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Maltreat

von

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~Ein exotisches Tier~

Ich neige dazu, neue Dinge anzufangen, auch wenn ich mit alten noch nicht fertig bin und wenn das Plotbunny kommt, dann kommt es und hoppelt unermüdlich weiter.

Jedenfalls schreibe ich zum Spaß, ich verdiene kein Geld damit und nehme mir dadurch das Recht heraus, mich nicht zum Schreiben zu quälen, wenn mir gerade keine passenden Ideen kommen.

Im Klartext heißt das, dass keine regelmäßigen Updates zu erwarten sind ^^"
 

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Es war ein Tag wie jeder andere.
 

Auch wenn Jack schon lange kein Gefühl mehr über die Zeit hatte. Es war stets dunkel hier unten. Hin und wieder beleuchtete eine kleine Öllampe den Bauch des Schiffes, in dem er sich befand, doch es war bei Weitem zu wenig, als das es den gesamten Raum ausfüllen konnte, oder um etwas genaueres ausmachen zu können..
 

Die Luft war von Feuchtigkeit geschwängert und es stank bestialisch, doch um den Ursprung des Geruches ausfindig machen zu können brauchte der Pirat kein Licht.
 

Es war nicht nicht lange her, dass Sparrow hier unten nicht alleine war. Er vermutete, dass es Tage waren, dich mit Sicherheit konnte er es nicht sagen. Als er das erste Mal hier unten aufgewacht war, waren noch zwei andere Männer hier gewesen. Der eine etwas gesünder, der andere in einem schlimmen Zustand.
 

Doch auch der Zustand des Gesünderen hatte sich von Tag zu Tag verschlimmert, der zweite war gestorben und weggebracht worden. Es dauerte nicht lange, bis auch Jack mitbekam, was auf diesem Schiff vorging und dass der zweite Mann wohl nicht mehr lange genug am Leben sein würde, um ihm Gesellschaft zu leisten.
 

Jack behielt seine Augen geschlossen und atmete tief durch. Er brauchte kein Licht, um zu wissen, dass sein Körper im Moment nicht sonderlich ansehnlich war. Der Schmerz war Zeuge genug.

Zu schwach, um ihn in die willkommene Bewusstlosigkeit zu schicken aber zu stark, um ihn schlafen zu lassen.
 

Jeder Muskel und jeder Nerv erinnerte ihn daran, was ihm täglich angetan wurde. Und auch wenn es einiges brauchte, um den Geist von Captain Jack Sparrow zu brechen, so war sein Körper wohl schon lange über diese Schwelle getreten.
 

Es war schon lange her, seit er sich das letzte Mal ordentlich zur Wehr gesetzt hatte. Inzwischen fiel ihm sein Körper dermaßen in den Rücken, sodass er schon beim kleinsten Geräusch zusammenzuckte – und wenn es nur das lautere Knarren des Schiffes war. Bei jedem Mal stöhnte der Pirat auf und jedes Mal wurde sein Stöhnen kläglicher.
 

Inzwischen hieß er die Dunkelheit willkommen, die ihm die Sicht auf seinen geschundenen Körper verweigerte. Seine Lippen waren durch den Flüssigkeitsmangel aufgesprungen und aufrissen. Getrocknetes Blut verkrustete die Wunden – nicht nur auf seinen Lippen. Seine Hände spürte er schon lange nicht mehr. Ob er sie noch bewegen konnte, vermochte Jack nicht zu sagen, zumal seine Sorgen sich oftmals auf andere Dinge bezogen.
 

Die Wunden auf seinem Rücken waren wieder offen und das letzte bisschen Blut in seinem Körper rann über die zerschundene Haut und tropfte auf den dreckigen Boden.

Kleidung trug er schon lange nicht mehr und Jack dachte darüber nach, dass es vermutlich recht gut war, das seine Handgelenke mit rauen Seilen an der Decke befestigt waren, denn so gelangte er nicht in die Versuchung, sich hinzulegen und seine ohnehin schmutzigen Wunden weiteren Gefahren einer Infektion auszusetzen.
 

Aber vielleicht wären Wundbrand und Infektionen ja auch willkommene Genossen, die ihn nach Stunden der Qual endlich von dieser erlösen würden.

Ein angenehmer Gedanke, wie Jack fand, denn auch wenn der Pirat weitestgehend für seine Lebenslust bekannt war, wusste er auch, dass niemand einen Piraten aus den Fängen eines Piraten befreien würde. Sich der Hoffnung einer Rettung hatte Jack sich schon seit Langem nicht mehr hingegeben und auch wenn er lieber auf seinem Schiff gestorben wäre, so fand er den Gedanken, in diesem dunklen Loch seinen letzten Atemzug zu machen inzwischen auch sehr einladend.
 

Ein Spielzeug!

Das war alles, was Sparrow war.

Ein Haustier.

Und der Pirat brauchte niemanden, der ihn Tag für Tag an diese herabwürdigende Tatsache erinnerte. Sein Körper diente nur mehr als Spielball der Lustbefriedigung für dieses … Monster ... und das in mehreren Hinsichten. Doch noch erniedrigender als das, war die Tatsache, dass er sich nicht wehren konnte.
 

Anfangs hatte er noch mehr Kraft in Geist und Muskeln gehabt, sodass es einige Schläge mehr brauchte, um ihn für sich brauchbar zu machen. Jetzt hatte er oft das Gefühl, dass man ihn lediglich anschauen brauchte und seine Muskeln zogen sich zusammen.

Natürlich weigerte er sich innerlich immer noch, aber er wusste um die Grenzen seines Körpers. Leider hatte er inzwischen auch herausfinden dürfen, dass sein 'Halter' nicht gerade erpicht darauf war, den Piraten einfach sterben zu lassen.
 

Er bekam zu essen.

Zu wenig, um satt zu werden, aber bei weitem zu viel, als das er verhungern würde. Zwar waren das Brot oft zu alt und das Obst manchmal schon nahe an der Schwelle zu verschimmeln, aber es war Essbar.

Das Wasser schmeckte abgestanden aber war noch nicht brackig. Für was auch immer Sparrow noch hier war, er befürchtete sehr, sich hier noch länger aufhalten zu müssen, gegen seinen Willen und ohne Hoffnung darauf, hier herauszukommen.
 

Die Zeit verging – ob nun sonderlich schnell oder langsam konnte Jack nicht sagen, aber er glaubte, das es eher langsam war – und er hing immer noch wie ein Stück Fleisch von der Decke.

Am Abend wurde ihm meist etwas zu essen gebracht. Zumindest nahm Jack an, dass es Abend war. Wenn es Morgen sein würde, würde es ihn auch nicht wundern, da das Licht hier unten immer gleicherweise nicht vorhanden war. Oder nur sehr schwach.
 

Müde hob er den Kopf von der Brust und keuchte, als sich sein schmerzender Rücken wieder bemerkbar machte. Die schwere Eisentüre zu seiner Zelle wurde geöffnet und Sparrow rechnete damit, jeden Moment von dem Haken genommen zu werden, auf den Boden zu fallen und wie ein Tier vor sich eine Schüssel mit Wasser und Brot zu finden.

Das Brot ins Wasser zu tunken machte es oft wesentlich einfacher zu essen...
 

Zumindest mit seinen Fesseln hatte er recht.

Sie wurden vom Haken genommen und wie er es sich bereits gedacht hatte, knickten seine Beine unter seinem Gewicht wie Streichhölzer ein und sein malträtierter Körper schlug hart auf den verschmutzten Boden auf.

Das vertraute Klappern der Schüssel blieb allerdings aus. Statt dessen spürte er harte Finger die sich schmerzhaft um seinen Oberarm schlossen.

Obwohl der Pirat die Zähne zusammenbiss, entkam ihm ein weiteres Keuchen und er könnte sich dafür die Zunge abbeißen.
 

Seinem Feind Schwäche zu zeigen war ein Fehler.

Doch auch wenn er das wusste, im Moment hatte er einfach zu wenig Gewalt über seinen Körper – die hatten die anderen über ihn...
 

„Er will mit dir red'n...“, war das Einzige, was der bullige Pirat meinte, als er Jack mehr hinter sich her schleifte, als das er ihn laufen ließ. Doch dafür hätte Sparrow ohnehin zu wenig Kraft.

Alles, was er daraufhin erwidern konnte, war ein leises „Hmmm...“.

Er brauchte nicht sonderlich viel Fantasie, um sich auszumalen, was dieser selbst ernannte 'Graf' von ihm wollte. Vermutlich genau das, was er schon die letzten Male wollte.

Allerdings war reden nicht das Wort, mit dem Sparrow es umschreiben würde.
 

Sein Körper krampfte sich schon beim Gedanken daran zusammen und er war recht froh, vorher doch nichts zu Essen bekommen zu haben, denn spätestens jetzt würde das wieder auf dem bereits verdreckten Boden landen...
 

Ein heiserer Schrei war neben einem Schnauben der einzige Laut, der Sparrows Kehle entkam.

Sein Körper wurde gegen die raue Tischoberfläche gedrückt, doch er hatte nicht die Kraft, lauter zu schreien. Im Moment war es ihm wichtiger, überhaupt Atem in seiner Lunge zu behalten.

Wie ein Fisch an Land schnappte er nach Luft, drückte seine Augen zusammen, die schon lange Zeit nicht mehr von Kohle geschminkt waren.
 

Dunkel wirkten seine Augen dennoch, was nun mehr an seinem Schlaf- und Wassermangel lag.
 

Der andere, wesentlich stärkere Körper, presste sich auf seinen, hielt seine Arme auf dem Rücken gehalten und drückte sie mit Gewalt nach oben, sodass Jack schon befürchtete, dass ihm jeden Moment die Schultern ausgekugelt werden würden.
 

„Du bist wie ein schönes, exotisches Tier...“, keuchte ihm der andere in sein Ohr, hielt seine Handgelenke weiterhin fest in seinen Händen wie in einem Schraubstock und drückte seinen Körper erneut in Jacks, der seine Worte mit einem kläglichen Keuchen kommentierte.

„...und jetzt gehörst du mir....“
 

Sparrow konnte nicht so recht sagen, was mehr Panik in ihm auslöste.

Das Wissen, hier gefangen gehalten zu werden oder aber es zu hören, dass er scheinbar nichts anderes wie ein Leibeigener war, den Launen und Gelüsten seines 'Herren' auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, ohne die Chance zu entkommen und wirklich wie ein Tier gefangen zu sein...

~Vom Regen in die Traufe~

Eigentlich war er es ja gewohnt, dass man seinen Befehlen Folge leistete, aber offenbar durfte man von einem Hausmädchen nicht die gleiche Disziplin erwarten wie von einem Soldaten. Vor allem dann nicht, wenn besagtes Hausmädchen offenbar keinerlei Ausbildung in diese Richtung genossen hatte.
 

Seufzend schüttelte Norrington den Kopf und blickte auf das Geschirr vom Morgen, das während seiner Zeit im Fort nicht in die Küche geräumt worden war. Es war bereits das dritte Mal in dieser Woche und bei den vorhergegangenen beiden Malen hatte die junge Frau sich für ihr Versäumnis entschuldigt, aber offenbar nutzten Norringtons Worte wenig.
 

Letzte Woche war ein Schiff in Port Royal eingelaufen, das die junge Frau an Bord gehabt hatte. Sie war hübsch, ohne Zweifel, doch von einem niederen Stand. Vermutlich eine Sklavin, wenn man von der dunklen Farbe ihrer Haut ausging. Sie hat ein loses Mundwerk, hatte man Norrington gewarnt, und das Temperament einer Raubkatze, doch der Commodore hatte sich über diese Warnungen hinweggesetzt und sie eingestellt.
 

Denn auch wenn er seine liebe Not mit der jungen Frau hatte, er mochte den Gedanken nicht, dass sie womöglich von einem Farmer gekauft wurde und dann wirklich das Schicksal vieler Sklaven teilen müsste.

Dass sie ihn dennoch immer wieder mit abschätzigen und gehässigen Blicken bedachte, ignorierte der Brite weitestgehend.
 

Woher sie wirklich kam, hatte James noch nicht aus ihr herausbekommen können und er vermochte nicht zu sagen, ob er es jemals tun würde – oder aber ob er es wirklich wollte. Was auch immer sie zuvor getan hatte, sie hatte offenbar nicht in einem Haushalt gearbeitet und war vermutlich noch weniger dafür bezahlt worden.

Sonst hätte sie bestimm nicht so überrascht auf die Münzen gesehen, die Norrington ihr gestern in die Hand gedrückt hatte, um somit ihre Dienste zu entlohnen...

Als er ihr daraufhin erklärt hatte, dass sie immerhin für ihn arbeitete und er sie dafür bezahlen würde, hatte sie nur genickt und sich nuschelnd bedankt.
 

Norrington dachte durchaus daran, dass dies das erste freundliche Wort war, das er von ihr gehört hatte.
 

Man hatte sie wie Vieh behandelt, als sie vom Schiff gekommen war – ihr sogar in den Mund gesehen um ihre Zähne zu kontrollieren. Es war eine fragwürdige Prozedur, die Norrington damit beendete, indem er die junge Frau zu sich genommen hatte um ihr einen Job anzubieten.

Auf sie aufmerksam gemacht hatte sie Lt. Gillette, da Norringtons vorhergegangene Haushälterin in Rente gegangen war und sich der Brite seitdem nicht mehr sonderlich darum gekümmert hatte, eine Nachfolge zu finden. Andere Dinge hatten Priorität gehabt und wenn er Abends müde und verspannt aus seinem Büro gekommen war, hatte er weder Zeit noch Muse gehabt, sich um eine andere Haushälterin zu kümmern.

Neben zwei Reihen heller Zähne waren dem Commodore allerdings auch die rauen Handflächen der jungen Frau aufgefallen, weswegen er sich in seinen Gedanken, dass sie einst eine Sklavin gewesen sein musste, bestärkt fühlte.

Doch er sprach es nie an, hatte er doch das Gefühl, dass ihn die Vergangenheit der Frau nichts anging und solange sie sich bei ihm nichts zu Schulden kommen lassen würde, würde er auch daran festhalten...
 

Ihr Name war Anamaria.
 

Neben ihrer leichten Aufmüpfigkeit machte sie aber einen gesunden Eindruck und der Brite hoffte, sie in den Rest der Haushaltsführung einbringen zu können, soweit er sie selbst denn wusste. Er war es nicht gewohnt, sich um solche Dinge zu kümmern, da er es bisher noch nie gebraucht hatte. Dabei dachte er auch daran, mit Gouverneur Swann zu reden und ihn zu bitten, ob er ihm vielleicht eine Haushälterin für ein paar Tage ausleihen konnte, damit sie Anamaria in alles Wichtige einführen konnte.
 

„Verzeihung...“, die schlanke Gestalt der jungen Frau schob sich an ihm vorbei, ehe sie das Geschirr zusammensammelte und es in die Küche brachte. Sie kam ihm ein wenig bekannt vor, auch wenn er nicht sagen konnte, woher. Vielleicht hatte er einmal eine Sklavin getroffen, die ihr ähnlich sah...?
 

Mit langsamen Schritten folgte er ihr durch den Flur und traf sie in der Mitte des Weges zur Küche. Sie vermied es, ihn direkt anzusehen...

„Ich habe darüber nachgedacht...“, begann er, kam allerdings nicht weiter, da ihm seine Gegenüber ins Wort fiel.

„Ich werde mir mehr Mühe geben!“

„Bitte?“

„Das Geschirr. Ich werde es in Zukunft rechtzeitig wegräumen.“ erklärte sie und blickte dann überraschenderweise zu ihm auf. Im Zwielicht des Flurs war er sich nicht sicher, ob lediglich ihre Pupillen im Moment so groß waren durch das Fehlen von Licht oder aber ob ihre Augen wirklich schwarz waren.
 

Etwas irritiert hob Norrington seine Augenbrauen an, bevor er den Faden wiederfand, den er durch ihre Unterbrechung verloren hatte.

„Sehr gut. Aber was ich eigentlich sagen wollte war, dass ich jemanden holen würde, der Euch hierbei etwas helfen könnte. Nehmt es mir nicht übel, aber ich habe das Gefühl, Ihr seid ein wenig überfordert...“

Sie nickte stumm und Norrington konnte erkennen, wie sie ihr Kiefer anspannte.

„Nur für ein paar Tage natürlich...“, fügte er hinzu, bevor er an ihr vorbei ging und im oberen Stockwerk sein Studierzimmer betrat.
 

Die Abendsonne schien dunkelorange in das Zimmer, das wohl wesentlich mehr persönliche Gegenstände beinhaltete, als sein Schlafzimmer – in dem er noch weniger Zeit verbrachte, als hier.

Man konnte durchaus sagen, dass er sich Arbeit mit nach Hause nahm. Zumindest dann, wenn ihn etwas mehr beschäftigte. We im Moment zum Beispiel das auffällige nicht Erwähnen der Black Pearl.
 

Sie war bis vor kurzem wahrlich das gefürchtetste Piratenschiff in diesen Gewässern gewesen. Dennoch hatte er es nicht geschafft, sie einzuholen oder aber ihren Captain zu fangen. Mit dem Verschwinden der Pearl setzte auch fast zeitgleich das Erscheinen der Bloodred Keel ein.
 

Deren Captain war wohl bei Weitem schlimmer und grausamer als jener Pirat, dem sein Captaintitel wesentlich wichtiger war, als sein Leben – zumindest auf den ersten Blick.
 

James' Verwunderung war dementsprechend groß gewesen, doch es änderte nichts an der Tatsache, dass er es nun mit einem wesentlich gefährlicheren Gegner zu tun hatte und da sich die Interceptor am Grund des Meeres befand und sich die Dauntless nicht sonderlich zur Piratenjagd eignete – zumindest nicht, wenn es auf Geschwindigkeit und Wendigkeit ankam – musste er warten, bis ein Ersatz für sie in Port Royal eintreffen würde.

Zwar hatte er die Zusage aus London schon bekommen, aber bis das Schiff auch in der Karibik ankommen würde, würde noch einige Zeit vergehen.
 

Zeit, die wichtig war.
 

Zeit, die sie eventuell bräuchten, um Schlimmeres zu verhindern. Wie von selbst führte er seine Finger an seinen Nasenrücken, um diesen leicht zu massieren. Vielleicht konnte er die aufkeimenden Kopfschmerzen so noch etwas zurückhalten...
 


 

Warten...

Und Berichte schreiben.
 

Das waren bei Weitem nicht die Gründe gewesen, weswegen er der Navy beigetreten war. Hinzu kam die beinahe schon unerträgliche Hitze, die die Karibik zu diesen Zeiten heimsuchte. Obwohl er schon seit einem Jahrzehnt diese Gefilde seine Heimat nennen konnte, hatte er sie nie wirklich sein zu Hause nennen können.
 

Er hatte gehofft, sich vielleicht ein kleines bisschen ein Privatleben aufbauen zu können, doch im Moment nahm sein Schreibtisch ihn mehr ein, als heimatliche Aufgaben.

Aufgaben, die er so gesehen ja gar nicht hatte. Wer erwartete ihn schon?

Seine Köchin?

Seine – durchaus unfähige – Haushälterin?
 

Nicht gerade ein Heim, in das man voller Übereifer und Vorfreude zurückkehrt, weil niemand auf ihn wartete. Noch nicht einmal ein Haustier – um das er sich ohnehin nicht würde kümmern können.

Noch vor wenigen Wochen hatte er daran geglaubt, dass zumindest eine Frau auf seine Heimkehr warten würde, doch besagte Frau hatte sich für einen Schmied entschieden und war somit dem Ruf ihres Herzens gefolgt.
 

Norrington konnte es ihr nicht verübeln, immerhin hatte er es auch getan und hatte sich der Hoffnung hingegeben, Elizabeth durch einen gewissen Wohlstand und Sicherheit für sich gewinnen zu können, wo es Zuwendung nicht getan hatte. Einzig der Gedanke, Elizabeth nun nicht in einen goldenen Käfig gesperrt zu haben war einigermaßen aufbauend.
 

Sein unverheirateter Status bot nun allerdings wieder vielen Müttern die Gelegenheit, ihre Töchter in Heiratsalter dem Commodore vorzustellen. Manchmal waren es auch eifrige Väter, die so manches Gespräch mit Norrington nutzten, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, dass zu Hause ein junges, hübsches Mädchen wartete, deren bisherigen Umwerber dem Herrn Vater nicht ganz gefielen und dem wesentlich leichter ums Herz wäre, wenn sie wüssten, dass ihre Tochter in sicheren Händen war.
 

Es war schon fast verdächtig, wie oft solche Eltern beteuerten, dass es ihnen nur ums Wohl ihrer Kinder ging und Norringtons Status nichts damit zu tun hatte.
 

Erneut massierte er seinen Nasenrücken und fragte sich dabei, ob er vielleicht schon bald Druckstellen bekommen würde, da er das in letzter Zeit recht häufig tat. Eigentlich war er der Marine beigetreten, um Veränderungen zu bewirken und auch, um die Menschen zu beschützen, für die er verantwortlich war.

Und zwar aktiv!

Hinter seinem Schreibtisch zu sitzen und mit einer ermüdenden Monotonie seinen Federkiel in regelmäßigen Abständen in das kleine Tuschfässchen zu tauchen war nicht gerade der Traum seiner schlaflosen Nächte, auch wenn er sich durchaus bewusst gewesen war, was die Arbeit als Commodore alles bedeutete.

Er hatte einfach mehr die Organisation inne, anstatt auf Befehle zu warten und diese durchzuführen.
 

Kratzend fuhr die Feder über das Papier. Mal langsamer, wenn er mit mehr Genauigkeit und Bedach schrieb, mal schneller, wenn er seine Unterschrift drunter setzte. Immer mal wieder schüttelte er sein Handgelenk aus, um kleine Verkrampfungen zu lösen, doch es hielt nie lange an.
 

Je später es wurde, umso mürrischer wurde der Brite. Der Abend schien nicht sonderlich viel versprechend zu werden; ein langweiliges Essen in langweiliger Gesellschaft auch wenn Swann es bestimmt nur gut meinte. Das würde ihn allerdings nicht davor bewahren, sich mit Politik und Small-Talk herumzuschlagen. Zwei Themen, die er mied, wenn er konnte, doch heute würde er vermutlich nicht daran vorbeikommen.

Scheinbar war das ein weiterer Grund, warum er Elizabeth zur Frau nehmen wollte...
 

Er kannte sie seit ihrem 9. Lebensjahr und hatte mehr oder weniger gesehen, wie sie vom sommersprossigen Mädchen zur hübschen Frau geworden war. Anfangs hatte er ihre Faszination für Piraten lediglich belächelt, merkte jedoch recht schnell, dass Elizabeth sich allgemein weniger für da Waschweibergeschwätz interessierte, wie der Rest der sogenannten 'hohen Gesellschaft' – in den meisten Fällen Frauen.
 


 

Kerzen und Kronleuchter sorgten für genügend Licht in dem großen Raum. In einer Ecke stand eine kleine Gruppe von Musikern, die zur allgemeinen Stimmung positiv beitragen wollten und ein Stück nach dem anderen spielten.

Sehr zu Norringtons Verdruss luden alle irgendwie zum Tanzen ein und um nicht allzu schlecht aufzufallen, hatte er sich vorgenommen, eine Aufforderung anzunehmen und der Nächsten irgendwie zu entkommen.
 

Kommentarlos lauschte er den Ausführungen seines Gegenübers. Ein Geschäftsmann aus Übersee, der in Port Royal nun einiges zu tun hatte und natürlich auch Neuigkeiten aus England brachte.

'Immer noch besser als Politik...', dachte der Brite stumm bei sich, nickte immer mal wieder, damit der andere nicht das Gefühl bekam, er würde ihm nicht zuhören – was durchaus der Tatsache entsprach. Er wusste, wie wichtig es war, auf solchen Empfängen zu erscheinen und sich damit auch dem Tratsch und Klatsch manch anderer auszusetzen.
 

Sehr oft wurde er mit Mitleid bezüglich Elizabeth bedacht und inzwischen war es Norrington auch egal, ob besagtes Mitleid wirklich echt oder lediglich geheuchelt war. Meist nickte er daraufhin lediglich, bedankte sich höflich und war anschließend mehr als erleichtert, wenn er wieder seine Ruhe haben konnte. Doch wie das Leben nun einmal so spielte, hatte er diese weder allzu oft noch allzu lange.
 

Auch heute Abend dauerte es nicht lange, bis er sich nebst des tüchtigen Geschäftsmannes auch einer älteren Dame gegenüber befand, die ihm – wie vorhergesehen – versicherte, wie leid es ihr täte, dass sich die Tochter des Gouverneurs für einen einfachen Schmied entschieden hatte und diesen auch heiraten wollte. Dass es ihr nicht einginge, wie ein so junges und naives Mädchen sich ohne lange darüber nachzudenken für einen so niederen Stand entscheiden konnte, noch dazu freiwillig.

Und wie die Male zuvor bedankte sich James mit einem kurzen Nicken und stellte anschließend klar, dass er keinen Groll gegen Miss Swann hegte und er ihr alles Glück der Welt wünschte. Das entsprach sogar der Wahrheit...
 

Ob es wirklich Liebe war, die er für die junge Frau hegte oder ob es lediglich ein sehr stark ausgeprägter Beschützerinstinkt war, der ihn so fühlen ließ, war ihm nicht klar. Aber er konnte mit Sicherheit behaupten, dass er sie glücklich sehen wollte.

Und das er im Vergleich zu dem impulsiven Schmied einfach das Nachsehen gehabt hatte. Es war schon komisch darüber nachzudenken, dass er es ohne weiteres schaffte, Befehle zu geben oder Straftäter zum Schafott zu führen. Wenn es aber darum ging, seine Gefühle zu ergründen – oder einer jungen Frau mehr oder minder den Hof zu machen – war er ebenso geschickt, wie ein unerfahrener Jüngling.
 

„...Commodore?“

Irritiert fokussierte Norrington seinen Blick auf die Frau in dem dunkelrotem Kleid, die nun wohl fünf Minuten ohne Punkt und komme gesprochen hatte und ihn nun fragend musterte, da von ihm schon seit geraumer Zeit keine Antwort mehr gekommen war.

„Oh, Verzeihung...“, bemühte sich der junge Mann geschwind nachzusetzen, ehe er sich räusperte und ein wenig nickte, wobei er versuchte sich zu erinnern, was genau sie ihm denn nun erzählt hatte. Allerdings wollte es ihm nicht einfallen, weswegen er versuchte, es auf sein Glück ankommen zu lassen – das Thema würde vermutlich ohnehin seine Person sein oder aber ihre Tochter – und so fügte er schnell ein Nicken hinzu.

„Da haben Sie natürlich Recht...“
 

Die Augen von Mrs. Stanford begannen auf einmal einen seltsam anderen Ausdruck anzunehmen und Norrington schluckte innerlich, dachte noch einmal über seine Antwort nach. Es dauerte nicht lange, bis ihn das seltsame Gefühl beschlich, dass 'Sie haben Recht' nicht gerade die Antwort gewesen war, die sonderlich angebracht gewesen war.

Zumindest führ ihn.
 

„Wirklich? Oh, das würde meine Theresa wirklich sehr freuen...“, meinte sie dann voller Entzückung und schlug kurz ihre Hände zusammen.

Norrington zwang sich zu einem gequälten Lächeln, von dem er hoffte, es wäre nicht allzu auffällig aufgesetzt, doch die ältere Dame war zu sehr damit beschäftigt, sich durch die anwesenden Leute zu schlängeln und ihre Tochter zu holen.

James seufzte in sein Weinglas und leerte es mit einem Zug, ehe er das frisch geleerte Glas auf einen nahen Tisch stellte und es vermied in die Richtung zu sehen, in die Mrs. Stanford eben verschwunden war. Es dauerte ohnehin nicht lange, bis sie mit ihrer Tochter an der Hand wieder zu ihm fand und es daraufhin als sehr wichtig empfand, allerlei Vorzüge des Mädchens hervorzuheben.
 

Innerlich seufzend ergab er sich seinem Schicksal – sich jetzt rauszureden oder sich einem anderen potentiellen Gesprächspartner zuzuwenden wäre mehr als unhöflich und er wollte seinen Ruf zumindest ein wenig erhalten.
 

„Klavier?“, um nicht gänzlich stumm daneben zu stehen, fragte er hier und da noch einmal nach, nickte artig und versuchte dabei wirklich interessiert auszusehen.

Leider schwoll in diesem Moment Mrs. Stanfords Brust vor stolz an, ehe sie nickte und ihren Arm um die Schultern ihrer Tochter legte. „Ja, Theresa spielt wirklich wunderbar Klavier...“

Auch besagte Tochter blickte nun aus großen Augen zu ihm auf und lächelte schüchtern. Sie schien wirklich ein nettes Mädchen zu sein, doch inzwischen zweifelte James schon daran, ob sie des Redens überhaupt mächtig war, denn bisher war es lediglich ihre Mutter gewesen, die wie ein Wasserfall geredet hatte.

Auch fragte er sich, wie alt sie denn nun wirklich war.

Sie war jung, vermutlich um ein paar Jahre jünger als Elizabeth. Ihre Haut war blass, was in der Karibik eigentlich recht selten war. Zwar gehörte er selbst nicht zu den gebräuntesten Menschen auf dieser Insel, aber gar so bleich...
 

Leider schaffte er es die darauf folgenden Minuten nicht, sich eine Ausrede einfallen zu lassen, die es glaubhaft erscheinen lassen würde, dass er gehen konnte.

Im Moment wäre es ihm sogar lieber, wenn er sich mit Sparrow konfrontiert sehen würde, denn ihm gegenüber musste er nicht so tun, als würde ihn sein Gerede interessieren. Dass der Pirat sich schon seit einiger Zeit nicht mehr hatte blicken lassen, hatte ihm durchaus zu denken gegeben, auch wenn es ihn eigentlich nicht sonderlich beunruhigte.

Wer wusste schon, was passiert war. Vielleicht baumelte er ja von einem anderen Galgen? Gut für all jene, denen er auf die Nerven gegangen ist. Doch der Gedanke war nicht gerade aufbauend für sein eigenes Ego...

~Vom Regen in die Traufe~ 2

Er kam mit noch schlechterer Laune heim, als er weg gegangen war. Es war nicht nur schlimmer gewesen, als er erwartet hatte, jetzt hatte er es auch noch irgendwie Zustande gebracht, durch Unaufmerksamkeit die geheimen Träume einer älteren Frau angestachelt zu haben, sondern auch durch seine Unfähigkeit, Ausreden zu erfinden hatte er nun mehr oder weniger eine Verabredung mit dem blassen Mädchen von vorhin.

Mit einem unterdrückten Knurren zog er sich den blauen Mantel von den Schultern und hängte ihn auf den dafür vorgesehenen Haken. Sein Hut folgte.
 

Im Haus war es still und Norrington glaubte schon fast, das Rauschen des Meeres hören zu können. Nun ja, zumindest fast...

Auch wenn er nicht viel Zeit in seinen eigenen vier Wänden verbrachte, kannte er sich soweit darin aus, dass er auch ohne Licht hinauf in sein Schlafzimmer fand.
 

Mit einem Seufzen ließ er sich in die Laken sinken und dachte dabei mit einem gewissen Unmut an den folgenden Tag. Er hatte es nicht nur geschafft, sich mit dieser jungen Miss Theresa quasi zu verabreden, sondern gab ihrer Mutter damit einen weiteren Grund, in der nächsten Frauenrunde damit zu prahlen, dass sich bald ein Commodore in ihrer Familie befinden würde.
 

Allein der Gedanke daran brachte Norrington dazu, bitter zu schmunzeln. Es war beinahe so, als wäre er eigentlich kein fühlendes Wesen, sondern eine Trophäe, um die sich viele Frauen rissen. Und die Geschickteste würde besagte Trophäe mit nach Hause nehmen, um sie anschließend Freunden, Verwandten und jedem der sie sehen wollte, zu zeigen.

Nicht gerade aufbauend, wenn er sich daran erinnerte, dass es um seine eigene Zukunft ging. Eine nicht gerade rosige Zukunft, wenn man von seinem Privatleben ausging.

Nicht, dass er bisher ein sonderlich Aufregendes gehabt hatte, aber irgendwie dachte er daran, dass ihm das nicht das Recht nahm, zumindest de Versuch zu unternehmen, ein wenig Glück zu finden.
 

Der nächste Morgen brachte leider noch keine weitere Erkenntnis. Wie so oft fanden sich die Lösungen zu solchen Problemen nicht einfach so. Hinzu kam, dass er eigentlich niemanden hatte, mit dem er über dieses spezielle Problem reden konnte.

Sowohl Groves als auch Gillette waren Männer, denen er sein Leben anvertrauen würde, aber private Dinge wurden nur selten bis nie zwischen ihnen besprochen.

Und Elizabeth?

Vermutlich war es nicht gerade gut durchdacht, wenn er zu der jungen Frau ginge um nachzufragen, wie man jemanden den Laufpass geben konnte, der sich schon Hoffnungen auf eine Hochzeit machte.
 

„Guten Morgen....“

Anamaria schlich an ihm vorbei in das größere Zimmer. Eine dampfende Tasse Tee stand bereits auf dem Tisch und die junge Frau brachte eben den Rest von seinem Frühstück.

„..guten Morgen...“, erwiderte der Commodore den Gruß und setzte sich. Zwar hatte er sich für diesen Tag frei genommen, doch diese Entscheidung bereute er schon jetzt. Es gab nichts in seinem Haus, das ihn längerfristig ablenken würde – oder aber vom Arbeiten abhalten könnte.
 

Erneut in Gedanken versunken griff er nach der Tasse und bemerkte nicht, wie die junge Frau ihn ansah, die ihren Arbeitgeber noch nie in ziviler Kleidung gesehen hatte.

Ohne Perücke ganz zu schweigen...

Erst nach einem Moment riss sie sich mit ihrem Blick von ihm los und machte sich wieder daran, den Raum zu verlassen.
 

„Anamaria?“

Etwas überrascht blieb die neue Haushälterin stehen, wandte sich aber nur halb zu dem Briten um, wartete auf das, was nun noch kommen würde.

Eigentlich hatte sie sich Mühe damit gegeben, heute nichts zu vergessen weswegen ihr Blick zurück zu dem Tisch huschte.

„Ja?“

Offenbar bemerkte er ihren Blick, da sich nun doch ein schmales Lächeln auf seinen Lippen gebildet hatte.

„Darf ich Euch eine Frage stellen?“

„Habt Ihr das nicht eben?“, entgegnete Anamaria, biss sich daraufhin aber auf ihre Unterlippe. Es war wohl nicht ein gut überlegter Zug, frech und unüberlegt auf Norringtons Frage zu antworten.
 

„Eigentlich wollte ich ja nach etwas Anderem fragen.“

Sie nickte kurz um ihm zu deuten, dass er weitersprechen sollte, auch wenn sie sich nicht gerade in der Position befand, solche Dinge zu erlauben.

„Wenn Ihr glaubt, ein Mann findet Gefallen an Euch, es aber nicht so ist … welche Ausrede würdet Ihr dann am ehesten von ihm hören wollen?“ fragte er dann nach, vermied es aber, sie direkt anzusehen.

Er brauchte nicht lange nachzudenken um zu wissen, dass es sich wohl nicht gehörte, seine Bediensteten solche Fragen zu fragen. Auch deshalb nicht, da sie bei Weitem noch nicht so lange bei ihm arbeitete, um großes Vertrauen zu genießen...oder?
 

Dennoch erschien es Norrington nicht unbedingt schlecht. Sie war vermutlich nicht ganz so neugierig wie Elizabeth und eventuell nicht ganz so schockiert wie eventuell Groves und Gillette es bei dieser Frage sein würden.

Allerdings wusste er nichts über ihre Vergangenheit, sondern konnte nur mutmaßen. Wer sagte ihm also, dass sie überhaupt Erfahrung mit Männern hatte?
 

„Ich würde gar keine Ausrede hören wollen.“ antwortete sie dann und hatte Norrington damit wieder aus den Gedanken geholt. „Wenn es denn ein Missverständnis war, würde ich gerne die Wahrheit hören...“
 

Mit einer solchen Antwort hatte Norrington nicht gerechnet, doch es war positiver, als er gedacht hatte, weswegen er nickte.

„Dankeschön...“ murmelte er dann, bevor er wieder an seinem Tee nippte und Anamaria – kopfschüttelnd – den Raum verließ.

Sie hätte sich viel einreden lassen, aber dass ausgerechnet Commodore Norrington sie je nach Frauen fragen würde, hätte sie sich niemals träumen lassen. Nicht, dass sie es jemals gewollt hätte, genauso wenig, wie sie es wollte, in diesem Haushalt zu leben und zu arbeiten, aber es war besser als der Tod oder aber die sichere Arbeit auf einem Zuckerrohrfeld...oder ähnlichem.
 

Es war ungewöhnlich, für Arbeit Geld zu bekommen.

Dennoch sparte sie es sich zusammen. Für ein neues Schiff würde es bestimmt nicht reichen, aber es war zumindest ein Anfang. Außerdem war da noch das Problem, dass sie nicht wusste, was aus dem Schiff geworden war, auf dem sie bis vor kurzem noch erster Maat gewesen war.

Ein Piratenschiff, dass sich durchaus einen Namen gemacht hatte, auch wenn die junge Frau annahm, dass dies eher auf Barbossa und seine damalige Crew zurückzuführen war, dennoch hatte ihr damaliger Captain das Schiff ebenso gut, wenn nicht sogar besser unter Kontrolle.
 

Doch leider hatte ihm das nicht viel genutzt, als sie von dieser Piratenbande eingekreist worden waren, die fast jeden als ihren Feind sahen, der bei ihrem Spiel nicht mitmachte – oder aber ernst zu nehmende Konkurrenz war.

Es gab auch einige Piratenschiffe, die das Angebot, bei diesem Verband mitzumachen, ebenfalls abgelehnt hatten, aber das waren dermaßen kleine Fische gewesen, dass niemand sich die Mühe gemacht hatte, sie aus dem Weg zu räumen.
 

Der Black Pearl war es leider nicht so ergangen und das war auch der Grund gewesen, warum sie seitdem weder von Jack Sparrow ein Wort gehört hatte, noch von dem Verbleib des Schiffes.

Dass die Navy offenbar auch nichts in diese Richtung vernommen hatte, ließ Anamaria annehmen, dass sie das Schiff eventuell auf den Grund des Meeres geschickt haben – oder aber sicher verwahrt, doch das schloss die Karibin aus.

Die Pearl war das schnellste Schiff in diesen Gewässern, ein solches Schiff in den Händen dieser Piraten war doch ein Glückstreffer, den sie sich sicher nicht zwischen die Finger gehen lassen würden.
 

Sie hatte sich bisher noch nicht getraut, den Commodore nach der Pearl oder dem Verbleib ihres Captains zu fragen, doch da sie ihn nicht hatte über das schwarze Schiff reden hören, sondern nur über diesen Zusammenschluss von Piraten, der auch für andere Piraten gefährlich wurde, nahm sie Ersteres an – das die Pearl erneut versenkt wurde.

Nun, vielleicht würde das Geld reichen, um sich eine Überfahrt nach Tortuga zu erkaufen, zumindest wenn sie noch etwas zusammensparen würde. Und wenn sie es schaffte sich gut genug zu verkleiden, dass man sie für einen Mann hielt.
 


 

Alles was er im Moment wollte war eigentlich nur Ruhe.

Ruhe, die er in der Gesellschaft von sich selbst und der typischen Ruhe eines Schiffes genießen konnte, wenn man das Wort 'genießen' in diesem Kontext überhaupt erwähnen sollte.

Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er sich das letzte Mal so in die Ecke einer Zelle gedrückt hatte und das aus Angst vor dem, was ihn draußen erwarten würde. Hatte es in seinem Leben überhaupt je einen solchen Moment gegeben?

Nicht einmal in der Zelle in Fort Charles war es so schlimm gewesen und damals hatte er damit gerechnet, am Tag darauf gehängt zu werden.
 

Eigentlich schon komisch, dass ihn der Gedanke nun weiter zu leben nun mehr erschreckte, als daran zu denken, hingerichtet zu werden. Nun, bei einer Hinrichtung wusste man, was einen erwartete, auch wenn Tod durch Strangulation nicht gerade die Art zu sterben war, wie Jack es für sich gewünscht hätte.

Bisher hatte er wohl nach dem romantischen Bild und in der Hoffnung gelebt, irgendwann einmal mit seinem Schiff untergehen zu können.

Mal wieder...

Allerdings hätte es auch schlimmer sein können, als von diesem britischen Commodore an den Galgen gebracht zu haben. Wie war sein Name nochmal gewesen?
 

Keuchend stellte er den Becher zurück, in dem sich nur schales Wasser befand. Aber es war besser als nichts, wobei es sich der Pirat immer noch nicht erklären konnte, warum er nicht einfach in den Hungerstreik trat und dann darauf wartete, hier unten zu verhungern, bevor dieser fragwürdige 'Captain' erneut die Chance erhalten könnte, ihn wieder zu sich zu holen.
 

Inzwischen war er alleine in seiner Zelle. Man hatte seinen Mitgefangenen wohl aus Gründen der Ersparnis von Lebensmitteln und Wasser über Bord geworfen. Zumindest mutmaßte Jack das, denn als er vor einigen Stunden hier runter gebracht worden war, war die Zelle bereits leer gewesen.

Und jemanden einfach ins Meer zu werden, der ohnehin auch schon zu schwach war um aufzustehen, war eine gute, schnelle und unblutige Art, jemanden loszuwerden.

Dennoch hoffte er nicht darauf, einfach ebenfalls in die Fluten geschmissen zu werden, dafür hatte er wohl einen zu großen Wert, auch wenn es fragwürdig war, in welche Richtung dieser 'Wert' tendierte.
 

Er war seit jeher gegen Sklaven gewesen, doch nun schien er selbst zu einem geworden zu sein. Ähnlich musste es wohl Menschen gehen, die Piraten verachteten und ehe sie es sich versahen selbst zu welchen wurden.

Manchmal spielte einem das Schicksal nicht gerade gut mit, doch bisher war Jack davon ausgegangen, genug Glück zu haben, um sich aus so manchem Manöver herauszuwinden. Nun war ihm Fortuna offenbar nicht gütig gewesen...

Aber vielleicht hatte er zumindest so viel Glück, dass niemand herausfinden würde, dass er in einer dreckigen Zelle verreckt war und irgendwelche heroischen Geschichten zu seiner Person und seinem Tod würden statt dessen die Runde machen.
 

Das war zumindest ein Gedanke, an den Jack sich klammerte.
 

Schwach grinsend schüttelte er den Kopf ob dieser Sinnlosigkeit.

'Nun verlierst du wohl wirklich langs'm den Verstand, mein Guter...', dachte er bei sich selbst und versuchte, tief durchzuatmen, wobei ihn seine Rippen schmerzhaft daran erinnerten, dass er nicht wirklich viel Platz zum atmen hatte.

Hustend und sich krampfend zusammenrollend ließ er sich auf die Seite sinken, schlang die Arme um seinen Körper und versuchte den Hustenanfall zu stoppen, bevor er überhaupt nicht mehr aufhören würde können.
 

'Ein Tier, du bist nichts weiter, als ein Tier. Und du bist mein...', hallten die Worte dieses Mannes in seinem Kopf wieder und Jack hätte schreien wollen, wenn er denn noch die Kraft dafür gehabt hätte. Aber jegliche Energie wurde im Moment dafür verwendet, zu atmen und wach zu bleiben, was nicht beinhaltete, die Augen offen zu halten.

Es fühlte sich in der willkommenen Dunkelheit besser an, die Augen geschlossen zu haben und sich zumindest ein wenig träumerisch abzulenken.
 

Zitternd zog er seine Beine an den geschundenen Körper, wobei er mit einem zischenden Laut die Fußketten kommentierte. Wozu diese nötig waren wusste er nicht, immerhin hatte er nicht einmal mehr genug Kraft, um sich lange auf den Beinen zu halten. Vielleicht diente es auch nur dazu, erneut zu unterstreichen, dass es selbst ein Löwe in einem Käfig bequemer hatte, als er hier in dieser Schiffszelle.

Das Eisen scheuerte seine Haut auf und Jack war sich sicher, dass es nicht mehr lange dauern würde, bevor er dieses Mal an seinen Knöcheln bluten würde.Gab es in ihm überhaupt noch genug Blut?

Zumindest sein Herz pumpte noch eifrig, auch wenn das wohl nicht viel aussagte...

~Offene Konfrontation~

Anamaria hatte recht behalten. Auch wenn es fast schon ein wenig peinlich war, der jungen Frau zu sagen, dass sie da wohl – auch durchaus durch ihre Mutter – ein bisschen etwas falsch verstanden hatte, so war es doch wesentlich angenehmer, wenn man die Situation längerfristig betrachtete.

Zwar fühlte er sich inzwischen von Familie und Gesellschaft ein wenig dazu gedrängt, zu heiraten und endlich eine Familie zu gründen doch auch wenn Norrington sonst ein Mensch war, der gut und gerne Befehlen folgte – und auch welche gab – in dieser Hinsicht erwachte fast schon ein Rebell in ihm und vielleicht war er auch zu romantisch veranlagt, aber sich nur aus dem Grund zu verheiraten oder verheiraten zu lassen, weil andere es von ihm verlangten, führte über kurz oder lang nur zum Unglück von ihm und seiner eventuellen Angetrauten.
 

Elizabeth war anders gewesen, aber auch das änderte nichts an der Gesamtsituation, dass sie sich doch eher für das abenteuerlichere Leben eines Schmiedes entschieden hatte, anstatt das brave Hausfrauchen eines Commodores zu sein.

Nicht, dass er es ihr zum Vorwurf machte, oder machen wollte.

Sie war eine junge Frau, die das Leben nicht hinterm Herd verbringen wollte. Zumindest nicht in dieser Hinsicht und so blieb ihm nichts anderes übrig, als sich wieder seiner Arbeit zu widmen.

Doch auch diese ließ zu wünschen übrig, denn keiner der Piraten, die er seit Sparrows Flucht hatte fangen können, befriedigte ihn.

Da war immer noch irgendwie im Hintergrund das Sehnen, diesen einen Piraten zu fangen, zu stellen und ihm seiner gerechten Strafe zuzuführen. Aber die Chance, dass er es wirklich schaffen würde, sank mit jedem Tag, an dem er von diesem Mann nichts hörte.

Weder von ihm, noch von seinem Schiff oder zumindest von Teilen seiner Crew.

Dass das Schiff untergegangen war, war ein Gedanke, der nicht zu leugnen war, auch wenn der Brite sich eingestehen musste, dass es nicht gerade das war, was er Sparrow zugetraut hatte.
 

Brütend saß er über seinen Schreibtisch gebeugt, die Augenbrauen nachdenklich zusammengezogen, sodass sich dazwischen eine tiefe Falte bildete. Alles in allem konnte man sagen, dass Commodore Norrington mehr als nur missmutig aussah und sich viele junge Soldaten davor hüteten, ihn anzusprechen.

Doch nicht jeder konnte sich davor drücken, wobei Groves sich ohnehin nur selten Gedanken darum machte, in welcher Gemütsverfassung sich sein Vorgesetzter befand.

Er kannte ihn schon zu lange um zu wissen, dass er meist nur nach außen hin so griesgrämig wirkte und man, wenn man die richtigen Worte verwendete, er sogar in der Lage, normale Gespräche zu führen.
 

In gewisser Hinsicht konnte der jüngere Mann es James auch nachfühlen, denn auch sie waren mehr oder weniger an das Land gebunden und konnten Tag für Tag nur zur Dauntless sehen und darauf warte, irgendwas zu tun zu bekommen.

Doch heute sollte sich das ändern, wie Groves hoffte, und so betrat er nachdem er geklopft hatte, das Büro des Commodores, dessen Gesichtsausdruck sich nicht gerade erhellte.
 

„Commodore...“

Norrington seufzte und deutete mit einer fahrigen Handbewegung, dass der Leutnant fortsetzen sollte. Was auch immer er ihm zu sagen hatte, es waren bestimmt Nichtigkeiten. Oder aber lediglich die Frage, was er denn abends unternehmen wollte, wenn denn überhaupt.

Im Moment zog Norrington es allerdings vor, sich einfach von seinem Büro in sein Haus zu begeben und dort in Ruhe weiter mies gelaunt zu sein.
 

Er machte sich gar nicht erst die Hoffnung, dass vielleicht etwas von einem schwarzen Schiff gesichtet wurde. Diesen Gedanken hatte er schon vor einigen Wochen in den Sand gesetzt, denn auch wenn er angenommen hatte, dass Sparrow sich vielleicht ein wenig zurück ziehen würde, so lange hätte sich der Pirat dafür bestimmt nicht Zeit genommen.
 

Sehr zu Norringtons Überraschung war es dann doch anders gekommen, als er es gedacht hatte. Zwar war es nicht die Pearl, die wieder einmal in den karibischen Gefilden unterwegs gewesen war, aber sie hatten inzwischen einige Sichtungen und Beweise über eben jenes Piratenschiff sammeln können, dass wesentlich brutaler vorging, als jenes Schiff, dass sie zuvor gejagt hatten.

Nur wenige Tage, nachdem Groves ihm einen Bericht auf den Schreibtisch gelegt hatte, befand Norrington sich bereits an Deck der Dauntless.

Ein wirklich stolzes Marineschiff, das nebst der Interceptor im Hafen von Port Royal vor Anker lag. Leider war Zweitere inzwischen auf den Grund des Meeres gesunken und das alles nur weil...

Kopfschüttelnd wollte der Brite diesen Gedanken los werden. Es brachte nicht viel, wenn er sich immer noch über den Verlust dieses Schiffes ärgerte. Geschehen war geschehen. Zwar hatte er durchaus einige böse Worte aus London bekommen, aber er konnte auch nicht auf alles Acht geben und wer hatte schon mit einem solchen Manöver gerechnet?
 

Seufzend massierte er sich kurz seinen Nasenrücken.

Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen und färbte das Wasser von einem strahlenden Türkisblau fast schon Feuerrot.

Eigentlich ein wunderschöner Anblick, wenn man nicht gerade damit beschäftigt war, gefährliche Piratenschiffe zu fangen und deren Captain sowie Crew unschädlich zu machen.

So gesehen war es mit Sparrow in diesen Gewässern nicht gerade schlimm gewesen. Zwar hatte er ebenso geplündert, aber er hatte die Mannschaft der Schiffe, die er überfallen hat, wenigstens am Leben gelassen.

Zumindest ein Punkt, in dem er dem Turner-Jungen hatte zustimmen müssen.
 

Sowohl die Dauntless, als auch die Atlas wurden in eine nahen Inselbucht gebracht, sodass die Gefahr nicht gegeben war, dass man sie irgendwie von hinten überraschen oder angreifen konnte.

Wenn er von den Berichten ausgehen konnte, so war es immer besser, man war auf einen eventuellen Angriff vorbereitet – auch wenn manchem Handelsschiff dieses Wissen nicht sonderlich viel genutzt hatte.

Allerdings waren Handelsschiffe bei weitem auch nicht mit einer derartigen Bewaffnung ausgestattet, wie die Marineschiffe, zumal sie auf etwaige Zusammentreffen mit solchen … Leuten mehr als nur vorbereitet waren.
 

Und doch war unter den Männern eine gewisse Nervosität zu spüren. Es war niemals angenehm, fast auf dem Präsentierteller zu liegen und auch wenn man eine gesamte Mannschaft an Soldaten hinter sich hatte, man wusste nie zu 100% was passieren würde.

„Und jetzt? Abwarten und Tee trinken?“

Fragend wandte der Commodore den Blick von dem Farbenspektakel des Meeres und des Himmels ab und blickte zu seinem Captain. Gillette war, ähnlich wie Groves, nicht nur ein beruflicher Verbündete, sondern auch ein privater Freund. Von daher war der Brite der Gesellschaft nicht abgeneigt...

Langsam nickte er und zuckte ansatzweise mit den Schultern.

„Im Moment gibt es hier nicht mehr für uns zu tun. Und ich würde es gerne vermeiden einfach hinterrücks angegriffen zu werden....“ - was auch daran liegen konnte, dass er nicht noch ein Schiff an Piraten verlieren wollte. Dann würde er wohl mehr als nur Rüffel aus London zu befürchten haben.

„Ich muss gestehen, dass es wirklich angenehmere Momente gibt als diesen...aber ich bin guter Dinge, was die Gefangennahme dieses Piraten geht. Zumindest in Anbetracht der Feuerkraft unsererseits...“, kurz klopfte ihm der Franzose auf die Schulter, bevor er sich einigen Matrosen zuwandte und ihnen Befehle zukommen ließ.
 

Auch die kommenden Tage verhießen für den Briten nicht unbedingt etwas Gutes, zumindest wenn man von der immer schwindenden Aussicht absah, Erfolg in dieser Geschichte zu erringen. Zwar hatten sie die Berichte weitestgehend verfolgt, doch der Pirat ließ auf sich warten, auch wenn Norrington nicht unbedingt erwartet hatte, dass sie nach kürzester Zeit auf das Flaggschiff dieser Piratenmeute stoßen würden.

Er hoffte, dass wenn sie auf dieses Schiff stoßen würden, sich allzu langer Kampf würde vermeiden können. Zwar würden die Piraten um ihr Leben kämpfen, was sie wiederum zu einem gefährlichen Gegner machte, aber es gab selbst dann Kämpfe, die schnell entschieden waren.

Wenn bisher nur die Masse an Piraten gezählt hatte, dann würde es vielleicht ein Leichteres sein, wenn man sie nach und nach auseinander nahm. Vermutlich würde sich der Rest der Bande trennen, wenn man der Schlange den Kopf abschlug und das war der Plan, den der Commodore verfolgte. Er kannte die restlichen Piraten nicht, die sich diesem einen angeschlossen hatten, also waren es vermutlich nur recht kleine Fische.
 

„Commodore!“, mit einem aufgeregten Gesichtsausdruck kam einer seiner Soldaten in die Kajüte eines Vorgesetzten gestürmt. „Fremde Segel am Horizont! Wir glauben, es könnte die Bloodred Keel sein!“

Im Nu war der Offizier seinem Untergebenen nach draußen an Deck gefolgt, wo er von Lt. Groves ein Fernrohr gereicht bekam. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis er die besagten Segel am Horizont entdeckt hatte.

Noch konnte er keine Farben erkennen, aber er würde wohl nicht lange warten brauchen, bis das Schiff auch sie entdeckt haben würde und während Handelsschiffe ihre Länderflaggen oftmals sichtbar trugen, war dies bei Piratenschiffen nicht immer üblich.
 

Groves sollte Recht behalten.

Es dauerte nicht lange, bis die Schatten am Horizont deutlicher wurden und auch klar wurde, wer genau sich ihnen näherte. Zwar waren sie durchaus gut bewaffnet, aber der Brite war sich sicher, dass die Marine die besseren Chancen hatte.
 

Die Sonne stand hoch am Himmel und gab so beiden Parteien eine mehr als gute Sicht auf die Dinge, die folgen würden: fliegende Kanonen, Kampfgeschrei und vermutlich auch der Geruch nach Schwarzpulver und – zumindest war diese Option ebenfalls zu bedenken – Blut.

Routiniert rief er die Befehle übers Deck, wie er es schon so oft getan hatte.

Und seine Männer folgten seinen Anweisungen – wie sie es schon so oft getan hatten.
 

Trotzdem wusste der Brite, egal wie viel Übung sie in solchen Situationen hatten, wie viel Erfahrungen sie bereits gesammelt hatten, es würde jedes Mal anders sein. Jedes mal war die Chance bestehend, dass einer seiner besten Männer einen unglücklichen Zeitpunkt erwischte und zur falschen Zeit am falschen Ort war – und vielleicht getötet werden würde.

Er wusste um die Narben an seinem eigenen Körper und es hatte unzählige Situationen gegeben, in denen er Groves oder Gillette verletzt vorgefunden hatte und notdürftig versucht hatte, ihre Wunden zu verarzten. Er hasste diese Momente...
 

Wie sich herausstellte, war es nicht nur die Bloodred Keel sondern auch ein weiteres Piratenschiff, wobei der Commodore den JollyRoger des zweiten Schiffes nicht zuzuordnen mochte – nicht, dass es wichtig war. Sie würden diese Piraten ebenso gefangen nehmen und mit nach Port Royal nehmen, damit sie dort ihrer gerechten Strafe entgegen blicken konnten.
 

Das laute Knallen der Kanonen war wohl meilenweit zu hören, der Wind trug den Geruch des Schießpulvers in sein Gesicht, sowie auch den Geruch des Mannes, denn er mit dem Schwert zurück drängte. Noch hatte es keine Klinge geschafft, ihm eine Verletzung zuzufügen, wohingegen er bereits zwei Piraten über die Reling ins Wasser gestoßen hatte.

Sie kämpften alles andere als fair, doch auch genug seiner eigenen Männer hatten sich inzwischen den ein oder anderen Trick angeeignet, um so ihr eigenes Überleben zu sichern; Tricks, die sie nicht während ihrer Ausbildung beigebracht bekommen hatten.
 

Die Luft war erfüllt mit Kampfgeschrei und vom Klirren der Schwerter, wenn die Klingen denn aufeinander trafen. Männer liefen umher und nur selten gab es Zweiergefechte. Marinesoldaten sicherten sich gegenseitig den Rücken, während die Piraten sehr oft einfach so darauf los kämpften und wohl hofften, alleine ihre schiere Anzahl würde ihren Sieg davon tragen.

Doch auch wenn ihre Anzahl die der Navysoldaten überstieg, so war Norrington auch das Fehlen von Disziplin aufgefallen. Es gab keinerlei Struktur oder Ordnung in ihren Reihen – Handelsschiffe hatten sie damit wohl überfallen können.

Und vielleicht auch das ein oder andere Marineschiff, wie es ihm zu Ohren gekommen war, aber offenbar waren diese Soldaten nicht wirklich im Umgang mit Piraten geschult worden. Zumindest nicht mit dieser Sorte von Piraten und für einen kurzen Moment fragte James sich, ob es vielleicht einen gewissen Vorteil gebracht hatte, gegen diese Untoten zu kämpfen.
 

Doch er kam nicht dazu, diesen Gedanken weiter zu verfolgen, als er einen der Piraten mit seinem Schwert zurückdrängte und er nur wenige Sekunden später einen Schuss hörte. Der Mann, der ihn eben noch umbringen wollte, zeigte jetzt eine Wunde auf seiner Brust auf, die sich nur allzu bald dunkelrot verfärbte und mit einem letzten Stöhnen sank er auf die Holzplanken des Marineschiffes und rührte sich nicht mehr, während sich sein Blut etwas um ihn ausbreitete.

Er konnte nicht sagen, wer den Schuss abgegeben hatte, doch es war auch nicht wichtig. Seine Männer drängten die Piraten immer mehr zurück, sowohl auf der Dauntless als auch auf der Falcon.
 

Dabei konnte er nicht sagen, wie lange die Kämpfe gedauert hatten.

Schweiß rann ihm über das Gesicht und er konnte in den Gesichtern erkennen, dass es ihnen nicht anders ging, als ihm. Nicht, dass ihre Uniformen für die Karibik gedacht waren – allerdings wies der feste Stoff hin und wieder doch auch Schutz gegen Schwertstreiche auf.

Allerdings dauerte es nicht lange, bis Siegesgebrüll auf den Schiffen der Marine lauter wurde, als man die Piraten vollends zurück gedrängt hatte. Ihre Kanonen hatten die Rümpfe der Bloodred Keel durchaus getroffen und auch wenn das Schiff nicht wirkte, als würde es bald untergehen, so waren die Schäden auch nicht zu verachten.
 

„Huzzah! Huzzah!“
 

Mit hochrotem Kopf hatte sich Gillette an seine Seite gestellt. Er hatte eine Schnittwunde an der Stirn, doch sie wirklich nicht sonderlich tief und musste weder genäht werden, noch lief er in Gefahr, eine bleibende Narbe davon zu tragen.

Die restlichen Soldaten hoben ihre Fäuste gen Himmel und riefen weiter ihre Freude über diesen Sieg voller Inbrunst hinaus. Eine Art von wohligem Gefühl machte sich in Norringtons Bauch breit – das Wissen, dass sie gewonnen hatten.

Dass sie nun erstmal nicht mehr um ihr Leben fürchten mussten.

Und die Euphorie über den Sieg über die Bloodred Keel. Natürlich würde es andere Piraten nicht davon abhalten, sich ebenfalls zusammen zu schließen, aber vielleicht in nicht allzu naher Zukunft.
 

„Sir?“

Auch dem Franzosen war anzusehen, wie erleichtert, aber auch fertig er war.

„Gut gemacht, Captain. Bringt unsere Verletzten unter Deck, die Piraten in die Brigg. Und dann brauche ich einige Männer, die sich der Piratenschiffe annehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich wissen will, was sich alles darin befindet, aber ich würde gern vermeiden, dass sie vielleicht ihren Schwarzpulver-vorrat angezündet haben und wir in Gefahr laufen, anschließend die Engel singen zu hören, weil wir uns von diesem Sieg in Sicherheit hatten wiegen lassen...“

Der Andere salutierte und nickte, auch wenn er sich dann ein leichtes Lächeln nicht verkneifen konnte. James konnte es ihm nicht verübeln, es tat immer gut, wenn man gewonnen hatte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  HadesEye
2014-09-19T18:38:39+00:00 19.09.2014 20:38
Wow, habe entdeckt, dass du ja offensichtlich auch schreibst und war neugierig.
Ich mag die Story schon jetzt sehr gern, mir gefällt die Art, wie du die Charaktere darstellst und der Plot - hab bis jetzt noch nie eine Fanfiktion gelesen, in der Anamaria bei Commodore Norrington arbeitet und muss sagen, dass die Idee mir durchaus zusagt.

Jack ("Captain Jack Sparrow") tut mir wirklich Leid und ich hoffe, dass er jetzt schnell gerettet und verarztet wird.
Allerdings wird er wohl ein Trauma haben, schätze ich, Berührungsängste, Angst vor lauten Geräuschen, fremden Menschen, etc.. Bin gespannt, wie James ihm da hilft - noch scheint er sich seiner Gefühle ja noch nicht übermäßig bewusst zu sein. Dass Jack ein "guter Mensch" ist, ist ihm gewissermaßen klar, aber warum er sich Sorgen um ihn macht (und nichts anderes ist es, das er tut, wenn man mich fragt), das scheint er nicht begriffen zu haben, oder es auch noch gar nicht zu wollen.

Das einzige, was ich zu bemängeln hätte, wäre das fiese Kapitelende! ;)
Ich freu mich schon aufs nächste, abonniert und favorisiert ist die Story bereits.
Alles Liebe,
Luzifer
Von:  mausilausi
2012-04-22T20:26:39+00:00 22.04.2012 22:26
schön das es endlich weitergeht ich hoffe du lässt uns nicht all zu lange auf das nächste Kapitel warten (besonders da es jetzt langsam richtig interessant wird)
Von:  mausilausi
2010-04-17T17:43:44+00:00 17.04.2010 19:43
juhu ein neues kapitel
ich mag die story da sie doch irgendwie anders ist als die die ich bisher zu diesm pair gelesen hab
auf ein baldiges nächstes Kapitel freu ichmich schon jetzt
Von: abgemeldet
2010-01-12T22:53:32+00:00 12.01.2010 23:53
Sehr viel versprechend <3 Schön geschrieben!


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