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Der Lolli danach

von

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Die Meise

Noch zwei Durchläufe, die Klappe fiel, und der letzte Teil unserer neuen Single war im Kasten.

Der krönende Abschluss stand noch aus.

Maya sah mich fordernd an. Ich war mir dessen bewusst, ebenso dem was er wollte, doch ich ignorierte ihn.

Er schob die Unterlippe vor, zog eine erbarmungswürdige Schnute.

Gern hätte ich mich ihrer erbarmt, doch eine Knutschattacke meinerseits entsprach sicherlich nicht dem, was er begehrte.

Der Sänger schob die Unterlippe noch ein Stück weiter nach vorn, schnaubte dann trotzig.

Er stellte mich vor die Wahl: quengelndes oder glückliches Kleinkind.

Ich sollte schnell entscheiden, es verschränkte bereits die Arme vor der Brust.

Die glückliche Variante schien mir nach turbulenten Aufnahmen die angenehmere Option. Allgemeine Schonung der ohnehin strapazierten Nerven.
 

Mit einem tiefen Seufzen ging ich zu meiner Tasche, wusste ohne hinzusehen, wie ein strahlendes Lächeln Mayas Züge und den ganzen Raum erhellte.

Hatte ich es hier wahrlich mit einem erwachsenen Musiker zu tun? Er ließ mich zweifeln.
 

Streng genommen befolgte er nur unser Konzept für LM.C: Maya bekam die Herzchen, ich den Respekt. Sollte mit einem blondierten Lolliliebhaber und viel Pink problemlos gelingen.

Dass sein quirliges Gehabe keinesfalls nur Show war, ahnte ich bei unseren anfänglichen Treffen noch nicht, mimte er doch den ernstzunehmenden Musiker.
 

So ließ er mich den Gegenstand seiner Begierde aus meiner überfüllten Tasche suchen.

Ungesunde Zuckerkugel auf Plastikstiel in Folie. Ein Lolli seiner bevorzugten Marke.

Um weiteren Komplikationen vorzubeugen entfernte ich die Verpackung, wendete mich zu meinem Sänger und steckte ihm das ungesunde Teil zwischen die erwartungsvoll geöffneten Lippen.

Katastrophe abgewendet.
 

Zufrieden ließ er sich in den nächstbesten Sessel fallen.

Ich fühlte mich jeder Vogelmutter mit ihren gefräßigen Küken verbunden.

Vielleicht war die Zeit reif, das Vögelchen aus seinem Nest zu stoßen?

Wahrscheinlich hatte ich den passenden Zeitpunkt versäumt, Weihnachten stand vor der Tür.

Zogen Singvögel nicht eigentlich gen Süden?

Offenbar hatte nicht nur ich grundlegendes versäumt. Dann eben nächstes Jahr.
 

Während ich die Technik abschaltete und den Laptop verstaute, döste das Vögelchen ein.

Selbstverständlich mit Lolli im Schnabel. Ich ließ ihn.

Mehrmals lief ich, um unseren gesammelten Krempel in meinen Wagen zu schaffen.

Selbst jetzt wollte ich Maya nicht wecken. So trug ich auch ihn nach unten.
 

Er lehnte den Kopf an meinen Hals, schob den Lolli im Halbschlaf hin und her, dass er an seinen Zähnen klapperte. Kaum hatte ich ihn auf dem Beifahrersitz abgesetzt, stahl ich das viel zu süße Ding aus seinem Mund und führte es in meinen eigenen. Kirsch-Banane.
 

Ein letztes Mal für heute und den Rest des Jahres eilte ich nach oben, verschloss ordnungsgemäß die Tür. Erst dann brachte ich mein Küken nach Hause, gen Süden.
 

Da ich über keinen Ersatzschlüssel zu seiner Wohnung verfügte, musste er wohl oder übel selbst zurück in sein Nest finden.

Sanft streichelte ich durch das blondierte Haar. Entgegen meiner Erwartungen fühlte es sich weich an. Jede Spur von Lack oder Gel hatte er herausgewaschen.

Ich drückte einen sanften Kuss auf seinen Schopf, sog den Duft ein. Mandel und Vanille, fast wie mein Lieblingskuchen.
 

Verschlafen blinzelte Maya mir entgegen.

Unsicher, wie viel er mitbekommen hatte, lächelte ich ihn an.

„Wir sind da.“

Ein Nicken. Nicht mehr.

Maya stand auf und öffnete die Tür, um aus dem Wagen zu klettern. Eine frostige Brise wehte ins Innere und in mein Herz. Der krönende Abschluss musste wohl oder übel warten.

Nochmals wendete er sich zu mir, beugte sich in den Wagen.

Volle Lippen streiften wie zufällig meinen Mundwinkel, ebenso flüchtig und unschuldig wie Schmetterlingsflügel. Mein Herz drohte stillzustehen.

Er stahl mir den kläglichen Überrest des Lollis, verabschiedete sich grinsend.
 

Hätte ich ihn doch aus dem Nest geschubst.

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Einen Lolli für jeden Leser! =D

Die Lerche

Ein extragroßer Lolli geht an Yami_no_Hikari, schokokillerin und Maachaouji.

Frohen zweiten Advent und einen gütigen Nikolaus wünsche ich euch!

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Und wieder einer dieser Tage, die man einfach aus dem Gedächtnis streichen sollte.

Ich schlief so schlecht wie lange nicht mehr. Seit halb sieben lag ich nun schon wach. An einem Sonntag! Stunde um Stunde starrte ich ins trübe Dämmerlicht und lauschte dem unangenehm penetranten Gezwitscher irgendwelcher Vögel vor meinem Fenster.

Zogen Vögel im Winter nicht eigentlich in den Süden?
 

Ich würde meine freie Zeit so gerne genießen, doch ich konnte nicht. Ich fand einfach keine Ruhe.

Vielleicht fehlte mir der Stress. Das Schreiben von Songs. Die Diskussionen. Die Proben. Die Konzerte.

Aiji.
 

Verstimmt schlug ich die Decke zurück, erhob mich aus meinem Bett um Richtung Bad zu schlurfen.

Nebenbei ließ ich den Blick durch mein Domizil schleifen. Grauenhaft.

Abgelenkt stieß ich mir den linken Fuß am Türrahmen meines Badezimmers. Zweieinhalb Sekunden später auch den Kopf, weil ich mich nach dem schmerzenden Körperteil gebückt hatte.

Womit hatte ich diesen Tag eigentlich verdient?
 

Eine kalte Dusche und zwei Tassen Kaffee später hielten fünf aufgelöste Aspirin in meinem Magen ein Meeting ab. Der Schmerz blieb, gegen die Unordnung in meiner Wohnung vermochte ich jedoch vorzugehen. Ich räumte nicht auf, ich zelebrierte.

Mit lauter Musik, die ich mir jedoch nur über Kopfhörer zu Gemüte führte.

Erst als Bad und Küche glänzten, mein Schlafzimmer duftete, war ich zufrieden.

Ich warf ich die Kopfhörer achtlos auf den frisch polierten Wohnzimmertisch und ließ mich erschöpft auf’s Sofa fallen. Nur das gleichmäßige Rumpeln der Waschmaschine störte die Stille.
 

Ich döste ein, doch erholsamen Schlaf vermochte ich nicht zu finden. Jemand klingelte.

Einen Moment lang erwog ich, nicht zu öffnen. Sonntags kamen keine Pakete und Besuch erwartete ich ebenso wenig. Die Neugier siegte. Ich erhob mich und öffnete die Tür.

Aiji stand vor mir, mit roter Weihnachtsmütze, einer großen roten Schachtel mit mindestens genauso großer Schleife und einem unsicheren Lächeln auf den Lippen.
 

Ich trat beiseite und ließ ihn ein. Er überreichte mir das Paket mitsamt dem Ungetüm einer Schleife.

„Aiji?“ Meine Stimme klang so unsicher wie sein Lächeln ausgesehen hatte.

Irgendetwas schien ihn zu amüsieren.

„Meine Lerche war vielleicht nicht artig, aber ich muss ihr nicht die Rute geben. Ich dachte, ich bringe etwas Futter und ein Nikolausgeschenk.“

Was auch immer das bedeuten mochte.

„Du hast ne Meise.“

„Gut, denn dann ist die Lerche nicht so einsam.“

„Bist du hier, um mir zu verkünden, dass du unter die Ornithologen gegangen bist?“

Er lachte, zog Jacke und Schuhe aus und schloss meine Wohnungstür.

Neugierig hob ich den Deckel der Schachtel an. Ein angenehmer Duft schlug mir entgegen.

Kekse. Haufenweise Kekse. Mit Zuckerguss.

Und eine weitere Schachtel.
 

„Tee?“

Ohne eine Antwort abzuwarten brachte ich das Geschenk in die Küche, bereitete Tee und suchte eine Schale für die zahlreichen Kekse heraus. Sie alle hatten die Form von Vögeln oder Tannen.
 

Während ich herum werkelte legten sich zwei Arme von hinten um meine Taille und weiche Lippen strichen über meinen Nacken. Sacht aber bestimmt schob ich die Meise auf Kuschelkurs von mir. Vielleicht fror sie ja?

Ich nahm das beladene Tablett auf und drehte mich um. Aijis Anblick ließ mich lachen.

„Denkst du ernsthaft über einen Berufswechsel nach?“

Er schien meinen Worten nicht folgen zu können. Ich deutete mit einem Nicken auf seine ehemals schwarze Hose und brachte die anscheinend selbstgebackenen Plätzchen ins Wohnzimmer.

Er folgte mir mit roten Bäckchen. So sah er schon fast gar nicht mehr nach Meise aus.
 

Zögerlich schob er mir einige Zettel über den Tisch. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen.

Eigentlich hatte ich die Arbeit zumindest die letzten Tage dieses Jahres hinter mir lassen wollen.

Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden sah ich Bruchstücke von Gitarrenriffs und Lyrics durch, ergänzte sie dann durch meine eigenen Ideen.

Wie hatte ich vergessen können, dass Musik meine Leidenschaft war?

Warum ich Aiji für mein neues Projekt ausgewählt hatte?
 

Wir waren so produktiv wie lange nicht mehr. Auch ohne den Druck des Managements.

Ich setzte noch zwei weitere Male Tee auf.

Die Plätzchen gingen zur Neige, wie der Zettelstapel wuchs.

Es wurde spät und ich fühlte mich so gut wie lange nicht mehr.
 

Irgendwann packte die Meise den beachtlichen Stapel Kreativität ein und verabschiedete sich. Er musste den Heimflug antreten. Nicht nach Süden, sondern gen Norden.

Ich folgte ihm in den Flur. Er küsste meine Stirn, wünschte mir eine gute Nacht verließ meine Behausung.
 

Der Teufel weiß, was mich überkam, als ich seine Hand festhielt und ihn beinahe grob an die Wand neben meiner Haustür drückte.

Langsam, wie in Zeitlupe, löste sich meine Hand von seiner Brust, fand den Weg zu seinem Gesicht.

Sanft streichelte ich über seine Wange, fuhr mit der Hand in sein Haar.

Ich schloss die Augen, suchte so seinem fragenden Blick zu entgehen, lehnte meine Stirn an seine.

Plötzlich berührten weiche Lippen die meinen. Er küsste mich vorsichtig und sanft.

Ich fühlte mich wie gelähmt.

Erst als meine Lähmungserscheinungen langsam nachließen, erwiderte ich den Kuss.
 

Himmel Herrgott, was fand hier statt?

Aiji hätte mich niemals geküsst.

Noch nicht einmal im Vollrausch wäre ihm das in den Sinn gekommen.
 

Langsam löste er sich von mir, sah mich an. Ich vermied den Blickkontakt weiterhin.

Meine Hand war noch immer in seinem Haar. Langsam ließ ich sie sinken und hob den Blick.

Den Ausdruck seiner Augen vermochte ich nicht zu deuten.

Schmerz, Trauer, Enttäuschung, Wut…?

Plötzlich stieß er mich von sich und lief davon.

Ich stand noch immer in der Tür und sah ihm regungslos nach, versuchte zu begreifen, was hier eben geschehen war.
 

Erst als ein Kühler Luftzug mein Gesicht streifte, schloss ich die Tür.

Mechanisch ging ich ins Wohnzimmer, brachte das Geschirr zurück in die Küche.

Die zweite Schachtel lag noch ungeöffnet auf dem Tresen.

Langsam entfernte ich die Schleife, nahm den Deckel ab.

Ein überdimensionaler roter Lolli in Herzform lag darin. Mit einer weiteren Schleife um den Stiel.
 

Mein Gitarrist hatte eindeutig Meise. Mit Schleifchen.

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Eine ENS-Benachrichtigung geht automatisch an jeden Kommischreiber.

Ein Keks mit Zuckerguss für jeden Leser!

Die Meise

Mein besonderer Dank gebührt Yami_no_Hikari, Hibiyume, schokokillerin, und Maachaouji. Selbstgebackene Kekse für euch. Nicht von Aiji, aber von mir. Ganz unweihnachtlich in Fledermausform, aber mit Zuckerguss.

Einen fröhlichen dritten Advent & viel Spaß beim Lesen!

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Nach Hause hatte ich es nicht weit, aber dennoch verbrachte ich die restlichen Stunden des zweiten Advents besinnlich in Dunkelheit und klirrender Kälte zwischen den Bäumen irgendeines kleinen Stadtparks. Mit ein bisschen Fantasie konnte man sogar ein paar Sterne erahnen.
 

Nur langsam sickerte in mein Bewusstsein, was ich heute getan hatte.

Eigentlich hatte ich doch nur meinen Kollegen und Freund besuchen und mich mit ihm austauschen wollen, denn ohne meine Musik und Arbeit konnte ich nicht leben.

Und ohne die Lerche wohl auch nicht.

Maya. Egoistisch hatte ich ihm meine Küsse aufgedrängt, ohne zu fragen, ob er das überhaupt wollte.

Verdammte Scheiße, was hatte ich getan und vor allem: warum?

Es war doch alles gut, wie es war. Unsere Karriere, unsere Freundschaft…

Warum also?
 

Resignierend musste ich feststellen, dass die arktischen Temperaturen meinen Verstand nicht aufzuklären vermochten. Viel mehr froren sie ihn ein, ebenso wie meinen Körper.

Es war an der Zeit endgültig den Heimweg anzutreten.

Erst weit nach Mitternacht öffnete ich die Tür zu meiner Wohnung.

Wann war hier eigentlich das Chaos ausgebrochen?

Ich war mir nicht bewusst, dass Meise und Lerche ihr Nest getauscht hatten?
 

In Anbetracht der Jahreszeit erschien mir Glühwein als angemessen, mich wieder aufzuwärmen.

Ich hatte keinen im Haus, Sake musste reichen.

Bereits nach zwei Gläsern wurde ich schläfrig.
 

Als ich das nächste Mal die Augen öffnete, verriet mir der Blick auf die Uhr, dass es eigentlich schon wieder Zeit zum Aufstehen war. Ich fühlte mich nicht in der Lage dazu.

Allem Anschein nach hatte ich mich vergangene Nacht zu lange in der Kälte herumgetrieben und diversen Viren ein neues Zuhause geboten. Zumindest konnte ich alle Symptome dafür spüren: Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Husten, Schnupfen.

Als ich den Versuch wagte, mich von meinem Sofa zu erheben, gesellten sich noch Gliederschmerzen hinzu. Eine Grippe?
 

Mein Fieberthermometer ignorierte ich, ebenso wie das Blinken meines Anrufbeantworters. Lediglich den Stecker des Telefons zog ich, denn jedes Geräusch würde meinen Kopf zum explodieren bringen.

Im Studio erwartete man mich erst wieder im nächsten Jahr, war also nicht wichtig.
 

Als erstes nahm ich ein heißes Erkältungsbad, föhnte im Anschluss mein Haar und rieb mich mit Kräuteremulsionen ein. Lustlos bereitete ich noch einen Tee. Essen mochte ich nicht.

Bald darauf lag ich schon wieder im Bett, die Heizung voll aufgedreht.

Vielleicht ließ sich das Schlimmste noch verhindern?
 

Als ich wieder erwachte, herrschte in meiner Wohnung bereits Dunkelheit und ich fühlte mich noch elender als zuvor.

Meine Bemühungen erwiesen sich als vergebens.

Die nächsten Tage vegetierte ich vor mich hin, verlor jedes Zeitgefühl.

Meinen Tee bereitete ich nur in der Dunkelheit, wobei ich nicht wusste, ob morgens oder abends. Licht verabscheute ich in diesen Tagen ebenso wie sämtliche Lebensmittel.

Meine Vorhänge blieben zugezogen, Telefon und Handy aus.
 

Eines morgens oder abends riss mich ein schrilles Geräusch aus meinem unruhigen Schlaf.

Feueralarm? Tsunamiwarnung?

Erneut klingelte es. Ach so, nur die Tür.

Kam der Weihnachtsmann nicht für gewöhnlich durch den Kamin?

Nun gut, ich besaß keinen. Aber war bereits so viel Zeit vergangen?
 

Schon wieder klingelte es.

Träge schleppte ich mich durch den Flur, doch kaum öffnete ich die Tür, sprang der Weihnachtsmann an mir hoch und umschlang mich mit Armen und Beinen.

Unvorteilhafter weise hatte ich nicht nur meinen Elan und mein Zeitgefühl an die Viren abgetreten, sondern auch meine Kraft. Ich geriet ins Straucheln, taumelte und fiel.
 

Irgendetwas lag schwer auf mir. Ich öffnete die Augen. Das hier war mit Sicherheit nicht mein Flur. Nach einigem Blinzeln erkannte ich mein Schlafzimmer. Das Schwere identifizierte ich als Mayas Kopf. Er hatte ihn auf meine rechte Hand gebettet und sah aus dem Fenster oder schlief.

Vorsichtig zog ich sie hervor, um sie gleich darauf auf dem Kopf der kleinen Lerche zu platzieren.

Sogleich drehte er den Kopf, musterte mich prüfend, eh er sich an einem vorsichtigen Lächeln versuchte.

„Endlich bist du wach. Hast du Durst?“

Ich nickte. Er hielt mir eine Tasse an die Lippen. Lauwarmer Tee. Scheußlich.

Auf der Nachtkonsole befand sich noch eine weitere Tasse, aus der Maya einen Schluck nahm. Auch er verzog das Gesicht. Dem Geruch nach zu urteilen lauwarmer Glühwein. Schnapslerche.

„Wie lange bist du schon hier?“

Meine Stimme klang so angeschlagen wie ich mich fühlte.

„Weiß nicht?“

„Welches Jahr haben wir?“

Maya lachte, legte eine Hand auf meine Stirn. Unvermittelt verstummte er. Sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an.

„Herrje Aiji, du hast Grippe. Warum hast du dich nicht gemeldet oder wenigstens auf meine Anrufe reagiert?“

Ich blieb ihm die Antwort schuldig.

Ein Seufzen, dann schlug er die Decke zurück. Sogleich fröstelte ich. Er schien sich nicht daran zu stören.

„Kannst du die Beine anwinkeln?“

„Wieso?“

„Nun, dann kann ich besser Fieber messen.“ sprach’s rotzfrech und zog mir die Schlafanzughose herunter. Wenn möglich, erbleichte ich noch um einige Nuancen.

Mayas Augen blitzten. Ohne länger abzuwarten, brachte er meine Beine in die gewünschte Position.
 

Herrgott, was ging hier vor?

Und ich dachte, ich sei mit meinen Küssen zu weit gegangen!
 

Maya ließ mir keine Zeit für Proteste und schob das kühle Thermometer in mich.

Ich zuckte zusammen und wandte den Blick ab. Zumindest hatte ich wieder Farbe im Gesicht.

Mit Sicherheit war ich noch einige Grad wärmer als zuvor.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit zog er das Gerät zurück und stieß einen anerkennenden Pfiff aus.

„Wenn du etwas tust, dann richtig. Nur in Beziehungsfragen bist du eine krankhaft feige Ratte. Bleib noch kurz so, ja?“

Ich verstand nicht. Dennoch verweigerte ich dem scheinheiligen Vogel jede Reaktion.

Es kramte kurz in einer kleinen Tüte, packte kurz darauf voller Vorfreude ein Zäpfchen aus.

Ich stöhne gequält auf.

„Himmel, Maya, das kann ich doch selbst!“ Ein letzter Versuch zu protestieren.

Er grinste nur.

„Ich weiß mein Vögelchen. Doch da du es weder fertig gebracht hast mit mir zu reden, noch dich ordentlich auszukurieren, spiele ich jetzt deine Krankenschwester und zwinge dich zum gesund werden. Weihnachten ist immerhin das Fest der Liebe und ich möchte noch etwas mit dir tun, was wahrlich dem Namen unserer Art entspricht.“

Ende der Diskussion, wenn auch zu kryptisch für meinen Fieberwahn.

Er führte das Zäpfchen mitsamt seinem Finger in mich, hauchte einen zarten Kuss knapp unter meinen Bauchnabel und einen weiteren auf meine Körpermitte. Grundgütiger….
 

„Hast du sonst noch Wünsche?“

Mit unschuldigem Lächeln zog er seinen Finger zurück. Wieder verweigerte ich eine Antwort.

Maya nahm mein Schweigen hin, bekleidete mich wieder und breitete die Decke sorgsam aus.

„Dann schlaf dich aus. Dein Anblick ist unerträglich.“

Vielen Dank für die Blumen.

Mit einem leisen Brummen drehte ich ihm den Rücken zu. Die Decke zog ich bis über die Nase.

Sollte ich irgendwann wieder zu Kräften kommen, werde ich dem verdammten Federvieh mit meiner Gitarre eins überziehen.
 

Besagte Lerche schloss die Vorhänge und entblätterte sich.

Er legte sich zu mir, umschlang meine Taille von hinten.

„Frohen dritten Advent.“

„Gib Ruhe und schlaf!“
 

Ich wollte träumen. Von unserem Kuss. Und allem anderen…

Genau deswegen gehörten wir gar nicht in den Süden.

Wir sollten in die Klapse ziehen.
 

Ich schlief ein. Ich glaube, ich trug ein Grinsen auf den Lippen.

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Eine heiße Tasse Glühwein für jeden Leser!

Und eine ENS beim nächsten Kapitel an jeden Kommentar.

Die Lerche

Verzeiht, ich ließ euch übermäßig lange auf Weihnachten warten.

Hoffentlich habt ihr euch reich beschenken lassen und seid, im Gegensatz zu meiner Wenigkeit, katastrophenfrei ins neue Jahr gerutscht.
 

In diesem Sinne eine Limo statt Glühwein für schokokillerin, Yami_no_Hikari, Maachaouji, Hibiyume und yukisama. Herzlichen Dank für die lieben Referenzen!
 

Und nun viel Spaß beim Lesen.

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Als ich am 3. Advent wagte bei Aiji zu läuten rechnete ich mit allem, einem prunkvollen Ende gerupft und als Weihnachtsgans drapiert inbegriffen.

Hitchcocks ‚Die Vögel‘, den ich gestern in einer nostalgischen Eingebung angesehen hatte, bot meiner Angst vor tollwütigen Meisen zusätzlichen Nährboden.
 

Meine Befürchtungen verflüchtigten sich, öffnete mir doch mehr Grippe als Vogel die Tür.
 

Die kommenden Tage lief ich zu Höchstform auf.

Aiji hatte sich mit seinen Bazillen gegen mich verschworen, hielt mich nahezu permanent auf Trab.

Sein Zustand besserte sich nur langsam.

Vogelgrippe. Mit Sicherheit.
 

Entgegen ihrem ausdrücklichen Wunsch half ich der flügellahmen Meise tagtäglich aus ihrem Nest ins Bad, zog in wenigen Tagen mehrmals neue Laken auf. Nur selten flog ich aus um Nahrung und Medikamente anzuschleppen. Hin und wieder suchte das verseuchte Federvieh zu meutern. Der Erfolg blieb aus.
 

In ruhigen Minuten verfasste ich neue Texte.

Den Großteil verwarf ich als liebestollen Schrott ohne jede Chance auf Erfolg.

Entsorgen wollte ich sie jedoch nicht.
 

War ich etwa über einem meiner kreativen Ergüsse eingeschlafen?

Ich konnte mich nicht entsinnen zu meinem Artgenossen ins Bett gekrochen zu sein.

Dennoch, ich lag definitiv in seinen Kissen, nahm seinen Geruch wahr, fühlte seine Küsse überall auf meinem Körper. Sein Haar kitzelte meine Haut.

Himmel Herrgott, mir war so heiß und kalt zugleich.

Flehend sah ich zu Aiji auf. Er lächelte. Seine Finger fanden den Weg in mich.

Trotzdem war ich unzufrieden. Es ging mir nicht schnell genug, spielte er doch nur an mir herum.

Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, rief seinen Namen.
 

‚Maya? Um Gottes Willen, was ist los?‘

In Irritation zog ich die Brauen zusammen, blieb eine Antwort schuldig.

‚Bitte Maya, so sag doch etwas!‘ Seine Stimme klang zunehmend besorgt.

Dennoch antwortete ich nicht, war verwirrt.

Eine kühle Hand legte sich auf meine Stirn.

‚Himmel, du glühst! Ich rufe einen Arzt.‘

Ah, ich verstand. Anscheinend hatte ich mich bei Aiji angesteckt.

Wohl meine eigene Schuld, denn er lehnte meine Pflege ab. Vogelgrippe war bekanntermaßen ansteckend. Notschlachten, auf ein Seuchenopfer mehr oder weniger sollte es nicht ankommen.
 

War dann alles nur ein schöner Fieberwahn? Ich wollte es zu Ende bringen.

‚Nimm mich.‘ Ein heiseres Krächzen, mehr vermochte ich nicht hervorzubringen. Dennoch verstand meine Meise. Unschlüssig biss er auf seiner Unterlippe herum, schüttelte schließlich den Kopf.

‚Maya, du redest wirr. Du bist von meinen Bazillen befallen und solange du diese Seuche nicht auskuriert hast, werde ich dich nicht anrühren!‘

‚Gut, dann sterbe ich eben.‘

Ich vernahm, wie Aiji harsch einatmete.

‚Du weißt nicht, was du da redest Maya! Das ist nicht witzig!‘

‚Mag ja sein, aber ich weiß, was ich will. Sollte mein Fieber so hoch sein, so kannst du es ja mit deinem Zäpfchen senken.‘

‚MAYA!!‘

‚Bitte Aiji, Weihnachten ist das Fest der Liebe, doch momentan bekomme ich die nur von deinen Bazillen.‘

Ich wusste, ich verhielt mich unfair wie unvernünftig. Es war mir egal.

Ich wollte Sex. Jetzt.
 

Mein Artgenosse schimpfte und fluchte alles andere als lieblich.

‚Ich fasse es nicht. Nistet sich hier ein, bekommt Fieber, dreht durch und redet irre!‘

Dazu maulte er irgendwas von Fieberwahn, notgeil, sterben und Gefängnis. Ich vermochte keinen Zusammenhang zu erfassen.
 

Aiji zog sich aus und legte mich zu mir. Er fühlte sich an, als käme er geradewegs aus dem Schnee. Eiskalt.

Ich schlang meine Arme um ihn.

Mein Glück währte nicht lange, er schob mich von sich und drehte mich auf die Seite.

Unromantisch, doch ich ließ es geschehen, spürte kurz darauf etwas kühles in mir.

Fühlte sich gut an, entsprach aber mit Sicherheit nicht dem was ich wünschte.

‚Aiji!‘ krähte ich empört. ‚Was tust du?‘

‚Nun mein Liebling, ich suche dein Fieber mit einem Zäpfchen zu senken?‘

‚Verdammt! Ich will dein Zäpfchen spüren, möglichst noch bevor ich der Vogelgrippe zum Opfer gefallen bin!‘

Er seufzte, entfernte jedoch das Zäpfchen und ersetzte es durch sich selbst. Na also.

Ich drängte mich gegen ihn. Er stöhnte, gebot mir jedoch Einhalt.
 

‚Und, bin ich schön warm?‘ fragte ich boshaft.

‚Nein du bist heiß. Und nun halt still und lass mich machen.‘

Ich entsprach seinem Wunsch.

Und er machte, jedoch langsam und schonend. Es ging mir nicht schnell genug, nicht hart genug.

‚Was soll das werden? Bist du Vogel oder Schildkröte?‘
 

Weg war er, ließ jedoch keine Proteste laut werden.

‚Leg dich auf den Rücken! Ich will sehen wie du stirbst. Dann rufe ich die Polizei und stelle mich.‘

Jawohl, Herr Auftragskiller. Doch zumindest seine Schimpftriade von vorhin ergab nun einen Sinn.

Gehorsam drehte ich mich, spreizte unaufgefordert die Beine.

Sogleich war Aiji über mir, drang erneut in mich ein. Wir küssten uns kurz aber leidenschaftlich.
 

‚Leg los mein Vogel. Zeig mir, was ich angeblich nicht auszuhalten vermag.‘

Und - gütiger Herr im Himmel - er trieb mich tatsächlich an meine Grenzen. Ich versuchte ihn zu streicheln, haschte nach seinen Lippen, doch er war zu schnell, entzog sich meinen Liebkosungen.

Zwischenzeitlich glaubte ich wahrlich daran sogleich die Besinnung zu verlieren.
 

Wir kamen gleichzeitig.

Erschöpft schloss ich die Augen, Aiji ließ sich auf mich sinken.

Ich nutzte die Gelegenheit, streichelte ihn, küsste sein Haar.

Konnte man an Glückseligkeit sterben?
 

Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen.

‚Aiji?‘

‚Mh?‘

‚Es ist Weihnachten.‘

Er stöhnte gequält.

‚Maya, ich habe dich eben geliebt und tue es noch immer. Was willst du noch?‘

‚Nun, zu Weihnachten schenkt man sich etwas.‘

Kurz hob er den Blick, musterte mich fassungslos. Dann entwich ihm ein Seufzen.

‚Du bist kein liebliches Singvögelchen sondern ein elender Aasgeier.‘

Dennoch beugte er sich zur Nachtkonsole, schob mir kurz darauf einen Lolli in den Mund.

Selig angelte ich nach einer Decke, warf sie über uns.
 

‚Maya?‘

‚Mh?‘

‚Und ich?‘

Erneut musste ich grinsen, zog Aiji in einen sanften Kuss.

Nur leise nuschelte ich gegen seine Lippen.

‚Nun, du hast einen Vogel mehr.‘

Ich fühlte ihn lächeln.

‚Gut, dann ist die Meise nicht mehr einsam.‘
 

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Ich danke allen, die diese Geschichte bis zum Ende begleitet und gelesen haben.
 

Ganz besonderer Dank gilt allen, die sich einen oder gar mehrere Kommentare abringen konnten.

Ebenso Llew, die dieses Gesülze zwar nicht liest, sich aber tapfer mein Gejammer und Gefluche angehört hat.
 

Stolz kann ich behaupten, auf Yami_no_Hikari eingegangen zu sein: die Meise war gesund.
 

Die Frage zum Finale:

‚Ist das Kunst oder kann das weg?‘



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Kommentare zu dieser Fanfic (22)
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Von: abgemeldet
2010-10-07T14:26:22+00:00 07.10.2010 16:26
Oke... nicht schlecht~
Auch wenn ich viel zu leicht zu verwirren bin~ xD
Ausserdem... seit wann bekommen erwachsene Männer Zäpfchen? XD Ich schätze mal, das ist die FF-Logik ne? XD

Schön geschrieben... irgendwie finde ich die Umschreibung mit den Vögeln gut. Auch wenn ich eben nicht alles so ganz verstanden hab... xD
Aber trotzdem iwie niedlich ôwô
Von:  MadMatt
2010-05-08T11:08:02+00:00 08.05.2010 13:08
Hammer mesig, ich muss dir mal ein fettes Lob aussprechen echt ne gute Story, geiler schreibstil und echt autentisch rübergebracht, also deine Story in meiner Favoliste^^^
Von:  I01I-CYBORG-TE
2010-05-03T16:33:44+00:00 03.05.2010 18:33
ich willn KEKS >D

aber die ff is voll süss bis jezz xD
ich find gut, dass du die charas so tauschst, dann is das mit der ich form auch interessanter >D xDD

*die ff mal inne favos pack xd*

Von:  I_Scream_Party
2010-04-30T13:27:51+00:00 30.04.2010 15:27
aww ich mag deine FF
*fiep*
*die lerche knutsch* *die meise auch* XD
aww die ist soo süß! *kicher*
ich mag sie total und sie ist so.. anderes! im guten sinne übrigens!
*gg*
ich fidn sie ehct süß udn auch witzig!
ich hab viel geschmunzelt udn auch gelacht!
*kicher*
und sie ista uch.. voll romantisch!
jedenfalls in meinem sinne!
*kicher*
XD
sowieso LIEBE ich das paaring <33
*kicher*
Von:  Llew
2010-04-29T15:54:37+00:00 29.04.2010 17:54
Ich habs doch gelesen *mecker*
Was kann ich denn dafür, wenn MSN meine Nachrichten frisst und du wieder mal pennst am Lappi >P
Ich finds herrlich ^^b
Dieses ganze Vogelgelaber ist einfach nur genial, und es kommt nich so steif und kitschig rüber. Sehr gelungen ^^
Und so kann man Weihnachten auch feiern :D

Alles in allem ja sehr gut... und was ist mit deinen anderen FFs XDD?
*g*
Von:  YamYam
2010-04-29T15:33:19+00:00 29.04.2010 17:33
awwww wie sweet geschrieben
*neidisch schau*
denn rest les ich auch versprochen <33
Von:  Maachaouji
2010-04-29T13:57:12+00:00 29.04.2010 15:57
Das war nun wirklich die kreativste Be-/Umschreibung von Sex, die ich jemals gelesen hab und das ist kein Scherz! >D
*kicher*
Wundervoll romantisch, witzig, süß, alles zugleich.
In einem Wort:
Liebäää <3
xDDD;

Ps. Den Lollie danach sollt' ich mal im realen Leben umsetzen.. Nur um zugucken, wie mein Aiji guckt. 8DDDD
Von:  yukisama
2010-04-29T12:34:42+00:00 29.04.2010 14:34
Echt toll geschrieben!
Hast dich selbst übertroffen!!!
Ich werde sofort deine anderen FFs lesen^^
Von:  Hibiyume
2010-04-29T10:01:56+00:00 29.04.2010 12:01
XD
genial!
*gg*
ich fand das pittel toll geschrtieben und nein es kann nicht weg.
*knuddel*
freu mich schon wenn es bei dem anderen weiter geht x3
Von:  Yami_no_Hikari
2010-04-29T04:06:01+00:00 29.04.2010 06:06
du hast auf mich gehört .. wow öö
aber die lerche is nun krank *sfz*
gut .. hält beide von nix ab
tztztz
das aiji so unverantwortlich ist
mya ^^
sind ja final beide happy ^^
uuuuuuuund du hast sie endlich abgeschlossen *-*
*zufrieden guck* ^w^


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