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Upside Down

Leben steht Kopf
von

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Zwangsverantwortung

So, hier mein neues, bereits angekündigstes Großprojekt...

Ich hoffe wird es gefallen^^
 

Viel Spaß ohne lange Rede^!
 

+ + + + + + + +
 

Kapitel 1- Zwangsverantwortung
 

Der Tag fing an wie ein ganz normaler Wochentag. Der einzige Unterschied war, dass Duke heute einen außerordentlichen Feiertag eingelegt hatte. Seine paar Angestellten feierten Überstunden ab, da machte es wenig Sinn, als Chef seiner eigenen kleinen Marketing-Agentur heute als Einziger zu arbeiten. So ein freier Tag tat auch mal ganz gut.
 

Duke Devlin, neunundzwanzigjähriger Kleinunternehmer mit wachsendem Erfolg, sodass er sich dieses, von einem Architekten eingerichtete, Apartment in einer der besten Wohngegenden leisten konnte, genoss genau jetzt, um elf Uhr vormittags seinen Morgenkaffee. Eine Uhrzeit, zu der er sonst bereits zu arbeiten pflegte. Abgesehen von den Wochenenden, wo er abends gerne länger machte und somit morgens auch länger brauchte.
 

Er hatte die schwarzen, langen und noch vom Duschen feuchten Haare in einem lockeren Zopf zurückgebunden. Die kürzeren Strähnen hielt ein schwarzes Band aus der Stirn, das in seiner Haarpracht kaum auffiel. Im linken Ohr schillerte silbrigmatt ein Stecker in quadratischer Form. Schlicht, unauffällig, aber wirkungsvoll, was seinen Look anbelangte. Normalerweise pflegte er auch entsprechend seines Einkommens Markenklamotten zu tragen, da er sich aber alleine in seiner Wohnung befand und nicht gedachte, sich weiter fertig zu machen, ehe er nicht in Ruhe seinen Kaffee und Toast genossen hatte, musste es auch eine schwarze Jogginghose mit einem engen, roten Sporttop tun.

Was er als gammeligen Hausanzug abtat, würden bestimmt manche bereits als vorteilhafte Kleidung bezeichnen, denn er sah darin nun wirklich alles andere als gammelig aus.
 

Der Schwarzhaarige führte wahrlich kein schlechtes Leben, gesegnet mit gutem Aussehen und einer ausreichenden Brieftasche hätte man nicht erwartet, ihn als Single vorzufinden. Doch genau das war er, mehr oder weniger zumindest. Er traf sich öfter mit Tristan Taylor, einem Sportlehrer, den er vor einem Jahr auf einer Party kennen gelernt hatte, aber es ging bei diesen Treffen meist um eins, nämlich Sex. Nichts, was man als Beziehung hätte bezeichnen können, dafür fand Duke, der, wie vielleicht nachträglich erwähnt werden sollte, schwul war, einfach zu sehr Gefallen am Abenteuer des Neuen und Unbekannten. Er war also das, was man einen zufriedenen, begehrten Junggesellen nannte.
 

Mit der Tasse Kaffee in der Hand und einer Tageszeitung bewaffnet ließ er sich erleichtert seufzend auf seiner Echt-Leder-Couch nieder und begann zu blättern. Schwächelnde Wirtschaft, davon hatte er genug gehört. Dieses Thema wuchs ihm nicht nur zu den Ohren raus, sondern auch wieder zur Nase rein, nur um noch mal an den Ohren raus zu kommen. Wenn hier etwas schwächelte, dann war es die Qualität dieser Zeitung, nicht aber der Geldbeutel seiner Kunden. Nächste Seite.

Erdbeben auf irgendeiner Pazifikinsel, Schießerei in Amerika, der amerikanische Präsident zu Besuch in Buxtehude oder sonst wo, wieder mal ein UNO Gipfel-Wipfel-Treffen. Nichts Neues also. Doch, das Zugunglück auf Seite 3 war eindeutig neu, gestern hatte da noch etwas von einem Kreuzfahrtschiff gestanden. Erstaunlich, das einzige, was Abwechslung zeigte, waren offenbar Katastrophen.
 

Den Sportteil überfliegend – Feuilleton hatte er direkt aussortiert –, wanderte er noch einmal in den Lokalteil, als ihn das penetrante Klingeln aus seinem desinteressierten Studium der Zeitung holte. Entweder das Haus brannte, es wurde abgerissen oder dieser Mensch vor der Tür hatte Sekundenkleber am Finger und klebte nun am Klingelknopf fest.

Unverschämtheit.

Oder vielleicht waren es auch diese Rotzlöffel von Teenagern, die wieder Klingelmännchen spielten, weil sie das mit fünfzehn Jahren noch mal besonders lustig fanden. Mal abgesehen davon, dass sie jetzt ohnehin in der Schule sein sollten, würden die was erleben. Gott, wie er pubertierende Jugendliche doch hasste, besonders wenn die Späße auf seine Kosten gingen.
 

Mit leicht verzogenen Mundwinkeln öffnete er die Apartmenttür. Und tatsächlich erblickte er einen blonden Jungen, der kaum älter als maximal siebzehn sein konnte, dem Milchbubigesicht nach zu urteilen. Doch anstatt wegzulaufen, sah er ihn nur mit großen, musternden Augen an.

Doch ehe Duke etwas hätte sagen können, räusperte sich ein braunhaariger, großer, schlanker Mann in Anzug und Krawatte und zog so die Aufmerksamkeit auf sich. Ein echter kleiner Leckerbissen, wenn er nicht so fürchterlich verklemmt und steif rüber gekommen wäre.

„Sind Sie Duke Devlin?“ Er drängelte sich an dem blonden Jungen vorbei, bis er direkt vor dem Schwarzhaarigen stand und ihn von oben herab, er war gut fünfzehn Zentimeter größer, beäugte. „Kommt ganz darauf an, wer das wissen will!“ Lässig gähnend und mit verkreuzten Armen lehnte sich Duke quer gegen seinen Türrahmen und versperrte damit den Eintritt in seine Wohnung.

„Seto Kaiba, vom Jugendamt“, stellte der andere sich kühl vor.
 

Am liebsten hätte er laut losgelacht. Setzte man jetzt schon das Jugendamt samt so einem jämmerlichen Beispiel eines Teenagers auf die Schwulen der Nation an, weil sich keine andere Behörde mehr gefunden hatte, um ihnen an der Haustür einzureden, dass Adoptionsrecht für Homosexuelle ja wohl doch Mist sei, oder was für ein anderer schlechter Witz sollte das hier sein?

Er war wohl einer der wenigen Männer, die wirklich mit absoluter, hundertprozentiger Sicherheit sagen konnten, dass er nirgendwo in der Welt kleine Devlins gezeugt hatte.

Es war weder in seiner Absicht gewesen bisher, noch würde es jemals in seine Absicht kommen, Kinder zu adoptieren, also was zum Geier wollte bitteschön das Jugendamt bei ihm vor der Tür.
 

„Dann wollen Sie nicht zu mir. Ich habe keine Kinder, will keine Kinder und werde in absehbarer Zeit auch keine zeugen.“ Sehr amüsante Vorstellung. Er plus so einem kleinen Windelscheißer, das war ja wie Ernie und Miss Piggy, Kermit und Bert. Es war zusammen, was nicht zusammengehörte und passte auch nicht wirklich.

Gerade als er die Tür schon wieder schließen wollte, schob dieser Mister Kaiba erst sich selber dazwischen und zog dann auch noch diesen Halbstarken mit in seine Wohnung. Konnte man ihn deswegen vielleicht wegen Hausfriedensbruch anzeigen?

Das würde Duke gleich morgen mal seinen Anwalt fragen.
 

„Das hier ist Joseph Jay Wheeler“, zeigte der Braunhaarige auf den Jungen.

Wheeler, woher sagte ihm dieser Name nur etwas?

„Ihr Neffe!“ Ach ja, seine Schwester hatte doch damals so einen Wheeler geheiratet und soweit er wusste, hatten die beiden auch ein Kind. Der Grund für die überstürzte und plötzliche Hochzeit damals. Au weia, ein uneheliches Kind, die Hölle wartet schon, oder irgend so eine Panikmache hatte sie dazu bewogen. Und der Bengel da war dann also dieses Produkt einer Nacht, die schwerwiegende Folgen gehabt hatte.

Aber was um alles in der Welt hatte er damit zu tun? Er hatte seine Schwester seit neun Jahren nicht mehr gesehen, das letzte Mal auf der Beerdigung seiner Mutter, und seit sie von zu Hause damals weggezogen war zu ihrem Mann, hatte er den Kontakt zu ihr abgebrochen.

„Im Testament Ihrer Schwester und dem ihres Mannes steht, dass Sie nach ihrem Tod die Fürsorge über ihn übernehmen sollen, bis er volljährig ist.“ Dieser Kaiba schob seine Brille zurecht und kramte nun in einer Tasche voller Mappen und Akten, während Joseph bloß stumm, aber mit trotzigem Gesichtsausdruck, der sein Temperament erahnen ließ, in der Ecke stand.
 

„Stopp! Alles auf Anfang!“ Hatte er nach einer Überdosis Zucker im Magen – Nutella auf dem Toast und drei Löffel Zucker im Kaffee – vielleicht Halluzinationen? Oder hatte ihm gestern Abend irgendjemand was in seinen Drink gekippt, das jetzt erst durch die Zuckerzufuhr richtig begann zu wirken? Doch ein böses Stimmchen in seinem Hinterkopf sagte ihm, dass diese Theorien Blödsinn waren. Leider. Noch nie hätte Duke sich so sehr gefreut, auf Droge zu sein, wie jetzt.

„Meine Schwester ist tot?“, fragte er ungläubig und leerte danach seine Tasse. Die Mühe, seinen unfreiwilligen Besuchern ebenfalls etwas anzubieten, machte er sich erst gar nicht. Dieser Jugendamtmann würde hoffentlich bald wieder gehen und den Jungen mitnehmen. Je schneller, umso besser.
 

„Oh, Sie wussten das noch nicht? Entschuldigung! Vor vier Monaten bei einem Autounfall. Mein Beileid!“ Meine Güte, waren das steife und hohle Höflichkeitsfloskeln. Der Typ konnte ja echt noch emotionsloser sprechen als Duke, wenn er einen One-Night-Stand abservierte.

„Danke, aber geht schon“, antwortete er teilnahmslos. Betroffen war er nicht wirklich. Außer einer Blutsverwandtschaft verband ihn nichts mehr mit seiner Schwester, es war, als hätte man ihm gesagt, eine Fremde wäre gestorben. Tragisch, aber für ihn nicht weiter von Bedeutung.

„Wir haben so lange gebraucht, um Sie ausfindig zu machen, da wir weder eine Adresse noch überhaupt eine Stadt wussten.“

Woher sollten sie auch seine Adresse gehabt haben?

„Es tut mir Leid, dass Sie diese Nachricht auf diese Weise erhalten haben.“ Kaiba sah ihm dabei nicht einmal in die Augen, sondern war immer noch mit seiner Tasche beschäftigt. Der Typ schien auch in seiner Bürokratie aufzugehen.
 

„Schon gut, ich werde nicht dran sterben!“, triefte der Sarkasmus aus seiner Stimme, dass man fast knöcheltief drin waten konnte.

„Was ist mit ihrem Mann?“

„Selber Unfall.“ Auch keine Gesprächsbestie dieser Kaiba.

„Gibt es sonst keine Verwandten?“

„Nein!“ Die einzige Möglichkeit, diese Antwort noch mehr zu verkürzen, wäre wohl ein Kopfschütteln gewesen. Nur ja kein Wort zu viel, könnte ja freundlich und interessiert wirken.

„Jetzt soll allen Ernstes ich …?“

„Ja, so steht es im Testament. Ich werde jetzt erst einmal wieder gehen und lasse Sie beide“, er wechselte den Blick zwischen Joseph und Duke hin und her, „alleine, damit Sie sich besser kennen lernen können. Falls es Probleme gibt, gebe ich Ihnen meine Telefonnummer. In ein paar Tagen schaue ich erneut unangemeldet vorbei, um zu sehen, ob es verantwortbar ist, Joseph weiterhin in Ihrer Obhut zu lassen. Sollte das der Fall sein, machen wir Termine aus, für die wöchentlichen Kontrollbesuche. Bis dahin müssen Sie außerdem diese Sorgerechtspapiere unterzeichnet haben.“ Er legte einen fetten Stapel auf die Küchentheke und schnappte dann nach seiner Tasche.

„Schönen Tag noch!“

Verdattert sah Duke dem Beamten zu, wie dieser zur Haustür ging. „Moment mal, Sie können doch nicht einfach …“ Doch da war er auch schon schneller wieder gegangen, als er gekommen war und hatte den Schwarzhaarigen verwirrt und perplex zurückgelassen.
 

Die konnten ihm doch nicht einfach so einen Bengel aufdrücken, das ging doch gar nicht. Dieser Joseph wurde einfach so bei ihm gelassen. Er könnte doch auch ein Triebtäter oder Serienvergewaltiger sein. Ein Krimineller, Drogenbaron oder sonst wer und die drückten ihm einen Teenager aufs Auge. Bedenkliche Politik.

Oder hatte man das alles vorher überprüft? War er ohne sein Wissen beschattet worden, um festzustellen, ob man ein Kind bei ihm lassen konnte?

Ach was, jetzt bloß nicht paranoid werden!
 

„Tja, scheiße, was?“, seufzte Duke abgrundtief und sah den Blonden fragend an, der unschlüssig und verloren in der Gegend rum stand, nicht wissend, ob er jetzt über den Sarkasmus lachen sollte oder nicht.

„Wie alt bist du, Joseph?“, fragte er schließlich. Irgendein Thema mussten sie ja mal zum Einstieg finden, schließlich sah es so aus, als ob sie zumindest heute ein Arrangement finden mussten. Solange, bis er diesem Sozial-Kaiba verklickern konnte, dass er weder scharf drauf, noch geeignet war für den Job als Aushilfsdaddy für einen pubertierenden Teenager im Hormonschleudergang.
 

„Sag Joey. Ich bin vor einer Woche sechzehn geworden!“ Oh toll, also wirklich noch voll in den Nachwirkungen.

„Und du bist also mein Onkel Duke?“ Onkel Duke, wie das schon klang! Ohne zu fragen, schmiss sich Joey – mit Schuhen! – auf seinen Designersessel. „Mum hat früher mal von dir erzählt.“

„Ach, wirklich?“

„Aber du mochtest sie wohl nicht besonders, was?“ Ganz schön lockeres Mundwerk auf einmal. Na toll, hätte er nicht wenigstens stumm und schüchtern bleiben können, wie er ausgesehen hatte, als er noch draußen vor der Tür gestanden hatte, aber nein, offenbar war er sehr gesprächig und mitteilungsfreudig. Typisch Teenager nebenbei auch noch.
 

„Korrekt, ich mochte sie nicht, sonst hätte ich euch ja bestimmt mal besucht!“, brummte er, der Kleine brauchte gar nicht erst warm mit ihm zu werden. Jugendliche waren wie Hunde, einmal nett und schon hielten die einen für ihr Herrchen.

„Lange Geschichte!“, doch als er bemerkte, dass Joey bereits wieder Luft geholt hatte, schob er hastig hinterher: „Zu lang für jetzt!“ Onkel Dukes Märchenstunde musste leider für heute abgesagt werden.

Mit einem eleganten Hopser verfrachtete der Schwarzhaarige sich auf die Couch Joey gegenüber. „Da du heute, ich hoffe NUR heute, hier bleiben musst, ein paar Regeln!“

Die Duke’schen Regeln, von deren Einhaltung die Frage „Sein oder nicht mehr sein“ maßgeblich beeinflusst wurde.
 

„Erstens“, er zeigte einen Finger hoch, „du pennst hier auf der Couch. Und wehe dir, du machst auch nur einen Flecken drauf! Zweitens …“ Ein zweiter Finger gesellte sich zu dem ersten und die fragend hochgezogene Augenbraue des Blonden, die aussah, als wollte sie den Schwarzhaarigen für verrückt erklären, wurde geflissentlich übergangen.

„Während du hier bist, ich weiß ja nicht, wie du so drauf bist, wird kein einziger Porno im Nachtprogramm geschaut!“ Ja, der Wohnungsherr schloss nur zu gerne von sich auf andere. Wohlweislich hatte er seine eigene kleine Sammlung verdeckt in einer Schublade, schließlich traf er den einen oder anderen Kunden auch schon mal in seinen Privatgemächern. Gut, das waren dann zwar meistens die, die er ohnehin flachlegte, also wäre es wieder egal, aber man konnte ja nie wissen, wer sonst noch überraschend vorbeikam. Sechzehnjährige Jungs beispielsweise, die beim Anblick von Schwulen-Pornos entweder auf dumme Gedanken kamen oder aber Reißaus nahmen. Wobei in Joeys Fall Reißaus bestimmt nicht die schlechteste Variante war, so wäre er ihn wenigstens losgeworden.
 

„Regel Nummer drei gibt es in zwei Varianten. Klo putzen …“

„Oder?“ Joey lehnte sich nach vorne und grinste komisch. Irgendwie herausfordernd.

„... Oder du pinkelst im Sitzen! Noch Fragen?“

„Gibt es auch Regeln, die etwas weniger mit meiner Körpermitte oder Sex zu tun haben?“ Schade, dem Tonfall nach hatte er es nicht geschafft, den Blonden genau damit einzuschüchtern, wie es seine Absicht gewesen war.

„Ja, an den Kühlschrank darfst du nur mit Erlaubnis.“ Damit war also alles Wichtige zur Wohnung soweit geklärt und Duke lehnte sich etwas entspannter zurück. Es gab jetzt nur noch eine Sache, die besprochen werden musste.
 

„Wenn dieser Typ mit dem Stock im Arsch und der würgeartig geschnürten Krawatte wieder kommt …“

„Du meinst den vom Jugendamt“, fragte Joey amüsiert über die Formulierung nach. Wie es schien, stand er wenigstens nicht auf dem Schlauch und konnte mit Dukes Sarkasmus etwas anfangen.

„Genau der. Wenn der wiederkommt, sag ihm was Negatives von mir, damit du schnell wieder weg kommst. Was weiß ich, sah ihm, du würdest hier vernachlässigt werden. Egal, Hauptsache etwas.“

Dafür, dass der Schwarzhaarige gerade mehr als deutlich gesagt hatte, dass er Joey nicht wollte, blieb dieser wahnsinnig ruhig und entspannt. Wenn man es genau bedachte, war er, dafür dass seine Eltern gestorben waren – wenn auch schon vor vier Monaten – generell erstaunlich gut gelaunt.

Ein schelmisches Grinsen und noch gedrosseltes Temperament, aber viel zu heiter und unbeschwert für eine derartige Situation. Vielleicht nahm er Antidepressiva und verdrängte alles. Kiffen wäre auch eine Erklärung.

Der Schwarzhaarige würde schon herausfinden, was Sache war.
 

„Wenn der übel drauf ist, könnte er dich zusätzlich noch anzeigen wegen Vernachlässigung von Schutzbefohlenen“, warf der Blonde frech ein,

Na toll, was für Aussichten. Urteil entweder Freiheitsentzug für die nächsten, was bekam man überhaupt für Vernachlässigung oder etwas Derartiges? Also auf jeden Fall für eine gewisse Zeit, oder er entschied sich für Freiheitseinschränkung für die nächsten zwei Jahre bis er den volljährigen Joey wieder vor die Tür setzten durfte.

„Dann habe ich dir eben eine Ohrfeige in einem Streit gegeben.“

„Misshandlung oder leichte Körperverletzung“, kam es postwendend von Joey und er legte dazu genüsslich die Beine hoch.

„Ich hab dich in der Küche eingesperrt.“ Er hob fragend eine Augenbraue, ob der Blonde dazu auch etwas zu sagen hatte.

„Freiheitsberaubung.“

„Ich bin dir zu nah gekommen, wenn du verstehst, was ich meine?“

„Sexuelle Belästigung Minderjähriger. Für Pädophilie als Anklagepunkt bin ich schon zu alt. Aber die Strafen werden immer länger und härter.“ Offenbar machte dem Bengel das auch noch Spaß, ihn so vorzuführen und alle seine Pläne zu verwerfen. Wobei, eigentlich war es sogar vorausschauend, nicht dass Duke nachher ein Strafverfahren am Hals hatte für etwas, das er niemals begangen hatte und auch nie begehen würde. Da wurde doch das Steak in der Pfanne verrückt.
 

„Denk dir halt was aus, weswegen ich nicht mein gesamtes Privatvermögen als Strafe zahlen oder demnächst nur noch gesiebte Luft einatmen muss.“ Seufzend, so oft hatte er die gesamten letzten fünf Monate nicht geseufzt, wollte Duke gerade wieder das Studium der Zeitung aufnehmen, als es klingelte. Schon wieder. Wer es wohl diesmal war?

Doch der Blick auf die Uhr verriet ihm, noch ehe sich ein bunter Haarschopf durch die geöffnete Tür herein schob, dass es um Yami handeln musste, schließlich waren sie verabredet.

„Hallihallo“, mit unschlagbar guter Laune betrat der Mann mit der ungewöhnlich gestylten Frisur das Apartment und umarmte Duke zur Begrüßung einmal kurz.

Yami Muto, ein einunddreißigjähriger Fotograf mit entsprechend exzentrischem Äußeren. Pinke, schwarze und wasserstoffblonde Strähnen bei eigentlich naturbraunen Haaren, von denen nichts zu sehen war, ein breites Lederhalsband, schwarzes Tanktop, dazu ebenfalls schwarze, fingerlose Lederhandschuhe und eine extrem verwaschene Jeans kennzeichneten sein Erscheinungsbild. Die übertrieben spiegelnde Sonnenbrille nahm er sich gerade von der Nase und er warf Duke noch ein obligatorisches Begrüßungsküsschen zu, als er mitten in seiner Bewegung innehielt. Seine Augen ruhten wie gebannt auf Joey, der mittlerweile aufgestanden war und mit ein paar Metern Abstand neugierig den Besucher musterte.
 

„Wer …“, Yami zog die Brille jetzt vollends ab und hob eine Augenbraue skeptisch an „… zur Hölle ist das da bitte?“ Abfällig winkte er zu dem Blonden rüber und durchbohrte dann den Schwarzhaarigen mit seinem „Ich-glaube-gerade-nicht-was-ich-sehe-Blick“.

„Das ist Joey, mein …“, doch noch ehe er hatte enden können, wurde er mit einer weiteren hektischen Handbewegung unterbrochen.

„Verschone mich mit Einzelheiten. Ich will es nicht wissen.“ Er schenkte Joey eine weitere abschätzige Musterung. „Duke, egal was auch immer er dir erzählt haben sollte, er ist maximal achtzehn. Maximal!“

„Genau genommen ist er sechzehn.“

„Sechzehn?! Ich muss mich setzten …“ Yami ließ sich auf den nächstbesten Stuhl sinken, nicht wissend, ob er hektisch werden oder bloß fassungslos ins Leere starren sollte.

„Jetzt stell dich nicht an wie eine Queen, schließlich bist du keine“, lautete der kühle Kommentar des Schwarzhaarigen, während er sich entnervt eine lästige Strähne aus dem Gesicht strich.

„Gut, okay, mir soll es ja egal sein. Ich stecke meine Nase schließlich nicht überall rein, so wie du deinen Schwanz.“ Ob Absicht oder nicht, in diesem Moment klang der Bunthaarige arroganter als jeder Snob, den Duke bisher in seinem Leben getroffen hatte.

„YAMI!“

„Ist doch so“, er zuckte mit den Schultern. „Mir ist es ja egal, mit wem du vögelst, aber ich sehe es als meine freundschaftliche Pflicht an, dir zu sagen, dass du dich strafbar machst. Servier ihn bloß nett ab, sonst kommt er noch aus Rache auf die Idee, dich zu verpfeifen und dann kannst du dir aber einen verdammt guten Anwalt suchen. Nebenbei, ich kenn da einen guten, hab ihn mal vor längerer Zeit getroffen und ich sage dir, der ist nicht nur im Gerichtssaal der absolute Bringer.“
 

Als Duke das hörte, konnte er nicht anders als lauthals loszulachen. Einerseits weil er erst jetzt kapierte, weshalb Yami diesen ganzen Zirkus hier veranstaltete, andererseits weil er den Fehler gemacht hatte, sich zu Joey umzudrehen. Dem Jungen war buchstäblich die Kinnlade auf den Fußboden gekracht und in seinen Augen stand ein Ausdruck, der nicht anders gewesen wäre, wenn sich Duke gerade als Satansekten-Kultpriester herausgestellt hätte.

„Ich wüsste nicht, was es da zu lachen gibt. Aber es ist ja deine Sache. Ich für meinen Teil finde schwedische Gardinen unschön, und ich meine damit keine Ikea-Gardinen.“

„Du denkst, ich hab mit ihm geschlafen?“, brachte der Schwarzhaarige mühsam unter lautem nach Luft japsen hervor.

„Hast du?“

„Nein, habe ich nicht. Hättest du mich aussprechen lassen, hätte ich dir gesagt, dass er mein Neffe ist.“ Man konnte die Rädchen unter Yamis Stachelfrisur arbeiten hören und als ihm bewusst wurde, in welches Fettnäpfchen er da gerade reingetappt war, legte sich eine zarte Röte über seine Wangen. Erst als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte und Dukes Lachen abgeebnet war, griff er in seine Hosentasche, zog seinen PDA hervor, auf dem er direkt etwas eintippte. Ohne aufzuschauen, murmelte er dann gleichgültig: „Na, da hast du aber noch einmal Glück gehabt!“ Bei allen Versuchen, teilnahmslos zu klingen, wusste Duke dennoch genau, dass es bloß Yamis Art war, Momente zu überspielen, in denen er keine Ahnung mehr hatte, was er sagen sollte. Er kannte den Bunthaarigen eben schon lange genug.
 

Also ließ er Yami Yami sein und seine Termine durchgehen, bis er wieder die Sprache gefunden hatte, das war in solchen Fällen die beste Lösung. Lächeln und abwarten.

Stattdessen wandte er sich zu Joey, der ein paar Schritte zur Seite wich und dabei mit der Kinnlade den Boden hätte wienern können.

Stimmte ja, der Blonde wusste ja gar nichts von dem Lebensstil seines Onkels. Woher auch, Duke hatte es seiner Schwester nie erzählt. Wäre aber vielleicht im Nachhinein besser gewesen, denn dann hätte sie bestimmt nicht ausgerechnet IHN als Vormund für Notfälle bestimmt, wie er sie einschätzte.

„Du bist … schwul?“, fragte der Blonde, der plötzlich wieder fähig schien, Worte zu formen und versuchte so cool und lässig wie nur irgend möglich zu wirken, wie man es in seinem Alter eben tat. Allerdings hatte er noch eine Menge zu lernen, dachte der Schwarzhaarige in diesem Moment bei sich, denn die Verunsicherung war dem Jüngeren in jedem Gesichtsmuskeln abzulesen, so deutlich wie die oberste Reihe beim Sehtest, wenn man seine eventuelle Brille anbehalten durfte.
 

„Der Kandidat hat den Jackpot geknackt!“, lautete Dukes Art „ja“ zu sagen. Immerhin hatte Yamis „Ich-mach-einfach-mal-Drama“-Auftritt ein Gutes gehabt, er konnte sich jetzt jegliche Erklärung sparen, der Bunthaarige hatte ja schon zur Genüge mit dem kompletten Zaun gewunken.

„Du bist wirklich ne Schwuchtel?“ Die braunen Augen weiteten sich mit einer Mischung aus Schock und Überraschung. Man konnte dem Blonden allerdings ebenfalls ansehen, dass er anscheinend schneller geredet als gedacht hatte, wenn man seine Wortwahl bedachte. Aber da war er selber schuld, da musste er jetzt durch.

„Immer gewesen!“ Kühl lehnte dich der Schwarzhaarige gegen den Türrahmen seiner Haustür, öffnete diese leicht und machte eine Bewegung, die von einem britischen Butler der Queen nicht emotionsloser und präziser hätte ausgeführt werden können.
 

„Hier ist die Tür!“, doch als sich Joey nicht vom Fleck rührte, setzte er diabolisch und unberechenbar grinsend hinterher: „Na hopp, schwing seinen kleinen, unschuldigen Arsch hier raus oder ich überleg mir das mit der Belästigung noch mal!“

„Das würdest du nicht …?“ Mittlerweile stand der Kleinere mit dem Rücken zur anderen Wand und sah hektisch zwischen dem immer noch mit kleinster Technik beschäftigtem Yami und dem näher kommenden Duke hin und her, der die Tür hinter sich mit dem Fuß zugestoßen hatte.

„Wer weiß. Ich bin doch eine Schwuchtel. Vollkommen unberechenbar!“ Dukes Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von Joeys entfernt und er konnte ganz deutlich in dessen Augen sehen, dass er wohl wirklich ernsthafte Panik bekam. Vor Anspannung begann seine Stirn zu zittern und feine Schweißperlen bildeten sich.

„BUH!“ Bevor seine Lippen Joeys Ohren berührten, pustete er ihm eine Ladung Luft mit diesem dunklen Erschreck-Laut ins Ohr und konnte sich vor Lachen nicht mehr halten.
 

Joey, eben noch der kleine, aufmüpfige Teenager, hatte gerade einen grellen, spitzen Schrei des Erschreckens von sich gegeben, wohl wirklich ernsthaft damit rechnend, dass ihm Duke an die Wäsche rücken wollte.
 

„Ich habe eben eine Regel vergessen. Der einzige, der in diesen vier Wänden das Wort ‚Schwuchtel’ in den Mund nehmen darf, bin ich!“ Duke grinste breit, um wirklich sauer zu sein, hatte es ihn viel zu sehr amüsiert, dass Joey wie eine Gummiente gequietscht hatte.

„Wenn du die Nacht überleben willst und auch gerne morgen früh was zu essen haben willst, dann gebe ich dir einen guten Rat. Misch dich nicht in mein Leben ein, ich tu es ja auch nur, weil mir das nette Jugendamt gesagt hat, ich muss!“ Mit einer indianischen „Ich-Habe-Gesprochen-Miene“, schenkte er Joey einen letzten Blick, bevor er sich provozierend zwischen Yamis Gesicht und dessen elektronisches Spielzeug schob, um den Bunthaarigen wieder auf sich aufmerksam zu machen.

„Was? ... Duke!“, schreckte dieser auf, gedanklich aus seinem Terminkalender zurück in die Wirklichkeit geholt.

„Du darfst gerne wieder mit mir reden.“

„Ich darf wieder reden? Du bist wohl eher an der Reihe, mir einiges zu erklären!“, schnaubte Yami plötzlich ein klein wenig eingeschnappt – heute hatte er eindeutig zu viel Dramakekse gefrühstückt – und legte endlich, endlich seinen PDA beiseite, bloß um erst Joey und dann Duke einen fragenden Blick zuzuwerfen.
 

„Kleiner, du benimmst dich. Schau meinetwegen Fernsehen oder mach sonst etwas, solange du bloß meine Einrichtung heile und sauber lässt!“, bestimmte Duke großspurig und schnappte sich Yamis Arm, um diesen zusammen mit ihm ins Badezimmer zu ziehen. Es war ihm egal, wie merkwürdig das jetzt auch wirken mochte, aber da er in einem Apartment wohnte, war leider das Badezimmer der einzige abgetrennte Raum mit einer Tür, die auch wirklich schalldämpfend war. Alle Nachrufe seitens Joey, dass er weder klein war – immerhin war er wirklich fast auf gleicher Höhe wie Duke selber – noch dass man ihm Anweisungen geben musste, dass Möbel nicht zum Zerstören da waren, überhörte er grinsend.
 

+ + + + + +
 

Das war Kapitel eins!

Ich hoffe es haut euch ein bisschen gefallen. Kommentare sind elaubt *lach*
 

Wenn ihr wissen wollt wie weit ich mit dem Schreiben bin, schaut in meinem Stecki nach...ich hoffe ihr müsst nicht allzu lange auf Neues warten^^
 

LG eure trinithy

It's all about Sex

Hier ein neues, hoffentlich nicht weniger lustiges Kapitel zu dieser FF^^
 

Viel Spaß allen^^
 

+ + + + + + + + + +
 

Kapitel 2 – It’s all about Sex
 

„So, dann will ich jetzt wissen, was hier los ist. Seit wann hast du einen Neffen, was macht der hier, wieso scheint er dich kaum zu kennen?“ Yamis Stimme gewann immer mehr an Tempo, als er seiner Neugier Raum verschaffte.

„Er ist seit sechzehn Jahren schon meine Neffe“, fing der Schwarzhaarige mit seinen Erklärungen an, und stützte sich am Rand seiner Badewanne ab, während sein Gesprächspartner sich auf dem runter geklappten Toilettendeckel niederließ. Was für eine Atmosphäre für eine Unterhaltung, wenn man bedachte, dass der Schwarzhaarige vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden in eben diesem Badezimmer, genauer gesagt unter der Dusche, mit einem gewissen Braunhaarigen heißen, hemmungslosen Sex gehabt hatte. Da war es nicht gerade besonders leicht, die ganzen eindrucksvollen Bilder zu ignorieren, die vor seinem geistigen Auge aufflammten.
 

„Wirklich?“ Yamis Stimme trug einen Hauch von Sarkasmus mit, als der Bunthaarige seine Amethyste auf Duke fokussierte. „Ich wusste ja nicht einmal, dass du einen Bruder oder eine Schwester hast.

„Ich hatte eine Schwester. Aber mehr als Blutsverwandtschaft war das nicht. Ich hab seit Ewigkeiten nicht mit ihr geredet.“

„Gut, und was macht dann dieser blonde Giftzwerg hier?“ Yamis Blick strotze geradezu von Unverständnis.

„Sie und ihr Mann sind bei einem Unfall ums Leben gekommen und anscheinend war ich in ihrem Testament erwähnt, sodass jetzt die Fürsorge dieses Giftzwerges auf mich übertragen wurde. Jegliche Beileidsbekundungen bezüglich des Todes meiner Schwester kannst du dir sparen, es berührt mich nicht im Geringsten. Ich habe sie nie sonderlich gemocht und nachdem sie einige Jahre vor mir bereits ausgezogen war, hatte ich ohnehin so gut wie keinen Kontakt mehr zu ihr.“

Jetzt weiteten sich die Augen des Fotografen gekennzeichnet von Erkenntnis und er nickte mit einem monotonen „Aha“, anscheinend musste er das jetzt erst einmal sacken lassen und den Rest in seinem Hirn kombinieren, denn nach ein paar Sekunden Einwirkzeit holte er plötzlich tief Luft. „Also … bleibt dieser Zwerg jetzt bei dir?“
 

„Vorerst ja. Das Jugendamt hat ihn eben netterweise hier abgeliefert!“ Duke seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust, als ihm die erschreckende Ähnlichkeit von Yamis derzeitiger Pose und der Haltung, die Tristan genau dort eingenommen hatte, allerdings nackt, auffiel.

„Was willst du jetzt tun?“

„Keine Ahnung. Erst einmal abwarten und diesen Sozialamt-Eisberg davon überzeugen, dass ich denkbar schlecht geeignet bin als Vormund für irgendwen.“

Ein Lachen erschallte und echote an den Wandfliesen wider. „Stimmt. Bei dir würde selbst ein Kaktus verdursten, wenn du keinen hättest, der dich daran erinnert, dass Pflanzen ab und zu gerne ein Schlückchen Wasser hätten.“ Yami hatte sich wieder ein wenig beruhigt, grinste aber immer noch breit bei seinen Ausführungen. „Wie soll das dann erst aussehen, wenn man dir das Sorgerecht für ein menschliches Wesen überlässt?“ Er zwinkerte als Abmilderung seiner Vorwürfe, meinte aber im Grunde jedes Wort, wie er es gesagt hatte.
 

„Genau das versuche ich Joey und diesem Kaiba klarzumachen und dann werden die schon einsehen, dass man mich von der Liste streichen sollte.“

„Benimm dich einfach so wie immer. Bleib nachts lange weg, schlepp tausend Typen ab und leg sie am besten direkt hinter der Haustür laut stöhnend flach“, stichelte der Bunthaarige lachend seinen Freund. Doch neben Kritik und liebevollem Spott hörte man ein kleines bisschen Eifersucht heraus. Es war kein großes Geheimnis, dass der Bunthaarige, der nicht allzu viel von One-Night-Stands hielt und dessen letzte Beziehung zu einem seiner Model schon länger beendet war, schlichtweg einfach mal wieder ein bisschen männliche und vor allem nächtliche Gesellschaft brauchte. Aber Duke würde einen Teufel tun und Yami darauf ansprechen. Mischte man sich in sein Liebesleben ein, wurde der nicht gerade große Bunthaarige zum Tasmanischen Teufel.

„Wenn’s sein muss, tu ich das sogar!“ Duke löste sich von seinem Anlehnplatz und machte einen Schritt vorwärts, womit er jetzt direkt neben seinem sitzenden Gesprächpartner stand. „Wenn alle Stricke reißen, nehme ich halt dich“, er beugte sich diabolisch grinsend nach vorne und hauchte seinem Freund jetzt nur noch ins Ohr. „Gib es zu, du wolltest bestimmt auch immer schon mal deine exhibitionistische Ader ausleben!“ Bei diesen Worten strich er sanft Yamis Hals entlang und musste ein Lachen unterdrücken, wusste er doch zu genau, welche Reaktion er damit hervorrufen würde.
 

Und wahrlich, seine hellseherischen Fähigkeiten ließen ihn nicht im Stich, denn er hatte sich keine Sekunde zu früh wieder außer Reichweite gebracht, da sauste auch schon Yamis Hand an eben dieser Stelle durch die Luft, wo eben noch sein Kopf gewesen war.

„Hör auf damit!“, keifte der Bunthaarige und drehte sich demonstrativ schmollend weg. Wie ein kleines Kind, schoss es Duke durch den Kopf. Bei all seiner Selbstsicherheit, seiner Exzentrik und seinem Sexappeal war Yami doch manchmal nichts weiter als ein Schmoll- und Sturkopf.

Allerdings musste der Schwarzhaarige zugeben, dass er die Reaktion schon verstand, wenn man wusste, worauf sein Kommentar abzielte und Yami hatte ihn ohne Zweifel verstanden.

War es doch Duke gewesen, der seinen besten Freund mitten beim Sex in seinem Atelier gestört hatte. Er selber hatte das Ganze eher lustig als peinlich gefunden, war es ja nun nicht so, als ob er Yami noch nie nackt gesehen hätte, geschweige denn nie zwei Kerle beim Sex, aber dem Bunthaarigen war die stumme Bitte nach einem Loch im Boden, in das er versinken konnte, geradezu überdeutlich anzusehen gewesen. Es stellte eben doch nicht jeder sein Sexleben so gern zur Schau, wie es Duke bisweilen aus rein angeberischen Gründen gerne tat.
 

„Lass mich noch einmal zusammenfassen“, wechselte der Bunthaarige allerdings schnell das Thema, nachdem er seines Erachtens zur Genüge sein Missfallen mit seinem Gesichtsausdruck gezeigt hatte. „Du musst also die nächsten Tage nach diesem Jungen richten und zum ersten Mal in deinem Leben einen kleinen Hauch Verantwortung übernehmen?“

„So sieht’s wohl aus. Aber was heißt hier zum ersten Mal in meinem Leben. Ich hab eine eigene Firma, wenn das nicht Verantwortung ist“, beschwerte sich der Schwarzhaarige lauthals.

„Du hast genau drei fest Angestellte, die du wechselst wie andere Unterwäsche. Deine Kunden zahlen auf Vorkasse und wenn etwas schief geht, bist du fein aus dem Schneider. Mal ganz davon abgesehen, dass du ja ohnehin immer gute Ideen hast und noch dazu den besten Fotografen in ganz Domino engagiert hast, um deine Werbung umzusetzen. Da strebt die Verantwortung, die du trägst, so gut wie gegen null. Und widersprich mir jetzt bloß nicht!“ Yami sah seinem besten Freund fest in die Augen und strotzte geradezu vor Selbstlob, denn mit dem besten Fotografen Dominos hatte er niemand anderen als sich selber gemeint. Er war sozusagen Firmenknipser von Dukes Werbeagentur und bisher hatte sich noch nie jemand über seine kreativen Schaffensprozesse und deren Ergebnisse beschwert, was ja wohl heißen musste, dass sie erstklassig waren.
 

„Okay. Habe ich eine Chance gegen deine unumstößliche Beweisführung?“, witzelte der Schwarzhaarige und sein Blick glitt neben sich auf die Kacheln an der Wand, die sich auch in der Duschkabine fortsetzten. Ein entscheidender Fehler, denn sogleich flammten wieder Bilder von Tristan vor seinem geistigen Auge auf. Wie der Braunhaarige, nass von dem warmen Duschwasser und seinem Schweiß, verzweifelt versucht hatte, mit den Händen Halt an der Wand zu finden, und hemmungslos laut gestöhnt hatte, als sich Duke einer besonders empfindlichen Stelle gewidmet hatte. Ja, allein bei den Gedanken daran hätte er nicht übel Lust, das Ganze so schnell wie möglich zu wiederholen.

Eine Tatsache, die ihm offenbar an seinem verträumt-erregten Blick anzusehen war, denn ein genervter Seufzer von Yami brachte ihn wieder zurück in die Gegenwart.

„Mit wem hattest du jetzt schon wieder Sex hier?“ In der Frage schwang Routine mit, als wäre es nichts ungewöhnliches, Duke bei Erinnerungen an eine heiße Liebesnacht an solchen Orten zu erwischen. Der Bunthaarige kannte ihn einfach schon zu lange und zu gut, als dass es sich gelohnt hätte, jetzt noch etwas zu leugnen, das sah auch Duke wohl oder übel ein und setzte zu einer Erläuterung an.
 

„Tristan … Taylor!“

„Der Sportlehrer?“

„Genau. Tausendmeterlauf macht sich in der Ausdauer bemerkbar. Der kann ewig …“, wollte der Schwarzhaarige schon anfangen ein klein bisschen zu schwärmen, um Yami ein wenig die Nase verbal in die Länge zu ziehen, doch da wurde er rüde mit einer schneidenden Handbewegung unterbrochen.

„Erspar mir jegliche Einzelheiten, ich will es wirklich nicht wissen.“ Oh ho, da saß aber bei jemandem der Sexfrust doch tiefer, als dieser Jemand zugeben wollte.

„Was mich nur interessieren würde“, setzte Yami wieder mit einem neugierigen Funkeln in den Augen an, „seit wann vergnügst du dich denn mehr als ein oder zweimal mit ein und demselben? Wenn ich richtig verfolgt habe, hast du diesen Tristan jetzt schon seit über vier Wochen immer wieder und so gar keinen anderen. Was ist los mit dir, Duke? Wirst du alt, findet sich keiner mehr oder ist er einfach bloß so unverschämt gut im Bett?“ Mit einem stichelnden Grinsen auf den Lippen hatte er sich nach vorne gelehnt und starre in ein Paar grüne Augen.
 

Ausgerechnet mit dieser Frage hatte ihn der Bunthaarige kalt erwischt. Eigentlich war er ja kein Typ für Beziehungen. Sicherlich, diese Sache mit Tristan war meilenweit von einer Beziehung entfernt, doch eigentlich war es auch nicht seine Art, sich öfter als ein paar Mal mit dem gleichen Mann zu treffen, egal wie gut er doch in Sachen Sex sein mochte, oder wie heiß er aussah. So galten seine Prinzipien.

Und doch zog ihn vieles in letzter Zeit immer wieder zu einem Schopf kurzer brauner Haare, feiner Muskeln und einem Paar brauner Augen.

„Ach, das ist nichts!“ hob er abwehrend die Hand und lachte gekünstelt. „Das ist auf reiner körperlicher Basis, mehr nicht. Hatte in letzter Zeit einfach viel um die Ohren mit der Agentur, da hatte ich eben einfach keine Ruhe, mich nach jemand Neuem umzusehen.“ Dass dies selbst nicht die ganze Wahrheit war, er aber keinerlei Ahnung hatte, wie denn die Wahrheit nun lautete, verschwieg er lieber.

„Ein Duke Devlin, der keine Zeit findet, um auf Frischfleisch-Suche zu gehen? Wo gibt es denn das? Oder ist unser lieber Duke etwa ein klein wenig verlieeeebt?“, quietschte Yami wie ein pubertierendes Boyband Fan-Girl, das gerade kurz vor einer durch Reizüberflutung hervorgerufenen Ohmacht stand. Wusste er doch, dass der Schwarzhaarige allergisch auf alles derart Kindische reagierte.
 

„Sei nicht albern!“, brummte Duke mit genervtem Unterton und wollte gerade zu einer weiteren Parade ansetzen, da klopfte es ziemlich plump gegen die Badezimmertür und hinter dem schwerem Holz – das einzige, was in dieser Wohnung wirklich Schall isolierend wirkte – drang dumpf die junge Stimme eines gewissen blonden Teenagers hervor.

„Ich muss mal!“

Fast wären die beiden Männer im Innern des Bads in schallendes Gelächter ausgebrochen, doch es blieb bei einem überdimensional großen Grinsen, mit dem man ein ganzes Fußballstadion hätte beleuchten können.

Ein Schlüssel drehte sich, die Tür wurde geöffnet, dann kamen sie, der Schwarzhaarige voran, heraus und gaben somit die Toilette wieder zu ihrer eigentlichen Bestimmung frei.

„Man könnte fast meinen, du wärst erst fünf. Kleinkinder, die müssen immer dann, wenn es denkbar ungünstig ist!“ Er strubbelte Joey, ungeachtet dessen Grummelns, durch die Haare und lachte leise, als mit tendierender Lichtgeschwindigkeit die Tür hinter ihm wieder zufiel.
 

„Was wirst du jetzt den Rest des Tages machen?“, fragte Yami, nachdem er sich wieder etwas von seinem Grinsanfall erholt hatte, und trottete hinter Duke her, der jetzt direkt auf seinen Kleiderschrank zulief und in dem speziell und edel gestalteten Möbelstück nach einer schwarzen Jeans und einem frischen Hemd kramte.

So ordentlich Dukes Wohnung auch auf den ersten Blick scheinen mochte – dem wöchentlichen Besuch einer Putzfrau sei Dank – so chaotisch waren seine Schränke und Schubladen teilweise von innen. Solange er immer noch fand, was er suchte, sah der Schwarzhaarige keinerlei Grund, etwas mehr Ordnung zu schaffen.

„Ich habe keine Zeit, den Babysitter zu spielen, ich hab gleich noch eine Verabredung mit einem Kunden. Da geh ich auch auf jeden Fall hin.“ Ohne einen Hauch von Scheu zog Duke das Shirt über den Kopf und entledigte sich seiner Sporthose, bis er nur noch in Unterhose vor seinem besten Freund stand und sich erst dann daran machte, sich das magentafarbene Hemd über die Schultern zu streifen und es zuzuknöpfen.

Der Bunthaarige war diese, seiner Meinung nach etwas zu freizügige Art bereits gewöhnt und zeigte daher keinerlei Gesichtsregung, als sich Duke endlich in die Hose zwängte.

„Und was ist mit Joey, oder wie auch immer er heißt?“ Fast im selben Moment, da er die letzte Silbe artikuliert hatte, bereute Yami seine Frage zutiefst. Wieso hatte er noch gleich fragen müssen, obwohl es ihm doch total egal sein konnte, wie der Schwarzhaarige seine Zeit einteilte. Aber nein, er hatte ja fragen müssen und sich damit ja schon fast als Antwort angeboten.
 

„Nimmst du ihn mit ins Atelier? Da kann er zugucken und gibt hoffentlich Ruhe.“ Plötzlich äußerst in Eile, nach einem flüchtigen Blick auf die teure, silbern glänzende Armbanduhr, lief Duke Richtung Haustür, wo er seine Schuhe aufbewahrte und schlüpfte schnell in ein Paar ebenfalls schwarze modische Turnschuhe, die einen kleinen Kontrast zu seinem eher vornehm wirkendem Hemd bildeten.

Eigentlich hatte der Schwarzhaarige keinen wirklichen Termin mit einem Kunden. Gut, der Mann, mit dem er für ein Mittagsessen in einem kleinen Restaurant verabredet war, war zwar einer seiner derzeitigen Geldgeber, aber er traf sich eher aus rein privaten Interessen mit ihm.

Bei einer derartigen Verabredung konnte er nun wirklich keinen nervenden Teenager gebrauchen.

„Oh nein, vergiss das ganz schnell! Ich dachte, du hättest heute frei?“ Yami versuchte vergebens, sich zwischen Duke und die Eingangstür zu quetschen, denn der Schwarzhaarige ging noch einmal zurück, um Autoschlüssel und Papiere zu holen, dann mogelte er sich galant an dem Bunthaarigen vorbei und rief aus dem Treppenhaus zurück „Mir kam etwas wichtiges dazwischen. Danke, Yami, du bist der Beste!“

„Duke! Komm sofort …!“, doch dann war bereits die Tür wieder ins Schloss gefallen und ein ärgerlicher Yami blieb in der Wohnung zurück.
 

Na toll. Duke hatte seine übliche Hektik an den Tag gelegt, wie immer, wenn er etwas von dem Fotografen wollte, und genau wusste, dass dieser ablehnen würde. Und jedes Mal war Yami zu langsam und ihm blieb nichts anderes übrig, als den Wünschen und Bitten nachzukommen.

Gut, er hätte jetzt ebenfalls gehen können, dann wäre dieser blonde Bengel alleine in der Wohnung. Alt genug dafür war er ja allemal, doch er brachte es nicht fertig, aus Angst, Duke könnte ihm den Kopf abreißen, weil sein Mobiliar auch nur einen Kratzer abbekam.

So würde er wohl oder übel Babysitter spielen müssen für einen Teenager mit anscheinend leichter Aversion gegen Männer – wie Duke –, die sich gerne mit Männern vergnügten und darüber auch noch gerne redeten. Welch wundervolle Aussichten.
 

~*~
 

Es war ein Tag wie jeder andere für den Braunhaarigen, das einzige, was von der Norm abwich, waren die zwei Stunden freie Zeit am Vormittag, die er außerplanmäßig hatte. Tristan Taylor war Sportlehrer an der staatlichen Realschule von Domino, doch die Klasse, die er jetzt eigentlich unter Schweißperlen der Anstrengung durchs Zirkeltraining scheuchen sollte, war derzeit auf Klassenfahrt, also hatte er jetzt etwas Zeit zu seiner freien Verfügung, da er nirgendwo als Vertretung eingetragen worden war.

In legerer Kleidung – als Sportlehrer musste er sich da nicht an den strengen Kleiderkodex der Schule halten – schlenderte er in ein nahe gelegenes Bistro. Es war zwar von der Karte her schon eher ein Restaurant, aber die Aufmachung und die Schnelle des Service erinnerten doch eher an ein Bistro.
 

Immer wenn er Zeit hatte und dies vorher schon wusste, nahm sich der Braunhaarige nicht wie sonst seine Kollegen ein selbst geschmiertes Brötchen Marke labbrig mit oder gab viel Geld für nicht wesentlich Besseres in der Schulcafeteria aus, sondern dann kam er hierher.

Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen, wie eigentlich immer, drückte der Braunhaarige die Glastür auf und trat in das loungeähnliches Ambiente ein, empfangen vom Duft von frischem Kaffee und sonstigem, was die Menschen zur frühen Mittagszeit so verzehrten.

Es war in dem Moment, da er sich auf einem der großen, bequemen Ledersessel in einer Ecke des Bistros niederließ, da sein Blick auf einem jungen, schwarzhaarigen Mann hängen blieb, der nur wenige Tische entfernt saß.
 

Fast hätte Tristan das höfliche Fragen nach seiner Bestellung überhört und am liebsten auch durch die blonde, schlanke Frau, bewaffnet mit Schreibblock und Kugelschreiber, hindurch gesehen. Nur verfügte er leider nicht über einen Röntgenblick und so war er gezwungen, seine Aufmerksamkeit für einige Sekunden den Worten „Tee und Toast“ zu schenken, bis sich der laufende Meter auf Stöckelschuhen wieder aus seinem Blickfeld bewegt hatte.

Jetzt, wo er ein zweites, genaueres Mal hinsehen konnte, bestätigte sich sein Verdacht. Bei dem Schwarzhaarigen, der dort so ausgelassen lachte und mit dem Mann ihm gegenüber unübersehbar flirtete, handelte es sich um niemand anderen als Duke.
 

Tristan spürte, wie seine gute Laune von hundert auf null in weniger als einer Sekunde fiel und auch seine Mundwinkel eher der Schwerkraft folgten als ihr zu trotzen.

Duke lachte und zwinkerte, warf eindeutige Blicke und auch seine Körpersprache war selbst auf die Entfernung hin noch sehr eindeutig erkennbar. Man musste kein Experte im Deuten von Gestik und Mimik sein, um zu erkennen, welche Absichten der Schwarzhaarige wohl verfolgte und was sein Ziel war. Sein Ziel war es ohne jeden Zweifel, den anderen Mann noch in den nächsten zwölf Stunden in ein Bett zu zerren und sein ganzes Können in nicht jugendfreien Aktivitäten unter Beweis zu stellen.
 

Eigentlich hätte es dem Braunhaarigen ja egal sein können, welche Absichten andere Leute in diesem Restaurant verfolgten, doch erstens war Duke nicht unbedingt „andere Leute“ und zweitens war er noch dazu so etwas wie sein Freund, Partner, wie auch immer.

Zumindest bildete sich Tristan das gerne so lange ein, bis er wieder brutal daran erinnert wurde, dass es eigentlich mehr eine Beziehung auf rein sexueller Basis war.

Ohne Verpflichtungen, ohne Bindungen, bloß zwangloser, hemmungsloser und wirklich guter Sex, wann immer man ihn wollte oder dazu gekonnt überredet wurde.

Es war aus einem One-Night-Stand heraus entstanden und wohl einfach aus der Tatsache raus, dass sie beide es schätzten, nicht unbedingt immer wen suchen zu müssen, wenn sie die akute Lust überkam, denn Tristan war eigentlich generell nicht so für schnellen Sex mit wechselnden Partnern zu haben, das mit Duke war wirklich mehr ein Zufall gewesen.
 

Es gab keinerlei Verpflichtungen, rief sich der Braunhaarige immer wieder ins Gedächtnis, doch aus unerklärlichen Gründen machte es ihn wütender, als er gedacht hatte, Duke hier mit einem neuen, einmaligen Sexpartner in Spe zu sehen. Wie der Schwarzhaarige hier fast schamlos eindeutige Andeutungen machte.

Bemerkten das die anderen Leute hier eigentlich auch, oder konnte nur er das in dieser Form sehen, weil er langsam aber sicher gelernt hatte, die stumme Sprache des anderen zu deuten?

Wie dem auch sei, es passte ihm gänzlich nicht in den Kram!

Ja, er war vielleicht ein klein wenig eifersüchtig, nur ein klein wenig!
 

„Scheiße!“, entwich ihm ein ziemlich lauter Fluch, als eine frische Tasse Tee vor ihm abgestellt wurde, und er direkt einen Schluck des natürlich noch fast kochend heißen Getränks zu sich nehmen wollte.

Gut, vielleicht war er auch ein bisschen eifersüchtiger, als er sich eingestehen wollte, und im Zusammenhang mit seiner verbrühten Zunge konnte man den Tag jetzt endgültig nicht mehr retten.

Was anscheinend nicht bedeutete, dass es nicht noch schlimmer werden konnte, denn durch sein lautes Fluchen hatte er nicht nur der Kellnerin einen Schreck eingejagt, sondern auch die Aufmerksamkeit eines gewissen Schwarzhaarigen auf sich gezogen, der ihn jetzt mit überraschten, grünen Augen anstarrte.
 

„Ach, hallo Duke! Du hier, was eine schöne Überraschung!“, zwang er sich mit zugekniffenen Zähnen eine zumindest nett klingende, aber keinesfalls nett gemeinte Begrüßung ab.

„Schade, ich hätte ja gerne länger mit dir gequatscht, doch ich muss schon wieder los!“ Damit erhob sich der Braunhaarige hastiger als beabsichtigt und sein unplanmäßiger Abgang wirkte nicht zuletzt wegen der noch vollen Teetasse wie eine Flucht.

Dass er Duke weder hatte zu Wort kommen lassen, noch dass er etwas wirklich Sinnvolles gesagt, störte Tristan in diesem Moment mit am wenigsten.

Was ihn störte, war das Gefühl von Eifersucht in sich drin, obwohl es denkbar unangebracht war. Dieser Typ in dem feinen Anzug, der so lüstern auf seinen Duke geglotzt hatte, dass ihm fast die Augen aus dem Kopf gefallen waren und Dukes verführerisches Lächeln, das alles störte ihn wie eine Wohnung mit zugemauerten Fenstern.
 

+ + + + + +
 

Das war es schon wieder...

ich versuche beständig weiter zu tippen, derzeit an Kapitel 5
 

LG trinithy

Sex sells

Kapitel 3- Sex sells
 

„Hast du eigentlich keine Schule?“, versuchte Yami die Stille in seinem Wagen zu unterbrechen, als er mit Joey auf dem Beifahrersitz in Richtung seines Fotostudios und Ateliers brauste. Die einfache Tatsache, dass der Bunthaarige, wohl anders als von Joey erwartet, keinen netten, kleinen, möglichst knallbunten Singlewagen fuhr, sondern den blonden Teenager gerade in einem nachtschwarzen Sportcoupe durch die Gegend kutschierte, hatte Joey wohl aus der Bahn geworfen.

Yami hatte eben neben seiner Schwäche für schöne Männer und ästhetische Kunst eben auch noch eine Schwäche für schnelle Autos und hohe PS Zahlen, egal ob er diese nun voll ausfahren konnte oder nicht. Umso mehr so ein Wagen unter der Haube hatte, umso glücklicher war der Bunthaarige, ihn fahren zu können.
 

„Ich bin für den Rest dieser Woche freigestellt, da ich ohnehin die Schule wechseln müsste, wenn ich hier bleibe“, erklärte der Blonde und fügte dann etwas leiser, aber mit einem gut verständlichen, sarkastischen Unterton hinzu: „Außerdem meinen die, meine psychische Belastung sei ohnehin schon hoch genug.“

Er verkreuzte die Arme vor der Brust als Zeichen dafür, dass er keinerlei Interesse an weiteren Nachfragen hatte und so schenkte Yami wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit der Straße vor sich, als er an der nächsten Kreuzung rechts abbog.

„Wenn die wüssten, in was für eine Gegend ich dich jetzt mitnehme“, murmelte er vor sich hin. Jede Erklärung, was er wohl gemeint haben könnte, erübrigte sich von alleine, denn schon fuhren sie gewissermaßen eine Allee entlang, doch anstelle von Bäumen säumten alle paar Meter leicht bekleidete Damen jeder Altergruppe und auch einige, in nicht wesentlich mehr Stoff gehüllte, junge Männer den Rand der Straße.
 

„Ist das …?“ Joey machte große Augen und sah gleichermaßen entsetzt wie verwundert aus. Was um alles in der Welt machten sie bitteschön in so einem Teil der Stadt?

„Ja, das ist der Straßenstrich. Ich glaub, die Polizei hat es aufgegeben, hier tagsüber zu patrouillieren, sie kommen eh nicht dagegen an.“ Mit einer schockierenden Gelassenheit erzählte Yami in einem Tonfall, in dem man übers Wetter reden konnte, aber doch nicht darüber.

„Warum sind wir hier?“ Man konnte deutlich raushören, dass der Blonde geringfügig an den aufrichtigen Absichten des Fotografen zweifelte, besonders da dieser nicht wie innerlich erhofft einfach die Straße weiterfuhr, sondern mit einer kleinen Fernbedienung ein Garagentor öffnete und mit seinem Wagen geradewegs in diesen hübschen Betonplattenbau rein fuhr.

„Ich hab das Haus hier gemietet für ein paar Fotosets. Die Räume hier drin sind riesig und die Miete ist weniger als ich für eine fünfmal kleinere Wohnung in einem besseren Viertel ausgeben würde.“

Er stellte den Wagen ab, und stieg aus. Das Licht hatte sich mittlerweile durch einen Bewegungsmelder von alleine angeschaltet und die Garagentür fuhr langsam von einem leise ratternden Motor angetrieben wieder runter.

„Es zwingt dich ja keiner aus dem Fenster zu gucken, und von innen ist dieses Haus so gut wie jedes andere. Nur eben billiger!“
 

Es war nicht so, als hätte der Bunthaarige nicht auch ein kleines Ladenlokal in Dominos bester Einkaufsstraße gemietet, wo er die ganzen netten Familienfotos der ganzen Reichen und Möchtegernreichen machte, doch bei den Preisen, die dort verlangt wurden, war mehr als ein mickriges Studio nicht drin, schließlich wollte Yami ja auch noch an seiner Arbeit verdienen, und das tat er nicht zu knapp, dank seiner hohen Toleranzgrenze, was die Art seiner Umgebung anging.
 

„Willst du Wurzeln hier schlagen oder kommst du mit?“, brummte Yami am anderen Ende der Garage. Dort stand er an einer unscheinbaren, aber mittlerweile geöffneten Tür, die direkt ins Erdgeschoss des Hauses führte.

„Hm!“, knurrte der Blonde noch weniger begeistert als Antwort. Er hatte ja schon keinen Bock darauf gehabt, zu einem fremden Onkel in diese Stadt zu ziehen, aber jetzt auch noch bei diesem Exzentriker von Fotograf bleiben zu müssen, überschritt deutlich die Grenze dessen, was er bereit war, heute noch zu ertragen, was sich auch in seinem Tonfall sowie seiner Mimik niederschlug.

Sobald sie aus der Garage raus waren, standen sie in einem Hausflur, der jeglicher Wohnlichkeit entsagte. Die Wände waren in kahler und kalter, nicht richtig verputzter Betonoptik, an der Decke hing eine lose Glühbirne als einzige Lichtquelle, und überhaupt wirkte alles so, wie es bereits von außen ausgesehen hatte. Heruntergekommen, modrig und überhaupt nicht einladend.
 

„Kommt hier überhaupt jemand freiwillig hin?“, erkundigte sich Joey stänkernd und trottete aber brav hinter Yami her wie ein Küken hinter seiner Entenmama, während sein Blick an einem riesigen Schimmelfleck an einer Wand klebte.

Aber anstatt zu antworten, schlug der Bunthaarige bloß die Tür vor sich, am Ende des Flurs auf und der Blonde konnte seinen Augen nicht trauen.

Hier war nichts mehr von Moder und Dreck zu sehen. Das Zimmer war riesig und einige Merkmale an der Decke sowie ein paar Säulen, die mitunter mitten im Raum standen, verrieten, dass der Bunthaarige hier wohl sämtliche Wände hatte rausreißen lassen, bis eben auf jene Säulen, die unbedingt sein mussten, um die Statiker der Bauaufsicht zufrieden zu stellen.

Zwar waren die Wände immer noch nicht tapeziert oder verputzt, doch einige große Gemälde, Poster und Lampen, die geradezu nach Designerware schrien, verliehen dem ganzen Ambiente eine Atmosphäre, die zwischen Fabrikgebäude, Kellerdisco und Single-Loft schwankte. Ein teures, schwarzes Ledersofa, ein Schreibtisch mit Glasplatte und einige in modernem, schwarz-weißem Muster gehaltene Teppiche sorgten für einen extremen Kontrast zu dem Raum im Rohbau.
 

Im hinteren Teil entdeckte Joey schließlich das, was wohl Yamis eigentlicher Arbeitsplatz sein dürfte, denn er konnte starke Scheinwerfer sowie diese umgedrehten Regenschirme davor erkennen. Stative und Kameras, die anscheinend noch oder schon auf irgendetwas eingestellt waren, zumindest in den Grundzügen.

„Sieht alles ziemlich teuer aus.“ Der Teenager ließ sich ungefragt auf der Couch nieder und deutete einmal im Raum rum, denn egal auf was er mit dem Finger hätte zeigen können, seine Aussage hätte zugetroffen. „Hast du keine Angst, dass es in dieser Gegend geklaut wird?“

„Nein. Erstens, sieht das Haus von außen aus, als gäbe es hier etwas zu holen?“ er wartete erst gar nicht auf eine Antwort „Zweitens haben die Fenster Sicherheitsglas, die Tür zusätzliche Schlösser und das ganze Haus eine Alarmanlage!“ Damit war für ihn die ganze Angelegenheit geklärt und keines weiteren Wortes mehr würdig.
 

„Gleich kommen meine ersten Kunden, die das Shooting überwachen. Also setzt du dich stumm in eine Ecke, behältst deine Beißwerkzeuge schön zusammen und gibst keinen einzigen Mucks von dir!“ Yami baute sich bedrohlich – so bedrohlich, wie er es mit seinem einem Meter fünfundsechzig konnte – auf und fuchtelte wild mit dem Zeigefinger, wie es Gouvernanten im letzten Jahrhundert vielleicht noch gemacht hatten. In Sachen Erziehungsmaßnahmen war er anscheinend nicht ganz auf dem neuesten Stand, doch wer wollte es ihm verübeln?

Er seufzte theatralisch und ließ sich auf seinen Schreibtischsessel – ein Stuhl war das schon nicht mehr – fallen.

„Das Shooting ist für ein Hochglanzmagazin, das du dir eigentlich noch gar nicht kaufen dürftest, also hüte dich, irgendwem zu sagen, wie alt du bist!“

„Ich dachte, ich dürfte ohnehin nichts sagen!“, parierte Joey geschickt und grinste nicht zu knapp, als er merkte, dass Yami noch nach einer passenden Erwiderung suchte.
 

Doch noch ehe weitere Worte durch die Luft fliegen konnten, ging eine Tür im hinteren Teil des Raumes auf, die Joey bisher nicht bemerkt hatte, und zwei Männer sowie eine hübsche, blonde Frau traten ein, mit nichts weiter bekleidet als hauchdünner, fast durchsichtiger Unterwäsche.

„Da seid ihr ja schon, jetzt fehlt nur noch der Verleger, auf den sollten wir ja warten!“, begrüßte Yami die drei fröhlich und winkte sie zu sich. Offenbar schien er über ihr plötzliches Erscheinen, noch dazu in so einem Aufzug, weitaus weniger beeindruckt als Joey, dem fast die Augen aus dem Kopf fielen.

In Wahrheit hatte der Bunthaarige sogar schon auf die drei Models gewartet. Allister, der größere der beiden Männer, mit den auffällig pink gefärbten Haaren, gehörte zu den Models, die Yami quasi schon als Stammkundschaft vor der Linse hatte, daher hatte er dem eigentlichen Kunststundenten einen Schlüssel für die Hintertür nachmachen lassen. So konnte er schon in die Umkleide gelangen, wenn Yami mal im Stau in der Innenstadt feststeckte und musste nicht in dieser miesen Gegend draußen warten.
 

„Warum habt ihr alle kaum noch was an?“, ertönte Joeys Stimme leiser, aber keineswegs zögerlich, denn es war ihm egal, ob Yami ihm ein Redeverbot erteilt hatte oder nicht, solange er kein Schweigegelübde abgelegt hatte, würde ihn nichts daran hindern, immer dann etwas von sich zu geben, wenn er es für richtig befand.

„Du hast es noch nicht kapiert, oder?“ Gereizt massierte sich Yami über die Schläfen, als pochte sein Kopf vor lauter Dummheit, die ihn umgab. Gleichzeitig wedelte er mit der anderen Hand in Richtung der drei Neuankömmlinge, sie sollten den blonden Giftzwerg erst gar nicht beachten.

„Das wird ein Shooting für ein Erotikmagazin! Nachher werden alle noch weniger anhaben, mit Ausnahme meiner Wenigkeit, ich mach ja schließlich bloß die Fotos!“, damit erhob sich der Bunthaarige wieder und ging in den hinteren Teil des Raumes, um schon mal die letzten Feinheiten bezüglich Licht und Kamera einzustellen, bevor der Manager und der Verleger bald ankommen würden, um hier und da letzte Wünsche zu äußern.
 

~*~
 

Was bitte war denn das für ein Kurzauftritt gewesen?

Einen Moment lang starrte Duke verdattert auf die Glastür, durch die Tristan eben in einer Hektik verschwunden war, dass man hätte meinen können, das Bistro würde brennen. Wirklich merkwürdig, normalerweise freute sich der Braunhaarige doch immer ihn zu sehen, so konnten sie persönlich mal wieder ein kleines Treffen verabreden und an ihren meist nächtlichen Treffen hatten sie beide immer ziemliche Freude.

Doch heute hatte der Braunhaarige regelrecht gezwungen gewirkt, als er einen Satz der Begrüßung herausgepresst hatte. Wirklich sehr merkwürdig.

„Alles in Ordnung?“, riss ihn die tiefe, brummende Stimme seines Gegenübers, eines ebenfalls braunhaarigen Mannes, aus seinen Gedanken.

Duke schüttelte kurz den Kopf, als wollte er sich selber zurück in die Realität holen und nickte dann stumm als Antwort auf die Frage.

„Ich nehme an, du kanntest den Typen gerade?“ Ein Paar durchdringende, braune Augen starrte ihn musternd an, während der Mann, dem sie gehörten, Valon Drake sein Name, an seinem Kaffee nippte.
 

„Ja, entfernt. Ein Bekannter.“ Der Schwarzhaarige hob abwehrend die Hand, als wäre es eine Lästigkeit gewesen, dass Tristan ihn überhaupt angesprochen hatte. „Jetzt aber wieder zurück zu dir.“ Er legte ein sehr eindeutiges und verführerisches Lächeln auf. „Ich hoffe, du hast nach unserem kleinen Essen noch Hunger auf was mehr!“

Dass Duke nicht von Essen sprach, sondern von einer ganz anderen Art an Nachtisch, war sowohl seinem Tonfall zu entnehmen als seinem Gegenüber schon von Anfang an klar gewesen. Im Grunde hatte Valon die Einladung zum Mittagessen nur aus der Hoffnung auf Nachtisch angenommen.

„Für den Rest des Tages sind keine Termine mehr angesetzt und das will schon was heißen!“, versuchte er Duke zu schmeicheln, um sich auch großer Bemühungen Dukes sicher zu sein. Immerhin war es für einen angehenden, immer berühmter und bekannter werdenden Rockstar, nicht gerade leicht, mal einen Tag ohne Termine zu finden. Doch für Duke tat er das natürlich, nicht uneigennützig, gerne, schließlich hatte der Schwarzhaarige die Werbekampagne für seine erste CD übernommen. Mit einem Platz in den Top Ten der Charts als Ergebnis.
 

„Wenn ich es mir recht überlege, habe ich keinen Hunger mehr!“ Duke schob demonstrativ seinen Salatteller vor sich weg und signalisierte damit, dass er fertig war, was bei Valon, der ohnehin nicht mehr als einen Kaffee vor sich stehen hatte, ein breites Grinsen entlockte.

Ohne ein weiteres Wort erhob sich der Schwarzhaarige und begab sich auf die Suche nach der Bedienung, damit er direkt zahlen konnte. Dass der Blick Valons dabei auf seinem, in eine enge Hose eingepacktem Hinterteil ruhte, befriedigte ihn ungemein, gab es ihm doch das Gefühl, begehrt zu werden. Nicht dass es Duke an Selbstvertrauen gemangelt hätte, sodass man es ihm beweisen musste, dass er begehrt wurde, nein, um diese Tatsache wusste er nur zu gut, aber er liebte es einfach, Aufmerksamkeit zu spüren.
 

„Kommst du? Wir können zu mir fahren“, verkündete er schließlich, als ihre Rechnung beglichen war. Innerlich hoffend, dass Yami Joey wirklich mit zu sich genommen und ihn nicht alleine in seiner Wohnung gelassen hatte. Aber wenn das der Fall war, würde Yami den nächsten Morgen nicht mehr erleben und das wusste der Bunthaarige hoffentlich.

„Das ist gut, ich wohn hier ja nur in einem Hotel, da kann man nicht so laut, wie man gerne will.“ Klang da etwa ein verstecktes Versprechen mit, dass dieser Nachtisch zu lauten Geräuschen anregen würde?

Da war es wirklich ein Segen, dass in Dukes Apartment keinerlei Geräuschspegelbegrenzung eingehalten werden musste. Selbst wenn, es hätte den Schwarzhaarigen wahrscheinlich auch nicht davon abgehalten, hemmungslosen Sex in seinen eigenen vier Wänden zu haben.
 

Duke schmunzelte, als er in seinen Wagen einstieg, da er sich an eine Anekdote aus seiner Studentenzeit erinnerte. Wie wohl jeder Studierende zu der Zeit hatte auch er in diesen massentierhaltungsähnlichen Verhältnissen in einem Käfig, genannt Studentenheim, gewohnt. Wände aus Papier, Schallisolierung nicht vorhanden und selbst die Leute zwei Stockwerke tiefer hörten noch alles mit, was über normale Gesprächslautstärke ging.

Auf jeden Fall hatte er in dieser Umgebung, so war er eben, auch nicht auf seine liebste Freizeitbeschäftigung verzichten wollen und sich an einem Abend ganz besonders laut vergnügt, sodass er sich am nächsten Morgen so ziemlich vor dem gesamten Haus rechtfertigen musste, warum er sie um den Schlaf gebracht hatte.

Was war seine Rechtfertigung gewesen? Er war mit Ohropax in den Ohren eingeschlafen beim Fernsehen und wohl im Schlaf versehentlich auf die Lautstärkeregelung gekommen, sodass man das nächtliche Erotikprogramm leider in voller Lautstärke verfolgen konnte.
 

Eigentlich war es ein Scherz gewesen, doch er war erstaunt gewesen, wie viele ihm diese Geschichte wahrhaftig abgekauft hatten, trotz klaffender logischer Lücken. Erstens, er schaute bitteschön mit Ohropax Fernsehen? Zweitens, seit wann liefen Hardcore Pornos – so zumindest musste es geklungen haben – im Nachtfernsehen? Seit Duke da wohnt … Und letztens, warum hatte sich keiner gewundert, dass bei ihrem Gestöhne ja eindeutig keine Frauenstimme dabei gewesen war, wie es wohl bei einem Film im Fernsehen gewesen wäre?

Fragen über Fragen, die sich doch keiner gestellt hatte, oder allen war es zu peinlich gewesen, weiter nachzuhaken.

Ihm war es schon recht gewesen.
 

„Da sind wir“, schnurrte Duke, als er seinen Wagen vor dem Haus parkte, in dem sich sein Apartment befand, in einer nicht gerade schlechten Gegend Dominos.

Sie stiegen die Treppen hinauf, da spürte er schon Valons Hand gezielt auf seinem Hintern platziert, um diesen leicht zu kneten.

„Ich hoffe, du bist niemand, der lange fackelt!“, knurrte er mit bereits vorfreudigem Unterton von hinten in Dukes Ohr, als dieser endlich die Tür aufgeschlossen hatte, und sie in die Wohnung eintraten.

„Sehe ich etwa so aus?“, der Schwarzhaarige drehte sich bei diesen Worten um und leckte sich verführerisch über die Lippen, seine Mimik dabei mit einem fordernden Griff direkt in den Schritt seines Gegenübers unterstützend.

Ein Keuchen erhallte in dem Raum und wandelte sich in leises Stöhnen, als Duke seinen Griff gelockert hatte und stattdessen sehr angetan gar nicht schnell genug den Gürtel öffnen konnte.
 

~*~
 

Joey saß mit hochrotem Kopf und Stielaugen auf einem Sessel, eigentlich recht weit weg vom Ort des Geschehens, doch da seine Augen bestens funktionierten, konnte er dennoch mehr sehen, als es Yami lieb war und als er sich hätte erträumen lassen, vor seinem achtzehnten Geburtstag zu Gesicht zu bekommen.

Der bunthaarige Fotograf wirkte geschäftig und voll in seinem Element, als schwebte er in einer anderen Welt, als er die Kamera schenkte, hier und da Anweisungen zu Posen und Gesichtsausdrücken von sich gab und bei allem noch so viel Elan und Freude an der Arbeit an den Tag legte.

Anders als Joey es sich irgendwie ausgemalt hatte, schien Yami vollkommen unbeeindruckt davon, dass sich zwei splitterfasernackte Männer in lasziven Posen vor seiner Linse räkelten und alles, was man sich nur vorstellen konnte, für phantasievolle Menschen andeuteten.

Gut, dass die wirklich hübsche und perfekt geformte Frau bei dem Bunthaarigen wohl wenig Reaktion hervorrufen würde, war Joey ja direkt klar gewesen, aber dass Yami so gar nichts von all der Erotik vor der Kamera an sich heran ließ, sorgte dafür, dass der Blonde ihn deswegen ein klein wenig bewunderte.

So sah Professionalität aus.
 

Er selber hatte sich möglichst unbequem, mit – untypisch für ihn – überkreuzten Beinen hingesetzt, damit bei ihm nur ja nichts in Versuchung kam, nach mehr Platz zu streben. Aber es erwies sich schwerer als erwartet, diesen Plan einzuhalten, denn gewisse Körperteile suchten sich einfach Platz, egal ob der da war oder nicht, und wenn man dann die Beine gekreuzt hatte …

Joey saß zumindest schneller wieder normal als gedacht.

Sein zweiter Plan, einfach nicht hinzugucken, hatte auch bloß zwei Minuten gehalten, dann hatte seine Neugier wieder gesiegt und er starrte munter und fröhlich auf die drei engagierten Models, die sich verlockend auf einem Meer aus Kissen räkelten.

Der dritte und wirklich letzte Plan, an etwas anderes zu denken, war noch mehr nach hinten losgegangen als alles andere bisher zuvor. Denn, wie sehr er sich auch angestrengt hatte, an die Schule und langweilige Hausaufgaben zu denken, er kam immer wieder gedanklich bei Mai an.
 

Mai Valentine war seit vier Monaten seine feste Freundin, seine erste Freundin, die er je hatte, umso schlimmer kam es Joey vor, dass er die letzten Tage, als er vom Jugendamt durch die Gegend geschubst worden war, keinerlei Zeit hatte finden können, um sie anzurufen und ihr zu sagen, dass es ihm gut ging.

Das würde er gleich heute Abend machen, da würde er Dukes Telefon blockieren, komme was wolle, und vielleicht konnte sie ihn ja, sollte er wirklich bei seinem Onkel bleiben müssen, mal besuchen kommen, denn so weit war Domino schließlich nicht entfernt von der Stadt, in der vorher das gestanden hatte, was die Leute sein Zuhause genannt hatten.
 

So wirklich förderlich für seine Absicht waren die Gedanken an Mai allerdings nicht, denn anstatt sich innerlich abzukühlen, hatte er eher das Gefühl, seine Körpertemperatur stieg um mindestens zehn Grad an. Bei dem Gedanken, wie Mai wohl so ganz ohne jeglichen Hauch von Stoff aussah, oder wie es wohl aussehen mochte, wenn sie sich lasziv vor ihm räkelte, war an Ruhe und Abkühlung nicht einmal im Entferntesten zu denken.

Vor allem, da er in dieser Hinsicht seiner Fantasie freien Lauf lassen konnte, denn bisher waren er und Mai nie so weit gekommen, dass er behaupten konnte, er wüsste, wie seine Freundin nackt aussah. Okay, im Bikini im Schwimmbad hatte er sie schon gesehen, aber das war etwas vollkommen anderes, denn da hatte ja nicht nur er hingeschaut, sondern das ganze Schwimmbad hatte sie so sehen können, also war es nichts Besonderes gewesen.
 

„Danke, das war es für heute!“ holte ihn der laute Ausruf Yamis wieder in die Wirklichkeit zurück, der in die Hände klatschte und seine Kamera endlich aus der Hand legte.

Die beiden Männer und die blonde Frau verschwanden mit einem Lächeln und einem netten Abschiedswort wieder dahin, wo sie hergekommen waren, also in die Umkleideräume.

Erst jetzt fiel es Joey auf, dass die beiden Anzugträger, die bisher das ganze Shooting verfolgt hatten, wohl auch schon gegangen waren, offenbar hatten sie die Befolgung ihrer Vorgaben weitgehend überwacht und jetzt winkte der Feierabend.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm weiterhin, dass es schon spät am Tag war. Offenbar hatte dieses ganze Rumgepose und Fotogeknipse länger gedauert, als es ihm vorgekommen war.
 

„Schlag keine Wurzeln, ich bring dich jetzt wieder zu Duke, dann kann ich die Bilder in Ruhe entwickeln, langsam sollte der wieder zu Hause sein!“ Es war offensichtlich, dass der Bunthaarige bei der Erwähnung ein wenig säuerlich war, schließlich hatte er sich seinen Tag auch anders vorgestellt. Auch wenn er zugeben musste, dass Joey ja doch ruhig und pflegeleicht auf seinem Sessel gesessen hatte, ohne Ärger zu machen.

Yami schnappte nach einer Lederjacke und kramte gerade nach seinem Autoschlüssel, als seine Augen genau die Stelle fokussierten, die der blonde Teenager zwanghaft zu verbergen versuchte, was sich beim Aufstehen aber als schwierig erwies.

„Sieh an, sieh an!“, ein diabolisches Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. Okay, es war unschwer zu sehen, dass dem Jungen das ganze schon peinlich genug war, der rote Kopf sprach Bände, doch er wäre nicht Yami, wenn er nicht aus reiner Genugtuung darauf herum hackte.

„Sollten wir vielleicht noch irgendwo Eiswürfel kaufen?“, vergnügt pfeifend ließ er deinen Schlüssel um seinen Zeigefinger herum rotieren.
 

„Pah!“, patzte Joey als Antwort. „Es reicht schon, wenn ich dich angucke, da löst sich das Problem von alleine.“

Noch ehe er fertig gesprochen hatte, wusste er, dass sein Mundwerk wieder einmal mit ihm durchgegangen war, denn augenblicklich gefror das heitere Lächeln auf den Lippen des Bunthaarigen und mit aus den Augen zuckenden Blitzen beugte er sich vor, um näher an Joeys Ohr zu sein.

„Glaub nicht, dass du mich provozieren kannst. Jugendliche Großmäuler kenne ich nur zur Genüge, als dass ich auch nur einen Groschen auf das geben würde, was du von dir lässt!“ Es war weniger das, was er sagte, als die Art, wie er guckte, die Joey sagte, dass ein bisschen mehr Höflichkeit nicht das schlechteste gewesen wäre.

„Und jetzt beweg dich, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!“
 

Eilig setzte sich Joey in Bewegung, hinter dem Fotografen herzukommen, denn dieser legte ein Tempo an den Tag, das an Rennerei grenzte. Genauso wie er ging, fuhr er auch den Rückweg entlang, dass der Blonde sich schon fast innerlich mitfreute, nirgends auf dem ganzen Weg an einem Blitzer oder einer Polizeistreife vorbeigekommen zu sein, denn dann hätte sich ihre Ankunft an Dukes Apartment, vor dem sie in diesem Moment vorfuhren, um einige Zeit verzögert.

„Steig aus, ich komm nicht mit rein!“, verkündete Yami in immer noch angesäuertem Tonfall, als er die Handbremse anzog, den Motor aber laufen ließ. Hoffentlich würde er die nächsten Tage nicht schon wieder den Babysitter spielen müssen, und falls doch, so hatte er sich vorgenommen, eine kleine fiktive Geschäftsreise in seinen Terminplan zu quetschen und einfach ein paar Tage außerhalb von Dukes Reichweite verweilen.

Da war es egal, dass Joey eigentlich brav gewesen war ohne Ärger zu machen, ein Kommentar und der Bunthaarige geriet ins Schmollen, fast wie ein kleines Kind, aber natürlich auf weitaus höherem Niveau, schließlich war er kein Kind mehr, schon länger nicht.
 

„Dann tschüss ...“ Joey hatte die Tür noch nicht richtig geschlossen, da hörte er die Reifen des Wagens schon durchdrehen und mit Vollgas, zumindest legte der Geruch nach verbranntem Gummi das nahe, bog Yami um die nächstbeste Ecke.

Welch erfolgreiche Bilanz für seinen ersten Tag, einen Freund seines Onkels hatte er schon davon überzeugt, ihn nicht zu mögen.

Seufzend schritt Joey die paar Stufen zu Dukes Haustür hinauf, dabei kam ihm ein braunhaariger Mann entgegen, der ihn aber nicht beachtete, warum auch, es beruhte immerhin auf Gegenseitigkeit, denn mehr als einen flüchtigen Blick hatte Joey seinerseits ebenfalls nicht für den Mann übrig. Vielleicht wohnte er ein Stockwerk über Duke, immerhin war er ja wohl nicht der einzige, der in diesem großen Haus eine Wohnung hatte.
 

Anstatt zu klingeln, entschied sich Joey fürs Klopfen, ohne jegliche Erklärung, was ihn genau dazu bewog, als auch schon von innen die Stimme seines Onkels schallte. „Hast du was vergessen, ich habe …“, doch dann hielt Duke mitten im Satz inne, als er sah, wer dort vor der Tür stand.

Dem halb zugeknöpften Hemd und der offenen Hose nach zu urteilen, hatte er irgendwen erwartet, aber bestimmt nicht den blonden Teenager, der gerade zaghaft lächelnd vor ihm stand.

Wortlos trat der Schwarzhaarige beiseite, um ihn eintreten zu lassen. Schnell richtete er seine Kleidung vollständig und machte sich dann daran, das Chaos, das sich jetzt vor Joeys Augen ausbreitete, zu beseitigen. Neben restlichen Klamottenstücken wie Gürtel, Socken oder einer Jacke, die eine Spur durch die ganze Wohnung bildeten, noch halbvollen Weingläsern und dem Blick auf ein durchgewühltes Bett, boten drei aufgerissene Kondompackungen den Höhepunkt der Unordnung. Wahnsinnig schwer zu erraten, welcher Beschäftigung der Schwarzhaarige wohl den ganzen Tag nachgekommen war.

Ohne ein weiteres Wort schnappte Joey sich seinen Rucksack und verschwand damit ins Badezimmer, eine Dusche konnte er jetzt gut gebrauchen.

Wie sein Onkel die Spuren einer wilden, schwulen Sexorgie beseitigte, musste er nun wirklich nicht mit ansehen.

Himmel, er wollte hier weg, denn anscheinend war er hier ja auch kein gern gesehener Gast.
 

+ + + + + + + +
 

Das war es leider schon wieder mit diesem Kapitel...

Ich hoffe es hat euch gefallen, das nächste lade ich hoffentlich/ vermutlich nächste Woche hoch....
 

LG trinithy

Wie die kleinen Kinder

Ich will euch nicht noch länger warten lassen, nur weil Kapitel sechs nicht fertig ist...ihr müsst dann einfach später warten, wenn ich meinen vorsprung eingeholt habe! xD

Aber jetzt viel Spaß mit Kapitel 4
 

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Kapitel 4 – Wie die kleinen Kinder
 

Die Sonne hatte es noch nicht geschafft, sich über die Dächer der Häuser zu erheben, als Duke schon hellwach und putzmunter in Boxershorts und offenem Hemd aus dem Badezimmer kam. Frisch geduscht startete er wie immer um diese Zeit, wenn er arbeiten musste, in den Tag und schaltete summend die Espressomaschine ein, als sein Blick auf einen Haufen Stoff auf seiner Couch fiel.

Aus dem bunten Gewirr aus Kissen, Laken und einer Decke ragte ein Arm heraus und lautes Schnarchen ertönte gedämpft, wahrscheinlich weil der Schnarcher sein Gesicht in eines der Kissen gepresst hatte.

Duke seufzte. Hatte er das Problem mit Namen Joey den gestrigen Abend und bis gerade erfolgreich verdrängt, so stürzte es nun in voller Realität wieder auf ihn ein.
 

„Aufstehen!“, rief er in einer Lautstärke, die den noch so penetrantesten Wecker übertraf, und gab sich keinerlei Mühe, sich beim Vorbereiten seines Frühstückes leise zu verhalten. Doch anscheinend hatte der Blonde einen sehr gesunden Schlaf, denn mehr als ein unverständliches, schläfriges Murmeln bekam Duke nicht zu hören, als sich der gesamte Stoffhaufen kurz bewegte, nur um kurz darauf wieder Schnarchgeräusche von sich zu geben.

„Steh auf, los!“, knurrte er jetzt schon etwas ungehaltener, ging zu dem Haufen Namens Joey und zog ihm die Decke weg.

Mit einem gequälten Aufschrei räkelte sich der Teenager noch mit geschlossenen Augen und versuchte mindestens fünfmal vergeblich nach der Decke zu greifen, die Duke mittlerweile in weiser Voraussicht außer Reichweite des Blonden gebracht hatte.
 

„Wasn los, vielsu früh …“, nuschelte Joey mit zugekniffenen Zähnen und gähnte darauf herzhaft, ehe er die Augen aufschlug und geradewegs in zwei ärgerliche, grüne Kreise, die er in seiner Schlaftrunkenheit gerade noch so als Dukes Augen identifizieren konnte, blickte.

„Ich muss arbeiten, also steh gefälligst auf!“

Erneut gähnend richtete sich der Angesprochene auf und reckte die Hände in die Höhe, als ihm auffiel, dass er nur mit Boxershorts bekleidet und mit einem pubertären, morgendlichen Problemchen versehen war.

„Hey, wo ist meine Decke!“, kreischte er so laut, wie es seine morgendliche Energie zuließ und schnappte sich hektisch wieder die Decke, um sich darin einzuwickeln.
 

„Du hast nichts an dir, was ich nicht schon gesehen hätte“, teilte Duke dem Teenager mit und machte sich, während sein Kaffee kochte, auf den Weg zu seinem Kleiderschrank, um sich eine passende Hose zu suchen.

„Außerdem bist du mein sechzehnjähriger Neffe, schon vergessen?“ Gott, war diese jugendliche Paranoia amüsant. Wie konnte ein einziger Mensch nur so eine Panik haben, dass man ihm den Stoff der Boxershorts wegguckte?

„Trotzdem … wer weiß schon …!“, nuschelte Joey in seinen nicht vorhandenen, nicht mal ansatzweise existierenden, Bart und erhob sich, natürlich in die Decke gewickelt, um ins Bad zu gehen.
 

„Das geht zu weit!“

Bisher hatte der Schwarzhaarige versucht, das Ganze – selbst so früh am Morgen – mit Humor zu nehmen und sich nicht von so einem Jungen aus der Bahn werfen zu lassen, aber zu viel war zu viel. Immerhin hatte Joey ihm gerade praktisch unterstellt, ihm zuzutrauen, dass er sich an Sechzehnjährige ranmachen würde.

„Hör mal zu!“, er kam auf Joey zu und baute sich vor ihm auf, aus seinen grünen Augen funkelten dabei feindselige Blitze und all seine gute Laune hatte sich in Luft aufgelöst.

„Ich bin genauso glücklich darüber, dass du jetzt bei mir bist, wie du. Und sobald das nächste Mal einer vom Jugendamt kommt, werde ich dem sagen, er kann dich gerne mitnehmen und zu sonst einer Familie stecken, solange ich dich nur los bin!“ Er schnaubte und holte tief Luft. „Aber bis dahin kann ich dich schlecht auf der Straße schlafen lassen. Solltest du mir aber noch einmal unterstellen, ich würde mir was aus so einem Babyface wie dir machen, kannst du so, wie du bist“, – was bedeutete bis auf eine Boxershorts nackt –, „meine Wohnung auf der Stelle verlassen!“
 

Joey war mit jedem Wort Dukes weiter nach hinten gewichen, bis er wieder gegen die Couch stieß und rücklings darauf fiel. Für einen Moment erkannte er, dass er wieder mal sein Talent, sich Menschen zum Feind zu machen, gefunden hatte und unüberlegt geredet hatte, doch wer war er, das jetzt laut zuzugeben? Dafür spielten seine Hormone, besonders sein Testosteron, viel zu verrückt. Also sprang er mit einer schnellen Bewegung wieder auf die Beine und funkelte seinerseits wütend und aufgebracht zu Duke. Diesmal allerdings mit der Lehne des Sofas als Schutzmauer zwischen ihnen.

„Du kannst mich nicht so davonjagen!“, keifte er aufgebracht und gestand sich damit innerlich ein, dass er Angst hatte, Duke könnte seine Drohung wahr machen.
 

„Du hast keine Ahnung, was ich alles kann!“, nicht weniger laut als der Blonde zuvor schrie nun auch Duke. Was erlaubte sich dieser Giftzwerg eigentlich, so mit ihm zu reden?

„Oh doch, ich weiß, was du kannst! Du kannst den ganzen Tag mit irgend so einem Kerl rumficken, während du deine Verantwortung auf deinen besten Freund abwälzt!“

„Von Verantwortung hast du ja so viel Ahnung, was?“

Die beiden starrten sich in die Augen nach dem Motto, wer zuerst blinzelte oder den Blick senkte, hatte verloren, doch noch zeigte keiner Anzeichen von Schwäche.

Joey schnaubte, um Zeit zu schinden, offenbar wusste er nichts, was er weiteres hätte erwidern können, was auch sein plötzlicher Themenwechsel nahe legte.

„Wenn DU arbeiten musst, warum muss ICH dann aufstehen?“ Angriffslustig tänzelte er von einem Bein aufs andere, als würde er gerade nichts lieber tun als Duke mit der Faust gegen die Nase zu donnern.

„Angst, ich würde deine Einrichtung demolieren?“

„Wäre dir zuzutrauen.“ Mit einem Gesicht, das den Weltuntergang ankündigte, stapfte Duke wieder ein paar Schritte davon, um sich den mittlerweile fertigen Kaffee einzuschenken.
 

„Was weißt du schon!?“, schrie Joey ihn jetzt regelrecht an, obwohl er selber nicht so genau wusste, woran es lag, dass er plötzlich so aggressiv war. Vielleicht weil es unmissverständlich rauszuhören war, dass Duke ihn überall hin wünschte, nur nicht zu sich.

„Ich weiß, dass ich kein Bedürfnis danach habe, dass du überhaupt in meiner Wohnung bist!“ Da war der Beweis!

„Zum Kotzen!“, brummte Joey etwas weniger aggressiv, aber dennoch nicht weniger laut „Ich will hier weg!“

„Da ist die Tür! Dann hätte ich ein Problem weniger!“, genervt massierte Duke sich die Schläfen und trank seine Tasse schwarzen Lebenselixiers in einem Zug weg, ohne darauf zu achten, dass ein trauriger Schauer über Joeys Gesicht huschte, ehe es wieder in Aggressivität und Wut umschlug.

„Na schön, dann verbring ich den Tag eben irgendwo, und wenn ich im Stadtpark hocke und schnorre, aber endgültig wirst du mich erst los, wenn du das Jugendamt überzeugt hast. Aber das wird bei deiner Fürsorglichkeit ja wohl kein Hindernis darstellen!“ Während der Blonde das gesagt, oder besser gekeift hatte, hatte er sich provisorisch in seine Klamotten vom Vortag geschmissen. Mit ärgerlicher Hast und Ungenauigkeit griff er in den Obstkorb, der auf der Küchenzeile in Dukes Wohnung stand und hastete dann, mit einem Apfel in der Hand, seinem Rucksack auf den Schultern und seinen nur halb geschnürten Schuhen sowie einer noch rutschenden Hose, mangels geschlossenem Gürtel, zur Tür hinaus.
 

Wie einer, dem man im Park widerwillig ein paar Münzen in einen alten Kaffeebecher warf, sah Joey in seinem Outfit schon aus, schoss es Duke durch den Kopf.

Die Jeans, die aussah, als wäre sie vor Wochen das letzte Mal gewaschen worden, das gleiche Shirt wie am Vortag, wahrscheinlich, weil er sich nicht die Zeit hatte nehmen wollen, nach einem frischen zu suchen, und zum krönenden Abschluss dieser hässlich rot, punk-schottisch karierte Rucksack mit Sackeffekt.

Ihm sollte es egal sein, solange er nur seine Möbel in Sicherheit wusste und den Bengel erst einmal wieder bis zum Abend los war. Hoffentlich schaute dieser Kaiba bald mal wieder bei ihm vorbei und würde Joey postwendend wieder mitnehmen.

In aller Seelenruhe, schließlich hatte er jetzt sowohl Zeit als auch Ruhe, setzte er sich mit der wieder aufgefüllten Kaffeetasse und einer Scheibe Toast auf einen Hocker, der an seiner Küchentheke
 

~*~
 

Es war früher Nachmittag und Tristan hatte endlich Feierabend für heute. Einer der wenigen Tage, an denen er schon um zwei Uhr auf dem Heimweg war, denn normalerweise unterrichtete er nachmittags noch die älteren Klassen und leitete die ein oder andere AG, nicht so Freitags, da hätte sich ohnehin niemand gefunden, der für Volleyball oder Fußball noch eine Stunde länger als nötig auf das ersehnte Wochenende gewartet hätte.

So viel Spaß ihm sein Beruf auch machte, heute war wieder so ein Tag, an dem er kurz davor war einen Luftsprung zu machen, weil er die nervenden Kinder endlich los war.

Er hatte so ziemlich alle schlimmen Klassen im Unterricht gehabt und sich ihren Zorn zugezogen.
 

Die Jungs wünschten ihm den Tod, weil er sich an den Lehrplan halten musste und sie an Geräten turnen lassen. Schwebebalken, Stufenbarren, Reck, alles Apparaturen, für die der männliche Körper laut Aussage eines Großmauls nicht geschaffen war.

Die Mädchen einer anderen Klasse hassten ihn für den Tausendmeterlauf, den Weitwurf und das anschließende Fußballspiel zum Abklingen lassen der Stunde.

Was man auch machte, als Sportlehrer nahm man es auf sich, im Wechselbad der Gefühle, abhängig von der Art der Stunde, zwischen der Liebe und dem Hass seiner Schüler hin und her zu schwenken.
 

Befreit seufzend stieg Tristan in den Bus, der gerade an der Haltestelle hielt, an der er bisher gewartet hatte und löste ein Tagesticket. Eigentlich fuhr er immer mit der U-Bahn nach Hause, aber freitags tat er sich Geschubse und Gedränge, das größer war als an allen anderen Tagen, nicht an, sondern fuhr lieber zehn Minuten länger, dafür aber um zwei Sterne bequemer mit Sitzplatz ohne den Ellbogen seines Nachbarn in der Magengegend.

Aus reiner Gewohnheit zog er sein Handy aus der Tasche, um es wieder laut zu stellen – eigentlich hätte er es in der Schule auch als Lehrer ausmachen müssen, doch daran hatte er sich bisher noch nie gehalten, weder als er noch ein Schüler gewesen war, noch jetzt –, da sah er erstaunt, dass er eine neue Nachricht hatte.

Reichlich merkwürdig, er hatte wenig Bekannte, die es vorzogen, ihm eine Nachricht zu schreiben, als ihn anzurufen, noch dazu zu einer Zeit, zu der er normalerweise arbeitete, denn die Anzeige sagte ihm elf Uhr dreißig als Absendezeit.
 

„Treffen wir uns heute Abend um sechs, bei mir? Ich habe was nettes Neues, das ich dir gern zeigen würde.“ Dann kam ein Smilie und unterschrieben war das Ganze mit „Duke“.

Wut stieg in Tristan auf, was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein, ihn hier auf ein eindeutiges Angebot hin zu sich einzuladen?

Egal was er auch immer an neuen Nettigkeiten hatte, die er Tristan zeigen oder vorführen wollte, der Braunhaarige hätte sein ganzes Hab und Gut darauf verwettet, dass es etwas mit nicht jugendfreien Aktivitäten zu tun hatte, die auch nicht für Leute mit geringem sexuellem Selbstbewusstsein waren. Dazu kannte er Duke dann doch schon gut genug, um zu wissen, dass in diesem, zugegeben bisweilen genialen Hirn, wenig Platz für Sachen war, die nicht mit Sex zu tun hatten.

Was dann wohl auch der Grund war, weshalb Duke das, was es auch war, zwischen ihnen beiden auf Basis einer Sexbeziehung hielt und sich hin und wieder eben auch noch andere suchte, so wie diesen einen Typ am Vortag, mit dem Tristan ihn gesehen hatte.
 

Minutenlang schwebte sein Zeigefinger über der Taste „löschen“, da er immer noch stinkwütend auf den Schwarzhaarigen war, eigentlich, doch schließlich, gegen besseres Wissen, hatten seine Finger schneller eine Antwort verfasst, als ihm lieb gewesen war.

„Ok. Freu mich schon, bis dann. Tristan“

Kurz, knapp, schmerzlos, und leider nicht einmal gelogen, wie sich Tristan eingestehen musste. Nachdem er die Nachricht abgeschickt hatte, breitete sich wirklich Vorfreude in ihm aus, denn eins war nicht zu leugnen. Duke war mit Abstand der beste Liebhaber, den er jemals gehabt hatte und er hatte ein nicht zu verachtendes Talent, einen wirklich immer in Stimmung zu bringen.

Er war wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der Tristan jemals dazu bewegt hatte, nach einem Splatter-Horrorfilm noch gewisse Aktivität zu zeigen und dabei wirklich Spaß zu haben.

Normalerweise war es nicht unbedingt förderlich zu versuchen einen hoch zu bekommen, wenn man noch die Bilder von abgetrennten Gliedmaßen im Kopf hatte, doch man brauchte Duke nur einmal anzusehen, wenn er sich lasziv und verführerisch gab, und schon konnte man an nichts anderes mehr denken, als diesen wunderbaren Mann zum Stöhnen zu bringen.
 

So in Gedanken versunken, bemerkte Tristan fast zu spät, dass der Bus bereits an seiner Haltestelle hielt, doch im letzten Moment quetschte er sich noch durch die schließenden Türen durch.

Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass er eigentlich nicht einmal einen Grund hatte, sauer zu sein, schließlich hatte er ebenfalls eingewilligt, dass durch ihre Treffen keiner von ihnen gebunden war, sondern beide frei, sich weiter umzuschauen.

Tatsache allerdings, seit er mit Duke ins Bett, ging hatte er keinen anderen gehabt, sich nicht weiter umgesehen und auch nicht das Gefühl gehabt, suchen zu müssen.

Trödelnd und langsamer als sonst schlenderte er den Weh entlang, der ihn nach Hause brachte.

Es war hoffnungslos, ein kleiner Stachel aus Eifersucht steckte noch in ihm drin, genauso wie die aufkeimende Freude auf ihr Treffen heute Abend, daher beschloss er, keinen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, bis es soweit war.
 

~*~
 

Joey saß derweil in einem Park, falls diese Grünfläche mit kränkelnden Laubbäumen, drei Parkbänken und einem künstlich angelegten Ententümpel diesen Namen verdient hatte, im Gras und versuchte ein paar zwischen den Wolken hindurch scheinende Sonnenstrahlen zu erhaschen. Es war eine Oase inmitten der Stadt, vorausgesetzt man war ein Hund mit gefülltem Verdauungstrakt, eine geruchsunempfindliche Ente ohne Phobie gegen Algen und Müll oder eine Taube, wahlweise ein Taubenschwarm, auf der Suche nach einer Bank oder einer Statue, zum Besudeln. Dann, aber auch wirklich nur dann, hatte man gewiss seinen Spaß in dieser parkähnlichen, grünen Müllhalde.

Aber leider war es das erstbeste Fleckchen ohne dichten Straßenverkehr und Einkaufsmeile, das Joey gefunden hatte, schließlich kannte er sich in dieser Stadt nicht so wirklich aus. Eigentlich war es nicht weit weg von dem Ort, wo er früher gelebt hatte, aber da Domino keine besonderen Attraktionen bot, hatte ihn nie etwas hergelockt.
 

Es musste bereits Mittag durch sein, zumindest saß er bereits einige Stunden hier, ohne zu wissen, was er tun sollte, wo er hin sollte und ob er überhaupt wieder zurück zu seinem ach so fürsorglichen Onkel sollte. Doch was blieb ihm anderes übrig, schließlich war er nicht sonderlich scharf darauf, eigenständig das Jugendamt oder irgendeine andere Behörde in dieser Stadt zu suchen, die sich für minderjährige Teenager interessierte. Die andere Alternative wäre eine Nacht im Park gewesen, doch das war selbst für einen Joey Wheeler unter jeglicher Würde.

Als seine Eltern noch gelebt hatten, war er zwar auch in eher spartanischen Verhältnissen aufgewachsen, seine Mutter hatte nie einen Beruf erlernt und somit auch keinen halbwegs gut bezahlten gefunden, als Joey alt genug gewesen war, sich zu Hause auch alleine über den Tag zu versorgen.

Doch die Aussicht darauf, einen Tag lang auf einer Parkbank zu hausen, erregte ihn Unbehagen. Dann lieber zu seinem schwulen, egoistischen Onkel zurück.
 

Er wollte gerade die Arme hinter dem Kopf verschränken und sich zurücklehnen – schließlich war er immer noch müde, nachdem er so früh hatte aufstehen müssen –, da knurrte sein Magen ungewöhnlich laut.

Kein Wunder, außer einem Apfel hatte er ja den ganzen Tag noch nichts gegessen und das bei seinem übernatürlichen, unmenschlichen Hunger. Manchmal konnte er echt essen wie ein Scheunendrescher und schaufelte alles Essbare in seiner Umgebung geradezu in sich rein, alles ohne zuzunehmen. Eine Eigenschaft, für die wahrscheinlich manche Leute töten würden. Doch seine Mutter und auch die Leute aus dem Heim, in dem er kurzfristig untergekommen war, ehe man Dukes Adresse ausfindig gemacht hatte, hatten alles auf einen Wachstumsschub geschoben.

Toll, und wo blieb jetzt dieser seit Jahren angepriesene Wachstumsschub? Er war immer noch nicht gerade ein Riese, sondern dümpelte im Mittelfeld rum, was die Jungs aus seiner ehemaligen Klasse anging, sogar eher im unteren Drittel.

Vielleicht aß er ja bloß für zwei mit, so einen ekligen, fiesen Bandwurm, wie er ihn letztens in einer Fernsehreportage mal gesehen hatte. Der Blonde schüttelte hektisch den Kopf, da war ihm das Märchen vom Wachstumsschub lieber.
 

Sein erneut protestierender, leerer Magen erinnerte ihn wieder daran, dass er sich irgendwie etwas Essbares beschaffen musste, doch woher nehmen und nicht stehlen?

Wenn er jetzt anfing Geld zu schnorren, hatte er nicht vor heute Nacht das Geld für ein trockenes Brötchen zusammen, eigenes Geld hatte er nicht dabei und wo Duke arbeitete, wusste er schon dreimal nicht.

Da kam ihm der rettende Einfall und dieser Einfall hatte mindestens drei Haarfarben gleichzeitig und war wohl noch sauer auf ihn. Aber Yami war seine einzige Chance, schließlich wusste er zumindest, wo er den Fotografen antreffen konnte, wenn dieser wieder ein Shooting oder Ähnliches hatte.
 

Doch das war alles leichter als gesagt. Gut, er wusste, wo er den Bunthaarigen finden konnte, in einem alten Haus, das er wieder erkennen würde, am Straßenstrich, doch wo der wiederum lag, davon hatte er nicht die leiseste Ahnung.

Sollte er zu dem nächstbesten Passenten gehen und fragen: „Entschuldigung, wissen Sie, wo der Strich ist?“ Wahrscheinlich würden die noch die Polizei rufen, weil er recht zweifelhaft jung für so etwas aussah. Darauf konnte er dankend verzichten, wobei, vielleicht bekam er dann wenigstens auf der nächsten Wache aus Mitleid ein Brötchen zugesteckt.

So schnell ihm diese Gedanken gekommen waren, so schnell verwarf er sich auch wieder und richtete sich leise ächzend auf.

Probieren ging über studieren, daher beschloss er einfach so lange durch die Straßen zu rennen, bis die Häuser immer schäbiger wurden und er sich in der Richtung bestätigt sah, als er die Kreuzung erkannte, an der sie am Vortag mit dem Auto abgebogen waren. Jetzt war es nicht mehr weit, nur ein Galgengang durch das elendige Vergnügungsviertel.
 

Mit strammem Schritt und gesenktem Blick, hoffentlich sprach ihn hier keiner an, hetzte er den Bürgersteig entlang, vorbei an zu dieser Tageszeit geschlossenen Etablissements, die mit den grellsten Neonfarben alles Menschliche und Unmenschliche anpriesen, Videotheken, die sich allerdings auf eine ganz besondere Sorte Filme spezialisiert hatten, und das waren nicht Liebesfilme, denn mit Liebe hatten wahrscheinlich 99,9 Prozent rein gar nichts zu tun. Vorbei an Männern, die zwischen leicht bekleideten Damen, allesamt mindestens zehn Jahre jünger als diese Männer, umherstreunten wie ein Raubtier auf der Pirsch und ebenfalls vorbei an einer Gruppe Jungs, die aussahen, als hätte man sie in ihre Klamotten einnähen lassen und zusammen, missmutig drein starrend, jeweils eine rauchten.
 

„Steig ein!“, eine raue und tiefe Stimme ließ ihn erschrocken herumwirbeln. Mit geweiteten Augen blickte er direkt in das schon leicht faltige Gesicht eines Mannes, der die fünfzig bestimmt schon erreicht hatte und sich jetzt aus dem runter gekurbelten Fenster seines schwarzen Mercedes lehnte. Dabei glitten seine Augen musternd und gierig zugleich über den blonden Jungen, der wie versteinert dastand, ehe er sich löste und nicht wusste, ob er einfach weitergehen oder rumkeifen sollte.

„Na komm, steig endlich ein!“, nun wurde die Stimme des Mannes etwas ungehaltener, doch er lächelte immer noch aufgesetzt freundlich.

„Einen Teufel werde ich tun!“ Joey, der seine Sprache wieder gefunden hatte, drehte angewidert das Gesicht weg und beschleunigte seinen Schritt wieder, doch das Auto rollte langsam neben ihm her, immer auf gleicher Höhe.
 

„Über den Preis werden wir uns schon einig!“ Der Mann mit dem bereits schütteren, graumelierten Haar zwinkerte und zog nun einen recht großen Schein aus seiner Geldbörse. „Hier, als kleine Anzahlung, wenn du endlich einsteigst. Noch mal doppelt so viel, wenn du mich glücklich machst!“

„Ich hab NEIN gesagt!“ Ärgerlich funkelte Joey den Mann kurz an, allerdings ohne langsamer zu werden oder gar zu stoppen.

„Du weißt, wie du verhandelst und was du verlangen kannst.“ Der Fremde lachte kurz auf, anscheinend hielt er das alles für bloße Verhandlungstaktik. „Aber du gefällst mir, bist hübsch, jung und nicht so heruntergekommen wie die meisten hier. Sagen wir zwei Scheinchen als Anzahlung“, er fuchtelte mit dem hohen Betrag zwischen Zeige- und Mittelfinger hin und her, „und davon das Doppelte danach.“

Immer noch blieb Joey nicht stehen, sondern beschleunigte noch einmal, als er bereits das Haus sehen konnte, welches sein Ziel darstellte.
 

„Jetzt wird es unverschämt. Was Besseres bekommst du nicht, als steig endlich ein!“ So wütend, wie der Mann jetzt klang, vermutete Joey, dass nicht einmal jemand noch eingestiegen wäre, der wirklich das anbot, was dieser Widerling verlangte.

„Mich kann man nicht kaufen!“, keife der Teenager ein letztes Mal, ehe er kurz davor war seitlich zu gehen, nur damit er dem Mann endlich den Rücken zuwenden konnte, doch so weit musste es gar nicht erst kommen, denn schon hörte er den Motor aufheulen, als der Kerl davon zischte, offenbar war ihm der Spaß vorerst vergangen.

Joey seufzte, als er endlich vor dem – von außen vollkommen heruntergekommenen – Haus stand und ihn jetzt die Frage quälte, wie sollte er da bitteschön reinkommen? Eine Klingel konnte er weit und breit nicht erkennen.

Schöne Scheiße, in der er hier steckte! Warum passierte so ein Mist wie der heutige Tag eigentlich immer nur ihm?
 

+ + + + + + + +
 

Ich hoffe es hat euch gefallen xD

LG eure trinithy

Unpassender Besuch

Endlich geht es weiter xD
 

+ + + + + + + +
 

Kapitel 5- Unpassender Besuch
 

Yami saß eifrig an seinem Schreibtisch mit der Glasplatte und sah sich am Monitor seines PCs die Fotos an, die er eben noch geschossen hatte. Da er heute weder für Duke noch für andere Großkunden etwas zu erledigen hatte, hatte er sich alle Termine, die er als freier Fotograf noch annahm, auf diesen Tag gelegt.

Kurz vorher hatte sich noch ein hübsches, braunhaariges Mädchen auf seinen Kulissen drapiert und er hatte sie in den besten Posen, die aus ihr rauszuholen waren, abgelichtet für eine Setkarte. Eigentlich hasste der Fotograf es, junge, unerfahrene und meist nicht sehr ausdrucksstarke Nullachtfünfzehn-Schönheiten abzulichten, die von einer großen Karriere als Model träumten, doch immerhin bezahlten sie ihn dafür, also tat er sein Möglichstes, um alle diese Mädchen und Frauen in ein gutes Licht zu rücken, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg, abhängig vom Talent und Aussehen der jeweiligen Kundinnen.
 

Mit gelangweilter Miene blätterte er virtuell alle gemachten Bilder durch, um sich die schönsten und besten auszusuchen, was sich als gar nicht so einfach erwies, denn auf jedem Bild sah die Braunhaarige gleich aus. Der gleiche gelangweilte Ausdruck in den Augen, die gleichen regungslosen Lippen, nichts, was irgendwie Spannung in das Bild bringen würde.

Wieder so ein hoffnungsloser Fall.

Der Bunthaarige seufzte und hatte sich gerade für eines entschieden, da hörte er hartnäckiges Klopfen an der eigentlichen Eingangstür, die er nie benutzte, da er nicht unnötig in dieser Gegend auf der Straße rumlaufen wollte. So konnte er sich sämtliche unmoralischen Angebote und Nachfragen ersparen, die ihm sonst nach spätestens einer Woche den Kragen hätten platzen lassen.
 

Er versuchte gekonnt das immer penetranter werdende Geklopfte zu ignorieren, doch nach einer gefühlten halben Stunde erhob er sich noch genervter als ohnehin schon von seinem Stuhl und ging durch den Rohbauflur auf die abgeschlossene Haustür zu. Mit lautem Klacken öffnete er das erste Schloss, doch die Sicherheitskette ließ er hängen, sodass die Tür sich nicht weiter als zehn Zentimeter öffnete.

„Ich steh auf harten S/M Sex mit dreckigen Spielchen und Nahtoderlebnissen!“, rief Yami in der dunkelsten Stimme, die er in den Tiefen seiner Kehle finden konnte, durch den Türspalt hindurch.

In der Hoffnung, dass er damit jeden potentiell um Geld bettelnden Stricher und jede noch so hartgesottene Prostituierte abschreckte, ehe sie sich auf eine Verhandlung einließen. Meistens klappte dieser Trick auch, man musste sich nur als besonders widerlich präsentieren und schon wirkten auch große Scheine nicht mehr so verlockend wie einst zuvor.
 

„Gott, du bist ja noch ekliger als ich gedacht hab!“, rutschte es Joey automatisch heraus, als er den bunten Haarschopf vor sich erscheinen sah und das dazugehörige Statement vernahm. Am liebsten wäre er auf der Stelle davongelaufen und hätte sich einen Ort gesucht, an dem er weit ab von Sex und allem, was dazu gehörte, war, doch sein in diesem Moment knurrender Magen erinnerte ihn daran, dass Yami seine einzige Chance auf was zu essen an diesem Tag war.

„’tschuldigung, hab’s nicht so gemeint“, nuschelte er schnell und schob einen Fuß zwischen Wand und Tür, da der Bunthaarige fast so wirkte, als wollte er ihm das Holz gegen die Nase klatschen. Wer konnte ihm diese Reaktion verübeln?

„Darf ich reinkommen? Bitte …“, presste er bemüht freundlich hervor und legte sein süßestes und unschuldigstes Lächeln auf, dass er in seinem Zustand noch hinbekam.
 

„Was willst du denn schon wieder hier?“ Ohne einen Schritt zur Seite zu gehen, entfernte Yami die Kette, doch einen wirklich einladenden Anblick bot er immer noch nicht. Sein Gesichtsausdruck war eher so, als hätte ihm ein großer, hässlicher Hund direkt auf seine teuren Schuhe gemacht.

„Duke hat mich rausgeschmissen, während er arbeitet und ich wusste nicht, wo ich hin sollte“, gestand Joey ehrlich, denn er hoffte, so ein bisschen an die weiche Seite und das Mitleid des anderen appellieren zu können.

„Ach und da dachtest du, du könntest halt zu mir kommen. Wie sehe ich für dich aus?“, jetzt ließ er die Tür ganz aufschwingen und stellte sich ärgerlich mit festem Stand in den Rahmen, dass der Blonde einen guten Blick auf seinen kompletten Körper hatte.

„Hab ich ein Schild von der Armenmission umhängen? Bin ich der barmherzige Samariter oder der Kinderschutzbund? Nein?! Wer hätte das gedacht, dann bin ich auch nicht für dich verantwortlich!“

Seine amethystfarbenen Augen funkelten böse, doch anscheinend war er gar nicht so hart, wie er vorzugeben versuchte, nachdem seine anfängliche Wut über die außerplanmäßige Störung verraucht war. Denn schließlich, nach minutenlangem Schweigen, machte er einen Schritt zur Seite und ging wortlos zurück in den großen Raum, aus dem er gekommen war, offenbar in Erwartung, dass Joey ihm folgte, denn er hatte die Tür aufgelassen.
 

„Was kann ich denn dafür, wenn mich keiner haben will“, murmelte Joey so leise, dass es unmöglich war, dass der Bunthaarige ihn gehört hatte und ging dann in den gleichen Raum, in dem er am Vortag bereits dem Erotikshooting beigewohnt hatte.

„Du bist still, nervst nicht, und hältst die Klappe!“

„Und du wiederholst dich, still sein und die Klappe halten ist das Gleiche“, konnte der Teenager sich einen Kommentar nicht verkneifen und grinste breit, wieder etwas erheitert, angesichts der vor Aufgeregtheit blitzenden Augen, die ihn fokussierten.

„Klugscheißen auch nicht!“

Damit setzte sich der Bunthaarige wieder vor seinen Bildschirm und ließ sein Auge weiter über die vor kurzem geschossenen Bilder streifen, die ihm alle nicht so recht gefallen wollten. Es war schwer zu sagen, was ihn mehr nervte, der Knirps, der gar nicht mehr so knirpsig war und ihn jetzt aus seinem Konzept geworfen hatte, oder diese schrecklich untalentierte Frau, die ihm von tausend kleinen Schnappschüssen entgegen lächelte.
 

„Hast du ein Telefon?“ riss ihn Joeys Stimme wieder aus der Konzentration, nachdem er diese endlich wiedergefunden hatte und mit einer theatralischen Geste, die ausdrücken sollte, dass sich die ganze Welt gegen ihn verschworen hatte, sah er auf.

„Warum willst du nicht verstehen, dass still sein auch still sein bedeutet? Leise, ohne Worte, das große Schweigen und zwing mich nicht, das Schweigen der Lämmer daraus zu machen!“, drohte er mit innerem Stolz, eine solch tolle Anspielung gefunden zu haben, doch dem verständnislosen Blick des Teenagers nach hatte dieser sie nicht einmal in ihrer Bedeutung erfasst.

Doch ehe Joey ihn jetzt auch noch fragte, wo denn hier Schafe waren, die er zum Schweigen bringen musste, hielt er dem Blonden ein Handy hin.

„Wehe du blätterst in meinem Adressbuch, telefonierst zu lange oder machst sonstigen Blödsinn damit!“

Dann scheuchte er ihn mit einer wüsten Handbewegung in Richtung der Umkleidekabinen, die eigentlich für seine Models gedacht waren, und hoffte einfach, dass Joey wenigstens dieses Mal verstand, dass dies ein Zeichen war, außerhalb seiner Hörweite mit wem auch immer zu plaudern. Wen der blonde Giftzwerg überhaupt anrufen wollte, war ihm ziemlich egal.

Joey, der dankbar darüber war, nicht auch noch nach einem separaten Raum fragen zu müssen – dieser Yami musste ihm nicht unbedingt beim Telefonat mit seiner Freundin zuhören – nahm dankbar lächelnd das kleine Wunderwerk der Technik, das mehr leistete als ein Großrechner zur Zeit der Mondlandung, an und verschwand damit.

Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, wählte das Handy auch schon und ein monotones Tuten drang an sein Ohr, während sich die Verbindung zu Mais Handy aufbaute.

„Ja?“, ertönte dann plötzlich die Stimme nach der er sich so lange gesehnt hatte. Zwar mechanisch und irgendwie blechern durch den kleinen Lautsprecher, aber immer noch glasklar und hell als die liebliche Stimme seiner Freundin zu identifizieren.
 

„Mai, ich bin’s.“

„Joey?“, ihre Stimme machte einen akustischen Hüpfer und plötzlich klang sie aufgeregt. „Wie geht es dir? Wo bist du jetzt, bei deinem Onkel?“

Fragen über Fragen prasselten auf ihn ein und er musste grinsen. Wie aus einer sprudelnden Quelle kamen immer mehr Worte aus ihren Lippen durch den Hörer und berieselten ihn wie ein Wasserfall. Doch es war genau das, was er jetzt brauchte, eine gewohnte Stimme, mit gewohnten Reaktionen.

Nachdem er alles auf sich hatte einwirken lassen, erzählte er ihr von seinem Frust mit der Situation.

Dass er seinen Onkel nicht leiden konnte, dass dieser ihn nicht haben konnte, durch was für schreckliche Gegenden er heute hatte laufen müssen und überhaupt, dass er derzeit mit seiner Gesamtsituation mehr als unzufrieden war.
 

„Kann ich dich denn mal besuchen? Ich vermisse dich so schrecklich, seit du hier weg bist“, flötete Mais sanfte Stimme direkt durchs Ohr an sein Gehirn.

„Hm, ich denke schon!“ Zwar wusste Joey weder, ob Duke das erlauben würde, noch ob er ihn überhaupt zu etwas anderem als zum Schlafen jemals wieder in die Wohnung lassen würde, doch das waren alles Sorgen, die er sich machen konnte, wenn es soweit war und keine Sekunde früher. Dazu war sein innerer Wunsch, Mai endlich wiederzusehen, zu groß und unbändig.

„Am Sonntag vielleicht?“, schlug er deshalb vor. Da hatte er also noch den kompletten Samstag, um seinen Onkel davon zu überzeugen, dass es für ihn so etwas wie lebensnotwendig war.

„Ich freu mich!“

Es folgte das schnelle Ausmachen eines Treffpunktes, der Bahnhof, da Mai Dukes Wohnung bestimmt nicht finden würde, und die länger als erwartet dauernde Verabschiedungszeremonie. Luftküsschen hier, Luftküsschen da, ein gehauchtes „Ich liebe dich“ und tausend „Ich dich auch“ als Erwiderung, wie es eben üblich war unter Jugendlichen in dem Alter, die glaubten, sie hätten die große Liebe ihres Lebens gefunden.
 

Gerade drückte er die Taste mit dem roten Hörer auf dem Handy und glaubte, jetzt könnte er von Luft und Liebe leben, da erinnerte ihn sein Magen daran, dass Kalorien, Kohlenhydrate, Nährstoffe, Vitamine und Fette einen nicht unwesentlichen Anteil dazu beizutragen hatten, dass der Körper weiter funktionierte. Luft und Liebe funktionierten eben doch nicht, wohl eher Luft, Liebe und ein Marmeladenbrot.

Joey zog eine deprimierte Grimasse, obwohl ihn ja niemand sehen konnte und war sich sicher, er hätte jetzt sogar Broccolisuppe mit Blumenkohl gegessen, wenn es nur ausreichend in der Menge gewesen wäre.

„Yami?“, fragte er, als er sich von hinten an den Bunthaarigen annäherte, um ihm sein Mobiltelefon wiederzugeben.

„Argh!“ Der Bunthaarige schreckte hoch und wirbelte herum. „Du sollst doch nicht nerven!“

Er wollte gerade zu einer neuen Arie an Beschimpfungen vollgestopft mit Dramatik greifen, da sah er einen traurigen Schimmer durch die braunen Augen huschen, die ihn herausfordernd, frech aber auch bittend ansahen. Vielleicht war er ein wenig zu hart zu dem Jungen, schließlich hatte er laut Duke vor gar nicht allzu langer Zeit seine Eltern verloren. Ob er es nun zeigte oder nicht, es hatte ihn bestimmt stärker getroffen, als man von seinem Auftreten her annehmen mochte.
 

Yami erinnerte sich einen kurzen Moment lang zurück, wie es bei ihm damals gewesen war, was er gedacht und gefühlt hatte. Er hatte nie Mitleid gewollt, deswegen hatte er sich nie so verhalten, sodass andere ihn bedauern wollten, doch gleichzeitig hatte er sich nichts mehr gewünscht, als dass ihm einfach mal jemand ein herzliches Wort gesagt hätte.

„Was ist denn?“ Seine Stimme hatte sich beruhigt und er versuchte weniger grimmig dreinzuschauen, da ihm noch nie jemand gesagt hatte, dass „grimmig“ ohnehin nicht zu den Ausdrücken zählte, die sein Gesicht glaubhaft verkörperte.

„Hast du was zu essen, ich habe heute nicht gefrühstückt.“

Ein Seufzen verließ die Lippen des Bunthaarigen. Da war er, der Kaktus- oder Blumeneffekt, von dem er gesprochen hatte. Vielleicht sollte er den Schwarzhaarigen mal darauf hinweisen, dass eben nicht alle einen biologischen Mechanismus besaßen, der anscheinend ausschließlich mit Kaffee und sonstigem Koffein funktionierte. Zumindest wusste Yami, dass Duke äußerst selten morgens mehr feste als flüssige Nahrung zu sich nahm.

„Ich muss noch etwas fertig machen, dann können wir zu einem Imbiss fahren“, kam er Joey entgegen. Verhungern lassen konnte er den Blonden ja schließlich nicht.
 

~*~
 

Draußen dämmerte es bereits, als Duke Devlin frisch geduscht aus seinem Badezimmer wieder zurück in den großen Wohnraum trat, mit nichts weiter als einer rabenschwarzen, leicht glänzenden Boxershorts bekleidet. Er hatte vor einer halben Stunde Feierabend gemacht und wollte sich noch ein wenig auffrischen und den Mief des langen Arbeitstages abwaschen, ehe Tristan ihn gleich besuchen würde.

Der Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er jede Minute mit dem Braunhaarigen rechnen durfte, denn im Schnitt kam dieser eher zu früh als zu spät, natürlich was Verabredungen anging, ansonsten konnte sich Duke nun wirklich nicht über die Ausdauer des anderen beschweren.

Ein leichtes Grinsen huschte bei dem Gedanken daran über sein Gesicht und er fuhr sich durch die feuchten, jetzt wirklich gelockten Haare, um sie sich provisorisch hinters Ohr zu klemmen.

Zwar besaß er einen Föhn, doch er hielt es für mehr als unnötig, sich die Mähne zu föhnen, da es einerseits praktischer war, seine Haare einfach so trocknen zu lassen und andererseits hatte er auch nicht vor, sich jetzt noch wieder ein Hemd anzuziehen, da machten sich ein zwei kleine Wassertropfen, die über seinen Oberkörper rannen, immer gut.
 

Derartig leicht bekleidet schlenderte er hinüber zur Küchenzeile und trank einen Schluck Wasser – reiner Zeitvertreib –, da ertönte auch schon das ersehnte Klingeln an der Haustür.

„Ist nur angelehnt, kommt rein!“, rief er, ohne auch nur einen Schritt nach vorne zu gehen, stattdessen lehnte er sich in einer auffällig aufreizenden Pose mit der rechten Seite gegen die Küchentheke, sodass sein Hintern, seine flachen Bauchmuskeln – und überhaupt alles an ihm, was es irgendwie wert war, besonders in Szene gesetzt zu werden – fantastisch zur Geltung kamen.

Sein Blick klebte auf der Tür, die sich öffnete und dann auf dem Braunhaarigen, der ihn ansah und tonlos zu ihm rüber kam. So weit, so gut, es wäre nicht das erste Mal, dass Tristan und er sich zuerst gegenseitig vernascht hätten, ehe ein Wort des Grußes über ihre Lippen kam, doch der Ausdruck in den braunen Augen sagte ihm, dass er nicht mit einem leidenschaftlichen Kuss zu rechnen hatte und noch weniger mit direktem, schnellen Sex..

„Schön, dass du da bist!“, versuchte er das augenscheinlich noch vorhandene Eis zu brechen, denn schließlich hatte er nicht, vor den Abend ohne Sex zu verbringen. Wäre das seine Absicht gewesen, hätte er auch gut alleine bleiben können.
 

„Ich hoffe, du hast dich heute noch nicht zu sehr verausgabt oder bist gar müde.“

Ein verschmitzter Glanz legte sich über das samtene Moos in seinen Augen und er näherte sich Tristan, bis er dem Größeren am Nacken knabbern konnte und sich eng an ihn schmiegte. Verführung war eine Kunst, die der Schwarzhaarige bis zur Perfektionierung beherrschte.

Forschend glitt seine Hand bereits neckisch unter den Saum des grauen T-Shirts, welches der Braunhaarige trug, doch da wurde sie zurückgewiesen. Statt eines leidenschaftlichen Kusses oder einer Gegeninitiative bekam er nur einen eher emotionslosen Blick zugeworfen und seufzend brachte Tristan erst einmal Abstand zwischen sie beide.

Moment, Stopp, hier lief eindeutig was nach dem falschen Drehbuch. Wer um Himmels Willen hatte die entscheidende Passage, in der sie binnen weniger Minuten keuchend, schwitzend, stöhnend auf der Couch liegen sollten, durch diesen „Es-naht-die-Apokalypse-Blick“ ersetzt?
 

„Ich bin nicht verausgabt, aber du doch bestimmt!“

Verbitterung klang in dem Tonfall mit, den der Größere auflegte, als er sich mit verschränkten Armen auf den allein stehenden Sessel setzte, um um jeden Preis zu verhindern, dass Duke sich wieder neben ihn setzen konnte.

Verständnislos stand der Schwarzhaarige in der Gegend und zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Ach nein, wie oft hattest du denn gestern mit diesem Edelrocker oder Möchtegernbiker Sex? Doch wohl nicht nur einmal.“

Endlich dämmerte es Duke, was Tristan meinte, sein Problem hieß offensichtlich Valon, doch leider erkannte der Schwarzhaarige nicht, warum es denn eigentlich ein Problem war, daher beschloss er, galant über diese Frage hinwegzugehen.

„Nein, wir haben es mehrmals getrieben“, gab er daher offen zu und stellte sich hinter den Sitzenden, um ihm leicht die Schultern zu massieren.
 

„Na, dann bist du ja jetzt ausgelastet und brauchst mich nicht mehr.“

Er knurrte wie ein Hund in der Falle, nur wesentlich attraktiver und vor allem harmloser, da die scharfen Zähne fehlten. Dafür besaß der Braunhaarige ein weiches Lippenpaar, das Duke jetzt nur zu gerne an einer anderen Stelle seines Körpers gespürt hätte.

„Für dich habe ich immer noch genug Kraft. Außerdem weißt du doch, wie unersättlich ich sein kann“, bei diesen Worten knabberte Duke am Ohrläppchen des anderen und seine Hände fanden nun doch von oben herab ihren Weg unter das Shirt, um es in einer Aufwärtsbewegung mit hochzuziehen.

Für einen Moment wirkte es so, als wollte Tristan vehement protestieren, doch zu langsam kamen ihm Schimpfwörter und Beleidigungen in den Kopf, die er eigentlich noch hatte loswerden wollen, da hatte sein Körper schon kapituliert und gab sich den leichten, kreisenden Bewegungen hin, die wilde Muster auf seiner Brust zeichneten.
 

Wieso schaffte es dieser Duke, dieser absolut selbstbezogene Typ eigentlich immer wieder, dass er schneller in seinen Fingern dahin schmolz, als ein Päckchen Butter in der Mikrowelle?

Denn genauso flüssig war er gedanklich schon wieder. Körperlich betrachtet wurde er eher härter, allein schon bei dem Gedanken daran, weswegen er ja wirklich und ehrlich hergekommen war.

Eine Tatsache, die auch dem Schwarzhaarigen nicht entgangen zu sein schien, denn er umrundete nun den Sessel und setzte sich breitbeinig und äußerst provozierend auf Tristans Schoß.
 

„Oh!“, rief er plötzlich mit gespielter Überraschung aus, als er mit seiner Hüfte über die kleine Beule in der fremden Hose streifte.

„Sieht so aus, als hättest du doch Lust?“

„Natürlich hab ich Lust!“, versuchte Tristan klarzustellen. Natürlich begehrte er den anderen, natürlich war der Sex unvergleichlich gut, aber es wurmte ihn eben einfach, von dem Fremdgehen zu wissen, das keines war, da sie schließlich keine Beziehung führten. „Aber ich bin …“

Der Satz blieb unausgesprochen in seiner Kehle, wo er für immer verpuffte, denn Duke hatte sich nach vorne gelehnt und stahl sich nun den leidenschaftlichen Kuss, den er anders nicht bekommen hatte.

Von einer inneren Hektik getrieben, nestelte er zeitgleich an Tristans Gürtel und erhob sich selber noch einmal, damit der Braunhaarige seinen Hintern anheben und somit die Hose samt Shorts direkt ausziehen konnte.
 

„Was hast du dir denn heute ausgedacht? Letztens war es das Badezimmer …“ Tristan stand nun ebenfalls auf und ließ Dukes Boxer gen Boden hinab gleiten, beide Hände hatten den Hintern des Schwarzhaarigen dabei fest im Griff. „Wo darf ich dich heute nehmen?“

„Wer hat gesagt, dass du mich nehmen darfst?“, antwortete Angesprochener mit einer frechen Gegenfrage und schubste Tristan sanft, aber mit Bestimmtheit zurück auf den Sessel. Dann blieb er einen Moment stehen, um sich an dem Anblick zu laben.

Es war just in dem Moment, da er sich runter beugen wollte, um wieder auf den Schoß des Größeren zu klettern, da hörte er, wie seine Wohnungstür aufflog.

Hatte er das Drehen des Schlüssels wohl überhört, so waren der Knall und Yamis laute, unverkennbare Stimme nun nicht mehr zu ignorieren, selbst bei angestrengtestem Bemühen.

„Duke, was fällt dir eigentlich ein, Joey rauszuwerfen, damit er mich wieder bei meiner Arbeit …!“
 

Der Bunthaarige brach abrupt ab, als sein Blick auf Duke und Tristan fiel, der eine stehend, der andere sitzend und beide nackt. Mit offenem Mund stand er bloß da, wurde leicht rot um die Wangen und brachte keinen Ton mehr raus. Ob aus Empörung, dass Duke sich hier vergnügen wollte, während er Joey wieder am Hals hatte, oder ob aus Überraschung, vermochte er selber nicht zu sagen.

Joey, der nun auch hinter dem Fotografen die Wohnung betreten hatte, verschluckte sich fast an seiner eigenen Spucke. Wahrscheinlicher hätte er vor Schock kurz aufgeschrien, wenn er nicht erst einmal mit Husten beschäftigt gewesen wäre.

Duke blickte fast schon amüsiert in die Runde, als fände er das Ganze so komisch wie versteckte Kamera und Tristan, ja Tristan starrte mit größter Verwunderung wie vom Blitz getroffen direkt in Joeys braune Augen, bis er vollkommen überrumpelt fragte.

„Joseph?“

Yami hatte nun seine Stimme wiedergefunden und presste ein vorwurfsvolles „DUKE!“ hervor.

„Mr. Taylor?“ Joey krächzte noch ein wenig, Nachwirkungen seines Hustenanfalls.

Jetzt vollkommen verwirrt ließ Duke seinen Blick hektisch zwischen allen drei Besuchern hin und her springen. Hatte er da was nicht mitbekommen, oder woher wusste einer, wer der andere war, Yami gedanklich außen vorgelassend.

„Tristan? Joey? Ihr kennt euch?“
 

+ + + + + + + + +
 

Fieser Break, oder? xD
 

aber Kapitel sechs iist ja schon geschrieben, also keine Sorge! xD
 

LG trinithy

Unverhofft trifft man oft

Hier wieder ein neues Kapi aus meiner Feder^^
 

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Kapitel 6- Unverhofft trifft man oft
 

Es hatte noch bis abends gedauert, bis Yami sich endlich erbarmt hatte, mit seiner Arbeit fertig zu werden und zusammen mit Joey zu einem kleinen Imbiss zu fahren, damit der mittlerweile erbärmlich laut knurrende Magen des Blonden Füllung bekam.

Zwei Portionen Pommes, mindestens drei doppelte Burger und eine große Cola hatten schließlich dem Hunger Genüge getan, als sich Joey bereits wieder in Yamis Sportkarre wiederfand, auf dem Weg durch die Stadt zu Dukes Wohnung.

Eigentlich, musste der Blonde sich eingestehen, war der Fotograf doch gar nicht so übel, wie er anfangs gedacht hatte. Gut, er hatte einen kleinen Sprung in der Schüssel, benahm sich zickigerer als ein pubertierendes Mädchen und hatte bisweilen doch eine aus Joeys Sicht tuntig zu nennende Gestik, aber alles in allem schien er doch ein Mensch zu sein, der seine Gemütseigenschaften am rechten Fleck trug.

Außerdem fand der Teenager den Sportflitzer, über dessen edles Armaturenbrett er nun strich, ohne Wenn und Aber einfach hinreißend.
 

„Warte, ich komm noch mit rein!“, hielt Yami den Blonden auf, als sie schließlich dort anhielten, wo der Bunthaarige schon am Vortag einen kurzen Abliefer-Stopp eingelegt hatte, dieses Mal allerdings stellte er den Motor aus und war mit ein paar großen Schritten um den Wagen herum, direkt neben Joey.

„Mit deinem Onkel habe ich noch ein ernstes Wörtchen zu reden!“ In den Amethysten funkelte es dunkel und Joey glaubte nur zu gut zu wissen, dass das kein gutes Zeichen sein konnte.

„Ist Duke eigentlich immer so …“

„So fürsorglich?“, beendete Yami die Frage, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern und schritt die Treppe voran.

Der Blonde nickte und gab einen zustimmenden Laut von sich, der aber nicht näher definierbar war als irgendeine Silbenfolge.

„Er war schon immer so, seit ich ihn kenne, hatte er ein unglaublich großes Herz für alle seiner Aufmerksamkeit bedürftigen Mitmenschen.“ Sarkasmus tropfte aus den Worten direkt auf den kalten Boden und es hätte Joey wohl nicht gewundert, wenn er wirklich eine kleine Pfütze voll davon entdeckt hätte.
 

Nachdem er die eigentliche Frage gestellt hatte, brannte ihm plötzlich noch eine weitere, viel dringender auf der Seele, auf die er beim besten Willen keine mögliche Antwort finden konnte. Warum um alles in der Welt schienen der Fotograf und sein Onkel so gut befreundet zu sein, wenn Yami doch gerade selber zugegeben hatte, dass sich Duke anscheinend nicht besonders um andere bemühte, selbst um die nicht, von denen man erwartete, dass sie ihm nahe standen.

Doch noch ehe sich die Wörter in seinem Hirn zu einem vollständigen Satz hatten zusammenfügen können, standen sie auch schon vor der großen Tür, die der Bunthaarige mit einem Schlüssel, offenbar seinem Zweitschlüssel, aufschloss.

„Duke, was fällt dir eigentlich ein, Joey rauszuwerfen, damit er mich wieder bei meiner Arbeit … !!!“

Noch während die Tür auf knallte, begann Yami mit einer ganzen Schimpfarie, die er allerdings noch vor jeglichem Höhepunkt jäh unterbrach.
 

Verwundert schob sich Joey hinter dem anderen her in die Wohnung und ihm bot sich ein Anblick, der ihn milde gesagt zutiefst schockierte.

Dort stand sein Onkel, nackt wohlgemerkt und sichtlich brennend auf das, was er im Begriff war zu tun, bevor Yami und Joey hereingeplatzt waren. Vor ihm, sitzend, ein anderer, braunhaariger Mann, dessen Bildnis genau dasselbe erzählte.

Der Teenager wusste nicht, ob er wegrennen sollte, aufgrund der Tatsache, dass er gerade die beiden Männer – wieso um alles in der Welt kam ihm der Braunhaarige auch noch so bekannt vor – kurz vorm Sex erwischt hatte, oder ob er sich über das „Kurz vorher“ freuen sollte. Gar nicht auszumalen, wenn man es durch ein „Mittendrin“ ersetzten würde.
 

„Joseph?“, riss ihn eine Stimme aus seinen Gedanken und in diesem Moment, da es an sein Bewusstsein drang, wurde ihm auch wieder klar, woher er den braunhaarigen Mann kannte.

„DUKE!“, kreischte ein hochroter Yami neben ihm, doch er hatte nur Augen für Dukes Gegenüber, der ihn immer noch wie eine Erscheinung anstarrte.

„Mr. Taylor?“

Es war pures Chaos, als schließlich auch noch sein Onkel mit einer Frage in das Wirrwarr eingriff und wissen wollte, woher um alles in der Welt sie sich kannten.

Dann war es erst einmal leise, keiner regte sich, keiner antwortete, nur der Bunthaarige schnaubte laut und fand als Erster seine Stimme wieder.

„Bevor wir hier eine Smalltalk-Runde eröffnen, solltet ihr euch was anziehen!“ Er nickte bedeutungsschwer Richtung Dukes und Tristans Klamotten, die vermischt und unordentlich den Boden zierten.
 

Erst da schien es dem Braunhaarigen schlagartig bewusst zu werden, dass er im Adamskostüm vor den beiden Neuankömmlingen saß und in Hektik und Eile griff er nach Boxershorts, Jeans und Shirt. Wahrscheinlich hätte er bei jedem Anzieh-Contest in Schnelligkeit gepunktet, nur Duke gab sich erst gar keine Mühe sich zu beeilen und kramte in einer Seelenruhe nach seiner Hose, dass es Yami schon wieder ein ärgerliches Schnauben entlockte.

„Tristan, könntest du mir jetzt bitte erklären, woher du Joey kennst?“, der Schwarzhaarige knöpfte sich sein Hemd zu und strich es glatt, ehe er aufsah und mit seinen grünen Augen alle Umstehenden in unendlicher Neugier zu durchbohren versuchte.

„Mr. Taylor war bis vor einem halben Jahr Sportlehrer an meiner Schule“, nuschelte Joey als Antwort, schneller als Tristan, dem die ganze Situation mindestens genauso unangenehm peinlich erschien wie dem Teenager selber.
 

„Vor meinem Umzug nach Domino hab ich an einer anderen Schule gearbeitet“, bestätigte der Braunhaarige noch einmal das Gesagte und stand nun, wieder vollständig bekleidet, wie bestellt und nicht abgeholt im Raum, unschlüssig ob er nun bleiben oder sich vorschnell verabschieden sollte.

„Du bist erst vor einem halben Jahr hergezogen?“, war es nun an Duke, überrascht aufzuhorchen und nachzufragen. Das hatte er gar nicht gewusst. Genaugenommen wusste er so gut wie gar nichts über Tristan, außer dass dieser Sportlehrer war, einen guten Geschmack, was Wohnungseinrichtung betraf, hatte und ein absoluter Bringer im Bett war. Sein sonstiges Wissen über Interessen, Hintergrund und das Leben des Braunhaarigen war stark beschränkt.
 

„Wie gut du doch informiert bist!“, spottete Yami und schritt nun auf Duke zu, den Zeigefinger drohend auf dessen Brust gerichtet. „Hör mir mal zu, Mister Die-Welt-geht-mir-am-Arsch-vorbei, ich weiß wirklich nicht, was du dir dabei gedacht hast, Joey einfach rauszuschmeißen für den Tag, nur damit du in Ruhe arbeiten und vögeln kannst … ob es dir gefällt oder nicht, er ist dein Neffe und du musst ihn so lange versorgen, bis das Jugendamt ihn dir bestimmt gerne wieder abnimmt.“ In seinen Augen funkelte es böse und Joey fand, dass Yami in diesem Moment wirklich bedrohlich wirkte. „Ich wusste es, du bist vollkommen ungeeignet, auch nur einen Hauch von Verantwortung für einen anderen Menschen zu tragen!“ Er wandte sich wieder ab „Wenn du mich jetzt entschuldigst, das hier muss ich mir nicht länger antun!“

Ohne jegliche Theatralik, dafür aber mit aufrichtigem Ärgernis in seinem Gang, schritt er davon, ließ es sich aber nicht nehmen, die Tür auch wieder in der Lautstärke zuknallen zu lassen, wie er sie aufgeschmissen hatte.
 

Nun nur noch zu dritt, standen die Übrigen nicht weniger starr und ratlos da. Joey und Tristan, die jeweils ein Loch zum Versinken oder eine Ecke zum Verkriechen suchten und Duke, der sich erst einmal lässig gegen die Couch lehnte, als wäre es ihm egal, ob und was er sagen sollte.

„Also, du hast einen Neffen, das ist … schön!“, verlegen kratzte sich Tristan am Kopf und wusste um die Überflüssigkeit seiner Bemerkung, doch ihm erschien dämliches Geschwätz als bessere Alternative zu betretenem Schweigen.

„Ich glaube, ich sollte dann jetzt gehen und nicht weiter stören“ er griff nach seiner Jacke, die noch immer auf dem Boden lag.

„Der einzige, der hier stört, ist die blonde Nervensäge.“

Ein leises, aber dennoch klares Knurren ertönte im Raum und der Schwarzhaarige verschränkte seine Arme vor der Brust, als wartete er darauf, dass sich Joey für sein Hereinplatzen entschuldigte und sich still und heimlich wieder vom Acker machte, damit er endlich dazu kam, worauf er sich den ganzen verdammten Tag schon gefreut hatte, nämlich zum Sex. Mit Yami, so hatte er sich vorgenommen, würde er am nächsten Tag noch ein ernstes Wörtchen reden, was erlaubte sich der Fotograf eigentlich, ihn so auszuschimpfen?
 

„Nein wirklich, ich sollte jetzt gehen!“, beharrte Tristan darauf, dass eindeutig er derjenige war, der hier überflüssig schien, nicht zuletzt, weil schlicht und einfach sein Fluchtreflex einsetzte. Es war ihm dann doch reichlich unangenehm, von einem ehemaligen Schüler auf diese Weise erwischt worden zu sein. Eine sehr merkwürdige und keinesfalls notwendige Erfahrung.

„Ich ruf dich an“, pfefferte er eine hohle Floskel hinterher und stürmte praktisch zur selben Tür hinaus, durch die wenige Sekunden vorher auch schon Yami aus ihrem Blickfeld verschwunden war. So waren sie also wieder alleine. Duke und sein unfreiwilliger, unliebsamer Gast.
 

„Bravo!“ Duke löste sich von dem Fleck, auf dem er die ganze Zeit gestanden hatte und machte einen drohenden Schritt auf Joey zu. Mit den Händen klatschte er demonstrativ vor dessen Gesicht, fast in Zeitlupe hörte man das Geräusch, wenn die Handflächen aufeinander trafen.

„Hast du gut gemacht. Mir den ganzen Abend versaut! Ich hoffe, es hat dir wenigstens Spaß gemacht, denn ich hatte sicherlich keinen.“ Mürrisch und übel gelaunt, anscheinend nicht wissend, wie er jetzt den Rest des Abends verbringen sollte, stand er einen kurzen Moment lang in der Gegend herum, bis ihm eine Idee kam.

„Ich geh jetzt weg, und rechne bloß nicht damit, dass ich diese Nacht noch wieder komme.“

Wenn Joey ihn um seinen Spaß mit Tristan gebracht hatte, musste er sich eben irgendwo anders Spaß organisieren, damit hatte er grundsätzlich nie Probleme, es war nur weitaus aufwändiger, als einfach den Braunhaarigen zu nehmen. Zumal ihm bei einem One Night Stand die Garantie fehlte, dass der Sex auch wirklich die vorherige Mühe wert gewesen war und nicht bloß eine langweilige Nummer war. Rein – raus – oh, ah, hm – fertig. Darauf konnte er dann auch verzichten, da brachte ihm ja seine eigene Hand noch mehr Befriedigung.
 

„Ich dachte, du willst mich nicht alleine in deiner Wohnung haben. Oder willst du mich jetzt noch ins Dunkel hinausjagen?“

Eigentlich eine rhetorische Frage, deren Antwort sich von selbst verstand, doch Joey bangte innerlich, da er es Duke durchaus zutraute, ihn wieder aus dem Apartment zu jagen, ohne Rücksicht auf Verluste, oder besser gesagt ohne Rücksicht auf seinen Verlust.

„Mach, was du willst, aber wenn nachher auch nur im Ansatz Verwüstung erkennbar ist, lass ich das Ganze aus deinem Erbe bezahlen.“ Er überlegte einen Moment und fügte dann noch mit größter Genugtuung hinzu: „Es sind alles teure Designermöbel, also würde ich dir davon abraten!“

Der Schwarzhaarige stand schon an der Tür und zog sich eine schwarze, kurze Lederjacke über, schließlich war es mittlerweile draußen wohl recht kühl geworden. Mit einem letzten Blick in einen kleinen Garderobenspiegel checkte er sein Äußeres und als er damit zufrieden schien, öffnete er die Tür und war bereits mit einem Fuß im Hausflur, ehe er sich noch einmal umdrehte.

„Es ist mir ehrlich egal, was du machst, solange meine Wohnung morgen früh, wenn ich wieder komme, noch steht!“ Dann war er verschwunden und ließ einen einsamen und zutiefst schockierten Joey zurück.
 

Der Blonde war froh, dass sein Onkel bereits gegangen war, als ein kleiner Tropfen, fast schon zu wenig, um sich Träne zu nennen, in seinen Augenwinkeln schimmerte.

Es war nicht so, als wenn er es nicht gewohnt wäre, unerwünscht zu sein, es war ja nicht so, als wenn er es nicht gewohnt, war alleine zu sein, nur war es an manchen Tagen doch einfach zu viel für ihn, das immer wieder so direkt gesagt und gezeigt zu bekommen.

Mit dem Ärmel wischte er sich rasch durchs Gesicht, in der Furcht, irgendein unsichtbar Anwesender hätte es doch gesehen. Wie es in ihm drin aussah, brauchte keiner zu wissen, schon gar nicht dieses Arschloch von Onkel, das zufällig blutsverwandt mit ihm war, das ging allein ihn was an, sonst keinen.
 

~*~
 

Nachdem sein anfänglicher Ärger über die Zerstörung seines schönen Abends mit Tristan verflogen war, hatte Duke beschlossen, den Rest der Nacht eben so gut es ging doch noch zu nutzen und in vollen Zügen zu genießen.

An Joey verschwendete er dabei keinen einzigen Gedanken mehr, es war, als gäbe es den sechzehnjährigen Jungen mit den blonden Haaren in seinem Leben gar nicht und genaugenommen war es ja auch das, was er sich wünschte. Einfach wieder für sich, ohne unbekannte Neffen oder plötzlich zu Moralaposteln mutierende, beste Freunde.

Aber darüber konnte er sich nun wirklich keine Gedanken machen und Yami, Joey und sonstige Probleme waren wie ausradiert, sobald der tiefe Bass-Beat der Disco an sein Ohr drang und sein Blut zum Vibrieren brachte.
 

Das „Sweet Poison“ war einer der angesagtesten Schwulen-Clubs in Domino und wirklich ganz gut, wenn man bedachte, dass die Auswahl an derartigen Etablissements in Domino ohnehin reichlich beschränkt war.

Der Geruch von Schweiß und Testosteron, von Kunstnebel und Alkohol kroch in seine Nase und er konnte die Menge an Menschen, die sich auf der Tanzfläche tummelte, nur ahnen, so dunkel, laut und voll war es hier. Draußen standen die jungen Männer immer noch Schlange, um eingelassen zu werden und Duke hatte es nur seinem Stammkundenstatus zu verdanken, dass ihn der Türsteher so durchgewunken hatte. Gut, vielleicht hatte auch die heiße Nacht, die er mal zusammen mit Odeon verbracht hatte, einen nicht geringen Einfluss darauf ausgeübt, weshalb ihn der Hüne immer wie einen VIP-Gast an der Schlange vorbei direkt in den Club lotste.
 

Duke schlängelte sich am Rand der Tanzfläche vorbei erst einmal direkt auf die Bar zu, denn ohne einen guten, und vor allem alkoholhaltigen Drink konnte so ein Feier-Beutezug-Abend doch gar nicht richtig stattfinden.

„Einen Caipirinha!“, forderte er, als der rothaarige Barmann – oder war es mehr ein Pink, das ihm da entgegen blitzte? – in seine Richtung sah.

„Ich auch einen!“, ertönte keine Sekunde danach eine Stimme dicht neben ihm und ein großer, braunhaariger Mann ließ sich auf den letzten freien Barhocker fallen, während er auf das georderte Getränk zu warten schien. Eigentlich nichts ungewöhnliches, hier gab es nur junge Männer, viele davon groß, noch mehr davon mit braunen Haaren, doch es war das Kalte und steif Wirkende in der Stimme des Unbekannten, das Duke aufhorchen ließ.

Warum kam ihm das bloß so bekannt vor …?
 

Er brauchte nicht lange überlegen, da drehte sich der Braunhaarige auch schon, mehr zufällig als beabsichtigt, wie es schien, zu ihm um. Es war niemand anderes als dieser Kaiba vom Jugendamt, der auch jetzt noch wirkte, als hätte man ihm seine Wirbelsäule mit Gips ausgegossen. Auch jetzt trug er noch eine schwarze Hose und das passende Jackett, lediglich die Krawatte hatte er abgelegt und um seinen Hals baumelte stattdessen eine filigrane silberne Kette mit einem Anhänger, den Duke aber nicht näher erkennen konnte. Wenn das nicht eine Überraschung war, der stocksteifste Mitarbeiter, den das Jugendamt wahrscheinlich je gehabt hatte, war schwul. Zumindest war dies die einzige Erklärung. weshalb dieser Kaiba sich sonst freiwillig in einer Disco, vollgepfercht mit lauter angetrunkenen, hübschen Männern, aufhielt und dabei nicht einmal so aussah, als würde er Zustände bekommen, die an die zehn Plagen im alten Ägypten erinnerten.
 

„Sieh an, wen man nicht alles trifft!“, flötete Duke amüsiert, und noch in diesem Moment, da das Eisblau der fremden und das Moosgrün seiner eigenen Augen aufeinander traf, hatte der Schwarzhaarige sich vorgenommen, dass es sein Ziel für den heutigen Abend sein würde, diesen Mann und keinen anderen rumzubekommen. Kaiba wirkte zwar reserviert, aber er versteckte bestimmt ungeahnte, ungezügelte Qualitäten hinter seinem Kompetenzlächeln. Nicht dass ihn jetzt das Äußere in besonderer Weise gereizt hätte, da konnte dieser Kaiba eindeutig nicht punkten, nicht in dem Outfit, nicht im Vergleich zu allen anderen um ihn herum, dazu waren die Klamotten, die er trug, einfach zu spießig. Es war vielmehr des Reiz, es zu schaffen, einen Menschen wie ihn abzuschleppen, der ihn zu dieser Entscheidung trieb.
 

Für einen Moment wirkte es, als könnte sich Kaiba nicht daran erinnern, ob er Duke schon einmal gesehen hatte und wenn ja, ob es wirklich notwendig war, sich an ihn zu erinnern, doch dann ließ er sich von weit oben zu einer Erwiderung herab.

„Devlin? Sie sind doch der, bei dem ich diesen Jungen, diesen Wheeler abgeliefert habe, richtig?“ Er erwartete keinerlei Antwort schließlich war er sich sicher, dass er recht hatte, doch Duke nickte dennoch einmal kurz, ehe er an einem Strohhalm nippte, der in dem gerade hingestellten Cocktail steckte.

„Ich bin überrascht, Sie hier zu sehen, Kaiba!“, gab er ohne Umschweife zu und drehte sich nun interessiert zu dem Größeren hin, als Zeichen dafür, dass er auf längere Konversation aus war. Länger im Vergleich zu den drei Worten, die hier sonst normalerweise getauscht wurden, wenn man es nicht gerade wirklich ernst damit meinte, jemanden näher kennen zu lernen.
 

„Was überrascht Sie daran?“ Kaiba verzog nicht eine Miene, sondern starrte Duke weiterhin durchdringend an. „Dass Sie mich hier antreffen? Es ist nun einmal ein guter Club, in dem die Chance, nicht ausschließlich auf Vollidioten zu treffen, immerhin noch nicht gegen Null tendiert. Ansonsten kann ich sagen, ich mache wahrscheinlich das Gleiche hier wie Sie.“

Hätte er gewusst, dass Duke direkt Sex mit „das Gleiche“ assoziierte, hätte er sich bestimmt anders ausgedrückt, doch so musste er das anzügliche Grinsen des anderen über sich ergehen lassen.

„Wenn wir das Gleiche wollen, könnten wir ja eigentlich auch das lästige Reden bleiben lassen!“ Duke zwinkerte und nippte wieder an seinem Getränk. Er hasste es, drum herum zu reden, warum also nicht auf die direkte Tour, damit auch so ein verklemmter Beamter verstand, worum es ihm ging.
 

„Ich empfinde Reden aber nicht als lästig“, kam die karge, abweisende Antwort und entlockte dem Schwarzhaarigen ein Seufzen.

„Dafür reden Sie aber recht wenig!“ Vielleicht konnte man diesen Eisklotz ja auf die lockere Art aus der Reserve locken und ihn zu seinem Glück zwingen.

„Aber na gut, dann reden wir. Ich hätte gar nicht gedacht, dass Sie schwul sind.“

„Ich trage schließlich kein Umhängeschild“, knurrte der Braunhaarige als Antwort zurück und verriet damit, dass er jetzt nicht sonderlich Lust hatte auf diese Art von Smalltalk.

„Sind sie verabredet, Kaiba, oder einfach so alleine hier?“, besann sich Duke sicherheitshalber zu fragen, ehe er noch weiter in die Offensive ging.
 

„Allein!“ Seto rutschte von seinem Barhocker herunter und ließ seinen Drink unberührt stehen. „Hören Sie, ich lege weder Wert darauf, von Ihnen bequatscht zu werden, noch werden Sie bei mir große Aussichten auf einen One Night Stand haben, den Sie zu suchen scheinen, wenn Sie mich jetzt also entschuldigen!“ Ohne einen Blick zurück hatte sich Kaiba in das Getümmel der Tanzfläche geschmissen und war fortan aus dem Blickfeld des Schwarzhaarigen verschwunden.

Verdattert blickte Duke ihm nach und konnte es noch nicht fassen. Da hatte ihm doch gerade tatsächlich jemand einen Korb gegeben, IHM und das auch noch von so einem Bürokraten, der wahrscheinlich ohnehin seit Monaten chronisch untervögelt war.
 

Sauer kippte er seinen restlichen Cocktail hinunter, ohne dabei den Strohhalm zu benutzen, Glas ansetzen und wegkippen ging erheblich schneller, dann orderte er einen neuen und schaltete wieder innerlich die Suchfunktion ein, bis seine Augen diesmal auf einen hellblonden, gebräunten Mann fielen, der gerade, anscheinend von Richtung Toiletten kommend, die Tanzfläche unweit von Duke entfernt betrat und alleine anfing zu tanzen, noch seine Umgebung abcheckend.

Wenn das keine indirekte Einladung war, die es zu nutzen galt, dann wusste er auch nicht. Also scherte er sich nicht weiter um den eben bestellten Drink, sondern trank in zwei großen Schlucken lieber Setos stehengebliebenes Getränk, ehe er sich geschmeidig zu dem Platinblonden bewegte.

„Na, mein Hübscher, ganz alleine hier?“, hauchte er ihm gerade so laut ins Ohr, dass es den durchdringenden Bass übertönte, als er sich von hinten an ihm schmiegte und im Takt zur Musik seine Hüfte schwingen ließ.
 

In einigen Metern Entfernung beobachtete Seto das Geschehen mit Argusaugen. Da hatten sich zwei gefunden für diese Nacht, schließlich war es nicht irgendwer, an den sich Duke gerade ranmachte, sondern es war Marik. Er seufzte unhörbar.

Der Platinblonde war sein Exfreund, wenn man ihn überhaupt jemals als seinen „Freund“ hatte bezeichnen können, denn im Grunde war es ihm bloß um eins gegangen: Sex! Etwas, das bei diesem Devlin offenbar ebenfalls hohe Priorität besaß.

Als die beiden Flirtenden schließlich gemeinsam Arm in Arm Richtung Ausgang stolzierten, konnte sich der Braunhaarige denken, wie der Rest der Nacht verlaufen würde, mit nicht jugendfreien und nicht schlaffördernden Aktivitäten.

Eine Sache, die Seto immer schon an derartigen Clubs gestört hatte. Man ging hin, man suchte sich ein Opfer und hatte dann Sex, manchmal ohne recht zu wissen, wer der andere überhaupt war, denn längere Gespräche, Kennenlernen oder sonstige überflüssige Zeitaufwendung waren nichts weiter als unnützes Herauszögern von sexueller Befriedigung.

Gott, wie er diese Mentalität hasste!
 

Eigentlich fragte er sich sogar immer wieder, weshalb er dennoch öfter ins Poison kam, als ihm lieb war, die Antwort war doch immer wieder dieselbe. Er arbeitete den ganzen Tag, oft auch noch nach Feierabend, weil es einfach mehr elternlose, misshandelte, ungewollte Kinder und überforderte, grausame oder ignorante Eltern gab, als es die Bürokratie verkraften konnte. So brachte er tagtäglich Stunden über Stunden damit zu, Berichte zu schreiben, Anträge abzulehnen oder zu bestätigen und nicht selten rief er gar die Polizei bei Sachen, die ihm das alte Grausen ins Gesicht trieben. Machte ihm das Spaß? Nein!

Warum machte er es dennoch? Einer musste es ja schließlich tun, denn Spaß machte es wohl keinem, zumindest konnte er es sich nicht vorstellen.

Fakt war allerdings, dass ein lästiges Nebenprodukt dieser Arbeit mangelnde Zeit war. Wo hätte er denn auch irgendwen kennen lernen sollen, also musste er wohl oder übel hoffen, auch in einem Haufen Notgeiler mal fündig zu werden.
 

+ + + + + + + + +
 

Das war es auch schon wieder mit dem Kapitel, ich hoffe es hat euch gefallen
 

*kekse an alle Leser verteil*
 

LG eure trinithy

Guten Morgen liebe Sorgen

Entschuldigt, dass es diesmal etwas länger gedauert hat, aber ich hatte eine stressige Schulwoche und war dann jetzt auch noch ein einhalb Wochen auf Klassenfahrt, daher erst jetzt wieder etwas Neues.
 

Aber ich hoffe es gefällt euch^^
 

+ + + + + + + +
 

Kapitel 7- Guten Morgen liebe Sorgen
 

Joey hatte den restlichen Abend und die Nacht alleine verbracht, sein herzallerliebster Onkel hatte sich ja wie zu erwarten hervorragend um ihn gekümmert und hatte durch seine permanente Abwesenheit bis in die frühen Mittagsstunden geglänzt.

Es war bereits um die elf Uhr herum, als Joey sich gerade in seiner Not ein paar Eier, die man in dem Kühlschrank noch als nützlich proklamieren konnte, in die Pfanne schmiss, um sie zu einem Spiegelei zu verarbeiten. Dazu gab es nach improvisiertem Speiseplan und begrenzter Auswahl eine Scheibe Toast, ein Glas Wasser – er hasste Kaffee, das einzig andere auffindbare Getränk – und eine wirklich zum Durchgucken dünne Scheibe Schinken.

Alles in allem eben genau das, was ein Jugendlicher mit restlichem Wachstumspotential zum ausgewogenen Frühstück essen sollte.
 

Gerade als er den ersten Bissen seines selbstgemachten Fünf-Sterne Frühstückes in den Mund schieben wollte, ertönte plötzlich ein lautes Klingeln und für einen Moment schaute der Blonde orientierungslos hin und her, bis ihm klar wurde, dass es sich bei der Ursache für dieses penetrante Geräusch eigentlich nur um das gerade recht heftig in der Ladestation blinkende Telefon handeln konnte.

Preisfrage am Morgen, rangehen und die Nachricht für Duke entgegen nehmen, oder einfach die Ohren auf Durchzug stellen – eine seiner leichtesten Übungen – und zu seiner Verteidigung vorbringen, dass sein Onkel, für den der Anruf ja sicherlich gedacht war, ohnehin nicht zu den Anwesenden zählte.

Ein Seufzen, dann hatte er sich innerlich dazu durchgerungen und griff nach dem Hörer, um sich wenige Sekunden später – noch auf einem Stück Weißbrot kauend – mit „Ja?“ zu melden.
 

„Duke, bist du’s?“, erklang die mechanisch leicht verzerrte Stimme mit fragendem Unterton am anderen Ende, doch es war nicht schwer festzustellen, mit wem er da sprach.

„Nein, der ist nicht da!“

„Joseph? Hier ist Tristan Taylor.“ Sowohl die Frage als auch das Vorstellen waren mehr als unnötig gewesen, denn beide Parteien wussten mittlerweile, welch zweifelhaftes Vergnügen sie hatten.

„Joey, bitte!“, der Blonde schob sich ein weiteres Stück seines kargen Essens in den Mund und fuhr dann mehr oder weniger verständlich fort. „Duke hab ich seit gestern Abend nicht mehr gesehen.“

Ein Schnauben ertönte an der anderen Seite der Leitung und nach einem kurz hervor gepressten „Danke. Tschüss!“ tönte das langgezogene Tuten durch das Trommelfell direkt ins Hirn und wieder zurück. Da hatte diese Information aber anscheinend jemandem den Vormittag gehörig verdorben.
 

Joey war das herzlich egal, er hatte genug Probleme, als dass er sich jetzt auch noch den Kopf über die seines Onkels zerbrechen konnte, außerdem war er mehr als froh, dass Mr. Taylor aufgelegt hatte. Beim Klang der Stimme flammten in seinem Gedächtnis mit peinlichem Beigeschmack die Bilder des vergangenen Abends auf. Sein ehemaliger Sportlehrer, offenbar ebenfalls schwul, nackt in ziemlich eindeutiger Pose mit seinem Onkel. Das gehörte zu den typischen Sachen, die man über das Privatleben seiner Lehrer nicht zu wissen brauchte, da es einem jeglichen Respekt nahm, wenn die eigentliche Autoritätsperson mit sprichwörtlich wie wörtlich heruntergelassenen Hosen vor einem stand.

Ein wirklich merkwürdiges Gefühl.
 

In Anbetracht der Tatsache, dass das letzte, woran er jetzt eigentlich denken wollte, dieses Bild vor seinem inneren Auge war, versuchte er sich wieder hartnäckig auf das Spiegelei zu konzentrieren, da klingelte das Telefon erneut.

Wollte Taylor jetzt etwa doch so eine Art Nachricht hinterlassen oder die Bitte um einen Rückruf, sobald sich Duke wieder blicken ließ?

Erneut hob er ab, doch noch bevor er sich mit irgendeiner Bestätigung seiner Anwesenheit melden konnte, meldete sich diesmal eine andere, tiefere aber ebenfalls männliche Stimme.

„Seto Kaiba von Jugendamt, spreche ich mit Duke Devlin?“

Kaiba, das war doch der Sachbearbeiter seines „Falles“ – wie es so schön hieß – gewesen, dieser große Braunhaarige mit Anzug und Krawatte zum Ersticken.

„Äh, nein, der ist nicht da. Hier ist Joey Wheeler.“

„Ah, Joey, auch gut, dass ich dich dran habe um dich geht es ja schließlich.“

Bildete er sich das ein oder schien dieser Kaiba nicht im Geringsten davon überrascht, dass Duke nicht zu Hause war.
 

„Kannst du mir sagen, wo dein Onkel ist und wann er wiederkommt?“

„Nein, keine Ahnung!“

„Hm.“ Ein bestätigendes Summen am anderen Ende, als hätte er gerade gedanklich ein Häkchen in eine imaginäre Checkliste gesetzt. „Fühlst du dich wohl bei ihm und hat er sich entsprechend um dich gekümmert?“

„Na ja, irgendwie …“, druckste Joey plötzlich herum.

Gekümmert hatte sich Duke überhaupt nicht um ihn. Die Frage mit dem Wohlfühlen war ein zweischneidiges Schwert. Natürlich fühlte er sich nicht wohl, wie denn auch, wenn er nicht gewollt war und unter den Eskapaden des ausgeprägten Sextriebes seines Onkels zu leiden hatte. Doch sagte er jetzt ehrlich, wie die Fakten standen, war er wahrscheinlich schneller wieder in irgendeinem Heim, als Duke potentielle One-Night-Stands gefunden hatte. Darauf konnte er gut und gerne verzichten. Sich mit zehn oder mehr Jungs, alles fremde, verzogene, vielleicht sogar kriminelle oder psychisch reichlich angekratzte Persönlichkeiten, ein kleines Zimmer mit Hochbetten teilen zu müssen.

Schlechtes Essen, Mobbing, nie Platz und Zeit für sich alleine und noch mehr das Gefühl, von wirklich keinem gewollt zu werden. Dann doch lieber diese immerhin schicke Wohnung mit bloß einer kratzbürstigen Person.
 

„Ich lebe mich noch ein, aber es ist schön“, bog er letzten Endes die Wahrheit zurecht und beschönigte sie mit einer dicken Schicht Flunkerei.

„Wenn das so ist …“ Das Misstrauen sprach geradezu aus dem Hörer heraus, doch mit mehr als diesem Unterton ging Kaiba nicht darauf ein. „Ich werde am Montag den ersten Besuch abstatten, das kannst du deinem Onkel ausrichten, damit ihr auch anzutreffen seid. Schönen Tag noch!“

Floskeln wie „schönen Tag“ klangen geradezu abgelesen oder auswendig gelernt, keineswegs aber ehrlich gemeint. Es war wie eine reine Formalität, die zu erledigen war.

Dann war die Leitung unterbrochen und Joey auch wieder gedanklich allein mit seinem halb aufgegessenen, mittlerweile vollständig kalten Frühstück.
 

Eine weitere Portion kaltes Spiegelei fand den Weg in seinen Mund, da hörte er, wie sich die Tür öffnete und ein leicht zerzaust wirkender, schwarzer Haarschopf schob sich mit einem unüberhörbaren Gähnen hinein.

„Ach … morgen!“, nuschelte Duke im Vorbeigehen zu Joey, mit einem Blick der sagen sollte „du bist ja auch noch da“ und zielstrebig fanden seine Hände den Weg zur Kaffeemaschine. Anscheinend grundsätzlich das Erste, was Duke betätigte, sobald er zu Hause war. Und so müde wie er noch aussah, konnte er heute das ganze Koffein auch mal wirklich gebrauchen.

„Hast du jetzt wieder vor, mich rauszuschmeißen?“, fragte der Blonde bissig, ohne von seinem Essen aufzuschauen.

Innerlich hegte er die Hoffnung, dass Duke irgendwo doch einen guten Fleck in sich trug und ihm wenigstens heute nicht direkt mit der Neon-Leuchtreklametafel zeigte, dass er absolut unerwünscht in dieser Wohnung war. Es reichte ja schon, wenn der Schwarzhaarige einfach noch zu müde dazu war, denn er wirkte nicht gerade so, als hätte er vergangene Nacht besonders viel Schlaf bekommen. Vielmehr schien es, dass er sich ausgepowert und ausgetobt hatte. Ein rötlicher Fleck, eine Mischung zwischen Knutschfleck und Bisswunde, zierte seinen Nacken und lugte gerade noch unter den herunter hängenden Haaren hervor. Anscheinend hatte er gefunden, was er gesucht hatte, einen ähnlich hemmungslos Gleichgesinnten.
 

„Nein“, nuschelte der Schwarzhaarige und kramte, während das Wasser unablässig bereits durch den Kaffeefilter tröpfelte, in einer Schublade nach Kopfschmerztabletten oder vergleichbarem. Anscheinend hatte da jemand nicht bloß eine stürmische Nacht hinter sich, sondern auch noch ein paar Cocktails zu viel. Joeys Mitleid für den offenbar pochenden Kopf seines Onkels hielt sich aber in Grenzen.

„Wie liebenswürdig!“, schnaubte er als Antwort. „Übrigens, dieser Kaiba hat angerufen.“

„Kaiba?“ Überrascht sah der Schwarzhaarige auf, ehe er die gefundene Tablette mit einem Glas Wasser herunter spülte.

„Na der vom Jugendamt“, setzte der Teenager eine Erklärung hinterher, denn er deutete Dukes Überraschung als Frage danach, wer denn bitteschön Kaiba sei.

„Ich weiß, wer das ist! Was wollte er denn?“

„Bloß wissen, ob du da bist und Bescheid sagen, dass er am Montag einen Kontrollbesuch macht“, reduzierte Joey die Nachricht auf diesen einen Satz. Mehr brauchte der andere gar nicht erst zu erwarten, er war ja schließlich kein kohlehydratbetriebener, vollautomatischer Anrufbeantworter mit endloser Garantie.
 

Doch zu seiner inneren Erleichterung – sonst hätten sie sich wahrscheinlich wieder gegenseitig in einen Streit verwickelt – nahm Duke diese Information mit einem eintönigen Brummen hin und fragte weder nach noch beschwerte er sich darüber, dass Joey es gewagt hatte, sein teures Telefon anzufassen.

„Mr. Taylor hat auch angerufen!“ Beiläufig schob er die zweite Nachricht hinterher.

„Tristan?“, abermals fragte Duke nach. Nicht sehr gesprächig und wortgewand heute. Was Alkohol und seine Nachwirkung doch aus sonst so eloquenten Persönlichkeiten machte.

„Ja, habe ich doch gesagt, Mr. Taylor.“

Bloß weil er seinen Lehrer im Adamskostüm gesehen hatte, hieß das noch lange nicht, dass er es über sich brachte, ihn auch mit Vornamen zu benennen. Selbst vor Duke ging ihm der Name „Tristan“ nicht über die Lippen, denn, ob man es glauben wollte oder nicht, Joey konnte auch Respekt haben und vor Mr. Taylor hatte er immerhin noch ein klein wenig.
 

„Als ich ihm erzählt habe, dass du letzte Nacht nicht da warst, klang er ziemlich angefressen und hat aufgelegt.“

Nicht, dass er es erzählte, um Duke einen Gefallen zu tun, es war eher der Fall, dass er hoffte, ein bisschen Gefühlsregung in dem Schwarzhaarigen hervorzurufen. Joey wäre zumindest direkt in Aufregung versetzt, wenn man ihm erzählt hätte, dass seine Freundin sauer ein Telefonat beendet hatte, das eigentlich für ihn gedacht war.

Doch anstatt nun endlich einen vollständigen Satz zu Ohr zu bekommen, nahm Duke die Information erneut lediglich mit einem gesummten „Hmm“ zur Kenntnis.

Was zur Hölle war denn bloß mit diesem Mann, ging ihm denn wirklich die ganze Welt am Arsch vorbei?
 

„Du kannst meinetwegen heute machen, was du willst, ich fahr zu Yami!“, meldete sich der Schwarzhaarige nun endlich mit dem ersten vollständigen Satz zurück unter den halbwegs Lebenden. Und weniger laut, dafür aber wesentlich drohender fügte er hinzu: „Mit dem habe ich noch was zu klären!“

Es war keine mentalmagische Meisterleistung, zu erraten, dass das auch auf die eigentlich kurz und schmerzlos ausgefallene Strafpredigt vom vorherigen Abend anspielte. Reichlich empfindlich, wie Joey fand, aber er war vielleicht auch schon abgehärtet, denn an raueren Umgangston war er nur zu gut gewöhnt.

„Immer auf die anderen, was?“, murmelte der Teenager mehr zu sich selbst, doch leider laut genug, dass Duke es mitbekam.

„Du hast mir gar nichts zu sagen. Warum müssen Jugendliche eigentlich immer meinen, alles besser zu wissen, obwohl sie nicht den leisesten Schimmer einer Ahnung haben, wie die Welt funktioniert!“

Er wurde laut, aber noch im selben Moment, da er sich fast wieder in Rage gemeckert hatte, bemerkte der Schwarzhaarige, dass diese Lautstärke ganz und gar nicht gut für seinen Kopf war. Schmerzlich kniff er die Augen zusammen und verstummte augenblicklich wieder.

„Mach, was du willst, aber lass mich bloß die nächsten Stunden in Ruhe!“

Damit schnappte er sich die mittlerweile voll getröpfelte Tasse Kaffee und verschwand schnell in den durch Möbel und Architektur des Raumes leicht abgetrennten Schlafbereich seines Apartments.
 

Joey hingegen seufzte leicht. Da musste er seine Pläne, mit einer Blaskapelle und einer Percussiongruppe durch die Wohnung zu prozessieren, wohl auf einen anderen Tag verschieben, gnädiger Herr wünschte ja nicht gestört zu werden.

„Ich bin spazieren!“, rief er noch so laut, dass ihn Duke auch wirklich verstand, dann verließ er die Wohnung. Er wusste weder, was ihn dazu bewegte, dieses Mal freiwillig das Feld zu räumen, noch wusste er, wo er hin sollte, aber ein paar Stunden frische Luft schnappen und sich die Beine vertreten, konnte schon nicht verkehrt sein.

Zwar nagten Zweifel an ihm, ob die Aktion so klug gewesen war, denn wenn Duke nicht zu Hause war, wenn er wiederkam, stand er vor der Tür und musste wohl oder übel warten. Doch jetzt war es eigentlich auch egal. Dann würde er eben auf der Treppe im Hausflur warten wie ein Penner, darin hatte er ja dank dem gestrigen Vormittag genügend Übung, allemal besser als den ganzen Tag auf Dukes Designer-Couch zu sitzen, sich nicht bewegen zu dürfen, da ja sonst die Designer-Einrichtung beschädigt wurde. Es wunderte ihn ja fast, dass es ihm erlaubt worden war, einen Fuß in die höchstwahrscheinlich ebenfalls Designer-Dusche zu setzen und sich zu waschen. Er schnaubte.
 

~*~
 

Warum ließ er sich diese ganze Scheiße eigentlich gefallen?

Tristan war bereits seit sieben Uhr auf den Beinen und hatte eigentlich sein wöchentliches Fitnessprogramm für Samstagmorgens absolviert, doch nach dem Anruf bei Duke, oder vielmehr nach dem Anruf in Dukes Duke-freier Wohnung, war er so sauer gewesen, dass er sich kurzerhand wieder seine Joggingschuhe übergezogen hatte und nun durch den Park lief.

Eigentlich hasste er es, gegen die Mittagszeit und dann auch noch am Wochenende an öffentlichen Plätzen wie beispielsweise einem Park Sport zu treiben, da man es eigentlich nicht mehr Sport nennen konnte.

Kinderwagen-alte Damen-Hunde-Ausweich-Sprint, was eher den Kern der Sache traf, war bisher keine anerkannte Sportart. Wäre es eine, so hätte er durch all sein Training bestimmt gute Chancen auf Gold.
 

Die Wege waren zu voll, die Wiesen zu matschig oder gesprenkelt mit Hundehaufen. Aber all das nahm er jetzt gerne in Kauf, Hauptsache, er hatte ein Ventil für seine Wut.
 

Er hatte es geahnt, ach was, er hatte es sogar gewusst. Er hätte drauf wetten sollen, dass Duke sich gestern Abend noch woanders seinen Spaß und seine Befriedigung geholt hatte, dann wäre er jetzt zumindest materiell ein reicher Mann, denn diese Wette hätte er ja wie es aussah gewonnen. Zumindest gab es sonst keinen anderen Grund, weshalb der Schwarzhaarige die komplette letzte Nacht nicht zu Hause gewesen war und Joey hatte keinen Grund ihn anzulügen, weshalb sollte er also an der Richtigkeit dieser Aussage zweifeln?

Außerdem passte es nur zu gut zu dem Schwarzhaarigen, sich einfach zu holen, was er wollte, egal wo, egal bei wem.
 

Was eine Scheiße!

Wieso tat er sich das an?

Er hatte Duke noch eine Chance gegeben und dieser hatte sie mit Glanz und Gloria vergeigt, wahrscheinlich weil er nicht einmal gewusst hatte, dass er derzeit in Tristans Gunst wackelte. Andererseits hätte es ihn vielleicht auch nicht gekümmert.

Vor seinem geistigen Auge erschien ein Bild von schwarzen, samtenen Haaren und grünen Pupillen, die ihn freundlich anfunkelten.

Leugnen war zwecklos, ihm bedeutete Duke mittlerweile mehr als er sich eingestehen wollte, als es jemals beabsichtigt gewesen war. Noch ein Grund mehr, dem Ganzen endlich ein Ende zu setzen und einen Schlussstrich zu setzen. Sex war nicht alles im Leben, selbst guter Sex nicht, doch mit dieser Denkweise war Tristan wohl der Einzige von ihnen beiden, der so dachte. Lieber verzichtete er jetzt einige Wochen auf alle zwischenmenschlichen Aktivitäten, als sich noch einmal mit Duke zu treffen.

Dem Schwarzhaarigen lag offenkundig rein gar nichts daran, ihre Beziehung zu vertiefen und aus dem Bett auch in eine andere Ebene zu hieven. Jegliche Mühe wäre wie Perlen vor die Säue geworfen.
 

Der Braunhaarige fluchte laut los, als er einen Stich in die Seite spürte. Jetzt hatte er vor lauter Wut und Verbitterung falsch geatmet und erntete nun ein deftiges Seitenstechen als Strafe dafür. Er verlangsamte seinen Schritt und stemmte seinen rechten Arm in die Hüfte in der Hoffnung, dass es irgendwas bewirken würde und das unangenehme Ziehen und Stechen dadurch schneller wieder verschwinden würde.

Für einen Moment abgelenkt, fand er nun gedanklich zu seinem eigentlichen Thema wieder. Immerhin eines hatte sein Power-Jogging schon bewirkt, sein Kopf war wesentlich klarer in Bezug auf gewisse Dinge und er konnte ganz wut- und zornfrei eine Entscheidung treffen. Und diese Entscheidung lautete, dass er das nächste Mal, wenn er Duke sah oder sich mit ihm traf, Schluss machen würde, falls man es so nennen konnte. Zumindest das, was auch immer sie führten, würde er beenden, denn er fürchtete, wenn sie noch weiter machten wie bisher, würde er früher oder später an Eifersucht und enttäuschter Zuneigung krepieren. Tatsache war einfach, er hatte angefangen, mehr für diesen verdammten, elenden Macho zu empfinden als bloß körperliche Lust und Anziehung.
 

Schnaufend, immerhin war er den gesamten Weg eher gerannt als gejoggt, wie ihm sein Körper jetzt mitteilte, ging er zu einer nahstehenden Parkbank hinüber, auf der bloß eine einzige Person saß, um sich in seiner Verschnaufpause die Beinmuskulatur zu dehnen. Auf einen Krampf oder ähnliches beim Weiterlaufen verzichtete er dankend, obwohl es den absolut miserablen Morgen abrunden würde.

Erst beim Näher kommen stellte er zu seiner Verwunderung fest, dass es sich bei der sitzenden und Löcher in die Luft starrenden Person um den ihm bekannten blonden Teenager namens Joey Wheeler handelte.
 

„Hallo, Joey!“, grüßte er notgedrungen, als er ein Bein auf die Bank auflegte, um es zu strecken und zu dehnen, da er schließlich nicht so tun konnte, als ob er den Jungen nicht kannte. So viele Manieren besaß er noch.

„Oh, hi!“

Überrascht hob Angesprochener den Kopf und errötete augenblicklich und ungewollt ein bisschen, ehe er schnell den Blick wieder abwandte. Tristan war das eigentlich nur recht, denn er selber hatte auch noch ein Problem damit, dem Teenager in die Augen zu sehen, nach der Situation, in der er gestern erwischt worden war.

„Mr. Taylor, darf ich Sie was fragen?“

Es war eigentlich nicht Joeys Art, so höflich eine Vorfrage zu stellen, wenn er etwas wissen wollte, zumindest meinte Tristan sich noch daran zu erinnern, dass der Blonde in seinem Sportunterricht immer eine große Klappe gehabt hatte. Höchstwahrscheinlich verhielt er sich nicht so um der Höflichkeit selbst willen, sondern vielmehr, um eine gewisse Distanz, durch eben diese Höflichkeit, zwischen ihnen aufzubauen.
 

„Sicher.“

„Sind Sie jetzt so was wie Dukes fester Freund oder so?“ Ihm fiel partout keine schlauere Formulierung ein, doch sicherlich verstand ihn der Braunhaarige auch so.

Einen Moment lang starrte Tristan ausdruckslos in die Gegend, dann wandte er den Blick kurz zu Joey, ehe er trocken und zynisch loslachte.

„Duke ist dein Onkel, du müsstest doch wissen, wie er ist. Als ob er sich jemals freiwillig an irgendwen bindet … Es lebe die Freiheit.“ Erneut lachte er trocken auf, doch ein gewisser Zug Verbitterung zeichnete nun sein Gesicht.

„Ich kann es mir denken, dass er so ist, aber genaugenommen kenn ich Duke erst seit zwei Tagen“, erklärte Joey, der mit seiner Aussage große Verwirrung bei dem Älteren hervorrief.

„Das musst du mir jetzt aber erklären!“
 

Der Teenager seufzte und holte tief Luft.

„Meine Eltern sind beide vor vier Monaten bei einem Unfall ums Leben gekommen. Das Jugendamt hat so lange gebraucht, Duke ausfindig zu machen, doch vor zwei Tagen hat man mich bei Duke abgeladen. Ich soll jetzt wohl bei ihm wohnen, bis ich achtzehn bin, oder so ...“

Gegen Ende hin wurde er immer leiser, denn damit wurden seine Aussagen auch immer unsicherer. Natürlich war es generell beabsichtigt gewesen, dass er bei Duke solange wohnte, doch ob der Schwarzhaarige da auch mitspielte, war wieder eine andere Frage.

Für einen Moment herrschte großes Schweigen zwischen ihnen und man hätte einen Stecknadelkopf fallen hören können – vorausgesetzt das Hundegebell, das Kleinkindergelärme, das Babygeschrei, die schimpfenden Jungeltern und die pfeifenden Hundebesitzer wären nicht auch noch irgendwo in diesem Park um sie herum gewesen. Dann zeigte Tristan wieder etwas Regung.

„Mein Beileid.“
 

„Das braucht Ihnen nicht leidtun, ich vermisse sie nicht.“ Es war ihm egal, ob er jetzt grausam oder kaltherzig klang, er sagte nur die Wahrheit. Das, was er fühlte, war vieles, aber kein schmerzlicher, nicht verkraftbarer Verlust.

„Ich weiß.“

„Hm?“ Jetzt war es Joey, der überrascht aufhorchte. Woher wollte denn sein ehemaliger Sportlehrer wissen, wie sein Verhältnis zu seinen Eltern gewesen war und dass er sie nicht vermisste. Oder vielleicht gerade, weil er mal sein Lehrer gewesen war?

„Mein Beileid, dass du bei Duke wohnen musst.“ Mit dieser Aussage verblüffte er den Teenager nur noch mehr. Hatte Joey eben noch gedacht, die verfängliche Lage am Vorabend hätte für sich gesprochen und Tristan wäre Duke sehr zugeneigt, so ließ sich davon nun nichts mehr raushören.

„Duke hat ein unglaubliches Talent, alle anderen um sich herum zu vergessen, wenn er sich gerade selber wieder am wichtigsten nimmt“, murmelte der Braunhaarige erklärend hinterher.
 

Nahm er das alles zusammen, was er gerade gehört hatte, kam Joey unweigerlich zu dem Schluss, dass Tristan und Duke unmöglich eine viel engere Beziehung haben könnten. Andererseits klang Tristan nicht gleichgültig, sondern eher in einer verbitterten Weise enttäuscht und traurig. Vielleicht hätte er die Tatsachen gerne anders stehen.

Zumindest lauteten so die Vermutungen des Teenagers.

„Ähm … gestern Abend …“, zögerlich ergriff der Ältere wieder das Wort „… dieser eine Typ, mit dem zusammen du gekommen bist ...“

„Yami?“, Joey hob eine Augenbraue hoch.

„Wenn er so heißt … Also, war er, ist er …“

Wie sollte er nur sagen, was er wissen wollte? Er konnte ja schlecht einen Sechzehnjährigen fragen: „Hey, sag mal, vögelt dein Onkel auch mit diesem Yami rum?“, das ging nun wirklich nicht. Stattdessen fragte er ein wenig subtiler:

„ …haben Duke und er etwas zusammen. Dieser Yami wirkte gestern ziemlich aufgeregt und eingeschnappt, als er mich gesehen hat.“

Er konnte nicht glauben, dass er diese Gedanken gerade wirklich laut ausgesprochen hatte, vor einem so viele Jahre jüngeren Gesprächspartner, dem es wahrscheinlich genauso komisch vorkam, das gefragt zu werden, wie es Tristan komisch vorkam zu fragen.
 

„Ich glaub, die beiden sind nur Freunde. Genau kann ich es nicht wissen.“ Joey verfiel wieder ins Schweigen.

„Also war Duke nicht gestern Abend bei ihm?“

„Er wollte feiern gehen. Wo er genau war, weiß ich nicht.“

Das Gespräch wurde ja immer unangenehmer.

Tristan seufzte schließlich und brachte wieder ein paar Schritte Abstand zwischen sich und die Bank, auf der Joey saß.

„Dann noch einen schönen Tag, ich muss mal weiter.“ Ausrede, er musste gar nichts, er wollte nur weiter joggen, da dieses Gespräch den mittlerweile abgebauten Teil seines Frustes wieder auferstehen hatte lassen.

Ohne sich noch einmal umzudrehen, lief er wieder los und musste auch direkt den nächsten Schlenker um eine Frau mit vier Hunden an der Leine machen.

So wie es aussah, würde seine Joggingstrecke sich noch um einige Kilometer verlängern, denn bis sein Kopf wieder klar war, würde es wohl noch etwas dauern.
 

Joey blieb alleine auf der Bank zurück, auf der er auch noch einige Zeit sitzen blieb. Ebenfalls seinen eigenen Gedanken nachhängend, darüber, wie es eigentlich in seinem Leben weiter gehen sollte. Alles war so schrecklich ungewiss.

Alles war so schrecklich beschissen.

Vom Regen in die Traufe, in den letzten Monaten hatte er erfahren, was es zu bedeuten hatte.
 

+ + + + + + + + +
 

Das war es dann leider auch schon wieder, aber ich tippe ab heute wieder an Kapitel acht weiter, in der Hoffnung dass ich das nächste wieder in einer Woche hochladen kann.
 

LG eure trinithy

Zerwürfnis

Es tut mir Leid, dass es ab jetzt immer etwas dauert, aber ich habe keine Kapitel mehr in Vorrat, die Kapis kommen on sobald sie geschrieben sind^^
 

Ich hoffe es gefällt euch^^
 

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Kapitel 8- Zerwürfnis
 

Es war bereits Nachmittag, als Duke sich wieder aus seinen Kissen erhob – immer noch mit leicht pochenden Kopfschmerzen – und augenreibend zur Küchenzeile stiefelte, um sich einen weiteren Kaffee zu gönnen.

Wozu brauchte ein Mensch Blut in seinem Körper, er könnte auch mit einer Infusion des bräunlichen Getränks rumlaufen. So stände ihm der Energiekick wenigstens immer bereit.

Manche Menschen mochten es für einen großen Makel halten, wenn jemand bereits Anzeichen einer Pseudo-Sucht für so etwas zeigte, doch Duke sagte sich immer wieder selber, dass es ihm lieber war, eines Tags drei Jahre früher zu sterben wegen hohem Blutdruck, als dass er, wie manch andere, die er durchaus kennengelernt hatte, auf aufputschende Substanzen aus dem Chemielabor zurückgreifen musste.

Damit verkürzte sich seines Lebensdauer nicht nur um ein bis zwei Jahre, sondern er lief erheblich mehr Gefahr, dass sein Leben ein jähes Ende fand.
 

Nachdem er sich also mit seinem Lebenselixier gestärkt hatte, und sich um des knurrenden Magens Willen auch noch zwei trockene Scheiben Toast nacheinander in den Mund geschoben hatte, griff er wieder zu seiner schwarzen, eigentlich viel zu eng anliegenden Lederjacke und zog sie sich über.

Wenn er sich recht erinnerte, dann hatte er sich gestern und heute Morgen geschworen, noch ein Hühnchen mit Yami zu rupfen. Die Zeit dafür war genau jetzt.

Schnell saß er in seinem Auto und befand sich nur wenige Minuten später auf den viel befahrenen Straßen Dominos geradewegs in das Viertel der Stadt, für das die Leute als einziges keinen richtigen Namen besaßen.

Es gab das Vergnügungsviertel, das Armenviertel, das Villenviertel, das bürgerliche Viertel doch der Teil, in dem Yami seine Wohnung im vierten Stock besaß, hatte keinen Namen, denn hier kam alles zusammen. Erschwingliche Mieten ohne die schrecklich heruntergekommene Nachbarschaft. Viele junge Leute, viele alleinstehende Leute.
 

Geprägt wurde das Bild der Passanten und Anwohner, die sich dort bewegten, von Exzentrikern, die durch ihr Aussehen auffielen. Durch Menschen, die lachten, die fluchten, die weinten. Studenten, aber auch ältere Playboys und Junggebliebene flanierten nebeneinander her, hier und dort erkannte man auch ganz deutlich die gemischten Kulturen und Nationalitäten der Anwohner. Alles in allem war es ein Fleck, an dem frischer Wind herrschte und die Zeit gleichermaßen stillzustehen schien, wie sie sich beeilte, schneller zu sein als man selbst.

Und dort, inmitten dieses Flairs, stand ein mehrstöckiges Wohnhaus mit grässlich grünen Balkons und einer quietsch-roten Haustür, an dessen viertem Klingelknopf der Name „Muto“ in fein säuberlicher Handschrift angebracht worden war.
 

Duke hatte schnell einen Parkplatz gefunden und platzierte nun seinen Finger auf eben diesem länglichen, weißen Schildchen mit integrierter Klingel.

„Wer da?“, meldete sich daraufhin eine krächzende, blechern verzerrte Stimme durch einen grob vergitterten Lautsprecher im Türrahmen. Nicht die neueste Gegensprechanalage, aber immerhin gab es eine.

„Hier ist der einzige Kerl, mit dem du ständig zusammen bist und mit dem du noch nicht geschlafen hast!“, trällerte Duke durch das Mikrophon zurück und grinste breit, gleichwohl ihn Yami ja nicht sehen konnte.

Ohne eine Erwiderung ertönte plötzlich der Summer und die Tür ließ sich kinderleicht öffnen – vorausgesetzt man war ein sehr schweres und sehr kräftiges Kind, denn bisweilen klemmten die Scharniere der Tür und man musste sich mit ganzem Gewicht dagegen stemmen, um sie zu öffnen.
 

Mit leichten Schritten eilte Duke die Treppe hinauf, so etwas wie einen Aufzug besaß dieses Haus nicht, bis er schließlich vor der geöffneten, ebenfalls in einer knalligen Farbe gestrichenen Tür stand, in deren Rahmen bereits ein zähneknirschender Bunthaariger stand, die Arme abweisend vor der Brust verschränkt.

„Das müsste ja wohl eher anders lauten. Ich bin der einzige Kerl, den du bisher nicht ins Bett gekriegt hast!“

Damit wurde er begrüßt und bekam erst Einlass, als er sich Yami mit einem obligatorischen Begrüßungs- und Versöhnungsumarmen aufdrängte. Seine Arme um einen schmollenden Yami zu legen, war in etwa so, als umarmte man einen Klotz Beton. Härte und Anschmiegsamkeit näherten sich mit einer gegen Null tendierenden Differenz an.
 

Duke betrat die Wohnung und hörte, wie sich die Tür hinter ihm schloss.

Er ließ seinen Blick über das ihm nur zu vertraute Mobiliar schweifen. Hier traf sich Moderne mit Baustelle, abstrakter Kunst und klassischen Formen.

Mitten in einem unförmig eckigen Raum, der als Wohnzimmer genutzt wurde stand ein Fernseher schräg zu jeglichem anderen Möbelstück, von den Wänden erst gar nicht zu reden.

In einer Ecke lud ein Sofa in einem schwarzweißen Zebrastreifenmuster, voll belegt mit roten Samtkissen mit Goldstickereien, zum Ausruhen und Fallen lassen ein.

An der Decke hing keineswegs eine edel designte Lampe, sondern vielmehr baumelten an mehreren losen, aus der Decke hängenden Kabeln mehrere Glühbirnen. Einige davon farbig, manche gleißend weiß. Kein Lampenschirm, kein Metallgerüst, dafür aber ein sich wild verrenkendes Muster in Schwarz-Silber an der Decke, an jeder Stelle, an der eins dieser losen Kabel aus dem Putz hervor lugte.

Mehrere Regale, einige vollgestopft bis unter den Rand, andere fast leer und mit schön drapierten, zur Schau gestellten Bildbänden über Fotografie standen nicht etwa an den Wänden, sondern praktisch mitten im Raum und bildeten fast eine Art Flur durch einen Teil des Raumes. Sie vermittelten ein herrliches Gefühl zwischen pingeliger Ordnung und planlosem Chaos.
 

Der Fußboden war mit hellem Laminat belegt, allerdings nur das mittlere Quadrat des Raumes, die sonstige Fläche am Rand war gefliest, jedoch mit Schieferfliesen, dass man eher glaubte, sich draußen aufzuhalten, als wirklich in einem Raum drin zu stehen. Allerdings hob der dunkle Stein den hellen Holzersatz noch mehr hervor, dass dieser wie eine winzige Tanzfläche im Raum lag.

Die Wände waren ursprünglich einmal weiß gewesen und hier und dort erkannte man den Wandanstrich auch noch, doch an den meisten Stellen hingen in Postergröße Schwarzweißfotografien. Von Straßenzügen und Häuserblöcken, von Park- und Gartenanlagen oder Wolkenformationen, doch ein Bild, größer noch als alle anderen, war der echte und einzigartige Blickfang des Raumes. In Hochglanz und aus einem schlichten überdimensionalen Silberrahmen schauten drei männliche Gesichter den Betrachter an. Doch nicht etwa alle gleich mit einer Miene, die den verzweifelten Versuch von Erotik versuchte zu transportieren. Nein, jedes der drei war in einer anderen extremen Gefühlswallung. Wutverzerrt, vor Schreck erstarrt oder mit geschlossenen Augen in Ekstase. Was einen dort anschaute, waren nicht abgebildete Gefühle, es waren Gefühle für sich selber.

Der Fotograf dieses auch preisgekrönten Meisterwerks, niemand anderer als der Wohnungsherr persönlich.
 

Nach einer kleinen Inspektion, ob sich irgendetwas in der letzten Woche geändert hatte, und nach innerlicher Verneinung der Frage drehte sich Duke nun direkt zu dem angesäuert aus der Wäsche schauenden Yami um und musste schmunzeln.

Wieso um alles in der Welt sah der Bunthaarige nur wenig böse, geradezu niedlich aus, wenn er versuchte, absichtlich und gespielt einen in Grund und Boden zu starren?

Ja, welchen Grund hatte er eigentlich überhaupt, so sauer zu sein, schließlich war Duke zu ihm gefahren, um ihn anzumeckern und nicht umgekehrt.

Sich an diese Tatsache erinnernd, gefroren seine Gesichtszüge automatisch und er nahm ebenfalls eine Abwehrhaltung in Form von verschränkten Armen an, doch hinzu kam bei ihm eine gewisse Angriffslustigkeit im Blick.
 

„Was willst du?“, knurrte Yami ihn an. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir verabredet gewesen wären oder dass ich dich eingeladen hätte.“

„Ich will eine Entschuldigung!“

Einen Moment sah es so aus, als ob Yami lauthals anfangen wollte zu lachen, doch da besann er sich eines besseren und schluckte jeglichen Anfall von Schmunzeln, Grinsen, Kichern und Lachen in einem würgeartigen Husten hinunter.

„Seit wann bist du denn so kindisch und pochst auf eine Entschuldigung?“, er hob provozierend eine Augenbraue und starrte unablässig in das Paar grüner Augen. Er spielte mit der Glut, ach was, mit dem Feuer und er wusste, dass er gerade Gefahr lief, Dukes Gemüt anzuzünden wie siedendes Öl und zum Löschen nichts weiter in der Hand hielt als einen Eimer Wasser. Was ihm, nebenbei gesagt, ein schönes Plätzchen Eigenheim in solider Holzbauweise einen halben Meter unter den Radieschenwurzeln sicherte.

„Was kommt als nächstes? Der große böse Yami hat dir dein Förmchen geklaut und mit der Schaufel auf den Kopf gehauen?“
 

Zisch, da war das Streichholz auf den Brennzunder gefallen. Nur wer Duke jetzt ins Gesicht sah, verstand die wahre Bedeutung des Satzes: Wenn Blicke töten könnten.

„Du gehst zu weit“, zischte er wie eine Schlange. „Seit wann erlaubst du dir eigentlich, mir etwas vorzuschreiben? Und was sollte dein Auftritt gestern Abend?“

„Vielleicht hast du es ja vergessen, aber du hast Joey einfach vor die Tür gesetzt. Wenn du von Sex und Kaffee leben kannst, ist das deine Sache, manche Menschen brauchen zum Funktionieren allerdings auch so praktische Sachen wie etwas zu essen.“ Er schnaubte mit Abscheu. „Du hast denn Jungen wie einen Bettler auf die Straße geschickt, sodass er zu mir gekommen ist, weil er nicht wusste, wo er sonst hinsollte. Anscheinend hat er keine Kreditkarte oder Tonnen von Bargeld bei sich, um sich selber zu versorgen. Hast du auch nur mal einen Gedanken daran verschwendet, bevor du wieder deinem außergewöhnlich starken Sextrieb das Oberkommando überlassen hast?“

Yami hatte sich mittlerweile aus seiner starren Haltung gelöst und war mit jedem Wort einen Schritt auf den Schwarzhaarigen zugekommen und drückte ihm nun feste und anklagend die Zeigefingerspitze gegen das Brustbein.
 

Duke schnappte hörbar nach Luft, anscheinend kurz nach einer möglichen Erwiderung suchend.

„Der Junge geht mir am Arsch vorbei!“ Er hatte seine Stimme wieder beruhigt, doch man hörte immer noch deutlich den still vor sich hin brodelnden Zorn. „Ich habe nie darum gebeten, den Big Daddy spielen zu dürfen. Das sieht meiner Schwester wieder ähnlich, mir selbst nach ihrem Tod noch Probleme zu bereiten, indem sie mir ihren Sohn aufdrückt.“

Duke war sich vielleicht gar nicht bewusst, wie hart und herzlos die Worte waren, die er gerade ausgesprochen hatte, doch Yami fielen fast die Augen und Ohren ab. Zwar kannte er den Schwarzhaarigen bereits eine Ewigkeit zu nennende Weile und wusste, dass Gefühlsdinge nie sein Spezialgebiet gewesen waren, doch nun musste der Bunthaarige erst einmal kräftig schlucken. Welch ein Segen, dass sie bei ihm waren und nicht Gefahr liefen, dass Joey ihnen irgendwo zuhörte, denn so verletzende Worte hatte der Blonde in Yamis Augen, trotz seiner bisweilen nervigen Anwesenheit, nicht verdient.
 

„Dann übergib ihn dem Jugendamt, ignorier das Testament und leb dein eigenes, ignorantes Leben weiter!“, schnaubte er und wandte sich ab, da er fürchtete, doch noch auszurasten, wenn er auch nur eine Sekunde länger in die Augen seines Gegenübers starren musste.

Der Fotograf war schockiert und versuchte seine innere Aufgewühltheit geschickt zu verbergen, indem er ganz schnell das Thema wechselte.

„Ich nehm an, der braunhaarige Kerl gestern Abend bei dir war dieser Sportlehrer?“, zwar hatte er eigentlich die Bestätigung erhalten, als Joey den Brünetten als seinen ehemaligen Lehrer Taylor identifiziert hatte, doch schließlich brauchte jedes Thema eine Einführung und etwas besseres als diese dämliche Frage fiel ihm gerade nicht ein.
 

„Ja, eigentlich hatten wir den Abend ein wenig anders geplant. Mehr Gestöhne, mehr Sex und vor allem keine Anwesenden unter der Volljährigkeit!“, giftete er schnippisch. „Aber das war ja wohl ein totaler Reinfall.“

Im ersten Moment war er überrascht, dass Yami so schnell das Thema wechselte, doch generell war es ihm sogar mehr als lieb, denn er wusste, wie schnell der Bunthaarige zum Teufel mutieren konnte, wenn er nur einen Grund dafür sah.

„Ich nehme an, du bist ihm dann nach und ihr habt euch bei ihm weiter vergnügt“, er hob fragend eine Augenbraue. Er kannte Duke einfach schon zu gut, um zu wissen, dass dieser bestimmt nicht die Nacht über Däumchen drehend auf seiner Couch gesessen hatte und einfach mal das gemacht hatte, was normale Menschen bisweilen zu tun pflegten. Fernsehen, ein Buch lesen oder nichts tun.

Nein, das war einfach nicht der Stil des Schwarzhaarigen, er brauchte immer Action, immer Gesellschaft und vor allem immer Sex. Sex, Sex und sonst nichts!

Wie sehr es Yami doch manches Mal anödete.

So gerne er für Erotik zu begeistern war, so gerne er Sex hatte und so gerne er sich auch anregende Ideen von seinem besten Freund holte, zuweilen langweilte ihn dieses ewige Thema etwas.
 

„Ach was. Die Sache war gelaufen.“ Immer noch ein wenig verwirrt von dem Gesprächsthemawechsel und vor allem von Yamis abweisendem Blick, der ihm nicht mehr an die Gurgel zu springen schien, dafür aber mindestens drei Fußballfelder Distanz zwischen ihnen aufbaute. „Ich war im Poison und hab mir was Besseres für die Nacht gesucht.“

Und schon wieder war Yami froh, dass sie alleine waren, ohne Zuhörer, denn nach dem Ausdruck, der gestern Abend in den Augen des Braunhaarigen gelegen hatte, wäre dieser sicherlich auch mehr als gekränkt, wenn er hörte, dass Duke auch noch mit Besseren – allein dieses Wort war eine Ohrfeige wert gewesen – rumgemacht hatte.

„Dann scheinst du ja doch noch bekommen zu haben, was du wolltest.“

„Du weißt doch, ich bekomme immer alles, was ich will!“ Der Schwarzhaare grinste anzüglich und leckte sich scherzhaft über die Lippen. „Und das, was ich gestern wollte, war eine hemmungslose Nacht, deren Endergebnis ein zerwühltes Bett war. Nebenbei, er hatte ein richtig schön großes Bett, eine kleine Spielwiese.“ Zu dem Grinsen kam nun auch noch der gewisse Glanz in den Augen, der verriet, wie sehr Duke wieder einmal in Gedanken schwelgte. „Das Bett war auch nicht das einzig große bei ihm!“
 

„Oh, so spät schön!“, überging Yami den letzten Kommentar galant und schaute demonstrativ auf seine Armbanduhr. „Tja, schade, da müssen wir unseren Smalltalk wohl beenden für heute.“ Er ging auf Duke zu und drängte ihn förmlich Richtung Tür. „Schade, wirklich schade!“

„Moment, stopp!“, hob Angesprochener abwehrend die Hände. „Nur damit ich das mal geklärt habe, schmeißt du mich gerade raus?“

„Aber nein. Tut mir Leid, aber ich muss arbeiten!“ Nur halbherzig mit der Antwort beschäftigt, griff der Bunthaarige an Dukes Hüfte vorbei den Türgriff und öffnete sie mit ein wenig Schwung hinter dem Rücken des anderen.

„Es ist Samstagmittag und du erzählst mir was von Arbeit?“

„Die Zeit, die mich Joey gestern gekostet hat, muss ich jetzt nachholen, mein Lieber, ich bekomme schließlich auch nichts geschenkt!“ Noch ein gekünsteltes Lächeln und einen liebreizenden Kussmund bei dem Wort „Lieber“ und schon fand sich Duke verdattert auf dem Flur wieder und bekam die Tür vor der Nase zugeklatscht.
 

Hätte er noch fünf Sekunden länger da gestanden, hätte er Yamis abgrundtiefen Seufzer gehört und das unangenehme Quietschen, das unweigerlich entstand, wenn man mit seinen Klamotten, darunter einem breiten Ledergürtel, an der Tür entlang in die Hocke rutschte.

Doch die Demütigung, vor der Tür zu stehen wie ein begossener Pudel vor der seines Herrchens, wollte der Schwarzhaarige sich keine Sekunde lang gefallen lassen.

Egal was für Drogen sein Freund geschluckt hatte, er sollte besser weniger nehmen, denn bei Yami schienen sie alle zu einem übermäßigen Moralapostelkomplex zu führen!

Dass der Bunthaarige im selben Moment ähnliche Gedanken hatte, aber zu einem anderen Ergebnis kam, konnte er nicht ahnen.
 

Nachdem Yami die Tür zugeschlagen hatte, atmete er erst einmal tief durch. Ein und aus, ein …und wieder aus, ruhig und gleichmäßig, sonst konnte es passieren, dass er doch noch explodieren würde. Er war viel gewohnt, doch heute hatte er die Spitze des Eisberges erklommen und festgestellt, dass man ihm auf dem Weg Mütze, Handschuhe und Schal geklaut hatte.

Als sich sein Puls wieder in normalen Bahnen bewegte, lehnte er sich gegen die geschlossene Tür und rutschte langsam, aber gewollt, an ihr herunter, bis sein Hintern den Boden berührt und er mit angewinkelten Beinen dasaß.
 

So sehr es ihn auch erschüttert hatte, Duke in diesem Maße gleichgültig zu erleben, der Schwarzhaarige war immerhin sein bester Freund und er konnte ihn ja nicht so ins offene Messer laufen lassen, denn es war, als besäße der Bunthaarige hellseherische Fähigkeiten, irgendetwas in ihm sagte ihm, dass genau diese Einstellung, die Duke an den Tag legte, ihm noch eine Menge Probleme bereiten würde in nächster Zeit.

Nicht zuletzt, weil ihm vielleicht das Jugendamt wegen der Vernachlässigung von Joey aufs Dach stieg.

Auch dieser Tristan könnte sich zu etwas entwickeln, das dem Schwarzhaarigen über den Kopf wachsen würde, wenn dieser wirklich etwas ernsteres von Duke erwartete, der aber nichts besseres zu tun hatte, als jede Minute mit Eindruck zu beweisen, dass ihm die meisten anderen Menschen nichts bedeuteten, wenn sie nicht mehr Vorteile für ihn bargen. Vorteile wie beispielsweise sexuelle Befriedigung, Spaß, Ablenkung, Kurzlebigkeit.
 

Demonstrativ schüttelte er den Kopf. Wenn er Duke nicht dadurch ein bisschen zügelte, dass er ihm als guter Freund ab und an Gewissensanstöße ins Ohr flüsterte, wer würde ihn dann davon abhalten, sich in die Missgunst der Leute zu manövrieren?

Die Liste derer, die sich für diesen Job sonst noch anboten, war schnell geschrieben. An erster Stelle stand natürlich sein eigener Name, an zweiter Stelle, nun die Liste hörte nach dem betitelten Punkt „erstens“ einfach auf.
 

~*~
 

Es war bereits später Nachmittag und die Sonne stand nur noch tief am Himmel, als Duke seinen Wagen endlich wieder vor seiner Wohnung parkte.

Nach dem Streit mit Yami hatte er erst einmal ein bisschen Ablenkung gebraucht, war grundlos durch die Straßen der Stadt gefahren und hatte dabei mehr als einmal eine Ampel überfahren, die auch mit Engelszungen nicht mehr als dunkelstes Gelb hätte deklariert werden können.

Was kümmerte es ihn, wo kein Kläger war, war auch kein Richter, oder besser gesagt, wo die Polizei ihr wachendes Auge gerade nicht hatte, kratzte ihn so ein Verkehrsdelikt wenig.

Was ihm allerdings schwer im Magen lag, waren die Anschuldigungen und Kommentare, die ihm der Fotograf an den Kopf geschmissen hatte
 

Es regte ihn unsagbar auf, dass Yami meinte, ihm ins Gewissen reden zu müssen, das hatte er nun wirklich nicht nötig und das musste er sich nicht bieten lassen.

Doch irgendwo, tief in ihm drin, zwischen seinen Hirnwindungen, den verschiedenen Rechenzentren in seiner Kommandozentrale, dem ganzen rationalen Egotrip sagte ein kleines Stimmchen – und es war wirklich ein Stimmchen, eins von dieser nervigen, piepsigen Sorte, dem man am liebsten einen Maulkorb verpassen würde –, dass die Kritik vielleicht ihre Daseinsberechtigung hatte.

Allerdings war er noch nicht an dem Punkt angekommen, dass er das auch laut zugeben würde.
 

Leichtfüßig stieg er die Stufen zu seinem Apartment hoch, als er fast über den am Boden sitzenden, blonden Teenager stolperte, der zusammengekauert und leicht mit den Zähnen klappernd auf dem letzten Absatz hockte und aufblickte, als er Duke hörte.

Es war zugig im Treppenhaus, da ein kleines Fenster geöffnet war und es draußen mittlerweile doch reichlich abgekühlt war.

Joey hatte den Kragen seiner Jacke hochgeschlagen und die Ärmel so weit es ging über seine Hände gezogen, doch es half alles nichts gegen die schleichende Kälte, die in ihm hochkroch. Schon die letzten Stunden, in denen er hier auf den Stufen auf seinen Onkel gewartet hatte, schließlich hatte der Teenager keinen Schlüssel für die Wohnung.
 

„Sitzt du schon lange hier?“, fragte Duke ziemlich unnötig und machte einen großen Schritt über Joeys ausgestreckte Beine, während dieser sich räkelte, um das Blut zurück in die Zehen zu pumpen.

Den Schlüssel im Schloss drehend, schaute der Schwarzhaarige sich nicht ein einziges Mal um zu dem Teenager, geschweige denn, dass er ihm die Hand anbot, um ihm aufzuhelfen. Wo kam er denn dahin? Joey war schließlich noch jung, der musste das auch alleine schaffen, immerhin hatte er ja zwei gesunde Beine, keinen Bandscheibenvorfall und auch keine sonstigen Knochendeformierungen. So war Dukes Logik, schon immer gewesen. Nächstenliebe war eine schwachsinnige Erfindung, und wenn man darauf pochen musste, war sich jeder eben doch selbst der Nächste.
 

„Seit ein paar Stunden. Wenn ich einen Schlüssel hätte, bräuchte ich nicht warten …“, die Stimme des Blonden klang kleinlaut und hatte viel an ihrer Energie gebüßt. Was nutze es ihm für den heutigen Tag denn noch, wenn er Duke schon wieder zu einem Streit provozierte? Zwar gab es in seinem Wortschatz keine Steigerung für „scheiße“ aber dennoch wollte er sein Glück nicht herausfordern, es reichte, wenn der Tag scheiße gewesen war, da musste es nicht noch schlimmer enden.

Vielleicht konnte Duke sich ja doch mit ihm arrangieren, wenn er selber nicht mehr den kleinen jugendlichen Rebell raushängen ließ, sondern sich ein wenig versöhnlich zeigte.

Zwar kamen ihm die Erfolgschancen gering vor, doch einen Versuch war es wert, was hatte er denn schon noch zu verlieren, außer ein Zuhause, das er nie gehabt hatte.

Immerhin gab es einen Lichtblick. Wenn alles so lief wie abgesprochen und geplant, würde er Mai morgen wiedersehen.
 

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Hand hoch, wer von euch mag Duke jetzt noch?

Wahrscheinlich die wenigstens, aber ich verspreche er bleibt nicht so^^
 

LG trinithy

Wiedersehen und die Hoffnung darauf

So, endlich gibt es von mir auch mal wieder ein neues Kapitel, nachdem ich ein halbes Jahr Funkstille bei dieser FF hatte.

Aber ich bin zurück mit neuem Elan und neuen frischen Ideen!
 

Also, viel Spaß!
 

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Kapitel 9- Wiedersehen und die Hoffnung darauf
 

Nervös trippelte Joey von einem Bein aufs andere und versuchte dabei immer wieder vergeblich, sich beruhigend an den Pfeiler der Gleisüberdachung anzulehnen.

Gerade lief mit quietschenden Bremsen und einem ungeheuren Lärm der Zug ein, den er seit einer halben Stunde – er war viel zu früh gewesen, aber jede Minute weniger bei Duke zu Hause war es wert gewesen – so sehnsüchtig erwartete. Der Zug, aus dem jetzt hoffentlich eine gewisse quirlige Blondine ausstieg, um ihm um den Hals zu fallen.

Überall rafften Menschen ihre Taschen, Koffer und Mäntel zusammen, bereit einzusteigen, sobald die Räder stillstanden und sich die automatischen Türen öffneten. Auch Joey machte einige Schritte von dem Pfeiler in Richtung Wagon, doch nicht ohne sein Kaugummi in einem Anflug von bahnhofsverschmutzendem Egoismus auf die Steine zu spucken.
 

Menschen drängten sich in entgegengesetzte Richtungen an ihm vorbei und nicht wenige rammten ihn – wohl hoffentlich unabsichtlich – mit ihren Ellbogen, Gepäckstücken oder Handtaschen, doch das machte ihm wenig, er war es schließlich gewöhnt, herumgeschupst zu werden.

Ein letztes Aufflammen eines traurigen Gedanken drängte sich wieder in sein Bewusstsein, ehe dieser von dem breiten Lächeln, das geradewegs auf ihn zusteuerte, ausgelöscht wurde.

„Joey!“, quietschte eine hohe Stimme durch all den Lärm der Menschenmenge und Angesprochener musste schmunzeln, als ihm wenig später ein zweiter, mindestens ebenso wuscheliger Blondschopf wie seiner um den Hals fiel.
 

„Ich hab dich vermisst!“, bekam er in das ansonsten vollkommen platt gedrückte Ohr genuschelt und die hellen Locken kitzelten ihn in der Nase, nicht zu erwähnen, dass die Luftzufuhr zu seinem Gehirn entscheidend eingeengt wurde, doch das waren alles kleine Qualen, die er gerne erlitt. Spürte er doch als Gegenleistung endlich wieder den warmen, schlanken Körper seiner Freundin in den Armen und roch ihr süßliches, mildes Parfum.

Wie hatte er es vermisst, einem Menschen gegenüber zu stehen, der ihn wirklich mochte und sich nicht bloß irgendwie mit ihm arrangierte, ihn mit Mitleid überhäufte oder bloß gleichgültig ignorierte.
 

„Ich dich auch! Ich dich auch …“, wurde er gegen Ende hin immer leiser und vergrub sein Gesicht noch einmal in ihrer wallenden Haarpracht.

„Nicht, dass es hier nicht schon öde genug wär, aber ohne dich war es einfach nur grausam“, antwortete er erklärend auf ihren fragenden Blick, denn sie hatte die Resignation in seiner Stimme durchaus bemerkt.

„Schleimer.“ Mais Hand boxte ihm freundschaftlich in die Seite und griff dann sogleich nach Joeys Fingern, um ihre eigenen mit ihnen zu verhaken.
 

„Und was für ein Actionprogramm hast du heute mit mir geplant? Gibt es in Domino irgendetwas, dass es sich lohnt anzuschauen?“, die Freude in ihren Augen, der aufgeregte Glanz waren nicht zu übersehen.

„Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung. Außer dem Park habe ich noch nicht viel gesehen!“ Und das Vergnügungsviertel, fügte er in Gedanken hinzu, schließlich hatte er Yami dort einmal besucht.

„Jetzt bin ich aber enttäuscht!“ Mai zog gespielt die Mundwinkel tiefer als sie manche Menschen bei tiefster Depression bekamen und legte somit ihren unwiderstehlichsten Schmollblick auf.
 

„Wie wäre es, wenn ich dir erst einmal zeige, wo ich wohl zumindest die nächsten Tage noch verbringen werde.“Die Angst, dass er nicht mehr lange bei Duke bleiben konnte, gepaart mit der Hoffnung, dass es genau so sein würde, verdrängte er geschickt in die hinterste Ecke seines Kopfes.

Mai konnte wissen, dass er nicht hellauf begeistert von seiner derzeitigen Situation war, aber die ganzen Details und verzwickten Gedankengänge, die ihn beschäftigten, musste sie nicht unbedingt erfahren. Später vielleicht mal, aber ganz bestimmt nicht heute.
 

„Wie ist er denn so? Dein Onkel mein ich. So ein alter, gutmütiger Moralapostel?“Man konnte an Mais Grinsen erkennen, dass sie es nur spaßhaft gemeint hatte, doch Joey konnte nicht anders, als lauthals loslachen, was ihm verwunderte Blicke einbrachte.

„Hab ich ins Schwarze getroffen?“, fragte die Blonde und sah nun ernsthaft überrascht aus.

„Nein, du glaubst gar nicht, wie weit du vom Schwarzen entfernt bist!“

Allein die Vorstellung daran, was passierte, wenn er sich Duke in weißem Hemd, braunem Pullunder, mit Brille und gescheitelten Haaren vorstellte, strapazierte seine Lachmuskeln ungemein, aber das Ganze jetzt noch in Verbindung mit dem eindeutigen Fremdwort –zumindest für seinen Onkel – Moral und Gutmütigkeit.

Nun ja, in der Hinsicht sollte er vielleicht doch ein bisschen Dankbarkeit zeigen, nicht an einen derart biederen Menschen geraten zu sein.
 

~*~
 

Als er eher planlos als zielstrebig durch die ihm so unbekannten Straßen ging, allerdings sehr wohl auf ein Ziel gerichtet, an dem er sicherlich unbewusst schon mehrere Male vorbeigelaufen war, kam der Schwarzhaarige an einem kleinen Fotoladen vorbei, der in seinem Schaufenster Fotos für jede Gelegenheit anpries.

Mokuba wunderte sich zwar, dass er außer Tankstellen und Fastfoodketten überhaupt ein Geschäft fand, dass an einem Sonntag geöffnet hatte, doch es kam ihm ganz gelegen.

Vielleicht konnte er den Inhaber nach dem Weg zu der Adresse fragen, die er auf einem schmutzigen vergilbten Zettel aus der Hosentasche zog.
 

Er drückte die Glastür auf und fand sich, umfangen von einem Glockengeläut, in einem kleinen Raum wieder, vollgestopft mit Bilderrahmen und Musterbildern, eingegrenzt durch eine Theke, hinter die sich gerade ein Mann mit auffallend bunten Haaren stellte, nachdem er wohl von dem Krach aufgeschreckt worden war.

„Tut mir Leid, eigentlich ist geschlossen, ich warte nur auf einen wichtigen, privaten Kunden, der noch etwas abholen wollte“, erklärte der Mann, auf dessen Namensschild „Yami M.“ stand, und der ein wenig gestresst wirkte.

Sein Aussehen war nicht nur wegen seiner Haare eher ausgefallen, auch das enge, breite Lederband um seinen Hals, passend zu einer schwarzen Lederjacke, der fingerlose Handschuh an seiner rechten Hand und eine Menge exzentrischer Schmuck ließen den offenbaren Inhaber des Ladens besonders wirken.
 

„Ich wollte nur fragen, ob Sie mir vielleicht helfen können und mir sagen können, wo diese Adresse ist.“ Etwas unsicher hielt Mokuba den Zettel mit der säuberlichen, aber bereits verblichene Handschrift ins Blickfeld des Bunthaarigen und fuhr sich nervös durch die Haare, während er von einem Fuß auf den anderen tapste.

Er hatte es endlich geschafft, sich genug Geld zusammenzusparen, um sich diese Reise nach Domino leisten zu können. Zwar stand er jetzt vor weiteren Fragen, wie etwa die nach einer Wohnung und nach einem Job, um selbige zu bezahlen, aber darum hatte er sich bisher keine großen Gedanken gemacht. Alles, was seine Euphorie, endlich wieder hier sein zu können, hätte trüben können, wollte er nicht in seinen Gedanken haben, bis es unumgänglich war.

„Hm, merkwürdig!“, murmelte der Fotograf – zumindest schien er einer zu sein – vor sich hin. „Die Adresse ist hier, allerdings hat dieses Geschäft hier Hausnummer 30B, das geht so noch weiter bis D, war vielleicht früher mal eins, müsste dann aber schon lange her sein. Von wann ist denn diese Adresse junger Mann?“ Yami warf einen skeptischen Blick zu Mokuba herüber und drehte dann das vergilbte Papier zwischen seinen Fingern hin und her.
 

„Um genau zu sein, ist es fast sechzehn Jahre her.“

„Na, dann kann es schon sein, aber das, was Sie suchen, ist wohl nicht mehr hier, nehme ich an.“ Der Bunthaarige schenkte ihm ein breites Grinsen und gab ihm dann den Zettel wieder, während er sich mit den Ellbogen auf der Ladentheke abstützte und den Kopf reichlich lasziv, wie der Schwarzhaarige fand, auf seinen Händen bettete.

„Was wollten Sie denn vorfinden?“

„Ein Kinderheim“, murmelte Mokuba benommen vor sich hin.

Eigentlich hatte er nicht antworten wollen, denn so einen bunten Paradiesvogel wie diesen Ladenbesitzer ging es nichts an, wonach er suchte, das führte bloß lästige Fragen mit sich, doch der Schock saß zu tief in dem Schwarzhaarigen.
 

Es war weg, das war also der Grund, weshalb er keine Telefonnummer hatte finden können und auch sonst nicht vorher einmal hatte anrufen können. Wie lange war es wohl her, dass man das Ganze zu Ladenlokalen umgebaut hatte? Ein Jahr, zwei Jahre, vielleicht schon zehn Jahre?

Aber was hatte er erwartet, dass sich immer noch mitten in der Stadt ein paar Leute erbarmten, die Waisen der Gesellschaft großzuziehen wie vor einer gefühlten Ewigkeit? Und dass er einfach dort rein spazieren konnte und fragen, was aus seinem Bruder geworden war, nachdem man Mokuba selber adoptiert hatte?

Das war wohl doch eine Spur zu einfach gerechnet.

Aber jetzt stand er hier, mit einem One-Way-Flugticket in der Hand ohne eine Wohnung, ohne Geld und ohne Hoffnung.

Er schalt sich selber einen Narr, was hatte er sich denn bloß gedacht? Selbst wenn alles noch so gewesen wäre wie damals – eine Zeit, an die er kaum noch Erinnerungen hatte – womit wäre ihm garantiert gewesen, dass sein Bruder ihn mit offenen Armen empfangen hätte.
 

„Alles in Ordnung?“ Die Stimme des Bunthaarigen riss ihn aus seinen Gedanken, während derer er offenbar dümmlich und leer in die Gegend gestarrt haben musste.

Fast symbolisch schüttelte er den Kopf, als wollte er dafür sorgen, dass jegliche Benommenheit so von ihm abfiel.

„Schon gut. Du hast nicht zufällig Bedarf für eine Aushilfe in deinem Laden?“ Er lachte etwas unbeholfen und war salopp ins Du gewechselt mit dem Besitzer, der bestimmt zehn Jahre älter war als er selber, hatte er doch selber erst vor einem halben Jahr die Schule beendet.

Doch gleichzeitig zeigte der Stil des Bunthaarigen, dass er selber wohl nicht sonderlich viel von Förmlichkeiten hielt, als er die Stirn nachdenklich in Falten legte und den Schwarzhaarigen wie eine kostbare Ware abschätzend musterte.

„Du meinst, du willst mir aushelfen und ich soll dich dafür bezahlen?“

Okay, das klang nicht so freundlich, sondern eher vorwurfsvoll.

„Ach“, verlegen winkte Mokuba ab „nee, ist nicht so wichtig!“

Sich selber, zum zweiten Mal in wenigen Minuten, einen Narr scheltend, wollte er sich schon umdrehen, da wurde er an der Schulter gepackt.
 

„Warte doch mal, Kleiner, wenn ich es mir recht überlege, eine zuverlässige Hilfe wär eigentlich gar nicht schlecht. Dann könnte ich den Laden auch offen lassen, wenn ich mit einem Shooting beschäftigt bin“, ließ Yami ihn an seinen Überlegungen teilhaben

Es war zwar ein wenig verrückt, an einem Sonntagnachmittag, an dem er eigentlich gar nicht geöffnet hätte, eine Aushilfe einzustellen, über die er nie zuvor nachgedacht hatte, aber der Fotograf war nie ein Freund großer Überlegungen gewesen und sein Wesen war auch sonst eher spontan, warum also nicht.

„Du bist flexibel mit den Arbeitszeiten?“

Mokuba nickte nur stumm und hatte sich wieder zu Yami gedreht.

„Über die Bezahlung unterhalten wir uns, wenn ich meine Finanzen durchgesehen habe, ist das okay für dich?“ Nicht, dass er sich groß Sorgen machte, keine Aushilfe finanzieren zu können, seine reicheren Kunden brachten ihm eigentlich oft das Geld in Schubkarren.

Ein erneutes Nicken seitens des Schwarzhaarigen.
 

„Gut, dann gibt es zwei Sachen, mit denen du auskommen musst. Erstens, sag ein Wort gegen Schwule und du fliegst ohne Kündigung und Gehalt und zweitens, ich habe Recht, du bist bloß mein Untertan.“ Yami lachte auf und klopfte dem geschockten Mokuba noch einmal etwas fester auf die Schulter.

„Na, immer noch entschlossen, dich mit mir einzulassen?“ Es klang fast, als hätte er gehofft, dass der Schwarzhaarige jetzt dankend ablehnte, doch als dieser nur den Kopf schüttelte, schenkte ihm Yami wieder ein Lächeln.

„Dann kannst du Dienstag Morgen um acht Uhr hier antanzen und dich einarbeiten. Wie heißt du eigentlich?“

„Mokuba Conners!“

„Du kommst nicht von hier. Du sprichst komisch, du hast ’nen komischen Namen, und doch fragst du nach einem Kinderheim, das hier vor sechzehn Jahren stand. Du bist komisch!“
 

Yami boxte Mokuba in die Seite, der da stand und offenbar nicht wusste, was er sagen sollte. Sich von einem Kerl mit Lederhalsband und Nieten sagen zu lassen, dass man selber komisch sein sollte, übertraf sein zurechtgelegtes Repertoire an Antworten auf alle möglichen dämlichen Sprüche.

„Sag nichts, I’m the Queen of Absurdity, würde mein bester Freund jetzt sagen und er hat ja auch Recht.” Ein breites Grinsen von einem Ohr zum anderen ließ ihn noch ausgefallener wirken und mit einem erleichterten Herzen, einerseits, dass er einen Job hatte, andererseits, dass er den Laden jetzt doch erst einmal verlassen konnte, wandte Mokuba sich zum Gehen.

An seinen Chef in spe würde er sich wohl noch gewöhnen müssen, denn so groß sein Bekanntenkreis in England auch gewesen war, jemand so Verrücktes war ihm noch nicht untergekommen. Rein von seiner ersten Einschätzung her.
 

~*~
 

Wunderbar entspannt und mit einem breiten, nicht mehr wegzudenkenden Grinsen auf den Lippen raste Duke mit seinem Sportflitzer durch die leere Innenstadt. Es war Sonntag um eine Zeit, zu der man kaum Autos antraf, die sich in die Tiefen der Stadt verirrt hatten und dementsprechend passte der Schwarzhaarige seinen Fahrstil weniger an die Straßenverkehrsordnung als an die situationsbedingten Gegebenheiten an. Weshalb langsam fahren, wenn auf einer kerzengeraden Straße weit und breit kein Auto kaum oder man es zumindest früh genug sehen konnte?
 

Der allsonntägliche Saunabesuch hatte sich wieder voll ausgezahlt. Allein durch seine ersten drei Besuche hatte er den finanziellen und zwischenmenschlichen Wert der Jahreskarte gefühlt schon wieder drin gehabt, doch das Gefühl, ein super Schnäppchen gemacht zu haben, sorgte jedes Mal zusätzlich nach dem Besuch für eine kleine Seelenschmeichelei.

Doch heute war der Grund für seine gute Laune ungefähr ein Meter fünfundsiebzig groß gewesen, hatte braune, kurze Haare gehabt und einen wahnsinnig gut trainierten Körper, der ihn an einen Sportler erinnerte.

Gut, wenn er genau darüber nachdachte, erinnerte ihn eigentlich besonders viel an diesem fremden Kerl – nach einem Namen hatte er nicht gefragt, unnötige Verschwendung von Worten – an einen gewissen braunhaarigen Sportler, oder besser Sportlehrer.
 

Er schüttelte energisch den Kopf, daran wollte er nicht denken. Lieber daran, wie er in der Sauna …

Scheiße!

Er trat mit allem, was er zu bieten hatte, in die Bremse und brachte sein Auto gerade noch rechtzeitig zum Stehen. Da lief doch glatt ein Junge – oder junger Mann vielmehr – mit schwarzen strubbligen Haaren ohne zu gucken über die Straße.

Gut, hätte Duke seine Aufmerksamkeit weniger seiner frisch befriedigten Erregung und mehr dem Verkehr gewidmet, hätte er ihn vielleicht früh genug bemerkt, doch so weit, sich selber die Schuld für die Notwendigkeit der Vollbremsung zu geben, war der Schwarzhaarige noch nicht.

Stattdessen hupte er einmal laut und trat dann das Gaspedal mit gleicher Wucht durch, wie er zuvor die Bremse benutzt hatte, um mit durchdrehenden und quietschenden Reifen einen Kavalierstart hinzulegen.
 

Für einen Moment ärgerte er sich, beschloss aber seine erinnernden Gedanken auf zu Hause zu verschieben, wenn er nicht mit seiner Konzentration woanders sein musste.

Als er das beschlossen hatte, fiel ihm allerdings etwas auf, dem er in seiner Wut auf diesen dämlichen Fußgänger keinerlei Beachtung geschenkt hatte.

Der schwarzhaarige Junge war geradewegs aus Yamis Laden gekommen, obwohl dieser doch eigentlich geschlossen haben sollte.

Äußerst merkwürdig und einem Verhör in Duke’scher Manier würdig.

War der Schwarzhaarige vielleicht Yamis neuer Lover oder bloß eine schnelle Nummer für zwischendurch? Andererseits, das würde so gar nicht zu seinem besten Freund passen.

Er musste sich wohl gedulden bis zum nächsten Tag, da wollte Yami ihn ohnehin besuchen kommen.
 

Ein bisschen im Radio mit trällernd und mit seinen Gedanken hier und dort, parkte Duke schließlich seinen Wagen direkt vor seinem Apartment und fröhlich pfeifend, das kleine Intermezzo in der Sauna hatte seine Laune wirklich in himmlische Sphären gehoben, drehte er schließlich den Schlüssel im Schloss und trat in seine Wohnung wo er …

… zwei wild knutschende Teenager auf seiner Couch vorfand.
 

„JOEY!“

Hatte er es doch erfolgreich geschafft, den nervigen Teenager komplett aus seinen Gedanken zu verbannen, nachdem dieser auch am Morgen recht früh freiwillig das Feld geräumt hatte und die Wohnung verlassen, so donnerte der Blonde nun mit einem voll bepackten Güterzug zurück in sein Bewusstsein.

Und wer zum Teufel war das blonde Dummchen, sollte heißen Mädchen, neben ihm, oder besser auf seinem Schoß.

„Das ist mein Onkel Duke …“ Joey kratzte sich verlegen am Kopf und deutete mit einem Blick auf seine Begleitung zu dem Schwarzhaarigen herüber.

„Duke, das ist Mai, meine Freundin“, er wiederholte seine Geste, diesmal allerdings spiegelverkehrt.
 

Duke glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Was zum Teufel bitte bildete sich dieser Winzling, dem das Stroh schon zum Kopf rauswuchs, eigentlich ein? Ohne zu fragen, Gäste mit in SEINE Wohnung zu bringen. Was für ein toller Vertrauensbeweis.

Nett, wie er ja nun einmal doch in den Grundfesten seines Wesens war, hatte er Joey heute Morgen einen Zweitschlüssel ausgehändigt, damit dieser nicht wieder wie am Vortag stundenlang in der Kälte warten musste, falls er ausging, und was bekam man als Dank.

Eine mitgeschleifte Blondine.

„Ich muss meine Regeln erweitern“, antwortete er kühl, ohne Mai eines Blickes zu würdigen. „Neben keine Pornos gucken und keine Flecken auf meine Couch machen füge ich folgende Regel hinzu, kein Küssen, Fummeln, Knutschen, Vorspiel oder Sex in sämtlichen Teilen meiner Wohnung. Der Einzige, der das darf, bin ich und du bist nicht ich, klar soweit?“
 

Er pfefferte seine Jacke in die Ecke und bedachte Mai mit einem extra grimmigen Blick, die peinlich berührt etwas von „Entschuldigung“ nuschelte und betreten zur Seite guckte.

Doch Joey erhob sich ärgerlich und baute sich – obwohl er kleiner als sein Onkel war – mit in die Hüften gestemmten Armen vor diesem auf.

„Es klingt bescheuert, wenn du dich als Moralapostel übst. Ich bin sechzehn Jahre und du kannst mir so etwas nicht vorschreiben, egal ob du per Gesetz mein vorübergehender Vormund bist oder nicht!“

„Es geht mir nicht um Moral. Meinetwegen kannst du deine Kleine ficken so viel du willst, aber NICHT in MEINER Wohnung, hast du verstanden!“

Dann drehte er sich um und goss sich erst einmal in aller Seelenruhe ein Glas Wasser ein, um nicht mit ansehen zu müssen, wie hinter ihm Joey fast platzte vor lauter Beleidigungen, die ihm in den Sinn kamen bei so viel Dreistigkeit.
 

Es war Mais zaghaftem Eingreifen zu verdanken, dass die Situation nicht noch einiges an Dezibel dazu gewann, denn sie packte Joey am Arm und zog ihn sanft Richtung Tür.

„Hat mich gefreut, Mister Devlin!“, log sie mit einem höflichen Lächeln und drückte dann dem Blonden einen Kuss auf die Wange.

„Komm, mein Zug fährt ohnehin gleich, bringst du mich zum Bahnhof?“

Damit schlüpfte sie in ihre Schuhe und etwas langsamer und wutbetäubter tat Joey es ihr gleich. Doch ehe er das Apartment verließ, schickte er bösen funkelnden Blick zu Duke, der ihn unerwartet tief traf.
 

In den braunen Augen des Teenagers hatten nicht bloß Zorn und aufbrausendes Temperament gelegen, sondern auch Enttäuschung, ja vielleicht Traurigkeit und er fühlte sich ganz stark an einen Moment aus seiner eigenen Jugend erinnert.

Er war fünfzehn und bis über beide Ohren verliebt gewesen, das erste und bisher einzige Mal in seinem Leben – zumindest glaubte er das noch – und seine Mutter hatte ihn und seinen damaligen, frisch gebackenen Freund erwischt gehabt.

Mit einer riesigen Standpauke und einem Geschrei hatte sie seinen Freund damals aus dem Haus gejagt und er war ihm hinterhergerannt.

Seine Mutter hatte von da an gewusst, dass er schwul war, doch nie etwas seinem Vater oder seiner Schwester gesagt, sondern ihm noch einmal eindeutig eingeschärft, dass er es auch nicht zu sagen hatte. So war es geblieben, bis Duke sich einen Tag nach seinem achtzehnten Geburtstag für immer aus dieser Familie verabschiedet hatte.
 

Er wusste nicht, wie er damals geguckt hatte, als seine zweisamen Stunden gestört worden waren, doch er konnte sich gerade in diesem Moment vorstellen, wie es wohl ausgesehen haben konnte, er hatte es in Joeys Augen gesehen.
 

+ + + + + +
 

Ich hoffe es hat euch gefallen, auch dass ich noch einen weiteren Charakter eingeflochten habe^^
 

LG trinithy

Wenn das Jugendamt zweimal klingelt

Endlich geht es weiter...
 

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Kapitel 10- Wenn das Jugendamt zweimal klingelt
 

Der Kaffee tropfte langsam durch die Maschine und Duke gab sich allergrößte Mühe, beim Zuknöpfen seines Hemdes nicht wie sonst gegen die halbe Küche zu stoßen mit seinen Ellbogen. Der Grund dafür, ganz einfach.

Auf seiner Couch, die sich keinen Meter Luftlinie von ihm entfernt befand, lag sein blondes Anhängsel und schlief vor sich hin, tief und fest. Kein Wunder, wenn er es richtig gesehen hatte, war es weit nach Mitternacht gewesen, als der Blonde endlich wieder gekommen war von dem kurzen Ausflug, bei dem er eigentlich nur seine Freundin zum Bahnhof hatte bringen wollen.

Doch für jegliche Standpauken und erzieherischen Maßnahmen, die aus seinem Mund ohnehin fehl am Platz geklungen hätten, war er zu erschöpft gewesen.
 

Sein Blick streifte über den Jungen, der so friedlich aussah mit geschlossenen Augen und noch in den Klamotten vom Vortag steckte. Wobei, wenn er es genau betrachtete, waren es die Klamotten, die Joey bereits bei seiner Ankunft im Devlinschen Haushalt getragen hatte. Mit kleinen Abweichungen wie etwa ein frisches Shirt und hoffentlich einer frischen Unterhose, aber im Großen und Ganzen waren es dieselben.

In dem Rucksack, den der Teenager mit sich gebracht hatte, war auch gar kein Platz für wirklich mehr Auswahl, wieso war ihm das nicht schon viel früher aufgefallen?

Das musste er aber schleunigst ändernd, nahm sich Duke vor.

Er konnte heute Mittag seine Pause etwas ausdehnen, so auf zwei oder drei Stunden, und dann würde er seine anstehenden Erledigungen direkt mit ein paar neuen Hosen, Shirts und Pullovern für Joey kombinieren.
 

Natürlich aus reinem Egoismus, schließlich musste er so nicht jeden Tag seine Waschmaschine anschmeißen für diesen lästigen Klotz am Bein und er beugte vor, dass Joey einen miefigen Eigengeruch entwickelte, den der Schwarzhaarige auf jeden Preis vermeiden wollte. Mit ungepflegten Leuten konnte und wollte er nichts zu tun haben.

Vielleicht sollte er bei der Gelegenheit auch direkt darüber nachdenken, ob er für Joey eine Luftmatratze und ein eigenes Kissen anschaffen sollte, er konnte ja nicht ewig sein teures Sofa blockieren und das edle, schwarze, handverarbeitete, sonnengeküsste und was nicht sonst noch alles Leder abnutzen mit einer Geschwindigkeit, bei der Duke sich sicher noch vor Weihnachten ein neues kaufen musste. Dann doch lieber eine Luftmatratze, die war zur Not billiger zu ersetzen.
 

Zufrieden mit seiner Idee, wieder etwas dazu beigetragen zu haben, dass Joey ihm weniger Sorgen bereiten würde in Zukunft, schrieb er einen Haftnotizzettel mit einem Vermerk, um welche Uhrzeit er den Blonden abholen würde und erwartete, dass dieser bereits fertig vor der Tür stand. Dass er sich mit seinen Gedanken um Joeys Garderobe und Schlafmöglichkeit geradezu eingestand, dass der Junge länger als weitere 48 Stunden bei ihm verbringen würde, blendete sein Unterbewusstsein gekonnt aus, um seine positive Grundstimmung nicht zu verderben, als er sich den mittlerweile fertigen Kaffee in eine Thermotasse eingoss und auf leisen Sohlen das Apartment in Richtung Arbeit verließ.
 

Und so fing ein vielversprechender Tag an, setzte sich mit einer außerordentlichen Menge zufriedener, zahlender Kunden fort und fand das Ende seines ersten Drittels schließlich in Dukes Mittagspause, zu der er sich fröhlich pfeifend, aufgrund des Wissens um seinen kürzlich erwirtschafteten Verdienst, zu seinem Sportwagen begab, um wieder einmal den Stadtverkehr unsicher zu machen.
 

*
 

Joey konnte es kaum fassen, als er beladen mit einem Stapel Jeans in allen Helligkeitsabstufungen der Farbe Blau auf den Armen Richtung Umkleidekabine wankte.

Nach dem morgendlichen Aufwachen und dem Feststellen, dass es bereits gut und gerne Mittag war, hatte er eine kleine, aber feine Notiz vorgefunden, dass er bereits zwanzig Minuten später fertig wie bestellt und hoffentlich abgeholt vor dem Haus warten sollte.

Anfangs war er nicht sonderlich begeistert gewesen und hatte sich gefragt, welche Gemeinheit sich sein ach so lieber Onkel da wieder ausgedacht haben könnte, und war mit wenig Elan ins Bad marschiert, doch als ihn wirklich, wie versprochen, zwanzig Minuten später ein nervös-hektisches Klingeln an der Haustür dazu trieb, wie vom Blitz getroffen in seine Klamotten zu schlüpfen und die Treppe herunter zu sprinten – Gott sei Dank ohne gebrochene Knochen als Resultat – war in ihm ein kleiner Funke Sympathie für seine Verwandtschaft erwacht.
 

Wie sich herausgestellt hatte, wollte ihm Duke neue Klamotten kaufen, da seine bisherigen sonst irgendwann anfangen würden zu stinken und er solchen „bestialischen Gestank“ nicht in seiner Wohnung haben wollte, wie der Schwarzhaarige es ausformuliert hatte, war also die einzige Möglichkeit – mal von jeden Tag seine einzige Hose waschen abgesehen –, dem vorzubeugen der Gang in die nächstbeste Herrenboutique gewesen.

Zwar war jede der eigentlich simplen Jeans, die er gerade nacheinander anprobierte, mehr wert – zumindest laut Preisschild, ob sie diesen Wert auch erreichte, konnte er nicht nachprüfen – als seine gesamten Geburtstagsgeschenke der letzten zwei Jahre und eigentlich hätte er sich gerade deswegen auch schuldig fühlen müssen, seinen Onkel so viel Geld zu kosten, doch über solchen Skrupel war der Blonde weit erhaben.
 

Erstens, wer hatte ihn denn in diesen Laden geschleppt, der wirkte, als hätte man die Herrenabteilung von Harrods von England hierhin gebracht?

Zweitens, nach all dem, was er über sich hatte ergehen lassen und was er hatte erdulden müssen, angefangen von dem Bild seines nackten ehemaligen Sportlehrers bis hin zu Yami, hatte er es sich redlich verdient, sich etwas kaufen zu lassen, das dem Geldbeutel seines edlen Spenders angemessen erschien.

Und letztens, vielleicht übertrieb er auch ein bisschen und seine letzten Geburtstagsgeschenke waren doch mehr wert gewesen als diese Hosen, aber das war ein Gedanke, der Joey in diesem Moment nicht kam.
 

„Passt!“, kommentierte er ein wenig euphorischer als er eigentlich hatte klingen wollen, als er den Vorhang der Umkleidekabine beiseiteschob um Duke einen Blick auf das zu gewähren, was auf seinem nächsten Kontoauszug als rote Zahlen zu sehen war.

„Die sitzt nicht! Probier die nächste!“, kommandierte ihn der Schwarzhaarige allerdings nur und wandte wieder desinteressiert den Blick ab, oder besser gesagt, er wandte ihn höchst interessiert zu dem braunhaarigen Kassierer, der gerade in ihre Richtung sah.

Also blieb ihm nichts anderes übrig als raus aus der Hose, einen zweiten Stapel eröffnen für alle bereits als nicht genügend befundenen Hosen und die nächste anzuziehen.

Doch das Spiel wiederholte sich. Immer wenn der Blonde meinte, endlich eine passende zu haben, seiner Meinung nach konnten Hosen auch ruhig, oder sollten gerade, am Hintern etwas lockerer hängen, und waren dennoch tragbar. Aber Mister-Ich-bin-das-Geld-und-bestimme sah das offenbar nicht ganz so.
 

„Warum musste ich nur an einen schwulen Onkel geraten?“, murmelte Joey missmutig vor sich hin, als er feststellen musste, dass er alle fünfzehn Hosen bereits anprobiert hatte und von diesen fünfzehn – er konnte die Zahl nicht oft genug mental erwähnen – genau keine übrig geblieben war, die durch das strenge Urteil des Preisrichters gekommen war.

„Was war das bitte? Habe ich da eine leichte Kritik an meiner Person rausgehört?“

„AH!“ Mit einem spitzen Schrei, der Duke ein glucksendes Lachen entlockte, schreckte Joey zusammen und fuhr herum, nur um direkt in ein paar grüne Augen zu starren, die durch einen Spalt zwischen Vorhang und Trennwand lugten.

„Was soll das? Kannst du nicht warten, bis ich wieder angezogen bin?“

Leicht panisch griff Joey mit der einen Hand nach seiner eigenen, verschlissenen Jeans, um sie sich vorzuhalten, mit der anderen nach einem der überteuerten Modeartikel und schmiss sie gegen den Vorhang in eben jene Richtung, in der vor wenigen Sekunden noch Dukes Kopf vorwitzig hervorgelugt hatte.

„Schon gut, kein Grund rot zu werden, du bist mir entschieden zu jung!“

„Ich bin NICHT rot!“

Wieso nur hatte der Schwarzhaarige wieder diesen süffisanten Unterton und schien auch noch Spaß daran zu haben, jeden Satz, den man gegen ihn sagte, so zu beweisen, dass man selber wieder der Dumme war.
 

„Es würde mich jetzt aber doch interessieren, warum es dich gerade so ungemein stört, was ich in meiner Freizeit mache. Wobei in meinen Gedanken auch vierundzwanzig Stunden lang.“ Er lachte kurz auf und lehnte offenbar gegen die schmale Trennwand der Kabine.

„Angst um deinen, nebenbei wirklich süßen, jungen Knackarsch?“

Wieder ertönte ein Lachen, doch dieses Mal etwas ausgelassener. Das machte diesem Drecksack auch noch Spaß!

„Du bist doch doof!“ Schmollend und ein wenig übertrieben schob er den Vorgang wieder zurück, da er mittlerweile wieder vollends von Stoff bedeckt war.

„Erst schwul, jetzt doof, ist das eine Verbesserung?“

Den unnötigen Kommentar gekonnt übergehend, setzte Joey erneut an.

„Dir war keine der guten Hosen gut genug, wie modeversessen-schwul ist das denn?“

„An deiner Ausdrucksweise werden wir noch üben müssen“, Duke sah ihn strafend, aber nicht wirklich böse, eher auf selbstironische Weise amüsiert, an, „aber wenn hetero bedeutet, dass ich rumlaufen soll wie ein Penner, dann bin ich doch direkt noch viel lieber schwul!“

„Ich will die haben, egal wie du sie findest!“

Mit spitzen Fingern angelte Joey nach der billigsten der kleinen Finanzanlagen und ging schnurstracks auf die Kasse zu, sodass seinem verdatterten Onkel keine Zeit zum Protestieren blieb.
 

Eine, oder besser gesagt zwei Hosen – Duke brachte ebenfalls noch eine weitere mit, offenbar nicht so unpassend, wie er Joey hatte weismachen wollen – hatte er also jetzt schon mal, fehlte ihm nur noch der Rest, denn nur mit einer Jeans bekleidet konnte er vielleicht für einen Schwarz-Weiß-Kalender posieren, im unwahrscheinlichen Falle, dass sich jemand für schmächtige Sechszehnjährige interessierte, die keinen Körper wie ein Unterwäschemodel hatten, aber keinesfalls in die Schule oder auf die Straße gehen.

Das wusste offenbar auch der Schwarzhaarige, der so gerne wohl selbst einige Männer – besonders den Kassierer dieses Ladens – ohne Shirt durch die Gegend laufen gesehen hätte.

„Auf zum nächsten Laden!“, lautete der einkaufswillige Befehl und mit einer Hand eine SMS tippend, mit der anderen den Tüte schleppenden Joey hinter sich her winkend, marschierte Duke voran.
 

*
 

Ungeduldig drückte Yami bereits zum zehnten Mal auf den kleinen runden Klingelknopf mit der Überschrift „Devlin“, doch ohne wieder mehrere Minuten auf das Surren des elektrischen Türöffners oder Schritte hinter der Haustür zu warten, kramte er in seinen unzähligen Jackentaschen, mit denen das schwarze Leder, das ihn zierte, gesegnet war, nach dem Zweitschlüssel, den er von Dukes Wohnung besaß.

Offenbar hatte ihn der Schwarzhaarige wieder einmal versetzt oder hatte nach ihrem Streit das eigentlich für heute verabredete Treffen in Dukes Mittagspause absichtlich, aber ohne jedes weitere Wort gecancelt.

Das war Variante Nummer eins, aber die Alternative, nämlich dass der Schwarzhaarige nur nicht öffnete, da er gerade mit irgendeinem Kerl seine Wohnung wieder in eine ganz besondere Spielwiese verwandelte, stimmte Yami auch nicht gerade heiterer.

Er hatte eigentlich auf dieses Treffen gesetzt, um sich mit seinem besten Freund noch einmal auszusprechen und ihm das eigentliche Thema ihres Streits noch einmal besser ins Gewissen zu bringen.
 

„Duke, ich bin’s!“, rief er gut hörbar, noch ehe er vollständig beide Füße über die Schwelle der Wohnung gesetzt hatte, und verhielt sich dann ganz still, um zu lauschen, ob er verräterisches Keuchen und Stöhnen vernahm, doch nichts, absolut nichts war in dem Apartment zu hören außer dem gleichmäßigen Ticken der großen Wohnzimmeruhr, die eine ganze Wand verschönerte.

Was ihm in gerade jenem Moment erst wieder einfiel, als er über den herumliegenden Rucksack stolperte, wo war eigentlich Joey?

Hatte Duke ihm nach allem nun doch auch noch einen Schlüssel gegeben, oder hatte er ihn wieder rausgeschmissen und der Teenager irrte verloren durch die Straßen der Stadt?

‚Jetzt reiß dich aber mal zusammen, du bist nicht die Caritas!‘ rief sich der Bunthaarige wieder zur Ordnung, als vor seinem geistigen Auge Bilder von Joey auftauchten, der wie ein Bettler in der U-Bahn saß, mit einem leeren Pappbecher in der Hand und einer Kartonseite auf der stand „Mich will keiner.“

Symbolisch schüttelte er noch einmal bekräftigend den Kopf. Nur weil Duke keinerlei Verantwortung zeigte, hieß das jetzt nicht, dass er zum Helfer des Jahres mutieren musste, schließlich war nicht er der missratene Onkel.
 

Seufzend wollte er sich gerade dem Kühlschrank widmen, um sich wenigstens ein Erfrischungsgetränk gönnen zu können – falls Duke nicht wieder vergessen hatte, für ihn neue Diät-Cola kalt zu stellen – da klingelte es auch schon an der gerade erst geschlossenen Haustür.

Ohne lange zu überlegen, entweder es war Joey oder Duke, der genau wusste, dass Yami hier auf ihn wartete, drückte er den automatischen Türöffner neben dem Telefon auf der Küchendiele, verständlicherweise nicht willens, sich für den miesesten Onkel oder den nervigsten Neffen des Jahres zu bewegen.

„Das wurde aber auch Zeit!“ Ohne den Blick zu heben, öffnete er mit einem „Knack“ die bereits beschlagene Dose und wollte sie gerade ansetzen – Gläser waren etwas für Leute, die gerne spülten, oder ihre Luxus-Spülmaschine auch benutzten, also nichts für Yami – da klappte ihm vor Überraschung der Mund auf und er verdankte es einem unterbewussten Reflex, dass sich keine sprudelnde, bräunliche Flüssigkeit über seinem Oberteil ausbreitete.
 

„Entschuldigung!“ ein tiefes Räuspern erklang und ein schlanker, groß gebauter Mann mit dunklen, braunen Haaren erschien im Türrahmen. „Ich will zu Mister Devlin und seinem Neffen Joseph Wheeler.“

„Beide nicht da!“, stammelte Yami, der einen Augenblick brauchte, um sich wieder zu fassen und ein cooles Lächeln aufzusetzen, während er die Coladose abstellte und auf den Mann zuging, um ihn doch weiter herein zu bitten.

Dabei ließ er seinen Blick von oben bis unten – natürlich unbemerkt – streifen. Ein tadellos sitzender, bestimmt maßgeschneiderter Anzug, eine Krawatte, die bis zum Luftabschnüren korrekt geknotet war, Lederschuhe, die glänzten wie täglich frisch poliert und eine Haltung, die aussah, als würde er täglich mehrere Stunden üben gerade zu stehen, indem er sich an einen Besenstiel kettete, ließen den Unbekannten so steif und bürokratisch wirken wie noch nie jemanden, den Yami bisher getroffen hatte.

Doch gleichzeitig verliehen eben jene Dinge ihm einen gewissen Charme. Der Bunthaarige konnte nicht umhin sich einzugestehen, dass er endlich wen gefunden hatte, an dem schwarze Businessanzüge nicht wirkten wie eine geschäftliche Verkleidung.

Duke sag gut aus, keine Frage, auch in Anzug wirkte er immer noch attraktiv, doch Yami – der selber offensichtlich nichts von konventioneller Kleidung hielt – behielt immer den Eindruck, dass es eben nichts weiter war als ein geschäftlicher Aufwand, eine Art Verkleidung für die Glaubwürdigkeit.

Doch dieser Mann, der sich selber als „Seto Kaiba“ vorstellte, nachdem die Tür hinter ihm wieder geschlossen worden war, wirkte – mal abgesehen davon, dass sein ganzes Auftreten etwas surreales hatte – als wäre er bereits mit Anzug geboren worden und könnte nichts anderes tragen ohne affig darin auszusehen.
 

„Ich komme vom Jugendamt und wollte nach dem Rechten sehen und Sie sind?“ Kaiba stellte seine mitgebrachte Aktentasche auf den Boden um kam ein paar Schritte näher in den Raum, aber offenbar nicht in der Absicht hier zu warten, bis die eigentlichen Ziele seines Ausfluges hier eintrafen.

„Man könnte sagen, ein Freund der Familie.“, Yami grinste, vielleicht eine Spur verführerisch, und stützte sich jetzt mit einem Arm auf der Theke ab, einen Schluck aus der wieder aufgenommenen Dose nehmend und die Hüfte unnötig weit nach hinten streckend.

Eigentlich bekam der Bunthaarige bei Männern, die schon von weitem nach Bürohengst aussahen, immer das kalte Grausen, doch irgendetwas war anders.

Vielleicht die Herausforderung, einen offensichtlich an Vorschriften festhaltenden, nach Langweiler riechenden Mann aus der Reserve zu locken. Wobei, er musste sich verbessern, bei all der Steifheit, die von diesem Kaiba ausging, irgendetwas an ihm verriet, dass er alles, aber kein Langweiler zu sein schien, obwohl das Offensichtliche eine andere Sprache sprach.
 

„Können Sie mir sagen, wann Mister Devlin wieder in seiner Wohnung anzutreffen ist?“

„Nein, aber allzu lange kann es nicht mehr dauern. Sie könnten hier mit mir warten!“

In Wahrheit hatte er keine Ahnung, ob sich Duke vor seinem Feierabend überhaupt noch einmal hier blicken ließ, doch er wollte unbedingt mehr Zeit mit diesem Kaiba verbringen, dessen Iris, nebenbei bemerkt, exakt die gleiche Farbe hatte wie seine Krawatte, nämlich Eismeerblau. Zumindest würde Yami sie so nennen, wenn es an ihm wäre, sie zu benennen.

„Was sollte mich dazu bringen?“ Sachlich, kühl und von oben herab abschätzend musterte Seto den Bunthaarigen und wirkte für einen Moment so, als wollte er nach seiner Tasche greifen und die Wohnung wieder verlassen, doch zu Yamis großer Verwunderung zog er lediglich einen der beiden Barhocker etwas zu sich heran und ließ sich mit einer flüssigen und auf gewisse Weise auch eleganten Bewegung darauf nieder.
 

„Gibt es einen bestimmten Anlass oder ist Ihr Besuch reine Routine?“ Es war nicht so, als wäre Yami kein besserer Start für einen Smalltalk eingefallen, doch leider war ihm dieser Start als erstes eingefallen und da seine Lippen fast synchron mit seinem Gehirn zusammenarbeiteten, war es nun also so.

„Reine Routine, aber es würde mich dennoch persönlich interessieren, ob Mister Devlin es trotz einer langen und eindeutigen Partynacht, denn ich vermute stark, dass er sich diesen Freitag nicht zum ersten Mal auf diese Weise amüsiert hat, in der Lage ist, sich angemessen um einen Jugendlichen zu kümmern.“

„Ja Duke und feiern ist ein ganz eigenes Kapitel“, plapperte Yami unbedarft und fast schon unbewusst vor sich hin, als er einen weiteren Schluck nahm, bis er plötzlich inne hielt.

„Woher wissen SIE denn davon?“ Er traute diesem Kaiba ja eine Menge zu, beispielsweise, dass er seine Socken zu Hause in der Schublade farblich sortierte, oder seine Kaffeetasse immer nur bis zum Eichstrich füllte, aber hellseherische Fähigkeiten hätte er bei ihm nun nicht vermutet.
 

„Meine Augen täuschen mich in der Regel nie“, lautete die knappe Antwort, die bei dem Bunthaarigen für ein kurzes, erkenntliches Auflachen sorgte.

„Sie haben ihn getroffen?“ Rhetorische Frage. „Dann wundert es mich, dass Sie ihn überhaupt noch für fähig halten, sich um andere zu kümmern.“

Am liebsten hätte er sich direkt auf die Zunge gebissen, ein so gehässiger Kommentar über Freunde, gegenüber Fremden, sah ihm gar nicht ähnlich. So und noch viel schlimmer gegenüber Freunden, keine Frage.

Noch bevor sein schlechtes Gewissen sich einschalten konnte, da ihm wieder eingefallen war, dass Duke Joey doch ohnehin loswerden wollte, dämmerte ihm bereits etwas anderes.

Duke feierte gerne und viel, doch um sich den Beutezug zu erleichtern, fand man ihn meistens – nicht immer, aber immer öfter – auch nur in Discos und Bars, in denen seine Erfolgsquote bei fast hundert Prozent lag, kurzum, er war im gesamten Schwulenviertel von Domino recht bekannt. Und das musste also im Umkehrschluss bedeuten, traf man Duke des Nachts außerhalb des eigenen Bettes an, so musste man sich in seinem Revier aufhalten, was wiederum hieß …
 

Ein siegessicheres Grinsen legte sich auf die Lippen des Bunthaarigen, während er seine Pose noch einmal zurechtrückte in eine etwas eindeutigere Form.

„Sie könnten hier warten, da Sie in mir eine gute Unterhaltung hätten.“ Sein Tonfall war leicht säuselnd geworden und sein Blick ruhte auf Kaibas verdutzter Miene, offenbar unschlüssig, ob er sich diesen dezenten Unterton und die Zweideutigkeit in Yamis Aussage nur eingebildet hatte oder nicht.

„Er wirkt so steif, würde mich wirklich mal interessieren, ob er sich auch gehen lassen kann und die Steifheit nur an einer Stelle möglichst lange andauert“, nuschelte Yami gerade noch so verständlich vor sich hin und hielt sich dann peinlich berührt – oder eher gewollt unschuldig – die Hand vor den Mund. „Habe ich das gerade wirklich laut gesagt? Wie peinlich?“

Für einen Moment wirkte Kaiba so als wäre er zu einem Eisblock erstarrt, doch dann räusperte er sich, zog etwas an seinem Krawattenknoten, um ihm – wie unglaublich unpassend für ihn – zu lockern, und sah dem Bunthaarigen dann mit festem Blick, der Yami schwächer werden ließ als so manch anderer durchtrainierter Männerkörper, in die Augen.

„Sie könnten es selbst herausfinden!“
 

+ + + +
 

So, was ein fieser Break, oder?

Aber ich bin ja schon beim nächsten Kapitel^^
 

Was nebenbei bemerkt vll adult werden könnte, wenn also Wünsche nach einer zensierten Version aufkommen lasst es mcih wissen!
 

LG trinithy

Intermezzo

Kapitel 11- Intermezzo
 

„Reicht das jetzt?“

Joey ächzte, als er ein paar Stufen – wer zum Henker kam auf die Idee, mitten in die Innenstadt einfach mal vier Treppenstufen einzubauen, sah das vielleicht besser aus? – hochtaumelte.

An seinen Armen baumelten mittlerweile mehrere Tüten, vollgestopft mit Hosen, Unterhosen, Socken, Pullovern, einer Jacke, einem Kissen, einer neuen Decke und – was am schwersten von allem war – einem Karton mit einem Luftbett.

Langsam fragte er sich, wie er das aushalten sollte, wenn sie noch weiter durch die Fußgängerzone rannten, geschweige denn den Fall, dass sogar noch mehr Tüten und Gehänge dazu kamen. Wahrscheinlich liefen dann erst seine Finger aufgrund der abgeschnittenen Blutversorgung blau an und dann fiel ohne Vorwarnung der ganze Arm ab.

So fühlte es sich zumindest an.
 

„Ja, ich denke, für dich haben wir jetzt alles, aber ich muss noch in den Laden rein!“

Duke nahm sich die Sonnenbrille, die er irgendwann in einem der tausend Läden, in denen sie heute schon gewesen waren, erstanden hatte, wieder von seiner Nase und steckte sie sich locker in die Brusttasche seiner Jacke, ehe er mit einer vielsagenden Handbewegung seinen Neffen zur Eile antrieb und auf einen Laden zeigte, der Joey jegliches Gejammer vorerst im Halse stecken bleiben ließ.

Die Schaufenster waren mit braunem Packpapier zugeklebt, damit man von draußen nicht rein sehen konnte, doch gleichzeitig verrieten stark zensierte, aber dennoch sehr eindeutige Bilder, was man vorfinden würde, wenn man sich traute, unter der auffallenden, roten Neonreklametafel hindurchzugehen, die einem den Zutritt zur „Höhle der Lust“ versprach.

Wohl eher eine „Hölle“ fand Joey, denn allein für diesen dämlichen Namen verdiente der Besitzer ein Plätzchen Ewigkeit mit gemütlicher Dauerbefeuerung.
 

„Was willst du denn da?“

Gequält stieß er Luft durch seine zugekniffenen Lippen und blies dabei die Backen unbewusst auf.

„Ich brauch neue Kondome“, gab der Schwarzhaarige ohne Ausflüchte zu, drückte schon die breite Flügeltür auf und hielt sie in einem Anflug von Mitleid mit Joeys schwerer Last für den Teenager so lange offen, bis dieser sich reichlich zögernd über die Schwelle getraut hatte, nicht ohne dabei mit seinen Tüten mindestens einmal irgendwo hängen zu bleiben.

„Und so etwas gibt es nicht in einem NORMALEN Laden?“ Mal ganz von der Tatsache abgesehen, dass der Blonde wie durch Zufall bereits auf mehrere von Dukes Vorräten gestoßen war und nicht fand, dass diese so aussahen, als bedurften sie dringender Auffüllung.

„Nicht das, was ich brauche.“ Damit schien für Duke das Thema ausgiebig besprochen zu sein und seine unschlagbare Logik hatte auch ohne verständliche Erklärung gesiegt.
 

Kaum waren sie mehr als drei Schritte in den Laden hineingegangen, war der Schwarzhaarige, der sich offenbar bestens hier auskannte, auch schon hinter der nächsten Regalreihe in die unendlichen Tiefen verschwunden und ließ Joey alleine zurück.

Ob das nun sein Glück oder sein Pech war, vermochte er nicht ganz zu sagen, als er sich umblickte und sich inmitten von DVDs mit eindeutigen und sehr eindeutigen Titelbildern wiederfand.

Nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, richtete er seine Blicke klammheimlich – als ob sich in so einem Laden auch nur irgendwer daran stören würde – und ganz gezielt auf die Titel, doch was ihm da unter Überschriften wie „Beverly Hills Cock“ und „Das Wunder im Bernd“ entgegen blinkte, verschlug ihm nicht nur den Atem, sondern ließ ihn auch in den nächsten Sonderangebotsständer knallen, sodass die gesamte heruntergesetzte Porn Wars Reihe auf seine Füße regnete.
 

Keine fünf Sekunden später, in denen Joey noch zu erstarrt gewesen war, um auch nur eine Hülle aufzuheben, hörte er auch schon die ärgerliche Stimme eines nicht sonderlich großen, aber schlanken Mannes, der mit türkisfarbenen Haaren, einem eingepackten Sexspielzeug in der einen und einer kleinen Etikettiermaschine in der anderen Hand, wild fuchtelnd auf ihn zugelaufen kam.

„Hast du eigentlich keine Augen im Kopf? Du kannst gerne einen Film kaufen und zu Hause dabei machen, was du willst, aber in meinem Laden wird nicht zu den Titelbildern gewichst und dabei die Einrichtung verwüstet!“

„Ich … ich ...“

Joeys Stimme versagte ihm den Dienst angesichts dieser ziemlich bodenlosen Unterstellung, wie er fand, doch er bekam keine Gelegenheit, sich selbst zu rechtfertigen, da tauchte Dukes schwarzer Haarschopf bereits wieder in seinem Blickfeld auf, offenbar angelockt durch den Krach.
 

„Noah, der Kleine gehört zu mir, lass ihn in Ruhe.“

Für einen Moment sah der Angesprochene bloß stutzig zwischen Onkel und Neffe hin und her, ehe sich seine Haltung entspannte und sich ein erfreutes Lächeln auf seinen Lippen bildete.

„Na, wenn das so ist. Lass ruhig liegen, Kleiner, mein ziemlich nichtsnutziger neuer Angestellter wird sich bestimmt liebend gerne darum kümmern.“ Dann wandte sich der Mann, offenbar Besitzer des Ladens und auf den Namen Noah hörend, an Duke.

„Und was treibt dich mal wieder in meinen Laden? Hast dich ja lange nicht mehr blicken lassen. Die Suche nach einem Schnäppchen?“

„Nur das Übliche. Ab welcher Stückzahl gibst du noch mal Mengenrabatt?“ Er zwinkerte verschmitzt und deutete auf den Inhalt eines kleinen Einkaufkorbes, der ihm locker in der Armbeuge baumelte.

Der Türkishaarige winkte lachend ab und stellte dann alles, was er noch in den Händen hielt, einfach auf die nächste freie Fläche, die er finden konnte.

„Darüber reden wir, wenn du zahlen willst. Aber sag mal, der Blonde da ist ja echt süß, Geschmack hattest du ja schon immer, aber er sieht noch ziemlich jung aus, he?“
 

Joey kam sich vor wie ein neues Lieblingsspielzeug, das begutachtet wurde, und abermals fand er sich in der Situation wieder, dass ihn einer von Dukes Freunden oder Bekannten für die neue Eroberung seines Onkels hielt. Sollte ihm das zu denken geben? Also noch mehr, als er ohnehin schon Skepsis am Lebenswandel des Schwarzhaarigen hegte?

„Ich bin bloß sein Neffe, um das mal klarzustellen!“ Es war an der Zeit, dass er mal einschritt.

„Aber er ist bereits achtzehn, also mach dir da mal keine Gedanken, Noah.“

Doch anscheinend schien der Besitzer durchaus berechtigte Zweifel zu haben und hob fragend eine Augenbraue, als er den Teenager von oben bis unten abschätzend musterte.

„Also eigentlich bin ich erst sechzehn.“
 

„Bei aller Liebe zu dir, Duke, als mein bester Stammkunde, aber du kannst mir doch keinen Minderjährigen in den Laden schleppen. Du setzt damit meine Lizenz aufs Spiel, ist dir das bewusst?“ Mit leicht panischen Handbewegungen untermalte Noah seine Aussage und erinnerte Joey in diesem Moment stark an Yami, der beizeiten, zumindest in den Zeiten, in denen er ihn kennengelernt hatte, ebenfalls über eine stark dramatische Ader verfügte.

Doch selbst angesichts dieses Sturms aus Vorwürfen, besonders gefährlich durch wild umherfliegende Arme, blieb Duke bloß ruhig und lachte.

„Hätte ja klappen können, dass es keiner merkt“, dann sah er den Blonden an „Du hast es gehört, Hunde und Kinder müssen leider draußen bleiben!“

Ein Freifahrtschein geradewegs raus aus dieser Höhle des Frusts, den Joey nur zu gerne ergriff und ohne sich noch einmal nach den tausenden verschiedenen Arten von Utensilien, von denen er nicht einmal von der Hälfte wusste, wofür sie eigentlich da waren, hechtete er aus dem Laden, unter dem schallenden Gelächter seines schadenfrohen Onkels.
 

*
 

Yami war felsenfest davon überzeugt, sich verhört zu haben, doch sein Verstand, der das kaum wahrnehmbare Lächeln, das sich auf den Lippen seines Gegenübers gebildet hatte, verarbeitete, schrie ihm zu, dass er sich weder verhört hatte noch dass es sich dabei um einen Witz gehandelt hatte.

Denn bei einem Witz lachte zumindest immer der Erzähler, doch es war nichts zu hören außer seinem eigenen, gleichmäßigen Atmen, das ihm plötzlich unnatürlich laut vorkam.

„War das eine Einladung?“

„Wenn Sie es so verstanden haben, dann war es eine.“ Die blauen Augen ruhten auf dem Bunthaarigen und zogen ihn bereits mit Blicken aus, was in Yami ungläubiges Kribbeln voller Vorfreude aufsteigen ließ.
 

„Dann sollte ich sie wohl schnell annehmen.“ Er stellte die halb ausgetrunkene Dose beiseite und richtete sich wieder auf, um sich mit ein paar Schritten direkt neben Kaiba in Position zu bringen und seine eigentlich ohnehin viel zu warme Lederjacke langsam seine Schultern herunter rutschen zu lassen.

Für einen Moment starrten sie sich bloß in die Augen und das tiefe Blau vermittelte Dominanz, aber auch unerfüllte Gier, wie sie nun so gar nicht mehr zu Anzug und Krawatte passten, also beschloss der Bunthaarige, eben jenes würgeartig geschnürte Utensil mit ein paar gekonnten Handgriffen zu lockern und Kaiba über den Kopf zu ziehen.

Damit schien das Eis gebrochen und der Größere beugte sich vor, ließ eine Hand unter das Shirt des anderen greifen und hielt sich nicht lange mit Streicheleinheiten auf, da landete das Stückchen Stoff auch bereits auf dem Boden.
 

Er konnte nicht glauben, dass er sich gerade wirklich von einem Wildfremden in Dukes Wohnung entblättern ließ und das auch noch so willig und ungeduldig, ebenfalls damit beschäftigt, die tausend Hemdknöpfe dieses Fremden zu öffnen. Zwar hätte er am liebsten einmal feste an dem Stoff gerissen, sodass die Knöpfe entweder von alleine aufgegangen wären oder seinetwegen auch abgerissen, doch da er nicht das Gefühl hatte, Kaiba würde ihm das so leicht verzeihen, musste er also den umständlichen Weg gehen. Andererseits, er hatte auch nichts das Gefühl gehabt, und hatte es eigentlich auch immer noch nicht, obwohl ihm gerade eindrucksvoll das Gegenteil bewiesen wurde, dass sich der Braunhaarige zu spontanem Sex hinreißen ließ, noch dazu in One-Night-Stand Manier, da sie keine zehn Sätze miteinander gewechselt hatten und sich schon gegenseitig in den Schritt fassten.
 

Er wusste nicht einmal mehr, wann genau Kaiba ihm die Hose herunter gezerrt hatte, als er plötzlich die kalte, da steinerne, Tischplatte des Küchentisches an seiner nackten Haut spürte und ein zufälliger Blick auf den Boden verriet ihm, dass auch der Braunhaarige sich seines schwarzen Stoffes mit Bügelfalte entledigt hatte.

„Da ist aber einer stürmisch“, kommentierte Yami schurrend Setos Tun, als dieser ihm mit den Händen über den gesamten Körper strich und es fast so aussah, als wollte er ihm einen innigen Kuss geben, doch in letzter Minute drehte er ab und knabberte stattdessen an der weichen Haut am Hals des Bunthaarigen.

Hätte er es selber nicht so nötig gehabt – sein letzter Sex war eindeutig zu lange her gewesen –, hätte er vielleicht noch den einen oder anderen Spruch gerissen über diese offensichtliche Notgeilheit seines Gegenübers. Doch wer im Glashaus sitzt, sollte ja bekanntlich nicht mit Steinen werfen, also biss er sich lieber auf die Lippe und unterdrückte ein Aufstöhnen, als der Größere sich zwischen seine bereits leicht gespreizten Beine zwängte und dabei absichtlich über Yamis bereits voll Blut gepumpte Körpermitte strich.
 

„Kondome sind auf dem Couchtisch …“, presste der Fotograf zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor und bedeutete damit, dass er sich lieber nicht mit dem unnötigen Teil des Vorspiels aufhalten wollte.

Intime Küsse, Streicheln, Zärtlichkeit und tiefsinniges in die Augen schauen konnte – oder vielmehr sollte – Teil eines sinnlichen, wahlweise romantischen Vorspiels sein, doch bei spontanem Sex auf der Küchentheke hatten Sinnlichkeit und Romantik ungefähr so viel verloren wie Yamis Hintern auf Dukes Herdplatte.

Leider Gottes spürte er genau in diesem Moment das kalte schwarze Ceranfeld unter sich, was allerdings keinen Anlass gab, seine Entscheidung schnell zur Sache zu kommen, noch einmal zu überdenken. Gott sei Dank wirkte Kaiba nicht sonderlich verärgert über diesen Entschluss, im Gegenteil, er drehte sich um und wollte gerade zu dem besagten Tisch herüber gehen, als er wieder einen fragenden Blick zurückwarf.
 

„In der Bonboniere!“

Zum ersten Mal in seinem Leben war Yami wirklich froh, dass sein bester Freund nie einen Hehl aus seiner großen Lust an Sex gemacht hatte und sogar so weit ging, immer eine sehr großzügige Auswahl an Kondomen bereitzustellen und dies nicht etwa in den hintersten Ecken seines Nachttischchens, sondern mitten im Zentrum seiner Wohnung.

Der Schwarzhaarige hatte sich für eine Bonboniere entschieden, da er immer zu predigen pflegte: „Manche Menschen naschen Bonbons, ich vernasche manche Menschen!“

Dementsprechend stellte er auch immer alles bereit, was der breite Markt der Erotik- und/oder Präventionsindustrie so zu bieten hatte.

Noppen, Rillen, von extra klein bis extra groß, von extra reißfest bis extra dünn, super feucht, bunt, Geschmacksrichtungen, die man nur in einer gut sortierten Obsttheke wiederfinden konnte. Duke hatte ihm sogar einmal von einem erzählt, das sich bei Gebrauch sogar noch erwärmt haben sollte, zu skurril, um wahr zu sein. Das hatte zumindest der Bunthaarige solange angenommen, bis er zum Gegenbeweis – oder auch nur aus Schadenfreude – zum Geburtstag ein ganzes Jahrespack geschenkt bekommen hatte.

Kurzum, wenn jemand in Dukes Auswahl nicht das fand, was er suchte, dann lag es lediglich daran, dass Duke keine 24 Stunden vorher das letzte Kondom dieser Sorte verbraucht haben musste.
 

„Okay …“

Etwas verwundert zog Kaiba seine Augenbrauen hoch, als er gleich die Vielzahl bunter Päckchen entdeckte, die ihm entgegen blitzten, doch aus mangelnder Geduld, anscheinend keine seiner besonderen Stärken, griff er einfach hinein und kehrte dann mit einem unterschwelligen Grinsen zu Yami zurück.

Quadratisch, am Rand gezackt und silbern glänzend drückte er das noch eingepackte Ziel seiner Suche im Bonbonglas in die ausgestreckte Hand des Bunthaarigen, offenbar verbunden mit der Aufforderung, dass dieser auch ein wenig beizutragen hatte.

Nachdem er diese Verantwortung also schon mal abgegeben hatte, wollte sich der Braunhaarige wieder herunterbeugen, um dort weiterzumachen, wo er aufgehört hatte, nämlich beim Erkunden von Yamis tieferen Regionen, als ihn plötzlich unterdrücktes Prusten und dann mittelstarkes Gelächter hochschrecken ließ.
 

„Was?“ Seine dunklen Augen funkelten unverständlich und genervt.

„Sieh genau hin!“ Nur an den beiden Ecken gefasst, hielt der Bunthaarige ihm das Päckchen unter die Nase und jetzt sah er auch, was er bei seinem beiläufigen Griff eben übersehen hatte.

Die beiden großen, rot schimmernden Buchstaben, ein X und direkt dahinter leider kein L wie es ja durchaus noch passend gewesen wäre – zumindest Kaibas Ego nach – sondern ein feines, aber deutliches S.

Etwas Unverständliches schnaubend, riss er es Yami wieder aus den Händen und stampfte fast zurück zu dem Tisch, nur um dann, wahrscheinlich aus Protest oder unterbewusster Schadensbegrenzung für sein Selbstwertgefühl, mit der XL-Variante wiederzukommen.

Doch es war ihm anzumerken, dass seine Stimmung reichlich angekratzt war, also seufzte Yami kurz und kaum hörbar auf, ehe er dann ein verschmitztes Lachen auflegte.

„Wie wäre es, wenn du mich einfach spüren lässt, welche Größe dir eher passt.“

Das Paar blaue Augen verengte sich zu Schlitzen und funkelte immer noch leicht angefressen, doch anscheinend konnte Kaiba einer solchen direkten Aufforderung und auch Herausforderung nicht widerstehen.
 

Wie zur weiteren Anstachelung bekam der Braunhaarige nun auch noch zu sehen, wie die schlanken Finger des Fotografen von ganz alleine in dessen intimste Region wanderten und den Job übernahmen, den er zwar liebend gerne Kaiba überlassen hätte, doch erstens wollte er heute noch zu etwas kommen und zweitens wollte er nur sicher gehen, dass er den ersten Sex nach einer gefühlten Ewigkeit auch genießen konnte.

Nicht, dass er aus reiner Intuition Kaiba keine Gründlichkeit zugetraut hätte, nur bezweifelte er, dass der Brünette auch noch so viel Geduld besaß.

Zweifel, die offenbar berechtig schienen, angesichts der Schnelligkeit, mit der nun das leere, quadratische Päckchen auf dem Boden landete.
 

*
 

Duke war höchst zufrieden mit sich und dem Tag, als er seinen Wagen vor seinem Apartment parkte. Der schwarze, recht teuer aussehende Wagen auf der anderen Straßenseite akkurat in der Parklücke stehend mit exakt dem gleichen Abstand zu jedem der weißen Begrenzungsstreifen fiel ihm zwar auf, doch teure und gut gepflegte Autos waren in dieser Gegend keine Seltenheit, also machte er sich keine weiteren Gedanken.

Sollte sich einer seiner Nachbarn etwas Neues gegönnt haben, würde er das schon noch früh genug erfahren, denn diese Leute ließen meist keine Gelegenheit aus, um mit ihren Errungenschaften zu prahlen.

Er selbst würde es ja nur wenig anders machen. Was nutzte das teuerste Sport-Coupé, wenn nicht jeder zweite vorbeikam, um sich neidisch die Nase an der Windschutzscheibe platt zu drücken?
 

„Beeil dich ein bisschen“, trieb er Joey zur Eile an, erbarmte sich dann aber und nahm ihm ein paar der vielen kleinen und großen Tüten aus der Hand.

Zwar hatte der neue Look des Blonden – denn alle Sachen waren natürlich mehr oder weniger nach Dukes Geschmack ausgesucht worden – seine Kreditkarte mit außerplanmäßigen Ausgaben belastet, aber jemand, dessen Firma auch mehrere Monate im Jahr außerplanmäßige Gewinne machte, also grüne Zahlen, die eine Stelle mehr hatten als erwartet, der konnte sich das zumindest einmal im Jahr durchaus leisten.

Das war es ihm wert gewesen. So konnte er sich immerhin auch mal mit seinem Neffen blicken lassen, wenn es denn unbedingt sein musste, ohne dass er sich über dessen Aussehen Sorgen machen musste.
 

Mit federndem Schritt und einem lockeren Pfeifen auf den Lippen ging er voran, schließlich hatte er seinen Schlüssel bereits in der freien Hand, oder vielmehr, er hatte überhaupt noch eine freie Hand, mit der er jetzt nichts ahnend einmal salopp seine Tür anzog – das Schloss hatte manches Mal so seine Eigenarten – und …

„YAMI?“

Der Karton mit dem Luftbett landete mit einem lauten „Puff“ auf dem Boden und der Schwarzhaarige blinzelte ein paar Mal verdutzt, doch der bunte Hinterkopf, der verstrubbelt in seine Richtung zeigte, gehörte ohne jeden Zweifel seinem besten Freund, der gerade vollkommen nackt auf seiner Küchentheke saß und sich beim Rufen seines Namens unangenehm versteifte. Wobei vielleicht zu erwähnen war, dass sich bloß der Rest seines Körpers versteifte, ein gewisses Körperteil, dessen war Duke sich sicher, erlebte gerade genau den gegenteiligen Effekt.
 

Ein Bild für die Götter, das den Schwarzhaarigen auflachen ließ, als der Fotograf seinen braunhaarigen Partner hektisch davon stieß und aufsprang, um seine Sachen zu suchen und sie schützend vor sich zu halten, gerade als sein Blick endlich das Gesicht des großen Unbekannten traf und er sich vor Überraschung fast verschluckte.

Das war doch eindeutig dieser Kaiba vom Sozialamt. Was machte der ohne Erlaubnis in seiner Wohnung?

Aber die viel wichtigere Frage, was machte er in seinem besten Freund?

„Duke, konntest du nicht auf mich … Oh mein Gott, ich bin blind!“

Das war eindeutig Joeys Stimme, die ihm schrill ins linke Ohr brüllte, als dieser neben ihm im Türrahmen erschien und sich die Hände auf die Augen presste, offenbar den Reflex unterdrückend, Reißaus zu nehmen.

Wer konnte es ihm verdenken, wenn man mal rational darüber nachdachte. Jetzt hatte er schon vier Personen beim Sex überrascht, die er wahrscheinlich am liebsten nicht einmal nackt gesehen hätte.
 

„Herzlichen Glückwunsch, Yami, du hast gerade den Auftrag gewonnen, meine komplette Küche zu putzen, wer weiß, was du hier sonst noch so angestellt hast.“ Es sollte vorwurfsvoll klingen, doch so ganz wollte es ihm nicht gelingen, den amüsierten Tonfall aus seiner Stimme zu vertreiben.

„Und was bereitet mir die Ehre Ihres Besuches, Mister Kaiba?“ Schadenfreude weitete sich breit über sein gesamtes Gesicht aus und er hoffte fast, den Braunhaarigen aus der Fassung zu bringen oder wenigstens um eine Ausrede verlegen zu machen, doch zu meinem Missfallen hatte er nie jemanden gesehen, der nach unvollendetem, und damit unbefriedigtem Sex mit einem solch peinlichem Ausgang die Seelenruhe besaß, sein Hemd in aller Ruhe zu knöpfen.

Sogar die Krawatte öffnete er vollständig, legte sie sich lässig um und mit einigen schnellen, geübten Handgriffen saß der würgende Knoten bereits wieder an seinem richtigen Platz direkt am Hals des Größeren.

Yami dagegen hatte sein Shirt verkehrt herum an, nestelte hektisch an seinem Gürtel und warf sich die Lederjacke wieder über die Schultern ohne wirklich hineinzuschlüpfen, nur um sich möglichst schnell wieder bekleidet vorzukommen.
 

„Ich würde mich für Ihre Diskretion sehr erkenntlich zeigen.“ Kaiba räusperte sich, sah Duke dabei aber die ganze Zeit in die Augen und wirkte auch nicht weiter peinlich berührt, eine Tatsache, die den Schwarzhaarigen doch entschieden wunderte. Selbst ihm wäre es unter Umständen mindestens unangenehm gewesen, von einem seiner Kunden – einem, den er nicht bereits mit körperlichen Argumenten überzeugt hatte – beim Sex erwischt worden zu sein. Doch der Braunhaarige ließ sich in keinster Weise auch nur irgendeine Gefühlsregung anmerken, er war sogar so unnatürlich verschlossen, dass Duke es nicht geglaubt hätte, dass dieser Mann zu Gefühlen und Regungen fähig war, die für Sex benötigt wurden, hätte er es eben nicht mit eigenen Augen gesehen.
 

„Wo bin ich bloß gelandet?“, murmelte Joey selbstmitleidig vor sich hin, als er seine Taschen auf das Sofa fallen ließ und mit spitzen Fingern eine Socke aufhob.

„Wem gehört die?“

Yami sah augenblicklich mit geröteten Wangen an sich herunter und schüttelte den Kopf, Kaiba musste sich anscheinend nicht einmal bemühen und sein steinerner Blick verriet auch ohne weitere Regung, dass er anscheinend kein weiteres Kleidungsstück vermisste.

Daher machte sich der Blonde die Mühe, sein Fundstück noch einmal näher in Augenschein zu nehmen und steckte das verschlissene Stückchen Stoff peinlich berührt weg.

„Oh, meine…“

Ohne ein weiteres Wort verschwand er Richtung Bad und erst, als man den Schlüssel von innen hörte, ertönte seine dumpfe Stimme: „Ich komme wieder raus, wenn alles wieder normal ist!“
 

Duke zuckte mit den Schultern, schlängelte sich zwischen Yami und Kaiba hindurch zu seinem Kühlschrank, nahm eine Flasche heraus und wollte sie gerade auf der Küchenzeile abstellen, um ein Glas zu holen, da besann er sich eines Besseren. Man konnte ja nie wissen, ob die beiden die ganze Zeit an der Stelle gewesen waren, an der Duke sie erwischt hatte.

„Der eigentliche Grund meines Besuches ist Joseph.“ Seto Kaiba strich sich ein letztes Mal über sein frisch angezogenes Jackett und es war schon erstaunlich, wie wenig Falten es vom auf dem Boden liegen davongetragen hatte, vielleicht sollte er mal nach der Marke fragen.

„Reine Routine, um zu sehen, wie Sie beide klarkommen.“

„Eigentlich kommen wir beide blendend miteinander klar, er ist jetzt nur verstört, mit sechzehn sieht man ja nicht jeden Tag zwei Kerle ficken.“

Er lachte, fand er seine Ironie, die nur er und Yami verstanden, doch ziemlich passend gewählt, schließlich hatte Joey ihn und Tristan erst vor wenigen Tagen erwischt, doch ein strafender Blick und ein ungläubiges Husten seines besten Freundes riefen ihn wieder zur Ordnung.

„Sie können ihn aber dennoch gerne wieder mitnehmen! Zwar habe ich dann ein Luftbett übrig, aber wer weiß, vielleicht muss ja mal irgendwann irgendwer bei mir bleiben, den ich nicht in meinem Bett haben will. Eine Frau zum Beispiel.“

Wieder lachte er, doch um dem erneuten, bösen Blick zu entkommen, setzte er die Wasserflasche an und nahm einen tiefen Schluck.
 

„Ich fürchte ich muss Sie enttäuschen, es war nie meine Absicht, Joseph wieder mitzunehmen. Aber ich denke, ich sollte meinen Besuch auf einen anderen“, er räusperte sich, „passenderen Zeitpunkt verschieben. Einen guten Tag noch!“

Dann hatte Kaiba auch schon wieder seine Aktentasche in der Hand und legte eine Hand auf den Türgriff, um schnell, aber dennoch nicht fluchtartig die angespannte Atmosphäre zu verlassen, da drehte er sich noch einmal um und sah dem Bunthaarigen in die Augen.

„Hat mich sehr gefreut, Yami.“

Nacht der Gedanken

Und schon geht es weiter, endlich mal wieder richtig flott^^
 

Kapitel 13 ist auch schon zu zwei Drittel fertig und ich werde es wohl morgen Abend beenden. Danach gehts zu meiner Beta und damit ihr nicht zu verwöhnt werdet gibt es das nächste Kapitel dann wahrscheinlich nächstes Wochenende.
 

Und jetzt viel Spaß^^
 

+ + + + + + +
 

Kapitel 12- Nacht der Gedanken
 

Es war komplett dunkel in der Wohnung und nur durch ein paar Ritzen in den Rollläden schimmerte das Licht der Straßenlaternen herein und bildete kleine Lichtpunkte an der Decke und den Wänden, die allerdings nicht wirklich dazu beitrugen, dass man sich in dem riesigen Ein-Zimmer-Apartment besser zurechtfand.

So leise wie möglich rollte sich Joey auf die Seite und vergrub sein Gesicht in dem kleinen Kissen, das noch irgendwie nach Kaufhaus roch, und auch die Decke vermittelte ihm trotz weichem Flaum und angenehmer Naturfaser noch nicht das Gefühl von Gemütlichkeit.

Zwar hatte er heute einen fast schönen Tag gehabt, sich mit Duke eigentlich auch recht gut verstanden, wenn er versuchte zu akzeptieren, dass sein Onkel eben war, wie er war, und auch seine neuen Sachen waren wunderbar und echt cool und doch war etwas passiert, dass ihm all das neu gewonnene Gefühl, vielleicht doch gar nicht so fehl am Platz zu sein hier, genommen hatte.
 

Nicht etwa die Tatsache, dass er mal wieder, bereits zum zweiten Mal in unter einer Woche, zwei Männer in verfänglicher Situation gesehen hatte, ein Bild, das er sich am liebsten erspart hätte, war für seinen plötzlichen Stimmungsabfall verantwortlich, oder das stundenlange Aufpumpen der Matratze, bei dem ihm Duke natürlich nicht ein kleines bisschen geholfen hatte.

„Sie können ihn aber gerne wieder mitnehmen!“

Der Satz hämmerte gegen sein Trommelfell, als brüllte sein Unterbewusstsein in seinem Kopf.

Hatte er doch wirklich für einen kleinen, klitzekleinen Moment geglaubt, dass die Shopping-Tour mit Duke und ein eigenes Bett, wenn auch nur ein aufblasbares, bedeuteten, dass er hier akzeptiert wurde und wenn nicht akzeptiert, dann wenigstens vorerst auf unbestimmte Zeit geduldet, doch hatte ihm dieser Satz mit einem Schlag ins Gesicht das Gegenteil bewiesen.
 

Eigentlich war er auch nicht für seine Ohren bestimmt gewesen, zumindest nahm er das an, doch die Wände innerhalb der Wohnung, was da einzig und allein die Wände zum Badezimmer wären, waren mehr als hellhörig. Zu seinem Pech.

Oder war es vielleicht sein Glück, immerhin wusste er so genau, wo er dran war.

Wahrscheinlich hätte nach dem heutigen Tag angefangen, sich ein wenig heimischer zu fühlen und wäre dann nur noch enttäuschter gewesen, wenn er gegen Ende der Woche oder vielleicht auch erst nächste Woche, sicher aber recht bald, wieder verschwinden musste.

So konnte er sich drauf einstellen, seine Sachen, immer noch nicht viele, die ganze Zeit gepackt halten und musste sich gar nicht erst weiter mit den Gegebenheiten vertraut machen.
 

Er fragte sich, was Duke so hatte werden lassen?

Der Schwarzhaarige wirkte nicht gefühlskalt. Er lachte viel und anscheinend auch gerne, er war sehr eloquent und schätzte anscheinend das Amüsement und doch wirkte er, als ob er mit einem unbewussten Mechanismus die Menschen von sich wegdrücken würde. Im letzten Moment, bevor man ihn richtig mögen konnte, bewies er eindrucksvoll, dass er eigentlich ein riesiges Arschloch war.

Joey wunderte sich, ob das nur sein Empfinden war oder ob ihm andere zustimmen würden, noch mehr aber wunderte ihn, dass Yami die Freundschaft zu Duke immer noch nicht aufgekündigt zu haben schien, obwohl Duke auch in einem weiteren Gespräch, nachdem Kaiba sich anscheinend verabschiedet hatte, nicht gerade zimperlich mit Yami und all seinen schwachen Punkten umgesprungen war.
 

Joey seufzte und das Geräusch kam ihm in der Stille des großen Raumes viel zu laut und unangebracht vor, doch den Schwarzhaarigen, der nur wenige Meter und eine Trennwand entfernt in seiner riesigen Bettlandschaft – anders konnte man diese runde Oversize-Matratze schon nicht mehr nennen – lag, schien das nicht zu stören.

Wahrscheinlich schlief er bereits seit ein paar Stunden seelenruhig, angesichts des drohenden Arbeitstages, der für ihn bereits wieder in fünf Stunden beginnen würde.

Wie sehr sich der Teenager darin täuschte, konnte er nicht wissen, denn auch Duke lag zwar regungslos und leise atmend, aber dennoch hellwach und unfähig einzuschlafen zwischen tausenden kleiner Kissen. Die Decke beiseitegeschoben, da ihm sonst viel zu warm geworden wäre und die Arme hinter dem Kopf verschränkt, starrte er die Decke an.

Oder besser gesagt die Schwärze, die unter der Decke hing, denn selbst die Umrisse seiner Deckenleuchte konnte er nicht mehr erkennen.
 

Doch anders als den Blonden hielt ihn nicht der belastende Schwermut vom wohlersehnten und verdienten Schlaf ab, sondern vielmehr seine unstillbare Neugier und Fragen, die schlichtweg sein Interesse geweckt hatten und zwar so stark, dass sein Interesse ihn geweckt hatte.

Was hatte Yami zu so einer Aktion wie heute getrieben? Nicht dass es ihn wirklich störte, dass der Fotograf Sex in seiner Wohnung gehabt hatte, das machte ihm nichts, er hatte ja selber oft genug welchen in allen erdenklichen Winkeln dieses Apartments, doch ihn schockierte fast die Tatsache, dass es ausgerechnet ein für Yami Fremder war, von dem er sich hatte nehmen lassen.

Er kannte den anderen nun schon eine ganze Weile und kannte auch nur zu gut den Grund dafür, weshalb der Bunthaarige nicht viel von One-Night-Stands hielt und wenn er doch mal welche hatte, dann waren es meist solche mit Leuten, die er zumindest flüchtig bereits kannte, etwa einige seiner Models, oder ganz gezielte Personen, die er sich selber aussuchte und lange genug beobachtete und nicht etwa umgekehrt. Aber ganz spontane Aktionen gehörten eigentlich nicht zu dem, was er erwartet hätte.
 

Und dann war da noch die Sache mit seinem angekratzten Stolz. Bisher hatte er gedacht, gut darin zu sein, Menschen einzuschätzen und eigentlich hatte er sich noch nie geirrt. Bis heute, denn diesem Kaiba hätte er, selbst nachdem er sich wieder angezogen hatte, nicht zugetraut, sich so weit aus dem Fenster zu lehnen, wenn es um Spontanität und Zwischenmenschlichkeit ging. So konnte man sich irren, wobei Duke Devlin immer gehofft hatte, niemals „man“ zu sein, sondern immer besser als dieser unpersönliche Singular in Stellvertretung für die breite, unbegabte Masse. So hatte diesmal nicht man, sondern Duke sich ein weiteres Mal getäuscht.
 

Auch er seufzte, doch es war ein leises, von Müdigkeit getriebenes Seufzen, fast schon ein Gähnen. Er würde unbedingt mit Yami reden müssen, wenn dieser morgen kam, um seine Küche zu putzen.

Vielleicht sollte er auch Tristan mal wieder anrufen, immerhin hatte er noch nichts für die späten Stunden geplant.

Er rollte sich auf die Seite und klemmte sich das Kissen bequem unter den Kopf.

Wenn man es genau betrachtete, hatte er relativ selten in seinem Bett Sex gehabt mit Tristan, das konnte man eigentlich noch einmal nachholen, so gerne er auch an allen Orten anderen Sex hatte. Mit diesen und weiteren, immer verträumter werdenden Gedanken, die alle mehr und mehr in eine bestimmte Richtung abzielten, schloss er die Augen und ohne den Übergang von Wunsch und Traum zu bemerken, war er schließlich eingeschlafen.
 

*
 

Einige Stunden vorher, aber dennoch schon zu Zeiten, da die Sterne und der Mond – von den vielen tausend Straßenlaternen einmal abgesehen – die einzigen Lichtquellen waren, lag auch Tristan Taylor auf seiner Couch und schaltete laut gähnend und mit verschlafen blinzelnden Augen den Fernseher aus. Es lief ohnehin nur noch eine unnötige Dokumentation, von der er den Anfang schon gar nicht mehr mitbekommen hatte.

Heute hatte er fünf verschiedene Klassen im Unterricht gehabt, zwei davon in einer Doppelstunde, eine davon eine Oberstufe, die noch schwerer dazu zu motivieren waren einen Tausendmeterlauf zu veranstalten, als Esel dazu, einmal in ihrem Leben das zu tun, was man wollte.

Warum tat er sich das eigentlich an? Die elenden Muskelschmerzen, wenn er mal wieder übermotiviert ausnahmslos alle Übungen mitmachte, was im Klartext mehrere Stunden Sport bedeutete, die nörgelnden Mädchen, die lustlosen Jungs, die schlechten Ausreden, wenn es darum ging, weshalb zum dritten Mal in Folge nur die Hälfte der Klasse am Sportunterricht teilnahm.

Die Antwort war recht einfach, er liebte seinen Beruf.

Was ihn so frustrierte, waren nicht etwa seine Schüler – zumindest nicht nur –, sondern die Einsamkeit, die ihn in seiner kleinen, aber feinen Wohnung erwartete.
 

Niemand, der auf ihn wartete, niemand, dem er erzählen konnte, wie sein Tag gewesen war.

Und wer war an all dem schuld?

Er selbst natürlich zum größten Teil, aber in gewisser Weise, vielleicht oder hoffentlich unbewusst, aber auch Duke.

Viel zu lange hegte Tristan nun schon mit dem eloquenten und charmanten Schwarzhaarigen eine Art Affäre, die zu nichts geführt hatte, außer dass er sich in Duke verliebt hatte.

Sie teilten das Bett, aber sonst nichts. Keine anregenden Gespräche – von denen kurz vor dem Sex mal abgesehen –, keine Kinobesuche, keine Abende ohne Sex.

Und doch war es genau diese merkwürdige Beziehung, die ihn davon abhielt, etwas Richtiges anzufangen. Mit jemandem, der ihn auch liebte, der auch mal zu ihm nach Hause kam und einfach nur da war, um auf ihn zu warten.
 

Tristan hatte keine kitschige Vorstellung davon, wie seine Abende aussehen sollten. Er wollte nicht stundenlang kuscheln, zärtliche Küsse und eine Menge verständnisvolle Gespräche führen, um Gottes Willen, er war schließlich immer noch ein Mann und hatte zu Romantik eine ähnliche Einstellung wie seine heterosexuellen Geschlechtsgenossen, doch der Gedanke an ein gemeinsames Bierchen, gemeinsames Ansehen eines Films oder Fußballspiels wirkte in seinen Gedanken sehr verlockend, dass er nicht wusste, weshalb er ihm so lange widerstehen konnte.

Oder doch, er wusste es. Die Faszination und die Gefühle, die er für den Schwarzhaarigen entwickelt hatte, waren einfach stärker als sein Wunsch nach Konstanz.

Doch wie lange noch, das konnte er nicht sagen. Auf Dauer wollte er kein Lückenfüller, kein Spielzeug gegen die Langeweile sein.
 

Ächzend – verdammt, er sollte mehr für seinen Rücken tun, dann hätte er auch nicht immer solchen Muskelkater – erhob er sich von der Couch und ohne den Umweg über das Badezimmer zu nehmen, Zähneputzen konnte er schließlich auch noch morgen früh, ausnahmsweise.

Er machte sich nicht einmal die Mühe, das Licht im Schlafzimmer anzuschalten, stattdessen löschte er das im Wohnzimmer und tapste blind auf sein Bett zu.

Wozu musste er sehen, dass er sein Bett heute Morgen nicht gemacht hatte – für wen auch, er selber würde es ja jetzt ohnehin wieder zerwühlen – und auch dieses Zimmer menschenleer und einsam war?

Er stieß mit dem Knie gegen die spitze Kante seines Bettes und fluchte lauthals, während er sich auf die Matratze fallen ließ.

„Scheiße!“

Immer noch grummelnd und sich mit einer Hand genervt die Schläfe massierend, mit der anderen kurz das Knie reibend, griff er auf seinem Nachttisch gezielt nach dem Wecker.

Morgen früh hieß es wieder um halb sieben aufstehen und leider schaffte er es nie, nur von dem Timer an seinem Radio, welches sich pünktlich zu den ersten Nachrichten einschaltete, aufzuwachen, also musste fünf Minuten später der nervende Piep-Ton seines Weckers dafür sorgen, dass er keinen schlechten Eindruck beim Rest des Lehrerkollegiums machte.

Ein letzter Blick auf die gelb leuchtenden Ziffern, die ihm verrieten, dass es bereits, oder erst, halb elf war und dann schlossen sich seine Augen, auch wenn es noch eine kleine Ewigkeit dauerte, bis er wirklich schlief.
 

*
 

Bis auf eine grelle Schreibtischlampe, die den Radius der Arbeitsfläche in ausreichendes Licht hüllte, war der Raum finster und kalt.

Seto hasste es, wenn es in seiner Wohnung zu warm war, wenn er gedachte zu schlafen, und doch saß er mit immer noch geschnürter Krawatte und zugeknöpftem Hemd in seinem schweren Lederdrehstuhl und legte genervt die Lesebrille beiseite, die seine Augen nur noch mehr anstrengte. Dass es auch einfach an den spärlichen Lichtverhältnissen lag, daran wollte er jetzt keinen Gedanken verschwenden.

Vor ihm lagen Berge von Papier und Akten und die eine, die geöffnet über all den anderen drüber lag, entfaltete ihre Geschichte von Grauen vor ihm.

Morgen stand ein Hausbesuch bei einer ehemals drogenabhängigen Mutter an, die ihre Kinder wiederhaben wollte, nachdem sie einen Entzug gemacht hatte und dem Jugendamt bei allen Heiligen geschworen hatte, ihren Exfreund nie wieder in ihre Wohnung zu lassen. Einen Exknasti, der ihre beiden kleinen Söhne im Alter von drei und fünf Jahren des Öfteren geschlagen hatte.
 

Was für Aussichten, denn der Braunhaarige war sich sicher, egal was er vorfinden würde, es konnte ihn nichts mehr schockieren.

Und genau das war das Schockierende.

Er hatte in seinem Beruf so einiges erlebt und mit ansehen müssen und sich auch in Situationen wiedergefunden, in denen er nichts hatte unternehmen können, und doch machte er weiter. Jeden Tag neue Akten, jeden Tag mehr zu unterzeichnen, mehr zu katalogisieren und mehr traurige Geschichten von Kindern und Jugendlichen.

Er hasste es und machte doch weiter aus einem ganz bestimmten Grund.
 

Schwungvoll setzte er ein letztes Mal seine Unterschrift, gerade noch leserlich, unter einen Antrag oder ein Formular, so genau achtete er in diesem Moment nicht darauf, denn sein Blick streifte das Foto in dem kleinen, silbernen Rahmen, das einzige in seiner gesamten Wohnung, und er hielt in seiner Arbeit inne.

Es war schon reichlich vergilbt und die vielen kleinen Risse und Knicke zeugten davon, dass es nicht immer in einem Rahmen gesteckt hatte, doch die akkurate Hingabe, mit welcher es genau in der Mitte des Schreibtisches, immer im Blickfeld des Braunhaarigen, postiert worden war, zeugte von seiner Wichtigkeit für seinen Besitzer.

Ein kleiner Junge, so um die sechs Jahre, da er eine Schultüte – wenn auch eine kleine – in der Hand hielt, mit schwarzen, strubbligen Haaren und einem freundlichen, offenen Lächeln, winkte in die Kamera und wirkte unfassbar unbeschwert, wenn man um die Umstände des Fotos wusste.
 

Seto seufzte und rieb sich die Schläfen, auch wenn er nicht wusste, dass er in dieser Nacht mit diesen Gesten nicht der Einzige war.

Das gleichmäßige Ticken seiner Wanduhr, das ihm plötzlich unglaublich laut vorkam, riss ihn aus deinen Gedanken und erinnerte ihn mit einem Blick auf das Ziffernblatt daran, dass es bereits weit nach Mitternacht war.

Das hieß, dass er sich entweder einen Kaffee machen musste oder ins Bett gehen sollte.

Angesichts der zwei Kannen, die er heute bereits getrunken hatte, entschloss er sich für die zweite Option und noch im Gang Richtung Schlafzimmer öffnete seine Krawatte und faltete sie in der Hand so, dass er sie nur noch in das passende Fach in seinem Regal legen musste.
 

Während er so immer weiter ein Kleidungsstück nach dem anderen auszog, entweder einfaltete oder in den Wäschekorb warf, glitten seine Gedanken zu einem ganz anderen Thema ab, von dem er noch nicht ganz wusste, ob es unbedingt erfreulicher war.

Bunte Haare, ein sehr lockeres Mundwerk und ein Körper, der ihn wahrlich hatte schwach werden lassen, gehörten zentral zu diesem Körper, ebenso wie das Verlieren seiner Selbstbeherrschung.

Sicherlich, er hatte es auch schon öfter, dass ihm Männer rein äußerlich gefielen und er kam auch nicht umhin sich das einzugestehen, denn schließlich war er auch nur ein Mensch und keine Arbeitsmaschine, auch wenn er sich so manches Mal fragte, ob es umgekehrt nicht vorteilhafter gewesen wäre.

Doch noch nie in seinem Leben hatte er irgendwelchen Trieben, Gelüsten oder Wünschen so sehr nachgegeben, dass er alle seine Prinzipien über den Haufen warf.

Und die goldene Regel in seinem Leben hieß, nie etwas Unüberlegtes zu tun.
 

Als er endlich bis auf die Unterhose entkleidet war, schlüpfte er in seine Pyjamahose und direkt unter die Decke seines Bettes.

Vielleicht war der letzte Gedanke, den er gehabt hatte, bevor er diese Wohnung heute Mittag betreten hatte, entscheidend gewesen für sein Handeln.

„Du bist nie verrückt, Seto, das ist doch langweilig!“

Er wusste nicht, wieso ihn dieser Satz bereits sein ganzes Leben lang verfolgte in seinen Gedanken, wieso ausgerechnet er ihm so sehr im Gedächtnis geblieben war, aber vielleicht lag es daran, dass er sein ganzes Leben nie das gemacht hatte, zu was ihn die Stimme in seinem Kopf aufforderte. Verrückt sein, einfach etwas total Hirnrissiges machen und dann auch noch Spaß daran zu haben.
 

Heute hatte er diesem Drang nachgegeben und was war passiert?

Er hatte Sex mit jemandem gehabt, den er wohl kaum wiedersehen würde, hatte diesen nicht einmal ordentlich zu Ende bringen können und sich noch dabei glanzvoll blamiert.

Er wusste nicht, was ihn mehr schmerzen sollte, dass er wohl keine Chance haben würde, das Unvollendete jemals zu beenden, da er nur den Vornamen des Bunthaarigen wusste, sonst nichts, oder die reine Tatsache, dass er nun einmal nichts wusste als den Vornamen: Yami.

Eigentlich sollte er sich elendig fühlen, doch seit langem war sein Kopf beim Einschlafen schon nicht mehr so leicht und frei von nervenden Gedanken gewesen.

Er hatte etwas Verrücktes getan.

Wohl würde er das kein zweites Mal tun, aber Mokuba hatte damals schon mit seinen sechs Jahren Recht gehabt, ganz so schlecht war es nicht, einmal den Verstand auszuschalten.
 

*
 

Duke war ein absolutes Arschloch, dessen war sich Yami sicherer als sicher.

Doch er selber war heute auch ein ziemlicher Hornochse gewesen, das musste er wiederum auch ohne Umschweife zugeben.

Sex in der Küche seines besten Freundes, was hatte er da erwartet?

Dass Duke das Ganze stillschweigend hinnahm, ohne dumme Kommentare, ohne Schadenfreude, ihn wieder einmal erwischt zu haben in einem äußerst peinlichen Moment?

Wenn er das wirklich jemals geglaubt hatte, dann vielleicht in den ersten vier Minuten, in denen er Duke kennengelernt hatte, denn danach war ihm klar gewesen, mit was für einem er es zu tun hatte.
 

Schnaubend und ärgerlich über sich selber, kippte Yami einen selbstgemixten Drink in wenigen Zügen herunter und fühlte sich danach noch elender als zuvor schon, denn nun lastete auch noch die Schuld des Frusttrinkens auf seinen Schultern.

Wie hielt der Schwarzhaarige bloß seine unzähligen Sexabenteuer aus, ohne auch nur ein kleines bisschen von Gewissensbissen geplagt zu werden?

Er konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen.

Was hatte er sich dabei bloß gedacht, jegliche Manieren fallen zu lassen?

Wäre er Kaiba in einem Restaurant oder einem Geschäft begegnet, hätte er ihn doch auch nicht so eindeutig aufgefordert und noch direkt auf der Ladentheke überredet.
 

So ging es noch stundenlang weiter.

Zwischendrin mischte er sich einen neuen Drink – wirklich nur noch einen weiteren, dann war auch Gott sei Dank sein, aus diesem Grund, immer sehr spärlich gehaltender Vorrat an Alkohol aufgebraucht –, schaltete den Fernseher ein und aus, machte das Radio an und aus, ging duschen, aß einen Mitternachtssnack und landete schließlich, mangels weiterer, unverbrauchter Alternativen in seinem Bett.

In seinen Gedanken die gleichen Selbstvorwürfe immer und immer wieder durchgehend, mal benutzte sein Gewissen andere Worte, mal war es nur ein missbilligendes Schnalzen, das ihm in den Ohren widerhallte, vermischt mit Dukes schadenfrohem Gelächter.

Solange, dass es ihn sogar in seinen Träumen verfolgte.
 

*
 

Und auch am letzten Ort in Domino, an dem um diese Uhrzeit zwar kein Licht mehr brannte, aber dennoch eine unruhige Seele noch keinen Schlaf finden konnte, hinderten leidvolle und ernste Gedanken ihren Besitzer an der wohlverdienten Ruhe.

Ein kleines, ziemlich schäbiges Hotelzimmer, für mehr hatte sein Geld nicht gereicht, mit einem sauberen Bett, einem halbwegs sauberen Bad und einem ziemlich fleckigen Teppich, sollte für die nächsten Tage, vielleicht sogar Wochen, wer wusste schon, wie lange es dauern würde, eine kleine Wohnung zu finden, Mokubas Zuhause sein.

Glänzende Aussichten, doch angesichts der noch so kleinen Wahrscheinlichkeit, vielleicht zu erfahren, was aus seinem Bruder geworden war, war ihm jede Unannehmlichkeit recht.
 

Er erinnerte sich zurück, sechzehn Jahre war es mittlerweile her und er hatte nur noch mäßig gute Erinnerungen an die Zeit, auch wenn einige Episoden so scharf und klar waren, als hätte er sie erst gestern erlebt.

Er sah sich selber, noch als Kind, freudestrahlend auf seinen Bruder zurennen, um ihm zu erzählen, dass sie adoptiert würden und nun wieder eine richtige Familie haben würden.

Seto hatte ihn damals in den Arm genommen und mit ihm gestrahlt, doch mittlerweile war Mokuba klar, dass sein Bruder es damals schon zu dem Zeitpunkt gewusst haben musste, dass die Familie nur Mokuba wollte.

Und doch hatte er ihm nichts gesagt, aus dem Wissen, dass der Schwarzhaarige sich sonst mit Händen und Füßen gegen die Adoption gewehrt hätte.

Seto war es schon immer wichtig gewesen, dass es ihm gut ging, doch dass er zuließ, dass man sie trennte, nur damit sein kleiner Bruder ein Leben fernab von Kinderheimen führen konnte, hätte er ihm nie zugetraut.

Er war sogar einige Jahre sauer auf den Älteren gewesen, wütend und hatte sich im Stich gelassen gefühlt, doch mittlerweile wusste er, dass Seto bestimmt nicht minder gelitten hatte. Er hoffte es und irgendwie spürte er es auch, dass es so war.
 

Doch wo sollte er seine Suche anfangen, da der einzige Anlaufpunkt, das Kinderheim, nicht mehr existierte. Wen konnte er fragen, was aus Seto geworden war?

Gab es eine Zentralstelle für Adoptionen, vielleicht hatte er auch eine neue Familie gefunden?

Oder das Jugendamt war auch eine Möglichkeit. Oder er kaufte sich ein Telefonbuch und hoffte, dass er den erhofften Namen noch in dieser Stadt finden würde.

Doch wer sagte ihm, dass der Ältere überhaupt noch in der Stadt war, überhaupt noch in diesem Land?

Eine Garantie gab es nicht, aber die gab es niemals im Leben, das hatte er bereits mit seinen jungen Jahren gelernt.

Aber er würde dennoch alles versuchen, was ihm in den Sinn kam.

Immerhin hatte er bereits einen Job, der ihm hoffentlich ein bisschen Geld bringen würde.
 

Und so wurde auch Mokuba mit einer Sorge weniger, aber dennoch bedrückter als er hätte sein sollen, ins Land der Träume entführt.

Bis endlich die ganze Stadt im Schlaf lag und die Luft unter den Sternen erfüllt war mit Träumen, Wünschen, Vorwürfen, Sorgen und Hoffnungen aller Menschen, die noch etwas fühlten.

Hausarbeit

So meine Lieben, es geht wieder einmal weiter, ganz regelmäßig^^
 

+ + + + + +
 

Kapitel 13 – Hausarbeit
 

Yami, der bereits seit ein paar Minuten in seinem Laden ein paar neue Lieferungen einräumte, die der unzuverlässige Lieferant mal wieder vor der Hintertür einfach abgestellt hatte, ohne darauf zu warten, dass er sie persönlich in Empfang nahm, wurde plötzlich von lautstarkem Klopfen gegen seine Glastür aus den noch verschlafenen Gedanken geholt.

Er war einfach kein Frühaufsteher, warum hatte er sich bloß für einen Beruf entschieden, bei dem er das halbe Jahr lang vor dem Sonnenaufgang aufstehen musste?

Erneutes Klopfen, dieses Mal ein wenig energischer.

„Verdammt nochmal, der Laden ist noch geschlossen!“, grummelte er lautstark ohne sich umzudrehen, wer ihn da in seinen letzten Minuten gedanklichem Schlaf störte.

Ungeduldige Kunden konnte er noch weniger leiden als gar keine Kunden und dementsprechend behandelte er sie auch.

Der einzige, der ungeduldig und entnervt sein durfte in seinem Laden war gefälligst er, denn er hatte ja auch die Arbeit.
 

Für einen Moment herrschte Ruhe, dann hämmerten wieder Fäuste gegen die Glastür und der Bunthaarige dachte für einen Moment, das Glas müsste doch bersten, doch dann vernahm er eine Stimme.

„Yami, lassen Sie mich doch rein. Es tut mir leid, dass ich zu spät bin, aber ich bin in den falschen Bus gestiegen.“

Zu spät? Falscher Bus? Was um alles in der Welt lief denn hier bitte schön?

Da endlich bequemte sich der Ladeninhaber einen Blick hinauszuwerfen und er erkannte einen Schopf schwarzer, wuscheliger Haare, die eindeutig nicht zu Duke gehörten, und er erkannte Mokuba wieder. Der junge Mann, der am Sonntag in seinem Laden gewesen war und ihn nach einem Job gefragt hatte. Das hatte er ja schon fast wieder vergessen gehabt, geschweige denn, dass er sich mittlerweile mit seinen Finanzen auseinander gesetzt hatte, um zu gucken, ob und wie viel er einer Aushilfe zahlen konnte.
 

Während er auf die Tür zuging, warf er verstohlen einen Blick auf die Uhr, die ihm sagte, dass es noch etwa zehn Minuten bis zur Ladenöffnung waren, also war dieser Kerl in etwa zwanzig Minuten später, als Yami es ihm eigentlich gesagt hatte. Dass der Bunthaarige selber erst vor fünf Minuten eingetroffen war und den Schwarzhaarigen fast vergessen hatte, ignorierte er gekonnt und so öffnete er schwungvoll die Tür und stemmte vorwurfsvoll die Hände in die Hüften.

„Dass mir das aber nicht noch einmal passiert. Ich hoffe, du hast dir gemerkt, welchen Bus du nehmen musst!“

„Tut mir leid, es ist eine ganze Weile her, seit ich das letzte Mal hier war. Um genau zu sein, kenne ich mich in der Stadt gar nicht aus“, nuschelte der Angesprochene eine Entschuldigung und wirkte reichlich zerknirscht, sodass sich in Yami fast schon wieder ein schlechtes Gewissen regte. Daher wandte er sich ohne ein weiteres Wort ab, hob eine der noch nicht ausgeräumten Kisten vom Boden auf und drückte sie unter leichtem Ächzen – wer hätte geglaubt, dass Bilderrahmen so schwer sein konnten – in Mokubas Arme.

„Ausräumen und zwar in das …“, er deutete mit dem Zeigefinger in eine Richtung, „… Regal. Einfache Aufgabe, he?“ Dann drehte er sich um und verschwand in ein Hinterzimmer.
 

„Ach ja, und beeil dich!“, rief er seinem neuen Untergebenen – wie herrlich das klang, wenn man es sich selbst vordachte – noch zu und wuchtete dann einen Stapel Aktenordner auf einen kleinen Schreibtisch, der genau unter einem Dachfenster stand, sodass er keine weitere Lampe benötigte, obwohl in dem restliche Zimmer sonst eher spärliche Lichtverhältnisse herrschten.

Es dauerte nicht lange da hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte, und er kritzelte eilig eine Zahl auf einen Zettel, zusammen mit einer Adresse und dann zog er feinsäuberlich einen Strich, unter den er in der kleinsten Schrift, die er zu bieten hatte, „Unterschrift“ setzte, eher er selber ein paar Zeilen darunter schwungvoll seine Initialen setzte.

Fertig war der improvisierte Arbeitsvertrag. Korrekte Buchhaltung wurde vollkommen überschätzt, solange er in seinem Blätterchaos immer genau DAS fand, was das Finanzamt von ihm wissen wollte, war auch die Digitalisierung seiner Daten nur von kleiner Bedeutung. Wichtige Termine hatte er im Kopf, und sehr wichtige Termine – und alles, was er in einem Moment der Langeweile geschafft hatte – stand in seinem Smartphone. Dafür hatte man schließlich „smarte“ Handys, sie sollten den Intelligenzspeicher erweitern, den man im Hirn bereits ausgereizt hatte.
 

„Unterschreib das und ab morgen bist du jeden Morgen um Viertel vor acht am Laden. Nicht früher, sonst musst du draußen warten, aber auch nicht später, sonst brauchst du gar nicht erst wieder zu kommen. Und um auf die Frage zu antworten, die du dir selber stellst, ja, ich habe sogar sehr schlechte Laune und nein, ich will nicht erzählen, weshalb!“

Wie der Wirbelwind, der sich hundertprozentig in seiner Sprache festgewirbelt hatte, der Schnelligkeit nach zu urteilen, mit der Yami sprach, war der Bunthaarige auch schon wieder nach hinten verschwunden, nachdem der etwas verdutzte und überrumpelte Mokuba zögerlich seine Unterschrift unter das Provisorium eines Arbeitsvertrages gesetzt hatte.
 

So oder so ähnlich vergingen die ersten Stunden des Tages. Kaum war die eine Kiste leergeräumt, schleppte Yami auch schon zwei weitere Kartons an, die Mokuba ausräumen, beziehungsweise in die Regale einräumen durfte, in der Zeit verzog sich der Fotograf selber immer wieder in seine Dunkelkammer und war zum ersten Mal froh, nicht alles nach der Arbeit entwickeln zu müssen, da er nun nicht mehr auf dem Sprung sitzen musste, sobald die an der Tür angebrachte Klingel läutete. Dafür hatte er jetzt seinen persönlichen, aber bezahlten Leibeigenen, der sich, wie Yami zugeben musste, nach ein paar holprigen Anfängen ganz gut machte, auch im Umgang mit den Kunden. Vielleicht war der Schwarzhaarige das Geld, das er bekommen würde, ja doch wert und nicht bloß, wie anfangs befürchtet, der zufällige Empfänger des Resultats aus Yamis sozialen fünf Minuten.
 

Erst als es bereits weit nach der eigentlichen Mittagszeit war, kam er wieder aus seinem Hinterzimmer hervor, in dem er an seinem Laptop gesessen hatte, um die besten Fotos des letzten Shootings herauszusuchen, und legte Mokuba eine Hand auf die Schulter, der gerade verzweifelt versuchte, eine neue Rolle Papier in die Kasse einzulegen, eine Tätigkeit, die Yami offenbar schändlich vernachlässigt hatte, da er der Meinung war, es war einfacher den Kunden einzureden, sie bräuchten keinen Kassenzettel, als mit diesem altmodischen Stück Technik zu kämpfen.

„Zeit für eine Mittagspause, findest du nicht auch?“ Ein Lächeln bildete sich auf den Lippen des Fotografen und er spielte mit dem Schlüssel zwischen seinen Fingern, während er Mokuba bereits dezent Richtung Tür drückte. Er hatte Hunger und egal ob der andere das ebenso fühlte, er würde ihn nicht ganz alleine im Laden lassen, jedenfalls nicht bevor er ihm auf den Zahn gefühlt hatte.
 

Mit dem Arm eingeknickt hängte er sich die Jacke über die Schulter und schloss die Tür hinter ihnen, bevor sie die Straße entlang zu Yamis Lieblingsbistro schlenderten.

„Ein Rätsel musst du für mich entlüften, bevor ich dich zum Mittagsessen einlade.“ Er lachte auf, besonders ob der skeptischen Miene des Schwarzhaarigen, der unsicher eine Augenbraue anhob.

„Du sprichst unsere Sprache fließend und könntest vom Aussehen auch gut unerkannt bleiben und doch hast du einen Akzent, der viel zu stark ist, als dass du wirklich hierhin gehörst. Mysteriös!“ Beim letzten Wort hob er seine Stimme an und streckte den Zeigefinger seiner freien Hand aus, was ihn wirken ließ wie einen antiken, reißerischen Geschichtenerzähler, der sein Publikum zur übertriebenen Spannung antreiben wollte.

„Dieses Geheimnis ist schnell gelüftet.“ Mokuba lächelte, als er sich seinem neuen Chef gegenüber an einem Tisch niederließ, wenn auch ein wenig nervös, was die unsichere Handbewegung durch die Haare verriet.

„Als ich sechs war, bin ich nach England gezogen und da habe ich bis vor ein paar Monaten auch noch gelebt. Zwar habe ich meine Muttersprache auch weiterhin ab und zu gesprochen, aber um mich besser zurechtzufinden, habe ich ebenso fließend Englisch gelernt, was man mir jetzt wohl anzuhören scheint.“
 

Der Schwarzhaarige senkte für einen Moment den Blick, als ob er sich an etwas trauriges erinnerte, doch verscheuchte diesen grauen Schleier wieder so schnell wie er gekommen war, sodass sich Yami nicht einmal mehr sicher war, ob er da nicht etwas überinterpretiert hatte.

„Na, wenn das so ist, können wir auch gerne auf die Sprache umschalten, die dir am liebsten ist.“

Er stellte die Ellbogen auf den Tisch und legte den Kopf mit einem amüsierten Grinsen auf den Handinnenflächen ab. Durch seinen Beruf als Fotograf hatte er auch durch einige internationale Aufträge – nichts wichtiges, aber immerhin spannend und geldbringend – auch Spracherfahrung sammeln müssen.

„You’re welcome.“

„You know, you look very cute when you’re smiling.“

Bei diesen Worten lief der Angesprochene prompt ein wenig rot an und versuchte krampfhaft den Blick abzuwenden, doch als er unter dem Tisch auch noch gegen die Beine des Bunthaarigen stieß, die vor einer halben Minute definitiv noch nicht so weit auf seiner Seite gestanden hatten, rutschte er ein wenig hektisch auf dem Stuhl herum.

„I … I really think you shouldn’t do this!” Dann wirkte er für einen Moment unschlüssig, welche Sprache er nehmen sollte „Ich … I … I don’t think I’m … interested!“

Dann wechselte er die Sprache wieder, anscheinend um ganz sicher zu gehen, dass Yami ihn auch wirklich verstand.

„Ich hoffe, Sie verstehen, was ich …“

„Du! Sonst komm ich mir so alt vor. Und ja, ich denke, ich habe verstanden.“ Er legte eines seiner unwiderstehlichen Lächeln auf und winkte dann die Kellnerin zu sich heran, offenbar um Mokubas peinlich berührte Stille mit der Bestellung zu überbrücken.
 

„Wäre ja auch zu schön gewesen“, murmelte Yami in seinen nicht vorhandenen Bart und konnte nicht anders als dann laut loszulachen, als er in das immer noch ein wenig geschockt wirkende Gesicht seines jungen, neuen Mitarbeiters blickte,

„Keine Sorge, Kleiner, ich kenne die Bedeutung des Wortes „nein“, so cool down!“ Ein Zwinkern und wieder entspannte sich die Situation ein bisschen.

Er bereute es nicht, den Schwarzhaarigen ein bisschen angeflirtet zu haben, auch wenn er ja nicht sonderlich weit gekommen war, da er in den Anfängen erstickt wurde, hübschen, jungen Männern konnte er zumindest rein äußerlich nicht widerstehen.

Er bedauerte es aber auch nicht wirklich, dass er zurückgewiesen worden war. Dass er anscheinend nie so viel Glück hatte wie Duke – oder so überzeugend wirkte – damit hatte er sich schon lange abgefunden und sein Interesse war ja auch nur oberflächlicher Natur gewesen.

Dennoch würde er sich den Spaß nicht nehmen lassen, Mokuba von nun an ein klein wenig mit gezielten Turteleien zu ärgern, jetzt da er wusste, dass das ganz sicher seine Wirkung zeigen würde. Dafür liebte er es einfach zu sehr, sein Image als Künstler zu wahren, was aus Übertreibungen, Drama und jeder Menge Eigenart bestand.
 

*
 

Die Schulglocke läutete und noch bevor der letzte Ton erklungen war, strömten Scharen von Schülern auf die Gänge und verstopften die Treppe, die Richtung Schulhof führte.

Inmitten dieses Gedränges fand sich Tristan wieder, der es nicht rechtzeitig ins Lehrerzimmer geschafft hatte, und so musste er jetzt wohl oder übel warten, bis ihn die Masse dahin brachte, wo er hinwollte. Was zwar nicht sonderlich lange dauerte, aber dennoch nicht ganz so bequem war.

So hatte er es nach unzähligen Füßen, die auf seine getrampelt waren und noch weniger zählbaren Fragen von allen möglichen Schülern bezüglich Notengebung und kommender Sportstunden, endlich geschafft, sich hinter die rettende Tür zu zwängen und sich ächzend auf seinen Platz fallen zu lassen.
 

„Du siehst geschafft aus, Tristan, schlimme Nacht gehabt?“

Noch ehe er eine Antwort geben konnte, wurde ihm auch schon freundschaftlich in die Seite geboxt und ein blonder, recht stämmiger Mann mittleren Alters, der auf den Namen Rafael Collister hörte, setzte sich breitbeinig auf den freien Stuhl neben Tristan und grinste ihn vielsagend an.

„Ja, aber nicht so, wie du denkst.“

Der Braunhaarige rang sich ein müdes Lächeln ab und kramte dann in seiner Tasche nach seinem mitgebrachten Mittagessen. Drei geschmierte Toasts, mittlerweile platt gedrückt und durchgezogen, und ein Apfel. Wenn das nicht nach einem Michelin Stern schrie. Vielleicht sollte er später doch noch einmal einen Abstecher in die Schulcafeteria machen. Zwar keine wirkliche Verbesserung, aber immerhin waren die Brote dann frisch geschmiert, es sei denn natürlich, man entschied sich nicht für die warme Pampe, die „Tagesmenü“ genannt wurde.

„Dann wird es aber höchste Zeit, dass du mal wieder ausgehst und dir eine Hübsche anlachst. Wie wäre es heute Abend, ich hab morgen die ersten drei Stunden frei und ein Blick auf deinen Stundenplan verrät mir, dass du sogar nur für den Nachmittagsunterricht antanzen musst.“
 

Rafael war ebenfalls Sportlehrer, wenn er auch aus Mangel an Mathelehrern fast nur noch sein zweites Fach unterrichtete und Tristan kannte ihn bereits von einigen Schul- und Bezirksübergreifenden Fachschaftskonferenzen, eine Tatsache, der er sehr dankbar war, so hatte er an seiner neuen Schule schnell Anschluss gefunden und in etwa so etwas wie eine Freundschaft zu dem Blonden entwickelt. Auch wenn das Wort „Freund“ noch zu hochgegriffen war, solange es „Kollege“ immer noch besser traf.

Eigentlich stand einem Abend mit hohen Potential dazu, amüsant zu werden, nichts im Wege, zumal ihn das vielleicht von Duke ablenkte, wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass Rafaels Vorstellung davon, wie der perfekte Abend für Tristan zu laufen hatte, auf jeden Fall immer eine Frau beinhaltete.
 

„Ich weiß nicht so recht …“, druckste er sich um eine direkte Absage herum und hoffte einfach, dass sein Gesprächspartner milde gestimmt war, ihm Ruhe zu gewähren, doch anscheinend war das nicht der Fall.

„Dieses ständige zu Hause Sitzen tut dir nicht gut, mein Lieber. Widerrede ist zwecklos!“

Da hatte er was Wahres gesprochen, Widerspruch gegen Rafael war wirklich sinnlos, vielleicht einer der Gründe, weshalb er es nie zum beliebtesten Lehrer des Monats geschafft hatte. Oder aber es lag am Fach selbst, Mathe schaffte es anscheinend nie, die Massen zu begeistern.

„Meinetwegen.“ Je länger er darüber nachdachte, umso besser gefiel ihm die Idee, sich noch am selben Abend in eine nette kleine Bar zu setzen, mit Rafael einen zu trinken und sich von seinem derzeitigen wunden Punkt, einem gewissen Schwarzhaarigen, ablenken zu lassen. Und sollte es hart auf hart kommen und sein Begleiter würde ihn zum Flirten zwingen – was Rafael durchaus zuzutrauen war –, dann konnte er immer noch die nächst beste Telefonnummer mit ein bisschen Charme herauskitzeln, ohne die Absicht, die Unglückselige auch nur in sein Adressbuch aufzunehmen, geschweige denn anzurufen. Zwar würde ihn da sein schlechtes Gewissen ein klein wenig plagen, doch die Alternativen waren nicht gerade besser.
 

„Jetzt muss ich das Ganze nur noch meiner Frau und meinen beiden Töchtern beibringen.“ Verlegen kratzte der Blonde sich am Kopf und lehnte den Kopf etwas nach hinten.

Manches Mal war es schwer zu glauben – wenn man es nicht ohnehin besser wusste –, dass dieser Mann, der gerne von Party und Ausgehen sprach, eigentlich ein Familienmensch war, der zu Hause klar vom weiblichen Teil, also dem ganzen Rest außer ihm, dominiert wurde.

„Zur Not musst du einfach wegrennen, da kommen sie wohl alle nicht mit.“ Jetzt war es Tristan, der einen spöttelnden Seitenhieb verteilte.

Ein klein wenig freute er sich sogar schon auf seinen Feierabend und das, was danach kommen würde. Vielleicht war es genau das, was er mal wieder brauchte: Ablenkung.
 

*
 

„Jetzt sauber genug?“ Reichlich genervt schmiss Yami den Lappen in die Ecke, nachdem Duke ihn genötigt hatte, zum zehnten Mal auch die Edelstahlverkleidung des Kühlschrankes blitzblank zu wischen und dann zu polieren.

„Du könntest ja zur Sicherheit noch einmal die Herdplatte wischen“, war die reichlich belustigte Antwort des Schwarzhaarigen, der mit überkreuzten Beinen und entspannt nach hinten gelegten Armen auf der Couch saß, um von dort aus die Arbeit des Bunthaarigen zu überwachen.

„Das geht eindeutig zu weit! Ich habe jetzt alles, auch da, wo ich NICHT war, doppelt und dreifach und vierfach …“ Yami fing an sich in Rage zu reden und nahm immer weiter einen Finger dazu. „…und fünffach, vielleicht auch sechs- oder siebenfach geputzt. Nicht nur du hattest heute einen langen Arbeitstag, ich habe jetzt auch genug davon!“

Damit hob er den kleinen Eimer mit Wasser vom Boden auf und schüttete das leicht gräulich gefärbte Gemisch aus Wasser, Dreck und einer Menge Putzmittel in den Ausguss.
 

„Okay, ich gebe mich damit zufrieden, wenn du ein paar Details rausrückst. Wie kommt es, dass du dich plötzlich so hinreißen lässt zu Blitzsex in einer Küche, die nicht einmal dir gehört?“ Duke schmunzelte vielsagend und erhob sich endlich, nach einer halben Stunde mühsamen Aufpassens, wieder.

„Das werde ich ganz sicher nicht. Das hast du nicht verdient!“ Der Bunthaarige wandte demonstrativ den Kopf ab, als er den Lappen auswrang, und reagierte auch nicht, als er spürte, wie der Schwarzhaarige hinter ihm immer näher kam, bis er ihm schließlich die Hände auf die Hüfte legte und ihn daran rückartig nach hinten zog, sodass er sich vornübergebeugt an der Spüle festklammern musste, um nicht umzukippen.
 

„Hat er dich auch so gefickt?“ Ganz leise wurden die Worte von hinten in sein Ohr geflüstert, mit diesem verfluchten Unterton, den Duke immer nur dann benutze, wenn er Kerle ins Bett kriegen wollte oder wenn er, wie in Yamis Fall, sie einfach um den Verstand bringen wollte, wenn auch nur als Trotzreaktion.

„Du …“ Bei so viel Dreistigkeit blieb dem Angesprochenen fast die Spucke weg und er schnaubte lautstark durch die Nase.

„Du kannst es nicht lassen, was?“

Yami bekam keine Antwort auf die Frage, jedenfalls keine verbale, denn die Taten sprachen ein eindeutiges „Nein“.

Er wurde abermals rückartig herumgedreht, für einen Moment sah er in zwei tief dunkle Augen.

„Oder war er eher so?“

Auf seinen Schultern legten sich Dukes Hände nieder, dann spürte er den Druck, der ihn in die Knie zwingen sollte, dabei leckte sich der Schwarzhaarige in einer ziemlich eindeutigen Aufforderung über die Lippen, die unmissverständlich erklärte, was er, wenn auch nur vorgetäuscht – wobei, das konnte man bei ihm nie so genau sagen – zu erwarten schien.
 

Für einen Moment war der Fotograf wie erstarrt, in seinem Hirn nach einem guten Konter suchend, doch gerade als er einen gefunden hatte, fing Duke lautstark an zu lachen und kniff ihm unerwartet in den Hintern, ehe er ihn wieder aus seinem Klammergriff befreite.

Genau in diesem Augenblick, da sie ganz dicht aneinander standen und Yami ganz deutlich an seiner Hüfte spüren konnte, dass sein bester Freund alles, Gott sei Dank, NICHT ernst gemeint hatte, hörte er die Badezimmertür knallen, die einzige Tür in diesem Apartment neben der Haustür.

„Wartet, bis ich weg sehe, bitte!“

Die Stimme gehörte eindeutig Joey, der sich desinteressierter als erwartet an den beiden vorbei zum Kühlschrank drängte, eine Flasche Wasser herausholte und sich dann mit dem Gesicht zum Fernseher auf das Sofa setzte. Entweder, ihn konnte nach den zwei auf peinliche Weise schockierenden Aktivitäten, in die er bereits hereingeplatzt war, nichts mehr schocken, oder aber er hatte bemerkt, dass sein Onkel erstens noch alle Klamotten anhatte und zweitens ein Lachen auf den Lippen, das vor Schadenfreude geradezu überquoll.
 

„Da siehst du mal, was du angerichtet hast. Der Junge wird schon so abgehärtet wie du“, warf Yami vorwurfsvoll in den Raum, während er sich seine Klamotten wieder gerade strich.

„Er sollte sich auch daran gewöhnen, wenn er hier bleiben will.“ Was dem Schwarzhaarigen so beiläufig über die Lippen kam, wenn auch leiser als manch anderes, ließ den Bunthaarigen fast an seinen Ohren zweifeln. Hatte Duke da gerade gesagt, was er verstanden hatte und hatte er es auch so gemeint?

„Wenn er bei dir bleiben will? Heißt das, er dürfte, wenn er wollte?“

„Vielleicht!“

Jetzt war er wirklich platt. Er spähte an Duke vorbei zu dem Thema ihres Gesprächs, doch der blonde Teenager schien ihnen nicht zugehört zu haben, viel zu vertieft tippte er etwas in sein Handy und hatte dabei ein ungewöhnlich glückliches Lächeln auf den Lippen.
 

„Was hältst du davon …“ Duke griff bereits nach seinem Schlüssel und seiner Brieftasche und verstaute beides in den Untiefen seiner Hosentaschen, „… wenn ich meine fleißige Putz-und-Porno-Fee …“ – Da war er, der Seitenhieb. So wie es aussah, würde Yami den unfreiwillig zur Schau gestellten Sex noch lange nachgehalten kriegen – „… zur Belohnung einlade? Ein bisschen ausgehen täte dir auch mal wieder gut.“

Es war zwar formal eine Einladung, aber eine solche, die keinen Widerspruch zuließ, doch wenn der Bunthaarige ehrlich zu sich selber war, wollte er auch keine Ausrede finden, denn in einem hatte sein bester Freund Recht. Es täte ihm wirklich mal wieder gut, gerade weil sein Intermezzo mit diesem Jugendamt-Kerl so unbefriedigend verlaufen war.

Sozusagen als Belohnung, einmal von Duke für ihn, aber in gewisser Weise war sein Mitkommen auch eine Belohnung, oder Versöhnung, an Duke, schließlich schien dieser seinen Neffen langsam aber sicher doch zu akzeptieren, auch wenn es nur ein „Vielleicht“ war, war es immerhin besser als ein „Nein“.

Und schnellere Besserung konnte Yami von dem Schwarzhaarigen auch nicht erwarten, das hatte langjährige Erfahrung gezeigt. Daher gab er sich mit dem zufrieden, was er kriegen konnte.
 

Auch Duke schien zufrieden, als ihm einfiel, dass er sich ja eigentlich hatte mit Tristan verabreden wollen, doch ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es dafür jetzt ohnehin zu spät war. Als besonders spontan hatte er den Braunhaarigen noch nie kennen gelernt.

Am besten schrieb er ihm gleich eine SMS und machte für den morgigen Abend ein Treffen klar, schließlich hatte er da auch noch nichts vor.

Mit diesem Plan im Kopf und den Gedanken daran, mal wieder mit Yami feiern zu gehen, verließ er zusammen mit dem Bunthaarigen sein Apartment und hinterließ einen darüber äußerst erfreut wirkenden Joey, der noch die Cola und Chips in der Hand hatte und den Fernseher angeschaltet, ehe Duke hinter sich die Tür richtig ins Schloss gezogen hatte.
 

+ + + + + +
 

So, ich hoffe es hat euch gefallen!

Das nächste Kapitel ist bereits wieder zur Hälfte fertig, ich denke ich werde es hinkriegen, es nächstes Wochenende hochzuladen.
 

And dieser Stelle noch einmal ein Dank an meine fleißige Muse und Beta moonlily, ein Applaus für sie!

*klatsch, klatsch*

xD
 

Bis zum nächsten Mal, eure trinithy

Partystimmung

Und schon geht es weiter...
 

+ + + + + + +
 

Kapitel 14 – Partystimmung
 

Die Bässe wummerten in Yamis Trommelfell, als er sich dicht hinter seinem besten Freund durch die Menschenmenge auf die Bar zu wühlte, um sich direkt zu Anfang des anscheinend lang zu werdenden Abends mit genügend Flüssigkeit zu versorgen.

„Zwei Wodka on Ice!“

Der Schwarzhaarige lehnte sich lasziv über die Theke und flirtete bereits heftig mit dem Barkeeper, nur damit dieser seine Bestellung zuerst fertig machte. Aber so war Duke nun einmal, immer auf den eigenen Vorteil bedacht, wobei Yami auch nicht unbedingt Mitleid mit dem jungen Mann hinter der Bar hatte, schließlich kannte selbst der Bunthaarige ihn schon, da er fest hier arbeitete und wenn er immer noch ernsthaft auf Dukes Flirtkünste einging, dann war er es – bei allem Mitleid – selbst schuld.
 

„Was meinst du, ist doch eine gute Auswahl heute hier.“ Der Schwarzhaarige zwinkerte vielsagend, als er dem Fotografen sein Glas mit mehr Eis als Flüssigkeit in die Hand drückte und ihm erfolgsversprechend zuprostete. Dann drehte er sich wieder weg, lehnte sich mit den Ellbogen rücklings gegen den Bartresen und ließ seinen Blick durch die Menge streifen.

„Heute ist es ja fast schon schwer sich zu entscheiden.“

Yami schnaubte ungläubig, war aber froh, dass seine Begleitung es nicht mitbekommen hatte, da der Lärm der Musik alles überdeckte und sie sich auch schon fast anschreien mussten, um sich gegenseitig zu verstehen.

Allerdings selber ein bisschen neugierig, immerhin war seine draufgängerische Vorgeschichte auch weniger belastet als Dukes, schaute er sich ebenfalls um und sah so den hellblonden, ohne Zweifel sehr attraktiven jungen Mann auf sie, oder besser gesagt nur den Schwarzhaarigen zukommen.
 

„Hey, cool dich wiederzusehen. War ne echt heiße Nacht letztens.“ Er grinste fast ein wenig angeberisch, was dann auch erklären würde, weshalb er so laut sprach, dass selbst Yami ihn noch verstehen konnte. Ascheinend war dieser Schönling ziemlich stolz darauf, bei einem Kerl wie Duke gelandet zu sein.

„Kann sein … wie war noch gleich dein Name?“

Der Fotograf verdrehte die Augen und hätte am liebsten seinen Kopf irgendwo gegen gehauen. Ihm selber war seit Ewigkeiten kein vernünftiger Sex vergönnt gewesen – von dem Mal in Dukes Küche einmal abgesehen, schließlich zählte nur, was auch vollendet wurde – und Duke hatte anscheinend mal wieder so viel Zeit, Lust und Ausdauer gehabt, dass er sich an die Namen seiner Bettbekanntschaften schon gar nicht mehr erinnerte.

Doch bei allem Selbstmitleid war sich Yami einer Tatsache immer bewusst: Er beneidete den Schwarzhaarigen um seinen Lebenswandel nur auszugsweise.
 

„Marik. Ich könnte dir helfen ihn dir einzuprägen, indem du ihn mir heute Nacht einfach noch ein paarmal ins Ohr hauchst, während du mir deinen …“

„Ich will es nicht wissen!“, kreischte Yami auf einmal hektisch, und verfluchte diesen Blonden und dass er so unsäglich laut gegen die Musik anschrie, mit seiner ohnehin kräftigen Stimme.

„Warum so prüde?“ Jetzt beugte dieser Marik sich zu ihm und sah ihm zwinkernd in die Augen. „Kannst ja mal mitmachen, dann wird dir die Verklemmtheit schon vergehen.“

Yami lehnte sich zurück mit dem Gedanken an all die Sachen, die er bereits ausprobiert hatte und eine passende Antwort lag ihm auf der Zunge, doch er hielt sich zurück, darauf wartend, dass Duke die Gelegenheit aufgriff und ihm ebenfalls noch einen Kommentar aufs Auge drückte. Es wäre nur typisch für seinen besten Freund gewesen, der eigentlich keine Gelegenheit ausließ, darauf herumzureiten, dass der eigentlich recht offene, im Bezug auf das Thema Sex, Bunthaarige, nicht mit ihm selber mithalten konnte, da Yami von sich selber behauptete, die Grenzen des schlechten Geschmacks zu erkennen, BEVOR er sie überschritt und nicht erst wie Duke, wenn er bereits einen Kilometer weiter gelaufen war.

Doch nichts dergleichen passierte. Müde lächelnd, nicht wirklich amüsiert, starrte der Schwarzhaarige unbeirrt auf die Tanzfläche, ehe er sich beifällig zu dem Hellblonden wandte und ihn mit einer Handbewegung bedachte, die man benutzte, um ein lästiges Insekt zu verscheuchen.

„Tut mir leid, aber ich vögele nicht zweimal den gleichen!“

Dann löste er sich von seinem Standplatz und verschwand, ohne den anderen eines weiteren Blickes zu würdigen, in der Menge der Tanzenden, in die er sich so nahtlos einfügte, dass Yami, der ihm hinterher hechtete, Probleme hatte ihn wiederzufinden, nachdem er ihn einmal kurz aus den Augen verloren hatte.

Schließlich gelang es ihm zu dem Schwarzhaarigen aufzuschließen und mit einer geschmeidigen Bewegung brachte er sich an die Seite seines besten Freundes.
 

„Mir würde da aber wer einfallen, mit dem du deine eiserne Regel gebrochen hast“, raunte er ihm amüsiert ins Ohr und kassierte direkt als Schelte einen freundschaftlichen Schlag auf den Hintern.

„Du solltest besser den Platz räumen.“ Duke fasste dem Bunthaarigen an die Schulter, zog ihn kurz zu sich heran, dann drückte er ihn mit sanfter Gewalt zur Seite. „Sonst könnte es sein, dass du heute Nacht alles bist, was mein Beutezug hergibt, es sei denn, das ist genau DAS, was du willst.“

Er grinste hinterhältig, wusste er doch, dass er spätestens mit dieser Pseudo-Drohung dafür sorgte, dass Yami sich freiwillig außer Sicht- und Reichweite brachte.

Zwar konnte er nicht leugnen – da er ja selber von männlichen Reizen angezogen wurde – dass von dem Schwarzhaarigen eine Aura starker Attraktivität ausging, doch das Letzte, was er wollte, war sich in die lange Liste derer einreihen, die einmal das wonnebringende, aber zweifelhafte Vergnügen gehabt hatten, sich doch in Dukes Laken und Kissen in Ekstase zu räkeln.

Daher brachte er schnell ein paar tanzende – oder auch zappelnde, denn „tanzen“ konnte man die an krampfartige Anfälle erinnernden Bewegungen nun wirklich nicht mehr nennen – Singles und Paare zwischen sich und seine eigentliche Begleitung.
 

Die Augen weiterhin auf Duke gerichtet, der sich bereits einen neuen Tanzpartner angelacht hatte, groß, schlank, braune, kurze Haare und auch sonst gewisse Ähnlichkeit mit einem Kerl aufwies, den Yami das letzte Mal gesehen hatte, als er zusammen mit Joey in eine muntere Runde zwischenmännlicher Aktivitäten geplatzt war.

„Verdammt, haben Sie keine Augen im Kopf?“

Noch bevor er die verärgerte Stimme vernahm, die ihm nebenbei bemerkt trotz der wummernden Bässe im Hintergrund und dem sonstigen Lärm der Masse recht bekannt vorkam, spürte er, wie sich eiskalte Flüssigkeit blitzartig seinen Nacken herunter, unter sein Shirt, den Rücken herunter ausbreitete.

Offenbar war er jemandem genau in die Hand gelaufen, in der sich ein Glas befunden hatte, dessen eiswürfelgekühlter Inhalt, samt einer Scheibe Zitrone, sich nun auf Yamis Kleidung ergoss.

Nicht weniger fluchend und mit der Hand nach der Zitronenscheibe fischend, drehte der Bunthaarige sich herum und blickte mitten in ein Paar eisblaue Augen, in das er erst einen Tag zuvor voller Verlangen gestiert hatte.
 

Vor ihm, mit einem tropfenden Ärmel und dem bis auf ein paar verbliebene Eiswürfel leeren Glas in der Hand, stand Seto Kaiba und sah zwar alles in allem recht emotionslos aus, doch Yami meinte einen Hauch von Überraschung in seinen Augen zu erkennen. Während seine eigene Kinnlade symbolischerweise den Fußboden polierte.

Er hatte ja mit vielem gerechnet, doch nicht damit, diesen Bürokraten in einem angesagten Schwulenclub zu treffen, auch wenn er es eigentlich nicht für unmöglich hätte halten sollen, da er schließlich gewusst hatte, dass es nicht sein erster Besuch hier war.

Wer auch sonst, außer einem, der die Förmlichkeit mit Löffeln zu frühstücken schien, würde ihn in einer Disco selbst im Ärger noch siezen?

„Das Wiedersehen ging ja schneller als gedacht“, fand der Bunthaarige seine Fassung wieder und ein Lächeln huschte über seine Lippen.
 

Sein Blick scannte jeden Millimeter des anderes und er kam zu dem Schluss, dass er noch nie jemanden gesehen hatte, der so steif und spießig in eine Disco gegangen war und dabei auch noch so unwiderstehlich gut aussah.

Die schwarze Anzughose hatte der Brünette mittlerweile gegen eine schwarze Jeans getauscht, die wie maßgeschneidert saß, das weiße Hemd war einem nicht weniger sorgfältig gebügeltem Exemplar in blassem Violett gewichen und die Krawatte hatte sich in eine schmale schwarze verwandelt, die seidig schimmerte im wechselnden Licht der Partybeleuchtung. Selbst ein Jackett trug dieser Kaiba immer noch, wenn auch eines aus etwas alltagstauglicherem Stoff als der Anzug vom Vortag.

„Wie wäre es, wenn ich den Drink an der Bar ersetze?“, flirtete Yami durch unbewusste Körpersignale direkt heftiger los, als er es vielleicht gewollt hätte.

Duke konnte er spätestens jetzt für den Rest des Abends ohnehin vergessen, das verriet ihm ein kurzer Blick über die Schulter, denn der Schwarzhaarige tanzte eng umschlungen mit dem gewissen Maß an reizendem Körperkontakt mit seinem Fick in spe und würde sich, so wie der Kerl an seinen Lippen hing – im wahrsten Sinne des Wortes – wohl bald verabschieden an einen etwas ungestörteren Ort.

Warum sollte er also nicht auch noch einmal sein Glück versuchen, das zu Ende zu bringen, was er am Vortag begonnen hatte?
 

*
 

Tristan nippte gerade an dem großen Humpen Bier, den Rafael ihm da eingebrockt hatte, indem er einfach seine Bestellung verdoppelt hatte, als der Blonde ihm so feste in die Seite checkte mit dem Ellbogen, dass er fast die komplette Flüssigkeit über seinen Schoß gegossen hatte.

„Die Brünette da vorne an der Bar, wär die nicht was für dich?“

Tristan seufzte. Bisher hatte er den Abend ohne Kupplungsversuche überstanden und sich nett mit seinem Kollegen über die neusten Sportergebnisse und ein paar Tricks für unmotivierte Schüler unterhalten. Doch jetzt, da sie beide in etwa die gleiche Menge an Bier und Aperitifs in den Blutbahnen hatten, war Rafael offenbar wieder eingefallen, was sein eigentlicher Plan für den heutigen Abend gewesen war, nämlich Tristan eine hübsche Begleitung anzulachen.
 

Sich zu einem Lächeln zwingend, aber dennoch reichlich unmotiviert, hob er kurz den Blick, als er sein Glas wieder zurück auf den niedrigen Beistelltisch vor ihren bequemen Sesseln stellte, und rang sich ein plattes „Ganz nett“ ab.

„Ganz nett, Mann, du musst wen anderes sehen als ich. Ich meine dieses unentdeckte Supermodel mit dem süßen Lächeln.“

Offenbar kam er heute nicht so einfach davon wie sonst. Wenn er ehrlich war, musste er schon zugeben, dass die junge Frau, vielleicht Mitte zwanzig, die sein Kollege meinte, wirklich außerordentlich hübsch zu nennen war, doch egal wie sehr er ihre Schönheit objektiv zu schätzen wusste, mehr als rein visuelle, ästhetische Freude war bei ihm einfach nicht drin, für keine Frau der Welt. Zumindest war er dieser bisher nicht begegnet und hegte auch starke Zweifel an der Existenz einer solchen.
 

Um sich vor weiteren Überzeugungsversuchen, die Fremde anzusprechen, zu schützen, kramte er sein Handy aus seiner Hosentasche, um ganz langsam und zeitschindend zu prüfen, ob es wen gab, der ihn versucht hatte zu erreichen. Er rechnete zwar nicht wirklich damit, aber als Ablenkung war ihm auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen. ‚Auf die Toilette gehen‘ wollte er sich aufsparen, bis es wirklich brenzlig wurde.

Umso überraschter war er, als auf dem kleinen Display wirklich die Mitteilung erschien „Eine neue Nachricht erhalten“.

Von wem die wohl sein mochte?

Ungeachtet der Dinge, die ihm Rafael beiläufig erzählte – es war sicher nichts Wichtiges, in das er nicht auch spontan wieder rein finden würde, nachdem er die Nachricht gelesen hatte – ließ er sich die Mitteilung anzeigen.

„Habe Sehnsucht nach dir, sollen wir uns morgen Nachmittag bei mir treffen? Freu mich schon, Duke.“
 

Entgeistert starrte er die Buchstaben auf seinem Handy an und wusste nicht, ob er sich freuen oder ärgern sollte.

Natürlich hatte er auch Sehnsucht nach dem Schwarzhaarigen, danach ihn zu küssen und zu berühren, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Duke mit Abstand der beste im Bett gewesen war, den er bisher gehabt hatte – was wahrscheinlich nicht im Entferntesten an die Vergleichsmöglichkeiten des anderen herankam. Doch gleichzeitig schrie alles in ihm, dass er ein weiteres Treffen nach Möglichkeit meiden sollte, dass er das schnell getippte „Okay, freu mich auch“ auf keinen Fall abschicken sollte.
 

„So wie du guckst, kann die SMS nur von einer Frau sein“, riss ihn das Gelächter seiner blonden Begleitung aus dem Hin und Her seiner Gedanken und noch ehe er etwas dagegen hätte tun können, hatte Rafael sich zu ihm rüber gebeugt und las den Test auf seinem Handydisplay, der Gott sei Dank nur seine Antwort beinhaltete.

„Ach so ist das, du hast schon eine an der Leine. Sag das doch das nächste Mal gleich.“ Der Größere klopfte ihm auf die Schulter, offenbar seine SMS genau als das interpretierend, was sie auch sein sollte, nur dass Rafael mal wieder an eine Frau dachte.

„Ähm ja, es ist ein wenig kompliziert und …“

„Schon okay, du musst nichts weiter sagen. Es ist komplizierter als ohnehin schon, deshalb wolltest du noch nichts erzählen. Keine Angst, ich werde dich schon nicht löchern und dann kann ich ja jetzt auch beruhigt aufhören, Ausschau für dich zu halten, um dich nicht einsam sterben zu lassen.“ Erneut breitete sich ein breites Grinsen über sein gesamtes Gesicht aus.

„Dann kann ich ja jetzt mal ein bisschen den Blick nach meinem Interesse schweifen lassen.“

„Wenn das deine Frau wüsste“, neckte der Braunhaarige ihn, beruhigt darüber, dass er Rafael nichts hatte erklären müssen, sondern der sich seine Geschichte selbst zusammengereimt hatte.

„Meine Hände sind mit dem Ehering gekettet, aber ein bisschen gucken wird mich schon nicht vors letzte Gericht bringen.“
 

Tristan schickte schnell seine Antwort ab, ohne sich weiter mit dem Gedanken zu quälen, ob es die richtige Entscheidung gewesen war.

Wieso sollte er sich nicht auch aus reiner Freude am Sex mit dem Schwarzhaarigen treffen dürfen, schließlich war er sich sicher, dass es für Duke keine andere Motivation gab. Daran durfte er zwar nicht so ausführlich denken, sonst trieb es ihn dazu, seine Zusage zu revidieren in ein klares „Nein“, aber mit Rafael an seiner Seite, der ihnen bereits wieder etwas Neues zu trinken bestellt hatte und nun ihn nun mit weiteren Sportnews zutextete, war es einfacher als gedacht.

So schien sein Abend vorerst gerettet zu sein.

Wie schwer man sich täuschen konnte, wurde ihm etwa seine gute Stunde später bewiesen.
 

Mittlerweile war es kurz vor Mitternacht und selbst wenn Rafael und Tristan am nächsten Tag erst zu einer späteren Stunde in der Schule erscheinen mussten, so waren sie sich doch beide einig, dass es für einen Abend mitten in der Woche spät genug war, zumal Tristan befürchtete, richtig betrunken zu werden, hätte der Blonde weiterhin ihre flüssige Verpflegung übernommen.

So aber schaffte er es noch ohne sich groß etwas anmerken zu lassen, wenn auch mit schummrigen Gefühl im Kopf, aufzustehen und ohne großes Wanken, sich seine Jacke anziehend, auf die Tür zuzugehen.

„Soll ich dich noch nach Hause mitnehmen?“, fragte Rafael, als er aus der Bar heraustrat und sich an den Straßenrand stellte, bereit das nächste vorbeifahrende Taxi anzuhalten.
 

Tristan war geneigt, dem Angebot sich eine Fahrgelegenheit zu teilen, anzunehmen, da sah er ihn auf der anderen Straßenseite, Arm in Arm mit irgend so einem Kerl gehen. Lachend, feixend und immer wieder tiefe Blicke austauschend, stolzierte Duke, der gleiche Duke, der ihm vor wenigen Stunden eine SMS geschrieben hatte, offenbar in froher Erwartung auf das, was seine Nacht noch füllen sollte, die Straße entlang. Oder sollte man besser sagen: in freudiger Erwartung auf den, den er bald ausfüllen würde, schoss es Tristan gehässig durch den Kopf und ein Anflug von Wut überkam ihm, dass sein Körper sich fast von alleine schüttelte.
 

„Ist dir kalt oder so?“

Doch Rafaels Frage zu seinen mittlerweile richtig zitternden Armen, da er die Hände in seiner Hosentasche zu Fäusten geballt hatte, überhörte er, viel zu konzentriert darauf, weder laut loszuschreien noch in tief depressive Stimmung zu verfallen.

Im Grunde war ihm zum Heulen zumute, doch dieses Gefühl versuchte er erfolgreich zu verdrängen, denn schließlich war es eigentlich nichts, was er nicht irgendwie erwartet hätte von Duke.

Doch den Schwarzhaarigen jetzt wirklich mit einem anderen zu sehen, live mitzuerleben, wie wenig Tristan ihm zu bedeuten zu schien, war etwas Anderes, Schlimmeres, schließlich wirkte Duke nicht gerade so, als würde er von Gewissensbissen gequält, als er seinem Fick für diese Nacht einen Klaps auf den Hintern gab.
 

„Mission Control an Tristan Taylor. Gibt es eine Chance auf Wiederaufnahme der Kommunikation?“

Erst jetzt schaffte es der amüsiert schmunzelnde – an der Art seines Grinsens konnte man deutlich den Alkohol heraus sehen, der sich mittlerweile in seiner Blutbahn befand – Blonde, der sich in sein Blickfeld zwischen ihn und seine Ablenkung schob, ihn wieder in die Realität zurückzuholen.

„Was?“ Ein wenig verplant stand er da.

„Steigst du nun mit ein?“ Rafael öffnete die Tür eines Taxis, das sich mittlerweile gefunden hatte und auch bereit gewesen war anzuhalten, doch dem Braunhaarigen war es jetzt ganz und gar nicht mehr nach Gesellschaft.

„Lass mal. Liegt ja auch gar nicht in deiner Richtung und von hier ist es nicht mehr weit bis zu meiner Wohnung. Bis morgen!“ Er nahm eine Hand wieder aus der Hosentasche und hob sie zum Abschied, ehe er sich umdrehte und seinen recht verdutzten Kollegen einfach stehen ließ.
 

Er musste jetzt über einiges nachdenken. Denn zwischen all dem Ärger auf Duke und einer Stimme in seinem Kopf, die permanent „Ich hab’s ja gewusst. Ich hab dich gewarnt. War ja abzusehen“ in der Dauerschleife ablaufen ließ, kam die Frage auf: Was nun?

Und das musste er sich in aller Ruhe, bei einem nächtlichen Spaziergang durch den Park überlegen, schließlich hatte er bei ihrem morgigen Treffen am späten Nachmittag die einmalige und auf jeden Fall zu nutzende Gelegenheit, Duke seine Entscheidung mitzuteilen, wie auch immer diese ausfallen würde. Und genau DAS würde sich in den nächsten Stunden entscheiden.

Sobald er den ersten Drang, Duke einen kräftigen Tritt, vorzugsweise mit extra viel Anlauf, in die Eier zu versetzen, überwunden hatte, hatte er die Wahl zu treffen zwischen einem kurzen, schmerzvollen Schlussstrich, oder einer langen, noch verletzenderen Fortsetzung. Not gegen Elend.
 

*
 

Er konnte nicht glauben, dass er gerade wirklich bei Kaiba im Wagen saß. Der feine Bürokrat war offenbar mit der Absicht in den Club gekommen, nichts Alkoholisches zu trinken, was er auch konsequent durchgezogen hatte, ansonsten hätte er sich wohl lieber mit seiner eigenen Krawatte erhängt als gegen die Straßenverkehrsordnung zu verstoßen und alkoholisiert Auto zu fahren.

Es war mittlerweile weit nach Mitternacht, schon weit über den Zeitpunkt hinaus, zu dem er eigentlich hatte schlafen wollen, in seinem eigenen Bett, alleine, doch aus diesen Vorsätzen war und würde wohl nichts werden, schließlich waren sie gerade nicht etwa auf dem Weg zu Yamis stylischem Loft, sondern zu Setos Wohnung – im Laufe des Abends war auch der Bunthaarige endlich beim Vornamen des anderen gelandet.

Sie hatten sich ein wenig über Yamis Arbeit unterhalten – fand der Bunthaarige einmal einen Anfang, über seinen Job als Fotograf zu schwärmen, so fand er so schnell kein Ende mehr – noch weniger über Setos, doch die meiste Zeit hatten sie bloß miteinander geflirtet, wenn auch der Braunhaarige auf eine steife, verschlossene, aber dennoch seht wirkungsvolle Art Yami in ungeahnte Ebenen der subtilen Anspielung gebracht hatte.
 

„Da wären wir.“ Der Braunhaarige fuhr seinen Wagen in eine private, zum Haus gehörende Tiefgarage, und stellte den Motor ab.

Die Gegend, in der sie sich befanden, gehörte ohne Zweifel zu den Besseres, die Domino zu bieten hatte, wenn sie auch noch zu den, für den Normalbürger, erschwinglichen gehörte.

Sie stiegen aus und durch eine unscheinbare Tür gelangten sie ins Treppenhaus zum dritten Stock, in dem Seto offenbar seine Wohnung hatte, zumindest stand sein Name auf dem Klingelschild und der Schlüssel passte perfekt in das Schloss.

„Nett“, kommentierte Yami den Hauseingang, einen kleinen, weiß gestrichenen Flur mit einer Garderobe und sonst recht wenig Inhalt, doch irgendetwas musste er sagen, denn Schweigen war so gar nicht seine Art, dies nutzte er nur als Mittel, wenn er sauer oder beleidigt war. Duke hatte es einmal „das Schweigen der Lämmer“ genannt, denn wenn dem Bunthaarigen keine Worte mehr über die Lippen kamen, war er entweder eingeschlafen, tot oder etwas sehr schreckliches war kurz davor einzutreten, in Form eines „Zicken-Zorn-Tornados“ – eine weitere von Dukes unschlagbar genialen Wortneuschöpfungen.
 

„Bekomme ich eine kleine Führung?“, fragte er schelmisch grinsend, während er sich die Schuhe abstreifte und seine Lederjacke an einen dafür vorgesehenen Haken hing, und hoffte damit ein wenig das Eis zu brechen, schließlich hoffte er, nicht umsonst noch mit dem Braunhaarigen hergefahren zu sein, auch wenn dieser ihm eigentlich kein eindeutiges Angebot gemacht hatte, außer der Frage, ob er noch mit zu ihm wolle.

„Die letzte Tür links ist das Bad …“, dann griff er nach Yamis Hand und zog den, von diesem plötzlichen Elan verdutzten, Fotografen auf eine andere, geöffnete Tür zu und vollendete dann seinen Satz, indem er in den noch halbdunklen Raum deutete und mit dem Anflug eines Lächelns verkündete: „… und das ist das Schlafzimmer, mehr musst du vorerst nicht gesehen haben!“
 

+ + + + + +
 

Zu eurer Information, Kapitel 15 ist bereits fertig, wenn auch kürzer als die bisherigen, dafür tippe ich bereits an 16^^
 

LG trinithy

Ungeahnte Seiten

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Der Tag danach

Kapitel 16 – Der Tag danach
 

Yami räkelte sich im Bett, vom Rücken drehte er sich auf die Seite und griff beherzt zu seinem Kopfkissen, um es noch einmal für die letzten Minuten der Nacht zusammenzudrücken und es sich gemütlich zu machen. Doch seine Hände griffen nicht wie sonst zuerst ins Leere, nein, keine 30 Zentimeter von ihm entfernt, also nicht einmal eine halbe Armlänge, stieß er gegen etwas warmes, hartes, aber irgendwie auch weiches.

Für eines seiner tausend Dekor-Kissen, das er vergessen hatte vor dem Einschlafen herunter zu räumen, war es eindeutig zu hart, für die Wand eindeutig zu weich, außerdem kannte er keinen Gegenstand in seinem Haus, der brummende Töne von sich gab, wenn man ihn berührte und sich dann, zu allem Überfluss, auch noch bewegte.

Gerade als sein noch halb schlafendes Bewusstsein diese wirren Informationen in die letzten Reste seines bereits verblassenden Traumes einbauen wollte, klingelte irgendwo ein Wecker. Nicht nur in einer Lautstärke, die ihn senkrecht im Bett sitzen ließ, sondern auch in einer Tonlage, die ihm zu Hause niemals in seine Wohnung gekommen wäre. Eher ließ er sich von einem Hahn wecken, als jeden Morgen diesen grauenvollen Piepton zu ertragen.
 

Neben ihm ertönte ein erneutes Brummen, dann erhob sich die Bettdecke zu einem riesigen Hügel, ehe sie abfiel und eine zerzauste, braunhaarige Person zum Vorschein kam, die ein verschlafenes „Morgen“ nuschelte und schon dabei war, sich aus der Bettenlandschaft zu erheben, als sie innehielt, offenbar gerade von einer ähnlichen Erkenntnis getroffen wie der Bunthaarige.

Diesem wiederum war schlagartig bewusst geworden, dass er weder in seinem eigenen Bett noch in seinem eigenen Haus noch in seinen eigenen Klamotten steckte, genau genommen steckte er in gar keinen Klamotten und nur die fremde Bettdecke, die er mit einem Mal fest an sich klammerte, hielt ihn bedeckt.

Langsam, ganz langsam flutete die Erinnerung an letzte Nacht zurück, zusammen mit ein paar – Gott sei Dank nicht allzu starken – Kopfschmerzen. Er war zusammen mit Duke unterwegs gewesen, hatte einiges getrunken und war dann auf Seto Kaiba getroffen, mit dem er schlussendlich … eine ziemlich wilde und befriedigende Nacht verbracht hatte.

Konnte das stimmen oder war das bloß eines seiner Traumgespinste, das sich mit der Realität vermischte, so knapp nach dem Aufwachen?
 

Es musste stimmen, schließlich sprachen das zerknüllte Taschentuch, das leere Kondompäckchen und die immer noch geöffnete und achtlos in die Ecke geschmissene Tube Gleitgeld, zwischen all ihren Klamotten auf dem Fußboden verstreut, eine recht eindeutige Sprache.

Für einen Moment starrten sie sich ein wenig fassungslos in die Augen, dann war es Seto, der sich als erster aus seiner Starre löste und, nackt wie er war, zu seinem Kleiderschrank hinüber ging, nach einem anthrazitfarbenen Bademantel angelte und ihn mit dem dafür vorgesehenen Stoffgürtel um die Hüfte festband.

„Erinnerst du dich, wo das Badezimmer ist?“, fragte er mit einem leicht amüsierten Unterton, erinnerte er sich offenbar daran, dass es der einzige weitere Raum war, von dem Yami zumindest theoretisch wusste, wo er lag.

„Du kannst duschen, wenn du willst, Handtücher sind in der Kommode neben dem Waschbecken. Ich werd erst einmal Kaffee kochen.“

Damit drehte er sich um und verließ das Schlafzimmer. Offenbar war der Bunthaarige an einen ebenbürtigen Kaffeejunkie geraten wie Duke.

Er selber liebte das schwarze, koffeinhaltige Getränk ebenfalls, wenn auch vorzugsweise seinen Verwandten, den Espresso, genauso wie alle daraus resultierenden Getränke wie Cappuccino und Latte Macchiato.

Weshalb er sich schon oft genug einen von Dukes dämlichen Sprüchen hatte anhören müssen, schließlich ließ dieser sich von dem Wort „Latte“ noch ebenso sehr zum Scherzen animieren wie ein Teenager.
 

Einige Sekunden verharrte der Bunthaarige noch im warmen Bett und sah sich, nun bei Tageslicht, da sich die Rollläden plötzlich wie von Zauberhand von alleine hochfuhren – offenbar gab es einen Zentralschalter, den Seto betätigt haben musste – in dem Zimmer um.

Der Stil war von schlichter Eleganz geprägt. Keine auffälligen Farben, keine gewagten Formen, keine ungewöhnliche Aufteilung. Alles stand wie mit dem Zentimetermaß und Geodreieck ausgerichtet an seinem vorgesehenen Platz und verlieh dem Raum ein bisschen Steifheit und Spießigkeit, in demselben Maße wie sein Besitzer eben diese Eigenschaften vertrat, doch zugleich sprachen das dunkles Teakholz – oder auch nur Teakholz-Imitat, schließlich verdiente man sich als Staatsbediensteter beim Jugendamt bestimmt keine goldene Nase – der cremefarbene Kleiderschrank und ein gemütlicher Flokatiteppich von Sinn für Eleganz.

Auf dem Weg zur Tür sammelte Yami seine Boxershorts und seine Jeans vom Boden auf und schlurfte ins Bad, das nach demselben Motto eingerichtet war wie das übrige der Wohnung: Weniger ist mehr.

Er bewunderte kurz die weißen Wände des Flurs, glatt, frei von Möbeln und reinweiß, also absolut perfekt als Hintergrund für große Bilder oder seine Artfotografien, bevor er die Tür schloss, um sich erst einmal eine heiße, entspannende Dusche zu gönnen, denn dass sie letzte Nacht nicht nur Händchen gehalten hatten, erzählte ihm sein Körper jetzt auch noch einmal ganz deutlich.
 

~
 

Seto sah fasziniert dabei zu, wie der Kaffee durch die Maschine tropfte, und konnte sich dann endlich, nach ein paar Minuten des sinnlosen Sinnierens, losreißen, um sich etwas anzuziehen.

Im Gegensatz zu seiner nächtlichen Gesellschaft war er in der Nacht nicht so schnell eingeschlafen, wie man vielleicht nach ihren Aktivitäten hätte erwarten können und war daher, als der Bunthaarige schon lange geschlafen hatte, noch duschen gewesen.

Grundsätzlich war er schon müde gewesen, doch er war es nicht gewohnt, sein großes Bett mit jemandem zu teilen, selbst sein letzter fester Freund, der nebenbei schon eine Weile her war, hatte äußerst selten in den Kaibaschen Gefilden hausen dürfen.
 

Der Braunhaarige hasste die Geräusche, die Schlafende von sich gaben, das unwillkürliche Rascheln auf der Bettdecke, das teilweise auch unregelmäßige Atmen, eventuelles Schnarchen, ganz zu schweigen von zuckungsartigen Bewegungen oder genuschelten Wörtern im Schlaf. Davon hatte er in seinem Leben schon genug mitbekommen, wie etwa die großen Schlafsäle im Heim damals oder die mit vier Leuten vollgestopfte WG im Studentenwohnheim.

Wahrscheinlich genoss er es daher so sehr, dass er in seiner eigenen Wohnung selbst bestimmen konnte, von wie vielen Geräuschen er umgeben sein wollte, und das waren meist so wenig wie möglich.
 

Vorsichtig, darauf bedacht, bloß keine Unordnung zu hinterlassen, zupfte er ein frisches Hemd aus seinem Kleiderschrank, die dazu passende Krawatte und wählte heute einen schwarzen Anzug mit feinen, hellgrauen Nadelstreifen, da er schließlich in weniger als einer Stunde arbeiten musste.

Eine Tatsache, die er nur für heute gerne mal vergessen hätte, angesichts der Tatsache, dass ein ziemlich attraktiver Kerl gerade seine Dusche benutzte.

Weshalb war er ausgerechnet gestern Abend in diesen Club gegangen?

Nicht dass er bereute, was passiert war, er bereute nur, dass es kein Wochenendetag war, denn statt seine Krawatte um den Hals zu knoten, hätte er gerade in genau diesem Moment nicht übel Lust gehabt, etwas oder besser gesagt jemand anderes damit festzubinden.
 

*
 

Ungeduldig stampfte Mokuba von einem Bein aufs andere und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. Es war nicht wirklich kalt, anscheinend nur zu kalt, um ohne Jacke aus dem Haus zu gehen, das hatte er jetzt auch eingesehen, da er bereits seit zwanzig Minuten vor dem Fotoladen stand und sein übergedrehter Chef immer noch nicht aufgetaucht war und das, obwohl der Laden bereits seit fünf Minuten geöffnet haben sollte.

Ein weiteres Mal wurde auf die Uhr geschaut, da kam ein Wagen angerauscht, nicht wirklich zu schnell, das konnte man nicht sagen, aber dafür, dass er gerade erst um eine nicht gerade großzügige Kurve gefahren war, doch recht flott unterwegs.

Der Blinker wurde gesetzt und das Auto wurde abrupt langsamer, offenbar mit der Intention am Straßenrand anzuhalten, doch da schien dem Fahrer das absolute Halteverbot aufgefallen zu sein, das den kompletten Straßenzug herunter herrschte, denn er hörte auf zu blinken und drückte erneut das Gas durch, bis er einige Meter weiter eine freie Einfahrt fand, in die er schwungvoll einbog.
 

Eigentlich interessierte sich Mokuba nicht unbedingt dafür, welche Angeber und Gasfüße in ihren Sportautos unterwegs waren, doch dieser Wagen, oder besser gesagt sein Kennzeichen, weckte sein Interesse. „SK“ als wählbare Buchstaben bei einem schwarzen Sportauto, da kam ihm etwas in den Sinn, das sein Bruder einmal gesagt hatte. Es war schon ewig lange her und eigentlich konnte er sich auch kaum noch daran erinnern, doch die Tatsache, dass Seto immer davon geschwärmt hatte – natürlich als Jugendlicher, fast noch Kind –, dass er einmal ein solches Auto fahren wolle, wenn er groß sei, hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt.

Er schüttelte heftig den Kopf bei diesen Erinnerungen. Jetzt fing er schon an paranoid zu werden, nur weil er sich genau dort befand, wo er seinen Bruder das letzte Mal gesehen hatte.

Er sah, wie sich die Beifahrertür öffnete und sein Chef ziemlich gehetzt aus dem Auto stolperte. Dem Fahrer, den er durch Spiegelungen in den Scheiben nicht wirklich erkennen konnte, ein „Vielen Dank fürs Mitnehmen“ zurufend, kam der Bunthaarige das Stück über den Bordstein herbei gelaufen, während das Auto sich wieder schwungvoll auf die Straße beförderte und in den Verkehr eingliederte.
 

„‘tschuldigung. Ich hab verschlafen, also eigentlich nicht, der Wecker hat ja geklingelt, aber meine Mitfahrgelegenheit muss erst um halb neun zur Arbeit und ich war am anderen Ende der Stadt und …“ Er hielt in seinem gehetzten Redefluss inne, nachdem er endlich den Ladenschlüssel in seiner Tasche gefunden hatte.

„Warum rechtfertige ich mich eigentlich, ich bin dein Boss verdammt nochmal und wenn ich ne geile Nacht hatte, und glaub mir, die hatte ich, dann hat dich das nicht zu interessieren!“

Dann schloss er die Tür auf und verschwand in dem Laden und ließ den von solch sich widersprechenden Aussagen verblüfften Mokuba noch eine Weile draußen stehen.

Also, entweder sein Chef hatte wirklich eine verdammt gute Nacht gehabt und durchlebte sie in Gedanken noch einmal, so dass er sich auf die Logik seiner Sätze nicht unbedingt konzentrieren konnte, oder aber – was Mokuba sogar fast für noch wahrscheinlicher hielt – zeitweilen war Yami einfach so.
 

„Also hat es sich wenigstens gelohnt, mich bezahlt vor verschlossener Tür warten zu lassen?“ witzelte der Schwarzhaarige, als er ebenfalls endlich eintrat und sich direkt daran machte, die elektronische Kasse anzuschalten. Nicht, dass er irgendwie geizig klingen wollte, geschweige denn es tatsächlich war, doch er brauchte derzeit jeden Cent, den er irgendwo auftreiben konnte.

„Ob es sich gelohnt hat? Für eine weitere Runde heute Morgen hätte ich dich auch den ganzen Vormittag bezahlt warten lassen.“

Die Antwort war eindeutig genug und beantwortete auch direkt Mokubas Frage, denn es hatte sich nicht so angehört, als ob Yami ihm sein eigenes Zu-spät-kommen von seiner Arbeitszeit abziehen wollte.

„Du musst heute Nachmittag den Laden allein schmeißen, glaubst du, du schaffst das, sonst mach ich lieber zu.“ Der Bunthaarige sah ihn fragend an.

Was für eine Frage, natürlich schaffte er das und Spaß würde er dabei auch noch haben, schließlich kam er sich dann zumindest so vor, als wenn er wirklich arbeitete für sein Geld und nicht die meiste Zeit darauf wartete, dass Yami, der wichtige Dinge am liebsten selber zu erledigen schien, wieder eine unwichtige Kiste zum Auspacken für ihn hatte.

Vielleicht würde der Tag ja doch ganz gut werden, denn in seiner Mittagspause hatte Mokuba zudem noch vor, seine Suche nach seinem Bruder endlich voran zu treiben und einen Versuch beim Einwohnermeldeamt zu starten. Vielleicht hatte er Glück und sein Bruder hatte ihren einst gemeinsamen Nachnamen ja behalten und wohnte wirklich noch irgendwo in dieser großen Stadt. Die Hoffnung darauf, so klein sie auch sein mochte, ließ ihn jedenfalls nicht los.
 

*
 

Mit locker geknöpftem Hemd kam Duke aus seinem Bad und band seine noch feuchten Locken in einem Zopf zusammen, während er noch einmal zurück huschte, offenbar daran erinnert, dass er noch einen Hauch herben, holzigen Parfums auflegen wollte.

Er hatte extra früher Schluss gemacht, da Tristan am vorherigen Abend noch zugesagt hatte, sich heute mit ihm in seiner Wohnung zu treffen, und er war mehr als froh gewesen, als Joey ihm heute Morgen eröffnet hatte, er wollte zu seiner kleinen blonden Freundin fahren, Mai oder so ähnlich.

Offenbar eine Trotzreaktion darauf, dass er ihm verboten hatte, das Mädchen mit in sein Apartment zu nehmen, aber auf jeden Fall kam ihm das sehr gelegen. Er hatte Joey sogar Geld für ein Taxi gegeben, damit er so lange – vorzugsweise bis spät in die Nacht – bleiben konnte, wie er wollte und sich nicht darum kümmern musste, wann der letzte Zug fuhr, denn schließlich wohnte Joeys Freundin außerhalb, wenn auch nicht allzu weit weg.
 

Zufrieden mit sich selbst, nachdem er sein Spiegelbild von allen Blickwinkeln kurz überprüft hatte, holte er noch einen Rotwein aus dem Kühlschrank und quälte den Korken aus dem engen Flaschenhals und sah abermals erstaunt zu, wie dieser aufquoll, als er ihn endlich an dem Drehgewinde seines Korkenziehers herausgezogen hatte. Welche Kraft war wohl dazu nötig gewesen, den da ursprünglich mal rein zu pressen? Und warum um alles in der Welt kamen ihm so einschlägige Gedanken dabei?

Gerade wollte er zwei bereit gestellte Gläser befüllen, da ertönte seine Klingel und voller Vorfreude ließ er den Wein, wo er war, und eilte zur Tür, um sie mit einem schwungvollen „Da ist ja der geilste Kerl der Welt“ zu öffnen.

Doch anstatt von einem Lächeln begrüßt zu werden, einem Kuss, einer Umarmung oder bloß einem Blick, der ihm sagte, dass sich sein Gegenüber mindestens genau auf ihn freute, wurde ihm nur ein böser funkelnder Blick zugeworfen, als der Braunhaarige sich ohne weitere Einladung an ihm vorbei in die Wohnung zwängte.
 

„Du scheinst wen anders erwartet zu haben“, knurrte er und machte sich weder die Mühe seine Jacke, noch seine Schuhe auszuziehen, sondern setzte sich mit verhärtetem Gesichtsausdruck auf die Couch.

Als er sich nach einigen Sekunden ohne Reaktion zu Duke umwandte und in dessen fragende und verwunderte Miene blickte, murmelte er angesäuert. „Na, der geilste Kerl der Welt bin ich ja wohl nicht!“

Was war denn jetzt bitteschön kaputt, Tristans Ego, oder weshalb schien er in einem endlosen Meer aus Selbstzweifeln zu schwimmen. Doch damit missinterpretierte er das Verhalten des Braunhaarigen auf fatale Weise.

„Hör mal …“, seine Stimme bekam einen sanften Unterton und er setzte sich neben den anderen auf das Sofa, einen Arm fürsorglich um ihn legend. „Ich weiß ja nicht, was dich zu diesen Zweifeln an dir geführt hat, aber …“
 

Weiter kam er nicht mit seiner angedachten Aufheiterungsansprache, denn da platzte Tristan nun vollständig der Kragen. Mit einer heftigen und plötzlichen Bewegung schlug er Dukes Arm zurück, sprang förmlich wie ein Knallfrosch auf und das, was er nun von sich gab, kam dem dazu passenden Knall sehr nah.

„Zweifel an mir? Dir geht es wohl zu gut! Das sind eher Zweifel an deiner Ehrlichkeit!“

Offenbar fiel der Groschen bei Duke heute nur in geviertelten Centmünzen, denn noch immer starrte er den Stehenden an, als versuchte dieser ihm ein russisches Kindermärchen in der Landessprache zu erzählen.

„Du erinnerst dich an die SMS von gestern Abend, in der du so Sehnsucht nach mir hattest?“

„Und diese Sehnsucht hat sich seitdem nicht gebessert?“

Jetzt stand auch der Schwarzhaarige auf und hob beschwichtigend die Arme. „Genau genommen ist sie nur noch größer geworden.“

Seine Stimme war zu einem verführerischen Flüstern geworden und er hauchte Tristan einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, doch er löste sich nicht sofort wieder von ihm, er wartete darauf, dass sein Kuss erwidert und verstärkt wurde, was nur noch eine Frage von Sekunden sein konnte, schließlich sah es so aus, als ob sich Tristan endlich beruhigt hatte.
 

Doch darauf konnte er lange warten. Zwar hatte der Brünette sich beruhigt, und zwar so sehr, dass er regungslos da stand, doch genau aus diesem Grund machte er auch nichts anderes. Er stand einfach nur da, ließ Duke gewähren und atmete laut hörbar durch die Nase, leicht verwechselbar mit Erregung, doch allein die Tatsache, dass die Luft, die durch seine Nasenlöcher strömte, immer gleichmäßiger und leiser wurde, sprach davon, dass es sich um sich legende Wut handelte.

Schließlich schob er Duke ganz gefasst von sich weg und sah ihm fest in die Augen.

„Entschuldigung, es ist nicht fair, dir daraus einen Vorwurf zu drehen, dass du gestern Abend noch deinen Spaß mit einem anderen hattest und ich euch zufällig gesehen habe.“

Knall, dieser Satz hatte, wusste er doch selber nicht warum, den Schwarzhaarigen getroffen wie eine Ohrfeige, obwohl wirklich nicht der Hauch eines Vorwurfs darin gelegen hatte. Um genau zu sein, hatte nichts in diesem Satz mitgeschwungen, es war einfach nur das, was die Worte sagten, ohne Unterton, ohne Hintergedanken, bloß leer.
 

„Wir sind ja schließlich nicht zusammen oder haben uns – Gott bewahre! –“, Sarkasmus schwang nun mit, wenn auch nur für ein kurzes, trockenes Auflachen, „Treue geschworen. Du bist ein freier Mann und kannst mit wem immer du willst machen, was immer du willst!“

Warum nur waren die Augen, die ihn anstarrten, plötzlich so hart. Nicht mehr so warm und weich wie Bernstein, nicht mehr so vielschichtig wie dunkles Holz, nur noch braun und schwarz und hart.

„Nur mit mir kannst du nicht mehr machen, was du willst, für mich funktioniert das so nicht mehr. Wir hatten schöne Stunden, vor allem erregte Stunden.“ Ein schwaches Lächeln huschte zusammen mit Erinnerungen über sein Gesicht. „Doch damit ist ab heute Schluss.“

„Du machst Schluss mit mir?“, presste Duke schockiert hervor. Er konnte nicht glauben, was hier gerade passierte. Da hatte er sich auf einen schönen Nachmittag zum Entspannen eingestellt und dann so etwas.

„Nein, ich kann nicht mit dir Schluss machen. Schluss kann man mit Menschen machen, mit denen man eine Beziehung hatte. Wir hatten keine Beziehung, wir hatten Sex, das ist ein Unterschied, wie du wissen solltest.“

Der Schwarzhaarige konnte sich nicht erklären, weshalb ihn diese Worte so sehr trafen, denn eigentlich hatte Tristan ja Recht, sprach das aus, was er auch immer dachte, oder bildete er sich bloß ein, dass er diese Meinung vertrat?

„Wie auch immer. Mit mir wird das nichts mehr.“ Dann drehte er sich weg und machte einige Schritte auf die Tür zu, ehe er noch einmal den Kopf über die Schulter nach hinten richtete.

„Ich will mehr als nur Sex.“ Es war leise, gemurmelt und kaum zu verstehen, und dennoch klang es glockenhell und glasklar in den Ohren des Schwarzhaarigen nach, der wie versteinert dastand und nur auf seine Haustür guckte, die sich hinter seinem gegangenen Besucher schloss.
 

Jetzt war es vorbei.

Er wusste nicht wirklich was, aber es war der erste Gedanke, der ihm in den Sinn gekommen war: Es war aus und vorbei. Schluss.

Seine Knie begannen unvermittelt zu zittern und er konnte sich gerade noch rechtzeitig setzen, ehe sie ihm vor lauter Schock den Dienst versagt hätten.

Eigentlich hatte Tristan doch Recht gehabt, sie hatten keine Beziehung gehabt, ihm hätte klar sein müssen, dass dieser Tag kam, doch irgendwie passte es ihm nicht, dass es schon so schnell gekommen war.

Immer noch fassungslos stützte er den Kopf in seine Hände und schloss die Augen, sich dabei die Schläfen massierend. Das konnte doch alles nicht wahr sein, so ein scheiß Nachmittag passte jetzt gar nicht in seinen Plan.

Er wollte jetzt küssen, fummeln, seine Hand um einen fremden Schwanz legen. Vielleicht einen geblasen bekommen und danach wollte er ficken.

Auf der Couch, auf der Küchentheke, in der Dusche, im Bett, auf dem Fußboden, egal wo, am liebsten alles hintereinander. So hatte er sich das eigentlich vorgestellt und so wollte er es auch immer noch. Es würde sich bestimmt auch auf die Schnelle noch irgendwer finden, der sich genauso freudig auf diesen Plan einließ.

Ja, er wollte sich jetzt am liebsten das Hirn rausficken, damit er all diese Gedanken aus dem Kopf bekam, die ihn störten.

„Scheiße!“, schrie er sich seinen Frust aus dem Leib und schlug mit der geballten Faust auf die Sitzfläche neben sich.

Es half alles nichts, er wollte vor allem eins, Tristan.
 

+ + + + +
 

So, ich habe leider seit genau einer Woche nicht mehr geschrieben, d.h. Kapitel 17 liegt immer noch bei einem guten Drittel, aber vielleicht schaffe ich es ja bis nächste Woche, solange habe ich ja immerhin noch Zeit: :-)
 

Ich verspreche nichts aber ich gebe mir Mühe^^
 

LG trinithy

Stimmungstief

Mir ist gerade aufgefallen, dass ich ganz vergessen habe vor lauter Stress, dieses Kapitel, das jetzt schon lange fertig und beta-gelesen ist, hochzuladen..

Tut mir Leid!
 

Jetzt aber, viel Spaß^^
 

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Kapitel 17 – Stimmungstief
 

Mit vor Anspannung zitternden, zu Fäusten geballten Händen rannte Tristan quasi die Straße herunter, bloß so schnell wie möglich weit genug von Dukes Wohnung weg, sonst lief er Gefahr, doch noch umzudrehen.

Er war sich nicht sicher, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte, er hatte Zweifel, ob die Tatsache, dass er den Schwarzhaarigen einfach nicht mehr treffen würde, sein Gefühlschaos wirklich lösen konnte.

Doch eine kleine, wenn auch noch sehr leise Stimme in seinem Kopf redete beschwichtigend auf ihn ein und bekräftigte ihn, auch in der Art, wie er es getan hätte.
 

Zwischenzeitlich hatte Tristan, als ihm das Bild von Duke und diesem anderen Kerl wieder in den Sinn gekommen war, das Bedürfnis gehabt Duke gehörig eine reinzuhauen, oder ihn zumindest anzuschreien, das wäre immerhin eine Option gewesen, die er vielleicht wirklich wahrgenommen hätte. Aber hätte er seinen Emotionen zu sehr freien Lauf gelassen, wäre er sich nicht sicher gewesen, ob der Schwarzhaarige, er war geschickter als man es ihm manches Mal anrechnen wollte, es nicht geschafft hätte, aus einer kleinen Rauferei hemmungslosen, animalischen Sex zu machen, frei nach dem Motto „Schrei es nicht raus, sondern fick es raus!“. Und das wäre nun wirklich das letzte gewesen, was er gebraucht hätte, um seine ohnehin nicht vollkommen überzeugte Entscheidung ins Wanken zu bringen.
 

„Scheiße! Scheiße, scheiße!“, fluchte er immer lauter werdend vor sich hin und starrte stoisch auf den Bordstein vor sich, ohne auch nur etwas wirklich zu sehen, dass er gar nicht merkte, wie er fast über eine rote Ampel gelaufen wäre. Erst die hektischen Schreie einiger Passanten, die ihn aufschrecken und hochblicken ließen, sorgten dafür, dass er einen Satz nach hinten machte. Gerade noch rechtzeitig, um nicht auf der Motorhaube eines schwarzen Sportwagen zu landen, der bereits – wer konnte es ihm verübeln, schließlich hatte er laut Ampel freie Fahrt – kräftig aufs Gas gedrückt hatte.

„Spinner!“, hörte er den Fahrer noch aus dem geöffneten Fenster heraus fluchen, doch Tristan war jetzt nicht in der Stimmung, sich darüber auch noch aufzuregen, stattdessen steuerte er geradewegs auf die nächste U-Bahn-Station zu.

Zum ersten Mal war er ganz froh darüber, sich in den Zug setzen zu können und die zwanzig Minuten bis zu seiner Haltestelle sich einfach um nichts kümmern musste, wäre er mit dem Auto zu Duke gefahren, hätte er nicht nur doppelt so lange durch den Feierabendverkehr gebraucht, sondern höchstwahrscheinlich auch noch alle Straßenverkehrsregeln gebrochen, wie aufmerksam er noch war, hatte man ja gemerkt.
 

Die Bahn, eine der weniger frequentierten Linien, setzte sich in Bewegung und der Braunhaarige ging durch den Wagon, bis er einen schönen Sitzplatz mit dem Maximum an Abstand zu den anderen Fahrgästen gefunden hatte, und ließ sich schwer seufzend darauf fallen, eigentlich in der Absicht sich direkt wieder seinen Sieben-Tage-Regenwetter-Gedanken zu widmen, da hörte er die laut pöbelnden Rufe einer Gruppe Jugendlicher, die offenbar hinter ihm eingestiegen waren und jetzt ein unfreiwilliges Opfer für ihre Krawalllaune gefunden hatten.

„Schaut mal an, die kleine Pussy kennen wir doch!“

„Ja, mit dem hatten wir gestern ne Menge Spaß.“ Einer lachte laut auf, zumindest klang es wie ein Lachen, es hätten aber auch die Nachwirkungen eines Hustenanfalls sein können. Doch selbst ohne hinzusehen wusste Tristan, dass die zweite Möglichkeit eher unwahrscheinlich war.

„Was meint ihr Jungs, kriegen wir ihn heute dazu, nach seiner Mama zu rufen?“ Jetzt lachten alle vier und zwischen dem hämischen, gegenseitigen Schulterklopfen vernahm der Braunhaarige eine weitere, ihm irgendwie bekannt vorkommende Stimme.

„Lasst mich in Ruhe!“

„Oh oh oh, wird unser Pussyboy da etwa böse? Aber heute haste keinen dabei, der dich beschützt und hinter dem du dich verkriechen kannst.“

Rascheln von Kleidung und dann wieder die Stimme, die selbst im aufgebrachten Zustand noch so klang, als könnte sie nicht einmal eine Fliege ohne Gewissensbisse töten.

„Lasst mich los!“
 

Da endlich dämmerte es Tristan, woher er den Inhaber der Stimme zu kennen meinte und ein noch eher unauffällig gehaltender Blick über die Schulter bestätigte ihn in seiner Vermutung.

Keine vier Reihen hinter ihm, in einer Vierersitzecke, saß Ryou Bakura, einer seiner Schüler aus der Oberstufe. Ein eher unauffälliger, schüchtern gestrickter Mensch mit dennoch extravagant weiß gefärbten Haaren und einer eher zweifelhaften Begabung für Sport, doch immerhin gab er sich Mühe und bereitete Tristan kein Kopfzerbrechen wegen auffällig vielen Fehlstunden oder einer Aufmerksamkeit, die sich mit rasender Geschwindigkeit gen Null näherte.

Umringt wurde der Schüler von einer Gruppe Jungs, alle ungefähr sein Alter, doch sie hätten sich nicht mehr von dem Jungen unterscheiden können, der jetzt reichlich genervt, aber auch einen Hauch eingeschüchtert versuchte, den Griff auf seiner Schulter los zu werden.

Das und was der Braunhaarige vorher vernommen hatte, ließ nicht gerade darauf schließen, dass Ryou diese Jungs besonders mochte, vielleicht nicht einmal mit Namen kannte.
 

„Lässt du einen auch für Geld dran oder muss man vorher nett zu dir sein?“

Wieder lachten die Typen lautstark auf, um das ganze Abteil zu unterhalten, doch langsam wurde es Tristan echt zu bunt. Nicht nur, dass er sich in seiner schlechten Stimmung und Ruhe zum Nachdenken gestört sah, sondern auch dass er nicht glaubte, dass es unbedingt positiv war, was sie Ryou an den Kopf warfen, auch wenn er nicht ganz verstand, worum es gehen sollte.

„Ist ja sehr nett von euch, Jungs, dass ihr fremde Leute unterhalten wollt, aber leider habe ich gerade keine Lust auf Unterhaltung, also seid still!“

Tristan hatte sich erhoben und stand nun hinter der Gruppe Jugendlicher, die sich überrascht zu ihm umdrehten, ehe sie ein gehässiges Grinsen auf den Lippen entwickelten und wieder zu Ryou herunter starrten.

„Ist das sein Sugar-Daddy?“, fragte einer grölend und bekam beifallhaftes Schulterklopfen von seinen Kumpels für diesen überaus geistreichen Kommentar.

„Ich dachte, ich hätte mich deutlich ausgedrückt, Fresse halten ist angesagt, sonst werden wir sehen, ob ihr nicht nach eurem Daddy schreit.“
 

Damit hatte er gerade drei Jahre pädagogisches Studium zum Fenster hinaus- oder besser auf den dreckigen U-Bahnboden geworfen, doch seine aktuelle Stimmung erlaubte ihm kein lehrerhaftes Problemlösungsverhalten, er wollte einfach das Problem möglich schnell lösen, wenn nötig, auch mit dieser Drohung.

„Alter, das ist echt …“, doch noch ehe der halbstarke Wortführer eine neue Beleidigung auspacken konnte, schnitt der Braunhaarige ihm scharf ins Wort.

„Muss ich noch deutlicher werden?“ Ein weiterer steinerner Blick, der ihm angesichts seiner derzeitigen Situation nicht einmal besonders schwer fiel.

„Schon gut, schieb kein Stress, Opa!“ Dann trollten sich die Jungs und der Braunhaarige konnte sich endlich wieder setzten, diesmal allerdings auf den freien Platz neben Ryou, da er keine Lust hatte, sich noch weiter zu bewegen.

Aber eine entscheidende Tatsache hatte er heute dazugelernt. In einer Generation, in der die Menschen neunzig Jahre und immer öfter auch sehr viel älter wurden, war man also für die Jugend ab Anfang dreißig ein Opa. Daran hatte sich also seit der Zeit der Römer nichts mehr geändert und sich nichts weiterentwickelt.

Wenigstens diese Konstante gab es also im Leben, auch wenn er sich nicht sicher war, ob es diese Art von Konstante war, die er sich unbedingt gewünscht hätte.
 

„Ähm, danke, Mister Taylor.“

Ach ja, Ryou, der war ja auch noch da.

„Keine Ursache.“ Tristan seufzte und versuchte halbwegs freundlich zu klingen. „Was wollten diese Typen von dir, es klang, als hättest du schon mal das zweifelhafte Vergnügen gehabt, mit ihnen aufeinander zu treffen?“

Jetzt musste er auch noch Small-Talk führen, das konnte er entweder seinem schlechten Karma in die Schuhe schieben, er musste definitiv im vorherigen Leben ein Krimineller und Verbrecher gewesen sein, mindestens, damit er diesen Tag heute verdient hatte, oder aber die andere Möglichkeit wäre, dass er es einfach selbst schuld war. Er hätte seinen Schüler auch einfach mit einer Ausrede abfertigen können und sich wieder in die letzte Ecke dieses Zuges verkrümeln können, aber nein, er, Mister-immer-nett-zu-Schülern hatte es nicht geschafft, länger als fünf Minuten seine wahre Laune zu zeigen.
 

„Die wohnen alle in meiner Nähe, daher kenn ich sie vom Sehen, und einer der Typen ist bei uns auf der Schule eine Stufe unter mir, wenn auch zwei Jahre älter.“

Das erklärte ja viel über die schulische Laufbahn dieses Raufboldes, der anscheinend mehr oder weniger freiwillig gedoppelt hatte, wenn er trotz seines Altersvorsprungs einem geistigen Rückstand unterlag.

„Und gestern haben sie mich mit meinem Freund gesehen.“ Ryous Stimme wurde immer leiser und er senkte seinen ohnehin abgewandten Blick noch mehr, als ob er den Boden der Bahn nur lange genug anstarren müsste, damit sich ein Loch auftat, in dem er versinken konnte. Das Schlimme daran, Tristan hatte anscheinend irgendwie die Stelle verpasst, an der es so peinlich geworden war, dass der Schüler sich genierte.

„Ich hab Angst, dass es morgen die ganze Schule weiß.“
 

„Was? Dass dich ein paar dämliche Typen schikaniert haben?“, Tristan glaubte zwar, dass es nicht gerade angenehm war, wenn die ganze Schülerschaft davon wusste, dass man von einem Lehrer „gerettet“ werden musste, doch es gab weitaus Schlimmeres.

„Nein, dass ich …“ der Junge wirkte, als müsste er noch einmal tief Luft holen, um es vor seinem Lehrer auszusprechen. „… schwul bin.“

„Hm …“ Tristan fand, dass es an der Zeit war, mal erwachsen und nachdenklich zu seufzen um dann einen pädagogisch sinnvollen Spruch abzulassen.

„Die Leute reden sich schnell satt an bestimmten Themen.“

Na, das klang doch sehr gebildet und absolut nicht hilfreich, wie es sich für den Rat eines Lehrers nun einmal gehörte. Zwar hatte der Braunhaarige nie einer von diesen Pädagogen sein wollen, doch angesichts seiner derzeitigen inneren Situation ging es kaum anders. Jedes zweite Wort, das in ihm nachhallte war „Duke“.
 

„Ich wünschte, ich könnte das so sehen wie Sie“, murmelte Ryou neben ihm. „Ich hab Sie ja auch schon ziemlich tolerant eingeschätzt, aber dass sie das so cool aufnehmen, hätte ich irgendwie doch nicht gedacht.“ Der Satz ging fast in einem Nuscheln unter, doch dieses Mal ließ er Tristans Ohren spitzer und hellhöriger werden.

Was hatte er ungewöhnlich aufgenommen? In seinem Kopf spulte er noch einmal alles auf Anfang, was der Jüngere gesagt hatte und blieb dann, endlich aufmerksam, auf zwei Sachen hängen, die Ryou gesagt hatte: „mein Freund“ und „schwul“.

Das hatte er wohl, zu sehr in seinen Gedanken an seinen Fast-irgendwie-nicht-so-ganz-Ex-Sex-Freund, als selbstverständlich aufgenommen und es direkt zum anderen Ohr wieder hinausgeschoben, um in seinem Kopf mehr Platz für einen gewissen Schwarzhaarigen zu machen, den er doch eigentlich mit seiner heutigen Aktion komplett verbannen wollte.
 

„Manchmal sind Lehrer eben nicht so ätzend, wie Schüler gerne denken“, versuchte er sich mit ein wenig Humor zu retten, doch das Lachen in seinem Gesicht war eher schräg als aufrichtig.

„Und sollte dieser eine es wirklich in der Schule herum erzählen, dann versuch es doch mal so zu sehen, du musst es nicht mehr tun. Keiner kann dich in Verlegenheit bringen und du musst kein Spielchen spielen, das hat auch eine Menge Vorteile. Und es ist wirklich so, so sehr sich die anderen auch ihre Münder zerfetzen mögen über dich, früher oder später wirst du auch wieder langweilig.“

„Da haben Sie wohl wirklich Recht, man kann ruhig dazu stehen, wer man ist.“ Für einen Moment machte der Schüler eine nachdenkliche Miene und guckte angestrengt auf seinen eigenen Schoß, dann fing er an zu lächeln. „Danke!“

Hatte Tristan gedacht, er hätte sich bisher elend gefühlt, so hatte er sich ganz klar auf ganzer Linie getäuscht. JETZT fühlte er sich erst recht hundselend und miserabel, nachdem er so voller Vertrauen in seine eigenen Worte einem Schüler den Rat gegeben hatte, den er selber bezüglich Schule – auch wenn er kein Schüler war, sondern dort als Lehrer arbeitete – niemals befolgt hatte, sondern sich lieber weiterhin von Rafael Frauen vorführen ließ.

Konnte man diesen Tag bitte aus dem Kalender streichen?

Aber niemand kam seiner stummen Bitte nach und so musste er bis zu seiner Haltestelle in der U-Bahn sitzen bleiben, sich wünschend, dass der Tag wenigstens bald vorbeiging.
 

*
 

Es war nicht einmal früher Abend, als das Taxi am Straßenrand hielt und Joey dem Fahrer das Geld zuwarf, das Duke ihm für die Rückfahrt gegeben hatte. Eigentlich nur, damit er nicht mehr bei tiefster Nacht in der Bahn schäbigen und möglicherweise gefährlichen Typen über den Weg lief, aber angesichts seiner miesen Stimmung war ihm das jetzt egal gewesen. Hauptsache er kam schnell von Mai weg, denn jede Minute länger bei ihr hätte seine Peinlichkeit nur noch verstärkt.

Wieso musste eigentlich alles in seinem Leben im Moment so verdammt schief laufen und jetzt hatte er sich auch noch mit der einzigen Person in seinem Leben gestritten, die ihm wirklich wichtig war und vor allem, der er wirklich wichtig war.
 

Warum musste er auch so ein hirnverbrannter Trottel sein? Warum musste er so ein hirnverbrannter, hormongesteuerter, männlicher Trottel sein, das traf den Kern der Frage noch eher und würde sein Verhalten erklären, aber keinesfalls rechtfertigen.

Ein schöner Nachmittag hatte es werden sollen, er war extra noch in einer Videothek gewesen – wieso es immer noch Videothek und nicht DVD-Thek hieß, das schob er einzig und allein der Tatsache zu, dass zweites nicht so leicht von den Lippen kam wie ersteres – um einen von diesen Schnulzfilmen auszuleihen, die Mai so liebte.

Es hatte auch alles geklappt bis zu dem Punkt, wo er versucht hatte, aus ihren innigen Küssen mehr zu machen und die Ablehnung seiner Freundin nicht verstanden hatte.

Wieso hatte er überhaupt versucht, ausgerechnet heute das Thema Sex anzuschneiden, und dann nicht erst anzusprechen sondern direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, diese Frage wusste er sich jetzt nicht mehr genau zu beantworten.
 

Vielleicht hatte die Zeit bei seinem Onkel schon zu sehr auf ihn abgefärbt, doch das hoffte er nicht, schließlich war es doch genau das, was er an dem Schwarzhaarigen so sehr verabscheute, neben der Tatsache, dass er ein selbstgefälliges Arschloch war.

Vielleicht war es aber auch die Tatsache gewesen, dass er sich sehr nach etwas Liebe sehnte, die er trotz Mais Zuwendung einfach zu wenig abbekommen hatte.

Von all diesen Fragen und Selbstvorwürfen gequält, schloss er die Tür zu Dukes Apartment auf und machte sich seelisch und moralisch darauf gefasst, wieder lautes oder leises Stöhnen zu vernehmen. Fast hätte er intuitiv die Augen zugekniffen in Erwartung, zwei nackte, verschlungene Körper auf dem Sofa, der Küchenzeile oder sonst wo in seinem direkten Blickfeld zu sehen.
 

Doch was er sah, war nicht einmal annähernd seiner Vorstellung gerecht, nur schien sich Joey nicht sicher, ob es besser oder schlimmer war, als er zögerlich in die stockdunkle Wohnung eintrat. Einzig und allein die schwache, indirekte Beleuchtung eines Bücherregals, das für stimmungsvolles Licht sorgen sollte, verlieh der Szenerie ein wenig blasse Farbe.

Die Haare offen und verstrubbelt, das Hemd nur halb zugeknöpft und noch eine fast volle Flasche Cognac in der Hand, saß Duke breitbeinig und dennoch irgendwie flach wie das Elend höchstpersönlich auf der Couch und starrte an die Decke. Selbst als er den Mund öffnete, um den Teenager zu adressieren, noch erstaunlich klar klingend, hätte Joey doch bei diesem Anblick gewettet, dass die Alkoholflasche nur noch so voll war, weil er eine weitere bereits geleert hatte.

„Was machst du denn schon wieder hier?“

Als er nach ein paar Minuten keine Antwort bekommen hatte, erhob er sich schwerfällig, als hätte man ihm seine Adern mit Blei ausgefüllt.

„Verschwinde von hier!“

Joey erstarrte zu einer Salzsäule. Sollte er das jetzt ernst nehmen?

„Wo sollte ich denn heute noch hin?“ Er überspielte seine Unsicherheit mit einem schwachen, hektischen Lachen und zog sich seine Jacke aus, seine eigene schlechte Laune herunterschluckend.
 

„Ist mir doch egal, ich will dich jedenfalls heute Abend nicht hier haben! Und auch morgen nicht und nie wieder!“ Die Stimme des Schwarzhaarigen wurde mit jedem Wort lauter, drohender, doch anstatt dass seine Körpersprache im Einklang ertönte und er den Teenager in die Ecke drängte, zog sich Duke immer weiter zurück, stellte die Cognacflasche auf dem Tisch ab, nachdem er einen tiefen, kräftigen Schluck genommen hatte.

Sekundenlang herrschte Stille, dann spuckte der Schwarzhaarige angewidert und voller Ekel die bräunliche Flüssigkeit in die Spüle und murmelte etwas davon, dass es scheußlich schmeckte.

„Verschwinde, hab ich gesagt! Lass mich allein!“ Er schrie die Worte, er spie sie fast dem Kleineren ins Gesicht und Joey fühlte sich, als hätte sein Onkel ihn mit einem Holzpaddel oder einem Eisenrohr im Gesicht getroffen. Er hatte wirklich geglaubt, dass er zumindest für die nächste Zeit bei dem Schwarzhaarigen hätte bleiben können, dass er hier Unterschlupf gefunden hatte, doch der Blonde sah sich nun inmitten der Scherben seiner ansatzweise Heilen-Welt-Illusion stehen.

Tränen schossen ihm unwillkürlich in die Augen, nicht weil er hätte weinen wollen, aber der Schmerz, den er durch seinen ganzen Körper rasen spürte, war so real, als wäre er von einem fahrenden Auto überrollt worden.
 

„Lass mich allein, ich hab es verdient, allein zu sein …“

Es war immer noch Duke, der sprach, doch sein Gesicht, sein ganzer Tonfall sprachen eine vollkommen andere Sprache als noch vor wenigen Atemzügen, plötzlich klang er so, als wollte er nicht Joey damit bestrafen, sondern sich selbst, konnte das wirklich sein?

„Lasst mich doch einfach alle allein, so komm ich ohnehin am besten klar!“ Er schimpfte mit einer unsichtbaren Macht und voll Ärger drosch er mit seiner Faust auf die Kühlschranktür ein, doch alles, was es ihm brachte, war eine schmerzende Faust, zumindest schloss Joey das aus dem unterdrückten Jaulen und dem Phänomen, dass der Größere seine Hand schüttelnd durch die Luft fuchtelte, als ob er so den Schmerz wieder loswerden konnte.

„Hau ab!“

Duke machte ein paar Schritte auf den Blonden zu, stolperte über seine eigenen Füße, fluchte wieder und schmiss sich dann resignierend wieder aufs Sofa, halb liegend, halb sitzend, den Blick leer und traurig an die Decke gerichtet.
 

Joey hatte keine Ahnung, was hier abging und was es war, das seinem Onkel eine derartige Laune bereitete, doch mit jedem neuen Wort, jedem weiteren Blick war sich der Teenager sicherer, dass er doch nicht direkt das Haus verlassen musste, sondern sich der Schwarzhaarige vielleicht genau das Gegenteil von dem wünschte, was er sagte.

Schwer atmend, sich zwingend die Luftströme wieder in einen gleichmäßigen Rhythmus zu pressen, stand er da, wischte sich ein paar einzelne Tränen aus dem Gesicht und in seiner Brust hämmerte, pochte, explodierte sein Herz so laut von dem vorherigen Schock, dass es ihm schwer fiel, sich auf seine Gedanken zu konzentrieren, doch langsam kam seine Logik wieder.

„Duke, wie viel hast du getrunken?“

Sein Vater hatte sich beizeiten den Verstand weggesoffen, wenn er sich mit Problemen konfrontiert gesehen hatte, die ihm über den Kopf wuchsen und der Blonde wusste nur zu gut, dass mit Betrunkenen kein vernünftiges Gespräch zu führen war, zumal er nicht wusste, inwieweit Duke öfter solche Bedürfnisse hatte wie gerade, als er auf den Kühlschrank eingeschlagen hatte.
 

„Nur das, was in der Flasche fehlt“, lautete die genuschelte Antwort und ein schneller Blick verriet Joey, dass dieses bisschen, selbst wenn es sich um Hochprozentiges handelte, nicht ausreichte, um einen erwachsenen, einigermaßen trinkfesten Mann wirklich betrunken zu machen, zumal er Zeuge geworden war, wie sein Onkel den letzten großen Schluck fast komplett an den Ausguss weitergeleitet hatte.

Das war schon mal ein gutes Zeichen, also konnte er auf einen Gesprächspartner hoffen, der wenigstens theoretisch bei klarem Verstand war, auch wenn dieser ihm von Wut, Hass, Trauer, Angst – welche Gefühle nun genau, das wusste der Blonde noch nicht zu sagen – getrübt wurde.

„Aus Frust trinken führt zu nichts, aber es tut gut, eine volle Flasche in den Händen zu halten, zu wissen, man könnte sich die Birne weich trinken und es dennoch nicht zu tun. Viel besser als nichts mehr um sich herum mitzukriegen.“

Duke sprach leise, fast als wenn es ihm peinlich war, es laut auszusprechen, da diese hohe Form von Einsicht so gar nicht zu dem Lebenskonzept passte, das er Joey bisher vorgelebt hatte, doch eine positive Überraschung war etwas, die der Blonde gerne erlebte.
 

Der Schwarzhaarige rutschte vom Sofa herunter, saß nun auf dem Teppich davor, den Kopf in den Nacken gelehnt, den Rücken gegen die Seite des Möbelstücks, die Füße herangezogen, die Hände auf den Knien. So saß er einfach eine Weile da, ohne sich zu bewegen, dann warf er einen einladenden Blick zu dem immer noch regungslos herumstehenden Teenager und bedeutete ihm, sich neben ihn zu setzen.

Da waren sie nun, im Dunkeln, auf dem Boden angekommen, genauso wie sich jeder von ihnen auf seine eigene Weise aus seinen eigenen Gründen fühlte. Gemeinsam versank jeder in seinen eigenen Gedanken, noch düsterer als das Zimmer, ohne ein schwaches Stimmungslicht, doch dann war es Duke, der die Stille durchbrach. Ohne ein Räuspern, ohne ein Luftholen oder Seufzen, teilte er dem Blonden mit, was ihm auf den Herzen lag.

„Tristan ist weg.“

Schweigen.

„Und er kommt auch nicht wieder dieses Mal. Es ist meine Schuld, also kein Grund zu jammern.“

Jetzt seufzte er, holte tief Luft und seufzte erneut, offenbar den Moment des folgenden Satzes hinauszögernd.

„Aber ich glaube, ich liebe ihn.“
 

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Kapitel 15 -Ungeahnte Seiten- zensiert

Hier eine jugendfreie Variante (16+) von dem Kapitel.
 

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Kapitel 15 – Ungeahnte Seiten -zensiert
 

Seto ließ das Handgelenk des Bunthaarigen los und schloss die Tür hinter sich. Mit einem Schlag wurde es dunkel in dem Zimmer, das außer dem schwachen Schein der Straßenlaterne, der auch noch durch einen Vorhang durch musste, derzeit über keine weitere Lichtquelle verfügte.

Es dauerte einen Moment, bis der Bunthaarige sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, doch dann löste er sich aus seiner anfänglichen Verwunderung über die Direktheit, mit der Seto ihn langsam Richtung Bett drängte.

„Ich schätze es ja, dass du genau dort weitermachen willst, wo wir unterbrochen worden sind, doch jetzt haben wir ein bisschen mehr Zeit und es wäre doch schade drum, wenn es schon wieder so schnell vorbei ist.“

Yami lächelte verschmitzt und tastete auf dem Nachttisch, zu dem er rüber gehuscht war, nach einer Lampe, die auch direkt in einer sehr gedimmten Stufe ansprang, als er sie berührte, offenbar eine mit Touch-Kontrolle. Da fragte er sich doch, ob auch der Besitzer dieser Lampe auf seine Berührungen hin ansprang, eine Sache, die er schnellstmöglich beantwortet wissen wollte. Doch vorerst musste er den Braunhaarigen, der sich bereits die Krawatte vom Hals lösen wollte, ein klein wenig ausbremsen, und so führte er die fremden, warmen Hände auf seine Schulter, während er nach dem bereits gelockerten Stoffstück griff und den Größeren daran zu sich herunter zog, um an dessen Unterlippe zu knabbern.
 

Währenddessen, ohne in einen wirklichen Kuss überzugehen, drehte er sie beide leicht und unbemerkt so, dass er Seto, der damit so gar nicht gerechnet zu haben schien, aufs Bett schubste, ihn aber an der Krawatte so festhielt, dass er nicht ganz nach hinten kippte, sondern in einer sitzenden Position Halt machte.

„Sehe und staune!“, raunte er ihm mit einem rauchigen Tonfall ins Ohr und löste sich dann von dem Sitzenden, um ein paar Schritte zurückzutreten, sodass er Yamis ganzen Körper von oben bis unten betrachten konnte.

Der Bunthaarige genoss es, von den Blicken des anderen ausgezogen zu werden und labte sich einige Augenblicke an dem aufflammenden Verlangen, das er in dem Eismeer der fremden Augen lesen konnte, doch dann beschloss er, dass es an der Zeit war, endlich ein paar Hüllen fallen zu lassen.

Langsam, wie zu dem Takt einer stummen Melodie, lupfte er sein Shirt ein wenig, sodass seine Hüfte bereits frei lag und den Blick auf den Bund seiner dunkelroten Boxershorts freigab, der ganz klar den Bund der Jeans überragte.
 

Mit Genugtuung stellte er fest, dass die Augen des anderen an seinen Fingerspitzen klebten, mit denen er über seine eigene Haut huschte und den Stoff Zentimeter für Zentimeter weiter zurückdrängte, solange, bis er sich mit durchgestrecktem und angespannten Oberkörper – er war bei Gott nicht durchtrainiert, aber ein bisschen mit dem wenigen, was man hatte, zu posen, war ja wohl erlaubt – das Kleidungsstück endlich über den Kopf zog und es mit breitem Grinsen in Setos Richtung, allerdings knapp an ihm vorbei auf den Boden pfefferte.

Während der andere dieser Bewegung folgte, zerrte er sich schnell die Socken von den Füßen, da ihm bisher noch kein eleganter Weg eingefallen war, sich dieser beim Sex sehr unerotischen Kleidungsstücke zu entledigen. Wenn er jemanden traf, der ihm verriet, wie man das vernünftig einbauen konnte, so wäre Yami bereit gewesen, viel Geld dafür zu bezahlen, auch wenn er mit seiner Ablenkungsmethode bereits ganz zufrieden war.
 

„Willst du noch mehr sehen?“

Er flüsterte mit belegter Stimme, gerade so laut, dass Seto ihn verstehen konnte und es dennoch ein klein wenig geheimnisvoll klang. Als Antwort erhielt er ein Nicken und der Größere knöpfte sich bereits unauffällig sein eigenes Hemd auf.

Yami kam einige Schritte auf den Brünetten zu und nahm eine Hand von ihm, um sie an seinen Hosenbund zu legen, als Aufforderung, dass er für die schwere Aufgabe, einen Knopf und einen Reißverschluss zu öffnen, seine Hilfe benötigte.

Da Seto seine ihm auferlegte Aufgabe sehr ernst zu nehmen schien und sich äußerst sorgfältig daran machte, die Jeans ohne rohe Gewalt, sondern nur mit dem Geschick seiner Finger zu öffnen, rieb seine Handfläche besonders oft über die stetig anschwellende Körpermitte des Fotografen, dessen Atmen sich zwischenzeitig in unterdrücktes Keuchen verwandelte.
 

Es schien eine angenehme Ewigkeit zu dauern, bis die Hose endlich so locker saß, dass Yami sie sich bequem und in einer einzigen, geschmeidigen Bewegung an den Beinen entlang herunter zog, um dann aus dem am Boden liegenden Stoffberg zu steigen.

„Und jetzt zu dir …“ Er schnurrte, dennoch klang es fast wie eine kleine Drohung, und zog Seto an der Krawatte wieder vom Bett, sodass dieser nun vor ihm stand.

Er spürte fast, wie die Spannung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, knisterte.

Seine Hände holten den Kragen des Hemdes unter der Krawatte, die er zum Kontrollwerkzeug über den Braunhaarigen umfunktioniert hatte, hervor, sodass er das bereits geöffnete Hemd einfach über die Schulter ausziehen konnte.

Wieso war ihm bisher nie aufgefallen, welche Anziehungskraft Krawatten haben konnten, besonders wenn sie ohne etwas darunter auf nackter Haut getragen wurden. Vielleicht sollte er damit mal eine kleine Fotoreihe machen, doch dann stände er vor der schweren Aufgabe, Männer zu finden, denen das kleine Stückchen Stoff auch so natürlich gut stand wie dem Exemplar Mann, dessen Hände sich gerade auf seinen Hintern legten und ihn mit der Hüfte ganz eng an sein Gegenüber herandrückten.
 

Ganz deutlich konnte er spüren, dass er nicht der einzige war, der Gefallen an seiner kleinen Aktion gefunden hatte, und als seine Finger nun an Setos Gürtel nestelten, um – mittlerweile etwas ungeduldiger geworden – die Hose schnellstmöglich in Richtung Boden zu befördern, ertastete er durch den dünnen Stoff eines Boxerslips eine vielversprechende Erhebung.

Und dass die hielt, was sie versprach, wusste er ja bereits zu bestätigen, ein großer Vorteil, der böse Überraschungen für diese Nacht zum Glück ausschloss.

Yami knabberte an der weichen Haut an Setos Hals, als dieser sich etwas vornüber beugte, um seine Hände in Yamis Shorts gleiten zu lassen. Schlanke Finger zogen neckische Kreise auf seinem Hintern, den Hüftknochen und streiften schließlich seine Erregung, wenn auch nur für kurz, denn dann verschwanden sie wieder, mit dem neuen Ziel, die gesamten Shorts herunter zu zerren.
 

Jetzt hatte auch der Fotograf keinen anderen Trick mehr auf Lager, als es seinem Gegenüber gleichzutun und ihm ebenfalls das letzte störende Stück Stoff – außer der Krawatte, die er nicht als störend, sondern eher antörnend empfand – herunter zu ziehen und sich an ihn zu schmiegen.

Ihre Körper, erhitzt in Vorfreude, drängten sich aneinander, nackt und jeder Zentimeter Haut, der berührt wurde, begann zu kribbeln.

Der Bunthaarige ließ seine Hüften kreisen und rieb sich an dem Größeren, beide keuchten überrascht auf und als Seto ihm leise etwas ins Ohr stöhnte, dessen Wortlaut er nicht genau verstanden hatte, sich aber dennoch sicher war, dass es etwas versautes gewesen sein musste, konnte er nicht anders, als Seto zu sich herunter zu ziehen und dessen Lippen mit seinen eigenen zu versiegeln.

Für einen Moment knabberte er nur an ihnen, wie er es bereits zuvor getan hatte, doch dann spürte er die Hand des Größeren in seinem Nacken, die andere an einer ganz speziellen Stelle. Da war es um ihn und all seine guten Vorsätze geschehen, er öffnete seine Lippen einen Spalt und wurde direkt in einen innigen, verbindenden Kuss verwickelt.
 

Die einzige Regel, die er jemals von Duke übernommen hatte, war zugleich die einzige, die er selber für wirklich sinnvoll hielt: Küsse niemals einen One-Night-Stand auf die Lippen und mit Zunge. Doch genau das tat er gerade, ohne das schlechte Gewissen, das ihn quälen sollte, sondern mit immer größer werdender Leidenschaft.

Aber genau genommen war Seto ja auch gar kein One-Night-Stand mehr, schließlich war es bereits das zweite Mal, dass sie drauf und dran waren, Sex zu haben. Andererseits war das erste Mal nicht nachts gewesen, galt es daher überhaupt?

Jetzt war es ohnehin zu spät, also fügte Yami in seinem Kopf einen Unterpunkt zu seiner Regel hinzu. Heiße, verlangende Küsse mit einem One-Day-and-One-Night-Stand, der nicht so wirkte, als wenn er solche in einer Tour hätte und dann auch noch so unwiderstehlich mit Krawatte aussah wie Seto, waren vollkommen in Ordnung.
 

„Ich finde, ich habe mich lange genug geduldet“, raunte der Braunhaarige mit dunkler Stimme und beförderte Yami mit sanftem Druck unter sich auf das Bett. Seine Handgelenke umfassend und in die weichen Kissen drückend, stahl er sich immer wieder flüchtige Küsse.

„Kondome?“, murmelte Yami atemlos in einer kurzen Kuss-Pause und räkelte sich verführerisch unter dem Größeren, sodass ihre Hüften sich abermals aneinander rieben.

„In der Schublade.“

Warum hatte er eigentlich gefragt? Gab es einen Nachttisch und hatte dieser eine Schublade, so waren Kondome, Gleitgel, Taschentücher, Pornoheftchen, Sexspielzeug und alles, was man sonst noch mit diesem Thema in Verbindung bringen konnte, IMMER darin und nirgends anders.

Er räkelte sich unter dem Größeren und schaffte es gerade so, mit einer Hand die Schublade ein Stückchen zu öffnen und darin herumzutasten, während ihm ein weiterer, äußerst inniger Kuss mit viel Nachdruck fast den Verstand raubte.

Doch auch nach minutenlangem Suchen fand er nichts weiter als eine kleine Pappschachtel, die sich – sobald Yami es trotz Kuss schaffte, den Kopf leicht zur Seite zu drehen und zu gucken – als noch unbenutztes, originalverpacktes Zehnerpack Kondome entpuppte.
 

Da hatte er doch glatt gedacht, er wäre die einzige sexuell chronisch vernachlässigte, menschliche Lebensform in seinem Umfeld gewesen, aber Seto hatte anscheinend auch schon länger keinen Gebrauch mehr für die dünnen Latexschichten gefunden, sonst wäre die Packung nicht noch zugeklebt gewesen. Vor allem aber schien der Braunhaarige wohl nicht damit gerechnet zu haben, sie so schnell wieder zu brauchen.

Doch das sollte ihm jetzt erst einmal egal sein, solange man es Seto selber nicht auch anmerkte, dass er sich einige Zeit im Standby-Modus befunden hatte, – und das war ganz sicherlich nicht der Fall – war Yami zufrieden.
 

Kaum hatte der Bunthaarige die Packung so weit geöffnet, dass er ein kleines Päckchen bereit zum Gebrauch neben sie beide auf die Matratze gelegt hatte, schmiss er den Rest irgendwohin und widmete sich jetzt wieder dem Größeren, der jetzt seine Handgelenke wieder mit einem Arm in die Kissen drückte, mit der anderen Hand Yamis Seite entlang strich, bis er mit den Fingern erst federleicht über seine Körpermitte strich und dann tiefer wanderte.

„Was willst du, das ich tue?“

Der Fotograf erschauerte bei diesen Worten. Da stand wohl einer auf Dirty-Talk, welche Überraschung, aber im Grunde sollte er mittlerweile gelernt haben, dass der andere in Sachen Sex anscheinend für Überraschungen gut war, da er noch in voller Montur mit seinem Anzug nicht den Anschein gemacht hatte, als ob er sich überhaupt genug hätte gehen lassen können für genussvollen Sex.
 

„Wie wäre ein Finger …“ Kaum ausgesprochen spürte er auch schon den sanften. „… und dann … was anderes.“

Er biss sich auf die Lippen und bewegte seine Hüfte dem anderen entgegen.

„Was meinst du mit ‚anderes‘?“

Gott, Seto wollte es jetzt aber wissen.

Einen Moment zögerte der Bunthaarige und suchte die richtigen Worte zusammen, dann schlang er seine Arme um den Hals des Größeren, knabberte an dessen Ohrläppchen und stöhnte ihm dann ins Ohr: „Ich will…“ Den Rest flüsterte er so leise, gerade noch für Seto verständlich.

Offenbar hatte er damit etwas mehr den Geschmack des Braunhaarigen getroffen, der jetzt mit seiner freien Hand selber noch einmal in der Nachttischschublade herumwühlte und dann genau das vorbereitete, was Yami ihm auf solch erregend vulgäre Weise zugeflüstert hatte.
 

Ihre erhitzten Körper waren beide angespannt und noch während ihrem Kuss, in akrobatisch anmutenden Verrenkungen, drehte der Fotograf sich herum auf alle viere, bis er schließlich den Kuss löste, als Zeichen dafür, dass er nicht länger warten wollte.

Er spürte Finger seinen Rücken herunter streichen und eine Gänsehaut hinterlassen, dann kam Seto seiner vor kurzem so deutlich formulierten Aufforderung nach, während sie zusammen im Kanon stöhnten, jeweils von den wollüstigen Lauten des anderen noch mehr angestachelt.

Einen Moment lang, allerdings nur einen kurzen, hielten sie in ihren Bewegungen inne, das Gefühl einfach genießend, doch dann wanderte Setos Hand unter den Körper des Kleineren mit der Intention ihn zu verwöhnen.
 

Yamis Finger krallten sich in die Decke und Kissen unter ihnen, zeitweise vergrub er sein Gesicht, da er dachte, so laut wie er war, müsste ihn doch irgendwer hören, egal wie dick die Wände waren.

Sie genossen beide jede Sekunde ihrer Vereinigung.

Und nach einer Zeit, von der keiner sagen konnte, ob sie nun kurz oder eine halbe Ewigkeit umfasst hatte, krallte Seto sich in die Hüfte unter ihm, stöhnte gegen die weiche Haut des Rückens, verkrampfte und kam zu seinem Höhepunkt.

Er sackte ein wenig zusammen und unter dem Gewicht gaben auch Yamis Arme nach, sodass er sich mit den Ellbogen abstützten musste, doch viel Zeit zum Verschnaufen ließ Seto sich selber nicht, dann zog er sich aus dem Bunthaarigen zurück und drehte diesen unter sich mit sanfter Gewalt auf den Rücken.
 

„Willst du, dass ich dich auch kommen lasse?“

Die eigentlich überflüssige Frage drang nur dumpf bis zu Yami vor, der immer noch eingehüllt in die Schleier der Lust schwer atmend und unbefriedigt in den Kissen lag. Er nickte außer Atem und glaubte fast zu vergehen.

Er hatte es noch nie so intensiv wahrgenommen, wenn einer seiner Partner gekommen war, doch bei Seto hatte er fast das Gefühl gehabt, den Orgasmus selber zu erleben, obwohl das nicht der Fall gewesen war und ihm seine Erlösung noch bevorstand.

„Sieh mich an!“

Ein sanfter Tonfall lag in diesem Befehl und als Yami direkt in das tiefblaue Paar fremder Augen starrte, spürte er den festen, bestimmten Griff um seine Erregung.

Seto konzentrierte sich jetzt offenbar nur darauf, den Bunthaarigen auch über die Klippe zu befördern und seine Finger erhoben ihn geschickt in andere Sphären, bis er endlich so laut wie bisher nicht – mangels eines Kissens in das er beißen konnte – zu seinem eigenen Höhepunkt kam.
 

Dann endlich konnte er dem hypnotischen Blau widerstehen und schaffte es keuchend, die Augen für einen Moment zu schließen, doch vorher noch meinte er zu sehen, wie der Braunhaarige seine eigene, befleckte Hand zum Mund führte und sie mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen ableckte.

Doch da musste ihm sein immer noch Achterbahn fahrendes Bewusstsein einen Streich gespielt haben, Seto hätte das bestimmt nicht getan.



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Von:  Sammy5522
2015-10-07T06:02:38+00:00 07.10.2015 08:02
Hi. Schreibst du weiter????? Würde mich aufjedenfall freuen.

LG sammy
Antwort von:  trinithy
07.10.2015 09:35
Nein..wohl eher nicht.. Sorry..die Geschichte ist zu lange tot...
Von:  jyorie
2012-12-04T18:46:24+00:00 04.12.2012 19:46
Hey :D

*schnief* schade das die FF nicht weiter geht. Wirst du sie irgendwann wieder aufnehmen?

*dich knuddel* ich mag Ryou der ist niedlich :D hab mich gefreut, das Tristan ihn gerettet hat!

In einem Vorigen Kapi konnten deine Charas alle nicht schlafen, nun zählst du der Reihen nach
auf, bei denen etwas schief gegangen ist. Hoffentlich kommen nicht noch mehr Unglückliche^^

Irgendwie hat mich das Kapi gerade etwas mit runter gezogen, gut das Joey nicht gleich getürmt
ist, ist zwar etwas seltsam für DEN Duke aber vielleicht tut es ihm ganz gut jetzt mal mit dem
Blonden zu reden. Vielleicht tröstet er ihn danach auch wegen Mai.

Hat mir ebenfalls insgesamt sehr gut gefallen, diese FF, wie du sie aufgezogen und vorbereitet hast
und auch was deine Charas erleben und wie sie sich (Duke) doch etwas wandeln. Ich hoffe
wirklich, dass du vielleicht irgendwann die Muse findest diese FF fortzusetzten.

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2012-12-04T18:46:09+00:00 04.12.2012 19:46
Hey :D

Bei Yami und Kaiba geschehen ja ungewöhnliche Dinge XD jeder tut etwas
was er sonst nicht tut. *schmunzel* schön das sie sich so „verstehen“ und gut
zusammen passen.

Wenn Moki wüsste, wie nah ihm sein Bruder da schon war, und wenn Seto wüste,
wenn Yami da eingestellt hat. :D Du hast es aber auch verzwickt gut eingefädelt.

Da hat sich Duke wohl sein eigenes „Freundschafts-Grab“ geschaufelt. Bin gespannt,
ob er Tristan nachläuft und etwas an ihrer Situation ändert, oder ob er so skrubel-
los ist und sich einen neuen Sucht. Aber ich hoffe ja, da er sich auch schon etwas
zu Joey gebessert hat, das er langsam mal runter kommt :D

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2012-12-03T21:05:46+00:00 03.12.2012 22:05
Hey :D

wow ein tolles Kapitel!

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2012-12-03T21:05:29+00:00 03.12.2012 22:05
Hey :D

*kischer* ich find es witzig mit welchem Satz Duke Yami dazugebracht hat nicht mit
ihm zu tanzen, und das Timing war ja wirklich mehr als perfkt, damit er Kaiba wieder
getroffen hat!

Oh, ich dachte Duke und Tristan treffen sich, aber ja, ich kann ihn verstehen, das ist
verletzend, wenn er sich inzwischen in den Schwarzhaarigen verliebt hat.

Seto und Yami sind zu ihm unterwegs, lol sehr interessante Führung, na Yami wird es
wohl recht sein, das er gleich die Führung im richtigen Zimmer bekommt?

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2012-12-03T21:05:01+00:00 03.12.2012 22:05
Hey :D

Oh Mann, Yami ist vielleicht ein Chef. Der legt es sich aber auch zureckt wie er es am
besten braucht XD selbst zuspät kommen und die Schüler ins Kassenbuch eintragen .. äh ..
ne .. den neuen Angestellten Anschwärzen und ihm ein schlechtes Gewissen machen^^

Bitter süß, das/wie er Mokuba verunsichert/anflirtet^^

*heiß* wie Duke versucht Yami herum zu bekommen, das er ihm verrät, was da mit
Kaiba gelaufen ist. Und das Joey so reagiert XD Schade nur das er den Satz von Duke
nicht gehört hat, das er bleiben darf.

*grins* ich kann mir schon denken, wen Duke und wen Tristan da heute abend treffen
werden XD

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2012-12-03T21:04:34+00:00 03.12.2012 22:04
Hey :D

irgendwie ein süßer Beginn für das Kapitel. Wie so ein Mehrfach Monitor auf denen
alle abgebildet sind, deren Leben sich irgendwie innerhalb der letzten beiden Tage
gekreuzt oder verbunden hat. Und alle hängen ihren eigenen Gedanken nach, die sie
vom Schlafen abhalten.

Also mach Kaiba das alles nur um vielleicht irgendwann seinen Bruder zu finden, oder
er tut es, damit es diese Kinder vielleicht mal besser haben als er, …

*schmunzel* ja, so wie Duke Yami beschreibt, ist es tatsächlich ein wunder das er sich
auf Kaiba eingelassen hat. Hi hi, das kratz wohl an seiner Ehre.

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2012-12-03T21:04:01+00:00 03.12.2012 22:04
Hey :D

Duke ist wirklich schlimm, dass er Joey zu so einem Ort mitnimmt und ihn als
neue Flamme ausgibt, na wenigst kann sich der kleine wehren, aber wenn andere
ihn für Süß genug finden, das er Tatsächlich die Eroberung sein kann, muß Duke
das doch mal zu denken geben XD
Interessant waren auch die ganzen Infos über die kleinen Silbernen Tütchen, wußte
ich garnicht.
Um Yami und Kaiba muss es ja wirklich geschehn sein, das die beiden alles um sich
herum total ausgeblendet haten. *schmunzel* XS
Am besten fand ich wieder Joey Reaktion *ich bin blind, ich bin blind*

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2012-12-03T21:03:36+00:00 03.12.2012 22:03
Hey :D

lol Duke ist sehr unkonventionel mit seinen Terminen, er sollte sich mal einen
Terminplaner zulegen … Obwohl in dem Fall wird Yami ja noch sehr froh sein
(sorry ich habe gelunst) das Duke nicht da war. Die beiden hat wohl “liebe auf
den ersten Blick” getroffen, ich hätte es Kaiba nicht zugetraut, so direct und offen
auf Yami zuzugehen :D

Ich bin mal gespannt, wie es mit Duke und Joey weitergeht, auch wenn die beiden
eine erste Annäherung hatten, wird es wohl noch einige Fetzten geben die da fliegen
warden, auch irgendwie knuffig, dass er solche Gedanken vorschiebt nur um sich nicht
einzugestehen, das er sich um Joey kümmert. (So schreibe ich gern Szenen mit Bakura,
weil der würde ja auch nie jemand was gutes Tun^^)

CuCu Jyorie


Ps. übrigens ein cooler Titel für das Kapitel XD
Von:  jyorie
2012-12-01T20:39:04+00:00 01.12.2012 21:39
Hey :D

uhi Mai kommt zu Besuch und Joey ist befördert worden von Nerven-
säge zu Nervensäge mit Schlüssel. Irgendwie süß, wie du Joey beschrieben
hast und wie er Mai vermisst hat und sich in ihren Haaren vergäbt.

lol Mokuba ist auch dabei, er wird doch nicht ausgerechnet Kaiba suchen?
Ja, der Chara taucht wirklich überraschend auf! Und es war auch überraschend
das Yami einen Shop hat, schon witzig das er ihn einfach mal so einstellt *freu*

Oh, ist das der Punkt an dem Duke umdenken wird, als er sich an sich selbst
erinnert hat, als der Joeys Augen bei dem Rauswurf gesehen hat, schade das
Mai schon wieder fährt, oder sagte sie das nur so weil sie gerade gehen, weil
wenn sie weiter geknuscht hätten, hätte sie ja die Bahn verpasst.

CuCu Jyorie



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