch über Naraku?“

„Dass er ein Mistkerl ist. Er kauft Sklaven für seine Goldmine, darunter auch Kinder.“

„Unmöglich!“ entfuhr es dem Thronfolger.

Der zweite Sohn des Imperators hatte das unerwartete Erlebnis Vater und Halbbruder vollkommen verblüfft zu sehen. So erklärte er: „Doch, es war auf dem großen Sklavenmarkt gleich südlich der Berge. Seine Leute kauften mehr oder weniger ein komplettes Dorf. Ich hörte, dass sie in seine Goldmine gebracht werden und dort schuften bis sie sterben. Die Kinder müssen ganz vorn arbeiten, wo der Gang noch sehr niedrig ist.“

„Das ist unmöglich“, wiederholte sich Sesshoumaru: „Alles Gold gehört dem Imperium. Niemand hat privat eine Goldmine.“

Der Imperator war gelassener: „Nun, entweder irrt sich Inuyasha oder wir haben die Erklärung für den so unerwartet großen Reichtum des Senators. – Wer außer dir weiß von dieser Goldmine?“

„Miroku war dabei, der…der Freigelassene der venatrix. Oh, und Atticus. Dessen ganze Familie kam in die Goldmine. Er ist jetzt der medicus bei den Dämonenjägern.“

„Ich will beide sprechen. Sofort. Und Kouga, bezüglich des Attentats auf die Senatorin. - Sesshoumaru, die Unterlagen.“

Beide Söhne erhoben sich. Der Thronfolger sagte nur noch: „Wenn du die Befehle weitergegeben hast, komm zu mir. Ich benötige die Beschreibung.“
 

************
 

Man sollte immer nachprüfen, wer wen heiraten will, ehe man selbst zu radikalen Mitteln greift. Inuyasha hat eine Lawine ausgelöst. Nur man unterschätze nie einen Senator vom Schlag Narakus, solage er lebt...
 

bye
 

hotep

Jagdbeginn

Man sollte einen Gegner nie unterschätzen...
 


 

15. Jagdbeginn
 

Senator Naraku saß durchaus zufrieden mit seinem Tagewerk in seinem Büro, als Kagura hereinkam und höflich abwartend an der Tür stehen blieb. So musterte er seine Tochter: „Was hast du erreichen können?“

„Ich bekam keine Audienz bei Sesshoumaru, da er mit seinem Halbbruder in den Thermen war, aber später eine bei Inuyasha. Ich konnte ihm die Süßigkeiten dalassen.“

„Hat er etwas davon gegessen?“

„Nein, aber er stellte sie offen auf seinen Tisch. – Ist das…ist da Gift darin?“

„Du stellst zu viele Fragen. Geh auf dein Zimmer.“

„Ja.“ Sie befolgte eilig die Anweisung. Er konnte sehr unangenehm werden, wenn ihm seine Töchter oder auch Bedienstete nicht gehorchten.

So blieb der Senator allein zurück, nachdenklich ein Glas Rotwein in der Hand schwenkend. Wenn Inuyasha von den Süßigkeiten aß, würde er leichte Magenschmerzen bekommen, nichts Arges und nur vorübergehend, aber eine erste Andeutung für Diener und Hofärzte, dass er nicht ganz gesund sei. Und natürlich für den Imperator selbst. Kagura sollte ihm dann noch einmal welche bringen, ehe es Mukotsu gelungen war, sich in der Palastküche nach einer Gelegenheit umzusehen, wie man Gift in das gewöhnliche Essen schmuggeln konnte. Er sah auf, als ein Mann hereinkam und sich eilig tief verneigte. Er erkannte in ihm einen seiner Spione aus dem Palast. War es etwa schon soweit? „Nun?“

„Du wolltest benachrichtigt werden, Senator, wenn sich etwas Ungewöhnliches ergibt.“

„Ist etwas mit einem Sohn des Imperators?“

„Äh…nein, Senator. Nur der Imperator selbst…Gewöhnlich gibt er nach Einbruch der Dunkelheit keine Audienzen mehr, aber nun ließ er Menschen und Dämonen zu sich kommen. Einen medicus, einen Mönch und einen Dämon, ja.“

Einen medicus? Hatte Inuyasha etwa die Süßigkeiten seinem Vater geschenkt? Das wäre eine unerwartete Wende. „So fühlt sich der Imperator nicht wohl?“ Das wäre ja fast noch schöner, würde aber sehr sorgfältiges Nachdenken erfordern.

„Ich weiß es nicht. Außerdem wurde ein Bote nach Avenna abgesandt.“

Avenna? Naraku richtete sich alarmiert auf: „Weißt du, was los ist?“

„Nein, Senator. Ich weiß nur, dass der medicus und der Mönch zu den Dämonenjägern gehören.“

Und die waren stets äußerst loyal zum Imperator. Avenna – das mochte Zufall sein, aber… „Was konntest du noch in Erfahrung bringen?“

„Ich weiß nur noch, dass der Thronfolger Prätorianer zu sich beorderte, die Akten mitbrachten.“

„Gut.“ Man sollte Unregelmäßigkeiten seiner Gegner stets beachten. Es war ungewöhnlich, dass sich der Thronfolger um Prätorianerangelegenheiten kümmerte und es war ungewöhnlich, dass der Imperator so späte Audienzen gab, noch dazu Dämonenjägern. Dazu ein Bote nach Avenna, von allen Orten des Imperiums….Er klatschte. Dem eintretenden Diener befahl er: „Bankotsu soll kommen, mit der Belohnung für einen aufmerksamen Mann.“

„Oh, danke, Senator.“ Der Spion war glücklich.

Naraku dachte weiter nach, während sie schweigend warteten. Als der Anführer der sieben Krieger hereintrat, nickte er: „Er.“

Ohne weiteres Wort drehte sich Bankotsu um, bereits sein Schwert in der Hand und stach zu.

„Was…?“ brachte der Spion nur noch hervor, ehe er zusammenbrach.

Der Krieger zog die Klinge zurück und schob sie ein: „Neue Befehle?“ erkundigte er sich gleichmütig.

„Ja. – Wir reisen, nachdem ihr noch eine Kleinigkeit erledigt habt, in mein Landhaus in den Bergen.“ Es lag so günstig, dass man sehen konnte, wer sich näherte – und nicht weit weg war eine Hafenstadt, in der sein eigenes Schiff auf ihn wartete. Bis es freilich auslaufen konnte, waren sicher noch ein paar Dinge zu erledigen, musste Zeit vergehen. Vorsicht war stets der bessere Teil der Tapferkeit. Avenna, Prätorianer und Dämonenjäger – nein, das war keine Kombination, die er sonderlich schätzte. Hatte ihn die domina verraten? Eigentlich war nicht davon auszugehen, aber wer wusste, was passiert war. Er bemerkte, dass ihn Bankotsu musterte und bemühte sich, seine Besorgnis zu verbergen: „Eure Befehle führt ihr unverzüglich aus. Hör zu.“
 

Kouga eilte nach Hause, nachdem er dem Imperator höchstselbst berichtet hatte, dass es ein Attentat auf den munus gegeben hatte. Dieser hatte ihm befohlen, der Senatorin mitzuteilen, dass sich der Herrscher selbst um die Angelegenheit kümmern werde und auch auszurichten, dass Senator Naraku nichts gegen ihre Familie unternehmen könne, da er wohl bereits bei Tagesanbruch verhaftet werde.

Der schnelle Wolf erstarrte, als er den Hof betrat. Blutgeruch…Was war geschehen?

Er erkannte die beiden Gladiatoren, die vor Kagomes Fenster Wache gestanden hatten auf dem Boden, schwerverletzt oder gar tot: „Marcus! Goku!“ Er bückte sich: „Was ist nur passiert?“ Marcus war tot, aber Goku schien noch zu leben, obwohl sich ein scharfer Schnitt durch seine Kehle zog.

„Die…die oben sind auch tot, “ brachte jemand neben ihm hervor.

Er richtete sich auf: „Shippou! Was ist mit Kagome und der Senatorin?“

„Die Senatorin ist in ihrem Zimmer, die Diener versuchen sie zu wecken...sie…sie ist wohl bewusstlos, “ erklärte der Fuchsjunge mehr als aufgeregt: „Kagome ist verschwunden und die Männer vor der Tür….“

„Ein Überfall? Aber wer kann es gewagt haben… - Shippou, ich bleibe hier und sehe zu, dass ich herausbekomme, was genau passiert ist. Du rennst in den Palast und gehst zu Inuyasha und sagst ihm, was geschehen ist.“

„Und du meinst, das geht?“ fragte der kleine Fuchsdämon zweifelnd: „Ich meine, er ist nur ein halber Dämon aber doch der Sohn des Imperators…“

„Wenn dich wer aufhalten will, sage, du kommst im Auftrag von Senatorin Higurashi. Los jetzt! Kagomes Leben könnte davon abhängen!“ Er musste zusehen, dass zumindest seine überlebenden Kollegen in ärztliche Behandlung kamen. Und natürlich, wie es der Senatorin ging. Immerhin schien sie noch am Leben zu sein.
 

Als Shippou vollkommen erschöpft Inuyasha Bericht erstattete, kam keine Antwort. Überrascht richtete sich der kleine Fuchs auf. Machte der sich denn gar keine Sorgen um Kagome? Er schon. Ganz schreckliche. Sie und die Senatorin waren so nett zu ihm gewesen und…

Imperatorensohn hin oder her, das würde er ihm sagen, jetzt sofort und…

Dann erschrak er jedoch, als er den Ausdruck in den Augen des Halbdämons sah. So musste es aussehen, wenn man dem Tod persönlich gegenüberstand.

Aber die Stimme war ruhig: „Naraku. – Kohaku, ich brauche sofort zehn Prätorianer, die mit mir kommen. Und Shippou soll meinem…dem Imperator Bericht erstatten. Dieser Mistkerl von Senator muss mitbekommen haben, dass wir ihm auf die Schliche gekommen sind.“
 

So war der zweite Sohn des Imperators nur eine halbe Stunde nach Kougas Eintreffen am Haus der Senatorin. Erschüttert sah er, dass drei seiner ehemaligen Kollegen bei dem Überfall umgebracht worden waren, Marcus, Tino und Minari. Sie waren in den Vorraum des Hauses gelegt worden. Unwillkürlich fasste der Halbdämon an den Griff seines Schwertes. Sie waren nett zu ihm gewesen, hatten ihn aufgenommen, als Freund behandelt…

Kouga kam zu ihm: „Sie hatten keine Chance. Offenbar waren die Angreifer professionelle Krieger. Vielleicht Dämonen. Goku lebt noch, wie auch immer. Er hat die Kehle durchgeschnitten. Ein medicus ist bei ihm.“

Immerhin etwas: „Sie waren vermutlich sieben Krieger.“

„Woher willst du das wissen? – Die Senatorin erholt sich, aber Kagome wurde entführt.“

„Ja, Naraku muss mitbekommen haben, dass es ihm an den Kragen gehen soll. Der Mistkerl hat anscheinend verdammt gute Spione. Dann ist er sicher nicht mehr zuhause. Er hat ein Landhaus, sagte mir…mir Sesshoumaru zuvor, in den Bergen, nahe der Hafenstadt Aisto. Bestimmt hat er sich erst einmal dort verkrochen. Den schnapp ich mir.“

„Äh…Inuyasha, ich meine, du magst der Sohn des Imperators sein, aber ein Senator...“ Senatoren standen unter besonderem Schutz und gesondertem Recht, das wusste doch jeder.

„Ja, schon klar, das darf nur der Imperator selbst. Ich hole mir schon noch die Vollmacht. Und du sieh zu, dass du in den Süden nach Cuma kommst, so rasch es geht.“

„Wieso das denn? Willst du Kagome allein retten, um bei ihr besser dazustehen?“ fauchte der Wolfsdämon sofort.

Inuyasha zwang sich zur Ruhe, statt den Anderen niederzuschlagen, wie er es am liebsten getan hätte. Nur für Kagome: „Sei doch kein solcher Volltrottel, Kouga. Naraku weiß vermutlich, dass er aufgeflogen ist und hat darum Kagome entführt, wohl, um die Senatorin zu…ja, zu verletzen. Und er sagte doch, dass er Souta umbringen will, also hat er sicher einen Mann dorthin geschickt. Du bist der Einzige, der schnell genug ist, den einzuholen und Souta zu beschützen, klar?“

Der schnelle Wolf nickte nur. Nie zuvor hatte er erlebt, dass der Halbdämon derart rasch und geschickt nachdachte, ein sicheres Indiz, wie nahe ihm das Ganze ging. „Klar. Nur: wie sehen die Sieben aus?“

Inuyasha lieferte eine hastige Beschreibung, und Kouga erwiderte: „Wenn ich einen von denen unterwegs sehe, lege ich ihn zur Not um, ehe ich weiterlaufe. Verlass dich auf mich.“

Als er losrannte hörte er gerade noch, wie der Sohn des Imperators den Prätorianern den Befehl gab, die Senatorin in den Palast zu bringen und zu beschützen.
 

Inuyasha raste buchstäblich zurück und forderte mehr als er um Audienz bat. Allerdings war auch den dortigen Sekretären schon aufgefallen, dass etwas Ungewöhnliches im Gange war und sie ließen ihn ohne weiteres durch.

Zu seiner gelinden Überraschung war sein Halbbruder ebenfalls anwesend, wohl mitten in einem Bericht, aber das war ihm in diesem Moment gleich: „Naraku hat Kagome, die Senatorin ist vergiftet, bewusstlos“, brachte er hervor.

Der Imperator richtete sich etwas auf: „Dieser kleine Fuchs informierte mich bereits. Hole Luft und dann möchte ich weiteren Bericht.“

Inuyasha versuchte, seinen Atem zu beruhigen, und dennoch zu erzählen, da er das Gefühl hatte, die Zeit würde drängen: „Kouga…Kouga kam gerade zurück und fand unsere…seine Kollegen ermordet. Die Senatorin wurde wohl vergiftet und Kagome ist verschwunden. Ich…ich habe Befehl erteilt, dass Prätorianer die Senatorin herbringen und bewachen, Kouga habe ich nach Süden geschickt, um Souta zu beschützen. Und ich werde mir diesen Mistkerl von Naraku höchstpersönlich schnappen, Senator hin oder her, wenn ich nur deine Erlaubnis bekomme, Vater.“

„So eifrig?“ In der Stimme des Thronfolgers lag gewisser Spott.

Der jüngere Halbbruder funkelte ihn an. Ohne weiter nachzudenken entfuhr es ihm: „Dann stell dir einfach mal vor, dass dieser ach so wichtige Senator Rin hätte!“

Sesshoumaru stellte sich das kleine Mädchen ungern auch nur außerhalb seiner Zimmer oder seiner Nähe vor, aber er verstand seltsamerweise, was der Andere meinte, ein neues Gefühl für ihn selbst. So bestand seine einzige Reaktion in einem Hochziehen einer Augenbraue, ein stummer Tadel des unhöfischen Benehmens.

Der Imperator nickte dagegen nur: „Weißt du, wohin er ist?“

„Sesshoumaru erwähnte da etwas von einem Landhaus, in der Nähe von Aisto. Das ist ein Hafen…“ Er brach ab. Vater wusste sicher, wo welcher Ort in seinem Reich lag.

Dieser zog ein wenig die Augenbrauen zusammen: „Aisto ja. Und dort liegt, wenn ich mich recht entsinne, ein Schiff vor Anker, das ihm gehört. Zwar sind einige Vorbereitungen nötig, aber das könnte bereits morgen früh auslaufen. Wir sollten keine Zeit verschwenden. – Myouga!“

Der kleine Flohgeistkanzler hüpfte zur Überraschung der beiden Söhne aus dem Fellmantel des Imperators: „Herr?“

„Eine Vollmacht für Inuyasha, um Senator Naraku verhaften zu können und ein Befehl an Scipio, den Anführer der Palastwachen. Er soll dafür sorgen, dass Senatorin Higurashi in ärztliche Behandlung kommt und bewacht wird, das Gleiche gilt für ihren Sohn, falls Kouga ihn herbringt. Und einen Durchsuchungsbefehl für das Haus des Senators in dieser Stadt für die Prätorianer.“

Während Myouga schon forteilte, sah der Thronfolger ein wenig überrascht zu seinem Vater: „Nur einen Durchsuchungsbefehl? Was ist mit Kagura und Kanna?“

„Glaubst du wirklich, dass der Senator seinen Töchtern seine Pläne auch nur erzählt hat?“

„Sie sind dann aber die Töchter eines Verbrechers, eines Mörders und Verräters.“

„Ja. Und? – Mein Sohn, ein Herrscher sollte stets darauf achten, nicht gehasst zu werden.“

„Das mag sein, aber mit Freundlichkeiten bleibt man nicht lange Herrscher, nicht wahr?“

„Ich sagte ja nicht, dass man geliebt werden sollte, das wird kaum gelingen, da hast du Recht. Aber man kann auch respektiert werden, ohne sich verhasst zu machen. – Sieh: Naraku hat wohl Verbrechen begangen und wird dafür vermutlich mit dem Tode bestraft. Jedem im Imperium wird klar sein, dass das eine logische Folge seiner Taten ist. Und sie werden dieses Urteil akzeptieren, ja, daraus schließen, dass sie selbst vorsichtig sein sollten. Aber Kagura und Kanna haben nichts getan, außer vielleicht Befehle ihres Vaters ausgeführt, was sie als Töchter mussten, wie du weißt. Würde ich sie nun verhaften, bestrafen, ihr Vermögen einziehen, würden das viele als Unrecht empfinden, als meinen Versuch, mich an ihrem Unglück zu bereichern. Und nach einigen solchen Vorfällen würden Dämonen und Menschen beginnen mich zu hassen. Dies wiederum könnte eine fremde Macht nutzen, sie zu unterstützen.“

Sesshoumaru neigte schweigend den Kopf, da er die Lektion akzeptierte. Zu lange und erfolgreich herrschte sein Vater schon.

Inuyasha hatte ebenfalls interessiert zugehört und erkundigte sich jetzt nur: „Was planst du denn mit den Beiden?“

„Ich werde sie der domina anvertrauen, damit sie passende Ehemänner für sie findet. Mit dem Erbe der beiden werden sich sicher Bewerber finden.“

Ein Sekretär kam herein und verneigte sich: „Die Vollmacht für Inuyasha-sama…“

„Gib sie ihm“, befahl der Imperator: „Und, Inuyasha: dies ist eine Vollmacht, ihn zu verhaften. Nicht, ihn zu töten.“

„Ich weiß. Ich werde zusehen, dass ich ihn lebend einfange. Danke.“ Der Halbdämon nahm die Rolle und schob sie in sein Gewand: „Ich werde ihn nur umbringen, wenn ich Kagome nicht anders retten kann. Immerhin müsste er noch einige Krieger bei sich haben. Darf ich Prätorianer mitnehmen?“

„Nein“, kam die überraschende Antwort des Thronfolgers. Da ihn Vater und Halbbruder gleichermaßen irritiert ansahen, fuhr er fort: „Sie sind zu langsam, bis sie alarmiert wurden und ausrücken. Sie können nachkommen. Ich gehe sofort mit dir.“ Aus zwei Gründen. Zum einen würde Inuyasha nicht allein als der Held dastehen, womöglich Vaters Anerkennung allein ernten, zum zweiten…ja, der hatte Recht gehabt. Wenn er sich ausmalte, dass Rin irgendwo von sieben Kriegern im Auftrag dieses Naraku entführt worden wäre…Zum ersten Mal in seinem Leben konnte er sich vorstellen, wie es in einem anderen aussehen mochte.

„Äh, danke“, war alles, was Inuyasha hervorbrachte. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Sesshoumaru war irgendwie doch ein lieber Kerl, so kühl er auch immer wirkte.

„Dann geht“, meinte der Imperator erfreut, dass sich seine beiden Söhne so gut zu verstehen schienen: „Ich werde euch die Prätorianer hinterher senden, die hier nicht mehr benötigt werden, sobald ich neue Berichte habe. Viel Erfolg.“
 

Kouga war nur ein Wirbelwind, als er die nächtliche, leere Landstrasse in Richtung Süden rannte. Hoffentlich war Inuyasha in der Lage, Kagome zu retten. Aber nun gut, er war der Sohn des Imperators, da würde ihm sein Vater doch sicher auch ein paar Dämonenkrieger mitgeben, Prätorianer oder die Palastwachen. Das würde schon gut gehen, hoffentlich. Immerhin konnte er sicher sein, dass der halbe Hund ebenso sehr an ihrem Wohlergehen interessiert war, wie er selbst.

Jedenfalls sollte er zusehen, dass er auch nicht versagte und Souta rechtzeitig fand. Der Sohn der Senatorin war ja in der Militärschule von Cuma und man sollte eigentlich annehmen, dass er da sicher wäre. Aber der Überfall auf das Haus der Senatorin und der Tod dreier seiner Kollegen, ja, Freunde hatte nur zu gut bewiesen, mit welchem Gegner sie es hier zu tun hatten. Naraku war anscheinend nicht nur skrupellos, sondern auch in der Lage gewesen, sich äußerst fähige Kämpfer zu besorgen.

Er erkannte vor sich eine riesige Gestalt, die wie er selbst nach Süden eilte. Das war ja geradezu ein Gigant. Ob das einer der sieben Krieger war? Inuyasha hatte in seiner Kurzbeschreibung erwähnt, dass einer von ihnen ein Mann von massiger und großer Form war. So wurde er selbst etwas langsamer, um den Anderen zwar einzuholen, aber doch zu mustern. Bewaffnet war er…Und um diese Nachtzeit hatte kaum jemand etwas auf der Landstrasse verloren.

„Na, Befehl von Senator Naraku?“ fragte er daher.

Der andere fuhr herum: „Was?“

„Wie heißt du denn?“ Kouga wollte sich keinen Fehler leisten. Er stünde ja gegenüber dem Halbdämonen fein da, wenn er es nicht schaffen würde, einen der sieben Krieger daran zu hindern, Souta zu vergiften oder sonst wie umzubringen. Abgesehen natürlich davon, dass Kagome ihn sicher verachten würde, würde er zulassen, dass ihrem Bruder etwas zustieß.

„Kyoukotsu. Hast du einen anderen Befehl für mich?“

„Ich bin Kouga. Und dein Weg endet hier.“ Inuyasha hatte ja gesagt, er kenne die Namen der Krieger nicht, aber sie würden alle auf – kotsu enden, wohl Kampfnamen, die sie angenommen hatten.

Der Riese lächelte ein wenig: „So lebhaft? Du hast wohl keine Ahnung, mit wem du es hier zu tun hast.“

Seine Hand, die fast ebenso groß war wie der Kopf des Wolfdämons, schoss vor. Kouga entkam dem Schlag mit einem weiten Satz seitwärts, wendete jedoch noch in der Landung und sprang seinem Widersacher entgegen, um ihm einen gewaltigen Tritt gegen den Brustkorb zu versetzen. Kyoukotsu taumelte zurück und stürzte zu Boden, rollte sich jedoch mit einer für solch einen massigen Mann erstaunlichen Geschwindigkeit ab.

„Nicht schlecht, Wolf, “ sagte er: „Aber das wird dich kaum retten.“

„Du bist kein Dämon aber irgendwie auch kein Mensch…“

„Du hast Probleme, so kurz vor deinem Ende.“ Erneut versuchte er, den deutlich Kleineren zu treffen.

Kouga sprang beiseite, bemerkte gerade noch, dass es sich um eine Finte gehandelt hatte und sich die schreckliche Hand hinter ihm befand. Mit einem gewaltigen Satz sprang er vorwärts, über die Schulter Kyoukotsus, der seinen Schlag nicht mehr stoppen konnte und sich selbst ins Gesicht traf.

„Wo haust du denn hin?“ fragte der Wolf spöttisch.

Ein grimmiges Knurren war zu hören, als der Krieger herumfuhr, wutentbrannt erneut zuschlug. Genau das hatte Kouga erreichen wollen: blinder Zorn schadete nur. Wäre er nur der Gladiator, der vorherbestimmte Duelle kämpfte, hätte er hier kaum einen Blumentopf gewonnen. Aber er war ein Wolfsdämon, wie alle seines Stammes seit Kindertagen in Kämpfen ausgebildet, hatte im Heer des Imperators Kriege durchgefochten und diese Erfahrung kam ihm nun zugute.

„Du wirst Souta nicht töten…“ sagte er, als er hinter seinen Gegner sprang, einen Arm unter dessen Achsel durchschob, um das Genick des Riesen zu umklammern.

„Das macht doch sowieso der medicus….Lass den Unsinn, kleiner Wolf!“ Kyoukotsu versuchte den Griff um seinen Nacken zu brechen, aber seine Finger konnten den Angreifer nicht fassen.

Kouga gab ihn nicht frei, auch, als der Krieger seine Finger packte, versuchte, diese einzeln zu brechen oder auszuhebeln. Er durfte nicht loslassen, das war seine beste Chance, nachdem er solch ein Idiot gewesen war, sich auf einen Ringkampf mit diesem Riesen einzulassen, statt sein Schwert zu ziehen. Aber er war es eben nicht gewohnt, kämpfte er doch in der Arena eigentlich stets unbewaffnet gegen seine Kollegen…

Seine Kollegen, seine Freunde der letzten Jahre…

Menschen, mit denen er jeden Tag umgegangen war, gespielt, geübt und gekämpft hatte…

Dieser Mistkerl war bei dem Überfall dabei gewesen, hatte mitgeholfen, sie zu töten…

Er hatte sein derzeitiges Rudel ermordet.

In jähem Zorn drückte der Wolfsdämon fester zu. Es hörte sich an, als ob ein trockener Ast breche, dann wurde der Krieger in seinen Armen schlaff.

Er ließ ihn zu Boden gleiten. Moment. Was hatte dieser Idiot noch von sich gegeben? Soutas Tod würde der medicus machen? Dann war seine Mission noch nicht zu Ende. Er musste so rasch es ging in die Militärschule, deren Leiter warnen und Souta zum Imperator bringen. Sicher war sicher. Anscheinend hatte dieser Kyoukotsu nur den Mordbefehl weiterleiten sollen.

Er atmete tief durch, ehe er weiterlief, wie ein Wirbelwind auf der nächtlichen Strasse nach Süden.
 

********
 

Im nächsten Kapitel treffen die Halbbrüder auf zwei der Krieger und der Senator macht seinen nächsten Zug: Kagome.
 

bye
 

hotep

Kagome

That was the day when I first saw the light,

I know, that I should have put up for a fight

Not since the day have I looked in the eyes

Where you could see the Arabian skies

Arabian star – e-type
 

Kouga erreichte die Militärschule in Cuma noch vor dem Morgengrauen. Mit Berufung auf den Befehl des Imperators verlangte er deren Leiter unverzüglich zu sprechen. Unter vier Augen teilte er diesem mit, dass ein Attentat auf einen seiner Schüler geplant sei und er, Kouga, die Anweisung habe, Souta in die Hauptstadt zu bringen.

„Ein Attentat?“ Der Dämon, der die Schule leitete, war erschüttert: „Das hier sind doch alles Jugendliche, ja, manche noch Kinder. Aber nun gut. Du sagst, du hast den Befehl des Imperators, dich um Souta Higurashi zu kümmern?“

„Ja. Auf Senatorin Higurashi und ihre Tochter wurde bereits gestern Abend ein Anschlag verübt. Es…es wird bei Souta Gift befürchtet.“

„Dann werde ich wohl besser den medicus zu ihm schicken.“

Kouga erinnerte sich plötzlich daran, dass Kyoukotsu zu ihm gesagt hatte, der Arzt würde den Mord übernehmen: „Nein, lieber nicht. Ich meine, mein Befehl lautet, ihn unverzüglich mitzunehmen. Und es gab einen Hinweis darauf, dass ein medicus in den Anschlag verwickelt ist.“

„Der medicus, den wir hier haben, ist ein sehr netter Mann, der sich gerade mit Kindern sehr gut versteht. Ich kann mir nicht vorstellen….“

„Bitte, Legat, ich bin nicht die ganze Nacht von der Hauptstadt hierher gelaufen, um jetzt zu zögern. Es ist der ausdrückliche Befehl des Imperators.“

„Schon gut. Ich werde Souta wecken lassen. – Wirst du ihn tragen?“

„Ja. So schnell wie ich ist niemand. Und wie gesagt…“ Nun, er würde nie zugeben, dass er etwas müde war und nicht sonderlich begeistert von der Aussicht, mit Souta im Arm die ganze Strecke zurücklaufen zu müssen, aber wichtig war, dass der Junge in Sicherheit gebracht wurde. Kagome würde ihn doch nie wieder auch nur ansehen, wenn er hier versagte, ihren Bruder nicht schützen konnte. Kagome. Hoffentlich würde es Inuyasha gelingen, sie zu finden und unversehrt zu befreien.

„Ich gehorche dem Imperator.“ Der Legat stand auf.
 

Inuyasha rannte die Strasse nach Aisto in so weiten und raschen Sprüngen entlang, wie er es vermochte, während Sesshoumaru neben ihm flog. Diese unvermutete Fähigkeit hatte den Halbdämon etwas überrascht, auch, wenn er dazu nicht gesagt hatte. Was Vater dann wohl so alles drauf hatte?

Aber nur schweigend nebeneinander herzurasen war eigentlich auch nichts, was ihm lag: „Sag mal, wie bist du eigentlich an Rin gekommen?“ rief er im Laufen.

Inuyasha hatte nicht mit einer Antwort gerechnet und war überrascht, als nach einigen Minuten doch eine kam:

„Dann hat es dir noch niemand erzählt? - Sie hat mich gefunden.“ Erstaunlicherweise teilte Vater seinem neuen Sohn also nicht alles mit. Es war angenehm, dass er wirklich ihm gegenüber loyal blieb. Nun, eigentlich hatte er es erhofft.

„Gefunden“, echote der Halbdämon, der sich nun darunter überhaupt nichts vorstellen konnte. Thronfolger fand man doch nicht einfach mal eben so…?

„Nach einem Kampf.“

Also war er vermutlich verletzt gewesen und Rin hatte ihm geholfen? Interessant. Aber er wusste genug von Dämonen, um dazu besser nichts mehr zu sagen. Allerdings stieg sein Halbbruder in seiner Achtung, dass er sich aus Dankbarkeit wohl nun um die Kleine kümmerte. War sie eine Waise?
 

Sesshoumaru war froh, dass der Bas…dass Inuyasha nicht weiter nachfragte. Er wäre es wohl seinem verehrten Vater schuldig gewesen auch noch darauf zu antworten. Und das war unangenehm. Dieser unglückselige Angriff hatte tatsächlich seine Rüstung zerschlagen, ihn verletzt. Es war leider nicht gerade eine Schlacht gewesen, eher ein Attentat, aber er hätte sich lieber die Zunge abgebissen als zuzugeben, dass er gegen diese beiden seltsamen Kämpfer nicht gerade gut ausgesehen hatte. Schön, er hatte sie getötet, aber der Preis dafür war seine praktische Bewegungsunfähigkeit gewesen.

Da war sie aufgetaucht, Rin. Obwohl sie in ihm einen Dämon erkannte, wenn auch nicht seinen Rang, war sie nicht weggelaufen, sondern war näher gekommen, höflich und hilfsbereit. Und sie hatte ihn angelächelt. Er wusste nicht, wer das außer Vater sonst je ohne Hintergedanken getan hatte.

Er hätte nicht nur in diesem Moment alles dafür gegeben, um dieses Lächeln noch einmal zu sehen. Das Leben als Sohn des Imperators war einsam.

Er warf einen raschen Blick seitwärts. Jetzt waren sie zu zweit. Änderte das etwas an seiner eigenen Lage? Ob Inuyasha die Kälte der Einsamkeit wohl überhaupt je nachvollziehen konnte? Er war ja der erfolgreiche Gladiator gewesen, umgeben von Kollegen, mit Senatorin Higurashi auch einer freundlichen Arbeitgeberin…Nein. Der Halbdämon war sicher nie allein gewesen.
 

Die zwei Söhne des Imperators hielten inne, als sie vor sich einen Geruch wahrnahmen, der sie alarmierte: nach Waffen und Rüstung. Während beide unwillkürlich etwas erstaunt waren, dass es auch der Andere festgestellt hatte, tauchten zwei Männer vor ihnen aus den Schatten der Nacht auf, die Inuyasha erkannte.

„Also wirklich die sieben Krieger“, stellte er fest.

„Also wirklich der Gladiator“, gab einer zurück: „Und du hast noch immer diese niedlichen Ohren, die ich dir so gerne abschneiden möchte.“

„Du übernimmst Sesshoumaru, Jakotsu“, befahl der Anführer ohne auf das enttäuschte Gesicht seines Gefährten einzugehen.

„Oh, komm schon, sicher, der ist auch recht gut aussehend, aber er hat doch nicht so niedliche Ohren wie Inuyasha…“ Aber Jakotsu wich seitwärts, um sich dem Thronfolger zu stellen, der die Hand bereits an eines seiner beiden Schwerter gelegt hatte.
 

Senator Naraku trat auf seine Terrasse, zufrieden damit, dass die zwei Krieger den Zugang zu seinem Landhaus sichern würden. Nun, selbst, wenn ihm der Imperator auf die Schliche gekommen war, warum auch immer, wäre er verblüfft, wenn bereits Prätorianer hier angekommen wären. Aber Vorsicht war stets besser. Er betrachtete gegen den Vollmond die Wolken aus Staub am Horizont, ehe ihm bewusst wurde, dass dort Kämpfe begonnen hatten. Wie unschön, um kein anderes Wort zu verwenden.

Er fuhr herum. Mukotsu war soeben wieder dabei, Kagome das Lähmungsgift einzuflössen. Eigentlich hatte er sich selbst das Vergnügen bereiten wollen, sie zu …Nun gut. Jetzt musste er schnell sein. Immerhin hing sein Leben davon ab. Denn das wäre keine Bronzemünze mehr wert, würde ihn der Imperator in die Finger bekommen. So ging er schnell in das Zimmer zrück.

„Mukotsu, sie gehört dir. Was immer du mit ihr tun willst.“

„Ja, Senator.“ In der Stimme des Kriegers lag faszinierte Begeisterung, während Kagome fast panisch schien, soweit man das in ihren Augen lesen konnte.

Aber das war nun gleich. Naraku verließ den Raum und suchte die anderen beiden Krieger, die ihm hier noch zur Verfügung standen: „Renkotsu, ich möchte, dass du unverzüglich dieses Haus niederbrennst.“ Es wäre ihm unmöglich, alle seine Papiere, die er hier aufbewahrte, mitzunehmen. Und da war einiges dabei, dass kein Prätorianer oder gar der Imperator selbst sehen sollte. Schlimm genug, was dem wohl an Restbeständen in seinem Haus in der Hauptstadt in die Hände gefallen war. Seine Töchter waren sicher ebenfalls schon verhaftet worden – und zumindest Kaguras Loyalität würde kaum so weit gehen, für ihn im Kerker sitzen zu wollen „Wir fahren, so rasch es geht, zum Hafen und gehen an Bord.“ Zum Glück hatte er schon bei seiner Ankunft hier im Landhaus unverzüglich einen Boten nach Aisto gesandt, dass das Schiff so schnell wie möglich abfahrbereit gemacht werden sollte. Die wenigen Dienstboten, die hier gewesen waren, hatte er ebenfalls weggeschickt.

„Und Bankotsu und die anderen?“ erkundigte sich der Krieger nur.

Die Sieben hielten zusammen, das musste er ihnen lassen. Meist war es nützlich, wenn auch im Moment lästig. So erklärte er: „Bankotsu und Jakotsu kämpfen und werden uns dann folgen. Mukotsu wird deine Flammen kennen und ihnen entkommen – er bekam als Abschiedgeschenk Kagome. Eure anderen beiden Freunde in Cuma haben sowieso bereits die Anweisung erhalten, von dort aus mit einem Schiff nach Süden zu fahren.“ Eigentlich hatte er dies nur befohlen, um Nachforschungen zu Soutas Tod auszuweichen, aber nun erwies sich das geradezu als genial. Sie würden sich in Harissa, in der Nähe von Maimai, treffen und er erneut Krieger haben, dazu ein sicheres Versteck, von dem der Imperator nicht einmal träumen würde. Manchmal war vorausschauende Vorsicht in der Tat eine sehr gute Eigenschaft.

„Wie du willst, Senator.“ Renkotsu wandte sich ab, um die Brandlegung vorzubereiten, wie immer begleitet von seinem schweigsamen Freund.
 

Sesshoumaru hatte unterdessen ein wenig überrascht festgestellt, dass das Schwert seines Gegners ungewöhnlich war. Es bestand aus einer Aneinanderreihung verschiedener, äußerst scharfer Klingen, die sich wie eine Schlange vor und zurück bewegen konnten. Selbst er musste sich vorsehen und konzentriert die Angriffe zurückschlagen. Um ein Haar wäre er bereits einmal entwaffnet worden und hätte fast einmal buchstäblich den Kopf verloren. Er konnte es sich nicht leisten, auch nur einen Blick hinüber zu dem anderen Duell zu werfen, das sich Inuyasha und der zweite Krieger lieferten. Nun, nach allem, was er in der Arena gesehen hatte, sollte der Bas…sollte sein Halbbruder in der Lage sein, zu gewinnen.
 

Inuyasha hatte schon bei seinem ersten Angriff die unangenehme Feststellung gemacht, dass dieser Bankotsu mit ihm an Kraft mithalten konnte. Das gab es doch fast gar nicht. War das ein Dämon oder auch ein Halbdämon? Immer wieder trafen Tessaiga und das riesige Schwert des Kriegers aufeinander, wurden gegeneinander gepresst. Er sprang zurück:

„Jetzt weiß ich wenigstens, warum ihr so viele Menschen und Dämonen töten konntet.“

„Natürlich“, gab Bankotsu zu: „Und jetzt werde ich der Liste noch einen Halbdämon zufügen. Das ist doch wenigstens mal etwas anderes. – Du wunderst dich, wie stark ich bin? Manchmal sind Menschen eben auch was besonders. Und dieses Schwert ist mein Partner. Niemand kann uns beide besiegen.“ Er riss seine große und schwere Klinge empor, als er erneut auf Inuyasha zulief, der Tessaiga eilig emporzog um parieren zu können.

Das war eindeutig anstrengend und wenn das nicht bald ein Ende fand, würde er die Windnarbe einsetzen. Schließlich wusste er ja nicht, wie viele Krieger noch zwischen ihm und Naraku standen. Und natürlich zwischen ihm und Kagome…

Bankotsu spürte das kaum feststellbare Zittern in der Klinge seines Widersachers, das ihm anzeigte, wie sehr der sich anstrengte, anstrengen musste. Bald schon würde er müde werden, Halbdämon und Gladiator hin oder her, bald schon seine Erschöpfung spüren….
 

In die feine Nase des Thronfolgers stieg ein entfernter Geruch nach Feuer und Brand. Verdammt. Hatte Naraku etwa mitbekommen, dass er da war, nun, auch Inuyasha, und deshalb den weiteren Rückzug angetreten? Hatte der das eigene Landhaus in Brand gesteckt, um denkbare Verdachtsmomente zu beseitigen – und wenn möglich auch die Tochter der Senatorin? Wie stünde er denn vor Inuyasha und vor allem vor Vater da, würde dieser etwas zustoßen? Sie würden ihn ja als vollkommen unfähig ansehen. Er ließ seinen Gegner einfach stehen und rannte los, sein Schwert noch in der Hand.

Na so etwas, dachte Jakotsu zum einen irritiert über die Tatsache plötzlich ignoriert zu werden, und zum anderen erfreut, seinen Widersacher mit dem Rücken zu sich zu haben: das konnte er sich nicht entgehen lassen. Er ließ sein Schwert erneut losfliegen, gezielt auf eine tödliche Umarmung des Thronfolgers.

Sesshoumaru bemerkte, dass sich die schlangenartigen Klingen um ihn winden wollten und riss sein Schwert empor, um das des Gegners mit einer heftigen Armbewegung zurückzuschlagen.

„Was!“ war alles, was der Krieger noch hervorbrachte, als er seinen eigenen Angriff gegen sich kommen sah – ihn nur knapp verfehlend. Er blieb auf dem Boden sitzen, für einen Augenblick wirklich erschüttert. Das hatte noch niemand vermocht.
 

Inuyasha hatte bemerkt, dass sein Halbbruder weglief. Wollte ihn der Idiot hier etwa allein mit zweien der Krieger lassen? Wieder mal eine elegante Art ihn zu beseitigen? Aber dann stieg auch ihm der Geruch nach Feuer bewusst in die Nase.

Kagome, dachte er nur.

Darum hatte Sesshoumaru also seinen Kampf abgebrochen. Das sollte er auch tun. Hoffentlich kam sein Halbbruder rechtzeitig, hoffentlich war ihr nichts passiert….

Er schlug mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, zu, gegen dieses ebenfalls mysteriöse Schwert Bankotsus und stemmte sich dagegen. Er musste sich den Kerl jetzt vom Hals schaffen, um Kagome retten zu können. Das war alles, was zählte.

Der Krieger spürte erstaunt, über welche Kraft der Halbdämon noch verfügte. Warum nur war der plötzlich nicht mehr erschöpft? Hatte der ihm etwas vorgespielt, um durch einen Trick gewinnen zu können?

Ein feines, metallisches Klirren, mehr geahnt als gehört, ließ die Zwei auseinander springen, unwillkürlich im matten Mondlicht ihre Schwerter musternd, die beide als Kampfpartner betrachteten.

Als Bankotsu sah, dass seine Klinge einen Riss erhalten hatte, wusste er, dass er kaum mehr weiterkämpfen sollte, nicht, ehe das ein guter Schmied repariert hatte. Jakotsu schien auch besiegt: „Komm, verschwinden wir!“ befahl er daher. Der Senator hatte vermutlich sein Haus in Brand gesteckt, war wohl schon auf dem Weg nach Aisto. Da sollten sie keine Wurzeln schlagen, da er sicher nicht lange auf sie warten würde, ehe er Segel setzen ließ – wenn überhaupt.

Inuyasha ließ sie erleichtert laufen. Naraku war der Gegner und die Rettung Kagomes sein oberstes Ziel. So schob er Tessaiga zurück und rannte weiter.
 

Mukotsu hatte unterdessen nicht einmal mitbekommen, dass sein Arbeitgeber und seine Kollegen verschwunden waren. Zu begeistert war er von der Aussicht endlich wieder einmal eine Frau zu Tode quälen zu können. Seit sie für Naraku arbeiteten, war ihm so etwas nicht mehr erlaubt worden – und Bankotsu konnte ziemlich hart sein, wenn Befehle missachtet wurden. Durch das Lähmungsgift, das er ihr erneut eingeflösst hatte, konnte sie sich nicht bewegen, aber sie würde alles spüren können….

Kagome konnte es in der Tat, sie konnte auch denken, aber sich nicht wehren. So war alles was ihr blieb, die Hoffnung, Inuyasha möge kommen, möge Mutter und Souta geholfen haben, ihr helfen, als sie fühlte, wie sich Hände unbarmherzig um ihre Kehle legten, zudrückten.

Mukotsu wollte sie noch nicht umbringen, beileibe nicht, aber es war einfach zu schön für ihn, mit anzusehen, wie sie nach Luft rang, ihr Gesicht diesen herrlichen verzweifelten Ausdruck annahm…

Oh nein, dachte Kagome nur noch: Inuyasha!

Sie hörte nur mehr ihren eigenen Herzschlag, als ihre Lungen schmerzhaft nach der Luft rangen, die ihnen verwehrt wurde. Ihr Blick verschwamm, etwas wie ein blutroter Vorhang schien sich darüber zu legen – und dann ein leuchtendes Grün.

Im nächsten Moment fühlte sie sich freigegeben und rang keuchend nach der Luft, die sie bereits nicht mehr erwartet hatte, zu atmen.

Mukotsu war auf den Boden gestürzt und so konnte sie, wenn auch schwer, erkennen, wer ihr geholfen hatte.

Sesshoumaru?

Wie kam der Thronfolger denn hierher?

Mukotsu fuhr herum, mühsam den Schmerz ignorierend. Wer war das gewesen, der seine Krallen über seinen Rücken gezogen hatte? Gleich. Er fasste nach seiner Gifttruhe, die er fast nie außer seiner Reichweite ließ und packte das schärfste Gift, das er finden konnte und schleuderte es gegen den vornehm gekleideten jungen Dämon. „Stirb!“

Zu seiner Verblüffung blieb der Unbekannte unverletzt, unberührt stehen, ja, zog sein Schwert.

Vor Angst und Schmerzen war der Krieger plötzlich ebenso unfähig sich zu rühren, als ob er sein eigenes Lähmungsgift bekommen hätte.

„Als ob das Gift eines Menschen mir schaden könnte“, äußerte Sesshoumaru mit gewisser Verachtung, ehe er seine Klinge niedersausen ließ.

Sie war…gerettet…, dachte Kagome erschöpft, ehe alles um sie schwarz wurde.
 

„Kagome!“ Inuyasha raste heran und hatte keinen Blick für seinen Halbbruder oder für den Toten auf dem Boden: „Kagome!“ Er zog sie hoch: „Kagome?“ Warum bewegte sie sich nicht?

„Bring sie raus, das Haus steht in Flammen“, erklärte der Thronfolger ruhig, während er sein Schwert zurückschob: „Naraku ist entkommen.“

„Ja.“ Unfähig, an etwas anderes als das Mädchen in seinen Armen zu denken, stand der Halbdämon auf und trug sie hinaus, legte sie ein Stück abseits auf die Wiese, um daneben knien zu bleiben, hilflos ihren Hals abtastend: „Warum nur bewegt sie sich nicht….? Ihr Herz…?“

„Naraku,“ erinnerte Sesshoumaru.

„Ich...ja. Der Mistkerl ist weg?“

„Ja.“

„Wohin?“

„Das weiß ich nicht. Du hast jedenfalls die Vollmacht ihn zu verhaften. Nicht ich.“

Inuyasha starrte auf das Mädchen, ehe er zu seinem Halbbruder aufsah. Da hatte er wohl etwas wie Bitterkeit gehört? Oder war das einfach so? „Und wenn ich …“ Nein, wenn ich dir den Befehl erteilen würde….das würde Sesshoumaru sicher kränken, den Thronfolger. Und der hatte Kagome geholfen: „Wenn ich dich bitten würde, ihn zu verfolgen? Kagome muss sicher zu einem medicus. Wenn sie überhaupt noch lebt…“

Zu seiner Überraschung legte Sesshoumaru die Hand an eines der beiden Schwerter in seinem Gürtel, ehe er sagte: „Sie lebt. Nun gut,. Ich werde sehen, ob ich den Senator finde.“

Inuyasha, der noch immer neben Kagome kniete, neigte den Kopf nicht nur aus andressierter Höflichkeit: „Ich danke dir für ihr Leben.“

Mit gewissem Erstaunen einen Gladiator so höfisch zu finden, machte sich der Thronfolger auf den Weg nach Aisto, sicher, dass der Senator versuchen würde an Bord seines Schiffes zu gelangen und damit zu entkommen.
 

Als er den Hafen von Aisto erreichte und nach Narakus Schiff fragte, zeigte der Hafenmeister auf das Meer, in den beginnenden Morgen: „Der Senator ist soeben abgesegelt. - Kein anderes Schiff ist im Moment auslaufbereit.“

Also war er entkommen. Sesshoumaru wandte sich wortlos um. Natürlich würde Vater einen Befehl an alle Häfen schicken zu melden, wenn er dort eingelaufen war, aber es war leider kaum davon auszugehen, dass Naraku einen derartigen Fehler begehen würde. Er hatte sicher ein Ziel und würde in einer unbewachten Bucht an Land gehen, vielleicht das Schiff ebenfalls verbrennen. Der einzige Vorteil war, dass er nun ein Flüchtling war, kein Senator mehr – und dass er keinerlei Zugriff mehr auf seine Goldmine oder sein Vermögen besitzen würde. Nun ja. So, wie er ihn einschätzte, hatte der durchaus sich nicht nur ein Versteck sondern auch Gold gesichert. Vielleicht würden seine Töchter da mehr Informationen haben, obwohl Naraku kaum jemandem vertraut hatte.
 

Kagome spürte, wie sie an etwas Weiches, Warmes gedrückt wurde und öffnete matt die Augen, erkannte dann überrascht, wer sie so an sich presste: „Inu...yasha?“

„Kagome!“ Er starrte sie an: „Geht es dir gut?“

„Ja, ich…ich fühle mich nur müde. – Hast du geweint?“

Verlegen ließ er sie ins Gras und rieb sich die tränenden Augen: „Das ist nur wegen dem Feuer“, log er hastig: „Naraku hat sein Haus angezündet.“

„Was ist mit Mama...und Souta?“

„Deine Mutter ist im Palast und wird da versorgt und bewacht. Kouga ist nach Cuma, um deinen Bruder zu holen.“

„Fein.“ Sie schloss müde die Augen, flüsterte aber: „Und was ist mit….mit den Gladiatoren? Ich sah sie da liegen…“

„Goku lebt.“ Mehr wollte er ihr nicht sagen, schließlich brauchte sie noch Ruhe. „Sesshoumaru kam mit mir her, um dich zu suchen.“

„Er hat mir geholfen.“

„Ja, ich weiß. Ich war noch ein bisschen…beschäftigt. – Na, da kommen ja endlich die Prätorianer. Du wirst gleich zurück gebracht, in den Palast, zu deiner Mutter. Jetzt wird alles gut.“

„Ja.“ Das hoffte sie doch schwer.

Inuyasha stand auf und erwartete die Dämonenkrieger, in der jähen Erkenntnis, dass Sesshoumaru Recht gehabt hatte. Hätte er gewartet, wäre erst mit ihnen hergekommen, wäre Kagome wohl schon…Nein, daran wollte er lieber nicht denken.

Der Anführer verneigte sich etwas: „Inuyasha-sama.“

„Naraku ist entkommen und Sess...der Cäsar verfolgt ihn. – Bringt Kagome, die Tochter der Senatorin, zurück in die Hauptstadt. Sie wird die Hilfe eines medicus benötigen. Der Rest kommt mit mir nach Aisto. Vielleicht erwischen wir den Senator noch.“
 

***
 

Da irrt sich unser junger Freund wohl...Im nächsten Kapitel denken viele Leute gründlich nach: Erkenntnisse
 

bye
 

hotep

Erkenntnisse

Warum niemand mit einem Schiff hinterherfuhr? Um eine derartige Reise aufzunehmen muss genug Proviant an Bord sein. Und Dass selbst der mächtige Sesshoumaru in der Lage wäre, quasi über das Mittelmeer zu fliegen ohne unterwünschte Bäder zu nehmen, erschien mir doch unwahrscheinlich.
 

17. Erkenntnisse
 

Zurück in der Hauptstadt berichteten die beiden Söhne des Imperators diesem, was auf ihrer Verfolgung geschehen war – und dass Naraku entkommen war. Beide waren sichtlich verärgert darüber und so sparte sich der Vater einen Tadel.

„Ich bin sicher, ihr habt getan, was ihr konntet. Wichtiger ist, dass der Senatorin und ihren Kindern nichts zugestoßen ist. Naraku wird im gesamten Imperium zur Fahndung ausgeschrieben, mit dem Hinweis, dass ich ihn lebend bekommen will, so es irgend geht. Er mag schlau sein und ein Versteck besitzen, aber er wird kaum aufgeben. Er wird wieder auftauchen.“ Er verschränkte die Hände: „Seine Töchter sind verhaftet worden, allerdings Schutzhaft. Sie sind als bewachte Gäste bei der domina. Beide geben an, nicht zu wissen, wohin er sich gewendet hat. Das kann man durchaus glauben, denn ich halte ihn für einen sehr vorsichtigen Mann. Auch Akago wurde festgenommen und wird hierher gebracht. Womöglich weiß dieser mehr, obwohl ich es nicht glaube. Oh, Kagura gab übrigens unverzüglich an, dass die Süßigkeiten, die sie dir brachte, Inuyasha, vermutlich vergiftet seien. Zum Glück hast du nichts davon gegessen.“

Sein Jüngster zuckte zusammen: „Kohaku? Ich meine, ich habe ihm erlaubt, davon zu essen?“

„Myouga ließ die Schachtel beschlagnahmen. Es fehlte nichts. Und Kohaku bestätigte, dass er nichts von deinen Sachen anrühren würde.“ Er selbst war sehr erleichtert gewesen: „Macht ein wenig Pause, ehe ihr an eure Aufgaben geht. Inuyasha, Saya soll dir zeigen, wo die Senatorin und ihre Kinder untergebracht sind. Sie werden nach wie vor von Hofmedicus Jinenji betreut und von den Leibgarden bewacht.“

„Danke, Vater.“ Über das Gesicht des Halbdämons glitt ein verräterisches Lächeln, ehe er sich verneigte und eilig verschwand.

Der Imperator blickte daher zu seinem Ältesten: „Inuyasha und die Tochter der Senatorin?“

Sesshoumaru überlegte seine Antwort sorgfältig: „Ihm scheint sehr an ihrem Wohlergehen zu liegen. Allerdings weiß ich nicht, ob es aus gewisser Dankbarkeit der Senatorin gegenüber ist oder ob es an Kagome liegt.“

Natürlich, dachte der Inu no Taishou prompt. Sesshoumaru und Gefühle, was fragte er ihn auch. „Dann ruh dich ein wenig aus, mein Sohn. Es mag gut sein, dass wir eher als gedacht erneut von Naraku hören.“

„Er wird sich erst einmal erholen müssen. Und seine finanziellen Möglichkeiten sind nun eingeschränkt.“

„In der Tat. Sein Vermögen hier ist unter Verwaltung gestellt, zugunsten seiner Töchter, die Goldmine wird demnächst in den Besitz des Imperiums übergeführt. Ich habe bereits Befehl erteilt.“ Und auch, diese Sache mit den Kindersklaven, die Inuyasha erwähnt hatte, zu überprüfen. In den Minen des Imperiums arbeiteten Männer und Frauen, ja, aber gegen Bezahlung: „Dennoch. Er hatte offenbar sehr durchdachte Pläne und ich vermute nicht, dass er schon am Ende ist.“

Sesshoumaru nickte unmerklich. Es war schmeichelhaft, dass der Imperator ihm so seine Gedanken anvertraute. Nun, seit dem Feldzug im Norden hatte er sich ihm immer mehr geöffnet, aber seine wahre Meinung zu derartigen, politischen, Dinge war eher selten dabei gewesen. Dies geschah erst seit seiner Ernennung zum Thronfolger. Und er sollte zeigen, dass er dessen würdig war: „Dann wäre es wohl ratsam, zusätzlich zu der Fahndung alle Statthalter und Militärstützpunkte auf ihn und die restlichen Krieger hinzuweisen.“

„Nur im Notfall, mein Sohn. Das könnte nämlich zu der Missdeutung führen, ich hätte die Angelegenheit nicht in der Hand.“

„Ich verstehe, verehrter Vater.“ Sesshoumaru verneigte sich etwas. Wieder dazugelernt. Und da der Imperator die Hand hob, war er entlassen.
 

Inuyasha war nicht sonderlich erbaut bei Kagome auch Kouga anzutreffen, der neben ihrem Bett saß, aber da dieser Souta hergebracht hatte, war dies nicht verwunderlich. So fragte er nur: „Alles erledigt, Kouga? Wie geht es dir, Kagome?“

„Danke“, sagte diese: „Der…medicus meinte, ich würde bis morgen wieder völlig hergestellt sein. Souta ist bei Mama, dort in dem anderen Zimmer.“

Der schnelle Wolf stand auf: „Ich...soll ich dir noch Bericht erstatten?“ Immerhin war das der Sohn des Imperators. Und, wenn er ehrlich war, lieber mit seinem ehemaligen Berufsgenossen reden als mit dem Herrscher selbst. Irgendwie war dieser ebenso wie auch der Thronfolger doch Respekt einflössender durch ihre schiere Gegenwart. Der Halbdämon dagegen, nun, es war Inuyasha, ein ehemaliger Kollege, ja, Untergebener. Das sollte er allerdings besser nicht zu deutlich machen, wollte er nicht ausprobieren zu welchen väterlichen Gefühlen der mächtige Imperator fähig war.

„Ja, gleich. Ich gehe nur noch rasch nach der Senatorin sehen.“ Als der zweite Sohn des Imperators hinüberkam, blickten die dort Sitzenden erstaunt auf, um sich dann eilig zu erheben und zu verneigen.

Er war etwas überrascht, aber das gehörte zu seiner Stellung, auch, wenn er sich noch immer nicht so ganz dran gewöhnt hatte: „Bist du wieder hergestellt, Senatorin?“

„Ja, danke, Inuyasha-sama.“

So von seiner ehemaligen Arbeitgeberin angesprochen zu werden, klang irgendwie falsch in seinen Ohren, aber da durfte er wohl kaum protestieren, schon wegen Vater nicht: „Souta?“

„Ja, Kouga hat mich hergetragen – den ganzen Weg. Und so schnell!“ berichtete der Junge.

„Ich danke dir, dass du meine Kinder gerettet hast“, meinte der Munus des Imperators höflich, die von Kouga bereits den Bericht bekommen hatte: „Ich…ich weiß wirklich nicht, was in Senator Naraku gefahren ist. Sicher, er wollte immer gern meinen Posten als Munus, dessen war ich mit stets bewusst, aber dass er so weit gehen würde…“

„Er hatte wohl mitbekommen, dass wir…dass der Imperator ihm auf die Schliche gekommen war und wollte sich rächen. Dann gute Besserung…“

Er trat wieder hinaus und warf Kagome erneut einen forschenden Blick zu. So lächelte sie: „Es geht wirklich, Inuyasha…ich meine, Inuyasha-sama. Das Gift sollte sicher nicht tödlich wirken. – Ich soll morgen dem Imperator noch Bericht erstatten, ehe wir nach Hause gehen.“

„Darfst du das schon?“ entfuhr es ihm etwas enttäuscht.

„Mama meinte, ja, das habe ihr Jinenji, der medicus, bestätigt.“

Schade, dann würde er sie kaum so schnell besuchen können. Hier im Palast wäre es doch unauffälliger gewesen. Hoffentlich durfte er wenigstens bei der Audienz dabei sein, denn was sie so zu erzählen hatte, interessierte ihn auch. Diesen Naraku hätte er schrecklich gern selbst in die Finger bekommen. „Schön, dann komm, Kouga.“
 

In den Zimmern des Sohnes des Imperators schrak Kohaku aus dem Schlummer auf: „Inuyasha-sama, verzeih…“ Er war auf dem Boden eingeschlafen.

„Geh schlafen. Ich brauche dich nicht mehr.“ Es war schon fast gegen Morgen und der Junge war ein Mensch, benötigte also Schlaf, viel mehr als er selbst oder gar ein Dämon.

Der Wolfsdämon, der lange genug mit Menschen zu tun hatte, wusste das und nahm es mit gewissem Interesse zur Kenntnis. Nein, Inuyasha mochte manchmal impulsiv sein und sein Konkurrent um Kagome, aber er war in Ordnung. Und was Kagome betraf…nun ja, als Sohn des Imperators war er sicher in der Position ihr ein besseres Leben bieten zu können als ein wenn auch wohlhabender Ex-Gladiator wie er selbst es bald sein würde, aber das Leben bei Hofe bot auch genügend Nachteile. Zumindest schien es der Halbdämon nicht darauf anzulegen, dass ein Befehl des Imperators Kagome zu einer Ehe zwang. „Ich bin nach Süden gelaufen. Auf der Strasse traf ich…“

„Moment.“ Inuyasha hatte sich gesetzt: „Hol dir den Stuhl dort. Mach schon. Ich weiß, dass man ohne Erlaubnis in meiner Gegenwart nicht sitzen soll, aber da hast du sie. Du bist heute Nacht schon genug gelaufen.“ Er allerdings auch.

„Danke. – Also, ich traf da einen Kyoukotsu, der auf Nachfrage auch bestätigte, für Senator Naraku zu arbeiten. Er...naja. Sagen wir, er war nicht gerade willens umzudrehen und hatte daher einen kleinen Unfall.“

Inuyasha nickte nur. Also hatte Kouga ihn getötet: „Gut gemacht, auch wenn es ein Toter ist. Immerhin hast du auf die Art Souta gerettet.“

„Dachte ich ja erst auch, aber dann sagte mir dieser Kerl gerade noch, dass ein medicus das Attentat auf Souta durchführen sollte. Darum rannte ich weiter und ließ den Leiter in Cuma wecken und mir den Jungen geben. Ich bat ihn, diesen Arzt bei ihnen verhaften zu lassen, aber er wollte nicht. Der sei so ein netter Arzt und komme so gut mit den Kindern aus und so weiter. Ich hatte keinen Befehl des Imperators oder von dir und konnte schlecht darauf bestehen. Aber man sollte sich diesen Kerl mal ansehen. Womöglich steht der auch in Narakus Diensten.“

„Der medicus der Militärschule?“ Inuyasha richtete sich auf: „Das sollte Va...der Imperator wirklich erfahren. Je mehr von diesen Kriegern wir aus dem Verkehr ziehen können, umso besser.“

„Sind sie so fähige Kämpfer?“

„Leider. – Zwei lieferten sich heute Nacht ein Duell mit mir und Ses…dem Cäsar und überlebten alle beide. Na ja, wir mussten nach Kagome sehen und Naraku hatte das Haus anzünden lassen.“

„Trotzdem, nicht schlecht.“ Der Wolfsdämon war ein zu erfahrener Kämpfer um das Ergebnis nicht abschätzen zu können: „Wenn du mich gegen sie brauchst, sag es.“ Diese Krieger und daher auch Naraku hatten seine Kollegen und Freunde, sein Rudel, auf dem Gewissen. Das erforderte Rache. So wollte es das Gesetz der Wölfe.

Inuyasha hätte gern geantwortet, er würde mit denen auch allein fertig, aber dann dachte er an seinen Kampf gegen Bankotsu. Es war durchaus möglich, dass sich das wiederholen würde. Und dann jemanden zu haben, der ihm einen anderen vom Hals hielt, wäre sicher nicht schlecht. Er kannte Kougas Techniken. „In Ordnung. Aber pass dann erst einmal ab morgen gut auf die Senatorin und Kagome…und Souta auf. Und grüße Goku von mir.“

„Alles klar.“ Der schnelle Wolf stand auf, denn das war eine Verabschiedung gewesen. Er legte nur in Gladiatorenart die Faust an die Brust: „Ich bin froh, dass du Kagome rausgeholt hast.“

„Ich auch.“
 

Am folgenden Morgen wurde Kagome in das Arbeitszimmer des Imperators gebracht. Sie war verlegen und ein wenig ängstlich Natürlich hatte sie ihn schon gesehen, aber nie zuvor war sie hier in Audienz gewesen, geschweige denn, dass seine beiden Söhne rechts und links hinter ihm standen. Eigenartig, Inuyasha da so zu sehen. Andererseits bedeutete es doch eine gewisse Beruhigung, dass er anwesend war. Und der Thronfolger hatte sie vor diesem Mukotsu gerettet….Wie es ihr gesagt worden war, machte sie drei Schritte in den Raum und kniete sich nieder.

„Du hast dich erholt, Kagome?“ fragte der Imperator.

„Ja, domine.“

„Dann berichte alles, an was du dich erinnern kannst. Angefangen vom Überfall.“

„Von dem Überfall selbst habe ich fast nichts mitbekommen, domine. Ich war in meinem Zimmer und vor der Tür und im Hof standen Gladiatoren Wache. Meine Mutter hatte mir befohlen in meinem Zimmer zu bleiben…Ich...ich hörte plötzlich seltsame Geräusche und wunderte mich, aber da wurde auch schon meine Tür geöffnet und zwei Männer kamen herein. Einer hatte einen langen Zopf und ein geradezu riesiges Schwert, das er beiseite warf. Ehe ich mich von dem Schreck erholt hatte, hatte er mich von hinten gepackt und hielt mir mit der anderen Hand den Mund zu. Er war ungemein stark. Ich konnte mich nicht losmachen.“

„Bankotsu“, warf Inuyasha ein. Der Kerl war fast so stark wie er selbst, das wusste er seit ihrem Duell. Kein Wunder, dass sich die arme Kagome da nicht hatte befreien können.

„Der andere war ein kleiner, recht hässlicher Mann, der eine Flasche in der Hand hatte und sagte, der andere solle meinen Mund freigeben, damit er das Gift hineinschütten könnte. Ich machte natürlich…“ Sie sollte nicht vergessen, mit wem sie hier sprach: „Ich hatte Angst, domine, und presste den Mund zusammen. Da hielt mir dieser …Bankotsu einfach die Nase zu. Um nicht zu ersticken, musste ich durch den Mund atmen und der andere goss mir das Gift hinein. Es war ein Lähmungsgift. Ich…ich konnte alles hören, alles mitbekommen, aber ich konnte mich einfach nicht mehr bewegen. Als sie mich hinaustrugen, sah ich die Gladiatoren draußen liegen…“

Ihre Stimme schwankte etwas.

„Sie sind tot“, bestätigte der Imperator und Inuyasha hätte ihm am liebsten sonst etwas erzählt. Mussten denn Dämonen immer so direkt und ehrlich sein? „Dann wurdest du in das Landhaus des Senators gebracht?“

Kagome bemühte sich ihre Tränen herunter zu schlucken. Sie hatte die Gladiatoren seit Jahren gekannt: „Ja. Es waren fünf solche Männer und einer war….eigenartig. Noch eigenartiger als die anderen. Er sah aus wie ein Fahrzeug. Die anderen sprangen auf ihn und er rollte weg. Ich lag auch darauf.“

Der Herrscher wechselte einen raschen Blick mit seinem Ältesten, ehe er fragte: „Haben sich die Krieger unterhalten?“

„Ja, aber nur wenig. Einer erwähnte Cuma und ich machte mir Sorgen um meinen Bruder. Und sie sagten, dass Senator Naraku mich erwarte. Ich hatte Angst.“

„Das ist nur verständlich. Hast du Naraku gesehen?“

„Ja, domine. Er erwartete mich in seinem Landhaus. Er….er war so unheimlich freundlich. Und ich bekam nur noch mehr Angst. Er redete davon, dass er mich mitnehmen wolle, in den Süden, wo es sehr warm sei.“

„Erwähnte er einen Ort?“

„Nein. Er schickte dann zwei der Krieger weg, sie sollten die Strasse bewachen. Und der Giftmischer, Mukotsu, sollte neues Gift für mich herstellen, um mich weiterhin so zu lähmen. Dann ging er hinaus. Als er zurückkehrte, war er….wütend? Ich bitte um Vergebung, domine, ich kann das schlecht beschreiben.“

„Versuche es.“

Sie senkte den Kopf: „Ja, domine. - Er wirkte aufgeregt. Und er sagte zu Mukotsu, der mir gerade wieder das Gift gab, dass ich ihm gehöre und er, also, der Giftmischer, mit mir machen könne, was er wolle. Dann ging der Senator und ich sah ihn nicht mehr. Stattdessen begann Mukotsu mich zu erwürgen. Ich war schon nahe daran, das Bewusstsein zu verlieren, aber dann hat mich Se…der Cäsar gerettet und Mukotsu getötet.“ Sie warf einen vorsichtigen Blick auf den Thronfolger.

„Dann sind es also noch fünf Krieger, die Naraku zur Verfügung stehen, wenn wir davon ausgehen, dass sie alle einen gemeinsamen Treffpunkt hatten.“ Der Imperator nickte etwas: „Danke, Kagome. Du darfst gehen.“

Sie verneigte sich höflich, auch, wenn es ihr eigenartig vorkam, dies vor Inuyasha zu tun, ehe sie sich erhob und das Arbeitszimmer verließ.

„Nach Süden, verehrter Vater“, meinte Sesshoumaru: „Das bedeutet nur, dass er über das Meer wollte. Und dort sind viele Länder und Gebiete, die kaum besiedelt sind.“

„Er hat gewiss einen Stützpunkt vorbereitet. Ich habe Myouga angewiesen, in den beschlagnahmten Unterlagen nach Landkäufen Ausschau zu halten. Auch, wenn ich vermute, dass er vorsichtig genug war, dies über andere oder unter falschem Namen zu tun.– Inuyasha, deine Meinung?“

Etwas geschmeichelt sagte der Jüngere: „Er musste auf jeden Fall schneller an Bord gehen, als er geplant hatte. Vielleicht hat er etwas vergessen. Leider ist das Landhaus wirklich niedergebrannt. Ich habe zwar zwei Prätorianer dagelassen, um nach Überresten zu suchen, aber da wird kaum mehr etwas zu finden sein.“

„Was weißt du noch über diese Krieger?“

„Nichts, was ich nicht schon sagte. Nur eines…bei dem Kampf gestern gegen diesen Bankotsu…der Kerl hat wirklich viel Kraft, er konnte praktisch mit mir mithalten. Obwohl er ein Mensch ist.“

„Hm. – Sesshoumaru?“

Der Thronfolger sah geradeaus, an seinem Vater vorbei: „Jakotsu hatte eine interessante Technik. Sein Schwert kann sich über eine gewisse Distanz wie eine Schlange winden, jeweils mit äußerst scharfen Klingen. Nichts, was mir gefährlich werden konnte, aber schwächere Dämonen könnten bereits Probleme bekommen. Dennoch halte ich auch ihn für einen Menschen. Wenn auch mit ungewöhnlichen Fähigkeiten.“

„Dann werde ich Myouga nach solchen Menschen suchen lassen. Denn die Namen sind gewiss nur Kampfnamen, angenommene Namen. – Nun geh, Inuyasha. Soweit ich weiß, hast du jetzt Sprachkunde.“

„Ja, domine.“ Sprachen, gleich vier Stück, hatte ihm Vater aufgehalst, mit der Begründung, wenn er eines Tages ein Heer kommandieren sollte, müsste er auch mit den Kriegern in ihrer eigenen Sprache reden können. Der Imperator wäre weder verpflichtet gewesen seinen Befehl zu begründen, noch sich so um seine Zukunft zu sorgen und so hatte sich der junge Gladiator der Anweisung gebeugt, zumal sie von einem Lächeln und einer Hand auf seiner Schulter begleitet worden war.

Sesshoumaru, der ebenfalls diverse Sprachen des Reiches hatte lernen müssen, folgte ein wenig amüsiert mit dem Blick seinem Halbbruder, der sichtlich kaum begeistert das Audienzzimmer verließ: „Er muss viel lernen.“

„Höre ich da Mitgefühl?“ Der Imperator lächelte etwas, durchaus darüber erfreut: „Glaub mir, ich weiß nur zu gut, wie es ist, wenn man das erst lernt, wenn man bereits an der Macht ist. Und nur durch Fehler zu lernen ist nicht sehr angenehm. Wenn ich euch das ersparen kann, tue ich es. – Setz dich. Wir beginnen die nächste Audienz.“
 

Bankotsu trat zu seinem Arbeitgeber, der von Bord auf das ruhige Meer hinausblickte: „Dein weiterer Plan, Senator?“

Dieser sah ihn nicht an, als er gleichmütig antwortete: „Nun, wir fahren nach Harissa. Dort sollten deine beiden Kameraden, Suikotsu und Kyoukotsu, zu uns stoßen. Und dann segeln wir weiter nach Osten.“

„Du bist im Moment ein Flüchtling. Und wir sollen bei dir bleiben?“

Naraku warf ihm einen Blick zu: „Furcht um deinen Lohn, Söldner? Dann lass dir gesagt sein, dass ich einen derartigen Rückschlag selbstverständlich einberechnet hatte. Man kann keinen Hochverrat planen ohne mit Schwierigkeiten zu rechnen. Weder der Imperator selbst noch die Prätorianer schlafen. Selbstverständlich wäre es mir lieber gewesen, dies wäre nicht passiert, aber damit kann ich leben. Und was euren Lohn angeht – sobald wir unser einstweiliges Ziel erreicht haben, werde ich euch erneut auszahlen. Nur, damit du sicher bist.“

„Umso besser.“ Der Anführer der sieben Krieger zog sich zurück.

Naraku lächelte flüchtig. Sie kannten kein Gewissen, solange sie gut bezahlt wurden. Und das würde er weiterhin tun. Es zahlte sich eben buchstäblich aus, vorausschauend zu sein und diverse Rückzugsmöglichkeiten samt finanziellen Reserven zu besitzen, die über Strohmänner gekauft worden waren. Zudem benötigte er auch Gold für seinen neuen Plan. Der Imperator würde sich noch wundern, was sich zutragen würde.

Der erste Plan, Kagura mit dem Thronfolger zu verheiraten und dann als Schwiegervater des neuen Imperators nach dessen.unerwartetem Ableben der Regent zu sein, danach der neue Herrscher, war gescheitert. Sei es durch Sesshoumarus Desinteresse an Frauen, sei es durch Kaguras Unfähigkeit. Der zweite, gleichzeitig ausgeführte, Plan, über das Amt des Munus seinen Namen in der Öffentlichkeit gut darzustellen, schließlich, den Platz des Thronfolgers einzunehmen, nachdem Sesshoumaru einen kleinen Unfall hatte, war ebenfalls gescheitert. Diese beiden jämmerlichen Gladiatoren hatten versagt, waren von dem Attentatsversuch nicht zurückgekehrt, ganz im Gegensatz zu dem verletzten Hundedämon, der seither ein Menschenkind im Schlepptau hatte. Aber das hätte sich wiederholen lassen, wäre da nicht dieser junge Gladiator aufgetaucht.

Das Scheitern des zweiten Plans konnte er vollinhaltlich Inuyasha auf die Rechnung setzen. Dieser hatte das Attentat auf die Senatorin vereitelt, hatte mit seinem Auftritt in der Arena dafür gesorgt, dass sie auch weiterhin die geachtete Veranstalterin blieb, hatte sich als zweiter Sohn des Imperators entpuppt und zu allem Überfluss die sieben Krieger gekannt, ihn so dazu gezwungen, seinen eigenen Sohn zu vergiften.

Inuyasha.

Die Hand des Senators verkrampfte sich um die Bordwand. Wenn sein neuer Plan erfolgreich sein würde, starben der Imperator und sein Ältester, sei es im Kampf, sei es durch ein Attentat. Aber dieser halbdämonische Gladiator würde nicht so viel Glück haben. Weder ein Dämon noch ein Mensch hätten je so lange gebraucht um zu sterben wie dieser.
 

****
 

Inuyasha ist also an allem Schuld?

Der Plan B des Ex-Senators könnte das Imperium in seinen Grundfesten erschüttern, wenn ihn niemand aufhält, denn ein so großes Reich ist wie ein Mosaik. Fällt ein Stein, fallen viele: Ryuukossei.
 

bye
 

hotep

Ryuukossei

Naraku gab nur sich selbst zu, ein wenig nervös zu sein, als er sich den beiden Drachen näherte, die ihn hier in der Einöde der südlichen Steppe erwarteten. Die Krieger unter Bankotsus Führung hatte er bereits weitergeschickt, um sein Quartier vorzubereiten, während er selbst die erste Stufe seines neuen Plans in die Tat umsetzen wollte. Zu seiner unangenehmen Überraschung war in Harissa Suikotsu allein an Bord gegangen und hatte berichtet, dass sein Partner seines Wissens getötet worden war. Somit standen ihm nur noch fünf statt sieben Männer zur Verfügung.

Von Harissa aus hatte er dem Anführer eines mächtigen Stammes der Drachen, Ryuukossei, einen Boten gesandt, dass er ihn heute hier treffen wollte, wegen einer Sache, die für den Drachen sehr positiv wäre. Soweit er wusste, war dies der gewöhnliche Treffpunkt, wollte man in Frieden kommen.

Nun, Verhandlungen mit Drachen waren immer eine etwas diffizile Sache und er hatte sich nicht gewundert, dass sein Bote nicht zurückgekehrt war. Für ihn selbst war das kommende Gespräch durchaus auch gefährlich, denn der Stammesführer erfreute sich des Rufes großer Stärke und Grausamkeit. Aber genau darum wollte er seinen Plan auf ihn bauen.

Er trat zu den Drachenkriegern, erst ein Mal zufrieden, dass sie noch ihre Schwerter im Gürtel ließen: „Mein Name ist Naraku.“

„Der mächtige Ryuukossei erwartet dich. Komm.“

Der Senator gehorchte. Falls es zu abenteuerlich wurde, besaß er noch immer einen starken Bannkreis, der ihn auch gegen einen Angriff von Drachen schützen sollte, aber er hoffte nicht, dass das nötig werden würde.

Er war ein wenig erstaunt, als sich hinter dem nächsten Hügel der bislang von vertrocknetem Gras bestandenen Steppe eine grüne Oase zeigte, in der ein kleiner, befestigter Ort lag. Ein größeres Gebäude mit mehreren stufenförmigen Etagen würde wohl der Sitz des Anführers sein. Interessant. Soweit er wusste, hausten Drachen in der Regel nicht in Häusern – obwohl es natürlich sicherer war, sei es gegen die gewöhnlichen Überfälle anderer Drachen oder auch Dämonen. Der Imperator hatte die Drachen zwar vor einigen Jahrzehnten geschlagen, aber es stand kaum zu erwarten, dass es ein Kerl wie Ryuukossei dabei belassen wollte, regelmäßig Bericht und Tribut in die Hauptstadt zu schicken.
 

Er bemerkte durchaus, dass er im Ort neugierig gemustert wurde. Dämonenboten waren wohl so häufig nicht. Nun, das war gleich. Wichtiger war, dass es ihm gelingen würde, den Stammesführer von seinem Plan zu überzeugen – und natürlich heil wieder hier zu verschwinden. Drachen, zumal dieser Stamm, waren schließlich dafür bekannt, auch den harmlosesten Leuten die Kehle durchzuschneiden, wenn nicht Ärgeres mit ihnen anzustellen.

Die beiden Krieger begleiteten ihn in eine große Halle, die nur von Feuerschalen erleuchtet wurde. Auf einer kleinen Empore am anderen Ende saß ein Drache in seiner Menschengestalt, bekleidet mit Rüstung und einem roten Umhang, der seinen Status anzeigte. Naraku verneigte sich daher bereits in Entfernung höflich, folgte dann aber den Kriegern. Als diese sich auf ein Knie niederließen, verbeugte er sich erneut, genug Ahnung habend um so zu verharren.

„Naraku also. – Du darfst dich aufrichten.“ Der Drachen lächelte ein wenig: „Höflich bist du ja. – Du hast deinen Boten gut ausgesucht gehabt. Er war wirklich zum Anbeißen.“

Im Zweifel meinte er das wörtlich. Drachen hatten bis zu ihrer Unterwerfung durch das Imperium regelmäßig Menschen zu ihrer Jagdbeute gezählt. Naraku erwiderte nur: „Ich danke dem mächtigen Ryuukossei.“

„Nun, was willst du?“

„Ich habe einen Vorschlag, der deinem Stamm und dir von Nutzen ist.“

„Dir natürlich auch.“

„Selbstverständlich. Der mächtige Ryuukossei wird wissen, dass ein gutes Geschäft stets beiden Seiten dient.“

„Du trägst das Gewand eines Senators. Und doch sagte dein Bote, dass du…dein Geschäft… gegen den Imperator richtest.“

Wenn sein Bote ihm das erzählt hatte, so sicher nur im Notfall. Kein Wunder, dass der nicht zurückgekehrt war: „Der Imperator hat mich aus der Hauptstadt verbannt. Ich bin daher nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen.“ Das war nicht ganz gelogen. Eine Lüge würde der Drache sicher erkennen und ahnden.

„Und da dachtest du, ich würde dir bei deiner Rache helfen.“

„Nun, ich nahm an, dass es dem mächtigen Ryuukossei nicht zusagt, Tribut an einen Hund zu zahlen.“

„Dein Vorschlag.“

Immerhin etwas: „Soweit mir bekannt ist, zerfällt das Volk der Drachen in mehrere Stämme, deren mächtigster dieser hier ist. Mein Vorschlag: du, der stärkste aller Drachen, überzeugst die anderen Stämme, mit dir einen Aufstand gegen das Imperium zu führen. Da dazu Waffen und anderes notwendig ist, liefere ich das erforderliche Material.“

„Weiter.“

„Ich möchte mich selbstverständlich nicht in die Taktik eines so mächtigen Drachen einmischen, aber ich würde dazu nur einen Vorschlag haben: wenn der mächtige Ryuukossei einen Aufstand gegen das Imperium ankündigt, wird der Imperator gewiss ein kleines Heer schicken, da es sich ja um einen Stamm handelt. Entweder wird er selbst oder der Thronfolger es anführen. Sind es nun aber in Wahrheit alle Drachenstämme, so wird es bei der bekannten Tapferkeit der Drachenkrieger ein Leichtes sein, dieses Heer des Imperators zu zerreiben, zu vernichten. Mit etwas Glück könnte der mächtige Ryuukossei sogar den Imperator oder den Thronfolger selbst lebend in die Hand bekommen.“

Dem Stammesführer entkam ein leises Grollen, als er sich das mit gewisser Vorfreude vorstellte: „Du würdest Waffen besorgen?“

„Oder Gold. Was immer benötigt wird.“

„Und dein Gewinn?“

„Sind die Drachen erst einmal die Bürde des Imperiums losgeworden und der Imperator tot, kann ich wieder in die Hauptstadt zurückkehren, meinen dortigen Geschäften nachgehen. Ich habe keinerlei Interesse am Land der Drachen.“ Das stimmte sogar. Selbst wenn er dann der Imperator wäre, würde er diese Einöden in Ruhe lassen. Er begriff ebenso wenig, was sich der Herrscher von der Eroberung dieser Wüsteneien und Steppen versprochen hatte, wie den Kriegszug jenseits der hohen Berge. Nun gut, letzteres hatte durchaus dem Handel gedient, aber hier war ja nichts zu holen.

„Was macht dich so sicher, dass ich dich nicht hier behalte und dein Gold so einfordere?“

„Das liegt selbstverständlich in der Hand des mächtigen Ryuukossei, ich bin jedoch überzeugt, dass er es zu schätzen weiß, wenn auch künftig erfolgreiche Geschäfte abgeschlossen werden könnten, was immer die Zukunft bringt.“

„Da könntest du Recht haben. – Werft ihn in den Kerker, bis ich mich beraten habe.“

Naraku ließ sich abführen, gerade noch seine Satz unterdrückend, warum der Stammesführer Berater benötigte. Da gab es doch diese Sitte unter den Drachen, nach der ein Anführer gewählt wurde. Also würde Ryuukossei gewisse Spielregeln einhalten müssen. Immerhin hatte das bislang nicht schlecht geklungen und so ließ er sich widerstandslos in eine dunkle Zelle sperren. Zum Glück war es hier nicht feucht und so setzte sich der Senator auf einen Strohhaufen und wartete, zugegeben froh, dass er nicht in jenen anderen Raum gebracht worden war, aus dem diese schrillen Schreie drangen.
 

Als er wieder zu dem Stammesführer gerufen wurde, waren nun auch andere Drachen anwesend. Ryuukossei musterte ihn: „Dein Vorschlag klingt nicht uninteressant, das muss ich zugeben, Senator. Selbstverständlich traue ich dir nicht. Wer seinen Herrn verrät, verrät auch einen Geschäftspartner. Darum wird dich Kanaye begleiten. Wo wohnst du im Moment?“

„Am Berg Hakurei, ein Stück oberhalb der Hafenstadt Maimai.“

„Kanaye wird dir mitteilen, was benötigt wird. – Wenn der Imperator oder sein Welpe so dumm sein werden selbst mit einem Heer hier aufzutauchen, werden sie es bereuen.“ Er entsann sich nur zu gut des beschämenden Tages, als er vor diesem Hundedämon niederknien und sich unterwerfen musste um seinen Stamm zu retten. Dieser Narr hätte besser daran getan ihn zu töten, statt ihn als Anführer zu belassen. Noch einmal würde der nicht so viel Glück haben.

„Ich bin erfreut.“ Naraku betrachtete den Drachenkrieger, der zu ihm trat. Nun, im Moment benötigte er diese Stämme und damit auch den Aufpasser, aber wenn es ihm zuviel wurde, würde er ihn loswerden. Selbstverständlich durch einen bedauerlichen Unfall. Leider war Mukotsu gestorben, da er sonst ebenfalls nach Harissa gekommen wäre. Der Giftmischer war sehr nützlich gewesen. Hoffentlich hatte er vor seinem Tod noch etwas Spaß mit Kagome gehabt. „Ich möchte jedoch darauf aufmerksam machen, dass ich meinerseits fünf Krieger besitze, die in meinem Haus auf mich warten.“

Ryuukossei lächelte: „In der Tat. Du scheinst offen spielen zu wollen. Kanaye, nimm noch vier Krieger mit. Das wird auch den Botenverkehr erleichtern.“

„Wie der mächtige Ryuukossei es wünscht“, erwiderte Naraku höflich. Nun, im besten Fall erledigte der Drache den Imperator und Sesshoumaru und der Weg zum Thron war frei, denn dieser ehemalige Gladiator war ohne Papas Schutz doch kein Gegner für ihn. Die domina würde eine zusätzliche Sicherung bilden, solange es nötig war.

„Dann geh.“ Und er würde sich den Spaß machen, an einem Gefangenen auszuprobieren, wie langsam er jemanden umbringen konnte. Der Imperator selbst wäre ihm natürlich lieber, aber auch der Thronfolger würde ein sehr interessantes Objekt darstellen.
 

Zu Narakus gewisser Überraschung waren zwei der fünf Drachenkrieger Frauen, aber er hütete sich diese zu zeigen. Es war nicht notwendig Kanaye und die anderen zu verärgern. So meinte er nur, als sie langsam über die Einöde wanderten: „Noch ungefähr eine Stunde, dann erreichen wir den Ort, an dem ich meinen Wagen zurückließ. Da ich nicht mit solch großer Begleitung gerechnet hatte…“

„Wir kommen ohne Wagen aus“, erklärte Kanaye sofort.

„Umso besser.“ Nun, das hatte er sich schon gedacht. Immerhin hatte Ryuukossei von Botenverkehr gesprochen. „Ich würde vorschlagen, dass wir zunächst in mein Haus gehen, damit ich dir, euch, meine Krieger vorstellen kann, um, sagen wir es klar, Missverständnisse zu vermeiden. Danach würde ich vorschlagen, dass sowohl meine Männer als auch ihr in die Stadt Maimai zieht. Dort ist ein Hafen und ein reger Verkehr und Fremde fallen nicht auf.“

„Und du bleibst allein?“ erkundigte sich der Drache misstrauisch.

„Ja. – Wunderst du dich? Nun, ich werde, um die Wünsche des mächtigen Ryuukossei erfüllen zu können, mit Händlern und Bankiers reden müssen. Es dürfte besser sein, wenn diese nichts von meinem Geschäft mit eurem Volk erfahren. Gerüchte verbreiten sich schnell und der Imperator sollte besser ahnungslos bleiben. Darum werde ich auch meine Krieger nach Maimai schicken.“

Überdies brauchte niemand mitzubekommen, dass er weiter an seinem Bannkreis arbeitete. Vorsicht auch gegenüber Angestellten und Verbündeten war stets seine Regel gewesen. Hoffentlich würde es zumindest Kanna gelingen, den Imperator zu täuschen und zu ihm zu kommen. Auf Kagura konnte er gut verzichten, ihr traute er schon länger nicht mehr zu bedingungslos zu ihm zu stehen. Darum hatte er ja auch nur Kanna einen Hinweis gegeben, wohin er sich zurückziehen würde. Den Rest der Strecke würde seine brave Tochter gewiss mit der Hilfe ihres Spiegels finden.
 

Zu behaupten, dass die domina entsetzt gewesen wäre, hätte ihre Reaktion am besten getroffen, auch, wenn sie sich sofort zusammennahm. Der zuständige Krieger der Palastgarde, neigte den Kopf.

„Kanna ist entkommen, domina“, wiederholte er: „Ich übernehme selbstverständlich die Verantwortung für meine Männer.“

„Das wirst du auch müssen, sobald ich den Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, davon benachrichtigt habe. Hole Kagura her.“ Sie stand langsam auf. Das war eine Katastrophe. Er hatte die Mädchen ihr anvertraut damit sie für sie Ehemänner suchen sollte, die natürlich dem Imperator treu ergeben wären. Und jetzt das. Sie würde ihm sofort berichten und diese Kagura mitnehmen um wenigstens Schadensbegrenzung zu betreiben. Wenn Angehörige eines Hochverräters entkamen, hieß es nur zu leicht sie hätten Verbündete gehabt. Und ihre Position gegenüber ihrem Ehemann war schon längst nicht mehr so, dass er nicht daran denken würde. Er hatte ihr bereits mit Scheidung und Verbannung gedroht – und er konnte das jederzeit auch durchführen. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie mit solcher, wenn auch gut verborgenen, Furcht eine Dienerin mit der Bitte um unverzügliche Audienz zum Imperator gesandt.

Kagura kam zu ihr und verneigte sich tief. Auch ihr war äußerst unwohl, hatten ihr die Krieger doch schon von der Flucht ihrer Schwester berichtet. Das konnte nur zu leicht bedeuten, dass der milde, ja, luxuriöse Gewahrsam hier in dem Trakt der domina durch eine echte Kerkerhaft ersetzt würde, mindestens. Warum nur hatte Kanna sie im Stich gelassen? Aber eigentlich kannte sie die Antwort darauf. Ihre kleine Schwester hatte die Nerven besessen, den Imperator zumindest zum Teil anzulügen. Sie wusste, wohin Vater gereist war und würde ihm nun nachfolgen.
 

Die Bitte um Audienz der domina wurde prompt positiv beschieden und so traten sie und Kagura nur Minuten später in das Arbeitszimmer des Imperators. Kagura fiel sofort auf die Knie, erschreckt darüber, dass auch der Thronfolger anwesend war und hinter seinem sitzenden Vater stand. Hatte sich die Flucht bereits herumgesprochen?

Die domina verneigte sich tief vor ihrem Ehemann, wartete dann die leichte Verbeugung ihres Sohnes ab, ehe sie gestand: „Kanna ist entflohen, domine.“

Der Imperator blieb scheinbar ungerührt: „Wie ist das geschehen?“

„Ich weiß es nicht“, musste sie zugeben. „Publius, der Anführer der zugewiesenen Krieger, fand keine Erklärung. Sie standen vor ihrem Zimmer, das Fenster war so zugemauert, wie du es befohlen hattest, domine. Es war auch für eine Dämonin eigentlich unmöglich zu entkommen.“

„Hast du eine Erklärung, Kagura?“ fragte der Imperator fast sanft, was beide Frauen nur noch mehr erschreckte.

Die Angesprochene neigte den Kopf tiefer: „Ich…ich habe nur eine Vermutung, domine…“ Da keine Antwort kam, fuhr sie fort: „Kanna ist das Nichts. Sie besitzt einige Fähigkeiten, die niemand sonst hat. Womöglich verstand sie es, sich vor den Wachen zu verbergen, als sie zur Tür hinausging.“

„Wohin könnte sie sein?“

„Zu…zu Vater.“

„Soll das bedeuten, dass sie es gewagt hat, den Imperator anzulügen?“ erkundigte sich Sesshoumaru scharf.

Kagura zuckte zusammen, schüttelte jedoch den Kopf: „Das…das vermag doch niemand“, beteuerte sie: „Aber sie hat ihren Spiegel….“

„Was hat das damit zu tun?“ fragte der Herrscher.

„Ich vermute, dass Vater ihr darüber Nachricht sandte wohin sie soll. Mir vertraut er ja schon lange nicht mehr.“

Der Imperator sah seitwärts zu seinem Ältesten auf: „Lass prüfen, durch welches Tor sie ging. Und ob jemand im Palast oder in der Stadt sie gesehen hat.“

„Ja.“ Der Thronfolger warf einen raschen Blick zu seiner Mutter, ehe er fragte: „Die Männer der Palastwache?“

„Ich werde entscheiden, wenn ich mehr weiß. Zwei weibliche Krieger sollen zu Kagura, die sie stets begleiten. - Du kannst gehen, Kagura, bleibst jedoch bei dem Cäsar bis die Wächterinnen bei dir sind.“

„Danke, domine“, brachte diese höflich hervor. Immerhin schien er sie nicht in den Kerker werfen zu wollen oder auch nur anketten. Zwei ständige Begleiterinnen waren wirklich eine harmlose Reaktion. Ob Vater oder ihre Schwester damit gerechnet hatte, dass ihr nichts passieren würde oder war sie ihnen bereits gleichgültig? Sie befürchtete fast letzteres, folgte jedoch Sesshoumaru erleichtert aus dem Audienzzimmer.
 

Die domina richtete sich unwillkürlich ein wenig auf. Also kam da noch etwas, sonst hätte er sie ebenfalls entlassen.

Der Imperator kannte sie gut genug um ihre Besorgnis zu erkennen: „Du hast versagt.“

„In der Tat.“ Die Mädchen waren in ihrer Verantwortung gewesen. Wozu es leugnen. Das wäre ebenso sinnlos, wie zu versuchen ihre Angst zu verbergen. Er wusste sicher, was sie fürchtete.

„Allerdings gebe ich zu, dass es schwer ist, mit einem Nichts zu rechnen. – Sollte Kagura jedoch ebenfalls die Flucht gelingen oder sie ermordet werden, werde ich nicht mehr so nachsichtig sein.“

Jetzt starrte sie ihn an: „Ermordet? Ich …was sollte ich gegen das Mädchen haben?“

Er lächelte etwas: „Glaubst du, du bist die Einzige, die Mordpläne schmieden kann? Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Naraku sie für entbehrlich hält. Und er hat bereits einen Sohn getötet, denn Hakudoshi starb ihm sehr gelegen.“ Kannas Flucht hatte überdies gezeigt, dass der Ex-Senator durchaus so aktiv war, wie er es schon befürchtet hatte.

„Ich werde auf sie aufpassen.“ Das klang nicht so, als ob er sie sofort verbannen wollte. Nun, ihm standen neben der Deportation durchaus auch andere Strafen zur Verfügung, denn jeder seiner Befehle würde ausgeführt werden. Jeder…

„Das solltest du. In deinem eigenen Interesse.“

„Du hast das Recht und die Macht zu tun was dir beliebt, mein Herr und Imperator“, erwiderte sie höflich, durchaus erleichtert derart glimpflich aus dieser Lage zu entkommen. „Gestatte mir jedoch die Bemerkung, dass ich noch immer deinen Gerechtigkeitssinn bewundere.“

„Hast du darum mit Naraku über mein Ende geredet?“

Der Schlag kam unerwartet und sie blickte ihn vollkommen überrascht an: „Das…das habe ich nicht, das schwöre ich dir!“ Nun gut, sie hatte mit dem Senator über den Tod seines Jüngsten gesprochen, das wäre auch nichts, was ihn freuen würde. Und das war ein gravierender Fehler gewesen. Sie hatte unbeachtet gelassen, wie sehr er stets auf der Hut vor Intrigen war, welch gutes Informantennetz er besaß. Aber immerhin konnte sie diesen seinen Verdacht ausräumen: „Ich bitte dich, dieser unterrangige Dämon könnte dich doch nie ersetzen!“

„Aber Sesshoumaru.“

Ach du liebe Güte. Hatte sie wirklich gerade noch geglaubt, sie käme glimpflich davon? „ Er ist dein Erbe und der anerkannte Thronfolger, ja. Aber ich…“ Sie suchte nach Worten. Das also war sein Verdacht? Dass sie seinen Tod plante, um ihren Sohn schneller auf den Thron zu setzen? War er darum so zurückhaltend gewesen in den vergangenen Jahrzehnten? Hatte darum ihren Einzigen so lange nicht offiziell zum Thronfolger ernannt? Was hatte diesen Argwohn in ihm geweckt? „Ich gebe zu, ich habe durchaus kleine, weibliche Intrigen geführt…aber ich habe nie etwas gegen dich unternommen…“ Nein, nicht einmal im Entferntesten wäre gelogen, denn sie hatte Inuyashas Tod geplant. Und er würde jede Lüge merken. „Ich habe nie Verrat begangen.“

„Dann bleib dabei. – Du darfst gehen.“

Sie verneigte sich erleichtert. Das war also eine Warnung gewesen, nicht nur eine, wie sie zugeben musste. Aber sie war noch immer die domina, noch immer die erste Frau des Imperiums. Ein weiterer Fehler sollte ihr allerdings besser nicht mehr unterlaufen. Warum nur war er so misstrauisch? Was war wann geschehen gewesen, dass er glaubte, sie würde so weit gehen ihn beseitigen zu wollen? Das war allerdings eine gute Erklärung, warum er sie und ihr Bett mied. Wer schlief bei jemandem, bei dem er den Dolch unter dem Kopfkissen vermutete.
 

Was oder wer hatte ihn jedoch dazu gebracht? Myouga? Der Flohkanzler war klein, aber genoss das volle Vertrauen des Imperators. Allerdings hatte er nie zu erkennen gegeben, dass er sich in das Privatleben seines Herrn einmischte.
 

Hm. Kurz bevor ihr Ehemann in den letzten großen Feldzug gen Norden aufgebrochen war, hatte er ihrer Meinung nach zuviel mit einer hübschen Dämonin geflirtet, die dann plötzlich starb. Hatte er da angenommen, sie hätte sie vergiftet? Das hätte sie gern, zugegeben, aber ehe sie noch dazu auch nur Pläne fassen konnte, war diese sowieso bereits tot gewesen.
 

Dann fiel es ihr siedendheiß ein. Sie hatte nach diesem Empfang, bei dem er seine Aufmerksamkeit ihrer Meinung nach zu lange dieser Frau schenkte, angenommen unbeobachtet zu sein, aber wann war man das im Palast? Und sie hatte leider laut zu sich selbst gesagt: „Ich werde ihn umbringen.“ Das war ihm sicher zugetragen worden. Hinzu kam, dass sie ihn zu dieser Zeit gedrängt hatte, dass er Sesshoumaru endlich offiziell zum Thronfolger ernennen solle, damit der Regierungsübergang ohne Schwierigkeiten bleibe. Kein Wunder, dass der in Kriegen und Intrigen erfahrene Taktiker diese drei Dinge miteinander in Verbindung gebracht hatte. Eher eines, dass sie noch nicht in irgendeiner Wüstenei saß. Aber anscheinend wartete er auf einen Beweis, ehe er urteilte. Auf seinen Gerechtigkeitssinn war in der Tat Verlaß.
 

Ihr war klar, dass er im Krieg andere Frauen besessen hatte, das war eben so und dem Sieger gehörte die Beute. Aber sie zog doch eine gewisse Grenze im heimatlichen Palast. Die Demütigung, dass er eine andere direkt vor ihren Augen…

Das hätte sie nicht ertragen wollen. Daher war es wohl für sie selbst besser, dass diese eine Menschenfrau bereits tot war.

So oder so hatte sie ja den Bastard als Ergebnis nun dauernd vor Augen – zumindest bei offiziellen Anlässen. Anscheinend wollte der Imperator ihr ansonsten diesen Anblick ersparen. Bei der Vorstellung, er hätte ihr befohlen die Ersatzmutter zu spielen, lief es ihr kalt über den Rücken.
 

Auf jeden Fall sollte sie nun behutsam sein, äußerst behutsam. Und irgendwie versuchen wieder an Sesshoumaru heranzukommen. Im Fall der Fälle wäre der Thronfolger doch jemand auf den sein Vater vielleicht hören würde.
 

***
 

Eine Aussprache bei der höchsten Familie wäre wohl angesagt. Im nächsten Kapitel werfen wir allerdings einen Blick auf Miroku und Sango: Dämonenjäger.
 

bye
 

hotep

Dämonenjäger

Miroku stand an Bord des imperialen Schnellseglers und blickte auf das weite, blaue Meer hinaus. Er war schon zuvor einmal auf einem Schiff hier gefahren, aber da war er unten angekettet gewesen, ein Sklave, nicht wie jetzt ein geachteter Mitarbeiter der Dämonenjäger. Sie hatten den Auftrag des Imperators erhalten, ein Dorf im Südosten, auf der anderen Seite des großen Meeres, vor primitiven Dämonen zu bewahren, die dieses tyrannisierten, und waren unverzüglich aufgebrochen.

Er wandte den Kopf, da er bemerkte, dass sich jemand näherte: „Sango…“ Er war erfreut, dass sie zu ihm kam, anscheinend nur um sich mit ihm zu unterhalten.

Seine ehemalige Besitzerin nickte: „Du betrachtest das Meer?“

„Ja. Ich habe es noch nie gesehen.“

„Es ist wunderschön, nicht wahr?“ Sie war schon öfter über das Meer gefahren und mochte den Anblick noch immer, auch, wenn sie schon einige Stürme miterlebt hatte.

„Ja. Es wirkt so unendlich. – Weißt du, wie viele Tage sind es noch sind?“

„Bis wir das Schiff in Maimai verlassen ungefähr drei Tage. Und dann noch zu Fuß in die Berge, sagen wir noch einmal zwei.“

„Hoffentlich geht es den Menschen dort noch gut. Immerhin benötigte ihr Bote in die Hauptstadt auch über eine Woche.“

„Ja. Die schnelle Nachrichtenübermittlung ist ein Problem im Imperium. Soweit ich weiß, ist der Imperator dabei etwas einzurichten, das mit Lichtzeichen zu tun hat, aber das geht nur auf dem Landweg. Hier auf dem großen Meer….wie sollte das funktionieren.“

Er lächelte etwas: „Ich muss wieder einmal bewundern, wie gut du dich im Imperium auskennst.“

„Danke. Aber da habe ich eben gelernt. Ich bin die Tochter des Anführers der Dämonenjäger und lebe schon immer in der Hauptstadt. In den Provinzen bekommst man sicher nicht so viel mit.“

„Das stimmt. Ich muss zugeben, dass ich zuhause nur Gerüchte vom Imperium hörte, dass es den mächtigen Imperator gäbe - aber das ist so weit weg. Der eigene Fürst war näher und damit wichtiger.“ Und den hatte er durch die kleine Liebelei mit dessen Frau gründlich verärgert.

Sango sah prompt fragend zu ihm auf: „Vermisst du dein Zuhause?“

„Manchmal“, gab er zu: „Aber nicht sehr. Ich hatte ja keine Familie mehr und zog als Wandermönch durch die Gegend. Und das Leben als Dämonenjäger ist auch sehr interessant.“ Seine Hand glitt seitwärts.

Aus mittlerweile jahrelanger Erfahrung wich sie geschickt aus: „Miroku!“ seufzte sie nur: „Du verlässt dich darauf, dass ich meinen Bumerang unter Deck habe!“

„Ich kann einfach nicht anders. Tut mir Leid. Da macht sich meine Hand einfach immer selbstständig.“

Sie schüttelte den Kopf. Das stimmte wohl, aber dennoch hatte sie sich noch immer nicht daran gewöhnt.

Er sah ihr in die Augen. Aber er wusste, wenn er auch nur wieder einmal darauf anspielte, wie viel sie ihm bedeutete, würde sie abwehren. Sie hielt das für reine Schmeichelei, aus Dankbarkeit darüber entstanden freigelassen worden zu sein. So schwieg er, aber er hatte sich vorgenommen bei jedem Auftrag des Imperators, den sie gemeinsam bewältigen würden, auf sie aufzupassen, sie zu beschützen, wenn es sein musste mit seinem eigenen Leben. Selbstverständlich ohne dass sie es bemerkte, denn Sango war nicht ohne Grund die venatrix, die beste Jägerin des Imperiums, und besaß ihren Stolz. Durchaus zwei Gründe, warum er sie so gern hatte.

Ein Dämonenjäger kam zu den beiden: „Venatrix, Miroku, der Prätor hat mit Hilfe des Boten eine Karte des Dorfes gezeichnet und möchte die Einsatzbesprechung durchführen.“

„Natürlich“, sagte Sango: „Komm, Miroku. Dann sehen wir einmal, wie wir das Dorf beschützen können. Vater hat gewiss schon einen Plan.“
 

Das stimmte und als die Eingreiftruppe bei ihm saß, erklärte der Prätor: „Das Dorf liegt mitten in den Bergen. Das ist zum einen schlecht, da die Menschen nicht vor den angreifenden Dämonen fliehen können, nun, nur in die Richtung talabwärts, zum anderen können wir uns das Gelände zu Nutze machen. Seht her. Hier ist das Dorf, aus dieser Gegend in den Bergen kommen die primitiven Dämonen. Es dürfte sich um einen Talkessel handeln, der bei den Menschen der Gegend „Teufelskessel“ heißt. Wir werden wie folgt vorgehen…“

Miroku hörte, wie immer bei diesen Besprechungen, sehr aufmerksam zu, um nicht nur seine eigenen Anweisungen sondern auch die für Sango zu wissen, so ein Auge auf sie haben zu können. Umso überraschter und erfreuter war er, als er diesmal gemeinsam mit ihr eingeteilt wurde.

„Ihr beide, Sango und Miroku, bleibt hier am Talbeginn, während wir vorrücken, um die Dämonen aufzuscheuchen und zu töten. – Sieh nicht so enttäuscht drein, Tochter.“

„Ich bitte um Vergebung, Vater“, beteuerte Sango eilig. Es ziemte sich nicht, den Prätor zu kritisieren.

„Du hast etwas nicht verstanden. – Wenn die Dämonen uns zu früh bemerken, werden sie entweder uns angreifen, was zu einem heftigen Kampf führen dürfte, oder aber, sie versuchen aus dem Tal auszubrechen und erneut das Dorf anzugreifen. Falls das geschieht, seid ihr beide zunächst einmal auf euch allein gestellt. Ihr zwei müsst sie in diesem Fall solange aufhalten, bis wir anderen wieder dort sind. Ich zweifle nicht an deinen Fähigkeiten, Sango. Eher im Gegenteil.“

„Danke für die Erklärung.“ Sie sah zu Boden, ein wenig peinlich berührt, so vor allen kritisiert zu werden. Aber sie hatte es provoziert. Und immerhin konnte sie sicher sein, dass Miroku mit ihr Stand halten würde. Sie kannte inzwischen nur zu gut seine Kampffähigkeiten und hatte nie bereut, dass sie ihn vor fast vier Jahren gekauft hatte. Und auch nicht, dass sie ihn freigelassen hatte. Obwohl er gern mit jedem weiblichen Wesen flirtete und noch lieber hinterher sah – er war ein zuverlässiger Mitarbeiter und ein fähiger Dämonenjäger. Überdies hatte er durchaus nette Seiten…Sie konzentrierte sich eilig wieder auf den Vortrag.

„Merkt euch alle den Aufbau des Tales gut. Wir werden sicher schnell sein müssen. – Der Kapitän sagte mir, dass wir bei dem günstigen Wind wohl bereits in zwei Tagen am Abend in Maimai anlegen können. Wir werden uns nicht in der Stadt aufhalten, sondern unverzüglich noch im Dunkeln zu den Bergen aufbrechen, um Zeit zu sparen. Wenn wir nach der Jagd wieder zurück sind, könnt ihr euch gern kurz in Maimai umsehen, ehe wir wieder zurückfahren. Die Stadt ist ein berühmter Handelshafen.“
 

So saßen Sango und Miroku nur sieben Tage nach dieser Einsatzbesprechung in einer Hafenschenke in Maimai. Das Schiff sollte am nächsten Morgen ablegen und sie hatten wie fast alle die Gelegenheit genutzt, sich eine der berühmtesten Handelsstädte des Imperiums anzusehen. Aus allen Enden der bekannten Welt waren hier Dämonen, Menschen und Waren zu bestaunen.

Sango schüttelte etwas den Kopf. Sie hatten sich mehr instinktiv in eine Nische zurückgezogen. Nicht, weil sie die traute Zweisamkeit suchten, sondern weil es eine Regel der Dämonenjäger war möglichst unauffällig zu bleiben. Die venatrix trug daher auch, wie schon bei dem Stadtbummel am Nachmittag, ein Kleid, nicht den gewöhnlichen Jägeranzug, und war unbewaffnet. Ein Mönch, selbst aus dem entfernten Osten, fiel dagegen in dieser quirligen Stadt nicht auf.

Miroku folgte ihrem Blick und erkannte bewaffnete Krieger, drei Männer und zwei Frauen, die durch die volle Schenke schritten. Alle wichen ihnen aus – selbst Dämonen so deutlich bemüht, dass er zu seiner Begleiterin sah.

„Solche Dämonen traf ich noch nie“, murmelte er.

„Weil es keine sind“, gab sie leise zurück: „Das sind Drachen in ihrer Menschenform. Was tun die denn hier?“

„Handeln?“

„Denkbar.“ Aber sie klang eher zweifelnd.

So fragte er: „Was meinst du?“

„Drachen leben in Stammesverbänden im Westen von hier, also auch südlich des Meeres. Dort sind riesige Einöden, Steppen und Wüsten. Sie leben mehr für sich und niemand besucht sie auch gern. Nun ja, es ist lebensgefährlich, denn sie neigen zu recht…groben Umgangsformen. Dass sie in so einer Handelsstadt auftauchen und dann gleich zu fünft ist ungewöhnlich. Normalerweise vermeiden sie andere Dämonen, zumindest seit dem Krieg des Imperators vor ungefähr hundert Jahren.“

„Er hat sie besiegt?“ Eine fast überflüssige Frage. Das Imperium war noch nie so groß gewesen wie heute.

„Ja. – Der Handel weiter nach Süden war nicht mehr möglich, als sie sich darauf verlegten, die Handelskarawanen zu überfallen und die Menschen und Dämonen dabei zu töten. Zuvor hatten sie stets nur Tribut verlangt. Seither war wohl auch Ruhe.“

„Dann müssen sie jetzt die Waren kaufen, die sie benötigen. Darum sind sie wohl auch hier.“ Er rutschte etwas herum, um den fünf Drachen einen Blick nachzuwerfen, und zog seinen Stuhl hastig wieder zurück. „Sie setzen sich jedenfalls dort hinten an einen Tisch.“

„Haben ihn andere schleunigst geräumt, als sie sich näherten, oder? Wie gesagt, Drachen haben einen recht groben Umgangston. Natürlich, wenn sie hier eine Schlägerei oder Schlimmeres anfangen, würden die Militärbehörden sie verhaften und vor Gericht stellen, aber das hilft dem Opfer nichts mehr….“

„Nein, sie haben sich zu einigen menschlichen Männern an den Tisch gesetzt. Auch fünf Stück, auch bewaffnet, “ berichtete er sachlich.

Die venatrix starrte jetzt ihren Freigelassenen an: „Also, das wird ja immer seltsamer. Ich hörte andauernd, Menschen seien für Drachen nur potentielle Nahrungsmittel. – Tauschen wir doch mal die Plätze, damit ich mir das ansehen kann.“

Miroku gehorchte, dabei die Gelegenheit nicht verstreichen lassend einmal rasch über das Hinterteil seiner Begleiterin zu fahren. Sie sagte nicht einmal etwas dazu, geschweige denn, dass sie ihm wie gewöhnlich eine Ohrfeige gab, was ihm verriet, dass sie tatsächlich wegen dieser Ungewöhnlichkeit aufgeregt war. Er selbst kannte keine Drachen dieser Art. Weit im Osten, seiner Heimat, waren sie nie in Menschenform sondern immer schlangenähnliche Wesen, die meist Menschen aus dem Weg gingen, eher noch ihnen halfen. So setzte er sich nur hin und betrachtete die venatrix.

Sango rutschte ein wenig und warf einen raschen Blick hinüber. Da sie dabei den Augen eines der Drachen begegnete, tat sie eilig so, als ob sie den Wirt suchte und winkte diesem: „Wir möchten dann zahlen.“

„Was hast du vor?“ erkundigte sich Miroku leise.

Sie beugte sich vor, um gedämpft zu antworten: „Sie sitzen an der Außenwand. Da ist ein Fenster. Und ich möchte wissen, worüber sich diese ungewöhnliche Gesellschaft unterhält.“

„Wenn du einfach rein siehst, werden sie misstrauisch. Falls es sich tatsächlich um etwas Verbotenes handeln sollte.“

„Wovon ich fast überzeugt bin. Drachen und Menschen, alle bewaffnet…. Und alle sehr aufmerksam. Immer wieder wirft einer einen Blick durch die Schenke, ob sie nicht beobachtet werden. Nein, die Menschen haben kein reines Gewissen, glaube mir. Und Drachen können es gar nicht haben.“

Miroku hob die Augenbrauen: „Hast du Vorurteile gegen Drachen?“

Sie zuckte die Schultern: „Ich kenne die Geschichte des Imperiums und damit den Drachenkrieg von hundert Jahren. Gibt es in deiner Heimat keine Drachen?“

„Nicht solche, also nicht in Menschenform. Sie leben in der Wildnis und man bekommt sie so gut wie nie zu Gesicht. Manche leben in Seen oder so, aber auch diese tun Menschen nichts.“ Meistens.

„Dann ist das ja gut. – Ah, Wirt. Die beiden Becher.“

„Einen denar.“

Sango reichte ihm die Münze: „Das sind doch Drachen?“ erkundigte sie sich leise in aufgeregtem Ton, das neugierige Mädchen spielend. „Ich habe noch nie welche gesehen.“

„Starr sie lieber nicht an, Fräulein. Hier waren noch nie welche und mir wäre es lieb, wenn hier auch nichts passiert…“ Er ging eilig nach hinten, um die ungewöhnlichen Besucher zu bedienen.

Die venatrix nickte etwas, da sie ihren Verdacht bestätigt sah. Drachen waren selbst in dieser Stadt ein bizarrer Anblick. Also konnte es sich kaum um regelmäßige Einkäufe handeln, die die Stämme durchführten: „Gehen wir.“

Miroku folgte ihr, dabei noch einmal eine raschen Blick zurückwerfend. Ihn interessierten dabei mehr die menschlichen Männer. Wenn er das richtig erkannte, waren sie alle bewaffnet – und er hätte wetten mögen, dass sie mit ihren Schwertern auch umgehen konnten. Sango hatte Recht. Das war ein apartes Treffen – und die Dämonenjäger hatten durchaus die Anweisung des Imperators Ungewöhnlichem nachzugehen.

Vor der Tür meinte er leise: „Sango, auch auf die Gefahr hin von dir missverstanden zu werden….Wenn einer von denen zum Fenster sieht und dich dort sieht…Er könnte misstrauisch werden. Wir sollten besser so tun, als ob wir ein Liebespaar wären. Wenn wir eng umschlungen stehen, kannst du über meine Schulter gucken….na ja…daran vorbei… und es wirkt dann harmloser.“

„Solange du deine Hände von meinem Hinterteil lässt….“

Er hob diese: „Versprochen. Es ist wirklich nur wegen der Unauffälligkeit.“

Sie wusste, dass er Recht hatte und so trat sie näher zu ihm, legte den Arm um seinen Rücken: „Dann komm.“

Er erwiderte die Umarmung, sich dabei sorgfältig davor hütend seine wahren Gefühle zu zeigen. Nur, wenn sie ihn für einen nüchternen, professionellen Jäger hielt, würde sie ihm weiterhin erlauben, so nahe mit ihr umzugehen. Nein, er durfte ihr nie zeigen wie sehr er sie liebte.
 

Ein eng umschlungenes Paar in einer dunklen Seitenstrasse war in der Tat kein ungewöhnlicher Anblick, zumal hier am Hafen, und so warfen die Vorbeigehenden ihnen kaum einen und schon gar keinen zweiten Blick zu. Sango spähte an der Schulter des Mönchs vorbei und bemühte sich, die wenigen Worte, die sie aus dem allgemeinen Stimmengewirr der Schenke deuten konnte, zuzuordnen. Aber das erwies sich als schwierig.

„Wir müssen näher heran“, flüsterte sie.

Statt einer Antwort zog Miroku sie mit sich, als er rückwärts ging, bis er an der Wand des Hauses lehnte, nur einen Meter neben dem Fenster. Sie wechselte auf seine andere Seite. So konnte sie an seinem Arm vorbei einen Menschen der seltsamen Gruppe sehen. Er war von diesen Fünfen der seltsamste, das gab sie zu, und schien einige Metallteile an sich zu haben. Groß und breit hätte er fast für zwei Männer gereicht. Er schwieg leider. Ein anderer Mann direkt neben ihm schien eher wie eine Frau angezogen. Was waren das nur für seltsame Kerle? Dazu trafen sie sich mit Drachen. Nein, das war eindeutig eigenartig.

Sie musste es bei dem gesamten Gerede, das aus dem Fenster drang, mehr von den Lippen ablesen, aber sie verstand, wie der weibliche Mann – oder war das gar eine verkleidete Frau? – fragte: „Wie lange müssen wir eigentlich hier noch in der Stadt bleiben?“

„Auch uns wäre es lieber Ruhm zu ernten.“ Der Satz klang von einem für sie unsichtbaren Sprecher in dem metallischen Akzent der Drachen.

Ruhm ernten? Sango wurde nur noch alarmierter. Soweit sie über dieses Volk Bescheid wusste, ernteten die Ruhm nur in Kriegen oder Raubzügen.

„Ja, hoffentlich bald…“ Der junge Mann lächelte fast entzückt: „Sobald Naraku uns endlich die Leine los gibt…“

„Still, Jakotsu!“ befahl jemand anderer, den sie ebenfalls nicht sehen konnte.

Naraku!

Sango fuhr so zusammen, dass es Miroku spürte und sie eilig fester an sich zog: „Was…?“ flüsterte er in ihr Ohr.

Die venatrix macht sich los und winkte ihm, um aus der Hörweite des Fensters zu kommen: „Hör zu“, wisperte sie aufgeregt: „Diese Menschenmänner arbeiten für Naraku!“

„Der ehemalige Senator? Aber die Drachen..?“

„Ja, eben. Ein Hochverräter und Drachen und Bewaffnete!“

„Das müssen wir melden!“

„Ja. Und weitere Informationen besorgen.“

„Wieder ans Fenster?“

„Ich fürchte, dass sie kaum ihre ganzen Pläne besprechen. Der Name war schon ein großer Zufall. – Wenn sie gehen, folgst du den Menschen, ich den Drachen. Sobald wir wissen, wo sie jeweils wohnen, kehren wir zum Schiff zurück, ohne auf den anderen zu warten. Vater muss Bescheid wissen und es dem Imperator melden. – Und sei vorsichtig. Ich meine, Naraku wollte Souta und Kagome umbringen lassen und es ...“

„Ich weiß. Du aber auch. Drachen sind sicher nicht begeistert über Spione.“

Aber das war auch Sango bewusst. So meinte sie nur: „Viel Glück“, ehe sie sich umdrehte und die Seitenstrasse verließ, um gegenüber der Schenke auf ihre Zielpersonen zu warten.

Miroku war klar, dass sie nun besser nicht zusammen gesehen werden sollten. So blieb er in der Gasse, nur um die Ecke blickend, damit ihm die menschlichen Krieger nicht entgehen konnten.
 

Der Anführer der Dämonenjäger vernahm den Bericht der beiden mit alles anderer als großer Freude, als sie ihn eine Stunde später auf dem Schiff aufsuchten.

„Vielleicht sollten wir den hiesigen Statthalter informieren, damit er diese zehn Krieger festsetzt, Prätor“, schlug Miroku vor. Er war erleichtert gewesen, als Sango fast gleichzeitig mit ihm zum Schiff zurückkehrte, ohne es freilich zu zeigen.

„Natürlich auch parallel Nachricht an den Imperator schicken“, ergänzte die venatrix.

Sangos Vater setzte sich langsam. „Der Statthalter würde die Zehn verhaften lassen, ja. Und man könnte sie befragen, wo sich Naraku verborgen hält und was seine Pläne sind. Nur: er hat wohl nicht einmal seinen Töchtern gesagt, wohin er fliehen will. Ich vermute schwer, dass er gegenüber seinen Untergebenen auch nicht redseliger ist. Die Verhaftung würde ihm nur zeigen, dass man ihm auf die Spur gekommen ist. Und wer weiß schon, was er dann tut. Womöglich verschwindet er erneut irgendwohin. Das Imperium ist groß und es war ein reiner Zufall, dass dieser Name genau in diesem Moment fiel. Andererseits scheint er mit Drachen zusammenzuarbeiten und das könnte bedeuten, dass diese einen Aufstand gegen das Imperium planen. Ein Bote muss den Imperator verständigen. Und wir, also alle Dämonenjäger, bleiben hier und versuchen diese Bande möglichst unauffällig zu überwachen, um herauszufinden, wo sich der ehemalige Senator verborgen hält, bis wir weiteren Befehl erhalten.“

„Verzeih, Vater, aber ein Bote zum Imperator benötigt sicher vier, eher fünf, Tage, selbst mit diesem Schnellsegler. Und so, wie der eine das sagte, wird ihnen bald Befehl gegeben die Stadt zu verlassen.“

„Der Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, muss es erfahren.“

„Ja. Aber wenn ich einen Vorschlag machen darf: ich habe noch meine Brieftaube, mit der ich Kohaku versprach, ihm zu sagen, wenn wir nach Hause fahren.“

„Eine Brieftaube, ja. Sie benötigt nur zwei Tage.“ Der Anführer der Dämonenjäger nickte: „Das ist eine gute Idee, meine Tochter. Kohaku arbeitet ja bei Inuyasha. Und der zweite Sohn des Imperators wird seinem Vater doch Bescheid geben können. Gut. Schreib so klein und so viel du kannst auf den Zettel, dann sende die Taube. – Miroku, sobald die anderen an Bord kommen, informiere sie darüber, dass wir eine Besprechung abhalten, wenn alle zurück sind. Ich werde dem Kapitän sagen, dass wir einstweilen noch nicht abfahren.“

Der Mönch nickte, wagte aber den Einwand: „Wird es niemandem auffallen, wenn die Jäger ihre Pläne ändern?“

Der Prätor bedachte dieses Bedenken: „Das ist wahr“, gab er dann zu: „Ich werde mit dem Kapitän sprechen, ob es einen anderen Hafen in der Nähe gibt, von dem aus wir uns unauffällig und in Zivil wieder in Maimai zerstreuen können um zu beobachten. Soweit ich hörte, ist dieser Naraku nicht zu unterschätzen. Und Drachen sowieso nie.“

Das war ohnehin der Punkt, der ihm am meisten Kopfzerbrechen bereitete. Seine Tochter hatte vollkommen Recht: Drachen in einer Stadt waren ein ungewöhnlicher Anblick, wenn sie sie nicht gerade erobert hatten. Und sie war sehr aufmerksam gewesen. Hoffentlich würde dies dem Imperator nützlich sein. Denn die Dämonenjäger dienten ihm treu, auch, wenn auch er ein Dämon war. Aber nicht nur ihnen war zu bewusst, dass der lange Frieden für die Menschen im Imperium sein Verdienst war.
 

***

Manchmal hängt das Schicksal eines großen Reiches an einem kleinen Zufall. Es ist gut, fähige Mitarbeiter und Freunde zu haben, jetzt müsste nur noch das timing stimmen, denn bereits im nächsten Kapitel führt Ryuukossei seinen ersten mörderischen Schlag: Drachenkrieg
 

bye
 

hotep

Drachenkrieg

Der Dämon, der durch die Strassen der Hauptstadt lief, wirkte auf die Entgegenkommenden so, dass ihm alle auswichen. Er war blutüberströmt und taumelte mehr, als er noch ging. Seine Flügel schleiften am Boden hinter ihm her. So erreichte er den Palast, wo ihn die Wachen prompt anhielten.

„Botschaft…“ keuchte er: „Für den Imperator…“

Das sah nach keiner guten Nachricht aus und so begleitete ihn ein Krieger unverzüglich in die Vorräume des Herrschers. Ein Sekretär eilte in das Audienzzimmer und kehrte kurz darauf mit einer Menschenfrau zurück.

„Warte hier“, sagte er zu ihr: „Du wirst wieder aufgerufen. – Du kannst hineingehen, Bote.“

Der vollkommen erschöpfte Dämon war eigentlich froh, als er vor dem Imperator auf die Knie sinken konnte. Eigentlich, denn es war nicht unmöglich, dass er seine Botschaft mit dem Leben bezahlen würde: „Nachricht….“ brachte er hervor. Das also war der Imperator? Er hatte ihn nie zuvor gesehen, aber er wirkte so friedlich, so harmlos….Was natürlich nur bedeutete, dass er seine wahre Macht verbarg. Der junge Dämon neben ihm war gewiss sein Sohn, der Thronfolger.

„Du siehst erschöpft aus. Woher stammt die Nachricht?“

„Fagia… Der Ort…ist ausgelöscht.“

„Was meinst du?“ Fagia war ein Handelsort, wenn er sich recht entsann, an der Küste des Meeres, an dem einer der großen Karawanenwege aus dem Süden endete, ein kleine, aber blühende und reiche Stadt.

„Drachen….Drachen haben uns überfallen und alle getötet, Dämonen und Menschen, alle, die sie fanden.“

„Drachen?“ wiederholte der Imperator und spannte unwillkürlich die Hand an: „Ich hätte geglaubt, dass sie ihre Lektion gelernt haben. Sind alle Einwohner tot?“

„Ja. Außer mir. Der…der Anführer ließ allein mich am Leben, weil ich fliegen kann, um dir, domine, die Nachricht zu bringen.“ Mit dem zynischen Zusatz, dass ihn wohl der Imperator dafür umbringen würde. Aber er hatte die Nachricht überbringen wollen. Wenigstens sollte jemand von dem Drama seiner Heimatstadt erfahren, die Bewohner rächen…

„Kennst du seinen Namen?“ Noch immer klang die Stimme ruhig.

„Ryuukossei.“

Im nächsten Moment wünschte sich der unglückliche Überbringer weit weg, denn es geschah. War dort eben noch ein Dämon gesessen, den man vielleicht sogar für einen Menschen halten konnte, so wenig Energie verbreitete er, so entstand nun eine ungeheure Macht, genährt von Rachedurst und Zorn, die die Luft im Arbeitszimmer förmlich flimmern ließ. Instinktiv warf sich der Bote flach mit dem Gesicht zu Boden, in Demut sein Überleben suchend. Und es beruhigte ihn auch nicht, dass er aus den Augenwinkeln sah, wie sich selbst der Thronfolger hastig auf ein Knie niederließ und den Kopf neigte.

Aber die Stimme des Imperators war ruhig: „Ryuukossei.“

Der Bote nickte nur, so gut er es vermochte, sicher, dass er kein Wort mehr herausbringen würde.

„Und er sandte dich als einzigen Überlebenden her, um mir diese Nachricht zu bringen?“

Wieder ein hastiges Nicken, zumal er mit gewisser Erleichterung spürte, dass die Macht wieder in den Herrscher zurückgezogen wurde, als dieser seine Selbstbeherrschung zurück gewann.

„Sesshoumaru, lass den Boten unterbringen. Jinenji soll sich um ihn kümmern. Und lass ihm den Lohn für eine weite Reise und eine wichtige Nachricht auszahlen. Dann komme wieder her. – Und lass alle Audienzen für heute absagen.“

„Ja, domine.“ Der Thronfolger erhob sich folgsam. So wütend, dass seine Schutzwälle brachen, hatte er seinen verehrten Vater noch nie erlebt. Da war bestimmt eine Geschichte dahinter und er war neugierig sie zu hören. Denn vom Drachenkrieg vor hundert Jahren hatte er kaum etwas anderes erfahren als das, was in der Zeitung gestanden war. „Komm, Bote.“
 

Als er wieder in das Audienzzimmer zurückkehrte, war er nur wenig überrascht seinen Halbbruder vorzufinden. Diese Nachricht hatte Vater so aufgeregt, dass er sicher beiden erzählen wollte, was es mit den Drachen im Allgemeinen und deren Anführer im Besonderen auf sich hatte.

Der Imperator nickte ihm zu: „Ich ließ Myouga bereits die Berater zusammenrufen. Wir gehen dann hinüber. – Ryuukossei. Er ist der vermutlich stärkste Drache südlich des Meeres. Und sicher der Grausamste. Lange Zeit war es in den Steppen und Wüsten dort üblich gewesen, dass die Handelskarawanen den Drachenstämmen, durch deren Gebiet sie reisten, Tribut zahlten, um relativ unbehelligt durchziehen zu können. Es gab zwar immer wieder Zwischenfälle, aber im Großen und Ganzen funktionierte der Handel, und so sah ich mich nie genötigt einzugreifen, zumal ich im Osten kämpfte – und du, Sesshoumaru den Aufstand der Tore niederschlugst. Aber dann wurde Ryuukossei der Anführer des größten und mächtigsten Stammes. Er…nun, um es kurz zu machen, es gelang ihm die Stämme zu überzeugen, dass man nicht nur einen Tribut sondern die gesamte Karawane nehmen könnte. Es kamen keine Händler mehr durch. Dies allein wäre schon lästig gewesen, aber er ging dazu über, alle Bürger des Imperiums, derer er habhaft wurde, umzubringen. Menschen schneller, dienten sie doch auch als Nahrung für die Drachen, Dämonen deutlich ….langsamer. Den damals zuständigen Statthalter...“ Der Imperator atmete durch: „Er schickte mir seine Leiche. Er war mein Freund gewesen seit langen Jahren, ein zuverlässiger Dämon. Und zu wissen, dass er so gestorben war…Nun, lassen wir es. Es ist selbst nach dieser Zeit nicht angenehm, daran auch nur zu denken. - Das reichte.“

„Verständlich“, meinte Inuyasha mehr ehrlich als höfisch korrekt: „Da würde wohl jeder wütend werden. Nur, warum hat es dieser Idiot schon damals und wohl auch jetzt darauf angelegt dich so zu reizen?“

„Weil er ein Narr ist“, erklärte Sesshoumaru prompt.

„Nicht ganz, meine Söhne. Er ist sehr stark – und er suchte damals die Konfrontation mit dem Stärksten. In seinen Augen war das die Möglichkeit, entweder mich als zu schwach hinzustellen die Bürger zu schützen, meinen Ruf zu untergraben, oder im direkten Treffen zu siegen und so oder so damit der neue Herrscher zu werden. Es waren harte Kämpfe, denn wir mussten jeden Stamm einzeln besiegen, aber schließlich sahen sich die Drachen gezwungen sich zu unterwerfen. Bei den Verhandlungen beobachtete ich, dass es auch andere, verträglichere Drachen gab, denn ich wollte Ryuukossei nicht noch einmal begegnen und lehnte daher direkte Gespräche mit ihm ab. Ich ließ sie schwören Frieden zu wahren. Und ich ließ ihn weiterhin den Stammesführer spielen statt ihn umzubringen. Was wohl ein großer Fehler war. Ich hatte vermutet, dass er damit zufrieden sein würde, wenn und solange sich das Imperium nicht in Drachenangelegenheiten einmischte. Das sind die meisten Völker. So lange sie ihre alten Gesetze und Religionen behalten, interessiert es sie wenig an wen sie Steuern zahlen. Nun scheint er erneut eine Konfrontation zu suchen. Er hat wohl vergessen, was ich kann. Und das bedeutet, dass ich mich persönlich darum kümmern sollte. – Kommt, gehen wir in den Rat. Ich möchte hören, wie die Meinung der anderen ist. Und dann natürlich auch die eure.“

Drachen hatte er verschonen können ohne in den Augen seiner eigenen Krieger schwach zu erscheinen, waren sie doch ebenfalls Wesen der Magie. Menschen gegenüber dagegen war Gnade nur mehr verächtlich. Es würde noch einige Zeit dauern, ehe sich das änderte, auch Dämonen Menschen wirklich als vollkommen gleichwertig ansahen. Aber momentan bereute er seine Milde damals, selbst Ryuukossei eine Chance zu geben, wirklich.
 

Inuyasha folgte Vater und Halbbruder ein wenig verwundert. Vor wenigen Monaten war er noch ein einfacher Gladiator gewesen, vor nicht einmal einem Jahr noch ein Sklave – und jetzt sollte er an einer Besprechung teilnehmen, bei der es um Krieg und Frieden ging? Ganz hatte er sich noch immer nicht an seine Rolle als Sohn des Imperators gewöhnt. Sicher, dadurch, dass er die meiste Zeit des Tages lernen musste, erinnerte ihn das an die Gladiatorenschule und so tat er das Verlangte mit nur gelegentlichem Murren. Auch dort war er in einen strikten Tagesplan eingespannt gewesen. Aber da war er allein gewesen. Hier konnte er immer wieder mit seinem Vater sprechen, auch und gerade über seine Mutter, was ihm gut tat, wie er gern zugab. Sesshoumaru...nun, der war eben Sesshoumaru. Kühl, sachlich, aber manchmal durchaus nett.

Von den zehn Beratern, die sich nun verneigten, kannte er einige als seine Lehrer und natürlich den kleinen Flohgeistkanzler. Da sich Sesshoumaru auf die rechte Seite des Imperators setzte, nahm er die linke, wie es sich bei ihnen eingebürgert hatte.

„Myouga“, sagte der Imperator nur.

„Ja, domine. Ich habe den Botenbericht bereits den anderen mitgeteilt.“ Er setzte sich neben Inuyasha.

„Dann eure Meinung dazu.“ Der Herrscher blickte zu dem neben seinem Kanzler sitzenden Dämon.

„Es könnte möglicherweise eine Lüge sein, um Krieg gegen die Drachen zu provozieren, domine. Seit hundert Jahren haben wir nichts mehr von den Stämmen im Süden gehört. Warum sollte Ryuukoussei so plötzlich vergessen, dass er besiegt wurde?“ erwiderte der Berater prompt. „Oh, nicht, dass ich bezweifle, dass der Bote nie in der Lage gewesen wäre, dich anzulügen, aber es wäre doch möglich, dass er getäuscht wurde. Dass nicht die Drachen die Stadt überfallen haben sondern wer anders…“

„Unwahrscheinlich, teurer Senator, nicht wahr?“ meinte ein anderer: „Drachen sind kaum mit anderen zu verwechseln. Es müssten schon einige Drachen dabei gewesen sein. Überdies. wer sollte etwas davon haben, wenn das Imperium erneut gegen die Drachen ziehen muss?“

„Eine gute Frage“, sagte ein Dritter: „Denn wenn unsere Krieger alle im Süden sind…was ist im Norden?“

Inuyasha stellte fest, dass hier keine höfischen Regeln galten, sondern jeder offen seine Meinung äußerte. Dazu sollte er wohl mal Vater befragen, was das für einen Vorteil bot. Denn der hörte der Diskussion nur schweigend zu. Und da er schon gesagt hatte, dass auch die Meinung seiner Söhne gefragt werde, müsste er das wohl auch tun: zuhören und eine Entscheidung treffen.

Der Senator gab zurück: „Wir wissen nicht, was intern bei den Drachen abläuft. Womöglich ist Ryuukossei in seinem Stamm unter Druck geraten und hat versucht, mit der Herausforderung des Imperiums wieder an Ansehen zu gewinnen. – Wenn der Imperator nicht reagiert, steht er gut da und kann womöglich auch die Achtung der anderen Stämme erhalten, ja, sich zum Herrn über alle Drachen aufschwingen. Was natürlich einen neuen Krieg bedeuten würde.“

„Nach dem letzten Krieg waren die anderen Stämme nicht so sonderlich mehr von ihm begeistert“, meinte der erste Sprecher: „Und er gilt selbst für einen Drachen als grausam. Warum sollten sie ihm nur nach einem Massaker erneut folgen?“

„Dennoch“, warf Myouga ein: „Es stellt sich wirklich nicht die Frage, ob das Imperium reagieren muss sondern wie. Eine ganze Stadt ermordet – dass kann man nicht auf sich beruhen lassen. Das Problem ist nur, dass das Ryuukossei eigentlich wissen muss. Warum provoziert er? Wissen wir das, wissen wir auch, wie eine angemessene Reaktion ist.“

„Das werden wir kaum hier herausfinden“, entfuhr es Inuyasha, um zu erstarren. Das war wiederum sicher kaum eine angemessene Reaktion für einen Sohn des Imperators.

Aber dieser sah zu ihm: „Deine Meinung? – In einer solchen Versammlung darf jeder sagen, was er denkt. Ansonsten würde ich keine Berater haben sondern Ja-sager – mit womöglich fatalen Folgen.“

„Äh, ja, danke. – Myouga hat Recht. Wenn dieser Drachenführer nicht gerade dumm ist, muss er sich nicht nur an die Niederlage vor hundert Jahren erinnern, sondern auch daran, dass der Mord an so vielen Menschen und Dämonen eine Reaktion auslöst, also, eine Strafexpedition oder auch offenen Krieg. Wenn er das alles vergessen hat, hat er einen guten Grund. Und den sollte man wissen, damit man nicht...naja…zu hart zuschlägt.“

„Du meinst“, kam es von Sesshoumaru ein wenig herablassend: „Dass es nicht notwendig ist, mit dem gesamten Heer gegen sämtliche Drachen vorzugehen, solange nicht klar ist, dass es sich nicht um einen Alleingang von Ryuukossei und dessen Stamm handelt, aus welchem Grund auch immer?“

„Ja.“ Inuyasha fühlte sich etwas beleidigt und knurrte daher: „Das Imperium steht schließlich für Frieden und Gerechtigkeit. Da wäre es eine miese Idee, wenn Va..unser Herr und Vater jetzt seinerseits ein Massaker veranstaltet. Könnte ja sein, dass sie am Verhungern sind oder so.“

Der Imperator sah zu seinem Ältesten: „Deine Meinung?“

„Es gibt sicher einen für Ryuukossei guten Grund, wenn er nach hundert Jahren den Frieden bricht. Also dürfte er nicht allein, aus eigenem Antrieb, handeln. Ich wäre dafür, zweigleisig zu fahren.“ Er bemerkte durchaus, dass ihn die Berater aufmerksam musterten, sich nur zu bewusst, dass er eines Tages der neue Imperator sein würde: „Schnelle und zuverlässige Spione sollen in den Norden gehen. Wenn es Ärger im Süden gibt, sollte man an die andere Seite denken. Zum anderen muss natürlich den Drachen gezeigt werden, dass ein derartiges Massaker unverzüglich geahndet wird. Ich würde mich daher gern mit einer Division einschiffen.“

Der Imperator nickte etwas, ehe er eine Weile vor sich hinblickte, ohne, dass es jemand wagte seine Gedanken zu unterbrechen. Endlich sah er auf. „Gut. – Myouga, wie der Cäsar es vorgeschlagen hat, sollen zusätzliche Spione in den Norden gehen. Zwar leben dort hauptsächlich Menschen, aber es schadet nie, sicher zu gehen. Die Späher sollen fliegen können, um sich auch nördlich der Flussgrenze umsehen zu können. - Ich selbst werde mit einer Division in den Süden gehen. Ryuukossei hat mich herausgefordert und das will ich auch selbst erledigen. In vier Tagen können wir bei Fagia, der zerstörten Stadt, sein. Sesshoumaru, du übernimmst hier die Regentschaft. Da aber von euch allen der berechtigte Einwand kam, dass es einen guten Grund geben muss, warum die Drachen genau jetzt losschlagen, möchte ich die anderen Divisionen wie folgt verteilen: eine nach Süden, an das Ufer des Meeres, bereit sich einzuschiffen, um gegebenenfalls gegen die Drachen vorgehen zu können, aber auch, die Hauptstadt gegen mögliche Angriffe zu schützen. Eine Division wird Richtung Norden verlagert und die vierte bleibt hier.“

Inuyasha war ein wenig enttäuscht. Er wäre gern einmal mit einer Division gezogen. Traute ihm Vater noch kein Kommando zu? Nun gut, er lernte es ja auch erst seit kurzem und auch, wenn er Gladiator gewesen war, so verstand er doch recht wenig von Militärtaktik, zumindest sagte ihm das der alte Legat, bei dem er diese einstudieren sollte. Dessen Standardsatz mindestens einmal pro Stunde war: „Nein, Inuyasha-sama…mitten drauf ist keine gute Strategie….“ Da hatte er wohl wirklich noch viel zu lernen. Andererseits hatte das den Vorteil, dass er vielleicht einmal Kagome besuchen könnte. Miroku war ja mit Sango und den anderen Dämonenjägern vor einer Woche in den Südosten abgereist.
 

Nur vier Tage später stand der Imperator an der Spitze seiner Krieger bei Fagia. Der Geruch des Todes hing noch immer fast betäubend darüber. Er gab den Befehl, die Opfer zu beerdigen, und sandte gleichzeitig Spione aus, die ihn darüber aufklären sollten, wo sich Ryuukossei und seine Krieger befanden. Das eigentliche Gebiet des Stammes lag südwestlich der Stadt, fast vier Tagesmärsche weiter in die Einöden. Es gab allerdings hier in der Nähe noch einige andere kleine Städte und es stand zu befürchten, dass sich das Massaker von Fagia wiederholen konnte oder bereits hatte.

Einen Tag darauf berichtete ein zurückkehrender Dämon, dass er die Drachen gesehen hatte, die sich außerhalb einer kleinen Stadt befanden, und diese anscheinend zu belagern gedachten. Der Zahl der Krieger nach zu urteilen handelte es sich um einen Stamm, da es nur gegen hundertfünfzig waren. – eindeutig einer Division mit fünfhundert Mann unterlegen.

Unverzüglich befahl der Imperator den Aufbruch, zumal andere zurückkehrenden Krieger nichts weiter gefunden hatten.
 

Als er sich an der Spitze der Division in militärischer Formation durch die wellige Steppe dem Ort näherte, möglichst leise, um die Drachen nicht aufzuschrecken, trieb ihm der auffrischende Wind einen Geruch zu, der ihn bewog die Hand zu heben, sein Heer anzuhalten: Angst, von Menschen und Dämonen, und dabei Drachen.

„Deine Nase ist noch immer die beste“, bestätigte eine amüsierte Stimme seinen Verdacht. Auf dem Hügel vor ihm war ein Drachenkrieger erschienen, den er nur zu gut kannte: Ryuukossei. Der Stammesführer winkte fast nachlässig. Auf den anderen Erhebungen um die Dämonen erschienen weitere Drachen – jeder mit einem Dämon oder einem Menschen als Schild vor sich. Und das waren sicher keine hundertfünfzig sondern eher dass vierfache, wenn nicht mehr: „Dennoch bist du in die Falle gegangen. Dir wird kaum entgehen, dass es mehr Krieger sind als die über die du verfügst. Hast du wirklich geglaubt, ich würde dich allein mit meinem Stamm herausfordern? Schmeichelhaft für mich, aber ein fataler Fehler, würde ich sagen.“

Der Imperator wünschte sich zumindest die zweite Division her, aber diese lag jenseits des Meeres: „Was willst du?“ Jetzt war ihm klar, wie sich der Spion hatte täuschen lassen: im Lager waren hundertfünfzig Krieger gewesen, während sich die anderen bereits in der Stadt befunden hatten, dort verborgen hatten. Immerhin hatte es hier noch kein Massaker gegeben.

Ryuukossei lächelte ein wenig: „Ich dachte es mir, du bist zu schwach. Welche vergebliche Rücksicht auf das Leben dieser erbärmlichen Kreaturen von Menschen und Dämonen. Statt sie zu opfern und zu kämpfen.“

„Das ist meine Auffassung der Pflicht eines Herrschers. Also?“

„Wir sind zahlenmäßig überlegen, aber ich habe durchaus nicht vergessen, was bei unserem letzten Zusammentreffen passiert ist. Dieses reizende Schwert auf deinem Rücken hat einige unschöne Eigenheiten. – Wir beide kämpfen, Mann gegen Mann,…“ Und da die Hand des Imperators bereits zu seinem Schwertgriff zuckte: „Aber jeweils in unserer wahren Form. Siegst du, dann sind diese …Personen frei und die Drachen ziehen sich zurück. Siege ich….“ Der Stammesführer lächelte diesmal in gewisser Vorfreude: „Nun, dann sterben erst einmal alle diese Dämonen und Menschen und natürlich deine Krieger. Du dagegen wirst nicht sterben. Noch nicht. Ich habe in unserem Heimatort bereits Vorkehrungen für deine Hinrichtung treffen lassen. Und glaube mir, ich habe meine gesamte Phantasie benutzt.“

Das Gesicht des Imperators blieb unbewegt, obwohl er sich nur zu gut vorstellen konnte, was das für ihn bedeuten würde. Er musste nur an seinen alten Freund denken – und bei ihm selbst würde es noch ärger werden, auch, wenn er sich nicht ausmalen konnte, wie. Aber er musste siegen, schon für alle anderen hier, das war einfach der Fakt. Gegen einen Drachen hatte er noch nie in seiner wahren Form gekämpft, allein, ihm würde schon etwas einfallen. Die dicke Haut dieser Echsen würde es sicher erschweren mit den Zähnen hindurch zu kommen, und er wusste auch nicht, wie stark Ryuukossei so war, das war jedoch gleich. Er musste gewinnen, denn es gab keine Alternative.

So ging er langsam auf den Stammesführer zu, der ein Stück zurückwich und seiner Energie bereits freien Lauf ließ, um sich zu verwandeln. Der Inu no Taishou folgte diesem Beispiel und so standen sich kurz darauf vor den Augen der Drachen, Menschen und Dämonen ein großer, weißer Hund und ein eher noch längerer schlangenförmiger Drache gegenüber.
 

Der Imperator betrachtete kurz seinen Gegner. Dieser besaß nur kurze Arme, würde also wohl eher mit dem Maul angreifen, wie er es auch tun musste. Dann jedoch hörte er lieber das Denken auf, denn Ryuukossei schoss mit der Schnelligkeit einer angreifenden Schlange auf ihn zu, mit den geöffneten Rachen nach seiner Kehle zielend. Der weiße Hund schaffte es gerade noch seitlich auszuweichen. Der Drache war schnell und stark. Und er besaß eindeutig Erfahrung in derartigen Kämpfen. Nein, das würde nicht einfach werden. Er griff sofort seinerseits an und versuchte, an der harten Panzerung vorbei die ungeschützte Bauchseite zu erreichen.

Ryuukossei kannte seine Schwachstelle und rollte seinen schlangenartigen Körper wie eine Spiralfeder zusammen, um erneut loszufahren. Das war sein Vorteil, der ihm eine höhere Geschwindigkeit ermöglichte, als sein Widersacher je erreichen konnte. Allerdings musste er zugeben, dass er nach diesem ersten Abtasten erkannt hatte, dass der Imperator weder ein Schwächling noch langsam war.
 

Die Krieger beider Seiten und die Stadtbewohner konnten nur zusehen, wie sich bei beiden riesigen Körper miteinander verkeilten, miteinander rangen, beide bemüht, ihre Zähne in den Körper des anderen zu schlagen, mit den Klauen diesen zu verletzten. Keiner hätte sagen können, wie viel Zeit die Kämpfenden so in engem Kontakt blieben, ehe sie auseinander wichen und sich gegenüber stehen blieben.

Beide zeigten Verletzungen, Kratzwunden, Bissspuren. An den Stellen, wo die Drachenkrallen und -zähne durch das dichte Hundefell gekommen waren, rann Blut über die weißen Haare. Und dort, wo die scharfen Zähne des Hundes oder dessen Krallen den Bauch des schlangenförmigen Körpers erreicht hatten, zeigten sich Kratzer und blutende Löcher. Aber dies war kein Kampf, der mit solchen Blessuren beendet wurde.
 

Der Imperator war inzwischen klar geworden, dass er dieses Duell so nicht gewinnen konnte. Er war nicht ohne viele Kämpfe zuerst der Herr der Hunde und dann der Herrscher geworden, und diese Erfahrung sagte ihm nun, dass er weitaus verletzter war und mehr Blut verlor als sein Gegner. Ryuukossei hatte nur seinen verwundbaren Bauch und deckte diesen so gut er es vermochte. Die Hundezähne konnten nicht durch den gepanzerten Leib gelangen. Umgekehrt drangen die Echsenzähne selbst durch sein dichtes Fell. Nein, wenn er irgendwie noch gewinnen wollte, musste er seine Taktik ändern.

Er begann den Stammesführer zu umkreisen, der die Bewegung mitmachte, bemüht, dem Imperator nicht seinen Rücken zuzukehren, um mögliche Fallen zu entdecken. Dieser erkannte einen weiteren, steil abfallenden Hügel etwas rechts neben ihrem Kampfplatz und ihm kam eine Idee. Auch, wenn er sein mächtiges Schwert in dieser Form nicht einsetzen konnte, so hatte der Drache doch etwas übersehen. Seine magische Kraft war auf diese Art größer als in Menschenform, hoffentlich sogar größer als die Ryuukosseis. Das musste einfach klappen, und das schnell, denn er konnte spüren, wie er von Sekunde zu Sekunde schwächer wurde. Und was ihm blühte, wenn er kampfunfähig war, dazu gehörte keine Phantasie.
 

***

Der Imperator steckt in der Klemme. Im nächsten Kapitel drehen wir die Zeit erst einmal ein paar Tage zurück und beobachten seine Söhne, was sie ohne Papa in der Hauptstadt treiben…
 

Wen es interessiert: Ich habe eine kleine Geschichte zu Myu-chan unter Hundeyoukai-Kurzgeschichten hochgeladen.
 

bye
 

hotep

Vater

Bright eyes, burning like fire

Bright eyes, how can you close and fail?

How can the light, that burns so brightly

Suddenly burn so pale?
 

Simon and Garfunkel
 

Inuyasha blickte sich mit einem seltsamen Gefühl auf dem Hof des Hauses des munus um. Hier hatte er mit seinen Kollegen geübt, hier hatten sie zusammen gegessen und nun waren Tino, Minari und Marcus tot, umgebracht von den sieben Kriegern und vor allem Naraku. Das würde er ihm nie verzeihen! Und auch nicht, dass sie Kagome entführt und ihren Bruder in Lebensgefahr gebracht hatten. Nein, niemals. Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, den Kerl zu finden. Aber der wusste vermutlich nur zu gut, was ihm blühte, und hielt sich versteckt.

„Inuyasha!“

Er fuhr herum und Kagome ergänzte eilig: „Ich meine, Inuyasha-sama! Was führt dich denn her?“ Sie verneigte sich. Immerhin war er der zweite Sohn des Imperators und keiner von Mutters Angestellten mehr.

„Äh, lass das doch“, meinte er verlegen: „Zumindest, wenn wir allein sind. Wir…wir sind doch Freunde.“

„Ja, äh...danke. Also, was führt dich her?“

„Ich hatte gerade frei und wollte wissen, wie es dir geht. Und Souta.“ Vater war gestern aufgebrochen und so hatte sich sein Lehrer auch nicht widersetzt, als er erklärt hatte, die Lektion auf den Abend verschieben zu wollen. Nun gut, die Alternative für diesen wäre gewesen noch bei Sesshoumaru nachzufragen – und diese Audienzen sparten sich die meisten gern.

„Komm, setzen wir uns dort auf die Bank, da, unter dem Baum? Es ist so heiß hier. Und ins Haus gehen können wir ja schlecht.“

„Warum?“

„Inuyasha!“ Sie starrte ihn fast entsetzt an, ehe sie beschloss, dass er es wohl wirklich nicht wusste oder zumindest nicht bedachte: „Wenn ich mich da mit dir unterhalten wollte, müsste mindestens eine Dienerin bei mir sein. Hier nicht, weil wir ja offen für alle zu sehen sind. Und so können wir uns in Ruhe unterhalten. Mein Ruf, weißt du.“

„Ach so, ja.“ Der junge Halbdämon hätte sich eher sonst etwas selbst angetan als ihr zu nahe zu treten und war entsprechend überrascht. Aber natürlich musste eine Senatorentochter an ihren Ruf denken, wollte sie gut an einen anderen Senator oder dessen Sohn verheiratet werden. Schade, eigentlich, er mochte sie so gern. Immerhin war sie der Ehe mit Naraku entkommen.

Sie bemerkte sein Erstaunen und konnte daraus nur schließen, dass sie für ihn überaus unattraktiv war. Immerhin nannte er sie Freunde…. „Äh, ja, Souta ist zurück nach Cuma, nachdem der dortige Direktor meinte, der medicus, der wohl auch in das Attentat verwickelt gewesen wäre, sei verschwunden. Allerdings hat er versprochen, ein Auge auf Souta zu haben. Der Direktor, nicht der medicus.“ Was war nur los mit ihr, so nervös war sie doch sonst nicht? „Mama ist mit Prätorianern nach Avenna, aber das wirst du wissen.“

„Nein. Warum? In die Kampfschule?“

„Ja. Akago wurde ja schon vor ein paar Tagen festgenommen, aber jetzt soll diese Kampfschule aufgelöst werden, Befehl des Imperators. Mutter soll sehen, welche von den Gladiatoren sie nehmen will und welche gezwungen dort sind, und dann diese freilassen. Dein…der Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, gab ihr freie Hand.“ Was sehr ehrenvoll war.

„Davon hat er mir gar nichts gesagt.“

„Vielleicht wollte er, dass das eine Überraschung für dich wird? Du kennst ja wohl doch noch einige?“

„Vermutlich. Aber es sind doch schon viele Monate, dass ich dort war. Und in Avenna und den Orten, wo diese illegalen Spiele stattfinden, stirbt es sich leicht.“

„Wenn es diese Kampfschule nicht mehr gibt, werden doch auch diese mörderischen Kämpfe aufhören?“

„Möglich.“ Inuyasha wollte seinem bewunderten Menschenmädchen nicht gerade sagen, dass er gelernt hatte, ihre Gattung für grausam zu halten. „Ich denke schon, zumal dann die Veranstalter wissen, dass jetzt das Auge des Imperators auf diesen Spielen liegt“, versuchte er sie daher weiter zu beruhigen. „Und was hast du jetzt vor? Du willst doch Priesterin werden?“

„Ja, Mama meinte, das sei eine gute Gelegenheit, etwas Geld zu bekommen und eine ehrenvolle Tätigkeit.“ Kagome sah zu Boden: „Ich war auch schon einige Male zur Vorbereitung in diesem Tempel.“

„Aber?“ fragte er prompt. Sie klang so bekümmert.

„Es ist ja nicht so, dass das eine schwere Tätigkeit ist, und man bekommt für ein Ehrenamt Geld und…na ja….es macht sich gut auf dem Heiratsmarkt. Aber die Priesterin, die das leitet…Sie heißt Kikyou…Sie ist so streng und ich….Ich mag sie einfach nicht. Sie ist eine sehr gute Priesterin, beherrscht auch Läuterung und so und ich habe einfach immer das Gefühl, dass sie auf mich herabsieht.“

„Das ist sicher nur ein Gefühl. Immerhin soll sie dich ausbilden. Kikyou? Die kenne ich. Doch, sie war mal auf einem Priesterempfang. – Va- der Imperator ist doch offiziell der Vorgesetzte aller Priester und da gab es neulich einen Empfang. War recht langweilig. Aber das sind sie alle.“

„Wie fandest du sie? Immerhin erinnerst du dich an sie….“ Natürlich. Das war eine hübsche, kluge Frau, eine erfahrene Priesterin….Etwas in ihrem Herzen schien plötzlich einen Stich zu bekommen.

Inuyasha wollte dagegen nicht gerade zugeben, dass sie ihm deswegen aufgefallen war, weil er ihre Ähnlichkeit mit Kagome bemerkt hatte: „Ich muss mich an viele Leute erinnern. Das gehört irgendwie dazu. Ob du es glaubst oder nicht, das Leben am Hof ist ziemlich anstrengend. Ich habe dauernd Lehrstunden. Und dann noch der offizielle Teil mit Empfängen und Audienzen. In den nächsten Monaten habe ich sogar noch Schonfrist, wie der Imperator sagte, danach soll ich auch Besuche machen, in den Provinzen.“

„Das…das klingt aber interessant.“ Sie sah plötzlich ein Licht am Ende des Tunnels und fuhr, ihren ganzen Mut zusammennehmend, verlegen fort: „Das würde mich auch interessieren, ja. Sag mal, Inuyasha, du…könntest du was für mich tun?“ Hoffentlich dachte er jetzt nicht, dass sie das nur machte, weil er der Sohn des Imperators war. Er war ihr Freund und sie brauchte noch einmal Hilfe, auch, wenn er ihr bei der Entführung schon das Leben gerettet hatte.

„Ja“, erwiderte er ohne Zögern.

„Könntest du mich nicht bei dir einstellen, als Schreibkraft oder so? Ich meine, ich habe eine sehr saubere Schrift und kann rechnen….“

Er spürte sein Herz rascher schlagen und nahm sich zusammen. Sie wollte nur Kikyou auskommen, Geld verdienen und einen ehrenhaften Posten haben. Sie waren Freunde, das war alles. „Das macht eigentlich schon Kohaku. Aber…ja, genau. Du hast doch sicher schon einiges als Priesterin gelernt?“

„Ja, einiges. Nicht viel. Aber Kaede, das ist Kikyous Schwester, meinte, ich hätte gute Anlagen dazu, gerade wegen Läuterung. Warum?“

„Dann werde ich Sesshoumaru…ich meine, den Cäsar, fragen, ob er dich zu meiner Priesterin ernennt. Er ist ja im Moment der Regent.“

„Und wozu brauchst du eine Priesterin?“ fragte sie etwas verwirrt.

Das Grinsen des Halbdämons war weniger höfisch als vergnügt: „Wenn ich so um mein Seelenheil bemüht bin, sollte doch keiner etwas dagegen haben, oder? Wichtig ist doch nur, dass du einen ehrenhaften, bezahlten Posten bekommst. – Kohaku!“

Er sprang auf. Kagome war für einen Moment verwirrt, ehe sie den jungen Dämonenjäger erkannte, der völlig außer Atem in den Hof gekommen war und sich umsah.

„Inu..yasha-sama…!“

Der war schon neben ihm: „Was ist passiert?“

Kohaku reichte ihm japsend einen kleinen Zettel: „Aus Maimai…von Sango!“

Der zweite Sohn des Imperator nahm das Blatt: „Das ist ja winzig!“

„Brieftaube.“

„Oh. – Kannst du das lesen…?“

Kohaku nickte, holte aber nur erst einmal tief Atem.

Kagome kam heran: „Darf ich? Ich kenne Sangos Schrift.“

Inuyasha reichte ihn ihr.

„Das ist wirklich winzig. – Sag Inuyasha: In Maimai fünf Drachen und fünf Krieger, die für Naraku arbeiten…“ Sie blickte erschrocken auf.

„Naraku!“ knirschte der Halbdämon. Gab es etwa eine Spur?

Sie las weiter: „Gemeinsam. Dämonenjäger beobachten weiter. Möglicherweise Aufstand der Drachen.“

Er riss ihr den Zettel förmlich aus der Hand. Drachen, Naraku…und Vater war gestern gegen die Drachen aufgebrochen, ohne zu wissen, dass dieser Mistkerl anscheinend seine Pfoten drin hatte. Er musste sich mit Sesshoumaru besprechen, denn der war sicher der Einzige, der auch an Vater denken würde: „Kohaku, nimm Kagome mit dir. Sie wird meine Priesterin.“ Dann lief er schon los.
 

Der Thronfolger, der eine der notwendigen Audienzen in Vaters Arbeitszimmer abhielt, blickte irritiert auf, als von draußen laute Stimmen zu hören waren, dann die Tür aufgerissen wurde. Ohne weiter nachzudenken war er bereits aufgesprungen, die Hand am Schwertgriff. Überrascht erkannte er den Eindringling: „Inuyasha!“ Hatte der denn keinerlei Benehmen gelernt in den letzten Monaten? Oder war er verrückt geworden?

Der wandte sich nur an den Besucher: „Warte mal kurz draußen!“

Während der Dämon irritiert gehorchte, entspannte sich Sesshoumaru und setzte sich wieder: „Ich hoffe, du hast eine sehr gute Erklärung für dein unmögliches Benehmen.“

„Vater geht in eine Falle!“ Er reichte ihm den Zettel.

Der Thronfolger nahm ihn ohne zu lesen: „Woher hast du das?“

„Sango an Kohaku, um es mir zu sagen. Die Dämonenjäger sind in Maimai auf Vaters Befehl und stießen da zufällig auf fünf Krieger, die für Naraku arbeiten und mit fünf Drachen gemeinsame Sache machten. Wenn Naraku seine Finger im Spiel hat, hat sicher er Ryuukossei angestiftet.“
 

Das war durchaus möglich. Allerdings setzte das voraus, dass der Flüchtige noch immer über viel finanziellen Spielraum verfügte. Naraku und die Drachen…..

Die Gefahr bestand, da musste er dem Bas…Inuyasha Recht geben, dass Naraku einen Aufstand aller Drachen geplant hatte. In diesem Fall würde die eine Division, mit der Vater aufgebrochen war, nicht genügen, ja, er in einen Hinterhalt geraten.

Was sollte er selbst jetzt tun? Wie entscheiden?

Jemand musste Vater Verstärkung bringen, das war klar.

Inuyasha mit der zweiten Division, die bereits am Meer stationiert war?

Dann würde der womöglich als Retter des Imperiums gefeiert werden und Vater würde ihn noch mehr achten.

Hinzu kam, dass Naraku wohl der Überwachung durch die Dämonenjäger entschlüpfen konnte, da diese anscheinend nicht genau wussten, wo er war. Und ein Senator durfte überdies nicht so einfach verhaftet werden. Inuyasha hatte zwar den Befehl dazu bekommen…

Aber wenn der nach Maimai ging, um Naraku zu verhaften, er selbst mit dem Heer in den Süden marschierte….wer sollte dann in der Hauptstadt die Regierung führen?
 

Er bemerkte, dass ihn der Jüngere ungeduldig ansah, aber immerhin genug höfisches Benehmen gelernt hatte, um seine Gedanken abzuwarten. „Du besitzt doch noch Vollmacht Naraku zu verhaften?“

„Ja, natürlich. Und….und Vater?“

Er machte sich tatsächlich Sorgen? Nun, er selbst ja auch, aber es war ein seltsames Gefühl, plötzlich jemandem gegenüber zu sitzen, der die vollkommen gleichen Interessen verfolgte. Nie zuvor hatte das irgendeiner getan. „Ich nehme die Division hier aus der Hauptstadt und die am Meer im Süden und folge ihm unverzüglich. Er hat nur einen Tag Vorsprung, das müsste genügen. Du gehst in den Südosten.“

„Gut. Ich werde dann schnell nach Maimai fahren und dort die Dämonenjäger treffen. Ich nehme Kohaku, Kagome und Kouga mit.“

Er bemerkte, dass ihn Sesshoumaru verwundert ansah und erklärte, etwas erleichtert, dass sich sein Halbbruder ebenso um Vater kümmern würde wie er selbst:

„Kohaku ist nicht nur mein persönlicher Diener sondern ausgebildeter Dämonenjäger. Die sind sowieso schon vor Ort. Kagome hat läuternde Fähigkeiten.- oh, ja, könntest du sie noch schnell zu meiner Priesterin ernennen? Und Kougas Kampfstil kenne ich. Wir haben schon zusammengearbeitet. Weißt du, diese fünf Krieger sind sicher nicht von Pappe. Und ein paar Drachen laufen auch noch herum.“

Sesshoumaru nahm wortlos eine Feder und Papier. Während er schrieb, sagte er nur: „Ich werde mich auf dich verlassen.“

„Das kannst du auch. Und sorge du dafür, dass…na ja, dass ihm nichts passiert, ja?“

„Ja.“

Die Halbbrüder blickten sich an und beide hatten zum ersten Mal das Gefühl der vollständigen Kenntnis des anderen. Für jeden von ihnen unerwartet – und beruhigend.
 

Die domina war mehr als überrascht, als sich ihr Sohn bei ihr melden ließ. Aber er war ihr Einziger, noch dazu der Regent, und so ließ sie ihn unverzüglich bitten.

Sesshoumaru verzichtete auf die höfische Verneigung oder Anrede: „Vater ist in der Gefahr, in einen Hinterhalt zu gehen. Ich werde ihm unverzüglich mit zwei Divisionen folgen.“

„Du bist der Regent. – Er ist doch erst gestern aufgebrochen?“ Wie groß war die Gefahr für ihren Sohn?

„Unsere militärische Aufklärung hat schmählich versagt. Das wird noch ein Nachspiel haben.“ Er bemerkte, dass er mit ihr über Politik sprach, aber das war notwendig: „Inuyasha geht mit einigen Leuten nach Maimai, dort haben Dämonenjäger Naraku aufgetrieben. Und der verhandelte mit Drachen.“

Die domina legte die Hand an die Brust: „Du vertraust dem Bastard?“

Ein Aufblitzen in seinen Augen verriet unwillkürliche Verärgerung: „Was Naraku betrifft? Unbedingt. - Ebenso wie dir, übrigens, verehrte Mutter. Während meiner Abwesenheit wirst du die Regierungsgeschäfte übernehmen.“

Sie holte tief Atem: „Sesshoumaru, du bist dir im Klaren darüber, wie das dein Vater und unser Imperator sehen könnte…?“ Hochverrat war das Mindeste, das sie erwartete…aber ihr Einziger….

„Ich bin mir sicher, dass du nichts tun wirst, das meinen Interessen zuwiderläuft.“

Da hatte er allerdings Recht. Wenn die Rettungsmission schief ging, war er der neue Imperator. Und wenn nicht, nun, dann hatte sie ihrem Ehemann immerhin bewiesen, was sie konnte. Vielleicht würde er sich dann daran erinnern, dass sie einmal gut zusammengearbeitet hatten, ehe…ja, ehe er sie nur noch mit Misstrauen betrachten konnte. „Du…und der Imperator...könnt euch auf mich verlassen. Ich hoffe nur, dass der Bastard nicht versagt.“

Wieder der unbewusste Unwillen: „Er trägt einen Namen.“

„Dass Inuyasha nicht versagt.“ Seit wann war denn sein Halbbruder sein Freund?

„Ich werde unverzüglich aufbrechen. – Hier, deine Vollmacht, verehrte Mutter.“

„Danke.“ Sie nahm die Rolle, ehe sie doch aussprach, was sie fühlte: „Sei vorsichtig.“

Er verneigte sich schweigend ein wenig, ehe er ging, aber sie wusste, das war ein Versprechen gewesen.
 

Der Imperator und Ryuukosssei rangen verbissen um jeden Zentimeter. Dem großen weißen Hund war es mit Aufbietung aller Kräfte gelungen, die schlangenförmige Echse an die Felswand zu treiben. Dem Inu no Taishou war klar, dass er kaum mehr Zeit hatte, ehe er kampfunfähig war. Seine Verletzungen schmerzten, bluteten auch erheblich, das schwächte ihn zusätzlich. Er hatte nur noch diese eine Chance, wollte er die Dämonen und Menschen aus dem Ort, die Krieger seines Heere retten – und selbst einem überaus langsamen Tod entkommen. Er rief seine volle magische Macht ab.

Ryuukossei spürte es, hielt es allerdings für einen letzten Verzweiflungsversuch. Er wusste ebenso gut wie sein Gegner, dass der schon schwer verwundet war, während er selbst zwar Verletzungen im ungeschützten Bauch hinnehmen musste, aber das war nichts, was nicht bald heilen würde. Im schlimmsten Fall würde dieser sture Hund jetzt hier und sofort im Kampf draufgehen. Schade, das hätte er gern langsamer gehabt.

Wieso hob der jetzt die Vorderpfote? Ein Kratzer mit den Krallen würde ihm kaum Schaden zufügen. Von was also sollte das ablenken? Er achtete auf das Maul seines Gegners.

Und wurde vollkommen überrascht, als sich die Krallen direkt in seine Bauchseite bohrten, eine in ihm abbrach.

Im letzten bewussten Moment erkannte er einen ungeheuer mächtigen Bannkreis, der um ihn gelegt worden war. Er war nicht besiegt worden…nur hereingelegt…nie besiegt….
 

Der Imperator wandte sich erschöpft um, als er verstand, dass seine Falle funktioniert hatte, sein Gegner an die Felswand gebannt worden war. Jetzt erst fiel ihm ein, dass er in den letzten Minuten Kampfgeräusche gehört hatte. Hatten die Drachen etwa…?

Verwirrt erkannte er Krieger des Imperiums stehend, Menschen und Dämonen aus dem Ort auf der Flucht, die Drachenkrieger gefangen oder getötet. Das waren doch viel mehr Krieger, als er selbst mitgebracht hatte? Was war nur geschehen…?

Er konnte kaum mehr denken, kaum mehr etwas erkennen. Und es schien ihm auch nie so schwer gefallen zu sein, sich in seine menschliche Gestalt zu verwandeln….
 

Ein Offizier rannte zu ihm: „Mein Imperator! Du hast gewonnen…“ Er stützte ihn besorgt: „Der...der medicus kommt sicher gleich...“

Ein Zenturio kam eilig heran: „Der Sieg ist unser, mein Imperator…Stütz dich auf mich…“

Zu zweit halfen sie ihm.

Wieso der Sieg…? Der Imperator versuchte mühsam etwas zu erkennen. Doch, das mussten zwei oder sogar noch mehr Divisionen des Imperiums sein, die hier waren, zwei davon waren frisch hinzugekommen, ihrerseits den Drachenkriegern in den Rücken gefallen, und hatten die Geiseln befreit. Wer…?

Der Wind der Steppe schien ihm kalt wie nie zuvor.
 

Sesshoumaru betrachtete noch einmal kurz das Umfeld. Die Schlacht war gewonnen, sicher, durch die Entsatztruppe, die er gebracht hatte und mit der er den vollkommen überraschten Drachen in den Rücken gefallen war, aber...ja, aber. Alle Dämonenkrieger schienen so bedrückt. Dabei sollten sie doch froh sein. Und der Kampf gegen den Drachen, den er da noch teilweise von seinem verehrten Vater gesehen hatte…

Ein Zenturio verneigte sich vor ihm: „Mein Cäsar…“

„Wo ist der Imperator?“

„Er…der medicus ist bei ihm….“

Vater? Sesshoumaru fuhr zusammen. Der hatte doch gewonnen?

„Der…der Zweikampf gegen diesen Drachen scheint ihm etwas zugesetzt zu haben...“ erklärte der Dämon vorsichtig.

„Bring mich hin.“
 

Nur kurz darauf stand Sesshoumaru an dem Platz, wohin man den Imperator gebettet hatte. Dieser war sichtlich schwer verletzt. Man hatte ihm die schwere Panzerung abgenommen, die Kleidung darunter ausgezogen, ihn mit bereits wieder blutigen Tüchern bedeckt. Als der Heiler den Thronfolger näher kommen sah, flüsterte er etwas seinem Patienten zu. Dieser winkte und so wich der medicus zurück.

„Sesshoumaru...“ sagte der Herrscher leise.

Der versuchte, nicht zu zeigen, wie sehr ihn der Anblick traf, und ließ sich höfisch auf ein Knie nieder. „Mein Vater und Imperator…“

„Du hast uns den Sieg gebracht.“

„Ich hoffe. – Du hast dich dem Kampf gegen Ryuukossei gestellt.“

„Ja. Und gewonnen. Wenn auch dafür bezahlt. – Wie…wieso kamst du her?“

Der Thronfolger zögerte, ehe er beschloss, dass er nicht lügen konnte und sollte: „Inuyasha. Dessen Freunde unter den Dämonenjägern fanden heraus, dass Naraku mit den Drachen unter einer Decke steckt und das wohl eine Falle sei.“ Und da er den herumirrenden Blick des Schwerverletzen richtig verstand: „Inuyasha und die Dämonenjäger sind in Maimai, um Naraku zu fangen.“

„Dann habt ihr...zusammengearbeitet?“

„Ja.“

Der Imperator schloss kurz die Augen. „Stütz dich weiter auf ihn….er ist ein guter Junge…“

„Mein Herr und Vater….du wirst das hier überleben…“ Sesshoumaru erschrak. Das klang so nach Abschied. Wie konnte sein mächtiger Vater….aber da sah er dessen Augen. Das Feuer darin war erloschen. Sie wurden matter. Sollte das heißen...

Nein, das durfte nicht sein. Vater war doch …Vater. So mächtig, so selbstsicher, so unverwundbar….

Und er war doch erst so kurz Thronfolger, hatte so wenig Ahnung…

Und er hatte doch Inuyasha versprochen, dass Vater nichts zustoßen würde….
 

„Ich habe nur wenig Zeit, sagte der medicus…“ Der Imperator blickte zu seinem Sohn: „Du bist fähig, mein Junge, sehr. Und du hast Hilfe…du hast deinen Bruder…“ Und er war froh, dass sein Ältester hier war, gekommen war, für seine Männer, für das Imperium - und für sich.

„Der medicus irrt….“ Sesshoumaru wusste nicht, was er sonst sagen sollte. In einer solchen Situation war er nie zuvor gewesen, nie zuvor von solchen Gefühlen überschwemmt worden.

Ein Lächeln glitt um den Mund des Inu no Taishou: „Nein, aber das weißt du auch. Die Verletzungen sind zu schwer…. Immerhin habe ich allen Zeit erkauft… Und du bist gekommen. – Das Heer?“

„Es gab wohl Verletzte und Tote, aber die meisten stehen um dich.“ Konnte er das nicht einmal mehr erkennen?

„Das ist dann den Preis…wert gewesen.“

Der mächtige Hundedämon schloss die Augen.

„Vater….? Vater?“

Sesshoumaru sah erschüttert, wie sich der Körper vor ihm entspannte und er wusste, was das bedeutete. Nein, das durfte doch einfach nicht passieren…das durfte nicht…Vater?!
 

Langsam stand er auf, kaum registrierend, dass sich das Heer vor dem neuen Imperator in den Sand warf, als seine Hand zu einem Schwert im Gürtel glitt.

„Bleib bei mir“, bat er leise.
 

Der Imperator öffnete die Augen. Seine Hand strich über sein Herz, ehe er zu seinem Sohn aufsah: „Tenseiga…“

„Ich …“ Was hätte er sagen sollen.

Der Inu no Taishou bemerkte, dass ihn seine Krieger anstarrten und erhob sich langsam: „Du hast dich wohl noch nicht als Imperator gefühlt?“ Er hätte ihn nie darum bitten können, ihn ins Leben zurückzuholen, das hätte sein Stolz nie zugelassen – und er hatte ihm letztlich die Entscheidung überlassen. Nun, er war froh darum: „Danke.“

Und auch dir, Izayoi, dachte er, auch dir sage ich Dank. Denn dein Rat Sesshoumaru zu zeigen, was ein Zuhause ist, hat ihn mir nahe gebracht und mir jetzt das Leben gerettet. Du hast mir zwei Söhne geschenkt…
 

***

Im folgenden Kapitel taucht Inuyasha in Maimai auf – und der Statthalter wundert sich: ein Tornado hätte ähnlichen Effekt…
 

bye
 

hotep

Maimai

Alles Gute zum Geburtstag, malou.
 

22. Maimai
 

Inuyasha starrte mit einem gewissen innerlichen Seufzen auf das Schiffsdeck vor sich. Sein Verdruss galt weniger der Geschwindigkeit. Die Segel ließen das schnelle Boot förmlich über das Meer fliegen. Sobald der Wind nachließ, wurden sie eingezogen und die Ruderer übernahmen. Schon in zwei Tagen würden sie in Maimai eintreffen, das hatte ihm der Kapitän versprochen, als er etwas Ungeduld zeigte.

Was den jungen Halbdämon störte waren die Leute, die er eigentlich für seine Freunde hielt. Weiter vorn am Deck stand Kagome neben Kouga und ließ sich von ihm allerlei Fische und Delphine erklären und er fühlte sich einsam. Sicher, Kohaku hielt sich immer in seiner Nähe auf, aber er hatte durchaus bemerkt, dass sich die Senatorentochter lieber mit dem ihr seit Jahren bekannten Gladiator unterhielt als mit ihm.

Nun ja, was hatte er auch erwartet. Sicher war sie ihm dankbar, dass er sie vor Naraku gerettet hatte – aber eigentlich hatte Sesshoumaru sie von Mukotsu befreit. Sie kannte Kouga länger als ihn und der war eben ein richtiger Dämon. Und, zu allem Überfluss, musste sie in seiner Gegenwart die Etikette beachten, ihn mit Inuyasha-sama anreden, da sie jede Menge Zuhörer hatten. Das war sicher auch nervend.

Ob das Sesshoumaru auch so kannte? War es eben das Los des Imperators und seiner Söhne allein zu sein, da zu sitzen und keine wahren Freunde zu haben? War Vater darum auch so mit Myouga glücklich? Denn der Flohgeistkanzler war mehr als loyal, das hatte Inuyasha in den wenigen Monaten am Hofe schon festgestellt.

Vater…Hoffentlich schaffte es sein Halbbruder, dem noch rechtzeitig die andern Krieger zu bringen. Doch, das würde Sesshoumaru sicher tun. Er musste nur ebenso Vertrauen in den haben, wie der in ihn gesetzt hatte. Und er würde ihn nicht enttäuschen.
 

Er sah, wie sich Kagome mit einem Lächeln von dem schnellen Wolf verabschiedete, ehe sie sich umdrehte und tatsächlich zu ihm kam…nein, sie kam näher und verneigte sich.

„Komm schon“, sagte er daher: „Wir sind hier nicht bei Hofe!“ Das war wirklich lästig.

„Danke.“ Kagome bemerkte seinen Wink und setzte sich zu ihm. Es war wirklich nett, dass der Sohn des Imperators nicht vergaß, wer seine Freunde waren. „Was hast du vor, wenn wir in Maimai sind?“

„Ich werde mit Sangos Vater sprechen. Die Dämonenjäger beobachten die Bande doch schon die ganze Zeit. Und dann werde ich mir Naraku schnappen.“

„Ich hoffe, du willst da nicht allein hingehen? Ich meine, er hat doch diese Krieger um sich? Fünf sind es noch?“

„Ich glaube schon. Also, einen hat Kouga getötet, einen Sesshoumaru….“ Das klang, als ob er gar nichts getan hatte und er fühlte sich ziemlich schlecht.

Aber sie lächelte: „Du warst doch auch da. Nein, wirklich, Inuyasha. Kouga sagte mir, dass es deine Idee war, ihn zu Souta in den Süden zu schicken. Du hast meinem Bruder vermutlich das Leben gerettet und hast irgendwie auch sogar den Cäsar überredet mir zu helfen. Ich möchte nicht, dass du dich in Gefahr bringst. Bitte, nimm die Dämonenjäger mit und Kouga und…und mich….“

„Kagome, diese Krieger sind wirklich gefährlich und du …na ja…“

„Ja, sie haben mich entführt“, gab sie zu: „Und ich weiß, dass ich da nicht gerade einen guten Eindruck hinterlassen habe…aber vielleicht kann ich anders von Nutzen sein? Ich meine, ich weiß, dass du der Sohn des Imperators bist….“

„Hör schon auf!“ fauchte er: „Glaubst du denn, es geht mir darum? Ich will nicht, dass dir etwas passiert.“

Irgendwie sah sie in diesem Moment wieder den jungen Gladiator vor sich, als ihre Mutter ihn eingekauft hatte, nicht den Sohn des mächtigen Imperators, den dritten Mann im Reich: „Das ist ja auch lieb von dir, wirklich“, beteuerte sie daher: „Und ich weiß ja auch, dass Kouga und du Mutter und mich gerettet habt, als dieser Verrückte…Moment. Das war doch einer der sieben Krieger?“

„Ja.“

„Oh, Inuyasha….Ich…ich weiß nicht, ob das so richtig ist…aber…aber darf ich dir etwas schenken?“

„Was meinst du?“

„Ich meine, du bist der Sohn des Imperators und…na ja…du wirst sicher alles bekommen, was du willst….aber…ich habe hier eine Kette…sie soll magisch sein und…und ich würde mich wirklich freuen, wenn du sie trägst, damit sie dich schützen kann…“

„Dann solltest du sie tragen, es könnte in Maimai gefährlich werden. Na, gib schon her.“ Es war schließlich unhöflich ein Geschenk zurückzuweisen. So ließ er sich die Kette aus Perlen und Fangzähnen über den Kopf streifen.
 

Der Prätor musterte den ihn nur flüchtig Bekannten, ehe er höflich den Kopf neigte: „Inuyasha-sama...“ Er hatte seine Kämpfe in der Arena gesehen – aber wie fähig war der Junge außerhalb?

Der Halbdämon hatte den abschätzenden Blick durchaus bemerkt: „Ehe du fragst: ich habe Befehl und Vollmacht meines…des Imperators Naraku zu verhaften. Wo ist er? Und wo sind die Krieger samt den Drachen?“

„Meine Jäger beschatten sie überaus vorsichtig, also sowohl die fünf Drachen als auch die fünf Krieger. Der ehemalige Senator Naraku hat sich in einem Landhaus verborgen, das weit außerhalb der Stadt liegt, am Berg Hakurei, genauer, an dessen Spitze. Ab und an besuchen ihn die Krieger, erst zweimal auch die Drachen, ansonsten Händler. Nach den letzten Berichten sind die Krieger im Moment allerdings bei ihm.“

„Gut. Dann brauche ich eine genaue Beschreibung, wie man zu dem Berg Hakurei kommt. Und dann werde ich den Mistkerl übernehmen, mit Kagome, Kouga, Sango und Miroku. Und ihr kümmert euch um die Drachen.“

Der Prätor starrte ihn an, ehe er sagte: „Inuyasha-sama, du bist der Sohn des Imperators, aber…“

„Hast du was gegen meinen Plan?“

„Das…war ein Plan?“ entfuhr es dem Anführer der Dämonenjäger, ehe es ihm gelang sich auf die Zunge zu beißen.

Inuyasha fühlte sich an seinen Taktiklehrer erinnert: „Ja.“ Er suchte hastig eine Begründung. Immerhin war das ein erfahrener Krieger und er wollte doch weder sich noch Vater blamieren: „Die Drachen haben einen Aufstand gegen das Imperium unternommen und ein Heer unter dem Befehl des Imperators ist zu ihnen unterwegs. Es ist daher sehr wichtig, dass die fünf hier gefangen werden um Auskunft zu geben. Da Drachen recht fähige Kämpfer sind ist es sicher gut, wenn so…so erfahrene Leute wie ihr sie übernehmt. Umgekehrt: ich und Kouga kennen die Krieger, haben gegen so etwas schon gekämpft. Sango ist bestimmt auch keine schlechte Kämpferin, oder? Die venatrix?“

Deren Vater fühlte sich prompt etwas geschmeichelt, fragte jedoch: „Und was sollen wir mit den Drachen tun, wenn wir sie gefangen haben? Der hiesige Statthalter weiß nichts von unserem Einsatz.“

„Dann werden wir es ihm eben sagen. Komm mit, Prätor.“ Da sich dieser sofort erhob, fuhr Inuyasha nachdenklich fort: „Heißt der Kerl nicht Pilates?“ Es war schwer, sich alle Namen zu merken: Statthalter und Generäle, Provinzen und ihre Hauptstädte, aber er versuchte sein Bestes. Vater hatte so gelächelt, als ihm Myouga in seiner Gegenwart berichtet hatte, dass die Lehrer zufrieden mit ihrem neuen Schüler waren…Vater.

„Pilatus, Inuyasha-sama. Pontius Pilatus. Er…“

„Ja, ich erinnere mich jetzt. Er bekam die Aufgabe hier, nachdem er im Westen ganz ordentliche Arbeit geleistet hatte.“ Und er sollte gegenwärtig an der Grenze des Imperiums zu den Einöden im Süden auch die militärische Abschirmung übernehmen. Nun ja, wenn der bislang nicht bemerkt hatte, dass hier fünf Drachen in seiner Provinzhauptstadt spazieren liefen, geschweige denn, ein gesuchter Hochverräter in der Nähe sein Lager aufgeschlagen hatte, war es wohl mit seinen Fähigkeiten nicht weit her - zumindest, wenn es darum ging, ein funktionierendes Spionagenetz aufzubauen.
 

Der Statthalter war mehr als verwundert, als ihm der Sohn des Imperators samt dem Anführer der Dämonenjäger gemeldet wurde. Was suchte denn der Thronfolger in seiner Provinz? Das klang nach Ärger. Sein Erstaunen wuchs, als er bemerkte, dass nicht Sesshoumaru eintrat sondern ein...ja, das war doch ein Halbdämon? Was tat denn der Prätor mit einem derartig seltsamen Wesen?

„Was verschafft mir die Ehre des Aufenthalts der Dämonenjäger und dieses ...hm...Geschöpfes?“

Inuyasha verlor kein Wort, als er auf den Statthalter zuschoss und ihn an der Kehle packte: „Ich denke mal, du hast hier etwas nicht ganz verstanden. – Prätor, stellst du mich passender vor?“

Der Anführer der Dämonenjäger erkannte zum ersten Mal die Ähnlichkeit des jüngeren Sohnes des Imperators mit seinem Halbbruder. Auch Sesshoumaru konnte so kühl einen anderen mustern, den er gerade buchstäblich am Kragen hatte. „Das ist Inuyasha-sama, Pilatus“, erklärte er daher eilig: „Der jüngere Sohn des mächtigen Imperators, Ruhm und Ehre sei ihm. Im Auftrag des Herrschers.“

„Ich…verzeih, bitte…“ brachte der Statthalter hervor: „Ich...ich habe nur noch nie von einem zweiten Sohn gehört, Inuyasha-sama…“ Nun, womöglich einfach deswegen, weil der noch quasi im Schulzimmer gesessen hatte. Besonders alt schien er nicht zu sein – aber stark. Immerhin war er selbst ein vollwertiger Dämon – dagegen hatte er jedoch keine Chance gehabt. Erleichtert fühlte er sich losgelassen und erkundigte sich nur: „Kann ich dir bei deinem Auftrag behilflich sein? – Oh, bitte setzt euch doch.“

Inuyasha tat es besänftigt und erklärte: „Ich habe Vollmacht Senator Naraku zu verhaften. Sagt dir das was?“

„Äh, natürlich. Die Nachricht, dass dieser Senator seiner Ämter enthoben ist und des Hochverrates beschuldigt wird, kam vor einigen Wochen. Aber…was suchst du dann hier?“

„Weil er hier ist?“ schlug der Halbdämon vor.

„Unmöglich. Das wüsste ich!“ Der Statthalter fühlte sich nicht gerade wohl in seiner Haut. Wenn das stimmte und sich ein Verräter hier verborgen hatte….

Aber es sollte noch schlimmer kommen: „Abgesehen davon: Drachen machen einen Aufstand und fünf von ihnen leben seit einiger Zeit hier in deiner Hauptstadt. Anscheinend ist Maimai der Treffpunkt für Leute, die eine Rebellion gegen das Imperium planen. Hast du eigentlich so etwas wie einen Nachrichtendienst? Spione?“

„Ja, ich…“ Ach du liebe Güte. Da wackelte wohl nicht nur sein Posten als Prokurator sondern auch sein Kopf. Wer wusste schon, mit welchen weiteren Vollmachten der mächtige Imperator seinen Sohn ausgestattet hatte: „Ich werde sie unverzüglich für diese Nachlässigkeit bestrafen!“

„Nicht nötig“, erklärte Inuyasha großzügig: „Die Dämonenjäger werden sich um die Drachen kümmern und ich mich mit meinen Leuten um Naraku und seine Krieger. Du hast doch bestimmt einen sicheren Platz, wo man sie unterbringen kann?“

„Ja, natürlich. Ich...ich werde Vorsorge treffen lassen.“ Und was für welche. Das würde der bestgesichertste Kerker des Imperiums werden. Noch schien der Sohn des Imperators ihm eine Chance geben zu wollen und das sollte er nutzen. Wurden die Verräter festgenommen, konnte er seine Hände in Unschuld waschen und würde Leben und Posten behalten. Nicht auszudenken dagegen, wenn da noch einmal etwas schief gehen würde. Er kannte den Imperator gut genug, um zu wissen, dass dieser Versehen verzieh – Unfähigkeit nie. Und er würde dem Bericht seines Sohnes sicher Glauben schenken: „Darf ich dann euch noch Krieger zur Verfügung stellen?“

„Ich brauche keine.“ Inuyasha sah seitwärts: „Du etwa, Prätor?“

„Nein.“ Der Anführer der Dämonenjäger hatte durchaus die gewisse Verachtung in der Stimme des ehemaligen Gladiators gehört. Und da er dessen Attacke schon in Aktion gesehen hatte, benötigte der wohl wirklich keine weitere Hilfe. Da sollten er und seine Leute nicht zurückstehen.

Pilatus nickte nur: „Wie du willst. – Darf ich fragen, wie es dem mächtigen Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, ergeht?“

„Ich denke, gut.“ Der jüngere der beiden Söhne zuckte die Schultern, ehe er zugab: „Der Imperator und der Cäsar sind im Kampf gegen die Drachen. Ich denke, sie könnten inzwischen schon mit ihnen fertig sein.“

„Der Imperator UND der Thronfolger…?“ War die Lage etwa so gefährlich?

Inuyasha bemerkte, dass der Statthalter aufmerksam wurde – und er wohl einen Fehler begangen hatte. Diese höfischen Redereien waren einfach nichts für ihn: „Ja, und? Wie soll mein Bruder denn sonst lernen, wie man ein Heer führt?“ fauchte er unwillkürlich.

Das stimmte natürlich und bedeutete wohl eher, dass der Imperator angenommen hatte, mit den Drachen mühelos zu Rande zu kommen, da er sicher nicht das Leben seines Erben aufs Spiel setzen würde. Und so weit entfernt von seiner eigenen Provinz lebten die Drachen nicht…..Der Prokurator beschloss vorsichtig zu sein. „Natürlich, Inuyasha-sama. Daran dachte ich nicht.“

„Das wiederum denke ich mir. – Also, sorge du für eine sichere Unterkunft. Ich habe jetzt ein Treffen mit ein paar Kriegern und einem ehemaligen Senator.“ Inuyasha stand auf und der Prätor folgte eilig diesem Beispiel.

Als die beiden den Raum verlassen hatten, rieb sich der Statthalter kurz über die Stirn, ehe er den Anführer seiner Krieger zu sich befahl.
 

Inuyasha begrüßte Miroku und Sango, die sich höflich von ihm verneigten nicht so, wie er es gern getan hätte, standen doch die anderen Dämonenjäger und Kouga bei ihm: „Sehr gut. – Kohaku und Kagome, meine Priesterin kennt ihr ja. Das ist Kouga, ein Gladiator, aber das wisst ihr auch. Wir gehen jetzt zu dem Berg Hakurei und nehmen Senator Naraku fest, wenn es geht, lebend. Irgendwelche Neuigkeiten?“ Er sprach unwillkürlich Miroku an und merkte erst dann, dass er einen Fehler begangen hatte, war der doch nur der Freigelassene Sangos: „Venatrix?“ ergänzte er darum eilig. Es war wirklich schwer, sich in diesem Höflichkeitswirrwarr zurecht zu finden.

Diese nickte allerdings nur: „Ja, Inuyasha-sama. Das Haus, in dem sich der ehemalige Senator verborgen hält, liegt oben auf dem Berge Hakurei. Wir konnten herausfinden, dass es von einem mächtigen Bannkreis umgeben ist, den wohl Naraku selbst gelegt hat. Die fünf Krieger befinden sich im Moment innerhalb des Bannkreises – zumindest, als ich dort war, was erst eineinhalb Stunden her ist.“

„Gut. Dann gehen wir. – Viel Glück, Prätor.“

„Danke, Inuyasha-sama.“ Der Anführer der Dämonenjäger verriet durch nichts seine Verwirrung über das Betragen des jüngeren Sohnes des Imperators, das zwischen Nonchalance und höfischem Benehmen schwankte. Schließlich kannte er auch den Älteren – und dagegen war der Umgang mit Inuyasha nicht derart gefährlich.
 

Erst, als sie unterwegs waren, wagte es Miroku neben den Halbdämon zu gelangen, während Kohaku und Kouga hinter ihm liefen und die beiden jungen Frauen den Abschluss bildeten. „Da gibt es noch etwas, das du wissen solltest.“

„Und?“

„Der Bannkreis ist speziell gegen Dämonen gerichtet. Ich fürchte, Kouga oder auch du werdet auf Probleme stoßen. Allerdings weiß ich nicht, was Halbdämonen so alles verwunden könnte, “ gab er ehrlich zu.

„Keh! Das sehen wir dann schon. Du kämst also durch?“

„Sango auch. Bei Kagome bin ich mir nicht ganz sicher, weil ich sie kaum kenne. Ich meine, ich weiß, dass sie Sangos Freundin ist und eine Priesterin, aber…“

„Schon klar. Danke für die Warnung.“ Also sollte er zusehen, dass er Kagome lieber irgendwie anders beschäftigte. Er wollte sie nicht in Gefahr bringen – andererseits aber auch nicht kränken. Das war wirklich schwierig, Befehle erteilen zu sollen. Aber er würde diesen Mistkerl von Naraku fassen und das Vertrauen rechtfertigen, das Vater und Halbbruder in ihn gesetzt hatten. Hoffentlich ging es den beiden gut. Es war so schön, eine Familie zu haben, auch, wenn die domina da wohl nicht dazugehörte. Aber allein diese beiden...nein, er wollte sie nicht enttäuschen.
 

Ein Drachenstamm nach dem anderen wurde von dem Heer des Imperiums aufgespürt und überwältigt. Die Dämonenkrieger wollten schließlich weder hinter dem Herrscher noch hinter dem Thronfolger zurückstehen, die beide mit gewissem Ingrimm kämpften, Stamm um Stamm mit dem Höllendrachen und der Drachenwelle zur Unterwerfung zwangen, Attacken, von denen ihre eigenen Kämpfer nur hofften, dass sie sich nie gegen sie richten würden.

Der Imperator betrachtete den alten Drachen, der waffenlos vor ihm kniete, seine Bezwingung und damit die seines Stammes soeben bekundet hatte: „Kannst du mir eigentlich erklären, warum ihr alle so bereitwillig Ryuukossei folgtet? Ihr müsstet doch gewusst haben, dass ich ihn bereits einmal besiegte. Und erzähle mir nicht, dass meine damaligen Forderungen unerträglich gewesen wären.“

„Nein, domine.“ Der Stammesführer wagte nicht aufzusehen. „Der Frieden war erträglich, sicher. Aber Ryuukossei…nun, er hatte Waffen und Geld und versicherte uns, dass mächtige Personen des Imperiums ihn unterstützen würden. Würden wir siegen, wäre das Drachenland wieder frei vom Tribut.“

„Tribut.“ Der Imperator klang nachdenklich: „Wenn ich mich recht entsinne, zahlt ihr nichts – außer, dass ihr die Handelskarawanen nicht überfallen dürft. Wie grausam von mir, fandet ihr? Ich verspüre gute Lust, Drachen einmal zu zeigen wie erbarmungslos ich sein kann.“

Der Stammesführer verfiel nicht in den Fehler diese Anwandlung für ungefährlich zu halten. Immerhin standen drei Divisionen des Imperiums um sein halb zerstörtes Dorf und er hatte zuvor bereits gehört, dass fast alle anderen Stämme bereits besiegt worden waren, ja, der Imperator im persönlichen Duell den mächtigen Ryuukossei geschlagen hatte. Und er wusste, was dieser im umgekehrten Fall mit dem Inu no Taishou geplant hatte – was diesen sicher kaum gefreut hatte. So stammelte er: „Wir…wir haben einen schrecklichen Fehler begangen, mächtiger Imperator. Aus Angst vor Ryuukossei, domine….ich meine…du weißt, wie er ist…war…wenn man ihm widerspricht….verzeih diesen Fehler…Gnade.“

Im nächsten Moment spürte er eine metallgeschützte Hand um seine Kehle, die ihn emporzog und drosselte, so dass er wie eine Puppe in der Hand des Dämonenherrn hing.

„Dann nenne mir einen einzigen Grund, warum ich dich nicht hier und jetzt töten soll und deinen gesamten Stamm dazu.“

Der Drache starrte in goldfarbene Augen, in denen kein Funken Wärme lag. Würgend brachte er hervor: „Tu, was du willst, du bist der Herr…aber die Kinder….sie tragen keine Schuld…“ Er fühlte sich frei gegeben und fiel wieder zu Boden, barg keuchend sein Gesicht im Staub.

„Ein guter Grund“, sagte der Imperator kühl: „Und Kinder brauchen Eltern. – Geh.“ Während der Drachenführer erleichtert gehorchte, sah er zu seinem Sohn: „Verstehst du?“

„Ich denke, mein Herr und Vater. Besiegen, die Konsequenz zeigen und dennoch schonen. – Zum zweiten Mal.“

„Es wird kein drittes geben. Und das wissen sie. Ich wiederum weiß, dass alle Drachen gewissen Respekt, ja, Furcht, vor Ryuukossei hatten. – Das war wohl der letzte Stamm.“

„Soweit die Späher sagten, ja. Gehen wir nach Maimai?“

„Traust du deinem Halbbruder nicht zu, einen ehemaligen Senator zu verhaften?“ Aber der Imperator lächelte. „Nun, vielleicht sollten wir uns in der Tat dort einschiffen. Ich hoffe, Myouga hat das Imperium inzwischen ordentlich verwaltet.“

Sesshoumaru spürte, dass ihm heiß wurde. Er hatte seinem Vater bislang nicht erzählt, wie er über die Regentschaft entschieden hatte – und ihm war klar, dass dieser nur darum nicht nachgefragt hatte, weil er zu seinem Flohkanzler keine Alternative sah: „Ich...ich habe die Regentschaft nicht Myouga anvertraut, domine,“ sagte er bemüht formell, sich nur zu bewusst, dass sich seine Eltern entfremdet hatten: „Sondern meiner Mutter.“

Der Inu no Taishou musterte ihn. Natürlich. Er vertraute seiner Mutter, warum hatte er daran nicht gedacht? Nun, gleich, was sie von ihrem Ehemann hielt, so würde sie wohl die Interessen ihres Sohnes wahren. Es blieb abzuwarten, welche Fallen für ihn selbst in der Hauptstadt aufgebaut worden waren – und, wer von ihnen beiden im Moment als der wahre Imperator galt. Immerhin war sein Ältester loyal gegen ihn, ja, hatte ihm das Leben gerettet. Und auch Inuyasha würde mit ihnen zurückkehren.
 

***
 

Das Imperium schlägt zurück....

Es wird also in Maimai zu einem Familientreffen kommen. Der arme Statthalter.

Das nächste Kapitel wird zeigen, wie Inuyashas „Plan“ funktioniert.
 

bye
 

hotep

Am Berg Hakurei

Der Prokurator blickte äußerst unwillig auf, als die Tür seines Arbeitszimmers ohne Vorankündigung von seinen beiden Wachen aufgerissen wurde. Er setzte bereits zu einem scharfen Tadel an, ehe er erkannte für wen diese geöffnet worden war. Eilig sprang er auf, um sich unverzüglich auf ein Knie niederzulassen, bemüht, seine unwillkürliche Furcht nicht zu zeigen: „Ruhm und Ehre dem Imperator! Willkommen in Maimai, domine….“ Wieso hatte ihn denn keiner seiner Krieger oder seiner ach so treuen Freunde in der Hauptstadt vorgewarnt? Oder wenigstens Inuyasha…Inuyasha-sama?

Der Imperator warf einen kühlen Blick in dem sorgfältig dekorierten und möblierten Raum umher: „Danke, Pontius. Es ist dir doch sicher möglich meine Krieger zu versorgen, die augenblicklich außerhalb der Stadt lagern?“

Auch das noch: „Ja, domine.“ Das klang nicht so, als ob das nur die zehn Hundedämonen wären, die hinter ihm standen. Und eine ganze Division IN der Stadt, nun, darauf konnte man verzichten.

„Du bist recht elegant eingerichtet. Erstaunlich für den Statthalter einer derart armen Provinz.“

„Ich bitte um Vergebung, aber Maimai an sich ist sehr eine reiche Stadt, das gleicht die Bilanzen aus.“ Oh, oh, das sah nach einer Steuerprüfung aus. Und er kannte den Imperator gut genug um zu wissen, dass der schon in wenigen Stunden Audienzen für alle Bewohner der Provinz ansetzen würde, um zu hören, wie sie mit ihrem Statthalter zufrieden waren. Da könnte durchaus gewisser Ärger auf ihn zukommen, waren diese Menschen doch recht fanatisch in ihrem Glauben – was er selbst überhaupt nicht verstand, hielt er sich doch lieber an Realpolitik. Selbstverständlich huldigte er an Feiertagen den Göttern, wie es Brauch war – aber eben nur darum. Um etwas abzulenken meinte er: „Ich darf dich, domine, vielleicht darauf aufmerksam machen, dass Inuyasha-sama mit einigen seiner Leute zum Berg Hakurei ist, um den ehemaligen Senator Naraku festzunehmen, während die Dämonenjäger es auf seinen Befehl hin bereits vermocht haben, die fünf verdächtigen Drachen zu verhaften. Es gab keine Toten.“

„Danke.“ Der Imperator warf einen raschen, zufriedenen Blick zu seinem Ältesten, der höflich schräg hinter ihm stand. Der Kleine schien sich nicht ungeschickt anzustellen. Dann sollte man ihn auch allein weitermachen lassen. Unterstützung konnte ebenso als Geringschätzung aufgefasst werden, zumal, wenn man sich noch nicht so gut kannte: „Dann zeige mir und dem Cäsar unsere Gästezimmer. Danach werde ich mit deinen Beratern sprechen – und natürlich mit Menschen und Dämonen aus Maimai und Umgebung.“

„Ja, domine.“ Aber der Prokurator konnte trotz aller dämonischer Nüchternheit nicht verhindern, dass eine ungewohnte Panik in ihm aufwallte. Er hatte schon von Provinzstatthaltern gehört, die sich innerhalb kürzester Zeit als Ortsvorsteher in einem weit abgelegenen Dorf im Hinterland wieder gefunden hatten – um Verwalten besser üben zu können, wie die offizielle Begründung der Verbannung gelautet hatte.
 

Als die Gruppe um Inuyasha den Fuß des Berges Hakurei erreichte, blieben sie stehen. Steil erhob sich der große Hügel aus der Ebene, ein Vorbote der schneebedeckten Berge dahinter. Aber was den jungen Halbdämon und seine Freunde bewog, anzuhalten, war der mächtige Bannkreis, der sich um den Fuß des Berges bis in dessen halbe Höhe zog.

„Ach du liebe Güte…“ äußerte Kouga. „Ich habe ja in meinem Leben schon einige Bannkreise kennen gelernt, aber das ist wirklich ein unangenehmer.“

Kagome warf ihm einen raschen Blick zu: „So stark? Spürst du ihn schmerzhaft?“

„Na ja, nicht unerträglich“, gab der Wolfsdämon zu: „Aber ein schwächerer Dämon als ich…“ Unwillkürlich sah er zu dem Halbdämon. Es wäre mehr als unerquicklich dem Imperator beichten zu müssen, dass sein Jüngster geläutert worden wäre.

Inuyasha schien jedoch recht unbeeindruckt, meinte allerdings: „Das Ding zieht sich um den gesamten Berg? Kann so etwas etwa dieser Naraku?“ Und was sollte er jetzt machen oder sagen? Alle anderen guckten ihn abwartend an. So entschied er spontan: „Kouga, du nimmst Kagome und gehst einmal um den ganzen Berg. Ihr beide könnt doch sicher am ehesten feststellen, ob es irgendwo eine Schwachstelle gibt. Pass aber gut auf sie auf, klar?“

Kouga nickte, sicher, dass das sein eigenes Todesurteil wäre, wenn der jungen Priesterin etwas zustoßen sollte. Umgekehrt wusste doch Inuyasha nur zu gut, wie sehr er selbst sie schätzte, um das gelinde auszudrücken, und gab sie daher in gute Hände. So drehte er sich nur um: „Dann komm, Kagome.“ Seitdem sie in Maimai angekommen waren, trug sie Bogen und Pfeilköcher mit sich. Er wusste nicht genau, was sie damit anstellen konnte, aber er wollte sie wirklich auch nicht kränken. So schwieg er, nahm sich aber vor, sich unter keinen Umständen auf sie zu verlassen. Er war ein Wolfsdämon, kriegserfahren und jahrelanger Gladiator – sie nur eine menschliche Senatorentochter.

Während die beiden sich nach rechts wandten, blickte Inuyasha zu den drei Menschen: „Sango, sind hier noch andere Dämonenjäger?“

Die venatrix erwiderte sofort: „Nein, sie wurden zurückgezogen, Inuyasha-sama.“

„Dann geht ihr beide, also du und Miroku, jetzt nach links, auch um den Bannkreis. Wenn ihr Kagome und Kouga trefft, kommt wieder her, dann sehen wir weiter. Irgendwo muss der Mistkerl doch einen Fehler gemacht haben.“

„Und was tust du?“ erkundigte sich Miroku, ehe ihm einfiel, mit wem er redete, und hastig ergänzte: „Ich meine, nicht, dass ich annehme, du willst dich drücken...ich meine…“

„Schon gut. Ich bleibe hier stehen. Das ist der Weg nach Maimai und wenn einer der Krieger hier rauskommt, schnappe ich ihn mir.“

Sango nickte, zu gut erzogen, um dem Sohn des Imperators auch nur andeuten zu wollen, dass ein solcher Alleingang riskant werden könnte, falls da nicht einer sondern mehrere Krieger kamen. Immerhin war ihr kleiner Bruder auch noch hier – und sie wusste um seine Fähigkeiten: „Ja. Dann komm, Miroku.“

Inuyasha blieb stehen, den schweigenden Kohaku hinter sich, und betrachtete den Bannkreis, das Landhaus oben auf dem Berg. Dieser ehemalige Senator schien anzunehmen, dass das und die paar Krieger genügen würden, um seinen Hals zu retten. Er würde sich täuschen.
 

Oben im Anwesen trat Kanna unangemeldet in das Arbeitszimmer ihres Vaters. Dieser sah unwillig auf, schwieg jedoch, als er Bilder in ihrem magischen Spiegel erkannte.

„Besuch?“ fragte er nur.

„Der Gladiator und vier andere, drei Menschen, ein Wolfsdämon. Kouga, der andere Gladiator.“

„Sage Bankotsu Bescheid. Die fünf Krieger sollen sich um sie kümmern. Danach gehst du unverzüglich durch die Höhlen.“ Ja, man sollte sich immer eine Hintertür offen halten: „Ohne auf mich zu warten, gehst du nach Maimai, ohne dass sie dich bemerken dürfen. Falls sie mein Schiff schon beschlagnahmt haben, mietest du ein anderes.“ Er bückte sich und nahm einen kleinen Beutel: „Hier. Die Reise soll in den Norden gehen, in die Provinz ….nun, das entscheide ich, wenn ich dort bin und es wirklich nötig sein sollte.“ Was natürlich bedeutete, dass die Krieger versagt hätten. Aber nichts war unmöglich, schon gar nicht, wenn dieser Inuyasha mit im Spiel war, das hatte er bereits zu seinem Leidwesen erfahren müssen. Dieser verfluchte Gladiator!
 

Kouga war bei weitem nicht so schnell wie allein, da er auf das Gehtempo der Senatorentochter Rücksicht nahm, aber er betrachtete sorgfältig den Bannkreis.

„Ist es sehr unangenehm?“ erkundigte sich Kagome prompt.

„Geht schon.“ Er hätte nie zugegeben, dass er weder sehen konnte, was dahinter lag, geschweige denn wittern – und dass die drohende Läuterung mehr als unangenehm war. Schließlich wollte er sich doch nicht vor ihr lächerlich machen.

Kagome ihrerseits spürte den Bannkreis kaum, auch, wenn sie den Eindruck eines Vorhanges hatte und daher nur schemenhaft erkennen konnte, was jenseits lag. Allerdings vermutete sie, dass es schlicht der Berg war. Naraku musste sich gut abgesichert haben. Nun, als gesuchter Verräter…Man sollte sich da schon vorsehen.
 

Im nächsten Moment schoss eine Wolke aus Flammen aus dem Bannkreis und schlug in den Boden ein. Nur dem selbst für einen Dämonen überaus schnellen Tempo Kougas, der unverzüglich die junge Priesterin gepackt und mit ihr einen gewaltigen Satz zurück gemacht hatte, war es zu verdanken, dass keiner der beiden verletzt wurde.

Kagome fühlte sich abgesetzt, sparte sich allerdings die Frage was los sei, da sie die Explosion mitbekommen hatte – und die zwei Krieger erkannte, die sich soeben aus dem Bannkreis bewegten. Einer war der Mann, der sie und Mutter vom Hausdach hatte werfen wollen, der andere war dieses seltsame Gefährt. War er überhaupt noch ein Mensch?

„Du bist schnell, Wolf“, sagte Renkotsu fast anerkennend: „Aber das wird dich nicht schützen.“

„Das werden wir ja sehen. – Kagome, verschwinde!“

„Aber…“ wandte sie ein.

„Hau ab, los! Wie soll ich kämpfen, wenn ich dauernd an dich mitdenken muss?“ Er wollte vor den Ohren der anderen nicht sagen, dass jemand auch Inuyasha informieren sollte. Überdies stimmte es. Wenn er sie beschützen müsste, wäre er in seinen Bewegungen behindert. Auch er hatte den Mann erkannt, der seine Arbeitgeberin und deren Tochter hatte umbringen wollen. Und der andere…das war weder Mensch noch Dämon, sondern fast ein mechanisches Werk: „Was hast du denn mit deinem Partner angestellt?“ erkundigte er sich, während er erleichtert bemerkte, dass die beiden die wegrennende Kagome nicht beachteten sondern sich auf ihn konzentrierten, in dem sie wohl zu Recht die eigentliche Gefahr sahen.

„Ihm das Leben gerettet.“ Renkotsu hob die Karaffe, die er in der Hand trug und nahm einen Schluck.

„Na, klasse.“ Kouga betrachtete misstrauisch das lebende Gefährt. Ein Mensch könnte doch nie so aussehen…. Im nächsten Moment musste er mit einem Sprung dem Feuerstrahl entkommen, den der Krieger aus seinem Mund gegen ihn schleuderte. Ein Feuerspucker? Was waren das nur für seltsame Typen? In jedem Fall die eigenartigsten Menschen, von denen er je auch nur gehört hatte.
 

Kagome rannte den Bannkreis entlang – und erstarrte, als sie auf dessen anderer Seite verschwommen wie im Nebel einen Mann entdeckte. Sie versuchte ihn genauer zu erkennen, ehe sie begriff, dass dieser wohl auch sie bemerkt hatte, denn er kam näher. Und er schien sich seltsamerweise zu verändern, größer zu werden. Außerdem hatte er doch vorher nicht diese stählernen Klauen an der Rechten besessen?

Sie blieb stehen und nahm unwillkürlich Bogen und einen Pfeil zur Hand. Das war wohl auch einer der sieben Krieger, aber er war nicht bei ihren Entführern gewesen. Dann musste das der Mann sein, der den Auftrag bekommen hatte, ihren kleinen Bruder zu töten. Sie spürte, wie ihr heiß vor Zorn wurde.

„Du willst kämpfen, kleine Göre?“ Der Krieger lächelte etwas: „Wie...nett. Glaubst du wirklich mich auch nur zu treffen? Du trägst die Kleidung einer Priesterin und die schießen nicht mit Pfeilen.“

Sie versuchte es dennoch, schließlich hatte sie geübt, auch, wenn das eher an der Tatsache lag, dass Gladiatoren in ihrem Elternhaus aus- und eingingen, als an der mehr oder weniger ungeliebten Profession. Mit einer Handbewegung wischte er jedoch diesen Pfeil beiseite und hob nun seinerseits die stählerne Klaue.

Kouga…Inuyasha…dachte sie, als ihr Zorn Angst wich, aber diesmal würde wohl keiner kommen. Das musste sie allein durchstehen. So fasste sie hastig nach dem nächsten Pfeil, als der Fremde mit fast unmenschlichem Tempo auf sie zuschoss.
 

Inuyasha begann nach zehn Minuten unruhig zu werden. Hier nur in der Gegend herumzustehen und darauf zu warten, ob vielleicht einer der Krieger auftauchen würde, lag ihm nicht. Außerdem hatte er ein ungutes Gefühl. Dieser dämliche Naraku hatte sich bislang durch ziemlich miese Tricks ausgezeichnet, da brauchte er nur an den versuchten Giftmord an sich selbst denken, genauer, an beide Versuche, denn er hatte durchaus nicht vergessen, dass er schon als Gladiator einen „Unfall“ hatte erleiden sollen. Goku hatte es an seiner Stelle erwischt. Der Einzige außer Kouga, der von seinen ehemaligen Kollegen noch lebte. Auch ein Punkt, den er Naraku heimzahlen wollte. Dieser Mistkerl sollte niemanden mehr töten...niemanden. „Kohaku.“

„Inuyasha-sama?“ Der junge Dämonenjäger stand sofort neben ihm.

„Geh zurück nach Maimai, zu deinem Vater. Wenn die Jäger die Drachen ins Körbchen gebracht haben, sollen sie herkommen.“

Kohaku sah ihn überrascht an, schwieg aber wohlweislich. Das war der jüngere Sohn des Imperators, die Nummer Zwei der Thronfolge und der dritte Mann im Reich.

Der Halbdämon hatte es jedoch bemerkt. Da er nicht zugeben mochte, dass er den Jungen schlicht aus der Schusslinie halten wollte, meinte er: „Verstärkung ist nie unnütz, oder?“

„Natürlich, ich bitte um Vergebung.“ Der kaum dem Kinderalter entwachsene Dämonenjäger lief bereits los und Inuyasha blieb allein zurück.
 

So fanden ihn auch Sango und Miroku, als sie zurückkamen, keine zehn Minuten später. Die venatrix war ein wenig beunruhigt ihren kleinen Bruder nicht mehr vorzufinden, erstattete aber höflich dem Sohn des Imperators Bericht:

„Wir sind umgedreht, ehe wir Kagome und Kouga getroffen haben. Ehe du zürnst, Inuyasha-sama, höre mich bitte an.“

„Äh, ja klar…“Er konnte sich einfach nicht an diesen höfischen Tonfall gewöhnen, zumal, wenn dieses Benehmen von Leuten kam, die er gern zu seinen Freunden zählen würde. Schließlich war er so lange allein gewesen…

„Wir fanden eine Höhle, die in den Berg führt. Ohne deine Erlaubnis wollten wir weder durch den Bannkreis gehen noch diese untersuchen. Aber ich würde es gern tun. Wenn ich dort oben ein Haus hätte und Hochverrat planen würde, würde ich zusehen, ob ich mir nicht einen Notausgang schaffen kann.“

„Du setzt demgemäß voraus, dass dieser dämliche Naraku so schlau wie die beste Jägerin des Imperiums ist?“ Der Halbdämon grinste, wurde aber rasch ernst: „Du meinst also, dass das nicht nur eine Grotte ist, sondern ein ganzes Höhlensystem?“

„Möglich wäre es“, erklärte Miroku sofort: „Der Felsen des Berges scheint aus reinem Kalk zu sein, da gibt es öfter Höhlen.“

„Und der Bannkreis?“

„Kein Problem“, erwiderte Sango, etwas geschmeichelt über das Lob. „Darf ich fragen…?“ Sie brach ab. Bei Sesshoumaru hätte ihr das bereits einen Blick wie Eis eingebracht – wenn nicht Ärgeres. Zwar war keinem ihr Bekannten je etwas geschehen, aber es hieß im Allgemeinen, dass es der Thronfolger nur zu deutlich ahndete, kam ihm jemand unhöflich.

Der jüngere Halbbruder schien jedoch gleichmütig: „Kohaku? Ich habe ihn nach Maimai geschickt.“

Sie atmete auf: „Danke, Inuyasha-sama.“ Selbstverständlich wäre der Sohn des Imperators nicht verpflichtet, einer Untergebenen seine Befehle zu erläutern. Allerdings verleitete der engere Umgang, den er mit ihnen pflegte, dazu, ihn für einen Freund zu halten. „Dann dürfen wir gehen?“

„Ja. Aber passt auf euch auf. Ich meine, diese Krieger sind wirklich nicht von Pappe.“

Statt einer Antwort schwang sich die Jägerin ihren riesigen Bumerang über die Schulter: „Ich danke dir.“

Die beiden verschwanden sofort und Inuyasha betrachtete erneut nachdenklich den Zauber vor sich. Menschen kamen da also ohne weiteres durch?
 

Sango und Miroku gelangten auch durch den Bannkreis zu dem Spalt, den sie entdeckt hatten.

„Warte“, sagte der Mönch und bückte sich: „Sieh her.“

„Was? Das ist ein Fußabdruck.“ Die Jägerin betrachtete die sandige Stelle: „Aber sehr klein…das müsste ja noch ein Kind gewesen sein.“

„Dann sind wir womöglich auf der richtigen Fährte.“

„Stimmt. Der jüngere...ach, was soll es…Inuyasha sagte doch, dass eine der Töchter Narakus entkommen und zu ihrem Vater geflohen sei.“ Sie nickte ihrem Freigelassenen zu: „Sie ging hier also weg. Wohin lässt sich kaum feststellen - oder wann. Es kann nicht lange her sein. Hoffentlich hat er uns noch nicht bemerkt.“

„Das werden wir wohl herausfinden müssen.“ Der Mönch trat in die Spalte: „Jedenfalls scheint hier reger Betrieb zu herrschen. Da sind Fackeln.“

„Nehmen wir eine. In völliger Dunkelheit auf Gegner zu stoßen ist nicht sonderlich angenehm. - Und wenn uns jemand begegnet, wird er uns ja hoffentlich wohl zuerst für Freunde halten. Ich werde meinen Bumerang hier verbergen. In engen Gängen ist er hinderlich. Ich habe noch immer mein Schwert.“

„Wie du willst. – Aber weißt du, was mir einfällt? Irgendwo muss der Mittelpunkt des Bannkreises sein. Wenn wir den finden und zerstören, können auch Inuyasha und Kouga ohne Probleme in den Berg.“

„Stimmt.“ Sie lehnte ihren Bumerang etwas seitwärts an die Höhlenwand. „Dann komm.“

Miroku hatte unterdessen eine Fackel angezündet und betrat vorsichtig den dunklen Gang.
 

Inuyasha hasste sich selbst für seine Entscheidung. Warum nur hatte er alle weggeschickt und stand jetzt selbst hier herum wie bestellt und nicht abgeholt? Die Chance, dass genau hier und jetzt einer der Krieger auftauchen würde war einfach zu gering. Warum eigentlich kam Kouga nicht zurück? Der war doch nicht so langsam? Oder behinderte ihn Kagome? Oder war der Berg größer, als es von hier den Anschein hatte? Oder auch nur der Bannkreis? Es war schlicht langweilig hier herumzustehen. Er beschloss, bis hundert zu zählen. Wenn dann keiner da war, würde er etwas unternehmen.
 

Kouga flog mit einem Aufschrei beiseite und prallte hart auf den Steppenboden. Ein Schuss dieses seltsamen Mannes, der wie ein Gefährt aussah, hatte ihn getroffen und noch während er sich aufraffte, stellte er fest, dass seine Beine verletzt waren, er viel langsamer wäre, als es gut war. Renkotsu und dieser Ginkotsu waren eindeutig gefährlicher als es der Krieger gewesen war, den er vor Cuma getötet hatte, gefährlicher und raffinierter. Sie hatten rasch begriffen, dass er zu schnell für sie war und es nun darauf angelegt, ihn zu lähmen. Zum Glück hatten sie nur teilweise Erfolg gehabt. Aber er musste seine Taktik ändern. Am bedrohlichsten war die Tatsache, dass beide aus der Distanz agieren konnte, Feuer und seltsame Geschosse auf ihn schleudern konnten, während er nur ein Schwert und seine Schnelligkeit hatte. Und sein Schwert mochte er nicht sonderlich in einem Kampf.

Sie hatten beide eine derartige Fähigkeit, und, wenn er das recht einschätzte, plante dieser Mistkerl von Renkotsu jetzt, ihn zu töten, denn der war auf seinen Partner gesprungen und richtete das Rohr auf ihn selbst. Er versuchte es zumindest, denn der Wolfsdämon hastete im Zickzack hin- und her, sich dabei immer weiter nähernd, um kein genaues Ziel zu bieten.

Kouga erkannte gerade noch, dass der Krieger wieder eilig einen Schluck aus seinem Krug nahm und hechtete förmlich voran, um dem Feuerstoß auszukommen. Leider war der Kämpfer besser, als er hätte sein sollen, denn er folgte dieser Bewegung. Der Gladiator entkam nur mit Mühe und rollte sich mit angebrannter Kleidung und Haar auf die Seite, sprang wieder auf.

Moment Mal, dachte er. Wäre er wirklich nur der Gladiator, der vorgegebene Abläufe in einem interessanten Kampfballett abspulte, wäre er hier verloren gewesen. Aber die paar Jahre im Heer des Imperators waren für solche Situationen durchaus nützlich gewesen. Er hatte bereits auf Leben und Tod gegen andere Dämonen gekämpft, da würde er sich doch von zwei noch so aufgerüsteten Menschen nicht schlagen lassen? Alles was er brauchte, war eine gute Idee und Mut. Und beides besaß er.
 

Kagome entkam gerade noch mit einem Aufschrei den stählernen Klauen, die nach ihr schlugen: „Du…du willst mich wirklich töten?“ keuchte sie.

„Natürlich.“

Das klang so sachlich. Sie umklammerte ihren Bogen und den Pfeil, unfähig, den anzulegen: „Aber warum…und warum mich?“

„Ich töte immer gern, Mädchen. Wenn mich der medicus nicht daran hindert.“

„Der medicus?“ Das klang verrückt. Aber so, wie er aussah, war er es auch und es war buchstäblich todernst. Inuyasha - wo steckte er nur? Aber, ach, er würde ja denken, dass Kouga sie beschützte. Wie es wohl dem armen Wolf ergehen würde? Aber im Moment sollte sie sich eher Sorgen um sich selbst machen, denn der Krieger kam schon wieder näher, diesmal langsamer und hob die Klaue.

„Bereit, dem Tod zu begegnen?“

Mit täuschender Gemächlichkeit trat er näher auf das erstarrte Mädchen zu und hob die Hand.

Ohne weiter nachzudenken schrie Kagome auf, noch während sie in Todesangst reagierte, den Pfeil in ihrer Hand in die ungeschützte Kehle des Mannes stieß.

Entsetzt, nicht zuletzt über sich, sprang sie zurück. Hatte sie gerade wirklich einen Menschen verletzt oder gar getötet…? Der Mann starrte sie an. Schien er sich nicht zu verändern? Als er langsam zu Boden fiel, sah er plötzlich vollkommen anders aus, viel netter und jünger.

Sie warf sich neben ihm auf die Knie: „Oh…das…das wollte ich nicht…“ Was sagte man nur zu jemandem, den man soeben umgebracht hatte? Immerhin steckte ihr Pfeil tief in seinem Hals.

„Schon gut, Mädchen…“ keuchte der Schwerverletzte undeutlich: „Ich…ich bin froh, dass ich so…sterbe…Meine andere Seite….“

„Andere Seite?“ Meinte er damit, dass er zwei Seiten, zwei Seelen hatte? Dann war das der medicus, der den anderen am Morden hinderte? „Es tut mir Leid“, beteuerte sie unter Tränen.

Er hob matt die Hand, dass sie sich nicht entschuldigen müsste, und schaffte noch etwas wie ein Lächeln. „Es…gut ..so.“

Sie verstand nicht, aber ein wenig erleichterte es sie, dass er ihr verzieh. Dennoch konnte sie einen unwillkürlichen Schauder nicht unterdrücken, als sie bemerkte, dass er die Augen schloss und sich sein Körper entspannte. Sie hatte nie zuvor einen Menschen sterben sehen.

Kouga!

Sie stand hastig auf und wischte sich die Tränen weg. Sie musste so rasch es ging Inuyasha holen, damit der dem schnellen Wolf helfen konnte, sonst wäre sie auch noch schuld an dessen Tod. So rannte sie eilig weiter.
 

Der Halbdämon konnte sie wittern und fuhr herum, als er Tränen mitbekam, Angst. Und war da nicht auch Blut? Mit einem gewaltigen Satz war er in ihre Richtung gesprungen. Verdammt! Konnte Kouga denn nicht einmal was richtig machen? Zu seiner Erleichterung schien sie unversehrt:

„Kagome? Bist du verletzt?“ Er zog sie in die Arme.

„Nein, ich…Kouga kämpft gegen zwei Krieger“, brachte sie hervor: „Du musst ihm helfen!“

„Und was ist mit dir?“ Er schob sie etwas von sich. Sie sah so zitternd, ja, geschockt aus.

„Ich...ich bin nur etwas durcheinander…ich habe einen Krieger getötet!“

Inuyasha, der sich nur zu gut daran erinnerte, dass selbst er und immerhin auch Sesshoumaru mit zwei von denen Probleme gehabt hatten, starrte sie etwas ungläubig an, ehe er nur sagte: „Komm, ich trage dich. Wir werden mal nach dem Wölfchen schauen.“

Hoffentlich passierte in der Zwischenzeit nichts mit Sango und Miroku. Verdammt, Anführer zu sein war schwerer als er gedacht hatte.
 

***

Willkommen im Club, würden Vater und Halbbruder dazu wohl nur sagen. Im nächsten Kapitel gehen einige den Weg des Kriegers – wenn es sein muss, bis zum Ende: Kämpfe.
 

bye
 

hotep

Kämpfe: Teil 1

Ob der Imperator noch immer so gelassen Staatsgeschäften nachgehen würde, wüsste er, was sein Jüngster inzwischen so treibt?
 

24. Kämpfe, erster Teil
 

This is the way we want it

This is the way we need it,

This is the way of the warrior
 

Hammerfall: Way of the Warrior
 

Kouga hatte seine Entscheidung getroffen. Da seine beiden Gegner über diese Geschosse aus Distanz verfügten, würde ihm seine Schnelligkeit höchstens zu einer Flucht aber nie zu einem Sieg verhelfen. So musste sein Plan einfach funktionieren. Noch nie hatte ihn jemand feig genannt und da sollte nicht ausgerechnet der halbdämonische Hund damit anfangen können. Zumal er das von dem beim schlechtesten Willen nie sagen konnte, nicht nur, weil er auch noch der Sohn des Imperators war.

So war der Wolfsdämon immer wieder im Zickzack auf die beiden seltsamen Krieger zugelaufen und hatte versucht, den menschlicheren der beiden, der sich als Renkotsu vorgestellt hatte, mit einem Sprung von dem anderen zu stoßen. Dadurch war dieser gezwungen, das Rohr, das auf dem Rücken seines Partners angebracht war, hin- und her zu reißen, oft daneben zu schießen.

Leider hörte die Munition oder was immer das war, einfach nicht auf, aber Kouga sah keinen Grund aufzugeben. Immer wieder versuchte er es, aus jeweils anderen Richtungen. Und plötzlich hatte er zumindest einmal Erfolg. Bei einem der hektischen Zielversuche, riss Renkotsu das Rohr zu weit herum. Dieser selbst entkam zwar mit einem Sprung von Ginkotsu dem eigenen Angriff, aber der wurde getroffen. Metallteile flogen durch die Gegend.

Das war allerdings auch leider schon alles. Der schnelle Wolf hatte gehofft, dadurch wenigstens den Großen kampfunfähig zu machen, aber anscheinend hatte dieser tatsächlich jede Menschenähnlichkeit verloren. Und er selbst spürte immer deutlicher, dass seine Beine bereits zu Anfang verletzt worden waren, dass er viel langsamer war, als es gut gewesen wäre. Lange würde er so nicht mehr durchhalten.

Es zeugte von seinem Stolz und Kampfeswillen, dass er keinen Gedanken an Kagome verschwendete und ob sie Inuyasha rechtzeitig holen konnte. Dies war sein Kampf und er musste und würde ihn durchstehen. Alles, was er brauchte, war ein wenig Ausdauer und eine neue Idee.
 

Sango schritt lautlos vor Miroku, der die Fackel trug, durch die Höhle, immer höher in das System der Gänge und Grotten des Berges. Sie wusste nicht mehr, wie lange sie hier schon unterwegs waren, aber es war klar, dass sich das Landhaus des Senators oben am Berg befand. So wählte sie von allen Öffnungen, die sie fand, immer den Weg weiter nach oben. An einer sandigen Stelle wurde sie schließlich belohnt: ein weiterer Fußabdruck zeigte sich im Fackelschein, eindeutig der Schuh eines erwachsenen Mannes. Das deutete darauf hin, dass die sieben Krieger, nein, fünf waren es ja nur noch, hier ein- und ausgingen.

Miroku tippte ihr auf die Schulter, ebenso wie sie bemüht, keine Aufmerksamkeit zu erregen. So drehte sie sich zu dem Mönch, dessen Fähigkeiten sie in den letzten Jahren schätzen gelernt hatte, und hob fragend die Brauen.

Er deutete in einen anderen Gang, der nach rechts führte.

Sie war zunächst irritiert. Wenn sie einen heimlichen Weg zu dem Verräter finden wollten…? Aber dann entsann sie sich, dass Miroku zuvor davon gesprochen hatte, den Mittelpunkt des mächtigen Bannkreises entdecken zu wollen, der den Berg umgab, um es Inuyasha und Kouga, aber vielleicht auch Dämonenkriegern des Statthalters oder gar des Imperators zu ermöglichen, hier vorzudringen. So nickte sie und wandte sich dort hinüber. Anscheinend spürte er dort etwas.

Zu ihrer gewissen Überraschung weitete sich bald der bislang enge Gang zu einer geräumigen Höhle, die die einzige Fackel nicht erhellte. Aber sie war nicht umsonst Dämonenjägerin und noch ehe die das leise: „Vorsicht!“ hinter sich vernahm, hatte sie bereits zum Schwert gegriffen.

Miroku spürte hier nur zu deutlich, dass der Mittelpunkt des Bannkreises nahe war – bloß, wo? Und er konnte die Präsenz von etwas anderem fühlen – kein Dämon, aber dennoch mächtig in seiner Magie. So etwas kannte er nur von äußerst zauberkundigen Priestern seiner weit entfernten Heimat im Osten. Daher hob er die Fackel und leuchtete herum. Eine unsichtbare Gefahr war stets unheimlicher als eine, die man erkennen konnte. Aber kein Gegner war zu erkennen, keine Falle. Dennoch fühlte er sich unwohl.

Hier war der Mittelpunkt des starken Bannkreises sehr nahe und er hatte leichte Schmerzen, als ob auch er geläutert werden könnte. Sango schien es nichts auszumachen. Hatte sie weniger unreine Gedanken? Nein, sie würde keine haben, wenn sie ihn ansah – umgekehrt zu ihm. Er träumte schon lange von ihr…Aber, das gehörte hier wirklich nicht hin. So nahm er sich zusammen und spürte fast unverzüglich, wie der Druck nachließ. Wie zum Henker hatte es dieser Naraku bewerkstelligt, so einen mächtigen, läuternden Bannkreis aus östlicher Magie zu erschaffen?

Ein leises Knacken über ihnen, mehr geahnt als gehört, ließ die beiden nach oben sehen, der Mönch die Fackel geradezu empor reißend. Brüche bildeten sich in der Decke, vertieften sich rasch. Noch ehe sie reagieren konnten, wussten sie, dass sie eine Falle ausgelöst hatten: eine Steinlawine lockerte sich über ihnen.
 

Inuyasha lief mit Kagome auf dem Rücken in die Richtung, aus der sie gekommen war. Als er den toten medicus erreichte, den sie in Notwehr getötet hatte, spürte er, wie sie unwillkürlich zusammenzuckte.

„Schon gut“, sagte er daher: „Er wollte dich umbringen.“ Aber er gab zu, dass er nicht wusste, wie sich das anfühlte. Er hatte noch nie jemanden getötet. So rannte er nur weiter, schneller als zuvor, als ihm plötzlich der Geruch nach anderem Blut in die Nase stieg: Wolfsblut. Verdammt, Kouga, dachte er. Das war, sah man von Goku ab, der letzte seiner Kameraden und Freunde der Gladiatorenzeit. Dieser Idiot hatte es doch nicht geschafft, sich umbringen zu lassen?

Als er die Kampfstätte erreichte, ließ er Kagome von seinem Rücken gleiten und betrachtete betroffen die Szene. Das waren wohl zwei der Krieger gewesen, die hier gegen den schnellen Wolf gekämpft hatten. Der Eine, der wie ein seltsames Gefährt aussah, war förmlich zerfetzt worden, aber auch der Menschenähnlichere der beiden lag schwer verwundet oder eher tot unter metallenen Trümmern begraben.

„Kouga!“ Kagome keuchte es nur, als sie schon zu dem regungslosen, blutüberströmten Körper hinlief.

Inuyasha folgte ihr, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass Renkotsu tot war. Um sie zu trösten, meinte er: „Das ist ein Dämon, der geht schon nicht so schnell drauf!“

Sie zog den Wolf empor: „Kouga?“ Erleichtert spürte sie, dass er sich bewegte: „Er lebt, Inuyasha, er lebt!“

Der empfand eine seltsame Mischung aus Erleichterung, dass sein Kamerad noch atmete, und einer Welle von Eifersucht: „Sag ich doch. – Kouga, was hast du denn hier getrieben?“

Der sah ein wenig mühsam zu ihm: „Die beiden…sind tot?“

„Sieht so aus.“

„Ich…ich habe solche abgefallenen Metallteile in das Rohr gesteckt….sie haben es wohl nicht so richtig mitbekommen…Dann bin ich gerannt.“ Und es hatte eine Explosion gegeben, wie er sie noch nie erlebt hatte. Anscheinend war er jedoch wirklich schon weit genug davon weg gewesen, um sie auch überleben zu können.

„Aber du bist auch schwer verletzt worden!“ sagte Kagome fast vorwurfsvoll: „Du kannst doch nicht hier bleiben…Inuyasha, was machen wir jetzt bloß?“

„Ich trage ihn zurück zu dem Treffpunkt“, erklärte der Halbdämon sofort: „Da sollten bald die Dämonenjäger ankommen. Und du bleibst bei ihm und passt auf ihn auf.“ Dann waren doch beide in Sicherheit. Er trat zu dem Verletzten: „Gib ihn mir schon.“ Während er den Wolf auf seinen Rücken lud, erkundigte sich die Priesterin:

„Und was hast du vor?“

„Sango und Miroku sind überfällig. Ich geh mal nachsehen, was mit ihnen ist, wenn sie immer noch nicht wieder da sind.“ Fünf der sieben Krieger waren tot – also alle, bis auf die zwei, mit denen er und Sesshoumaru es schon zu tun bekommen hatten. Und das waren bestimmt die gefährlichsten. Hoffentlich waren die beiden Dämonenjäger denen nicht über den Weg gelaufen. Wenn ja, konnten sie bestimmt Hilfe gebrauchen.
 

Der ehemalige Senator blickte ein wenig nachdenklich aus dem Fenster seines Arbeitszimmers. Diese Explosion dort am Fuß des Berges störte ihn. Ohne sich umzudrehen spürte er, dass der Anführer der Krieger den Raum betreten hatte:

„Deine Männer kämpfen, Bankotsu?“

„Wie du es gewünscht hast, Senator“, gab der Söldner gleichmütig zurück. „Drei von ihnen habe ich auf Patrouille innerhalb des Bannkreises geschickt. Nur Jakotsu und ich sind noch hier.“

„Um mich zu beschützen?“ Naraku klang ein wenig spöttisch.

„Um unseren Lohn zu beschützen, natürlich. – Hast du einen anderen Wunsch?“

„Mich würde es beruhigen, wenn einer von euch den Weg durch die Höhlen kontrolliert. Es sind doch mehrere Gegner – und ich unterschätze diesen halbdämonischen Gladiator keineswegs.“

Keineswegs mehr, korrigierte Bankotsu prompt in Gedanken, aber er schwieg lieber. Der Senator zahlte gut und pünktlich, das war mehr, als er von manch anderem Auftraggeber gewohnt war. „Ich werde Jakotsu schicken.“ Das verlangte seine Auffassung von Berufsehre: dass er als der Anführer bei dem Kunden blieb. Auch, wenn er zugeben musste, dass ihn ein erneuter, diesmal richtiger, Kampf bis zum Ende gegen den jüngeren Sohn des Imperators gereizt hätte, diesen ehemaligen Gladiator. Nun ja, Jakotsu würde sich dafür freuen. Er hatte schon in der Kampfschule in Avenna dem die Hundeöhrchen abschneiden wollen. Nun würde er Gelegenheit dazu bekommen. Da der Senator nur weiter aus dem Fenster sah, trat der Söldner zurück und verließ den Raum.

Naraku wandte sich nun erst um und ging zu einer Wand, drückte die Stuckdekoration in sorgfältiger Reihenfolge. Dahinter öffnete sich eine kleine geheime Kammer, deren Inhalt er nahm und in einen größeren Beutel steckte, den er in seine Kleidung schob. Nicht sehr schwer und gut zu transportieren, dafür wertvoll: Diamanten. Sie würden seine Eintrittskarte weiter im Norden sein, wenn er einen neuen Unterschlupf finden wollte. Aber noch waren seine Sicherheiten nicht gefragt, weder Kanna mit dem Schiff noch diese Reisemittel. Noch konnten die Krieger mit diesem Gladiator und seiner Meute fertig werden.
 

Inuyasha hatte Kouga und Kagome zurückgelassen. Derzeit waren die Dämonenjäger noch nicht eingetroffen, aber es würde doch wohl hoffentlich nicht mehr lange dauern. Jetzt waren die beiden einigermaßen in Sicherheit und er hatte sich entlang des Bannkreises auf die Suche nach Miroku und Sango gemacht. Als er wittern konnte, dass ihre Spuren abbogen, war er ihnen gefolgt, in den läuternden Bannkreis hinein. Zunächst war es nur lästig, bald jedoch schwächend und mit immer schmerzhafteren Entladungen um seinen Körper.

Zum ersten Mal fragte er sich, ob er sich nicht zuviel zugemutet hatte, Halbdämon hin und ausgebildeter Gladiator her. Aber umdrehen, die beiden im Stich lassen, kam nicht in Frage. Überdies war da auch noch sein Halbbruder, der ihm zutraute diesen Naraku zu fassen. Er konnte sich doch vor dem nicht so blamieren, oder vor Vater…Vater. Hoffentlich hatte Sesshoumaru ihn rechtzeitig gefunden. Doch, hatte er sicher. Er sollte ihm vertrauen, ebenso wie der ihm…

Die Schmerzen durften ihn doch nicht aufhalten. Das hatten sie noch nie getan. Das hier war nur wie ein Krafttraining…

Und dort war ja schon der Berg, ein Spalt darin. Gleich hatte er es geschafft. Nur noch einen Schritt, nur noch einen anderen….Ein Bein heben, aufsetzen…jetzt das andere…

Er spürte kaum mehr, dass er zu Boden stürzte, bläuliche Blitze um ihn herum zuckend.
 

Die fünf gefangenen Drachen waren mit schweren Ketten gefesselt worden, so dass sie nur kurze Schritte machen konnten, die Hände an eiserne Halsbänder gebunden. Sie waren in einem dunklen Kerker gesperrt gewesen, jetzt von schweigenden Dämonenkriegern abgeholt worden. Selbst Kanaye sah keine Möglichkeit sich zu befreien. Nun gut, da man sie anscheinend zum Verhör holte, würde er sich beim Statthalter beschweren. Sie wären nur zum Handeln hier und das sei eine bösartige Geste der Dämonenjäger gegen treue Untergebene des Imperators, ein heimtückischer Überfall und ähnliche Argumente. Dieser Pontius Pilatus galt als recht geldgierig, da könnte ihn Behinderung des Handels doch sicher stören…

Er erstarrte, als große Türen vor ihnen geöffnet wurden und er den Mann erkannte, der auf einem Hocker am anderen Ende der Empfangshalle saß.

Der Imperator!

Was machte der denn hier? Er kannte ihn von dem Krieg vor hundert Jahren, als er an der Seite des Stammesführers verhandelt hatte. Und sicher erinnerte der sich auch an ihn.

Was konnte er jetzt sagen? Nun, am Besten wäre es wohl auf Unschuld zu machen. So ging Kanaye aufrecht auf den Herrscher zu, gefolgt von seinen vier Begleitern. Er ignorierte die gewisse Empörung, die durch die Anwesenden, Dämonen ebenso wie die wenigen Menschen, im Raum lief.

Der Imperator blieb allerdings gelassen: „Kanaye, du, der du nichts als ein Hochverräter bist, traust dich, mir die Höflichkeit zu verweigern? Es könnte mich amüsieren, würde mich eure Unwissenheit nicht dauern. – Bringt sie zurück zur Tür.“

Sofort spürten sich die Drachen von Kriegern gepackt und mit Gewalt zurück zur Tür geschafft.

Hochverrat, dachte Kanaye in jäher Panik. Wusste der Imperator etwa...aber warum und woher? Und was meinte er mit Unwissenheit? Was war geschehen? Er bemerkte die Blicke seiner Kameraden. Auch sie hatten das ungewisse Gefühl in einer Klemme zu stecken, mit der sie nicht gerechnet hatten. Selbst wenn der mächtige Ryuukossei von ihrem Schicksal erfuhr und sie befreien wollte – letzteres war durchaus nicht sicher - würde es ihnen kaum helfen. Das war der Imperator – und im Zweifel war der junge Hundedämon, der hinter ihm stand, der Thronfolger. Jedes Wort, das diese beiden aussprachen, würde umgesetzt werden. Jetzt, sofort und ehe etwas oder jemand ihnen helfen konnte.

So verneigten sich die Drachen höflich, ehe sie erneut näher geführt wurden. Da sich Kanaye vor dem Imperator auf ein Knie niederließ, folgten ihm die beiden weiblichen und die beiden männlichen Drachen.

„Ruhm und Ehre dem Imperator!“

„Nun, es geht doch.“ Der Inu no Taishou betrachtete die Fünf: „Ich will daher so freundlich sein und eure Unkenntnis beseitigen. Ich weiß, dass der ehemalige Senator Naraku mit Ryuukossei verhandelte, der dann die Drachen zum Aufstand rief. Ryuukossei verlor ein direktes Duell gegen mich, alle Stämme der Einöden haben sich mir erneut unterworfen. Und mein jüngerer Sohn ist momentan dabei den ehemaligen Senator zu verhaften.“

Kanaye schluckte. Das waren in der Tat katastrophale Neuigkeiten. Der Aufstand war also komplett fehlgeschlagen. Wie viele Drachen das wohl mit dem Leben bezahlt hatten? Wer Hochverrat beging, war nach dem Recht des Imperiums reif für das Schwert – und das nur als Mitläufer.

Dem Imperator entging das unwillkürliche Erschrecken der Drachen nicht: „Dein Vater hat es übernommen euren Stamm gegen meinen Zorn zu schützen.“

Kanaye blickte unwillkürlich auf. Sein Vater, einer der ältesten Drachen des Stammes, so weise, dass ihn selbst Ryuukossei um Rat gebeten hatte…..Hatte er sich geopfert, um die anderen zu retten?

„Er ist ein weiser Drache und fand die richtigen Worte. So leben er und alle, die im Dorf waren – die meisten eurer Krieger allerdings, die den Überfall von Fagia begingen, sind tot.“
 

Der Drache blickte zu Boden. Das war eine gute und eine schlechte Nachricht. Vater, die Alten und die Kinder und Frauen lebten noch – aber der Verlust der erwachsenen Männer war natürlich ein gewaltiger Blutzoll. Immerhin lebte sein Vater noch – und sein kleiner Bruder. Was sollte er dazu schon sagen?

„Kanaye, als Anführer dieser Gruppe frage ich dich: habt ihr mit Naraku verhandelt?“

„Ja, domine.“ Das war kaum zu leugnen.

„Und ihr habt hier im Auftrag Ryuukosseis den ehemaligen Senator überwachen sollen?“

„Ja, domine.“

„Ihr wusstet, dass ein Aufstand gegen das Imperium geplant war?“

Kanaye zögerte etwas, ehe ihm klar wurde, dass es nur zu offensichtlich war: „Ja, domine. Es…“ Nein, keine Erklärung würde noch helfen.

Aber der Imperator fuhr fort: „Du weißt, dass ein Aufstand Hochverrat bedeutet. Dann sage mir auch, was die Strafe ist, die auf Hochverrat steht.“

„Der Tod. – Domine, ich bin mir im Klaren darüber, dass dich das Vorgehen der Drachen erzürnt hat, mit Recht. Ich weiß, dass der Tod für Verräter der siebenfache ist. Ich bitte dich nur um eines: lass meine Kameraden zurück nach Hause. Es fehlen so viele Männer und ….“ Er suchte verzweifelt nach einer Begründung auch die beiden Frauen leben zu lassen.

Der Inu no Taishou wandte seinen Kopf und sah zu seinem Sohn empor. Sesshoumaru fühlte sich etwas geschmeichelt, dass seine Meinung so vor allen gefragt wurde. Er hatte inzwischen gelernt, was sein Vater unter „Eine Regierung solle sich nicht verhasst machen“ verstand: „Ich stimme diesem Drachen zu, mein Vater und Imperator“, sagte er daher: „Es fehlen gerade in diesem Stamm nun viele Männer. Überdies zeugt es von Ehrgefühl, dass Kanaye bereit ist, die Strafe allein auf sich zu nehmen. Darum möchte ich dich bitten, seinem Begehr zu folgen.“

Stolz auf seinen Ältesten blickte der Imperator zu den Drachen, bei denen zumindest die drei Männer unwillkürlich aufgeatmet hatten. Einer Fürsprache des Thronfolgers würde doch der Herrscher Folge leisten…

„In der Tat“, meinte der Inu no Taishou langsam: „Auch die Frauen werden für das weitere Leben des Stammes nur zu wichtig sein. – Kanaye, dein Vater bat mich um das Leben der Kinder in eurem Dorf und ich gewährte es ihm, dazu auch das der Eltern. Es wäre inkonsequent, ihm nun den Sohn zu rauben. Bringt alle fünf Drachen an das Stadttor. Dort nehmt ihnen die Fesseln ab und lasst sie zurück in die Einöden, wenn auch ohne Waffen.“ Er musste nur daran denken, wie er empfinden würde, würde einem seiner Söhne etwas zustoßen. So lange war er ohne Inuyasha gewesen, hatte nicht erfasst, was er in Sesshoumaru für einen treuen Sohn hatte.
 

Der Halbdämon erwachte verwirrt. Er benötigte einen Moment, ehe er erkannte, dass er auf dem Boden lag, noch immer innerhalb des Bannkreises. Der Schmerz hatte jedoch aufgehört. Was war nur los? Langsam stand er auf. Dort war der steile Felsabsturz des Berges Hakurei, die Höhle, in die Sango und Miroku gegangen waren. Irgendwie fühlte er sich jämmerlich, schwach geradezu…Er konnte fast nicht gehen. So blieb er stehen um durchzuatmen, sich etwas zu erholen.

Erst einige Minuten später begriff er: der Bannkreis war darauf ausgelegt, jeden Dämon zu läutern, ihm seine Energie zu entziehen. Und jetzt...ja, er war zu einem Menschen geworden. Er besaß keinen Funken an dämonischer Energie mehr. Er kannte dieses ungemütliche Gefühl aus jeder Neumondnacht. Seit Mutters Tod hatte er diese Zeit seiner Schwäche verborgen, gerade und mit Bedacht auch in der Gladiatorenschule. Es war manchmal knapp gewesen, aber niemand hatte es mitbekommen. Auch jetzt sollten weder Vater noch sonst wer erfahren, dass er manchmal zu nichts als einem kläglichen Menschen wurde. Er war sowieso nur ein halber Dämon, da sollte er mit Schwachpunkten nicht noch zusätzlich hausieren gehen.

Warum also hier und jetzt? Es konnte nur der Bannkreis sein. Nun, gleich. Er war praktisch fast hindurch, in den Höhlen, dann würde er sich doch zurückverwandeln und könnte nach den beiden Vermissten suchen. Hoffentlich war ihnen nichts passiert.

„Nein, wen haben wir denn da?“

Er fuhr zusammen, zumal, als er einen der sieben Krieger erkannte, der von links auf ihn zukam. Das war doch Jakotsu, dieser Idiot, der ihn schon manchmal so schräg angeredet hatte? Ja, ihm bereits in Avenna seine Ohren abschneiden wollte? Mist. Gegen den in Menschenform zu bestehen war praktisch ein Ding der Unmöglichkeit.

Jakotsu betrachtete ihn neugierig: „Du bist doch Inuyasha, oder? Was hat der Bannkreis denn mit dir gemacht? Etwa in einen Menschen verwandelt? Naja, ich muss zugeben, mit deinen Öhrchen warst du schon süß, aber so als Mensch siehst du ja geradezu zum Anbeißen aus. Ich freue mich schon darauf, dich umzubringen.“

„Du redest vollkommenen Quatsch!“ fauchte Inuyasha prompt: „Wenn du faselst, wird mir glatt schlecht.“ Er legte unwillkürlich die Hand an Tessaiga, als er sah, dass der Andere zog, auch, wenn er wusste, dass sein treues Schwert kaum etwas bewirken konnte, wenn er nur ein Mensch war. Es war eben ein Dämonenschwert und reagierte auf deren Energie. Er hatte nur eine Chance – und die gefiel ihm nicht, aber er musste einfach abwarten. Irgendwann würde er sich doch wieder zurückverwandeln, wenn er aus dem Bannkreis war…Irgendwie.

Jakotsu ließ sein Schlangenschwert losflirren, bewusst neben den Gegner gezielt. Als Mensch sah dieser Gladiator einfach zu niedlich aus und er würde es genießen, ihn zu hetzen, langsam zu töten. Als sich der Staub legte, musste er allerdings feststellen, dass der Halbdämon verschwunden war. „Sowas?“

Aber es blieb nur eine Stelle, in die der sich geflüchtet haben konnte – in die Höhle. So folgte er ihm.
 

***

Ein Halbhund in der Klemme. Im nächsten Kapitel gehen die Schwierigkeiten für Inuyasha, Miroku und Sango weiter - und auch für einige andere...
 

bye
 

hotep

Kämpfe: Teil 2

Als die Höhlendecke über Sango und Miroku zusammenstürzte, hatten die beiden Dämonenjäger vergeblich versucht sich mit den Händen zu schützen.

Die venatrix erwachte nur langsam und mühsam. Zunächst wusste sie nicht, wo sie war. Alles war dunkel um sie und etwas lag schwer auf ihr. Dann fiel es ihr ein und sie wollte die Steine von sich schieben, ehe sie erkannte, dass dies der Mönch war.

„Miroku!“ schimpfte sie unwillkürlich. Dieser Idiot nutzte auch jede Gelegenheit, sich an sie heranzumachen! Sie wollte ihn ärgerlich von sich befördern, ehe ihr auffiel, wie schwer er wirkte. War auch er bewusstlos geworden? Vorsichtig tastete sie nach seinem Kopf. Als sie die warme, klebrige Flüssigkeit spürte, erschrak sie: „Miroku? Wie geht es dir?“ Keine Antwort. Behutsam schob sie ihn von sich und tastete nach der Fackel: „Miroku?“ wiederholte sie dabei. Er hatte sich über sie geworfen, fiel ihr plötzlich ein, sie so mit seinem Körper deckend. Dieser verrückte Mönch hatte sie beschützen wollen. Nur, was war jetzt mit ihm?

Endlich entdeckte sie die Fackel und zündete sie mit der Zunderbüchse an, zum ersten Mal wirklich froh, dass dieses Feuerzeug zur Standardausrüstung der Dämonenjäger zählte und jeder das in seinem Anzug bei sich trug. „Miroku?“ Sie betrachtete ihn besorgt. Anscheinend hatten einige Steine seinen Kopf getroffen, denn Blut war über sein Gesicht geronnen. „Sag doch etwas!“ Behutsam schüttelte sie ihn.

Zu ihrer Erleichterung bewegte er sich: „Sango…?“

„Ich bin in Ordnung. Und du?“

„Ich fürchte, so etwas Schwieriges darfst du mich erst in fünf Minuten fragen…“ Er setzte sich mühsam auf und betastete seinen Kopf: „Scheint alles noch da zu sein.“

„Wir haben eine Falle ausgelöst. Was natürlich bedeutet, dass hier wirklich der Mittelpunkt des Bannkreises sein muss.“ Sie hob die Fackel etwas höher um die Gegend um sich besser zu erkennen. Jede Menge Steine waren niedergegangen, hatten vor allem den Ausgang versperrt. Nun, das könnte man wegräumen. Sie hätte nicht gewusst, was sie zu diesem Narren sagen sollte: danke für deinen idiotischen Versuch, mich auf deine Kosten zu beschützen? Sie war ihm ja dankbar, aber er hatte ihr damit auch einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Sie würde es ihm nie sagen, aber irgendwo hatte sie ihn recht gern. Er war klug, stark, zuverlässig und, bis auf seine Manie sie dauernd zu befingern, auch sehr nett.

„Ja, der Mittelpunkt des Bannkreises kann nicht mehr weit sein. Ich spüre ihn.“ Miroku stand langsam auf und bot ihr die Hand, um ihr zu helfen: „Eigenartige Magie, muss ich sagen. Aus meiner Heimat und das ist hier am großen Meer doch recht ungewöhnlich.“

„Dieser Naraku ist nicht zu unterschätzen. Und ich hielt ihn immer nur für einen eingebildeten Senator.“

„Das war wohl die Rolle, die er spielen wollte. Da ist noch ein Zauber, direkt vor uns. Ich bin sicher unter dem liegt das, was den großen Bannkreis um den Berg aufrecht hält.“

„Ich sehe nichts“, gab sie zu: „Aber das ist dein Fachgebiet. Kannst du ihn lösen?“

„Ich vermute es, aber es wird dauern.“ Sein Kopf schmerzte höllisch, aber er würde sich doch keine Blöße geben, nicht vor der besten Jägerin des Imperiums, nicht vor seiner Angebeteten.

„Dann fang mal an.“ Sango hätte nicht zugegeben, dass sie sich selbst noch etwas schwach fühlte. Sie hatten einen Auftrag und ein Dämonenjäger erfüllte diesen, so lautete der Ehrenkodex, in dem sie erzogen worden war.

Der Mönch ging etwas weiter, gefolgt von der venatrix, ehe er außerhalb der niedergegangenen Lawine stehen blieb und einige Steine auf dem Boden betrachtete, die kaum zufällig so angeordnet worden waren. Darunter spürte er nun nur zu deutlich die Magie seiner Heimat. Langsam ließ er sich auf die Knie nieder und legte die Hände aneinander, als er sich zu konzentrieren begann.
 

Inuyasha war tiefer in die Höhle geflohen, aber er musste bald entdecken, dass es vergebens war. Dieses seltsame schlangenartige Schwert Jakotsus traf ihn immer wieder aus Distanz, ohne dass er sich dagegen wehren konnte. Tessaiga sah nun wie eine alte, rostige Klinge aus und benahm sich leider auch entsprechend. Er hatte schon etliche Verletzungen abbekommen, schmerzhaft und blutend, aber nicht lebensgefährlich. Das verdankte er nicht seinem Feuerrattengewand, dessen Wirkung innerhalb des Bannkreises anscheinend ebenso verloren gegangen war wie seine eigenen dämonischen Fähigkeiten, sondern der „Nachsicht“ des Kriegers.

Jakotsu betrachtete ihn: „Na, komm schon, mach weiter. Dein Atem geht schwer, das gefällt mir. Seit wir uns vor einigen Jahren in Avenna trafen, träume ich davon dich in Stücke zu hacken.“

Inuyasha wusste beim besten Willen nicht, was er dazu sagen sollte, zumal erneut die Schlangenklinge auf ihn zuschoss. Er versuchte sie abzufangen, abzuwehren, aber wieder erwies sich das seltsame Schwert als zu schnell. Mehrere der scharfen Klingen schnitten tief in seine Schulter, seinen Waffenarm und er konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken.

Der Krieger lächelte: „Ich werde dich langsam zerschneiden. Und egal, wie störrisch du bist, mein kleiner Gladiator, am Ende wirst du mich auf Knien anflehen nett zu dir zu sein.“

„Was du für einen Blödsinn daherschwafelst!“ fauchte Inuyasha wütend und raffte seine letzten Kräfte zusammen: „Ich werde dir höchstens den Schädel spalten!“ Er hob Tessaiga. Trotz allem war es noch immer eine Waffe.

„Gut so. Komm nur….“

Der nächste Angriff wurde auf die Oberschenkel des Halbdämons gezielt. Alles, was Inuyasha tun konnte, war, einen unwillkürlichen Fluch auszustoßen. Das sah wirklich nicht gut aus. Er war schon am gesamten Körper verletzt, mit Blut verschmiert und sein Atem ging eher stoßweise. Kampffähig war er kaum mehr. So blieb ihm nur der Rückzug, weiter in die Höhle.

Jakotsu beobachtete ihn. Dieses Todesspiel war es, das er liebte: „He, wohin gehst du? Du kannst hier nicht mehr weg, das sollte dir klar sein. Komm schon, du wirst nicht gleich sterben. Zuerst werde ich zärtlich sein…“ Mit einem Satz war er hinter dem Taumelnden.

Inuyasha hatte darauf gehofft und fuhr herum, Tessaiga in einer raschen Kurve gegen die Kehle des Kriegers zielend. Leider war dieser noch wesentlich besser bei Kräften als er selbst und entkam mit einem Sprung zurück dem Angriff. Ohne erkennen zu geben, dass ihn diese plötzliche Attacke eines so Verletzten überrascht hatte, stieß er seinen Schwertgriff roh in den Bauch des Unterlegenen. Der Halbdämon im Menschenkörper stürzte würgend und nach Luft ringend zu Boden, sein Schwert dabei verlierend. Jakotsu trat es vorsichtshalber etwas beiseite, ehe er die schwarzen Haare packte und den halb Bewusstlosen empor zerrte:

„He, mach jetzt doch nicht auf einmal schlapp! Ich will noch hören, wenn du jammerst.“
 

Miroku saß noch immer in tiefer Konzentration, ohne dass Sango ihn störte. Er war ausgebildet in dieser Form der Magie und das war etwas, das einer auch noch so fähigen Dämonenjägerin fremd blieb. So hielt sie nur die Fackel und achtete auf die Umgebung. Irgendwo dort oben befanden sich der ehemalige Senator und sie wusste nicht, wie viele Krieger. Wenn einer von denen sie hier finden würde, müsste sie ihn übernehmen.

Der Mönch aus dem Osten des Imperiums holte tief Atem, als er sich zum ersten Mal seit langen Minuten bewegte und die Steine vor sich aufhob, beiseite legte. Neugierig trat Sango näher und erkannte ein goldenes Stück, das wie zwei aneinander gesteckte Speerspitzen aussah, mit einem Griff in der Mitte.

„Was…?“ flüsterte sie.

Er hob die Hände wie zum Segen: „Ein dojo. Der Mittelpunkt des Bannkreises. Ich habe schon einiges gelöst. Nur noch ein wenig und der Zauber um den Berg Hakurei ist erloschen.“ Er konzentrierte sich erneut und die venatrix respektierte das, erkannte sie doch selbst in dem matten Fackelschein deutlich, wie sehr er sich anstrengen musste. Einfach war das sicher nicht.
 

Inuyasha lag vollkommen erschöpft, nach Luft ringend auf dem Höhlenboden, den Krieger vor sich stehend. Verdammt, dachte er nur noch, verdammt. Was für ein Tod! Und was für eine Blamage vor Sesshoumaru, der ihm doch vertraut hatte. Vater…Was der wohl sagen würde? War er froh, so einen unfähigen Sohn wieder loszuwerden oder würde er ihn doch vermissen? Kagome...hoffentlich würde ihr und Kouga nichts passieren. Und was war mit Miroku und Sango?

In diesem Moment spürte er ein Pochen. Es war ihm vertraut, aber so müde, wie er durch den Blutverlust war, benötigte er etwas, ehe er es erkannte. Dämonische Energie. Im nächsten Augenblick fühlte er die Veränderung an seinen Händen, seinem Kopf und vor allem, das seine Kraft zurückkehrte. Diese Verletzungen mochten für einen Menschen mörderisch sein – für einen, wenn auch nur halben, Dämon sah das anders aus. Er rollte sich etwas beiseite und griff zu. Tessaiga verbreiterte sich rasch und nahm die vertraute Gestalt an. Das alles konnte nur bedeuten, dass der Bannkreis zerstört war.

Miroku und Sango hatten es also geschafft, waren in Ordnung. Er hatte sie in Sicherheit bringen wollen und nun retteten sie ihn.

„Mann, Jakotsu, das war echt idiotisch“, sagte er aufstehend: „Dass du mich nicht gleich fertig gemacht hast, bringt nun dich um.“

„Oh, du hast deine Kräfte wieder? – Na ja, weißt du, so bin ich eben. Es macht mir keinen Spaß, jemanden schnell zu töten.“ Das Gesicht des Kriegers veränderte sich jedoch von der Amüsiertheit zu ernster Kampfbereitschaft. Er wusste, dass es nun schwerer werden würde, den Gladiator zu töten. Aber der hatte schon viel Blut verloren, Halbdämon hin oder her – das musste ihn schwächen.

Inuyasha hob Tessaiga. Er hatte keine Zeit mehr hier herumzutrödeln. Wenn Naraku nicht dämlich war, musste er mitbekommen haben, dass sein Bannkreis weg war. Und er selbst musste zusehen, dass er Sango und Miroku fand, von dem ehemaligen Senator ganz zu schweigen: „Kaze no kizu!“

Er sah noch wie die Macht der Windnarbe auf den überraschten Krieger zuschoss, diesen förmlich zerriss, ehe er sich umdrehte und weiter in das Höhlensystem hastete, keinen Gedanken daran gebend, dass er soeben zum ersten Mal in seinem Leben getötet hatte.
 

Er entdeckte die Spur seiner beiden Mitarbeiter und rannte ihr folgend weiter, bis er bemerkte, dass sie nach rechts abbog, nicht mehr in die Höhe stieg. Zu seinem Schrecken konnte er selbst in der Dunkelheit wahrnehmen, dass dieser Gang verschüttet worden war. Rufen würde womöglich Naraku aufschrecken, so begann er nur, Steine beiseite zu werfen. Zu seiner Erleichterung hörte er bald, dass dies auch von der anderen Seite der Fall war, vernahm dann das leise: „Inuyasha!“ des Mönches, der das leuchtendweiße Haar durch eine Lücke erspäht hatte.

„Miroku! – Alles in Ordnung?“

„Ja, mit Sango auch. Wir haben den Bannkreis zerstört.“

„Ja, hab ich bemerkt. Kommt ihr hier allein raus? Ich muss zusehen, dass ich Naraku finde. Und er hat noch einen Krieger bei sich.“

„Ja, geh nur.“

„Dann verschwindet aus den Höhlen. Kagome und Kouga warten auf euch.“

Er rannte bereits weiter.

Sango schüttelte etwas den Kopf: „Miroku, auch, wenn er das nicht so eng sieht: er IST nun einmal der Sohn des Imperators. Und wenn dieser oder auch der Cäsar mitbekommen, dass wir ihn nicht mit gebührendem Respekt behandeln…Sag lieber Inuyasha-sama.“

„Mach ich ja. Wenn andere zuhören, “ verteidigte sich der Mönch prompt: „Aber es ist schwer daran zu denken. Ich kannte ihn schon, ehe er der Sohn des Imperators war.“

„Das war er schon immer, es hat nur niemand gewusst.“

Da hatte sie allerdings Recht und so machte er sich lieber wieder daran, die Steine zu beseitigen.
 

Der Halbdämon hatte unterdessen eine große Höhle erreicht. Tageslicht drang von oben durch einen Schacht ein und erhellte diese etwas. Genug, um zu sehen, dass er nicht ohne weiteres weitergehen konnte.

„Inuyasha“, sagte Bankotsu langsam: „Wenn du zu Naraku willst, musst du an mir vorbei.“

„Aber du willst dich mir in den Weg stellen?“

Der Söldner zuckte ein wenig die Achseln: „Was denn sonst? Neben der kleinen Tatsache, dass er mein Kunde ist – alle meine Waffenbrüder sind tot, sonst wärst du nicht hier. Und ich werde sie selbstverständlich rächen.“

„Na, dann lass uns keine Zeit verschwenden!“ Ohne jedes Zögern ließ er Tessaigas Macht frei: „Windnarbe!“

Zu seiner Überraschung passierte nichts. Banktosu stand da wie vorher, schwang nun seinerseits sein riesiges Schwert. Für einen Moment glaubte der junge Gladiator heiße Luft zu spüren, die einem Menschen sicher großen Schaden zugefügt hätte. Mist. Das war ein glattes Unentschieden. Wie war das nur möglich? Wie schon bei dem Duell bei Narakus Landhaus war dieser Bankotsu in der Lage mit ihm mitzuhalten.

„Tja, sieht so aus, als ob wir gleichstark sind“, konstatierte der Krieger auch: „Nun, solange ich nicht mehr dahinter setze.“ Er griff erneut mit einer Hitzewelle an.

Inuyasha wich aus, um seinerseits eine neue Attacke auf den Linien der Windnarbe zu führen.

Während die Wände um sie nachgeben mussten, bröckelten, Wege zu neuen Höhlen wiesen, zeigten die wiederholten gegenseitigen Angriffe keine Wirkung. Keiner der beiden verschwendete nur mehr einen Gedanken daran, dass der Berg über ihnen einstürzen könnte, wenn sie die Gänge einrissen, nur auf sich und den Gegner fixiert.

„Was ist, kleiner Gladiator? Ist das alles, was du drauf hast?“ erkundigte sich Bankotsu spöttisch: „Wolltest du mich nicht erledigen?“

„Das werde ich auch!“ schrie Inuyasha wütend: „Bereits dich schon mal drauf vor!“ Mit gewissem Ingrimm rannte er erneut auf seinen Gegner zu. Diese sieben Krieger hatte er noch nie für sonderlich schwach gehalten, aber selbst unter ihnen war der Anführer wirklich eine Klasse für sich. Aufgeben kam freilich nicht in Frage. Allerdings genügte die Windnarbe hier nicht, selbst, wenn das nur ein Mensch war. War er dies eigentlich überhaupt? Das war eine Überlegung, die er besser später anstellen sollte. In jedem Fall würde er ihn nie mit nur einem Schlag erledigen können….
 

Kagome atmete auf, als sie ihre Freundin heraneilen sah: „Sango, Miroku, bin ich froh, euch zu sehen.“

„Wir haben den Bannkreis erledigt“, erklärte die venatrix: „Kouga, du bist ist verletzt?“

„Geht schon“, knurrte der Wolfsdämon prompt: „Ich bin kein Mensch. Wo ist Inuyasha?“

„Er half uns aus dem Steinschlag und befahl, wir sollten herkommen. Auf dem Rückweg fanden wir einen der sieben Krieger, nun, seine Überreste.“

„Dann ist nur noch einer übrig und Naraku, “ stellte Kouga befriedigt fest. „Das wird er doch wohl schaffen.“

Hoffentlich, dachte Kagome in gewisser Besorgnis. Und wo blieben eigentlich die angeforderten Dämonenjäger? Immerhin war Sango und Miroku nichts passiert, auch, wenn sie einige Blessuren zu haben schienen. Ihre Freundin hatte da auch etwas von einem Steinschlag erwähnt? „Ich...lass dich doch mal ansehen. Du bist auch verletzt.“

„Es ist nicht der Rede wert. Miroku hat es schlimmer erwischt.“ Sie warf einen unwillkürlichen, besorgten Blick auf den Mönch, als sie erkannte, was hinter ihm geschah: „Oh, ich glaube, dahinten kommt mein...der Prätor mit den anderen Dämonenjägern.“ Sie atmete auf. Dann konnten sie bald Inuyasha helfen oder auch hier nur Naraku den Weg nach Maimai verlegen.
 

Wieder ließ der Anführer der sieben Krieger seine Angriffswelle auf seinen Gegner zujagen als er plötzlich in der aufquellenden Staubwolke eine Gestalt vor sich entdeckte – Inuyasha. Er wollte seine Klinge empor reißen, zumal, als er im Halbdunkel erkannte, dass der Halbdämon ohne Waffe war, als ein schwerer Schlag seinen rechten Arm traf und er sein Schwert fallen lassen musste.

„Bastard“, knirschte er, als er schmerzhaft mitbekam, dass der Klauenangriff seinen Unterarm zumindest angebrochen hatte.

Inuyasha hatte zufrieden bemerkt, dass seine direkte Attacke endlich einmal Wirkung gezeigt hatte und hoffte, seinen Gegner durch den Schmerz, den Schock geschwächt zu haben. So schlug er unverzüglich erneut zu, mit der Faust nach dem Gesicht des Kriegers zielend.

Bankotsu wich allerdings geschickt aus: „Du unterschätzt mich, Halbdämon“, sagte er fast ruhig: „Ich bin Bankotsu und ich war der Anführer der sieben Krieger. Das wird man nicht so einfach. Ich war der Stärkste von ihnen allen.“ Ohne jede sichtbare Vorbereitung schlug er mit dem unverletzten linken Arm zu, gefolgt von einem mit dem verwundeten rechten.

Der Doppelschlag ließ Inuyasha rückwärts gegen die Höhlenwand prallen. Etwas mühsam raffte er sich auf und rieb sich über die schmerzende Wange, als er erkannte, dass der Krieger die Gelegenheit genutzt hatte und zu seinem Schwert geeilt war, es nun in beiden Händen hielt:

„Das war es für dich, Vollidiot!“ Gegen ihn kam eben doch niemand an.

Mist, dachte der Halbdämon, als er Tessaiga packte und eilig zog, um den nächsten Angriff abzuwehren. „Keh, ich kann eine Menge wegstecken!“ Das musste jetzt schnell gehen, es half alles nichts. Zum einen war er doch schon etwas angeschlagen, zum anderen müsste Naraku oben im Haus schon taub sein, um nicht den Kampflärm zu hören. Wenn ihm der Mistkerl entkam…

Vater wäre sicher enttäuscht von ihm, Vater und auch Sesshoumaru, der ihm doch zugetraut hatte, das hier zu schaffen.

Während er sich mit seiner Klinge gegen die heiße Luft der Attacke schützte, hatte er seine Entscheidung getroffen und rannte auf Bankotsu zu.

Der konnte daraus nur den Schluss ziehen, dass der Halbdämon schon zu müde dafür war, seine Windnarbe zu schlagen. Ein richtiger Kampf war eben etwas anderes als ein einstudierter in der Arena und die Tage von Avenna lagen doch schon Jahre zurück, als der Gladiator noch auf Leben und Tod ausgebildet wurde. Er ließ erneut sein Schwert durch die Luft sausen, um noch einmal seine berüchtigte Hitzeattacke zu schlagen.

„Das ist dein Ende!“ Inuyasha schwang Tessaiga und überbrückte die letzten Meter mit einem gewaltigen Sprung.

Noch ehe Bankotsu begriff, dass dies wieder ein unmittelbarer Angriff wurde, den er ebenso direkt hätte abwehren müssen, zerteilte ihn die riesige Klinge.
 

Keuchend schob der Halbdämon sein Schwert zurück. Das war knapp gewesen. Allzu lange hätte er einen weiteren Kampf nicht durchgehalten, zumal er ja schon den gegen Jakotsu in den Knochen hatte, dabei in seiner Menschenform schwer verletzt worden war. Wo steckte jetzt nur Naraku? Irgendwo dort oben, da war er sicher, und so rannte er weiter durch das Höhlensystem, so rasch er es noch konnte.
 

Nur wenige Minuten später erreichte er eine Tür, dann stand er in der Halle eines Landhauses: „Naraku!“ Er hatte nicht mit einer Antwort gerechnet und machte sich stattdessen hastig daran, alle Räume zu durchsuchen, ehe ihm einfiel, dass der Senator sich bislang immer rechtzeitig aus dem Staub gemacht hatte.

So lief er zum Hauseingang. Tatsächlich. Das war doch der Mistkerl, nicht auf dem Weg nach Maimai, denn da hätten ihn die Dämonenjäger abfangen können, sondern geradeaus in den Osten. Zu Fuß mochte es für einen ehemaligen Senator peinlich sein, aber Inuyasha hatte nicht die Absicht ihn entkommen zu lassen.

„Naraku!“ Er rannte los, bereits Tessaiga ziehend: „Bleib stehen!“ Dann fiel ihm ein, wie es offiziell lauten sollte: „Im Namen des Imperators!“

Dieser gehorchte nicht, machte aber irgendetwas mit seinen Händen. Wollte er etwa einen schützenden Bannkreis wie den um den Berg um sich selbst errichten? Doch noch irgendwie entwischen? Etwas schien rot um diesen Mistkerl zu flimmern.

Nein, der sollte ihm nicht mehr entkommen: „Kaze no kizu!“

Mit gewisser Erleichterung sah er, als sich der Staub gelegt hatte, nichts mehr von dem ehemaligen Senator, nur tiefe Scharten im trockenen Boden. So schob er schweratmend Tessaiga zurück und wandte sich ab.
 

Eine in ein Affenfell gehüllte Gestalt am Fuß des Berg Hakurei, die unter einem Baum saß, erhob sich langsam, ohne den weggehenden Halbdämon aus den Augen zu lassen, ehe sie sich gemächlich in Richtung Nordosten auf den Weg machte, der Gegenrichtung zu Maimai.
 

Bei den Dämonenjägern angekommen, war Inuyasha zum einen erfreut, dass auch Kouga, Sango und Miroku sich erholten, zum anderen etwas überrascht, dass der Prätor ihm berichtete, der Imperator und das Heer seien in Maimai. Allerdings bedeutete das, dass Sesshoumaru Vater rechtzeitig die Verstärkung gebracht hatte, der Halbbruder seinen Teil ihres Paktes auch eingehalten hatte. Umso besser, dass er jetzt auch Erfolg melden konnte.

Der Anführer der Dämonenjäger ergänzte: „Da Kohaku keine weiteren Anweisungen brachte, kamen wir unverzüglich, ohne den Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, von deiner Nachricht zu informieren.“ Nun, das sah auch nicht so aus, als ob hier weitere Krieger von Nöten gewesen wären. Die leichten Kratzer, die seine Tochter und Miroku abbekommen hatten, würden rasch heilen und der Auftrag war erledigt. Der Gladiator, nein, der jüngere Sohn des Imperators verstand anscheinend sein Handwerk. Nur er selbst und der Wolfsdämon waren schwerer verletzt worden, aber das würde sich schnell bessern. Sie waren keine Menschen.
 

Bei der Rückkehr nach Maimai warf Inuyasha nur einen amüsierten Blick auf das Heer aus drei Divisionen Dämonenkriegern, das vor den Mauern der Stadt lagerte. Der Prokurator würde sich sicher freuen, eine derartige Demonstration der Macht des Herrschers vor der Haustür zu haben, eine Vermutung, die sich rasch bestätigte, als er dessen Palast betrat und einen Krieger nach dem Imperator fragte.

Pilatus musste auf ihn gewartet haben, denn er kam eilig heran: „Oh, darf ich dich zu dem mächtigen Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, begleiten, Inuyasha-sama? Er …er befindet sich im Augenblick in der Halle und erteilt Audienzen.“

Natürlich, Vaters Lieblingsbeschäftigung. Nun gut, für die Leute hier vor Ort war es vermutlich die einzige Gelegenheit sich einmal über ihren Statthalter beschweren zu können. Kein Wunder, dass der Gute aufgeregt war. „Ist mein…der Cäsar auch hier?“

„Ja, Inuyasha-sama. Auch er empfängt Besucher.“ Leider. So kamen noch viel mehr Leute zu Audienzen…

„Gut. – Äh, Pilatus, lass doch meine Mitarbeiter unterbringen. Und schick einen medicus zu Kouga und den Dämonenjägern.“

„Ja, natürlich, Inuyasha-sama.“ Er gab den Befehl weiter: „Komm nun.“ Als sie allein waren, fuhr der Prokurator leise fort: „Ich…ich möchte dich fragen, ob es möglich wäre, dass du meine…meine etwas ungeschickte Begrüßung nicht dem Imperator gegenüber erwähnst.“

Der Halbdämon musste für einen Moment nachdenken, ehe es ihm einfiel: „Ja, schon gut“, sagte er dann. Solche Angst hatte der Kerl vor Vater? Was hatte er denn noch alles so angestellt?
 

Der Imperator brach sofort die Audienz ab, als ihm sein Jüngster gemeldet wurde und schickte alle anderen aus dem Raum als er ihn sah, erschrocken über die blutüberströmte Kleidung.

Inuyasha hätte ihn am liebsten umarmt, verneigte sich aber nur: „Ich bin wirklich froh, dich heil wieder zu sehen“, sagte er dennoch einfach, ohne die Anrede abzuwarten.

Der Inu no Taishou lächelte, unberührt wegen des Verstoßes gegen die höfische Etikette. Der Junge hatte die Warmherzigkeit seiner Mutter: „Was durchaus dein Verdienst und der deines Bruders ist. - Naraku?“

„Ist tot. Ebenso wie die Krieger.“

„Du solltest ihn verhaften.“ Unverkennbarer Tadel lag in dem ruhigen Satz.

Der Halbdämon sah zu Boden und drehte unbehaglich einen Fuß hin und her: „Äh…darf ich berichten?“

„Natürlich. Komm, setz dich zu mir, mein Junge.“ Was auch immer geschehen war – es war hart gewesen und sie waren alle drei am Leben. Das zählte.
 

***

Der Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, hat eine etwas sachliche Art, die Dinge zu sehen. Mal sehen, ob er dabei bleibt, wenn sie in die Hauptstadt zurückkehren. Kagome dagegen erhält einen Heiratsantrag…
 

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hotep

Jagdende

„Warte allerdings mit deinem Bericht, bis Sesshoumaru hier ist“, sagte der Imperator und klatschte. Dem hereineilenden Krieger befahl er, den Thronfolger zu holen, ehe er sich wieder an Inuyasha wandte: „Setz dich hierher.“ Er deutete auf ein Kissen an seiner linken Seite.

Der Halbdämon gehorchte, zumal er erkannte, dass auch rechts ein Kissen bereitet worden war. So würden beide Söhne quasi zu Füssen ihres Vaters sitzen, aber an seiner Seite – zugleich die Rangordnung und doch Eintracht zeigend.

„Was ist mit den Drachen?“ erkundigte er sich dann, um eilig zu ergänzen: „Sicher, du hast gewonnen, aber…“

Der Imperator betrachtete das Feuerrattengewand, das von vielen Verletzungen zeugte und die fast gewöhnlichen Bewegungen seines Jüngsten sorgfältig, ehe er sachlich antwortete: „Sesshoumaru brachte mir die Krieger, während ich in einem Duell mit Ryuukossei steckte, und nahm den Drachen ihre Geiseln. Er erwähnte, es sei dein Einfall gewesen.“

Der ach so mächtige Cäsar hatte nicht vergessen seinen kleinen Bruder zu erwähnen? Angenehm berührt meinte Inuyasha ehrlich: „Naja, es war wohl der Verdienst der Dämonenjäger. Sie fanden hier Drachen und hörten, dass sie mit Naraku zusammenarbeiteten. Sango schickte dann eine Brieftaube an Kohaku, damit der mich informiert.“

„Es war gut gemacht. Und es freut mich, dass die venatrix und wohl auch andere dir gegenüber Loyalität zeigen. Diese zu erwerben ist eine der schwierigsten Angelegenheiten für einen Anführer.“

Er musste wohl wissen, wovon er sprach: „Äh...ja. Oh, Kagome ist meine Priesterin, ich meine, sie ist auch hier.“

„Kagome Higurashi? Was sagte denn die Senatorin dazu?“

„Das weiß ich nicht. Kagome wollte es...ich meine, sie bat mich darum.“

Der Inu no Taishou warf einen amüsierten Blick auf seinen Sohn, schwieg aber dazu, zumal er erkannte, dass dieser rot angelaufen war. „Kagome, Kohaku, Sango und Miroku, also.“

„Und Kouga. Er hat zwei von den Kriegern getötet. Kagome auch einen…“

„Warte noch. - Ah, Sesshoumaru. Setz dich. Inuyasha wird berichten.“

Der Halbdämon gehorchte. Er endete: „Ich nahm die Windnarbe, weil ich das Gefühl hatte, der Mistkerl bereitete etwas anderes vor, einen Bannkreis oder was weiß ich. Und er war uns schon einmal entkommen. Naja, danach war nichts mehr von ihm zu finden.“

Vater und Halbbruder, die seinen Angriff in der Arena gesehen hatten, bezweifelten nicht, dass der Tod nur zu leicht mit dem Kaze no kizu kam.

Langsam fragte der Imperator: „Wie geht es dir nun, Inuyasha?“

„Was…meinst du?“

„Meines Wissens hast du nie zuvor getötet.“

Inuyasha zögerte auf diese Frage zu antworten. Auch, wenn er annahm, dass sein Vater versuchen würde ihn zu verstehen – auch Sesshoumaru war anwesend und beide waren Dämonen. Die sahen das womöglich anders. Aber gegenüber dem eigenen Vater, zumal dem Imperator, ziemte sich doch eine Antwort:

„Ich fühle mich nicht so…ja, es war das erste Mal, dass ich einen anderen getötet habe. Und nicht nur einen. Ich habe das Blut zweier Menschen und eines Dämons auf dem Gewissen.“ Und auch Kagome einen…die Arme.

„Besser als dein Blut auf deren Gewissen“, konstatierte der Thronfolger sachlich.

Sein Halbbruder starrte an Vater vorbei ihn an, zum einen etwas überrascht, dass dies wohl tatsächlich eine Art Beruhigung sein sollte, denn so hatte er ihn doch nicht eingeschätzt, zum anderen angenehm berührt, dass das fast so klang, als würde er ihn vermissen. Und irgendwo...ja, irgendwo stimmte es ja auch.

„Das ist vollkommen normal, Inuyasha“, erklärte der Imperator ruhig: „An das erste Wesen, das man tötet, erinnert man sich auch noch einige Zeit später. Aber wenn du je in einer Schlacht steckst, wird von deiner Fähigkeit zu kämpfen - und auch zu töten - dein eigenes Leben und das vieler anderer abhängen. – Geh zu deinen Mitarbeitern. Auch sie haben heute getötet, nicht wahr?“

„Ja. Kagome auch zum ersten Mal. Ich...Das ist die Pflicht des Anführers, nicht wahr?“ Er hatte begriffen. Gleich, wie er sich fühlte, er sollte sich auch um die anderen kümmern. War das der Grund, warum die Krieger, nein, eigentlich alle so für Vater waren? Er hatte die Jubelrufe für den Imperator in der Arena noch gut im Ohr.

„Ja.“ Der Inu no Taishou wartete, bis sich sein Jüngster verabschiedet hatte, ehe er zu seinem älteren Sohn blickte: „Er hat es gut weggesteckt.“

Um den Mund des Thronfolgers spielte ein winziges Lächeln: „Verehrter Vater – damit hast du doch gerechnet.“

„Ich habe es gehofft, in der Tat. Denn nur dann macht eine weitere militärische Ausbildung Sinn. Umgekehrt wäre ich schon enttäuscht gewesen, hätte er gezögert Blut zu vergießen. Diese Welt ist nicht sehr friedlich, so sehr man es sich auch wünschen würde. Nun, in wenigen Tagen sind wir in der Hauptstadt zurück. Und ich werde sehen, was dann anliegt.“

Sesshoumaru nahm zu Recht an, dass sich das auch und vor allem auf Handlungen seiner Mutter bezog: „Ich bin sicher, du wirst alles zu deiner Zufriedenheit vorfinden.“ Mit bestimmter Betonung fügte er hinzu: „Domine.“

„Du darfst gehen.“ Der Inu no Taishou zog es doch vor, seinen Sohn nicht in seine gewissen Eheprobleme einzuführen.
 

Als Inuyasha die Zimmer fand, die der Statthalter seinen Leuten zugewiesen hatte, stellte er erst einmal zu seiner Beruhigung fest, dass es zwei waren und es sich Kagome und Sango in einem, Miroku und Kouga im anderen bequem gemacht hatten, auch, wenn sie jetzt mit Kohaku in einem saßen und gemeinsam auf ihn warteten.

„Geht es dir gut?“ erkundigte sich seine Priesterin sofort.

„Ja.“ Und da ihr Blick über seine noch immer blutverschmierte Kleidung glitt: „He, ich bin kein Mensch! Mein Körper heilt da anders. Ich muss das nur waschen ...lassen. Kouga, du bist auch schon wieder fit?“

„Natürlich.“ Der Wolfsdämon lächelte. Immerhin hatte er zwei von den Kriegern, nein, drei, töten können und so seine Kameraden rächen. Das war das Wichtigste. „Du warst in Audienz?“

„Ja. Natürlich wollte …der Imperator Bericht haben. Der Aufstand der Drachen ist auch niedergeschlagen. Ich denke, dass wir bald zurück in die Hauptstadt fahren.“
 

Dies entsprach den Tatsachen. Die Menge an Kriegern benötigte allerdings mehrere Schiffe und der Imperator hatte aus Sicherheitsgründen befohlen, dass er und seine Söhne auf drei verschiedenen Schiffen mitfuhren. So fand sich Inuyasha im Grunde wie schon auf der Herfahrt meist allein. Sango und Miroku, Kouga und Kagome standen oder saßen beisammen, unterhielten sich und er hatte nur Kohaku, mit dem er ja eigentlich auch nicht reden sollte. Das war eine eindeutige Schattenseite des Lebens als Sohn des Imperators.

Und er hatte gedacht, als Halbdämon sei man einsam? Das war Sesshoumaru wohl Zeit seines Lebens auch gewesen. Kein Wunder, dass der oft so kühl wirkte.

Und die domina war wohl auch eine ganz anders geartete Mutter als die seine. Er konnte sich nicht vorstellen, dass diese ihrem Sohn je Märchen erzählt oder auch nur in den Arm genommen hatte. Er sah nach vorn.

Dort fuhr Vater und er hatte durchaus das Gefühl, dass dieser sich um seinen Ältesten gekümmert hatte, nun, ebenso wie jetzt um ihn. Und doch passte das nicht so ganz mit der domina zusammen. Wie die beiden wohl je zusammengekommen waren? Sicher nicht so wie Vater und seine Mutter, dazu erinnerte er sich nur zu gut daran, dass sie beteuert hatte, wie sehr sie sich verliebt gehabt hatte. Und auch Vater hatte Mutter wirklich geliebt, das hatte nicht zuletzt das Medaillon mit ihrem Haar bewiesen, aber auch die Bereitschaft, den ihm völlig unbekannten Jungen aufzunehmen, das gab er inzwischen zu.

Er sah auf, als er bemerkte, dass sich Kagome etwas schüchtern näherte.

„Was ist?“ fragte er.

Sie wurde rot: „Ich bitte um Verzeihung, Inuyasha-sama.“ Immerhin waren hier an Bord Dämonenkrieger und die Besatzung, die sicher weitererzählen würden, benähme sie sich falsch, selbst, wenn es der Sohn des Imperators nicht tat.

Er hätte fast geseufzt: „Komm schon. Was willst du?“

Sie setzte sich vor ihn und betrachtete die Kette, die sie ihm geschenkt hatte. Nett, das er sie noch trug: „Kouga erzählte mir, dass sein Vertrag bei Mutter bald ausläuft und er nach Hause reisen will. Er stammt doch aus dem Nordosten.“

„Sein Vertrag läuft aus?“ Dann war er schon zwölf Jahre Gladiator gewesen und nun sicher wohlhabend. Aber, warum erzählte sie ihm das? „Naja, er will wohl nach Hause nach all der Zeit.“

„Er will wieder in die Hauptstadt kommen, wenn er mit den Ältesten seines Stammes geredet hat. Er…er möchte mich dann heiraten, Inuyasha.“

Der Halbdämon starrte sie an. Natürlich hatte er nur zu gut gewusst, dass der Wolfsdämon da ein Rivale für ihn war, aber…ja, aber warum tat das dennoch so weh?

„Und?“ war daher alles, was er hervorbrachte.

Kagome bemühte sich, nicht zu erkennen zu geben, dass ihr die kühle Reaktion wehtat. Was hatte sie allerdings auch erwartet. Er war der Sohn des Imperators, da warteten sicher kiloweise Prinzessinnen, Dämoninnen, auf ihn, warum sollte er sich mit einem Menschen abgeben: „Er…er meinte, ich sollte dich fragen. Weil ich nun zu deinem Haushalt gehöre, bräuchte ich deine Erlaubnis.“

Seine Erlaubnis? Für einen Moment glaubte Inuyasha einen Silberstreif am verdüsterten Horizont zu erkennen, aber dann schüttelte er sich in Gedanken selbst den Kopf. Nein. Er war sicher nicht der Typ, der ein Mädchen gegen ihren Willen halten würde. Kouga liebte sie und würde sie bestimmt glücklich machen. Das musste ihn trösten: „Ja? Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Aber, wenn ich das richtig verstanden habe, braucht er doch zuerst die Einwilligung seines Stammes?“

„Ja. Weißt du, er ist da wohl ein recht hochrangiger Wolf. Und wenn er die hat, darf er mich erst fragen.“

„Und dann du mich.“

„Ist das so die höfische Regel?“ Warum nur war sie enttäuscht, dass er so ruhig blieb? Sie hatte doch eigentlich immer den Eindruck gehabt, dass er sie mochte. Ja, aber eben als Freundin. Mehr war da wohl nicht, nie gewesen und sie hatte es sich nur gewünscht.

„Ich...ich denke schon. Willst du dann mit ihm gehen, zu den Wölfen? Das soll ein recht wildes Gebiet sein.“

„Nein, das sagte Kouga auch. Er meinte, er werde lieber in der Hauptstadt leben und er würde ein Landgut etwas außerhalb kaufen. So könnte ich auch Mutter und Souta besuchen.“

Trotz aller Bitterkeit gab Inuyasha zu, dass der schnelle Wolf an sie dachte. Nein, wenn nicht er, dann wenigstens Kouga. Der würde sich um sie kümmern, für sie sorgen und sie glücklich machen. Das musste ihm selbst genügen. Er war eben nur ein Halbdämon, nicht Mensch, nicht Dämon, und würde wohl immer dazwischen stehen. „Gut.“

Kagome begriff, dass das die Entlassung gewesen war und erhob sich. Schön, sie hatte die Chance einen Wolfsprinzen zu heiraten, aber warum machte es sie traurig, dass Inuyasha nicht deutlicher reagierte? Aber nun gut. Kouga liebte sie, das wusste sie und sie mochte ihn sehr gern. Und er konnte ihr ein angemessenes, sicheres Leben bieten. Überdies sah er gut aus, war jung…nein, nur ein Mädchen mit überaus übertriebenen Ansichten würde sich da weigern. Dazu war sie wohl nicht die Einzige, die von einem der Söhne des Imperators träumte. Soweit sie wusste, gab es regelrechte Gemeinschaften, die den Thronfolger anhimmelten, ohne dass der freilich je zu erkennen gegeben hätte, etwas mit einer, sei sie Dämonin oder Mensch, anfangen zu wollen. Sie zog sich in die Kajüte zurück.

Inuyasha sah ihr nach, ohne verhindern zu können, dass sich das Brennen in seiner Brust immer schmerzhafter anfühlte.
 

Schon darum war er froh, als er unverzüglich nach der Landung zu seinem Vater gerufen wurde. Auch Sesshoumaru war dabei. Der Imperator betrachtete wohlwollend seine Söhne, ehe er meinte: „Wir ziehen mit allen Kriegern direkt zur Hauptstadt. Erst dort werde ich entscheiden, wohin die Divisionen gehen.“

Das bezog sich auf mögliche Umsturzpläne seiner Mutter, das war Sesshoumaru klar. Vater irrte sich, Mutter war loyal, aber er durfte dazu nichts sagen. Was auch immer zwischen den beiden vorgefallen war – er würde es für Mutter nur verschlimmern, wenn er zu sehr ihre Partei ergriff. Und sein verehrter Vater würde nie ungerecht handeln, da war er absolut sicher. Das Ganze war ein gravierendes Missverständnis und würde sich bestimmt bald klären. So nickte der Thronfolger nur und sagte: „Wie du wünschst. Darf ich dennoch eine Frage stellen?“

„Nun?“

„Inuyasha hat Naraku getötet. Sollte man nicht noch nach Kanna suchen? Immerhin ist sie seine vertrauteste Tochter gewesen, wie Kagura sagte. Und wer weiß, ob sie nicht im Sinne ihres Vaters weiteragieren will. Sie dürfte seine Verbündeten und restlichen Geldquellen kennen.“

Erleichtert, dass Sesshoumaru nur an Staatsangelegenheiten dachte, erwiderte der Inu no Taishou: „Da hast du Recht, mein Sohn. Ja. Myouga soll das übernehmen. Kommt nun. Oder hast auch du noch eine Frage, Inuyasha?“

„Naja…eine. Wie läuft das ab, wenn du zurück in die Hauptstadt kommst?“ erkundigte sich der Halbdämon langsam. Davon hatte ihm noch nie jemand erzählt.

„Du denkst an das Hofzeremoniell?“ kam es prompt vom älteren Bruder, die Betonung auf dem ersten Wort.

Aber der Imperator nickte: „Bleib einfach hinter mir, an der Seite Sesshoumarus, nun, den bekannten halben Schritt zurück. Und wenn die Menschen oder Dämonen jubeln, grüße ab und an in die Menge.“

„Ja.“ Kagome würde auch hinter ihm irgendwo gehen - und Kouga.
 

Der Regentin war unverzüglich die Mitteilung gemacht worden, dass sich ein großes Heer der Hauptstadt näherte. Obwohl sie annahm, um wen es sich handelte, gab sie doch zur Vorsorge Befehl, die Tore zu schließen, falls es Feinde wären. Nur kurz darauf wurde allerdings ein Bote zu ihr geführt, der das Nahen des Imperators verkündete. So widerrief sie unverzüglich, wenn auch etwas besorgt. Der Imperator: ihr Ehemann oder ihr Sohn? War etwas geschehen? Jedenfalls würde sie ihn empfangen, wie es sich ziemte. So stand sie kurz darauf auf den Treppenstufen des Haupteingangs zum Palast, umgeben von zehn Dienerinnen und den hohen Beamten und erwartete den Herrscher.

Unter den Einwohnern der Hauptstadt hatte sich die Rückkunft des Heeres wie ein Lauffeuer verbreitet, denn immer mehr strömten zu der großen Strasse, zu dem Hauptplatz. Zunächst allerdings trafen Krieger ein, die sich mit quer gehaltenen Speeren bemühten die Masse zurückzuhalten, um so einen Weg freizulassen.

Die domina hörte nur zu gut, wie die Gespräche schon am Tor abbrachen, die Zuschauer einen Moment schwiegen, sicher sich verneigten, ehe der bekannte Ruf ihr Ohr erreichte: „Imperator, Triumphator!“ Sowohl das Schweigen als dann auch die folgenden Beifallsrufe näherten sich immer mehr.

Mann oder Sohn oder beide? Ein wenig beunruhigt sah sie auf die Stelle, an der die Heerestrasse auf den Hauptplatz mündete. Hoffentlich war Sesshoumaru nichts geschehen...

Und, wenn er erfolgreich gewesen war: hoffentlich würde ihr Ehemann ihre Bemühungen richtig einschätzen…

Sie erkannte die Liktoren, die Gesandten, deren Abzeichen Rute und Beil dafür Sorge trugen, dass jeder wusste, dass dort der Herr über Leben und Tod kam, dann den Imperator zu Fuß, gefolgt von beiden Söhnen. Unwillkürlich atmete sie etwas auf. Alles war gegen die Drachen gut gegangen.

Der Inu no Taishou.

Sie betrachtete ihn ohne Unterlass, als er sich unter dem Jubel der Bevölkerung langsam näherte. Wie stets vergaß er nie dem einen oder anderem zuzulächeln, Kinder, die ihm entgegen gehoben wurden, wenn auch nur flüchtig zu streicheln. Der Segen des Herrschers galt gerade unter Menschen viel. Aber auch unter Dämonen und sie war sicher, dass nicht nur die Krieger, die für ihn die Gasse freihielten, bereit waren für ihn zu sterben.

Schon, als sie ihn das erste Mal gesehen hatte, hatte er ohne jeden Prunk diese Aura um sich verbreitet, den Eishauch einer ungeheuren, natürlichen Autorität. Männer neigten dazu sich vor ihm in Acht zu nehmen, ja, ihm eher loyal zu folgen. Frauen neigten vielmehr dazu schwach zu werden.

Er war der Einzige, dem es durch seine schiere Anwesenheit gelang, ihr diesen Schauder über den Rücken zu jagen, das Gefühl der Ergebenheit, ja, der Begeisterung des Dienen-Wollens. Er war der Einzige, der ihr diese Empfindungen je verursacht hatte – und andere, an die sie lieber nicht zurückdenken wollte. Das war Vergangenheit.
 

Sie wartete, bis er noch zwanzig Meter vor ihr war. Einiges war sie doch ihrem Stolz schuldig, ehe sie sich tief verneigte. Sofort spürte sie mehr, als sie es sah, dass ihre Dienerinnen, die Beamten niederknieten. Sie verharrte so, ebenso wie alle anderen, während er langsam die Stufen emporkam, ehe sie sich aufrichtete, als er vor ihr stand:

„Willkommen zu Hause, domine. Ruhm und Ehre dem Imperator!“

„Danke, meine Liebe. – Gehen wir.“

Sie atmete unwillkürlich auf, war das doch eine durchaus freundliche Begrüßung gewesen. Allerdings war sie nicht überrascht, dass sein erster Weg in sein Arbeitzimmer war.

Davor blieb er stehen: „Sesshoumaru, Inuyasha, kümmert euch um eure Dinge. Ich werde euch rufen lassen, wenn etwas anliegt. – Komm.“ Dies galt der bisherigen Regentin, die sich nur schweigend verneigte. Tatsächlich war er angenehm überrascht gewesen, dass alles wie vorher schien. Aber nun gut. Intrigen, Anschläge mochten lauern und sie war zu klug, um sich offen einer Verdächtigung des Hochverrates auszusetzen. Er warf raschen Blick auf seinen Schreibtisch, auf die Unterlagen dort: Steuer auf Stockfisch aus dem Norden? Nun, wenn sie sich damit beschäftigte…Früher, ja, früher, da war sie ihm eine gute Ratgeberin gewesen, ehe er begriffen hatte, dass sie nicht mehr als das sein konnte. Sie war klug, sie war schön…aber die Einsamkeit in seinem Herzen konnte nicht sie lindern. Da war eine andere gewesen….

Er wandte sich um: „Myouga.“

Wie er erwartet hatte, sprang der kleine Flohgeist unverzüglich auf seinen Schreibtisch: „Domine?“

„Gib Anweisung an alle Statthalter und Präfekten, dass sie nach Kanna Ausschau lassen halten sollen. Nur dies und das sehr diskret. Falls sie irgendwo gesehen wird, erwarte ich unverzüglich geheimen Bericht über sie und ihre Begleitung. - Und schicke an Pontius Pilatus nach Maimai eine Abschrift der grundsätzlichen Anweisung an alle Statthalter. Den Part, in dem anbefohlen wird, die Religion der Einwohner zu achten, lass in Rot schreiben. Einige Menschen haben sich bei mir beschwert, dass er ein Abbild meiner in ihren Haupttempel stellte. Ich ließ es entfernen. – War sonst noch irgendetwas?“

„Nichts, das dir die domina nicht berichten könnte“, erwiderte Myouga unverzüglich, der die darin enthaltene Frage verstand. Nein, nicht einmal seine Spione im Palast hatten ihm etwas anderes berichtet. Selbst bei Audienzen hatte sie sich an die Anweisung des Herrn gehalten, stets Dienerinnen bei sich zu haben, vier zumeist, statt der geforderten zwei.

„Dann geh.“ Während der Flohgeist bereits gehorchte, sah er zu seiner Ehefrau, die sich nicht bemühte ihre unwillkürliche Erleichterung zu verbergen. „Steuer auf Stockfisch?“

„Die Anregung kam von einem deiner Berater, domine. Er wies darauf hin, dass Stockfisch auf allen Schiffen des großen Meeres als Vorrat benötigt wird und aus dem Norden importiert wird. Es ist ein großer Handel damit im Gange. Dort liegt sein schriftlicher Vorschlag.“

„Wie wolltest du entscheiden?“

Sie kannte ihn und antwortete daher: „Ich wollte nicht vor deiner Rückkehr entscheiden, mein Gebieter. Allerdings würde ich empfehlen, diesen Antrag abzulehnen. Es handelt sich um notwendige Nahrungsmittel der Menschen.“

Sie wusste also noch, dass seiner Meinung nach Mehl, Zucker und anderes steuerfrei sein sollte, während es bei Austern oder Wein anders aussah. Mit einem gewissen anerkennenden Lächeln sagte er daher: „Du hast in all den Jahren nichts verlernt. - Du darfst dich zurückziehen.“

Sie verneigte sich erneut etwas, nicht überrascht, dass sich ihr draußen zwei Krieger anschlossen. Sie stand unter Verdacht, das war ihr nur zu klar. Aber er würde sicher sehen und zugeben, dass sie nichts gegen seine Interessen unternommen hatte. Auf seinen Gerechtigkeitssinn war Verlass, war es immer schon gewesen.
 

***
 

Wir werden sehen. Das nächste Kapitel bringt einige vertraute Gespräche in höchsten Kreisen.
 

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Der Kreis schließt sich Teil 1

28. Der Kreis schließt sich
 

Als der Thronfolger seine Zimmer betrat, wurde er von einem warmen Lächeln begrüßt.

Rin sauste auf ihn zu und blieb vor ihm stehen: „Sesshoumaru-sama!“

„Rin. Warst du brav?“

„Ja, ich denke schon. – Aber Jaken ist so griesgrämig:“ Sie deutete auf den Sekretär, der hastig herankam:

„Wie schön, dass du wieder hier bist, Sesshoumaru-sama. Griesgrämig ist leicht zu werden, mit diesem Gör!“ Er bemerkte gerade noch, dass eine Augenbraue hochgezogen wurde, und ergänzte hastig, da er diese letzte Warnung kannte: „Ich wollte deinen Befehl ausführen, mein Cäsar, und sie zum Lernen anhalten. Aber Rin schafft es nie, einmal auch nur fünf Minuten still zu sitzen.“ Um den Beweis für seine Worte zu erbringen, deutete er auf eine Ecke in der eine Schreibtafel, Bücher und Kreiden lagen.

„Rin!“ Der Thronfolger sah zu ihr hinab und begegnete einem ernsten braunen Blick: „Lerne Lesen und Schreiben.“

„Ja, Sesshoumaru-sama.“

Zur gewissen Empörung des Sekretärs ging die Kleine sofort in die Ecke, nahm das Buch, aus dem er sie seit Tagen zum Abschreiben hatte bringen wollen, und machte sich eifrig ans Lernen. Das würde er wieder zu spüren bekommen, sah das doch für den Thronfolger so aus, als ob er unfähig sei, mit einem Kind fertig zu werden, ja, schlimmer, er würde ihn anlügen.
 

Der Imperator streckte sich nach der Massage im heißen Wasser der Therme aus, zum ersten Mal sich vollkommen genussvoll bewusst am Leben zu sein. Das verdankte er Sesshoumaru und das würde er seinem Ältesten nie vergessen. Er sah auf, als ein Diener vorsichtig hereinblickte und sich eiligst auf die Knie warf.

„Was ist?“ Durfte er denn nie entspannen? Oder war doch etwas passiert, eine Intrige, ein…was auch immer? Dabei hatte seine Gefährtin eigentlich ganz harmlos gewirkt. Nun gut, sie und harmlos…

„Inuyasha-sama bittet um die Gunst einer Unterhaltung.“

„Er soll hereinkommen.“ Also doch. Er hatte schon bei der Rückkehr von den Schiffen in die Hauptstadt das Gefühl gehabt, sein Jüngster hätte etwas auf dem Herzen. War es doch wegen der Toten? Seine Ohren waren jedenfalls geknickt gewesen und so gut hatte er ihn in den vergangenen Monaten bereits kennen gelernt, dass dies ein Zeichen für Kummer war. „Komm nur in das Wasser, Inuyasha.“

„Ja, danke, Vater…“ Er zog sich eilig aus, um etwas verlegen in das Becken zu gleiten. Warum war er eigentlich hergekommen? Nun ja, er wollte ein vertrauliches Gespräch, hatte da aber wohl eher an seine Mutter gedacht. Es war einfach etwas unangenehm an Kriegern und Dienern vorbeizumüssen, wenn man sein Herz ausschütten wollte. Und trotz allem – das war nicht nur der manchmal recht verständnisvolle Vater sondern eben auch der Imperator, Herr über alle.

Der Inu no Taishou musterte ihn etwas genauer, ehe er langsam sagte: „Ich weiß, dass du Kummer hast, mein Junge. Komm einmal näher, nein, zu mir und setz dich neben mich. Sicher, du kennst mich nicht so gut wie du deine Mutter gekannt hast, aber ich verspreche dir, dass ich nur dein Wohl im Auge habe.“ Und wenn er eben so darunter litt Tote hinterlassen zu haben, dann musste man ihn für eine andere Position ausbilden, die reine Verwaltungstätigkeit beinhaltete. Fast behutsam legte er ihm den Arm um die Schultern, eher am Wannenrand als ihn tatsächlich berührend. Immerhin hatte er das noch nie getan – bei keinem seiner Söhne. Und die Rolle als Vertrautem war ihm neu.

Inuyasha spürte die Bewegung und war etwas beruhigt, ohne genau zu wissen warum. Da war jedoch ein Arm, der Halt und Schutz versprach – ohne ihn einzuengen. So atmete er tief durch, ehe er herausplatzte: „Kouga will Kagome heiraten!“

Das war nicht das, womit der Inu no Taishou gerechnet hatte, aber er hütete sich, sein Erstaunen zu zeigen, war er doch eher ein wenig erleichtert, dass es nicht um militärische Fragen ging: „Nun, sie könnte schlechter fahren. Kouga hat als Gladiator einiges verdient und er stammt aus einem alten wölfischen Adel. Hat Senatorin Higurashi zugestimmt?“

„Nein, Kouga muss ja erst zuhause fragen. Und Kagome erzählte mir auch, dass ich…dass ich zustimmen muss.“

„Müssen musst du freilich nicht. Aber ohne deine Erlaubnis zählt auch die ihrer Mutter nicht, da sie deine Priesterin ist. Es wäre allerdings schade, Kagome diese Heirat zu verbauen. Sie wäre finanziell abgesichert und Kouga machte auf mich nicht den Eindruck, seine Frau zu schlecht behandeln zu wollen.“ Der Ehemann hatte nun einmal alle Rechte über seine Gemahlin.

„Ja, ich weiß“, murmelte der Halbdämon.

„Ich verstehe.“

„Was?“ fragte Inuyasha prompt etwas knurrend zurück. Ach, warum war er nur hergekommen. Das war irgendwie so peinlich.

„Du hast Kagome gern?“ Da sein Sohn feuerrot wurde, lächelte der Inu no Taishou etwas. Da kam doch das menschliches Erbe durch: „Nun, ich hatte nicht den Eindruck, dass Kagome dich verabscheut. Aber könnte es sein, dass sie nicht weiß, dass du sie magst? Hast du es ihr gesagt?“

„Gesagt…nein…Ich meine, sie ist eine Senatorentochter…“

„Und du bist mein Sohn? Oder weil du vorher ein Gladiator warst? Sicher, das Leben hier im Palast ist geprägt von strengen Regeln, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Senatorin ablehnen würde. – Überdies ist nicht gesagt, dass der Ältestenrat der Wölfe zustimmt. Kouga ist, wie erwähnt, aus einer alten Familie und dieses Blut sollte weitergegeben werden.“

Inuyasha atmete unwillkürlich etwas auf, meinte aber dann geknickt: „Kein Halbdämon, also….“

„Es gibt ja praktisch keine und ich glaube auch nicht, dass sie daran einen Gedanken verschwenden“, erklärte der Imperator ehrlich: „Aber eben darum: kein Nachwuchs.“

„Und…und du?“

„Was meinst du?“

„Ich meine, dürfte ich Kagome heiraten? Sie ist ein Mensch und…“

„Und deine Mutter war auch einer. Ein wenig solltest du mich doch schon kennen gelernt haben, Inuyasha.“

Das klang fast etwas verletzt und impulsiv drehte sich der Halbdämon zu seinem Vater, um ihn zu umarmen: „Oh, das meinte ich ja auch nicht. Ich…danke!“ Er schmiegte sich an ihn, wie er es früher bei Mutter getan hatte, ehe ihm bewusst wurde, wen er da umarmte, wer die Arme jetzt um ihn gelegt hatte, und er sich eilig aufrichtete: „Äh…entschuldige…“

„Was?“ Es war ein seltsames Gefühl gewesen, aber angenehm. Seit Izayoi hatte ihn niemand mehr einfach herzlich und aus Zuneigung umarmt – und zuvor auch niemand: „Geh nur, mein Junge, und warte etwas ab, denke gut darüber nach, ehe du dann deine eigene Entscheidung triffst. Denn eines bist du meiner und deiner Stellung schuldig – derartige Dinge können nicht ohne Skandal rückgängig gemacht werden.“

„Ja, ich weiß….“ Erleichtert zog sich der Halbdämon an und verschwand fast noch tropfnass. Es war doch gut gewesen, dass er den Mut aufgebracht hatte, herzugehen.
 

Der Imperator blickte ihm nach. Impulsiv und gefühlvoll war Inuyasha, ohne Zweifel, dazu loyal und durchaus fähig. Aber diese Spontaneität würde er wohl nie ganz verlieren, gleich, welche Ausbildung er erhielt. Das war eindeutig das menschliche Erbe, Izayois Erbe. Nun, keiner konnte eben anders sein, als er nun einmal war.

Nein.

Sesshoumaru würde eigentlich nie impulsiv handeln – und doch hatte er es dort bei den Drachen getan. Zuneigung zum ihm selbst und Unsicherheit, schon das schwere Amt übernehmen zu sollen, hatten ihn wohl dazu bewogen, Tenseiga einzusetzen. Er sollte ihn noch weiter an sich ziehen, weiter sein Zutrauen, seine, ja, seine Freundschaft suchen und auch die Inuyashas. Vielleicht wäre das ein Stück Wärme in seinem Leben. Seine Söhne.
 

Andererseits würde seine eigene Ehefrau nie wirklich warmherzig sein.

Er musste zugeben, dass es ungerecht von ihm gewesen war, von ihr, einer so ranghohen, so streng erzogenen Dämonenprinzessin Herzlichkeit zu erwarten, ja, nur zu erhoffen. Sie hatte ihm alles an Loyalität und Hilfe gegeben, was sie eben konnte, ihm auch den Thronfolger geboren.

Hinzu kam, dass er sie durch seine schweigende Zurückweisung der letzten Jahrzehnte nicht nur verletzt sondern auch geängstigt hatte, wusste sie doch nur zu gut was ihr blühte, wenn er sie verstieß. Dennoch war sie, bis auf diese Audienz mit Naraku, stets korrekt geblieben, hatte ihre Pflichten erfüllt, ohne erkennen zu geben….

Ja, gut, er hatte sich geirrt. Sie hatte wohl kein Attentat geplant, schon gar nicht mit Wissen ihres, seines Sohnes. Seinen Tod hätte Sesshoumaru ohne jedes Risiko haben können, dort bei den Drachen, und er hatte ihn wieder belebt. Und dieser kannte und schätzte seine Mutter…
 

Er zog einen bitteren Schluss.
 

Sie war ihm ergeben und er hatte sie verletzt und im Stich gelassen.

Genauso wie Izayoi.

Mochte er es auch nun geschafft haben, seine Söhne auf seine Seite zu ziehen – bei den beiden Frauen, die ihm persönlich wirkliche Loyalität und Zuneigung entgegengebracht hatten, hatte er versagt. Vollständig versagt.

Bei Izayoi konnte er nichts mehr gut machen.

Aber….

Er traf seine Entscheidung.
 

Die domina verbrachte drei unruhige Stunden in ihren Räumen, ohne das freilich erkennen zu geben. Sie hoffte, dass der Imperator sehen würde, dass sie seine Interessen wahrgenommen hatte, dass er keinen Fehler finden würde, aber wer konnte schon sicher sein sich nie zu irren.
 

Ihre Gedanken glitten in die Vergangenheit. Als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, waren jeweils hinter ihnen Krieger gestanden, zwei Heere. Und er war fast nachlässig langsam allein auf Vater und sie zugekommen, woraufhin auch ihr Familienoberhaupt ihm entgegengegangen war. Das war schließlich ein Gesprächsangebot. Sie war als Erbin ihm gefolgt, dem letzten Hundefürsten, den der neue Inu no Taishou, einer der wichtigsten Heerführer und Anwärter auf den Imperatorenthron, noch nicht unterworfen hatte. Sie entsann sich noch, dass sie ihn fast unschicklich gemustert hatte. Aber sein Mut, so allein auf sie zuzugehen, hatte sie beeindruckt – und seine dominante Präsenz. Sein Heer hinter ihm wartete geradezu begierig auf eine Anweisung, das war deutlich zu sehen. Wenn er auch bloß eine Hand hob, würde der Angriff beginnen.

„Was willst du?“ hatte ihr Vater grimmig gesagt. „Meine Unterwerfung? Die wirst du nie bekommen. Ich habe mehr Krieger als du!“

„Und anscheinend unfähige Berater“, hatte er sachlich erwidert: „Du hast Bauernkrieger, die kaum je ein Schwert in der Hand hatten. Ich mag über weniger Dämonen verfügen als du, aber meine Krieger sind ausgebildet und kampferfahren. Wenn ich den Befehl zum Angriff gebe, wird es ein Blutbad.“

„Zu feige für den Kampf?“ hatte ihr Vater gehöhnt, ohne dass sich der Herr der Hunde aus der Ruhe hatte bringen lassen:

„Ich schlage dir zwei Alternativen vor, da ich nicht dazu neige Massaker zu veranstalten. Ein Duell zwischen uns beiden – siege ich, unterwirfst du dich mir, siegst du, bleibst du ein freier Fürst. Oder aber ich heirate deine Erbtochter.“

Sie war unwillkürlich zusammengezuckt, daran erinnerte sie sich nur zu gut. Er sprach so sachlich über ihr Schicksal, stellte einfach Tatsachen fest. Ihr Vater hatte dagegen lauernd gemeint: „Und dann?“

„Dann bleibst du hier der Fürst. Und ich erbe alles rechtmäßig nach deinem Tod. Du bist sehr viel älter als ich.“

Sie war zuvor bei der Besprechung dabei gewesen, als die Berater ihren Vater vor einem Kampf gewarnt hatten – die ausgebildeten Krieger des Inu no Taishou würden mindestens jeweils zehn der eigenen Leute umbringen und auch ein Duell sei nicht zu gewinnen. Daher war sie nicht überrascht, dass er der letzten Lösung zustimmte. So blieb er Zeit seines Lebens der unabhängige Fürst – und sie war durch eine Ehe im Unterschied zum Kriegsrecht doch etwas gegen Willkür geschützt.
 

Eine andere Erinnerung….ein Lager, auf das sie sich gelegt hatte, die Augen geschlossen. Um ihm zu demonstrieren, dass sie eine pflichtbewusste Ehefrau sein wolle, hatte sie gesagt, er könne alles tun, was ihm beliebe – und hatte überrascht aufgesehen, als er sich nur neben sie setzte und ihre Hand nahm.

„Es beliebt mir nicht dir Schmerzen zuzufügen“, hatte er erwidert: „Und, wenn ich dich jetzt schon nehmen würde, würde dies passieren.“

Es hatte sie beruhigt, auch, wenn sie erst später, als sie zum ersten Mal seine geschmeidige Kraft zu spüren bekam, begriffen hatte, was er meinte.
 

Seine Freude, als sie ihm den Erben zur Welt brachte, sein Vertrauen, als er sie als Regentin während des langen Krieges im Osten eingesetzt hatte…

Und sein Misstrauen, seine Kälte, vor und nach dem Nordfeldzug.

War es ihre Schuld? Hatte sie nur mehr auf ihren Einzigen als Pfand für ihre Zukunft gesetzt und ihn vernachlässigt, ja, vergessen, dem sie Gehorsam und Gewissenhaftigkeit schuldete? Wieder sah sie ihn durch die Menge gehen, empfand, was sie da empfunden hatte….
 

Sie sah auf, als ihre diensthabende Dienerin die Tür öffnete und schweigend einen Krieger einließ, sicheres Zeichen, dass dieser Anweisung von höchster Stelle hatte.

„Domina, Befehl des Imperators.“

Warum nur schossen ihr in diesem Moment die Worte durch den Kopf: verhaften, foltern, verbannen...? Aber sie erhob sich langsam.

„Du sollst in seine Privaträume kommen.“

Ohne ihre Erleichterung zu zeigen, zog sie nur ein wenig die Schulterstola um sich, ehe sie dem Krieger folgte. Also wollte er nur mit ihr vertraulich sprechen, hatte noch keinen Fehler gefunden oder gar ein Urteil gesprochen. Sie sollte nicht so ängstlich sein, ermahnte sie sich ärgerlich. Er war gerecht und sie hatte kein Vergehen begangen.

Sie wandte sich ohne zu Zögern geradeaus, als sie an den Leibwachen vorbei den abgeschlossenen Gang betrat, sicher, dass sie der Imperator in seinem Schlafzimmer erwarten würde, dem einzigen Raum im Palast, in dem niemand zuhören können würde. Nur selten war sie hier gewesen – und das zu einer Zeit, in der er ihr wirklich noch Wohlwollen entgegengebracht hatte.

Als sie den Raum betrat, verneigte sie sich, noch ehe sie die Tür schloss, etwas erstaunt. Er stand am Fenster, nur angetan mit einer Hose. Seiner Witterung nach hatte er die Thermen genossen. Aber was sie so überraschte, war die Tatsache wie er so halb bekleidet auf sie wirkte. Noch immer wirkte.

Ihr Herz begann zu rasen wie das eines jungen Mädchens. Am liebsten hätte sie es gewagt, ihre Arme um ihn zu legen, über seinen Rücken zu streichen, um endlich wieder einmal diese nur durch den Willen gezügelte Kraft zu spüren.

Er wandte sich ihr zu: „Du hast augenscheinlich sehr gut gearbeitet.“ Er wollte ihr durch Lob versichern, dass sie keine Furcht zu haben brauchte, um sich ihr wieder anzunähern. Sicher, das würde Zeit benötigen, aber auch bei Sesshoumaru war es ihm doch gelungen. Und er hatte beschlossen, sie wieder als Mitarbeiterin mit einzubeziehen, ebenso wie seine Söhne. Er hatte sich die letzten Jahre nicht mehr aus der Hauptstadt fortbewegt, aus Sorge um ihre und Sesshoumarus Loyalität – und anscheinend hatten das einige Statthalter ausgenutzt. Würden er und seine Söhne alle Provinzen besuchen, während sie hier die Regentschaft innehatte, würde dies das gesamte Imperium stabilisieren.

„Danke.“ Sie musste sich wirklich zusammennehmen. Er würde an ihr kein Interesse mehr haben wie schon in den letzten Jahrzehnten. Er fand sie sicher zu alt, zu hässlich - zu gefährlich. Mühsam ergänzte sie: „Domine.“ Das gab es doch fast gar nicht. Was war nur mit ihr los? Fast hilflos fuhr sie zu ihrer Verteidigung fort: „Ich habe nie jemanden ermordet….“

Der Inu no Taishou konnte jetzt wahrnehmen, dass sich ihre Witterung jäh verändert hatte, und machte zwei Schritte um hinter sie zu gelangen. War es möglich, dass sie ihn noch immer als Mann wollte, nicht nur den Imperator sah? Trotz all seiner begangenen Fehler? Oder wollte sie nur klugerweise einen Fehltritt verbergen? Während er ihre Boa von den Schultern zog, fragte er leise: „Du hast mich auch nie hintergangen?“ Nur mühsam konnte er verhindern, dass seine Stimme zitterte.

Sie erstarrte. „Nie.“ Wollte er etwa…?

Eine Hand, die ihr Haar zurückstreifte, ein Flüstern an ihrem Ohr: „Wenn ich es jetzt entdecke, darfst du dir deine Todesart selbst aussuchen….“

„Nein“, entfuhr es ihr unwillkürlich. Und doch war da der durchaus angenehme Schauder über seine Macht, ja, auch nur seinen Körperkontakt…

„Wie impulsiv du sein kannst.“ So lange hatte er keine Frau mehr auch nur solcherart berührt und er spürte plötzlich wie ausgehungert er war. Izayoi würde es doch sicher verstehen…und Inuyasha auch…

Was hatte er nur vor? Er wollte doch nicht wirklich…? Unmöglich…unwahrscheinlich…aber seine Hände… Wieder dieser willkommene Schauer, ehe sich ihr Stolz aufbäumte: „Aber….du begehrst mich nicht mehr, du findest mich hässlich…“

„Ich habe dich dadurch gekränkt, ich weiß “, gestand er, ehe sein Mund an ihrem Nacken entlang zu ihrer Schultergrube glitt: „Aber ich gebe auch zu, dass ich ein fast unwiderstehliches Verlangen spüre dir den Hals zu zerbeißen, den Naraku geküsst hat….“

„Niemals! Dieser minderwertige…“ Sie brach ab, um den Kopf zurück an seine Schulter zu legen.

Fünfzig Jahre, ihr Götter, und ihr Körper hatte nichts vergessen?

Nein, gar nichts.
 

Sesshoumaru war etwas beunruhigt, ohne das freilich zu zeigen. Er hatte gehört, dass seine Mutter noch gestern Abend zu seinem Vater befohlen worden war. So hatte er sie nun im Morgengrauen noch vor seinen Pflichten besuchen wollen, um zu hören, ob seine Idee, ihr die Regentschaft anzuvertrauen, ihr Probleme bereitet hatte. Allerdings hatten ihm die Dienerinnen nur sagen können, dass die domina noch nicht wieder zurück sei. So ging er langsam in Richtung der Räume des Imperators, unsicher, was er tun solle.

Er blieb jedoch stehen, als er seine Mutter erkannte, die ihm entgegenkam. Täuschte er sich oder wirkte sie sehr entspannt, ihr Schritt wie der eines jungen Mädchens? Und wenn ihn seine Nase nicht trog, kannte er sowohl den Grund dafür als auch den für ihre nächtliche Abwesenheit.

Etwas peinlich berührt verneigte er sich höfisch. Immerhin waren das seine Eltern. Aber nun gut, er hatte ja gehofft, dass sich das Missverständnis zwischen ihnen klären würde.

Die domina blieb stehen: „Guten Morgen, mein Cäsar.“

„Ich vermute, unser Herr und Imperator war zufrieden mit deiner Tätigkeit?“ Er bemerkte gerade noch ihr hauchdünnes Hochziehen der Mundwinkel und ergänzte eilig: „Als Regentin.“ Ach du liebe Güte…

„Ich erhielt ein Lob. Die Angelegenheit mit den Drachen und Naraku ist erledigt.“

„Wie du weißt.“ Er nickte nur noch, ehe er weiterging.
 

===
 

Die erste Familie rückt zusammen. Im nächsten, und letzten, Kapitel erfahren wir, wie es dem Jüngsten in Punkto Zuneigung ergeht...
 

bye
 

hotep

Der Kreis schließt sich Teil 2

Der Sklavenhändler Gaius saß in seinem Arbeitszimmer. Nach einem langen, halben Jahr auf Reisen war er endlich wieder zuhause und konnte die Früchte seiner Arbeit genießen. Ein wenig ausspannen, dann einige hübsche Sklavinnen tanzen lassen, vielleicht auch mehr…

Mit gewissem Missmut starrte er auf den Befehl des Imperators, der ihm wie allen Händlern zugeleitet worden war. Was sollte der Unsinn? Kinder unter zwölf durften nicht mehr versklavt werden und Kinder von Sklaven sollten als frei gelten? Das wäre ein hübscher Verlust für alle Sklavenhändler. Wer das dem Herrscher wohl eingeredet hatte? Bislang hatte der sich doch nie um menschliche Sklaven gekümmert? Als nächstes käme er noch auf die Idee die Sklaverei völlig abzuschaffen? Nein, das würde nicht gehen. Die menschliche Struktur des gesamten Imperiums beruhte darauf. Da hatte es wohl schlicht mal ein Sklavenhalter mit Kindern derart übertrieben, dass es zu den Ohren des Imperators gelangt war. Nun gut. Damit musste er leben.

Er sah unwillig auf, als sein Haussklave hereinkam. Der sollte hoffen, dass etwas wirklich Wichtiges zu melden war oder sich auf seine Strafe freuen: „Was ist?“

„Herr…da wollen Herren zu dir…“

Das war doch keine Antwort! Gaius blieb allerdings der Tadel im Hals stecken, als er die Dämonenkrieger in bekannter Rüstung sah, die ohne weiteres hereinkamen. Prätorianer! Was machten die denn hier bei ihm?

Der Vorderste sah ihn an: „Befehl des Imperators! Du bist Gaius, der Sklavenhändler?“

„Äh, ja….“ Das klang weniger als nicht gut. Gewöhnlich operierten die Polizeibehörden der Prätorianer nur im Namen des Herrschers. Direkter Befehl des Imperators war ungewöhnlich. Und bedeutete in der Regel nur eines: eine Anklage wegen Verrates am Imperium, dem Herrscher oder seiner Familie: „Aber da muss ein Irrtum vorliegen. Ich meine, ich habe keinen Hochverrat begangen…“

„Das wirst du dem Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm, dann sicher erklären können, “ sagte der Anführer ruhig und winkte seinen Männern: „Wir haben den Befehl, dich in Ketten in die Hauptstadt zu bringen.“

„Aber warum…?“ Gaius wusste, dass er den Dämonen nichts entgegenzusetzen hatte und ließ sich die schweren Ketten um Hals und Gelenke legen. So fesselte er ja nicht einmal seine Sklaven. Nun ja, den Halbdämon, damals. „Ich verstehe das nicht…“

„Schweige oder wir haben Anweisung dich zu knebeln.“

„Darf ich noch eine Frage stellen?“

„Nun?“

„Was wird aus meiner Familie?“

„Du bist angeklagt, nicht sie.“

Das erschien Gaius der einzige Trost als er abgeführt wurde, wie er vor fünf Jahren den Halbdämon abgeführt hatte. Er ahnte nicht, dass sein Schicksal bereits besiegelt war. Auf Hochverrat - und dazu zählte auch eine Tätlichkeit gegen ein Familienmitglied, von Sklaverei ganz zu schweigen - stand gewöhnlich der Tod, aber der Imperator war mit seinem jüngsten Sohn übereingekommen, es bei einer Lektion zu belassen. Gaius würde wegen Hochverrates zu Sklaverei verurteilt werden – was der Herrscher noch niemals getan hatte - und dann Inuyasha geschenkt werden. Dieser würde ihn in seine Stadt, sein Amt zurücklassen – und darauf hinweisen, wenn ab sofort auch nur einer der Sklaven starb oder schwer zu Schaden kam, würde Gaius seinerseits den Zorn seines Eigentümers zu spüren bekommen. Die Sklaverei ganz abzuschaffen, so plötzlich, wäre für die menschliche Wirtschaft zu hart und würde zu Aufständen führen. Immerhin sah sich der Imperator in der Lage, die Kinder davon zu befreien. Das andere würde bald kommen. Jede Generation Menschen etwas mehr….
 

Inuyasha war aufgeregt und konnte es kaum verbergen. Kouga hatte wohl inzwischen schon zuhause angefragt, ob er Kagome heiraten dürfe. Genaueres wusste er selbst nicht. Sie galt zwar offiziell als seine Priesterin, aber er hatte ihr frei gegeben Was sollte sie dauernd neben Kohaku in seinem Zimmer sitzen. Das würde ihn nur daran erinnern…

Ach, warum war das so schwer? Er hätte sie ja gern selbst gefragt, aber es war offenkundig, dass sie Kouga mochte. Was sollte er nur tun? Jedenfalls, das hatte er sich fest vorgenommen, wenn sie ihn fragen kam, würde er der Hochzeit zustimmen. Und dann Kouga unter vier Augen sagen, was er mit ihm anstellen würde, wenn Kagome je unglücklich werden sollte. Aber, das gab er trotz allen Liebeskummers zu, der Wolf mochte sie und würde sie sicher nicht schlecht behandeln.

Was sollte es. Hier im Palast herumsitzen und zu lernen würde ihn kaum beruhigen. So blieb er nach seiner Geographiestunde stehen: „Kohaku, ich gehe ein wenig spazieren. Sag die nächste Stunden ab. Ich hänge sie morgen dran.“

„Ja, Inuyasha-sama“, erwiderte der junge Dämonenjäger nur. Wenn der Sohn des Imperators einige Schulstunden schwänzte, ging das allein ihn und seinen Vater an.
 

Nur eine halbe Stunde später stand Inuyasha auf dem Hof der Higurashis. Noch immer schmerzte ihn der Gedanke an seine ermordeten Kollegen. Sie waren so nett zu ihm gewesen, hatten ihn aufgenommen als Kameraden und Freund – und dieser Naraku hatte sie töten lassen.

„Inuyasha! – Ich meine, Inuyasha-sama, verzeih.“ Ein Gladiator kam heran.

„Goku, wie geht es dir?“

„Danke, gut. Ich spreche noch immer etwas undeutlich, aber das wird schon. Hofmedicus Jinenji hat wohl ein wahres Wunder vollbracht. Wer überlebt schon mit durchschnittener Kehle.“

„Ja. – Neue Kollegen?“

„Ja. Die Senatorin war in zwei Kampfschulen um neue Kandidaten zu sichten. Nette Burschen, denke ich. Kouga hat sie sich schon mal angesehen, auch, wenn er ja ohne Vertrag ist und ich jetzt der Sprecher bin.“ Goku grinste: „Aber du weißt ja, seiner Nase entgeht nichts. Nun, deiner wohl auch nicht.“

„Ist Kouga hier?“

„Äh…keine Ahnung. Also, nicht bei den Gladiatoren. – Aber frag Kagome, sie kommt da gerade.“

Tatsächlich hatte die Tochter der Senatorin aus ihrem Fenster den unerwarteten Besuch erkannt und war eilig in den Hof gekommen. Ihre Mutter war nicht anwesend und es war doch sicher höflich, den Sohn des Imperators zu begrüßen und nach seinem Wunsch zu fragen. „Inuyasha-sama, was für eine unerwartete Ehre.“

So förmlich, dachte er: „Ist deine Mutter nicht da?“ Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass sich Goku dezent zurückzog.

„Nein. Der mächtige Imperator hatte ihr doch die Kampfschule in Avenna zur Auflösung übertragen. Sie hat einige Männer von dort behalten, andere an andere Veranstalter übergeben, wenn sie Gladiatoren bleiben wollten. Die Übrigen wurden freigelassen und konnten gehen wohin sie wollten. Aber nun soll sie alle Kampfschulen im Imperium überprüfen. Sie wird wohl viel auf Reisen sein.“ Das klang ein wenig seufzend.

„Das ist gut!“ entfuhr es Inuyasha, ehe er hastig ergänzte: „Ich meine natürlich, dass die Kampfschulen überprüft werden. Diese illegalen Kämpfe müssen aufhören.“

„Ja, so lautet ihre Anweisung. Und der Imperator gab ihr den Status eines Legaten, zusätzlich zu dem Titel eines Senators. Das bedeutet…ach, du weißt es ja sicher.“

„Ja.“ Das bedeutete, dass sie nur Vater gegenüber verantwortlich war und sich auch ein Statthalter schwer tun würde ihr etwas zu verweigern. Zögernd meinte er: „Und...hast du schon etwas von Kouga gehört?“

„Ja. Er besuchte mich kurz, als er hier war, um mir zu sagen, dass er mich nicht heiraten könne.“

„Oh.“ Inuyasha spürte einen Stich im Herzen – diesmal aus Freude: „Warum haben ihm die Wölfe das verboten?“

„Äh…“ Kagome sah zu Boden: „Na ja…er ist schon verheiratet.“

Entgeistert starrte der Halbdämon sie an: „Wie bitte? Wie kann man denn so etwas vergessen?“

„Sie waren wohl noch sehr klein, als sie miteinander verlobt wurden, also er und seine Cousine Ayame. Und das gilt unter Wölfen schon als Heirat. Danach war er ja im Heer des Imperators und dann hier….da hatte er es wohl vergessen. Jetzt soll er schleunigst zu ihr gehen.“ Sie sah zu noch immer zu Boden. Sollte sie es wagen…?

Inuyasha atmete tief durch.

Sie hatte es gehört und fand den Mut, den Sohn des Imperators zu fragen: „Ja, jetzt...ich meine, darf ich weiterhin noch deine Priesterin sein, bis ich jemand anderen gefunden habe?“

Jetzt oder nie, dachte der Halbdämon entschlossen, um im gleichen Moment unsicher zu erklären: „Nein, als Priesterin möchte ich dich eigentlich nicht mehr haben, sondern….“ Er bemerkte, dass sie prompt fast zu weinen begann und legte eilig die Arme um sie: „He, hör mich doch bis zum Schluss an….ich meine…ich…magst du mich heiraten?“

Kagome starrte zu ihm auf, ehe sie unter Tränen sagte: „Das...damit macht man keine Witze. Das ist nicht nett….“

„Es ist mein Ernst, du Idiot! Ich weiß ja, dass du Kouga lieber magst als mich, aber…na ja…vielleicht könntest du dich an mich gewöhnen?“ Er klang recht kleinlaut.

„Ich mag dich doch lieber als ihn…..“ korrigierte sie, prompt rot werdend: „Aber dein Vater...ich meine, der mächtige Imperator, Ruhm und Ehre sei ihm…“ Mutter würde eine derart brillante Partie natürlich annehmen.

Er atmete auf. Wenn das ihr ganzes Problem war... „Ich habe schon seine Zustimmung.“

„Du warst sicher, dass ich ja sage?“ Aber sie lächelte und das Herz des jungen Halbdämons schmolz dahin.

Vorsichtig legte er seine Hände an ihr Gesicht und betrachtete es, als sei es etwas sehr Kostbares, ehe er sich unsicher ein wenig vorneigte. Immerhin hatte er noch nie ein Mädchen geküsst. Aber da sie stillhielt, machte er einfach das, was ihm sein Gefühl eingab. Gleichwohl schien es richtig zu sein, denn sie legte nur ihre Arme um seinen Rücken.

Als er endlich den Kopf hob, meinte sie, um irgendetwas zu sagen: „Dann…dann muss ich wohl auch diese ganzen höfischen Regeln lernen?“

„Ich fürchte. – Aber immerhin hast du dabei meine Hilfe. Einiges können wir dann sicher auch zusammen lernen.“ Er ließ sie endlich los: „Ich…ich werde Va…den Imperator sagen, was los ist. Der wird dir dann sicher wen schicken, zum lernen und so.“

„Und ich schreibe meiner Mutter.“
 

Vierzehn Tage später wurde Inuyasha zum Imperator gerufen. Dieser betrachtete ihn wohlwollend, ehe er sagte: „Ich will eine Division nach Norden schicken, nach Batau. Sie soll dort die Grenzen sichern, da immer wieder menschliche Stämme in diese Provinz einfallen. Statthalter Fabius Maximus hat um mehr Krieger gebeten. Du bist in diesem Land geboren. Darum möchte ich die Division unter deinem Befehl in den Norden schicken.“

„Ich…“ Mehr brachte Inuyasha nicht heraus. Aus zwei Gründen. In den Norden? Womöglich in das Dorf, in dem er geboren wurde, und das ihn nicht nur nie anerkannt hatte, sondern ihn auch noch gefangen und als Sklaven verkauft hatte? Nein, Batau lag weiter im Osten, war die Hauptstadt der Provinz mit der größten Ausbildungsstätte nördlich der Hohen Berge. Aber da war als zweiter Punkt auch noch die Sache mit Kagome….Eine Weisung des Imperators lehnte man jedoch nicht ab. Er bemerkte das gewisse Lächeln seines Vaters und vermutete verlegen, dass dieser seine Gedanken gelesen hatte.

Der nächste Satz bestätigte es: „Nun, Haushofmeister Saya erhielt schon die Anweisung eine Eheschließung vorzubereiten. Aber Kagome soll ab diesem Zeitpunkt auch als Mitglied dieser Familie auftreten können und muss noch einiges lernen. Die Heirat kann somit frühestens in drei Monaten stattfinden. - Du sollst die Division nur abliefern und kommst dann zurück. Andererseits halte ich es in deinem Interesse für ratsam dein Heimatdorf zu besuchen. Und das Grab deiner Mutter.“

„Ja, natürlich.“ Mutter, ja, er hatte ihr so viel zu erzählen….Mit einem etwas bitteren Lächeln fuhr er fort: „Immerhin werden sie mich ja diesmal nicht wieder verkaufen.“

„Mit einer ganzen Division Dämonenkrieger hinter dir?“ Genau darum wollte er diesen Anlass nutzen, seinem Jungen die Gelegenheit zu geben die Vergangenheit ruhen zu lassen.

„Ja, domine.“ Für einen Moment ertappte er sich bei der Versuchung das Dorf zerstören zu lassen, aber schließlich hatte auch Vater es verschont – und er wusste, wer hauptsächlich die Schuld an Mutters Unglück und an seinem eigenen Verkauf trug. „Wie…wie weit gehen meine Vollmachten?“

„Du bist der Heerführer bis du in Batau an Fabius Maximus übergeben hast. Und damit nur mir verantwortlich. Persönlich.“ Der Imperator konnte sich denken, dass es ein Reiz sein musste sich zu rächen. Aber es war sein und Izayois Sohn: „Du reist morgen ab. Du darfst dich allerdings noch von deiner Braut verabschieden.“

„Dein Befehl.“ Der Halbdämon legte die Faust in militärischem Gruß an die Brust, ehe er sich verneigte. Nein. Vater vertraute ihm und er würde ihm keine Schande machen.
 

Inuyasha betrachtete ausdruckslos das kleine Dorf mitten in den hügeligen Wäldern, ehe er sich an den Legaten neben ihm wandte, der der eigentliche Anführer war - wenn nicht gerade der Imperator selbst oder einer seiner Söhne an dem Zug teilnahmen: „Alle Bewohner sollen auf den Platz kommen.“

Unverzüglich gab dieser den Befehl an die Zenturionen weiter. Nur fünf Minuten später hatten die Dämonenkrieger alle Menschen des Dorfes auf den Marktplatz getrieben, alle Häuser noch einmal durchsucht.

Als Inuyasha vor die knienden Einwohner trat, bemerkte er, wie sie zusammenzuckten. Fünf Jahre waren auch für Menschen keine zu lange Zeit, dass sie ihn nicht erkannt hätten. „Der Halbdämon…“ flüsterten sie. Nachdem er hier mit einem Heer auftauchte, mit dem Titel „Sohn des Imperators“ vermuteten sie, dass er Rache wollte.

„Ihn und ihn…“ Er deutete auf den Ortsvorsteher und den Priester: „Will ich sprechen. Die anderen bleiben hier.“

Zwei Dämonen gehorchten unverzüglich und zogen die beiden auf, hinter ihm her, als er in die alte Burg trat, durch die leeren Räume in den ehemaligen Saal des Schlossherrn. Nach Geburtsrecht war dies seine Burg, eigentlich…

Da er zum Fenster ging, stießen die Krieger die beiden Menschen einfach zu Boden.

Ohne sich umzudrehen, sagte er: „Ihr könnt gehen. Ich werde mit den beiden allein fertig. - Vor einigen Jahrzehnten kam ein Heer des Imperiums in diesen Ort. Der Heerführer fand Gefallen an der Tochter des Schlossherrn. Als sich nach dem Abzug des Heeres herausstellte, dass sie ein Kind erwartete, sollte sie es töten. Da sie sich weigerte, wurde sie aus dem Ort verbannt. Sie sollte ihn nie wieder betreten. So baute sie sich eine Hütte im Wald. Zunächst half ihr noch ihre Mutter, die hier weiterhin im Schloss wohnte, aber diese starb bald, wohl aus Kummer über das Schicksal ihrer Tochter. Diese bekam einen Halbdämon als Sohn und lebte weiterhin im Wald von dem, was sie dort fand und was ihr kleiner Sohn jagen konnte. Ab und an kamen Dörfler vorbei und tauschten Jagdbeute gegen Kleidung oder andere Dinge, aber es blieb ihr verboten in den Ort zu gehen. Nur selten wagten es Kinder des Dorfes sich auch nur mit dem Halbdämon zu unterhalten, gar mit ihm zu spielen. Dann starb die Mutter und der Halbdämon blieb allein. Wie schon zuvor jagte er für sich und tauschte ab und an die Beute mit den Dörflern und hielt die primitiven Dämonen von den Menschen fern. Eines Tages kamen die Einwohner zu ihm. Da er seiner Mutter versprochen hatte, keinen Menschen zu töten, gelang es ihnen ihn zu fesseln und als Sklaven zu verkaufen.“ Er wandte sich um.

Die beiden starrten ihn an, wussten sie doch nur zu gut, wovon er sprach.

„Ich…ich bitte um Verzeihung, Inuyasha-sama…“ brachte der Ortsvorsteher hervor: „Wir...wir hatten doch keine Ahnung, dass du der Sohn des mächtigen Imperators…“

„Ihr wusstet, dass mein Vater ein Dämon war und das hat euch genügt. Es hat euch ja nicht einmal interessiert, dass er ein Heerführer war. Die Dürre war ein guter Vorwand mich loszuwerden, nicht wahr?“ Er fixierte den uralten Priester, der damals der Redeführer gewesen war.

„Dämonenblut, Dämonenbrut hat nichts in einem menschlichen Dorf zu suchen. So ist es und so war es schon immer, “ sagte dieser heiser: „Menschen und Dämonen sind unterschiedliche Wesen, Menschen sind rein und Dämonen gehören der Dunkelheit an. Deine Mutter verlor ihr Recht auf ihr Menschsein, als sie dich behielt. Sie hatte ihr Schicksal verdient. Und du schon zweimal. Nur um ihretwillen ließ ich dich leben, um des menschlichen Teiles in dir.“

Der Ortsvorsteher starrte den polternden alten Mann ebenso erstaunt an wie Inuyasha selbst, wenn auch beide mit unterschiedlichen Gedanken. Dann sah er eilig zu dem Sohn des Imperators: „Ich…ich bitte um Vergebung….er…er redet wohl in der Angst wirr….“ Ein Befehl und keiner der Einwohner würde auch nur noch die nächste Viertelstunde überleben. Mit den Dämonenkriegern des Imperiums war nicht zu spaßen.

„Nein, das tut er nicht“, erklärte Inuyasha sehr nachdenklich: „Ich kann mir aber kaum vorstellen, was er sagen würde, wenn er nach Batau kommt oder gar in den Süden, in die Hauptstadt. Dort leben überall Menschen und Dämonen zusammen, friedlich, ohne Probleme. Keh! Warum nicht. – Wache!“ Und da unverzüglich die Krieger eintraten: „Der Priester wird gefesselt und mit nach Batau genommen. Oh, und passt auf, er ist ein bisschen verrückt.“

Der Priester versuchte unwillkürlich, wenn auch vergeblich, sich gegen den festen Griff der Dämonen zu wehren: „Nur, weil ich die Wahrheit sage, du Bastard? Ich habe keine Ahnung, wie du wieder hierher kommen konntest und dann auch noch so…“

„Knebelt ihn!“ befahl Inuyasha kühl wie sonst nur sein Halbbruder. Er hatte keine Lust, sich die nächsten Tage dauernd wie damals beleidigen zu lassen: „Und…du bist doch Optio?“ Der Krieger nickte, ja, er war der stellvertretende Kommandeur einer Untereinheit: „Dann suche zwei Männer aus, am besten jemand, der sich gern etwas zuschulden kommen lässt, und kettet den Priester an diese. Schafft ihn weg. - Und jetzt zu dir, Ortsvorsteher.“

Der verneigte sich eilig bis zum Boden. Würde auch er in Ketten abgeführt werden? Immerhin schien der Sohn des Imperators kein Massaker veranstalten zu wollen. Ja, aber eigentlich war die Frage des Priesters berechtigt: vor fünf Jahren hatten sie ihn als Sklaven verkauft. Der Händler hatte damals erklärt, er wolle ihn an eine Gladiatorenschule für tödliche Spiele abgeben. Wie war es ihm gelungen das nicht nur zu überleben sondern frei zu werden, ja, als Sohn des Imperators anerkannt zu werden?

„Was sagst du dazu?“

„Du weißt es doch….er ist der wichtigste Mann im Ort. Ihm gehorchen alle. Auch ich wurde nur Ortsvorsteher, weil er mich ernannte.“

„Und er hat ebenso wenig dieses Dorf verlassen, wie einer von euch, obwohl in Batau jede Menge Bildung zu bekommen ist. Kein Wunder, dass ihr derart verblödet seid. Ich werde dem Statthalter mal sagen, dass er die Kinder hier in diesen ganzen Wäldern ansehen lassen soll. Wer was taugt kann nach Batau. Und erzähle mir nicht, dass ein ausgebildeter medicus im Dorf nicht sinnvoll wäre.“

Das war freilich nur zu wahr. „Danke, Inuyasha-sama.“ Es kam ihm zwar irgendwo falsch vor, einen Halbdämon so anzusprechen, aber der war der Sohn des Imperators, Heerführer, und hatte ein mehr als großzügiges Angebot gemacht, zumal, wenn man bedachte, wie sie ihn behandelt hatten. Überdies sah das nicht so aus, als ob der alte Priester je hierher zurückkommen würde, also wäre er ihm keine Rechenschaft mehr schuldig.

„Keh!“ machte Inuyasha. Wer wusste schon, wie es gekommen wäre, wäre der Priester nicht hier gewesen. Dann wäre er wohl der Burgherr geworden, aber er hätte nie die Hauptstadt gesehen, Maimai – und nie Miroku, Sesshoumaru und Vater - und Kagome. „Komm.“
 

Während sich das Heer zum Abmarsch bereitmachte, ging der junge Halbdämon allein abseits zu dem Grab seiner Mutter und legte Blumen nieder: „Ich werde Kagome heiraten, weißt du….Weder Vater noch ich werden dich je vergessen. Leb wohl“, sagte er leise: „Denn ich werde hier wohl nicht mehr herkommen. Aber ich verspreche dir, dir keine Schande zu machen und nie zu vergessen, was für ein Mensch du warst.“
 

***
 

Das war es zu dieser Geschichte. Ich habe zwar eine Idee zu einer Fortsetzung gehabt, aber die ist noch nicht spruchreif.

Nächste Woche Mittwoch gibt es einen kleinen Oneshot zu Hundeyoukai auf Wunsch einer Leserin, danach beginnt die neue AU-Geschichte: Es liegt in der Familie.

Ein halbdämonischer Vollwaise glaubt mit seinem Praktikum im Grand Hotel das große Los gezogen zu haben – und erlebt das Abenteuer seines Lebens. Lebensgefahr inbegriffen. Allerdings nicht nur für ihn….
 

Schnuppertext:
 

Inu Yasha überlegte kurz, ehe er herausplatzte: "Können Sie mir einen Gefallen tun?" "Nun?" "Können Sie meinen Vater suchen und umbringen lassen?" Der Inu no Taishou ließ langsam die Hand mit dem Füllfederhalter sinken.
 

Ich würde mich freuen, wenn ihr hineingucken würdet.
 

Bye
 

hotep



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Von:  nicoleherbster
2017-05-31T17:05:28+00:00 31.05.2017 19:05
Schade das es bis jetzt keine Fortsetzung gibt. Das ist eine tolle Geschichte.
Von:  ayakoshino
2010-08-22T16:58:32+00:00 22.08.2010 18:58
Ein wirklich schönes Abschlusskapitel!
Ich habe mir schon gedacht das du Kagome nicht Kouga überlässtund Inuyasha mit ihr Glücklich werden kann!^^ Ich fand es auch wirklich gut das er noch mal in seine alte Heimat zurückkehren konnte! Und auch das er wirklich gerecht gehandelt hat, den Priester mitnimmt um ihm zu zeigen das Menschen und Dämonen sehr wohl fiedlich zusammenleben können!
Auch das mit dem Sklavenhändler war eine wirklich gute Idee!
War wirklich eine sehr schöne FF! Und ich freu mich auch schon auf die nächste AU Geschichte! Bin sehr gespannt!
lg ayako
Von:  animeffan
2010-08-20T20:43:21+00:00 20.08.2010 22:43
Noch mal zurück in die Heimat... Ich befürchte, dass er kaum Zeit hatte sich richtig an seine Kindheit zu erinnern, wo noch Izayoi am Leben war.

Gerecht handelte er den Sklavenhändler gegenüber... Genau wie sein Vater...
Und die Zukunft ohne Sklaverei ist nicht in weiter Ferne...

Die Familie wird größer und sie brauchen ihre Gefühle zueinander nicht mehr zu verstecken... Realistisch fand ich die Szene mit den beiden...
Wie doch liebevoll und aufmerksam von ihm...

Ich habe es genossen...

Vielen Dank...

animeffan

Von:  animeffan
2010-08-20T19:07:49+00:00 20.08.2010 21:07

...

Die wiedergefundene Liebe
Erstrahlte im Königspalast...

Der Hass und Intrigen inzwischen
verschwanden... Für immer?
Wer weiß...

Sein Fehler hat er eingesehen
Und Reue erschüttert ihn tief...

Er will ihre Nähe für immer
Und ewig nun bleibt sie bei ihm?

Des Wortes verlockende Falle
Die zwingende Muße des Tuns

Sie flüsterte mir diese Reime
Verliere ich jetzt Deine Gunst?

...

Alles Gute hat irgendwann ein Ende, was nun wirklich sehr schade ist...
Das Kapitel fesselte mich ab dem ersten Wort.
Das Imperatorpaar zusammen zu "sehen" freute mich sehr, denn sie passen wirklich gut zueinander, außerdem lieben sie sich trotz all den Jahren der Abstinenz, Vertrauenslosigkeit und Intrigen. Allen Zweifeln zum trotz öffnete er sein Herz für sie, die ihre Gefühle, die in ihrem Inneren seit nun Jahrzenten schlummerten, an die brödelnde Oberfläche holte...
Nein... Sie ist weder kalt noch gleichgültig... Genauso wenig wie Sesshoumaru es ist... Die Einsamkeit ließ das Feuer erlöschen, den ihr Gefährte doch noch wieder entfachte...

Endlich kam die Familie zusammen... Nichts zerreißt die so schwer geschmiedete Bande, die nun für die Ewigkeit halten werden... Ich hoffe es sehr...

Auf das nächste Kapitel bin ich richtig gespannt... Hoffentlich wird für unseren Hanyou und seiner Pristerin alles gut gehen...

animeffan

Von:  inukimi
2010-08-17T09:46:45+00:00 17.08.2010 11:46
Ich fass es nicht! Koga ist praktisch schon verheiratet und das mit Ayame^^
Glück für Inu Yasha. Nun hat er doch noch den Mut aufgebracht, seine Kagome zu fragen.

Und dieser Gaius wird sein blaues Wunder erleben^^ Als Sklave seines ehemaligen Sklaven^^

Ganz besonders hat mir die Szene im Dorf gefallen. Inu yasha hat recht... er ist ein bisschen verrückt^^ - Also der Priester.
Irgendwie verstehe ich Inu, dass er seine Mutter nicht mehr besuchen will. In das Dorf würde ich auch nicht mehr zurückwollen.

Eine Fortsetzung fände ich super!

GglG

inukimi
Von: abgemeldet
2010-08-12T13:14:30+00:00 12.08.2010 15:14
Mal abgesehen davon, dass der Oberpriester nicht als tolerantes Beispiel überlegter Meinungsbildung angeführt werden kann, hat die Tatsache, dass er trotz der möglichen Konsequenz, qualvoll umgebracht zu werden, nicht kuscht und trotzdem seine Meinung herausschreit, etwas durchaus Mutiges (oder größenwahnsinnig Irres) – und Unterhaltsames.

Der Heiratsantrag wirkte auf den ersten Blick ein bisschen naiv bzw. hat gut gezeigt, dass die Beiden tatsächlich noch recht jung sind/sein müssen. Andererseits ist Liebe nicht unbedingt eine Versicherung dafür, dass eine Ehe auf Dauer funktioniert. Manche Vernunftheirat war/ist wesentlich belastungsfähiger.
Glücklicherweise bleibt den Beiden sowohl eine Vernunftehe als auch eine gescheiterte Beziehung erspart und ihnen nur noch zu wünschen, dass sie eine schöne Hochzeit und erholsame Flitterwochen (oder planst du dieses Mal den Beiden ihren Honeymoon vorzuenthalten? ;) haben werden.

LG
Zwiebel
Von:  Teilchenzoo
2010-08-12T08:20:32+00:00 12.08.2010 10:20
Ein Happy End. Kagome und Inu heiraten, Inu hat sich mit der Vergangenheit versöhnt, Zuhause bei Papa ist auch alles gut...

Mir wäre noch ein abschließendes Familienbild, besonders zwischen den Brüdern, ganz lieb gewesen.

Die Dörfler sind ziemlich gut bei weggekommen. Ein alter und wohl vom Alter bösartig gewordener Priester war also die Quelle allen Übels ... und ein kuschender DOrfvorsteher. Tja. Menschen eben.
Ein Soldat, der sich gern etwas zuschulde kommen lässt ... nun ja, dann kriegt der aLte schon noch seine Strafe. Wobei ich nicht glaube, dass es viel bringt, ihn in eine große stadt zu bringen. Diese Ansichten wird er bis zum Tod haben.

Gaius erfährt eine interessante Strafe, das muss man schon sagen ...

Inuyasha hat sich bis zum Ende ganz schön entwickelt.

Interessante Geschichte.

Lg neko
Von:  Tigerin
2010-08-11T20:47:31+00:00 11.08.2010 22:47
Ein sehr schönes Ende.
Inus Heiratsantrag war typisch er.. *g* aber schön, dass die Beiden zusammengekommen sind. Kagome wird wirklich einiges zu lernen haben.
Es ist aber schon ziemlich peinlich die eigene Verlobung zu vergessen. Kouga sollte sich schämen.

Es hat mir gefallen, welche Entscheidungen Inu für das Dorf getroffen hat.. das war sehr.. hm.. reif. Und das, obwohl dieser Priester echt das Letzte war. Auf jeden Fall hat er seinem Vater keine Schande gemacht. Der Blick in die Vergangenheit hat mir auch sehr gut gefallen..

Die Geschichte war richtig schön. Jetzt freue ich mich vorallem auf Hundeyoukai.. *g* aber auch schon auf die nächste AU. Ich bin gespannt.

LG,
Tigerin
Von:  kiji-chan
2010-08-11T18:08:56+00:00 11.08.2010 20:08
Ein grandioses Ende einer grandiosen Geschichte.

Ich kann mir nicht helfen, ich liebe deine AU Geschichten (besonders die Mafia Geschichten XD)

Inulein als Gladiator hat schon was. Ich sollte endlich das Coverbild unter meinen FAs hochladen. Wann hab ich es gezeichnet, vor einem Jahr?

Bei deinen Geschichten merkt mach nicht, wie die Zeit vergeht. Erst wenn du nachdenkt, wann du mit dem Lesen begonnen hast, merkst du, wie jung wir geworden sind, oder? *alte Omi Reden schwenk*

Nun zur Geschichte, das doppelte und dreifache Lesen hat sich gelohnt.
Und ich werde es wohl noch einmal lesen, denn mein lieber Kater hätte die Geschichte gerne übersetzt.
Ich glaube, diese Geschichte ist einer Liebesgeschichte am nähesten, mit den ganze Gefühlsdramen. Ich hoffe inständig, dass in der Fortsetzung Sango und Miroku zusammen kommen. Eventuell ein kleines Drama mit Mama und Papa (Mama wird entführt und Papa unterschreibt geschwind die Vollmachten und geht sie retten XD oder so)

Was bleibt mir sonst noch zu sagen: b<(°.°)>d weiter so!


ncha!
Kiji
Von:  dice70391
2010-08-11T17:58:01+00:00 11.08.2010 19:58
tja von so einem Heiratsantrag habe ich auch noch nie gelesen...einfach anders...

bin schon sehr auf die neue Geschichte gespannt...

dice


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