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クレージー

>>.CrAzY.<<
von

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Ich verstehe nicht, was los, ist. Überall so viele Menschen, überall. Sie reden, aber ich kann nicht versteh was. Wo bringen sie mich hin?!

Ich habe Panik, liege auf diesem Bett, unfähig mich zu rühren. Der Schlauch, der mir zuvor durch den Hals in den Magen eingeführt wurde, ist unangenehm. Ich will, dass er verschwindet. Lass mich alle in Ruhe, ich habe Kopfschmerzen!

Aber ich kann nichts sagen. Dieser elendige Schlauch.

Ein stechen in meinem linken Arm und ein Blick dorthin sagt mir, dass sie mir etwas spritzen. Mir wird noch übler. Der Schlauch wird wieder heraus gezogen und ihm folgt alles, was ich bis dahin im Magen hatte heraus. Ich kann mich gerade noch so zur Seite beugen, spüre nicht einmal die helfende Hand in meinem Rücken, die mich halb aufrichtet und dann wieder zurück drückt. Ich kann nicht mehr, muss diesen Leuten endlich sagen, was los ist.

„Mein Handgelenk.“, hauche ich leise, blicke überall hin, sehe durch das Fenster in einer Tür einen Mann. Ich kenne ihn.

„Keine Knochen mehr...“

Besagtes Handgelenk schmerzt. Ich spüre es, aber ich kann es nicht bewegen. Es sind keine Knochen mehr darin!

Jetzt weiß ich, wer der Mann ist. Mein Lehrer. Ich starre ihn an und er wendet sich ab. Alles dreht sich und dann schlafe ich nur noch selig ein. Endlich all meine Sorgen vergessend. Mein Handgelenk...
 

~zwei tage später~
 

Ich sitze auf einem bequemen Sessel in meiner Hand halte ich eine Zigarette, führe sie ein wenig zittrig zu meinen Lippen und ziehe den beruhigenden Dunst in meine Lungen. Er lässt meine Gedanken ein wenig zur Ruhe kommen, lässt mich wieder runter kommen und entspannen.

„Wie geht es ihnen?“, fragt mein Gegenüber und ich hebe denk Blick von meinem bandagierten Handgelenk. Darunter ist alles blau, das weiß ich und es wird auch noch eine Weile blau bleiben. Gestaucht, sagen die Ärzte. Aber ich weiß, dass es nicht stimmt.

„Sagen sie es mir.“, gebe ich dann zurück, als mir klar wird, dass ich dem Mann vor mir noch eine Antwort schulde, ziehe erneut an meiner Zigarette und sehe den anderen argwöhnisch an.

„Sie sind hier der Psychiater, also wissen sie doch am Besten, wie es mir geht, nicht wahr?“

Ich weiß, dass ich mich patzig anhöre, doch wirklich Lust das zu ändern verspüre ich nicht.

„Toshimasa-kun,“, wie ich es doch hasse, dass dieser Kerl sich die Dreistigkeit heraus nimmt, mich beim Vornamen zu nennen. „eigentlich tue ich so etwas nicht mehr. Nur weil ich ein Freund ihres Vaters bin und er mich darum gebeten hat. Erzählen sie mir einfach wie sie sich fühlen.“

Einen Augenblick denke ich nach, horche in mich hinein, doch da ist nichts.

„Ich... weiß es nicht.“, sage ich wahrheitsgemäß, sehe den Psychologen mir gegenüber immer noch argwöhnisch an.

„Wieso haben sie das getan?“

„Was getan?“, frage ich zurück, hebe eine Augenbraue und ziehe erneut an meiner Zigarette, meinem einzigen Freund, wie es mir vorkommt.

„Toshimasa-kun, sie haben vor zwei Tagen versucht sich umzubringen!“

„Ich habe nicht versucht mich umzubringen.“, fauche ich schon beinahe, beuge mich leicht vor und funkle den Mann an. Doch ich bin ruhig. Bin ich immer.

„Sie haben eine Packung Aspirin geschluckt! Und diese mit einer Flasche Wodka runtergespült. Meinen sie nicht, dass das...“

„Ich hatte Kopfschmerzen!“, unterbreche ich den Mann unhöflich, lasse mich wieder in meinen Sessel zurücksinken – Entspannung - und sehe den anderen triumphierend an, drücke meine Zigarette in einem Aschenbecher neben mir aus, nur um kurz darauf eine neue zu entzünden. Dieser Mann regt mich auf.

„Sie hatten also Kopfschmerzen.“, auch der Psychiater lehnt sich zurück, legt die Fingerspitzen aneinander und sieht mich prüfend über diese hinweg durch seine Brillengläser an.

„Und weiter? Erzählen sie mir, was passiert ist.“

Ich lache freudlos auf, nehme die Zigarette zwischen meine schmalen Finger und stoße den Rauch aus. Es ist kein Lachen in dem Sinne. Ist Lachen nicht fröhlich? Aber ich weiß nicht, wie man es sonst nennt. Freudlos lachen... ist irgendwie ein Widerspruch in sich, nicht wahr?

„Wie soll man einem Wissenschaftler so etwas erklären?“, frage ich, lege den Kopf leicht ungewollt schief und starre meinen Gegenüber an.

„Was erklären?“

Ich höre den Laut eines Hundes, ein scharfes Bellen, das mich die Augen zusammen kneifen lässt.

„Was?“, frage ich. Ich habe nicht verstanden, der Hund war zu laut. Kann ihn nicht jemand ruhig stellen?

„Was erklären?“, stellt der Mann mir die Frage geduldig erneut und diesmal verstehe ich, antworte auch verächtlich.

„Erklären, dass die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt sein können.“, meine Stimme klingt leicht kratzig, rasch ziehe ich erneut an meiner Zigarette – immer noch nicht hektisch - schaue wieder auf mein Handgelenk.

„Dass Dinge sich vom Boden lösen... von alleine nach oben fliegen?!“, es ist eine halbe Frage. Er wird sie nicht beantworten können.

„Dass Knochen plötzlich verschwinden und nur noch einen stechenden Schmerz zurück lassen?“, ich blicke auf, versuche in den Augen meines Gegenübers zu lesen. Doch sie sind unergründlich. Ich sage doch. Er hat keinerlei Antworten.

„Ich habe nicht versucht mich umzubringen.“, bringe ich heiser hervor, räuspere mich.

„Ich wollte nur, dass diese ganze... Scheiße endlich aufhört.“

„Was aufhört?“

„Diese Schmerzen, in meinem Handgelenk. In meinem Kopf. Also nahm ich die Tabletten.“, erkläre ich leise, nehme wieder einen tiefen Zug. Ruhig bleiben.

„Aber wie konnten sie die Schachtel nehmen, wenn sie doch keine Knochen hatten?“

Argwöhnisch wie zuvor starre ich den Arzt an.

„Da waren sie wieder für einen Moment da.“, sage ich trotzig, sehe plötzlich den Hund, der mich vorhin nicht hat verstehen lassen.
 

„Yoroko, sei still!“, sagte meine Mutter zu dem Hund in der Küche, blickte mich dann an.

„Toshimasa, wie siehst du denn aus?“, zischte sie mir zu.

„Wir haben Gäste, kannst du dich denn nicht etwas ordentlicher anziehen? Nicht zumindest für deinen Vater?“

Es war Vaters Geburtstag und ich sollte mal wieder als Vorzeigekind dienen. Aber ich hatte einfach keine Lust dazu, wollte diese ganzen Leute nicht sehen. Ich wollte eigentlich nur in mein Zimmer, Musik machen und mich entspannen.

Aber nein, diese ganzen Leute kannten mich schließlich auch und es machte einen schlechten Eindruck, wenn das einzige Kind nicht auf der Geburtstagsfeier des Vaters erschien.

„Komm, sag den Leuten ‚guten Abend’.“, wies mich meine Mutter auch sogleich an, schob mich vor sich her in unser Wohnzimmer, dass mit bekannten Gesichtern nur so gefüllt war.

„Seht nur, wer da ist!“, rief meine Mutter und ich zwang mir ein halbherziges Lächeln aufs Gesicht.

„Hallo.“, murmelte ich den Leuten zu, bekam auch sogleich einen leichten Knuff von meiner Mutter in die Seite und gab mir mit dem Lächeln ein wenig mehr Mühe.

Ich begrüßte hier und da die verschiedensten Leute, doch dann sah ich eine Frau in der Menge, mit der ich nicht reden wollte. Ganz sicher nicht. Es war die Frau meines Professors. Doch als ich versuchte hinter meiner Mutter in Deckung zu gehen (war eh nicht leicht, sie war einen Kopf kleiner als ich), hatte sie mich auch schon entdeckt, rief meinen Namen und kam auf mich zu. Strahlend.

„Toshimasa-kun. Wie schön, erinnerst du dich an mich?“, fragte sie freudestrahlend.

„Guten Abend, Matsumoto-san.“, gab ich mit der schlechtesten Imitation eines Lächelns von mir, dass ich hinbekam. Aber sie schien es nicht zu bemerken.

„Wie geht es dir?“, fragte sie mich, sah sich um und rief dann nach ihrem Mann.

„Schatz, komm mal her. Sieh doch, wer da ist.“, strahlte sie und ich merkte, wie ich blass wurde. Alles nur nicht das!

Doch ihr Mann rettete mich, lächelte und meinte nur:

„Komm, Hani ich hab da jemanden getroffen, mit dem ich dich bekannt machen muss.“, mir warf er nur noch einen mahnenden Blick zu, der mich schwer ausatmen ließ. So schnell ich konnte verschwand ich in mein Zimmer und schloss die Tür ab.

Ich hatte genug für diesen Abend, sollte mein Vater doch seinen Geburtstag alleine feiern!

Rasch zog ich mir meine eh recht lockeren Sachen aus und ein weites T-Shirt über, als es an der Tür klopfte. Leise. Vorsichtig.

„Toshimasa?“, die leise Stimme meines Lehrers und einen Augenblick überlegte ich, ob ich so tun sollte, als ob ich schliefe. Doch dann entschied ich mich anders, trat zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit.

Ein Lächeln lag auf Matsumotos Gesicht und er versuchte sich an mir vorbei in mein Zimmer zu schieben. Doch ich hielt die Tür zu, starrte ihn nur an.

„Komm schon. Lass mich rein.“, flüsterte er leise, sah mich mit dieser Gier in den Augen an, von der mir übel wurde.

„Nein, es war eine einmalige Sache.“, meine Stimme drohte zu beben, doch noch hatte ich sie unter Kontrolle.

„Toshimasa...“

Ich schob die Tür zu und schloss wieder ab, ließ mich dann gegen die Wand daneben sinken und atmete erst einmal durch.

„Toshimasa!“
 

„Toshimasa!“

Ich schrecke auf, sehe den Psychiater vor mir an. Fragend.

Er seufzt resignierend, holt sich sein Telefon.

„Ich denke, es ist das Beste für Sie, eine Pause zu machen. Ferien.“

Ich sehe ihn nicht-verstehend an.

„Einfach mal raus kommen aus dem Ganzen. Einfach mal ein paar Tage einfach nur entspannen.“, erklärt er näher.

„Oh, ja. Ich werde einfach ein paar Tage zu Hause bleiben.“, sage ich dann, endlich verstehend, was er meint. Jedenfalls glaube ich das.

„Nein, ich meine nicht zu Hause. An einem anderen Ort. Wo sie ungestört und für sich sind. Hier in der Nähe gibt es eine tolle Einrichtung für Leute wie sie.“

Noch einen Augenblick brauche ich, bis ich begreife. Dann:

„Nein, nicht Kuruoshii.“, flüstere ich leise, bemerke nicht einmal, dass meine Zigarette längst alleine verbrannt ist und ich nichts mehr von ihr habe, sie mich verlassen hat.

„Es wird ihnen gut tun, Toshimasa-kun.“, versichert er mir und ruft schon ein Taxi. Ich sinke leicht in mich zusammen.

„Aber... meine Mutter wartet draußen.“, protestiere ich noch schwach, nachdem er wieder aufgelegt hat.

„Wir haben zusammen beschlossen, dass es so... weniger emotional sein dürfte.“, erklärt er mir, versucht sich an einem Lächeln, das ich ihm am liebsten sogleich wieder aus dem Gesicht geschlagen hätte.

Wortlos lasse ich mich schließlich hinaus führen, in das wartende Gefährt verfrachten. Ich merke nicht einmal, wie dieser Freund meines Vaters meine Koffer im Kofferraum verstaut. Rasch wende ich mich noch einmal um, sehe meine Mutter weg fahren. Sie hat gemeinsame Sache mit diesem Kerl gemacht! Lässt mich ebenfalls alleine. Genau, wie die Zigarette.

„Kuruoshii. Und zwischendurch nicht anhalten.“, kann ich den Arzt noch zu meinem Fahrer sagen hören. Dann zeigt er mir noch eines dieser würgreitzfördernden Lächeln und klopft leicht gegen die Scheibe, ehe er winkt.

Für einen kurzen Augenblick, als der Wagen sich in Bewegung setzt bin ich versucht, ihm meinen Mittelfinger als Antwort zu zeigen... Und tue es doch nicht. Das währe Verschwendung. Verschwendung an Energie. Er ist es nicht wert...
 


 

Ende Prolog.
 

So, und schon wieder eine neue FF von mir. Diesmal jedoch in einem komplett andere Stil. Denke ich xD“

Ich hoffe sie hat euch gefallen. Wenn nein, bitte schreibt mir, wieso. Und wenn ja auch...

01-KaPiTeL E1Ns

KaPiTeL EiNs
 

Vor dem Gebäude steht ein Mann in weißer Kleidung, wahrscheinlich ein Pfleger. Ich knirsche leise mit den Zähnen, drücke meine wohl dritte Zigarette auf dieser kurzen Fahrt in dem Aschenbecher des Taxis aus, kurz bevor die Tür geöffnet wird und ich angewiesen werde auszusteigen.

Ich tue es, fröstle leicht und sehe zu dem großen Gebäude vor mir auf. Weiß... genau wie der Schnee, der um uns herum liegt. Die Fenster sind vergittert, ich kann es sehen.

Ferien... das ich nicht lache!

Und ich tue es wirklich nicht. Wann habe ich eigentlich das letzte Mal von Herzen gelacht? Ich erinnere mich eigentlich nicht mehr.

Scharf ziehe ich die kalte Luft zwischen meinen Zähnen hindurch in meine Lungen, es schüttelt mich vor Kälte. Brrr... ich hasse den Winter.

„Toshimasa-kun?“

Ich drehe mich auf Grund der Stimme um, sehe, wie der Mann auf mich zukommt und mich anlächelt. Einstudiert, schießt es mir nur durch den Kopf, während ich schwer seufze. Mindestens ebenso lange, wie ich nun schon kein ehrliches Lächeln mehr auf meinem eigenen Gesicht getragen habe, so lange habe ich auch schon keines mehr in den Gesichtern meiner Mitmenschen gesehen.

Nun ja.. Mitmenschen. Mitmenschen kümmern sich umeinander, wenn es einem schlecht geht, nicht wahr?

Wieso ist dann niemandem aufgefallen, wie beschissen es mir ging?

„Toshimasa-kun!“, die Stimme des Mannes ist energischer und endlich widme ich mich ihm mit der ihm ‚gebührenden’ Aufmerksamkeit. Pah.

Er lächelt immer noch so falsch. Stimmt, das war der Grund, dass ich abgeschweift bin.

Diesmal jedoch richte ich meine Aufmerksamkeit auf den anderen, achte auch darauf, dass sie dort bleibt.

„Folgen Sie mir bitte“, meint er dann mit einer auffordernden Handbewegung und ich seufze nur schwer und spiele mit dem Gedanken mir schon wieder eine Zigarette anzuzünden. War ich eigentlich schon immer so ein Kettenraucher?`

Mit diesem Gedanken beschäftigt, folge ich dem Älteren, der mich durch lange Flure zu einem Büro begleitet.
 

Langeweile befällt mich, als ich auf dem Sessel vor einem Schreibtisch sitze. Seinem Schreibtisch. Nein, eigentlich tue ich nur so, ich kenne den Mann nicht, möchte ihn auch gar nicht kennen, wenn ich ehrlich bin. Aber das bin ich nicht, also stehe ich auf, als der ältere Herr eintritt und verneige mich leicht. Ein Zeichen von Respekt, den ich nicht empfinde.

Wieso ich so heuchle?

Ich weiß, dass ich dann wahrscheinlich schneller hier heraus komme. Ich bin berechnend, aber was ist dabei? Das ist jeder, das weiß ich.

Der Mann nimmt mir gegenüber auf seinem Schreibtischstuhl Platz, sieht dabei ganz wichtig aus, wie ich abschätzend feststelle, während ich mich locker in meinen Sessel sinken lasse, eines meiner langen Beine über die Armlehne lege und so auf dem Sitzmöbel lungere. Ich hasse es, lange auf einem Platz zu verweilen, eine Angewohnheit, welche mir auch in der Schule des Öfteren Probleme bereitet hat.

Der Mann mir gegenüber räuspert sich leise. Pikiert?

„Ich bin Doktor Shiroyama, Toshimasa-kun.“

Schon wieder jemand, der meint mich direkt von Anfang an mit meinem Vornamen ansprechen zu dürfen. Widerlich. Ich könnte kotzen. Aber sicherlich würde mir das nur noch mehr Probleme bereiten, als ich eh schon habe.

Ich drifte in meinen Gedanken ab, während der Kerl mir irgendetwas erzählt. Interessiert mich eh nicht.
 

„Was willst du später tun, Toshi?“

Meine Freundin lag neben mir auf meinem breiten Bett, ich hielt eine Zigarette zwischen meinen langen Finger, betrachtete sie interessiert. Überlegend.

„Ich will Musiker werden“, antwortete ich schlicht, leise. Sie konnte es nicht nachvollziehen, das merkte ich schon an dem langen Schweigen, welches darauf zwischen uns hing. Nicht verstehend blickte sie mich dann an, drehte sich auf die Seite, mir zu und lachte.

„Nein, jetzt im Ernst... was willst du tun?“

Ich drehte mir ihr ebenfalls leicht zu, auf meinen Lippen ein unbedeutendes Lächeln. Falsch.

„Ist das denn jetzt wichtig?“

Sie schüttelte leicht den Kopf, während ich mich leicht zur Seite drehte und meine Zigarette in einem kleinen Aschenbecher ausdrückte, ehe ich mich ebenso unbedeutenden Dingen zuwandte, wie die dieses Gespräches.
 

„Toshimasa-kun, haben Sie verstanden?“, holt mich eine Stimme aus meinen Gedanken und ich brauche einen Augenblick, bis ich sie wieder zuordnen kann, bis ich mit meinen Gedanken wieder richtig im Hier und Jetzt bin. In der Gegenwart.

„Was?“, kommt es leise von mir, der Mann vor mir lächelt leicht, reicht mir ein Formular und einen Kugelschreiber.

„Einfach hier unterschreiben. wie kümmern uns dann um alles Weitere“, meint er mit sanfter Stimme, die so völlig nicht ernst gemeint ist. Und dennoch nehme ich Trottel den Stift und setze krakelig meine Kanji darunter, unterschreibe so eigenhändig meinen Vertrag, dass ich in die Hölle gehen werde. Meine Hölle, hier in Kuruoshii.

Ich lehne mich wieder zurück, weiß, dass ich diese Entscheidung jetzt schon bereue, wo ich langsam verstehe, was ich getan habe. Er hat meinen Moment der Unaufmerksamkeit ausgenutzt, das weiß ich nun und dennoch empfinde ich keine Verärgerung darüber. Das wäre schon zu viel Gefühlsregung für diesen Menschen.

„Danke, Toshimasa-kun. Sie sind hier in guten Händen. Wir werden uns bald zu ihrer ersten Therapiestunde wieder sehen.“

Gott, mir wird bei diesen Worten so übel. Ich könnte alles, was in meinem Magen ist vor diesen schmierigen Kerl auf den Tisch erbrechen. Aber nein.. eigentlich ist kaum etwas in meinem Magen, womit ich die hölzerne Tischplatte beehren könnte. Schade.

Ich erhebe mich, mein Gegenüber sich ebenfalls und wir verneigen uns leicht voreinander. Wieder eine vergeudete Bewegung, die er eigentlich gar nicht wert war. Mir kommt in den Kopf, dass ich noch viele Bewegungen in dieser Anstalt verschwenden werde. Wieso habe ich diesen Wisch gerade unterschrieben?

Ich bin so ein Volltrottel, aber das wissen ja eh schon alle.
 

Vor der Tür werde ich von dem Pfleger von vorhin empfangen. Immer noch mit diesem unechten Lächeln, welches ich einfach nicht ertragen kann. Am liebsten hätte ich ihn angeschrieen, dass er es sich aus dem Gesicht wischen soll. Aber ich lasse es, wie so vieles. Ich habe einfach nicht mehr die Energie dazu. Und auch nicht die Lust sie an solchen Leuten zu verschwenden.

Ich folge dem Mann einfach. Gelangweilt.

Was soll ich hier auch anderes sein?

Er zeigt mir den Esssaal, ‚Telefonzellen’ (oh, es sind wirklich kleine Zellen), den Empfang, wo mir eine runde Frau zulächelt. Ebenso einstudiert, wie das des Mannes, der vor mir geht.

Alles ein simples Spiel. Schauspieler, die ihren Text herunterrattern und nichts auf die Gefühle geben, das sind sie.

„Und das ist der Wohnbereich, in dem sich alle die meiste Zeit aufhalten“, erklärt mir der Pfleger vor mir gerade und mein gelangweilter Blick streift durch einen großen Raum, der vom Empfang eingesehen werden kann. Beobachtet werden kann. Sie wollen uns einfach nur kontrollieren. Nicht mehr und nicht weniger.

„Schön“, gebe ich tonlos von mir, sehe ein paar Leute an, die auf einem Sofa sitzen und auf die Mattscheibe eines Fernsehers starren. Bingo. Wie langweilig. Aber auch auf den Gesichtern der Personen spiegelt sich ebenso keine Freude oder Euphorie wieder. Sie sitzen einfach nur da. Sitzen ihre Zeit ab, genau so, wie ich es demnächst tun werde.

Einen Augenblick lang bin ich doch tatsächlich versucht zu seufzen. Doch gerade noch so kann ich mir diesen kleinen Gefühlsausbruch verkneifen, drehe mich schließlich betont gelangweilt zu dem Pfleger um.

„Wo ist mein Zimmer?“, frage ich ihn und werde im nächsten Moment schon wieder so widerlich angelächelt.

„Kommen Sie“, meint er fröhlich, dass ich etwas gesagt habe, wie es mir scheint. Oh ja, kann er sich auch nen Ast drüber abfreuen, denn sicherlich werde ich sobald nicht wieder mit ihm reden. Eigentlich hatte ich nämlich nicht vor, diesen Brechreiz von alleine zu fördern, den sein Lächeln bei mir auslöst.
 

Ich folge ihm zu einem Zimmer, laufe durch einen langweilig in Weiß gehaltenen Korridor, von dem viele Türen abgehen. Die anderen Zimmer, wie mir scheint. Dann öffnet er eine Tür, nachdem er angeklopft hat.

Angeklopft?

Ich will doch wohl sehr hoffen, dass ich alleine in meinem Zimmer bin!

Doch dem scheint nicht so, denn zwar befindet sich allem Anschein nach niemand in dem Raum, aber es stehen zwei Betten darin. Zwei.

Nun stoße ich doch ein leises, frustriertes Seufzen aus, während ich meine Tasche, die sich schon vor der Tür befunden hatte, mit Schwung auf das scheinbar freie der beiden Bett wuchte.

„Dann.. viel Spaß“, meint der Typ doch tatsächlich zu mir, was mich in meinen Bewegungen erstarren lässt. Macht der Kerl Witze?

Ein leises Murren ist von mir zu hören und im nächsten Augenblick dringt der Laut der sich schließenden Tür an meine empfindlichen Ohren. Endlich alleine, wie es mir scheint.

Erneut seufze ich leise, lasse mich auf meiner neuen Schlafstätte nieder und vergrabe mein Gesicht in den Händen.

Gott, ich halte es hier jetzt schon nicht mehr aus. In diesem Gefängnis. Mein Blick gleitet aus dem Fenster. Gitter. Die Sonne ist ausgesperrt und obwohl sie versucht sich mit langen Fingern in das Zimmer hinein zu tasten, gelangen ihre wärmenden Strahlen nicht an mein Herz. Und hier soll man sich entspannen?

Ich bezweifle, dass das hier überhaupt möglich ist. Ohne Wärme...

Wieder vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen, lasse mich rücklings auf das Bett sinken und starre hoch an die Decke. Auch sie ist kalt, obwohl die Sonnenstrahlen vereinzelt über sie wandern. Sie können sie nicht erwärmen.

Ich rolle mich auf die Seite und meinen schlanken Körper zusammen, versuche mich so, vor der Kälte dieses Raumes zu schützen.

Aber ich kann die Kälte einfach nicht vertreiben. Kommt sie vielleicht aus meinem Inneren?

Aus meinem Herz?

Nein, ich bin es nicht in dieser Welt, der herzlos ist. Ich trage nicht dieses seelenlose Lächeln zur Schau, wie alle anderen. Ich unterlasse es lieber und zeige ihnen, was ich wirklich bei diesen Grimassen empfinde. Nichts.

Nichts ist in mir, wenn ich diese leblosen Puppen anschaue, die sich Menschen schimpfen.

Und dafür werde ich hier eingewiesen?!
 

Ich schrecke plötzlich aus meinen Gedanken hoch, als die Tür geöffnet wird. Vorsichtig. Zaghaft.

Ich sehe zur Tür herüber und erkenne einen Mann, etwa in meinem Alter. Er lächelt leicht, schlüpft vorsichtig in den Raum und steuert sein Bett an, auf welches er sich fallen lässt.

„Du bist Toshimasa, oder?“

„Ja“

„Freut mich, ich bin Kaoru.“

„Hi“, gebe ich nur noch kurz angebunden zurück, stehe auf und beginne meine Tasche auszuräumen. Es kommt mir eher vor wie ein Eingeständnis, dass ich hier bleiben werde, als dieser dumme Papierwisch, den ich vorhin unterzeichnet habe.

Ordentlich lege ich meine Kleidung in den kleinen Schrank. Viel zu klein ist er, wie mir missmutig auffällt.

„Wieso bist du hier?“

„Sie meinen, ich wollte mir das Leben nehmen.“ Meine tonlose Stimme erschreckt mich beinahe selbst. Beinahe.

„Wolltest du?“

„Nein.“

„Wieso bist du dann hier?“

Verwirrt blicke ich mein Gegenüber an, lege den Kopf leicht schief. Er sieht eigentlich recht normal aus. Jedenfalls nicht irgendwie durchgeknallt. So normal, wie ich mich selbst auch bezeichnen würde.

„Gegenfrage: Wieso bist du hier?“

Kaoru lächelt leicht, zuckt mit den Schultern.

„Sie meinen, ich sei zu dünn... aber ich bin der Meinung, 40 Kilogramm ist ein Wunschgewicht, welches jeder erreichen möchte. Oder?“

Ich starre mein Gegenüber weiterhin an, dann muss ich leicht grinsen. Wirklich aus Vergnügen.

„Ich finde, du bist voll in Ordnung“, meine ich nur ernst, mein Gesicht dennoch zu einem Grinsen verzogen. Es tut irgendwie gut, endlich mal wieder zu grinsen. Das habe ich schon lange nicht mehr getan.

Er lächelt ehrlich zurück. Wirklich ehrlich. Ich kann an seinem Lächeln nichts Aufgesetztes sehen.

„Danke, du auch.“
 

Plötzlich höre ich Lärm von draußen. Ich werfe dem anderen einen fragenden Blick zu, doch dieser sieht irgendwie ein wenig blass aus. Rasch packe ich die Klamotten, die ich gerade in der Hand halte in den Schrank. Damit ist meine Tasche auch fast schon leer. In ihr liegen nur noch ein paar Zigarettenschachteln. Nervennahrung. Mein Vorrat.

Dann gehe ich zur Tür, schiebe diese vorsichtig auf. Kaoru steht sogleich hinter mir, drückt sich neben mir gegen die Tür. Und obwohl ich sonst körperliche Nähe hasse, ist es mir nicht unangenehm, dass er so nahe bei mir steht.

Er ist ein ganzes Stück kleiner, stelle ich fest, ehe ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Flur lenke.
 

Was ich dort sehe, schockt mich. Mehrere Pfleger halten einen jungen Mann fest, der sich jedoch stark wehrt. Er sieht nicht besonders glücklich aus.

Doch ehe ich mich weiter mit ihm befassen kann, merke ich, dass Kaoru zurückweicht. Verwirrt blicke ich ihn an, ehe ich die Tür schließe.

„Wer...?“

„Das war Dai“, flüstert er leise, setzt sich scheinbar ziemlich betrübt auf sein Bett. Fragend sehe ich ihn an.

„Er hat es wieder nicht geschafft“, murmelt er leise, eher zu sich selbst. Ich verstehe ihn kaum. Kaum, doch ein wenig kann ich die Worte hören. Verstehen tue ich sie dennoch nicht.

„Dai?“

„Ja... er hat wieder mal versucht zu fliehen... er wird es nie schaffen...“
 


 

Ende Kapitel eins.
 

ich hoffe, das Kapitel gefällt euch ^.~ schreibt mir bitte, was ihr gut und auch, was ihr schlecht fandet. Will mich schließlich verbessern ^.^

bis zum nächsten Mal

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KaPiTeL ZwEi
 

„Er... er hat versucht zu fliehen?“

„Ja...“, Kaoru setzt sich mit einem leisen Seufzen auf mein Bett und nimmt sich einfach ohne zu fragen eine meiner Zigaretten, sicht mich dann fragend an. Ich verdrehe nur kurz die Augen, ehe ich ihm mein Feuerzeug hinhalte, ihm Feuer gebe. Genüsslich, mit geschlossenen Augen inhaliert er den Rauch.

„Also?“

„Hetz doch nicht so“, gibt er mit einem neuerlichen Seufzen zurück, öffnet seine Augen wieder.

„Setz dich erst mal.“

Er macht eine fordernde Handbewegung in Richtung neben sich, auf das Bett. Ich lasse mich daneben fallen, sehe ihn immer noch mit unverhohlener Neugierde an. Wow... das ist echt mal was Neues. Also jetzt nicht, dass ich neugierig bin, das war ich schon immer. Aber dass ich es so offen zeige... das ist doch schon... eh... ziemlich lange her.

„Also...“, beginnt er wie ich selbst und grinst mich leicht an. Doch es spiegelt sich eindeutig ein wenig Trauer darin wider.

„Daisuke oder Die, wie ihn viele hier auch nennen, ist schon ziemlich lange hier. Um genau zu sein“, er kneift nachdenklich die Augen zusammen, „hmm.. ich glaube er hat irgendwann mal so was von zwei Jahren erwähnt. Jetzt schau mich nicht so ungläubig an, es ist so!“

„Nein, ich dachte nur, dass zwei Jahre...“

„Du dachtest, dass zwei Jahre nicht viel sind?“, ein freudloses Lachen erklingt von ihm, lässt mir ein Schaudern über den Rücken laufen.

„Oh doch, Junge, zwei Jahre sind verdammt viel. Vor allem in einer solchen Einrichtung hier. Das wirst du auch noch merken.“

Ein Schatten scheint sich über seinen Blick zu legen und irgendwie... es fröstelt mich. Unheimlich.

Eigentlich hatte ich sagen wollen, dass er mich nicht ‚Junge’ nennen soll, aber es ist mir glatt wieder entfallen.

Sein Blick wird wieder ein wenig freundlicher und er lächelt mich an. Doch ganz so fröhlich wie vorhin sieht es nicht aus.

„Jedenfalls... das war nun“, nachdenklich sieht er an die Decke und auch ich blicke für einen Moment nach oben, komme mir im nächsten Moment albern vor. Als ob dort oben wirklich die Antwort stünde. Aber... Moment.

Wieder werfe ich einen Blick nach oben. Was mir vorher noch gar nicht aufgefallen ist, dort sind dünne, schwarze Striche zu sehen. Nur was sie bedeuten...

„Ja, der 20ste Fluchtversuch, wenn ich mich nicht verzählt habe.“

Wie er da sitzt, so fachmännisch aussieht, will man gar nicht glauben, worüber wir reden. So wird mir auch erst einen Augenblick später bewusst, was er da wirklich gesagt hat.

„20ste...?“

„Ja“, er nickt bekräftigend, zieht erneut an seiner Zigarette. Irre ich mich oder zittern seine Finger leicht?

„Jedenfalls“, ich kann mir die Frage nicht beantworten, da Kaoru eben in diesem Moment seine Finger durch die Luft flattern lässt. Vermutlich um das Zittern zu verbergen, denke ich, konzentriere mich dann jedoch auf seine Worte, die so bemüht gleichgültig klingen, „ist er immer wieder aufgegriffen worden.“

Ich sehe ihn einen Augenblick nachdenklich an.

„Aber... dann kann er es nicht wirklich gewollt haben, oder?“

Kaoru starrt mich an, einen Moment habe ich das Gefühl, als wolle er mich aufspießen, dann wendet er seinen Blick nach draußen.

„Wie kommst du auf so etwas?“

Seine Stimme ist kalt, es fröstelt mich.

„Na ja... wenn ich mich wirklich hätte umbringen wollen, denkst du, ich wäre dann noch hier?“

Ein Brummen ist seine Antwort auf diese doch eher rhetorisch gemeinte Frage.

„Und denkst du nicht auch, wenn du wirklich wolltest, wärst du schon lange aus dieser Anstalt, hättest ihnen einfach vorgespielt, dass du wieder normal isst?“

Ein Knurren, doch ich ignoriere es.

„Und... wenn er wirklich wollte“, ich schluck, spreche dann jedoch weiter, „dann wäre er auch schon längst irgendwo anders... weit weg...“

Ich träume für einen Augenblick von weißem Strand, den ich noch nie gesehen habe, von Meeresrauschen, ehe ich mich zusammen reiße, einmal kurz meinen Kopf schüttle.

Doch.. habe ich es nur verpasst, oder hat er mir darauf nun wirklich schon nicht einmal mehr mit einem Laut geantwortet?

„Wie meinst du das?“

Oh.. sogar richtig viele Worte.

„Ich denke... nun ja, dass ihm etwas fehlt, dass er für immer hier weg will... und du.. bist einfach überzeugt davon, dass dies dein Wunschgewicht ist und ich...“, ich schlucke, „Nun ja... vielleicht bin ich ja einfach zu feige... den letzten Schritt zu tun.“

Er dreht sich mit einem leichten Lächeln zu mir, das nun wieder gar nichts von dieser zuvor gesehenen Kälte in sich hat.

„Quatsch, Toshi“, seine Stimme ist warm, er drückt den Zigarettenstummel in einen kleinen Aschenbecher, den ich vorsorglich auf meinem Nachtschrank platziert habe. Dann verwundert er mich wirklich.

Er zieht mich an sich, ich kann spüren wie dürr er ist, wie jeder Knochen sich wohl deutlich unter seiner Haut abzeichnet. Und es tut mir weh zu fühlen, wie sehr er sich selbst entstellt. Wieso tut er das?

Aber ich bin mir sicher, er weiß es nicht einmal selbst, wieso er so etwas tut. Nur nebenbei fällt mir auf, dass es mich nicht einmal stört, dass er mich mit meinem Spitznamen anspricht.

„Ich glaube“, flüstert er mir liebevoll zu, streicht mir über die Haare, „dass du einfach nur verzweifelt warst... wieso nennt diese Welt alles verrückt, was anders denkt?“, fragt er leise und ich höre den Schmerz aus seiner Stimme.

Und in diesem Moment beginne ich zu glauben, zu ahnen, dass es nicht sein Wunsch nach einem schlanken Körper ist, der ihn hungern lässt, sondern etwas anderes, etwas tieferes. Doch was es ist, vermag ich noch nicht zu fassen. Vielleicht begreife ich es ein anderes Mal.
 

Ich bin anders. Da hat er Recht. Mit 16 Jahren fand ich heraus, dass ich schwul war. Nein, schwul nicht ganz, denn ich hatte meistens auch Freundinnen, diese jedoch auch nur, da ich alle anderen nach der ersten großen Enttäuschung täuschen wollte über das, was ich bin. Also zumindest bi.

Aber jedenfalls bin ich unnormal, was die Maßstäbe der anderen angeht. Ich passe nicht in ihr Bild eines perfekten Jungens, jungen Mannes. Was auch immer. Jedenfalls ist klar, dass ich nicht in diese Gesellschaft passe, die nach Gleichheit und Einheit strebt. Ich bin anders und das ist unnormal. Das kann man nicht tolerieren.

Ich bin oft geschlagen worden von andere, Klassenkameraden, die herausgefunden haben, dass ich auch auf Männer stehe. Wirklich keine schöne Erfahrung, doch ich musste sie machen. Ich wünschte manchmal, ich wäre einfach wie die anderen. Aber dann denke ich wieder, dass es auch langweilig wäre, wenn wir alle gleich wären. Oder?

Wieso kann man nicht jeden so tolerieren, wie er ist?

Dann fiele uns alles viel leichter, es wäre so viel einfacher, mit einander zu leben, anstatt bloß mit einander zu existieren. Nebeneinander. Der Eine den anderen nicht wirklich wahrnehmend.

Ist meine Art zu denken utopisch?

Ist es denn nicht möglich sich gegenseitig einfach als das hinzunehmen, was man ist?

Ich bin Menschen tolerant gegenüber, die anderen ebenfalls tolerant gegenüber sind. Vermutlich ein Grund, wieso ich Kaoru vom ersten Augenblick an gern hatte.

Wir sitzen nicht einfach nur im selben Boot. Wir verstehen.

Wir sehen die Welt mit anderen Augen, als viele andere.

Jedenfalls ist es das, woran ich glaube, was Menschen zu einander bringt. Wenn sie ähnliche Auffassungen der Wirklichkeit haben, wenn sie die Wirklichkeit klarer sehen, als andere.

Wer weiß wirklich, was die Wirklichkeit uns sagen will?

Niemand kann es mit Bestimmtheit sagen, aber ich glaube daran, dass es Menschen gibt, die Dinge besser sehen können als andere.

Und ich denke, dass Kaoru und ich uns in diesem Punkt sehr ähnlich sind.

Wir beschönigen die Wirklichkeit nicht, auch wenn sie noch so trist und einsam ist. Wir nehmen sie hin, wenden nicht den Blick von ihr ab.

Und dafür werden wir ausgestoßen, weil wir versuchen, anderen mitzuteilen, was wir sehen, denken, fühlen...
 

Immer noch hält er mich in seinen Armen, streichelt mir hin und wieder mit seinen Fingern, die leicht nach dem Tabak der Zigarette riechen, durch die Haare. Aber auch, wenn mich dieser Geruch an meinen eigenen Fingern immer stört (obwohl ich doch schon seit Jahren stolzer Kettenraucher bin), ist es in Ordnung. Es... ist wirklich nicht abstoßend.

Irgendwie... verstehe ich mich selbst nicht mehr so ganz richtig, aber wann habe ich das jemals?

Leise seufze ich, schließe meine müden Augen. Ich.. will gerne schlafen, aber ich weiß, dass das nun noch nicht sonderlich ratsam wäre. Schließlich ist es zwar Abends, aber irgendwann sollte es noch Essen geben. Essen.. ich hoffe, dass das zumindest gut ist, in dieser Einrichtung, denn auch wenn man es mir nicht ansieht, esse ich wirklich für mein Leben gerne.

Und wie auf Stichwort, als habe er meine Gedanken erraten, schiebt mich Kaoru sanft von sich, lächelt mich an.

„Auch, wenn ich keinen Hunger habe, ich denke, dass du gerne etwas essen möchtest, oder?“

Ich nicke leicht, lächle ihn ebenfalls an.

„Dann solltest du in den Esssaal gehen... ich hab heute meinen sozialen Tag, komm, ich bring dich hin“, grinst Kaoru und steht leichtfüßig auf. (Gut, das ist bei dem Gewicht auch wirklich keine Leistung)
 

Wir gehen zusammen hinunter in den Raum, wo für alle das Essen serviert wird und Kaoru geleitet mich zu einem Tisch, an dem sonst auch noch ein paar andere Leute sitzen, die uns jedoch keinerlei Beachtung schenken. Scheinbar sind alle anderen Tische schon voll...

„Sind alle hier?“, frage ich den Älteren verwundert, sehen ihn auch so an, woraufhin er lächelnd den Kopf schüttelt.

„Ich denke Kyo und Shinya haben schon gegessen, weil sie keinen Bock auf die anderen haben“, lächelt er mir entgegen. „Aber keine Sorge, die lernst du auch noch kennen“, meint er dann lieb, sieht sich einen Moment um und zupft dann an meinem Ärmel.

“Ich dachte, du wolltest was essen... hol dir was, ich warte hier auf dich“, meint Kaoru dann noch, nickt dabei in die Richtung eines Büffets.

Mit einem Lächeln, das mir in seiner Gegenwart irgendwie immer häufiger ‚heraus rutscht’, mache ich mich auf den Weg, komme schließlich mit einem voll beladenen Tablett wieder.

„Gott... mehr ging nicht drauf, oder?“, lacht Kaoru. Ich mag sein Lachen. Es ist angenehm tief, nicht aufdringlich, aber wirklich nett. Ich muss unweigerlich grinsen.

„Leider nicht... aber ich kann ja noch ein zweites Mal laufen“, gebe ich theatralisch von mir, lasse mich auf den Stuhl neben ihm fallen und beginne auch sogleich alles in mich hinein zu spachteln. Gut.. nein, also das ist es nicht wirklich. Eher hat es die Konsistenz von Jugendherbergen Essen, wenn ihr wisst, was ich meine. Es ist... genießbar, aber genießbar ist ja nun nicht gleich gut.

Ich bemerke Kaorus interessierten Blick von der Seite, beachte ihn eine ganze Weile nicht, ehe ich eines der Reißbällchen zwischen die Finger nehme und damit vor seinem Gesicht herumfuchtle, um ihn zu nötigen, den Mund auf zu machen.

„Was..“, doch nach diesem kleinen Wörtchen von Kaoru ist es auch schon zu spät und ich schiebe ihm lachend (wow, tatsächlich) das Essen in den Mund, halte ihm sogleich die Hand davor, sodass er es nicht ausspucken kann.

Mit wild fuchtelnden Armen versucht sich der arme Mann zu verteidigen, doch als ich ihm auch noch die Nase zuhalte, hat er keine andere Chance als zu schlucken. Der Lauf des Schicksals, Baby!

Ich gluckse immer noch vor mich hin, als Kaoru mir schon wütend auf den Oberarm schlägt. Wir sind wirklich auf einer Wellenlänge. Wusste ich doch von Anfang an... jaaa.. mit dem Kaoru kann man Spaß haben.

„Buäh~... du hast mir nicht gerade wirklich so eine Kalorienbombe in den Rachen geschoben, oder?!“, faucht er mich angeekelt an, doch das stört mich nicht. Nicht wirklich jedenfalls.

Ich grinse ihn unschuldig (sofern das jedenfalls geht) an, wippe mit den Augenbrauen auf und ab.

„Und was, wenn doch?“

„Dann... Schwöre ich dir, dass du die nächste Nacht nicht ruhig schlafen wirst!“

„Oho~... ist das etwa ein Versprechen?“, mein Grinsen wird nur noch breiter, die Worte spalten sich schon beinahe vor Zweideutigkeit auf.

Ein Knurren von Seiten Kaorus ist die Antwort und ich schaffe es gerade noch so, mir mein Letztes Bisschen Suppe in den Rachen zu schaufeln, ehe ich doch tatsächlich vor einem wutschnaubenden Kaoru reiß aus nehmen muss. Hilfeeee~

Gott, wie lange war ich nicht mehr so kindisch. Und wie gut es mir doch tut.
 

Halb kichernd, halb lachend, komme ich nur knapp vor meinem Zimmergenossen durch die Tür in unser Zimmer, schmeiße mich auf mein Bett und verschränke die Arme, scheinbar völlig entspannt hinter meinem Kopf. Nur meine sich heftig hebende und senkende Brust verrät mich. Und natürlich wahrscheinlich auch, dass Kaoru mich gerade noch durch die Tür hat schlüpfen sehen. Verdammt!

Eben jener baut sich jedoch nun direkt vor mir auf, stemmt die Hände in die mageren Hüften und plustert die Wangen auf.

Nun kann ich wirklich nicht mehr! Das... das sieht einfach zu komisch aus!

Doch Kaoru scheint das gar nicht so lustig zu finden.

„Figurenschänder, du. Fettmacher! Speckverteiler! Schwimmreifenverschenker!“ Kaoru schimpft wie ein Rohrspatz (sieht dabei auch noch genau so aus) und bringt mich nur doch immer mehr zum Lachen, bis ich mir giggelnd die Tränchen aus den Augen wischen muss.

„Sorry.. aber das Meiste von dem, was du mir gerade an den Kopf geworfen hast, habe ich noch hie gehört!“, lache ich, kriege mich jedoch langsam wieder ein. Gott, das gibt Muskelkater. Wann hab ich wohl das letzte mal so herzlich gelacht?

Murrend setzt sich Kaoru auf die Kante meines Bettes, zeigt mir die kalte Schulter. Langsam richte ich mich auf, patte ihm auf die hervorstehenden Knochen und wuschele ihm dann durch die dicken Haare.

„Nimm’s mir bitte nicht übel... ich hab schon lange nicht mehr so gelacht“, lächele ich den anderen an. Als Antwort bekomme ich jedoch zunächst nur ein Murren, dann werde ich unsanft in die Seite geknufft.

„Das war echt gemein!“, jammert Kaoru leise, sieht mich mit Hundeaugen an, die mich beinahe schon wieder zum Prusten gebracht hätten. Doch wohlweißlich reiße ich mich zusammen.

„Sorry..“, sage ich schon wieder, lächle ihn entschuldigend an.

„Aber... ich hab nen wenig Angst, dass du mir einfach umkippst... so wenig, wie du auf den Knochen hast...“, erkläre ich dann lieb, wuschele noch einmal durch seine weichen Haare, ehe er auch schon aufsteht.

Ein wenig verwirrt sehe ich ihn an, doch er streckt sich zu erst einfach nur.

„Komm... wir müssen unsere Medikamente abholen... Sonst lassen die uns eh nicht in Ruhe schlafen.

„Medika... mente?“, frage ich verwirrt zurück (nun wirklich verwirrt) und stehe dennoch auf, folge Kaoru hinaus aus unserem Zimmer und in den Aufenthaltsbereich, wo immer noch oder schon wieder einige Leute sitzen und fernsehen.

„Ja... Schlafmittel und Psychopharmaka, wenn du welche brauchst. Sie wollen einfach nur ihre Ruhe haben, denke ich“, murrt Kaoru vor mir gehend, lässt sich schließlich auf eines der Sofas fallen und klopft auf den Platz neben sich. Brav folge ich und setze mich hin, bemerke nicht den giftigen Blick, den mir eine Person mit gebleichten Haaren zuwirft. Besser so, ich hätte eh nichts mit anfangen können.

„Psychopharmaka? Was denn für Psychopharmaka?“, jedes Mal, wenn ich dieses komplizierte Wort ausspreche, stolpere ich über die einzelnen Silben. Es rutscht mir nicht so locker über die Zunge, wie Kaoru. Hmm.. muss ich wohl noch nen wenig üben.

Psy-cho-phar-ma-ka.... ist doch eigentlich gar nicht so schwer, wenn man es in die einzelnen Silben zerlegt. Nur zusammen flutscht es nicht so schön. Ach ja.. ich hatte Kaoru ja eine Frage gestellt.

„Ja... aber ich denke nicht, dass du welche brauchst... das wird wahrscheinlich eh erst kommen, wenn du deinen ersten Termin bei Doktor Shiroyama hattest“, Kaoru verdreht leicht die Augen. Ich mache mit. Ich kann diesen Kerl nicht ausstehen.
 

Die Namen der einzelnen Personen werden aufgerufen. Ich blicke ihnen relativ gelangweilt hinterher. Alles wieder einmal nur Maske, aber ich will nicht zeigen, dass es mich interessiert, was hier abgeht. Schließlich.. betrifft mich das jetzt auch alles. Ach scheiße, ich hätte diesen Wisch wirklich nicht unterzeichnen sollen!

„Hara Toshimasa.“

Ich zupfe gedankenverloren an meiner Unterlippe herum, starre ins Leere, bis ich plötzlich einen harten Schlag zwischen die Rippen kassiere und japsent aufschrecke.

„Was?“, fauche ich Kaoru augenblicklich an, dieser deutet nur auf den Empfang, wo die Dame gerade ein wenig gelangweilt/verzweifelt wirkt. Keine Ahnung, wie die das hinbekommt. Ehrlich nicht.

„Hara Toshimasa“, ruft sie noch einmal aus und ich verstehe endlich, stehe auf und schlurfe zu der ‚netten’ Dame hinüber, die mir gelangweilt ein Döschen mit Tabletten und einen Becher mit Wasser hin hält.

„Eh...“, gebe ich geistreich von mir, starre die kleinen, weißen Dinger an, die sie mir gerade einfach so auf die Hand kippt.

„Schlucken“, kommt es wie auswendig gelernt (gut, das Wort auswendig zu kennen ist auch nicht schwer) von der etwas beleibteren Dame und doch starre ich sie noch genau so an, wie zuvor.

„Ich will keine komischen Tabletten...“

„Schätzchen, schluck sie runter und du wirst...“

„Nennen Sie mich nicht Schätzchen“, fauche ich verärgert, muss mich bemühen, um meine Stimme wieder unter Kontrolle zu bekommen, die schon vor Aggression schwankt. Ja, auf diesen Kosenamen reagiere ich allergisch.

Wieso?

Will ich gar nicht weiter drüber nachdenken!

„Mach hier nicht so einen Aufstand und schluck die blöden Dinger einfach, damit du schlafen kannst“, gibt die Frau immer noch so emotionslos zurück und langsam frage ich mich, ob die Schreckschraube überhaupt so etwas wie Emotionen besitzt. Oder stand in der Stellenanzeige etwa: ‚Suchen fette Frau ohne Gesichtsmuskeln und Emotionen’?

Wäre der Irrenanstalt geradewegs zuzutrauen.

„Ich schlafe auch so gut, danke“, knurre ich leise, nun jedoch wieder ein wenig ruhiger.

„Wir schlafen besser, wenn du sie nimmst“, gibt sie immer noch monoton von sich, drückt mir nun demonstrativ den Becher in die Hand und sieht mich auffordernd an.

„Wird’s bald?“

Mit einem Murren schlucke ich die Tabletten tatsächlich, da ich schon sehe, dass in einer Ecke zwei Pfleger lauern. Gerade will ich mich nach einem Schluck Wasser zurück auf den Weg zu Kaoru machen, als die Frau den Kopf schüttelt.

„Die Dinger wirken sehr schnell. Geh einfach schlafen“, gibt sie mir die Anweisung und aus meinen Augen blitzt es noch einmal auf, bevor ich mich dann tatsächlich umwende und mich hoch erhobenen Hauptes auf den Weg zu Kaorus und meinem Zimmer mache.

Blöde Ziege, das ist die. Die ist bestimmt schon lange nicht mehr gefickt worden.. ach was, sicherlich ist ihre Fotze schon zugewachsen, denke ich erbost und merke nur langsam, wie meine Glieder müder werden.

Das kann doch wohl nicht sein!

Ich.Will.Mich.Weiter.Aufregen!

Ist das denn zu viel verlangt?

Scheinbar schon, denn ich merke, dass ich kaum noch meine armen Äuglein aufhalten kann. Okay! Rege ich mich halt morgen weiter über diese dumme Schlampe auf, beschließe ich und will es mir noch aufschreiben. Ich nehme es mir fest vor, doch als ich dann endlich in meinem Zimmer ankomme, bin ich einfach nur noch froh, dass ich überhaupt noch die paar Schritte bis zu meinem Bett machen kann.

Dann schlafe ich ein, merke das noch nicht einmal mehr.

Und auch nicht, was ich träume...
 


 

Ende Kapitel zwei.
 

Jaa, endlich habe ich es geschafft, auch mal das zweite Kapitel zu vollenden. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ich bekomme viele Kommentare. Irgendwie... bin ich mit meinem Toshi nicht so ganz zufrieden *stirn runzel* aber vielleicht könnt ihr mir ja helfen ^^

Schreibt mir doch bitte einfach, was euch so gefällt und was nicht, ja?

Ich möchte mich schließlich für euch und mich verbessern :3

03-KaPiTeL Dr3i

KaPiTeL DrEi
 

In den frühen Morgenstunden schrecke ich das erste Mal aus meinem, durch die Tabletten ruhig gestellten Schlaf auf. Jemand betritt mein Zimmer! Die Tür wird langsam geöffnet, vorsichtig schiebt sich ein Kopf herein.

Meine Atmung wird mit einem Mal hektisch, ich ziehe mir mit einem Zucken die Decke über den Kopf, als ob diese mich schützen könnte. Ich will nicht... bitte, ich will nicht schon wieder...

„Kontrolle“, ertönt die leise, sanft Stimme einer jungen Frau, was mich nun völlig aus der Bahn wirft. Damit.. hätte ich nun so überhaupt nicht gerechnet. Dennoch kann ich mich nicht entspannen, verstecke mich weiter unter meiner Decke und halte nun die Luft an, um mich nicht durch meine hektische Atmung zu verraten. Fatal, das wäre es.

Auch, wenn mich diese Frauenstimme verwirrt. Wo bin ich eigentlich?

Wirklich zuordnen kann ich den Geruch des Bettes um mich herum nicht. Nicht zu Hause. Mein Hirn läuft merklich noch auf Sparflamme, denn es braucht doch eine gewisse Weile, bis mir klar wird, dass ich mich doch gestern noch selbst in diese Klink eingeliefert habe. Ich bin irre, eindeutig!

Wie komme ich überhaupt zu so etwas?!

Und trotz meiner Müdigkeit spüre ich schon die Wut auf mich selbst, meine eigene Dummheit in meinem Bauch.

Was soll’s...

Leise seufze ich, rolle unter der Bettdecke meinen langen Körper zusammen und strecke auch den Kopf nicht mehr unter der Decke hervor. Lieber... schlafe ich einfach so ein, wie ich bin. Geschützt von meiner Decke.

Ja... ich gebe es zu. In diesen Dingen denke ich noch genau so, wie damals, als ich noch ein kleines Kind war.

Niemand sieht mich.. mir kann nichts passieren... einfache Kinderlogik, auch wenn sie schon so oft widerlegt wurde...
 

Immer wieder, sobald die Tür zu Kaorus und meinem Zimmer geöffnet wird, schrecke ich aus dem Schlaf auf und liege mit rasendem Herzschlag auf meinem Bett unter der Decke verkrochen.

Früher hatte ich mal einen sehr tiefen Schlaf, sodass selbst meine Mutter Probleme damit hatte, mich morgens rechtzeitig aus dem Bett zu bekommen. Doch seit einer Nacht hat sich das Alles ziemlich verändert. Ich schrecke immer auf, sobald sich in meiner Umgebung etwas bewegt, was wirklich nicht sonderlich angenehm ist, wenn man mit jemandem zusammen in einem Zimmer schläft. Die letzte Nacht ging wohl wegen der Schlaftabletten vor allem zu Anfang so gut. Sonst wäre ich sicherlich aufgewacht, als Kaoru ins Zimmer kam.
 

Langsam werde ich wach, da ich nun andauernd aufschrecke, wenn Kaoru sich ein wenig auf seinem Bettchen regt oder aber, wenn eine der Krankenschwestern herein kommt, um nach dem Rechten zu sehen. Das leise ‚Kontrolle’, das sie dabei wohl immer sagen müssen, hilft nicht sonderlich dabei sie einfach zu ignorieren, sodass ich so etwa gegen 10 Uhr (ein Blick zu meinem Wecker) gut, 10 nach 10 endgültig so wach bin, dass ich nicht mehr schlafen kann.

Vorsichtig bringe ich meinen schläfrig-taumeligen Körper dazu, sich aufzurichten, gähne erst einmal ausgiebig und stecke mich genüsslich. Ein kurzes Kratzen an meinem flachen Bäuchlein folgt, was mich dann auch den Blick nach unten wenden lässt.

„Eh..“

Okay... kann mir jemand sagen, wieso ich.. ah! Japp... hab es wohl gestern nicht mehr hinbekommen mich meiner Klamotten zu entledigen. Ist das hier irgendwie Teil einer Therapie, dass man die Patienten praktisch dazu zwingt, in Klamotten zu pennen?

Weil ich kann mir schon denken, dass ich es definitiv nicht schaffen werde, mich meiner Kleidung zu entledigen, wenn ich schon so duselig von den scheiß Tabletten bin. Sag ich doch, dass ich die nicht nehmen will!

Stimmt... da war ja auch noch was von wegen.. aufregen. Aber irgendwie hab ich dazu nun wirklich keine Lust, da ich eigentlich noch viel zu schläfrig für Stress bin. Lieber gähne ich noch einmal und lasse mein langsames Gehirn meinem noch langsameren Körper befehlen, dass er sich doch bitte von der Bettkante erheben soll. Meinetwegen soll er sich auch selbst von ihr schubsen, haha!

Ja, okay... morgens bin ich unlustig, danke. Weiß ich selbst...

Nicht wissend, was ich nun mit mir anfangen soll, vergrabe ich meine Finger in meinen Haaren, zerwuschele sie, was wohl eh nicht sonderlich auffällt und streiche mir dann mit den Handflächen übers Gesicht, wische mir den Schlaf aus den Augen. Hm.. und nun?

Mein Blick wandert zu Kaoru, der noch selig in seinem Bettchen liegt und schläft.

Soll ich...? JA ich soll!

Ein breites Grinsen liegt, wenn auch noch ein wenig verschlafen, auf meinem Gesicht und ich tapse so leise ich kann zu Kaorus Bett hinüber, schnappe mir eine seiner langen Haarsträhnen und streiche mit den Spitzen gaaaanz leicht über seinen Nasenrücken. Er zieht die Nase kraus, murrt leise im Schlaf und wendet den Kopf leicht ab. Leise muss ich glucksen und mache das gleich noch einmal. Selbe Reaktion.

Aber... der soll doch langsam mal aufwachen!

Hmm...

„KAORU! Schnell, es brennt!“, rufe ich aus und... HA! Der Herr erwacht schlagartig, verpasst mir beinahe eine Kopfnuss, als er sich ruckartig aufsetzt und sich umblickt, wie ein gehetztes Tier, während ich mir nun einen ablache. Also.. jetzt nur zur Verbildlichung!

Natürlich nicht in echt.. also... oh Mann!

Kaoru scheint nun langsam zu verstehen, dass ich ihn nur auf die Schippe genommen habe und seine verschlafenen Augen verengen sich ein wenig.

„Boah, Toshi! Erst einen Tag hier und schon frech werden?!“, knurrt er leise, doch er meint es nicht böse, das kann ich sehen. Oder?

Nein... er meint es nicht böse.

Mein Grinsen wird breiter.

Kaoru reibt sich den Schlaf aus den Augen, während ich mich nun strecke und ihn mit einer Mitleid erregenden Miene ansehe. Natürlich merkt der Sack das nicht einmal!

„Kao... ich hab Hunger“, jammere ich leise, reibe mir mein Bäuchlein zur Verdeutlichung, da der Kerl mir immer noch keinerlei Beachtung schenkt.

„Dann geh futtern“, nuschelt er leise, streckt sich selbst kurz und lässt sich zurück in die Federn sinken.

Wie jetzt?!

Der Kerl will doch wohl nicht weiter schlafen, oder?

Und was ist mit mir?

Soll ich... soll ich etwa VERHUNGERN?

Hätte der Mann gerne, was?

Aber nicht mit mir. Nein, nicht mit einem Toshiya!

Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich mich während dieser Gedanken immer weiter aufgeplustert habe, meine Hände finde ich irgendwie in die Seiten gestemmt wieder. Wirke ich tukig? Ich hoffe doch mal stark, dass nicht!

„Kao... aber... aber... ich will nicht alleine gehen“, weine ich halb. Vielleicht hilft ja die Weicheitour.

Aber?... NEIN!

„Dann geh heulen oder such dir jemand anderes zum Nerven“, brummt es mir leise aus dem Kopfkissen entgegen und ich kann nicht anders, als mit großen Augen da zu stehen und zu glotzen.

Scheinbar ist der Herr ein Morgenmuffel?

Ha, da hab ich was gegen. Wenn ICH aufstehe, hat auch der Rest der Welt aufzustehen, klaro?!

Mit einem Grummeln kratze ich mich schließlich selbst vom Boden herunter, drehe mich um und stehe auch schon bald vor dem kleinen Waschbecken, welches wir im Zimmer haben, um meinen Zahnputzbecher mit kaltem, klaren Wasser zu füllen, das ich dann kurz darauf behutsam zu Kaorus Bett balanciere, wo ich noch einen Augenblick zögere. Aber... ja, der Sack soll doch aufstehen!

Also beginne ich den Becher leicht zu kippen. Gaaaaanz leicht nur. Ein Tropfen löst sich, läuft kühl über meine Finger und... fällt.

Er fällt aber zum Glück nicht auf Kaorus Gesicht, sondern knapp daneben. Boah, hab ich ein Glück!

Dennoch rümpft der dünne Mann auf dem Bett im Halbschlaf leicht seine Nase, vergräbt eben diese nur kurz darauf tiefer in dem Kissen.

Noch einmal atme ich tief durch. Okay, Toshi, sage ich mir selbst. Mach dich auf den Sprint deines Lebens gefasst!

Aber immerhin werde ich danach jemanden zum Reden haben. Jahaa~

Und noch einmal tief durchgeatmet. Soll ich... wirklich?

Ja doch!

Und schon landet ein kleiner Wasserfall aus meinem blauen Zahnputzbecher auf Kaorus dichten Haaren, sodass dessen Kopf nur einen Augenblick später aus den Federn auffährt und dieser mich nun wirklich zornig anblitzt.

Oh... oh...

Und schon schleudere ich meinen Becher von mir, in Richtung meines Bettes und nehme die Beine in die Hand. Als ich aus der Tür sprinte, höre ich einen dumpfen Laut, ein Fluchen und dann ein schnelles Tapsen von nackten Füßen auf dem Boden.

Er kommt!

Scheiße.. lauf, Toshi, lauf!

„ICH BEKOMM DICH!“, faucht es lautstark hinter mir, als ich den Flur hinab renne und kurz darauf nur, fühle ich einen dumpfen Schmerz, höre ein leises Fluchen, das von dem weichen Etwas zu kommen scheint, das ich unter mir begraben habe.

Und einen Augenblick später versinkt alles um mich in Chaos.

Irgendetwas fällt mir im wahrsten Sinne des Wortes in den Rücken, sodass ich einen schmerzvollen Laut ausstoße, ebenso wie das Weiche unter mir und dann höre ich Kaoru wie eine Furie knurren.

„Halt ihn fest, Dai!“

„Wie denn, wenn ich platt gedrückt werde, wie ein Pfannkuchen?!“, keucht es unter mir und im nächsten Moment zerrt jemand meinen Kopf an den Haaren zurück.

„Halt die Fresse!“

„Mach mal halb lang und verpiss dich von mir!“

„Verpiss du dich doch von da unten!“

„Gerne, lass mich hier weg und verprügele den Jungen wo anders!“

„Geht schlecht, wenn du mich festhältst.“

„WO VERDAMMTE SCHEISSE HALTE ICH DICH FEST, KAORU?!“

„NA AM BEIN, VERFICKT UND ZUGESCHISSEN!!!“

„HALT DEIN MAUL UND VERZAPF HIER NICHT SO EINEN HIRNVERDREHTEN QUARK!“

„Ehm...“

„HALT DIE FRESSE!!!!“, erklingt es auf einmal einstimmig und ich fühle mich auf einmal zwar nicht mehr unsichtbar, wie ein paar Sekunden zuvor noch, dafür jedoch ziemlich überflüssig. Also.. ein Gutes hat es ja, auch wenn das schwer zu sehen ist, wenn man gerade zwischen zwei Körper zerquetscht wird, von dem einer zu allem Überfluss auch noch Knochen wie Speere hat, die sich in alle möglichen weichen Stellen meines Körpers bohren (Nein, Gott sei Dank DORT nicht!). Denn Kaoru scheint zumindest vergessen zu haben – auch wenn er mich immer noch an den Haaren festhält – dass er mich umbringen wollte.

Allem Anschein nach, projiziert er seinen Hass nun auf den Kerl unter mir, den ich immer noch nicht wirklich erkennen kann, da mein Kopf zwar in die Höhe gezogen wird, meine Sicht jedoch von Schmerzenstränen verschleiert ist.

Himmel, hilf...

„HEY! WAS MACHT IHR DA?!“

Nein, das ist nicht der Himmel, der da spricht, aber immerhin scheint es jemand zu sein, der mir aus meiner misslichen Lage helfen wird. Ja, ich weiß, dass ich selbst daran schuld bin. Aber ich wollte doch nur Kao wecken...

Wer konnte denn ahnen, dass der gleich SO abgeht?!

„Los, runter da!“

Und schon spüre ich eine Hand an meinem Oberarm, der irgendwo unter Kaoru hervor lugt, spüre, wie der leichte Körper von meinem gezogen wird, die Finger jedoch leider erst einen Augenblick später aus meinen Haaren entfernt werden.

Wissen die eigentlich, wie SCHEISSE weh das tut?!

Dem entsprechend entfährt mir auch ein Wimmern, ehe ich wieder ein wenig zurück sinke, da Kaorus (geringes) Gewicht von meinem Körper verschwunden ist. Tief atme ich durch, werde dann auf die Beine gezogen und gestützt. Doch einen Moment später reiße ich mich mit einem Knurren von dem Pfleger los; versuche es jedenfalls. Der Griff ist eisern.

Auch Die, den ich nun endlich erkennen kann, wird auf die Beine gezerrt von gleich zwei Pflegern, die ihm sogleich die Arme auf dem Rücken verdrehen, sodass dessen leicht gerötetes Gesicht von Schmerzen verzerrt ist.

„War ja klar, dass du wieder einmal der Auslöser für Stress bist!“, wird er angefahren und ich kann nur mit ansehen, wie der andere Mann weggeschliffen wird, sich wehrend und versuchend zu erklären, dass er doch nur pissen war und dann überrumpelt wurde.

Aber die Kerle hören ihm nicht zu und dann hab ich auch schon mein ganz eigenes Problem, kann nicht einmal sehen, wo Kaoru hin ist. Scheinbar haben sie ihn auch mitgenommen, genau so, wie ich nun mitgeschliffen wurde.

„Du bist doch der Neue, oder?“, fragt dann der Mann hinter mir plötzlich, lässt mich einen Augenblick verschnaufen, den ich dazu nutzte, mich nun wirklich los zu reißen und ein Stück von dem Mann zu entfernen.

„Ja“, knurre ich leise, wische mir über das Gesicht, um die Tränen von vorhin zu entfernen. Peinlich!

„Ah.. und wieso hast du dich mit den beiden geprügelt?“, werde ich gefragt und schon eine Sekunde später finde ich mich in einer erneuten Umklammerung wieder. Nun ja, mein Arm. Oder mein Handgelenk, wenn man es ganz genau nimmt.

Nun scheint auch langsam Leben in das Gebäude zu kommen. Jedenfalls kommen von dem einen Ende des Ganges nun hin und wieder Menschen. Sicherlich ist das Frühstück vorbei. Toll..

Super!

„Ich habe mich nicht geprügelt!“, fauche ich geladen, blitze meinen Gegenüber an, versuche noch einmal mit einem Zerren mein Handgelenk zu befreien. Doch es scheint hoffnungslos.

Wie ich ihn doch hasse.

Ja, ich hasse ihn und diese ganze, verfickte Welt auch!

Ich hasse alles, ALLE... jeden verschissenen Menschen unter der Sonne!

„LASS MICH LOS!“, schreie ich den Pfleger plötzlich an, merke nicht einmal, dass ein paar der anderen Männer um mich herum ein wenig seltsam schauen. Jedoch scheint dies nicht sonderlich außergewöhnlich zu sein. Jedenfalls interessiert sich niemand weiter für mich und diesen Wichser, der mich hier mit seinen Griffeln betatscht.

Kann mir denn keine verkackte, verfickte.. ver... ver.. ALLES HELFEN?!

Ja, ich bin in Rage, so sehr, dass mir noch nicht einmal mehr Flüche einfallen. Sehr.. also.

Unbeeindruckt sieht der Typ mich an, packt mich ein wenig fester und bringt mich mit einem geübten Griff dazu, leicht einzuknicken.

„Nicht frech werden“, knurrt er leise, ehe er dann doch wieder ein wenig lockerer lässt. Aber nur ein wenig. Er hat mich immer noch fest im Griff.

„Dieses Mal kommst du noch davon, aber glaube mir, ich werde Doktor Shiroyama davon in Kenntnis setzen. Und er wird sicherlich nicht erfreut sein.“

Dann werde ich los gelassen, merke nicht einmal, dass wir vor meinem und Kaorus Zimmer angekommen sind.

Mir mein Handgelenk reibend, starre ich dem Pfleger, eine hochgewachsenen Japaner nach, ehe ich etwas sehr Kindisches tue. Immerhin WEISS ich, dass es kindisch ist, ja?

Ich strecke ihm die Zunge heraus.

Dann verschwinde ich auch schon so schnell ich kann in meinem Zimmer.

Kaoru ist nicht da.

Ich... mache mir Sorgen. Immerhin bin eigentlich ich für diese Prügelei verantwortlich, oder?
 

Mittags habe ich schließlich zum Glück etwas zu Essen bekommen, doch bis dahin und auch im Speisesaal konnte ich Kaoru nirgendwo sehen. Ich war sogar draußen auf dem Hof, habe geraucht.

Doch er war nicht da.

Meine Sorge wurde über den Tag immer größer und nun ist es Nachmittag, ich sitze auf einem Sessel im ‚Wohnzimmer’ und starre gelangweilt auf den Fernseher.

Auch hier ist Kaoru nicht aufgetaucht, obwohl ich das Gefühl habe, dass nahezu alle aus dieser beschissenen Anstalt in diesem kleinen Bereich des Gebäudes versammelt sind.

Und meine Laune erreicht einen neuen Rekordtiefpunkt.

Auch hier sitze ich nun, rauche sicherlich schon meine dritte Zigarette, einfach, da ich nervös bin.

Wer weiß schon, was die Schweine mit Kao gemacht haben?!

Ich werde immer nervöser bei diesen Gedanken. Vielleicht sollte ich aufhören zu denken. Aber mein Hirn lässt sich einfach nicht abschalten, dreht sich im Kreis, schwindelt sich selbst und kommt nicht zur Ruhe.

Meine Finger tippen ebenso rastlos auf der Sessellehne herum, ehe mich eine Stimme aufschrecken lässt.

„Oi, Shin!“

Und sobald ich aufsehe, sehe ich Dai. Ja, genau. DEN Dai. Der, mit dem ich heute Vormittag einen kleinen Zusammenprall hatte. Oder auch einen größeren Crash, ganz wie man es auslegen will.

Eigentlich sieht er noch so aus, als wäre er ganz. Vielleicht weiß er etwas über Kaoru?

Hoffnungsvoll sehe ich ihn an, doch er wirft mir nur einen kurzen Blick zu, zwinkert leicht und lässt sich schon im nächsten Augenblick neben einen Blonden fallen, der aufgesehen hat, sobald Die seine Stimme hat erklingen lassen.

Scheinbar... Shin?

War der Name so?

Kenne ich nicht. Vielleicht ja die Koseform von Shinya?

Oder Shino?

Egal. Ich hoffe immer noch, dass Die mir vielleicht helfen kann mit meinem Problem mit Kaoru. Nun ja, ein Problem ist es nicht gerade.

Aber ich möchte halt wissen, wo er ist. Ich möchte nicht, dass er Schwierigkeiten wegen mir bekommt.

Unauffällig sehe ich immer wieder vom Fernseher zu den beiden, diesem Shin und Die hinüber. Das, was auf dem Bildschirm läuft, bekomme ich jedoch nur noch nebenbei mit: Tuse heiratet Kerl. Bekommen Kinder. Leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Sicherlich so etwas, oder?

Das, was da drüben auf dem Sofa passiert, ist aber sowieso viel interessanter, als die Glotze.

Ich sehe, wie Dai scheinbar Witze macht, die Shin immer wieder zum Lachen bringen, was er hinter einer Hand zu verbergen sucht. Bald kann ich mit ansehen, wie sich ein recht kleiner Mann zu den beiden gesellt, mit einem Gesicht wie zehn Tage Regenwetter und schweigsam. Jedoch grinst auch er schon bald immer mal wieder, wenn Die etwas leise, gestikulierend erzählt.

Und dann plötzlich, sieht der kleine Kerl zu mir hinüber, nur einen ganz kurzen Augenblick. Doch ich habe das Gefühl, geröntgt zu werden. Ein Schaudern läuft mir bei dem stechenden Blick über den Rücken und das unangenehme Gefühl hält auch noch einen Augenblick an, nachdem der junge Mann seinen Blick wieder abgewandt hat.

Eindeutig unheimlich und irgendwie erinnere ich mich, dass ich gestern ein ähnliches seltsames Gefühl hatte.

Doch wirklich einordnen kann ich es nicht.

Nachdenklich ist mein Blick nun wieder auf die Mattscheibe gerichtet, als ich plötzlich Dies Stimme höre und ruckartig aufblicke.

„Kleiner!“

Wer ist hier klein?!

Leicht verenge ich meine Augen, sehe den anderen jedoch fragend an und stehe schließlich auf, als ich sehe, wie Dai eine Bewegung macht, die mich eindeutig zu den Dreien hinüber winkt.

Zögerlich gehe ich zu den anderen hinüber, setze mich schließlich auf das Sofa, da mir der kleine Mann und dieser Shin ein wenig Platz machen. Die sitzt nun auf meiner anderen Seite, klopft mir leicht auf die Schulter.

„Hey, wie heißt du?“

„Toshiya.“

Immer noch bin ich skeptisch. Was er wohl will?

Will er mir wegen heute Vormittag eine reinhauen?

Es sah schließlich so aus, als ob er wegen mir Probleme bekommen hätte. Mein Blick wird ein wenig unsicherer und ich spüre nur zu gut die musternden Blicke der anderen Drei auf mir.

„Freut mich, ich bin Die. Das hier sind Shinya“, er zeigt auf den großen Blonden neben sich, den er vorhin mit ‚Shin’ gerufen hat und ich lächele leicht, ein wenig zögerlich und erhalte ein ebenso leichtes Lächeln zurück. Scheint schüchtern.

„Und Kyo“, Dai deutet auf den kleinen Blonden, der mich nun neugierig, jedoch mit verschlossener Miene mustert.

Ich hingegen lächele auch ihn zaghaft an, genau so wie Shinya und wage mich dann ein wenig vor, wage mich die Frage zu stellen, die ich Die schon die ganze Zeit stellen wollte.

„Was ist heute Vormittag noch passiert?“, frage ich ein wenig unsicher, mein Blick huscht zwischen den Dreien hin und her und ich sehe, wie Kyos Blick noch ein wenig neugieriger wird.

„Was ist mit Kaoru.. weißt du das?“

Ein plötzliches Geräusch lässt mich wieder zu Kyo sehen, der nun nur noch verschlossener aussieht, sich auf der Unterlippe herum beißt. Was ist denn los?

Hab ich die falsche Frage gestellt?

„Na ja“, das ist wieder Dies Stimme, die mich nun wieder zu dem großen, schlanken Mann sehen lässt. Und er hört sich irgendwie ein wenig unsicher an. Oder täuscht das?

„Mich haben sie direkt nach dieser Sache weggebracht...“

„Was war denn heute morgen?“, ist plötzlich eine leise Stimme zu hören.

War das Shinya?

Er sieht Die jedenfalls unsicher an, während Kyo fordernd aussieht, als wolle auch er es endlich wissen, worüber wir denn reden.

Aber ist das denn nicht schon längst überall hier bekannt?

Scheinbar nicht, denn als Die ihm knapp schildert, wie wir Drei – Kaoru, Die und ich – in einander gerasselt sind, sieht er doch ziemlich besorgt aus.

„Sie haben Kaoru mitgenommen?“

„Ja, Shin... ich denke... du weißt schon...“

„Was?“, will ich nun auch wissen. Ich fühle mich verarscht. Wieso wissen hier scheinbar alle sofort, was abgeht, nur ich nicht?

Die wirft mir einen kurzen Blick zu, ehe dieser zu Kyo wandert und auch ich sehe zu dem kleinen Mann, der ein wenig abwesend wirkt.

„Kyo... ich denke es war mal wieder so weit.“ Die wirkt irgendwie ein wenig zögerlich, als er dies zu Kyo sagt und dieser nickt nur leicht, sieht ihn... verzweifelt (?) an.

Dann ein tiefes Seufzen und Kyo steht auf, pattet Shinya kurz auf den blonden Schopf, der ihn ebenfalls leicht unsicher ansieht und macht sich dann auf den Weg, schlurfenden Schrittes und mit den Händen in den Taschen seiner weiten Jeans.

Als ich ein leises Geräusch neben mir vernehme, sehe ich wieder zu den beiden, die nun noch neben mir sitzen.

„Wa-?“

„Kyo muss nur was erledigen“, erklärt Die schwammig, was mich wohl zufrieden stellen soll. Tut es aber nicht. Ein leises Schnauben ist von mir zu hören, doch wird dies einfach ignoriert von meinen beiden Gesprächspartnern.

„Also, du musst wissen... wenn es hier Stress von den ‚Patienten’“, er spricht das Wort voll Abscheu aus, „gibt, gibt es Stress von oben. Von den Ärzten.“

„Ärzten?“

„Jaaa... Shiroyama, die Sau ist nicht der Einzige. Dieser Scheißer, denk das nicht! Aber er erstellt die psychologischen Gutachten und führt die Gesprächstherapien. Ich denke, das wirst du auch noch mitbekommen. Jedenfalls hatte ich vorhin auch noch einigen Stress mit den beiden ‚freundlichen’ Kerlen, die sich meiner angenommen haben. Und ich denke.. Kaoru werden sie mal wieder eine Zwangsernährung auferlegt haben.“ Seine Stimme klingt leicht bedrückt bei den letzten Worten und ein wenig umständlich zündet er sich eine Zigarette an, während Shinya neben mir leicht das Gesicht verzieht, leicht von uns beiden abrückt. Nichtraucher.

„Zwangsernährung?“

„Ja, er ist in letzter Zeit wieder mal ziemlich dünn geworden“, nuschelt Die um die Kippe zwischen seinen Lippen. Shinya sieht ebenfalls ziemlich niedergeschlagen aus.

„Er hat glaube ich ziemlichen Stress in letzter Zeit gehabt. Hat fast gar nichts gegessen“, meint Dai leise, nachdem er an seiner Zigarette gezogen hat, den bläulichen Dunst gen Decke bläst.

Irgendwie erinnert mich sein Anblick daran, dass auch meine Finger gerne wieder etwas zu tun hätten. Und so zünde ich mir nun schon meine dritte Zigarette an. Egal. Heute darf ich auch mal wieder Kettenraucher sein.

Hier drinnen bleibt einem doch eh nichts anderes, oder?

„Wie lange bist du hier?“

Diese Frage kommt mir einfach so in den Sinn und so stelle ich sie Shinya. Der junge Mann sieht mich verwundert an, lächelt dann leicht.

„Seit drei Monaten“, meint er leise. Ich mag Shinyas Stimme, fällt mir plötzlich auf. Sie ist angenehm, leise, aber auch nicht zu leise. So, dass man ihm gerne zuhört.

„Eh.. und wo ist... Kyo nun hin?“ Ich spreche seinen Namen leicht zögerlich aus, bin mir nicht sicher, ob ich ihn mir richtig gemerkt habe.

Und bitte wundert euch nicht über meine Gedankensprünge. Das ist irgendwie schon normal bei mir. Weiß nicht, wann das angefangen hat.

„Kyo... musste eben etwas tun“, meint Die noch einmal nur, mit einem geheimnisvollen Lächeln, drückt seine Zigarette in einem Aschenbecher aus, zwinkert mir kurz zu, strubbelt Shinya durch die Haare, der nur leise murrt und verschwindet dann aus dem ‚Wohnzimmer’.

Und irgendwie.. fühle ich mich genau so klug wie vorher.
 

Bald darauf macht sich auch Shinya auf den Weg in sein Zimmer, wie es mir scheint und so beschließe auch ich dort hin zu gehen. Also in mein Eigenes, nicht in Shinyas.

Auf dem Gang begegne ich Kyo, der noch verschlossener auf mich wirkt, als zuvor, als er uns verlassen hat.

Ich lächle ihm leicht zu, doch von ihm kommt keine wirkliche Reaktion. Nun ja, jedenfalls keine Gesichtsregung. Er nickt nur leicht und ist dann auch schon an mir vorbei, lässt mich in etwa genau so blöd zurück, wie Die zuvor und genau so schaue ich ihm auch nach.

Blöd.

Leicht schüttele ich meinen Kopf, hoffe ihn nun ein wenig frei zu bekommen und stehe auch schon bald vor meiner Zimmertür. Die Hand auf der Klinke zögere ich leicht.

Wieso?

Ich hoffe irgendwie, dass Kaoru wohlbehalten und brummig da drinnen sitzt, mich vielleicht noch einmal anmault wegen der Dusche heute morgen, dann aber wieder lächelt. Ich.. brauche das jetzt irgendwie.

Noch einmal atme ich tief durch, dann drücke ich die Klinke hinunter, schiebe die Tür auf und trete mit gesenktem Blick in unser Zweierzimmer.

Und da liegt er. Ich sehe Kaoru, als ich meinen Blick hebe.

Er sieht nicht sonderlich gut aus. Blass und hebt sich deutlich weiß von seinem dunkelroten Bettbezug ab.

Sein Gesicht ist weiß, seine Haare liegen dunkel um seinen Kopf und nur müde öffnet er die Augen, die Decke bis zum Kinn hoch gezogen. Und dann macht mein Herz einen kleinen Hüpfer.

Er lächelt.

Tut das gut.

Sogleich schenke ich ihm mein strahlenstes Lächeln, das ich gerade zu Stande bekommen und hocke mich an sein Bett.

„Kao... tut mir leid, die Sache mit heute morgen.“

Er schüttelt leicht den Kopf.

„Schon in Ordnung“, murmelt er leise und hört sich auch wirklich danach an.

„Es war klar, dass es irgendwann wieder so weit sein musste.“
 


 

Ende Kapitel drei.
 

Wohoooo~ ich habe es geschafft und ich hoffe, ich habe nicht allzu viele Fehler drin .___.“

Hab mich heute einfach strickt dran gesetzt, nachdem ich so lange nichts Ordentliches auf die Reihe bekommen habe und siehe da... innerhalb von wenigen Stunden habe ich ca. 6 Seiten auf Word geschrieben xD

Aber ich muss auch sagen, dass ich das sicherlich noch lange nicht hinbekommen hätte, wenn mir meine liebe abgemeldet nicht in den Arsch getreten hätte. Also, bedankt euch bei ihr ^^“

*selbst in der Zeit Hintern reib*

Soooo~ Kommis sind wie immer gewünscht ^^

Ob nun Kritik oder Lob... ich werde mit beidem sehr gerne überhäuft ^.~ denn nur aus Kritik lernt man, oder?

Also, danke fürs lesen. Und ich hoffe, ihr lest weiter :3

04-Ka4iTeL ViEr

KaPiTeL ViEr
 

Ich sitze in dem Besprechungszimmer, in dem ich auch schon gewesen bin, als sie mich eingeliefert haben. Nun ja, eigentlich habe ich mich ja selbst einge… ausgeliefert sollte man wohl eher sagen. Wenn ich daran denke werde ich immer noch sauer auf mich selbst.

Aber momentan kann ich eigentlich gar nicht wirklich in meinem Selbstmitleid aufgehen, da ich in Gedanken eigentlich immer noch bei gestern bin, immer noch Kaoru vor mir sehe, wie er erschöpft in seinem Bett liegt, sich kaum rühren kann und auch schon nach diesen paar Worten, die er an mich gerichtet hat, eingeschlafen ist.

Ich kann mich nicht wirklich auf das konzentrieren, was um mich herum passiert. Aber es ist ja auch nicht wirklich weiter interessant. Meine ignoranten Eltern sitzen neben mir, unterhalten sich mit diesem bescheuerten Doktor Shiroyama.

Man hat mich gefragt, ob es mir lieb wäre, das erste Gespräch mich ihm, das die Frage meiner Therapie behandelte, mit meinen Eltern zusammen zu führen.

Meine einzige Antwort bestand darin, dass ich der Frau, die mich dies fragte an den Kopf knallte, dass ich keine Therapie bräuchte.

Und nun?

Nun sitze ich doch hier, wo ich mich doch lieber um Kaoru kümmern würde. Nicht als Entschuldigung. Nicht nur.

Auch einfach, weil ich ihn gerne habe. Ich will nicht, dass es ihm schlecht geht. Er war der Erste hier, der sich um mich gekümmert hat, sich meiner angenommen hat. Und das möchte ich ihm doch irgendwie gerne wieder geben können.

Nun ja, nun habe ich mich erst einmal um mich selbst zu kümmern.

Mein gelangweilter Blick schweift durch das Zimmer, das sich sogleich automatisch als das, eines Arztes erkennen lässt. Überall stehen dicke Schinken in den Regalen, die wohl alle möglichen Krankheiten beinhalten, die man nur erfinden konnte.

Irgendeine davon wird man sicherlich auch auf mich zuschustern können, oder?

Sicherlich…

Zugegeben, ein klein wenig neugierig bin ich ja, für welche Krankheit sie sich nun entschieden haben. Könnte glatt lustig werden, wenn ich nicht in Therapie müsste, wegen diesem Scheiß.

Ein leises Seufzen ausstoßend, zünde ich mir eine Zigarette an, auch wenn hier nirgendwo ein Aschenbecher in Sicht ist. Ist mir doch egal.

So rauche ich also, ignoriere den pikierten Blick des Mannes vor mir – Doktor Shiroyama in Person – und auch die entsetzten meiner Mutter. Mir doch egal, was sie alle über mich denken. Meine Eltern haben mich verraten. Mein Vater würdigt mich eh keines Blickes, doch ich weiß, dass er entsetzlich genervt von mir ist.

„Also“, beginnt Dokter Shiroyama dann mit einem leisen Räuspern, was ich jedoch nur mit einer leicht hochgezogenen Augenbraue beantworte, nicht einmal meinen Blick auf ihn lenke.

„Herr und Frau Hara. Toshimasa.“

Ich blicke geringfügig genervt auf, nehme einen weiteren tiefen Zug von meiner Zigarette, die Asche fällt schon beinahe herunter und rasch öffnet der Arzt eine Schublade seines Schreibtisches und schiebt mir einen Aschenbecher rüber. Ein kleines, arrogantes Lächeln erscheint auf meinen Lippen, ehe ich abasche, dann entspannt, als sei nichts geschehen, weiter rauche. Immer noch hat Doktor Shiroyama nur meine halbe Aufmerksamkeit, während mein Blick gelangweilt durch sein Zimmer streift.

„Also, Herr und Frau Hara“, beginnt der Mann von neuem, erwähnt mich dieses Mal gar nicht, behandelt mich wie Luft, ebenso wie ich es mit ihm tue.

„Ihr Sohn braucht offensichtlich eine längere Behandlung. Es geht uns dabei in erster Linie darum, zunächst zu verstehen, wie es zu dem vorliegenden Krankheitsbild gekommen ist, welches ich ihnen zuvor schon geschildert habe“, der Mann macht eine bedeutungsschwere Pause, die mich nun doch erneut dazu bringt, aufzubegehren.

„Was soll das heißen?! Wie ich ihnen zuvor schon geschildert habe. Ich, will auch wissen, was für ein Problem ICH habe. Was stimmt nicht mit mir?“ frage ich nun doch ein wenig aufgewühlt nach, wirbele meine Zigarette leicht durch die Luft, sodass die Spitze aufglüht, der Rauch in die Luft steigt.

„Ich dachte, ich bräuchte einfach nur eine Pause, so hat man es mir doch gesagt. Papa?!“

Ich sehe meinen Vater an, durchdringend, doch dieser sieht weg. Dennoch rede ich weiter auf ihn ein.

„Hoshino-san hat doch gesagt, dass es reicht, wenn ich mich ausruhe. Papa? Sag doch was! Er ist dein Freund… er hat mit mir geredet und für genug befunden, wenn ich mich ausruhe! Ich brauche keine Therapie! Sagt doch was! Mama?“

Meine Mutter beginnt zu weinen. Das wollte ich doch auch nicht, aber sie sollen mir verdammt noch mal zuhören!

Ich weiß, dass alles in Ordnung ist mit mir! Der Rest dieser verfickten Welt ist verrückt, nicht ich! Ich bin doch normal. Bin ich denn der Einzige normale hier?!

Glatt ein wenig panisch blicke ich zwischen meinen Eltern und dem Arzt hin und her, sehe jedoch, dass ich nicht sonderlich weit kommen werde.

„Schön!“ meine ich dann patzig, drücke meine Zigarette aus, lehnte mich mit trotzig verschränkten Armen zurück.

„Schön!“ wiederhole ich, schüttele mir eine meiner langen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

„Dann macht doch, was ihr wollt. Wird mir wenigstens gesagt, was meine Krankheit ist?“

Schweigen.

„Schön“, presse ich erneut hervor, presse dann meine Lippen aufeinander, sodass sie einen schmalen Strich ergeben. Toll, dann würde ich eben gar nichts mehr sagen. Ich würde einfach nicht mehr mit machen, dann könnten die ja sehen, wie weit die mit ihrer Therapie kämen. Ich würde mich jedenfalls NICHT manipulieren lassen!

Nie im Leben.
 

Meine Eltern und dieser beschissene Pfuscher reden noch weiter über mich, als ob ich Luft wäre. Ehrlich, ich frage mich, wieso ich hier sitzen muss, wenn doch eh alles über meinen Kopf hinweg entschieden wird.

Was soll die verdammte Scheiße?!

Mit solchen und ähnlichen Gedanken beschäftige ich mich die geraume Zeit, in welcher über mich geredet wird. Ich bekomme jedoch alles mit, was sie sagen. Sie sollen bloß nicht denken, dass ich nun vollkommen auf Durchzug gestellt habe. Vielleicht bekomme ich ja so etwas davon mit, was scheinbar nicht mit mir stimmt.

Aber Fehlanzeige, über meine Krankheit wird eisernes Stillschweigen bewahrt.

Arschlöcher, allesamt. Da nehme ich meine Eltern nicht aus.

Leise knirsche ich mit den Zähnen, zünde mir bald eine neue Zigarette an und starre einfach auf die glühende Spitze, blase den Rauch provozierend in die Richtung dieses Pfuschers, der jedoch nicht einmal mit der Wimper zuckt.

Er soll sich aufregen, verdammte Scheiße!

Ich will Beachtung, immerhin wird doch hier über MICH geredet, oder?!

Doch meine Beachtung wird mir nicht gewährt, bis das Gespräch scheinbar zu Ende geht.

„Toshimasa, wir werden uns dann von nun an drei Mal die Woche sehen. Das dürfte reichen“, meint das Arschloch dann noch zu mir, ich brumme nur leise, erhebe mich dann einfach.

„Das war’s dann, ja?“ frage ich gelangweilt, unhöflich, was mir einen entsetzten Blick meiner Mutter einbringt. Was?

Kommt sie nicht damit klar, dass ihr Sohn mal nicht so lieb und nett ist, wie er all die Jahre immer geheuchelt hat?

Tja… Pech gehabt. Hat sie wohl in ihrer Erziehung versagt. Ich heuchele von nun an nicht mehr.

Der Arzt nickt nur, ich zucke die Schultern und verschwinde dann einfach Grußlos aus dem Raum. Nicht einmal einen Blick mehr schenke ich meinen Verrätereltern.

Sollen sie doch… einfach verschwinden. Sollen sie doch ALLE einfach verschwinden, denke ich mir, während ich zu meinem Zimmer zurück kehre. Auf dem Weg begegne ich wieder einmal Kyo, nicke ihm nur zu und seufze leise, als ich die Tür öffne.

Kaoru sitzt aufrecht in seinem Bett, ich lächle ihn an.

„Na?“

„Na“, macht er zurück, lächelt mich ebenfalls schief an. Ich mag dieses Lächeln irgendwie.

Leise seufze ich, fahre mir durch die langen Haare und lasse mich neben ihn fallen.

„Und? War’s langweilig ohne mich?“

„Ich wäre beinahe umgekommen“, lacht Kaoru leise, streckt eine Hand nach seiner Zigarettenschachtel aus, nimmt sich eine Kippe und zündet diese an. Suchthaufen.

Ich muss grinsen.

„Kaum kannst du dich wieder bewegen, wird geraucht“, sage ich scheinbar missbilligend, lache jedoch leise.

Auch Kaoru grinst mich an, inhaliert den Rauch tief.

„Tja, was kann man gegen seine Triebe tun? Nur für sie verachtet werden.“

Und wieder einmal… wieder einmal gibt mir Kaoru mit seinen Worten das Gefühl, dass noch mehr dahinter ist. Doch ich schiebe es einfach bei Seite. Da wird schon nichts weiter sein. Er meint das Rauchen, sonst nichts.

„Hm… hast wohl Recht…“

Dann erzähle ich ihm von Doktor Shiroyama, davon, dass mir niemand sagen wollte, was denn nun an mir so ‚verrückt‘ sei und wie scheiße doch sowieso alle sein.

Kaoru schmunzelt, erhebt sich dann mit einem Mal. Besorgt sehe ich ihn an, doch er grinst nur, scheinbar um mir zu zeigen, dass alles in Ordnung ist.

„Komm mal mit… eigentlich dürfen wir nicht alleine hin, aber ich möchte dir zeigen, wo sie uns in Gruppen… ‚therapieren‘“, meinte er mit einem verächtlichen Grinsen und auch ich erhebe mich.

Zusammen gehen wir durch die Gänge des Gebäudes, ich einfach neben Kaoru und blicke ihn immer wieder unsicher an, da ich nicht weiß, wohin er will. Er jedoch summt nur vergnügt und geleitet mich schließlich durch eine riesige zweiflüglige Tür, von der wir jedoch nur eine Seite einen Spalt öffnen, um in den großen Raum dahinter zu schlüpfen. Mit einem leisen Rumsen, das mich zusammenzucken lässt, schließt Kaoru hinter uns die Tür. Ich drehe mich zu ihm, sehe, dass er mich angrinst.

„Ein schöner Raum, oder?“ fragt er mich, worauf hin ich einfach nur nicken kann, mich in dem Raum mit der Hohen Decke umsehe.

„Naja… es ist nur einfach nervig, was hier stattfindet… Gruppentherapie… haben wir nachher auch noch. Du wirst es hassen lernen“, meinte Kaoru schief grinsend, ging dann jedoch zu einem Schrank hinüber, öffnete die große Tür und blickte traurig auf die dahinter liegende Gittertür, die wohl den Inhalt vor unrechtmäßiger Entwendung schützen soll. Langsam trete ich neben Kaoru, erblicke im Inneren des Schrankes viele Musikinstrumente und, als ich Kaorus Blick folge, eine Gitarre. Leicht muss ich lächeln, als er seine Hand ausstreckt, die Finger vorsichtig zwischen den Gittern hindurch schiebt und leicht, sanft über die Saiten streicht, der Gitarre nur zarte, warme Töne entlockt, die nur für Augenblicke durch die stille Luft schweben, ehe sich entschwinden, verebben.

„Kannst du Gitarre spielen?“ frage ich schließlich ganz leise nach, erhalte nur ein zartes Nicken von Kaoru und muss noch mehr lächeln.

„Eine Schande, findest du nicht?“ fragte er schließlich leise, unvermittelt, dreht sein Gesicht, das von einem traurigen Blick gezeichnet ist zu mir.

„Was?“ frage ich zögerlich, leise zurück.

„Dass sie hier eingesperrt ist… niemand kann auf ihr spielen, außer diese kranken Leute hier erlauben es… Und dann darf jeder Hanswurst auf ihr spielen, sie misshandeln. Weißt du, was für ein empfindliches Instrument so eine Gitarre ist?“ fragt Kaoru mich leise, lächelt zart, als er mein unsicheres Kopfschütteln sieht.

„Ich kann es dir zeigen, wenn du willst… später.“

Ich verstehe nicht ganz, wie und wann er mir das zeigen will. Wie will er an die Gitarre im Innern herankommen?

Doch Kaoru scheint sich ziemlich sicher, was mich einfach nicken lässt, ihn sogleich lächeln, bis mit einem Mal im nächsten Augenblick die Tür mit einem lauten Klicken, das unangenehm durch den Raum schallt, die Stille umstößt, aufgeht.

Erschrocken fahren wir beide herum, sehen einem Pfleger ins Gesicht, der uns nur milde tadelnd ansieht.

„Kaoru. Du kennst doch die Regeln“, meint der Mann dann mit sanftem Tadel in der Stimme und zu meiner Verwunderung sehe ich Kaoru den Kopf senken. Der Mann zitiert uns heraus.

„Später wieder, nicht wahr?“

„Genau, später, Kaoru.“

Kaoru verwirrt mich, wieso tut er so… untergeben?

Doch kaum, dass der Mann weg ist, brummt der Mann neben mir auch schon wieder, sieht einfach nur genervt aus, sodass ich sogar leise lachen muss.

„Tu einfach so, wie ein Kind… die meisten hier wissen noch nicht einmal, wie sie mit uns umgehen sollen. Die sind total unsicher im Umgang mit uns, obwohl wir doch sind, wie alle anderen…“

Ich nicke leicht, muss grinsen.

„Und wie du siehst“, nun grinste auch wieder Kaoru, „bekommt man keine Strafe, wenn man nur so tut als ob.“

Leise lachen wir beide, gehen wieder in unser Zimmer.
 

Wie Kaoru vorhin schon meinte, haben wir dann am Nachmittag dieses komische Gruppengedöns. Ich weiß nicht wirklich, was ich davon halten soll, als ich mit den anderen, mit Die, Shinya, Kyo und Kaoru dort in dem Raum stehe, die anderen Leute, die hier ebenso leben, wie wir um uns und ein junger Mann vor und steht, im Sportdress und uns so liebevoll wie nur möglich zu erklären versucht, dass wir uns in einer Reihe aufstellen sollen.

Ich sehe nur Kaoru an, doch dieser sieht genau in diesem Augenblick zu Kyo, der meinen Zimmerpartner ebenfalls ansieht. Und das erste Mal, seit dem ich hier bin, sehe ich ein kleines Lächeln auf den Lippen des blonden Mannes, das sogar ehrlich wirkt. Ich bin verwirrt, blickte lieber wieder weg. Denn dieser Moment… irgendwie scheint er mir so privat zu sein, so sehr diesen beiden Menschen zu gehören, dass es mich ganz verlegen Macht, dass ich sie auch nur für einen Augenblick in dieser Zweisamkeit gestört haben könnte.

So fällt mein Blick, immer noch in Gedanken bei Kaoru und Kyo auf Daisuke, der mich breit angrinst, mir zuzwinkert und dann mit einem Mal beginnt ein wenig auf seinem Platz in der Reihe zu kaspern, sich nach oben zu strecken und sich scheinbar zu… melden?

Ich muss leise prusten, halte mir eine Hand vor den Mund.

„Ja, Daisuke? Was möchtest du uns sagen?“ fragt der Mann sichtlich verwirrt, hält in seinem Versuch inne, die Reihe weiter aufzubauen und widmet sich dem Rothaarigen mit all seiner Aufmerksamkeit, der dann jedoch unsicher den Arm zurück zieht, den Mann mit einem waschechten Hundeblick ansieht.

„Jetzt… hab ich’s vergessen“, nuschelt er leise und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt sagen, dass er tatsächlich verlegen sei. Doch ich weiß es besser, sodass es mir nur noch schwerer fällt, mein Lachen herunter zu schlucken.

„Dann sagst du’s uns, wenn du es wieder weißt“, meint der Mann mit einem leisen Seufzen. Scheinbar ist das nicht das Erste Mal… und auch nicht das Letzte, denn kaum fährt unser Gruppentherapeut darin fort, seine Schäfchen in eine Reihe zu befördern, fängt Die wieder an zu hampeln. Dieses Mal ist tatsächlich ein Prusten von mir zu hören. Rasch schlage ich mir die Hand vor den Mund, als ich den tadelnden Blick des Mannes auf mir spüre, der dann fragend Die ansieht.

„Ja? Weißt du es wieder?“

„Ano… ja! Fickst du eigentlich die fette Frau hinter dem ‚Empfang‘?“ will Die dann wissen, verzieht keine Miene und sieht immer noch genau so treu-doof aus, wie zuvor. Und als der Kerl vor uns dann auch noch rot anläuft, kann keiner mehr, alle lachen einfach nur, während dieser Daisuke entgeistert und auch wutschnaubend anstarrt.

Dai beginnt ebenfalls zu grinsen, strahlt mich an, da ich ihn einfach nur lachend ansehe und stört sich scheinbar auch nicht daran, dass er sich dann an den Rand setzen muss. Also... wenn ich mir das so ansehe… vielleicht sollte ich auch so einen dummen Spruch reißen?

Jedoch beginnt der Therapeut dann auch schon einfach mit seinem Programm, stellt die Musik an und erzählt uns allen möglichen Scheiß. Wir sollten uns strecken, uns fühlen wie ein Baum und uns im Wind wiegen?!

Ich starre den Typen mit großen Augen an, muss prusten.

„Ja, Toshimasa? Hast du uns etwas zu sagen?“ fragt der Mann mich eindeutig noch gereizt von Dais Aktion, sodass ich rasch, mir ein Kichern verbeißend, den Kopf schüttele. Oh Gott, ich würde an unterdrücktem Lachen noch mal sterben.

„Gut“, knurrt der Mann.

Gott, ist der jetzt wirklich angefressen? Das ist aber auch zu lustig.

Nun bin ich es, der Dai zuzwinkert, der Grinsend da sitzt und mich, wie es mir schien, zufrieden ansieht.

Also fühlt ich mich nun wie ein Baum, hört nur, wie der Therapeut weiter vor sich hinbrabbelt. Erst, als er zu einem Tooru meint, dass so doch kein Baum sei, dass er seine Äste mehr strecken solle, blickt ich mich ein wenig verwirrt um, erkenne dann, dass er mit Kyo spricht, der ihn mindestens ebenso entgeistert anstarrt, wie ich verwirrt.

„Ich bin nicht Tooru… ich bin Kyo“, knurrt er bedrohlich, sieht nur noch unheimlicher aus, mit den halb in der Höhe hängenden Armen. Wie ein Gespenst, schießt es mir durch den Kopf. Ich sehe aus dem Augenwinkel, wie Kaoru blass wird. Was ist los?

Geht es ihm nicht gut?

Der Therapeut räuspert sich leise, lächelt Kyo gewinnend an.

„Okay, das wusste ich nicht. Kyo, so ist kein Baum.“

„Dann bin ich halt ‘nen Busch“, knurrt der Angesprochene nur leise zurück, hockt sich auf den Boden und starrt den Therapeuten, der deutlich überfordert scheint herausfordernd an.

Ich blicke zwischen beiden hin und her. Das könnte interessant werden.

Deathglare against Blümchenblick… ja, sehr interessant.

Wer würde siegen?

Würden die Blümchen eingehen oder der Tod widerbelebt?

Allem Anschein nach gehen die Blümchen ein – nichts anderes hatte ich erwartet – denn der Mann vor uns wendet seinen Blick ab, nuschelt noch etwas von ‚Dann sei ein Busch‘ und klatscht dann in die Hände.

„Alle anderen strecken jetzt ihre Äste zum Himmel hinauf, versucht die Luft zu greifen!“

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Kaoru sich übertrieben reckt, Shinya, der neben ihm steht leise kichert und ihn noch übertrifft. Ich mache natürlich mit, keine Frage.

„Oh ja! Schaut euch mal alle diese tollen Bäume an! Tooru, schau mal. Willst du nicht auch ein solcher Baum sein?!“

„ICH BIN NICHT TOORU!!!“ brüllt es mit einem Mal vom Boden und der kleine Mann, den ich nur unter Kyo kenne, springt auf, wird jedoch gerade noch im letzten Augenblick von Kaoru und Shinya festgehalten. Verwirrt stehe ich – Toshiya der Baum – dort nun in der Gegend herum und starre den kleinen, wütenden Zwerg an, der sich frei zu kämpfen versucht.

Kaoru redet leise auf ihn ein, das kann ich nur an der Lippenbewegung erkennen, während der Therapeut zurück weicht, völlig verstört scheint. Die legt ihm mit einem breiten grinsen eine Hand auf die Schulter.

„Mach dir nichts daraus… das ist allen anderen vor dir auch passiert“, lächelt er mitleidig.

Kyo erlahmt allmählich in seinen Bewegungen und ich stehe nur völlig verwirrt in der Mitte des Raumes, während auch schon Pflegepersonal, das wohl den Aufruhr mitbekommen hat, hereingeeilt kommt.

Der Therapeut scheint ebenso verwirrt wie ich, als Kyo von den Männern gepackt wird und auch sogleich wieder aufbegehrt, jedoch einfach weggeschliffen wird. Erneut sehe ich einen Blick bei ihm, der alles andere als so ausdruckslos wie sonst immer aussieht. Er sieht Kaoru an. Verzweifelt, um Hilfe flehend.

Ich blicke zu Kaoru hinüber, will sehen, dass er Kyo hilft. Aber… er steht einfach nur da. Ich starre ihn entsetzt an, sehe dann jedoch die Verzweiflung ebenfalls in seinem Blick, ehe er sich abwendet, sich auf die Unterlippe beißt.

„Kaoru!“

Ich schüttele ihn, doch er schiebt mich nur weg, sieht mich nicht einmal an und flieht dann aus dem Raum.

„RUHE!“

Doch ich ignoriere diese Stimme, starrte einfach erst Kaoru hinterher, der soeben durch die Tür geht, ehe ich ihm nachlaufe, jedoch schon kurz darauf von einem Pfleger gepackt werde.

„LOSLASSEN!“ schreie ich den Kerl an, schlage um mich. Doch mit einer einzigen Bewegung werden mir die Arme auf den Rücken gedreht, sodass ich mit einem schmerzerfüllten Keuchen in die Knie gehe.

„Lass mich los!“

„Keine Chance“, meint der Pfleger ruhig, hält mich einfach fest, als mit einem Mal Die neben ihm steht, ihm auf die Schulter tippt.

„Ich glaub, du tust ihm weh“, meint er leise, deutet auf mich hinab.

Oh ja und wie das Arschloch mir weh tut!

Danke für die Aufmerksamkeit.

„Ja?“ zischt der Pfleger Die jedoch nur an, dreht meinen Arm noch ein wenig mehr, was mich wirklich leise wimmern lässt.

„Dann mach es nicht noch schlimmer und setz dich artig auf den Boden!“

Hallo???

Haben die hier denn alle nen Schaden?

Jetzt darf ich dafür büßen, dass Die es gewagt hat zu sprechen, oder wie?!

Kranke Scheiße. Ich will nach Hause!

„Lass mich los“, wimmere ich leise, versuch mich in eine ‚bequemere‘ Position zu winden und beiße mir auf die Unterlippe, da es einfach nur scheiße weh tut.

Doch auf mich wird scheinbar gar nicht gehört, denn erst nach einer Weile, als einer der anderen Pfleger ‚Entwarnung‘ gibt, werde auch ich losgelassen und krauche sogleich von dem irren Kerl weg, zu Dai hinüber, der mich einfach ohne Widerrede zuzulassen an sich drückt, was ihm einen doch ziemlich verwirrten Blick von mir einhandelt.

„Was..?“

„Ist schon okay. Komm einfach her, ich brauch was zum Drücken“, erklärt Die platt, drückt mich an sich und ich lasse es einfach geschehen, ist die warme Brust doch wirklich… entspannend.

Ich spüre natürlich den aggressiven Blick, den uns ein Pfleger zuwirft und sehe verwirrt zu Dai hinauf.

„Was ist denn nun Falsch?“ will ich wissen, kann es einfach nicht verstehen. Dai jedoch drückt mich einfach nur ein wenig mehr an sich, woraufhin sich der Kerl, der uns zuvor mit Blicken zu erdolchen versucht hat, einfach schnaubend abwendet und sich zu einem anderen Mann gesellt, der mit dem Therapeuten redet, dem es jedoch kräftig genug zu sein scheint.

Immer noch sehe ich fragend zu Dai auf, dieser lächelt mich nun an.

„Der bescheuerte Kerl wird auch kündigen“, lacht er leise, streicht mir ein paar meiner langen Haarsträhnen aus dem Gesicht, was mich nur noch verwirrter schauen lässt.

„Hier hält’s keiner lange aus, wenn wir alle zusammen halten“, erklärt mir Die leise, scheint ein wenig abwesend dabei, streichelt nämlich immer noch durch meine Haare.

„Und das haben wir wohl gerade“, lacht er leise.

„Den haben wir’s gezeigt, oder?“

Grinsend blickt er auf mich nieder und ich muss ebenfalls leise lachen, grinse dabei breit und nicke.

„Aber das mit Kyo… das war nicht geplant“, murmelt Dai dann leise und nun bin ich glatt noch verwirrter, als zuvor. Gerade will ich fragen, was das denn dann war, als Dai auch schon einfach weiter spricht.

„Nun ja… es war klar, dass der Typ ihn mit seinem richtigen Namen anspricht und dass Kyo ausrastet… aber nicht, dass die Pfleger eingreifen. Das macht das Ganze doch ein wenig… böse.“

Ich verstehe wirklich nur noch Bahnhof, als Dai nun lieb lächelnd auf mich hinabblickt, mich erneut sanft streichelt. Gott… vielleicht sollte ich mich langsam von ihm losreißen, sonst werde ich hier noch süchtig?

„Mach dir keine Sorgen… wird schon wieder alles“, meint er mit einer sanften Stimme zu mir, die mich glatt leise seufzen lässt. Meine Augen fallen einfach zu und ich höre seine leise, leicht raue Stimme. Raucherlachen. Ich mag es irgendwie. So… schön einfach.

Und irgendwie hat Die mich mit diesem leisen Laut vollkommen davon abgelenkt, dass ich ihn eigentlich etwas fragen wollte. Nun ja, nun ist es auch egal. Ich genieße einfach, dass wir die Pfleger damit in Rage versetzen können, dass wir hier so kuschelnd liegen. Denn nichts anderes hat Die doch vor, oder?

„Du willst nur die Pfleger wütend machen, oder?“

„Womit?“

Verwirrt blickt er mich an, streicht mir schon wieder mit seinen sanften Finger so zart durch die Haare, dass ich einfach leise seufzen muss.

„Naja… damit.“

„Ach so… wieso sagst du das nicht gleich?“ fragt er mich wieder mit diesem herrlichen rauen lachen, das auch mich grinsen lässt.

„Naja… nicht nur. Wenn ich die nur ärgern wollte, würde ich das hier tun.“

Und damit zieht er mein Gesicht ungerührt zu sich hinauf, drückt mir seine Lippen auf meine.
 

„Siehst du, das ist etwas völlig anderes.“
 

„Toshi?“

„Eh… eh ja…“

Ich habe nichts verstanden. In meinem Kopf herrscht gerade gähnende Leere. Nein. Falsch. Die hat gerade noch geherrscht, nun hab ich immerhin wieder meine Sprache zurückerlangt.

„Jetzt sieh mal, wie die gucken“, gluckst er leise, dreht meinen Kopf sanft so, dass ich die geschockten Pfleger ansehen kann. Doch irgendwie… kann ich mich gerade nur mäßig darüber amüsieren.

„Hey, Toshi.“

Unsicher sehe ich Dai an.

„Ich habe das nicht nur gemacht, um die Kerle zu ärgern.“

Seine Stimme ist so sanft und wieder streichelt er mir durch die Haare.

„Ich habe das gemacht, weil du so verwirrt aussiehst. Ich mag dich“, flüstert er mir leise zu, bringt mein Herz nun vollends zur Verwirrung.

Erst küsst er mich.

Dann sagt er mir so etwas…

Ich bin völlig überfordert und das sieht man mir sicherlich auch an, denn Die erhebt sich, zieht mich mit hoch und drückt mich leicht an sich, ehe er einfach zur Tür geht.

„Hey!“

„Wir dürfen ja wohl noch in unsere Zimmer gehen, oder?“ fragt Die einfach provozierend. Meine große Klappe ist mit einem Mal ganz klein. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll.

Doch scheinbar hat Die es geschafft. Ich kann nicht einmal sagen, ob er danach noch irgendetwas gesagt hat, jedenfalls finde ich mich auf dem Flur wieder.

„Hey… ich… also ich wollte dich jetzt nicht irgendwie bedrängen oder so“, meint Die mit einem Mal ganz lieb und drückt mich unsicher noch ein wenig mehr an sich.

Ich sehe verwirrt auf, lächle ihn dann jedoch leicht an.

„Nein, nein… schon in Ordnung. Mich hat das gerade nur… ziemlich verwirrt.“

„Ach so“, leicht verlegen grinsend kratzt sich Dai am Hinterkopf, drückt mich jedoch immer noch mit einem Arm seitlich an sich.

„Naja… war ja auch ne ziemlich plötzliche Aktion“, gibt Die mit dem Grinsen eines Schuljungen zu, was mein Lächeln nur noch breiter werden lässt.

„Aber glaub mir, ich mag dich wirklich“, versichert er mir, sein Grinsen wird noch Jungenhafter, was mich nun doch leise lachen lässt.

„Was?“ fragt er mich verwirrt und ich winke ab.

„Schon okay… du siehst nur echt… niedlich aus“, grinse ich breit. Die schaut noch verpeilter, deutet mit einem Finger auf sich selbst.

„Ja du!“

Immer noch muss ich leicht lachen, knuffe ihn in die Seite.

„Ich mag dich auch… irgendwie“, erkläre ich ihm dann, was Dai dann doch zufrieden lächeln lässt.

„Und ich versteh nicht, wieso du hier bist. Genau so, wie ich es nicht bei Kaoru verstehen kann. Ich mein… ja okay, er ist magersüchtig, aber wieso?“

Die sieht nun wieder ein wenig trauriger aus.

„Naja… es hat noch einen anderen Grund. Den soll er dir aber selber sagen“, meint er dann leise, was mich nun doch ein wenig verwundert gucken lässt.

„Naja...“, beginne ich dann wieder zögerlich, „und du?“

Die grinst leicht.

„Ich… bin eigentlich ganz normal. Finde ich zumindest. Findest du mich unnormal?“

Ich schüttele den Kopf, er lacht leise.

„Okay… dann sind wir schon mal fünf.“

Ich muss lächeln.

„Und Kyo und Shinya? Ich kenne beide nicht so gut… aber ich finde auch sie sehr normal.“

Tief atmet Die durch.

„Nun ja… Kyo hat wirklich Probleme, aber keine, die man durch eine solche Misshandlung, wie hier kurieren könnte. Shinya braucht eigentlich nur ne Pause und wie gesagt… Kaorus Problem ist nun auch nicht Welt bewegend.“

Tief seufzt Dai und ich muss leicht lächeln.

„Also fünf völlig normal denkende Menschen, in einer Irrenanstalt“, flüstere ich leise, erhalte ein Nicken, ein Lächeln und ein sanftes Drücken.
 


 

Ende Kapitel vier.
 

Soooo und etwas Weiteres ist geschafft ^^

Nachdem ich mich Monate mit den ersten anderhalb Seiten gequält habe, habe ich mich gestern und heute einfach mal ne Stunde dran gesetzt und das hier ist dabei heraus gekommen. Ich finds eigentlich dafür recht gut xD

Und ich hoffe, dass ihr das auch findet ^^

Mängel sonst wie immer einfach gerne kommentieren, aber natürlich auch gerne Lob x3

Wer bekommt den nicht gerne? xD

Ich hoffe, dass ich das nächste Kapitel schneller hinbekomme… immerhin hab ich schon mal ne Idee, was da passieren soll, im Gegensatz zu dem hier ^^ das ist eigentlich seeeeehr beim Schreiben entstanden. Bin von einem Geschehnis ins nächste geschlittert. Nun ja. Bis demnächst~

05-KaPiTeL 5üNf

KaPiTeL FüNf
 

Als ich zurück in mein und Kaorus Zimmer komme, ist mein Mitbewohner noch nicht da. Leise seufze ich, lasse mich auf mein Bett fallen und lege den Kopf in meine Hände, atme einfach erst einmal tief durch.

Mir kommt das irgendwie seltsam vor… heute ist so viel geschehen und irgendwie überfordert es mich einfach vollkommen.

Die restliche Zeit bis zum Abendessen verbringe ich damit zu lesen, schließlich einfach nur noch damit an die Decke zu starren, ohne dass ich es wirklich bemerke. Ich liege einfach auf dem Rücken, starre an die langweilige Decke, an die kleinen Striche, die dort gezogen wurden, um die Fluchtversuche Dais mitzuzählen.

Kaoru jedoch kommt die ganze Zeit nicht zurück, das Ereignis, auf das ich unbewusst hoffe, tritt einfach nicht ein. Und schließlich erhebe ich mich mit einem Seufzen von meiner Matratze, fahre mir durch die langen, leicht zerzausten Haare und schlüpfe mit den Füßen wieder in die Hausschuhe, die ich vor meinem Bett abgestellt habe.

Langsam nur schlurfe ich zum Essraum, wo ich – oh Wunder – Kaoru ebenfalls nicht antreffe. Dafür jedoch Dai, der sich auch sogleich zu mir setzt. Bald darauf stößt auch Shinya zu uns, die anderen beiden bleiben jedoch beharrlich verschollen.
 

Das Abendessen ist eine etwas stille Angelegenheit. Shinya scheint ja nie viel zu reden, Daisuke jedoch scheint es auch ein wenig so zu akzeptieren und lächelt mich immer nur mal wieder an, wie um mir zu sagen, dass alles in Ordnung ist. Ich lächle müde zurück und halte dennoch – obwohl ich weiß, wie aussichtslos es ist – Ausschau nach Kaoru und Kyo.

Natürlich tauchen die beiden nicht auf, auch am Ende unseres Mahls sitzen wir noch zu dritt alleine am Tisch, bis auch Shinya sich leise entschuldigt und sein Tablett wegbringt.

„Warte“, meint Dai neben mir nur, lächelt mich kurz an, als Shinya ihn fragend ansieht und steht dann ebenfalls auf.

„Na, kommst du?“, fragt er mich und ich blinzle ihn ein wenig verwirrt an, lächle dann jedoch leicht und stehe ebenfalls auf, nehme mein Tablett mit dem kaum angerührten Essen mit und bringe es mit den anderen weg.

Dai blickt ein wenig stirnrunzelnd auf mein Tablett, seufzt dann leise und schlingt einfach einen Arm um meine Taille, drückt mich widerstandslos an sich, blickt mich doch schon sehr… liebevoll an.

„Aber nicht, dass du mir abmagerst, mein Hübscher“, säuselt er leise, drückt mir einen Kuss auf die Wange, der mich ihn ein wenig verwundert, dann grinsend ansehen lässt.

„Nein, nein… ich hab nicht vor nächstes Halloween als Skelett zu gehen“, meine ich grinsend. Und dieses wird dann nur noch ein gutes Stück breiter, als ich sehe, wie verlegen Shinya sich leicht wegdreht.

„Was denn Shinny?“, fragt Dai auch sogleich leise lachend, drückt mich noch ein wenig mehr. Der Jüngere winkt nur ab und ich kann seine leicht erhitzten Wangen sehen, während er sich mit wehendem Haar auf den Weg weg von uns macht.

Wie niedlich, scheinbar ist es ihm peinlich mit anzusehen, wie Dai mit mir umgeht.

Aber… wie geht er eigentlich mit mir um?

Doch nur, wie mit einem engen Freund, oder? Was ist daran bitteschön peinlich? Okay, ich muss es ja auch nicht verstehen, das muss Shinya mit sich selbst ausmachen.

Vielleicht denkt er aber auch, es sei mehr zwischen mir und Dai? In diesem Fall muss ich das klar stellen! ... oder?

Nun ja, das kann ich auch noch später machen, jetzt gehe ich erst einmal mit zu Dai, setze mich bei diesem mit auf das Bett und sehe mich dann ein wenig unsicher um. Es steht hier noch ein Bett, aber es sieht unbewohnt aus. Ein wenig fragend sehe ich Dai an, dieser grinst schief. Er scheint meinen Blick bemerkt zu haben.

„Naja“, meint er dann Schulter zuckend.

„Mein letzter Zimmerpartner ist erst vor kurzem wieder ausgezogen“, erklärt er und ich muss irgendwie lächeln. Es macht mich auf eine seltsame Art und Weise froh zu hören, dass hier auch andere Leute wieder raus kommen. Das macht diese ganze Anstalt hier nicht so sehr zu einem Gefängnis. Und dennoch weiß ich mit einem Mal wieder so klar wie schon länger nicht mehr, dass ich unnormal bin. Ich will mir nichts anmerken lassen, doch der innere Faustschlag sitzt wie nichts anderes. Ich presse meine Kiefer aufeinander und sehe, wie Dai mich ein wenig seltsam ansieht.

Er findet mich auch unnormal, oder?

Er hat vorhin nur gesagt, dass er das nicht findet, um mir näher zu kommen. Und schon wieder kommt er auf mich zu, ich rücke unbewusst zunächst von ihm weg. Er sieht mich noch verwirrter an.

„Toshi, alles in Ordnung?“

Was soll dieser scheinheilige Ton?

„Du weißt doch genau so gut wie ich, was los ist“, murre ich leise, ziehe meine Beine an und hocke dort auf seinem Bett, die Arme um meine Beine geschlungen.

„Ehm…“

„Ja, du weißt doch auch, dass ich nicht normal bin!“

„Toshi, ich hab doch vorhin…“

„JA UND? Das hast du doch nur so gesagt!“, fahre ich ihn an, kauere mich nur noch mehr zusammen, während Dai mich ungläubig anstarrt. Dann jedoch tut er etwas, mit dem ich wirklich nicht gerechnet habe. Er setzt sich zu mir aufs Bett, drückt mich mit einer Kraft an sich, die ich ihm kaum zugetraut hätte und lässt mich auch nicht mehr los. Er… will er, dass ich verschwinde?

Ich bin völlig verwirrt und mit einem Mal spüre ich die Tränen auf meinen Wangen, höre mich leise schniefen und spüre, wie er mich ein wenig hin und her wiegt. Ich bin so ein Idiot… ich bin so dumm.

„Ich bin so dumm, Dai“, flüstere ich leise aus meinen Gedanken heraus und er drückt mich nur noch mehr, sodass ich beinahe Angst habe, er zerquetscht mich gleich. Aber ich habe auch Angst davor, dass er mich los lässt. Das und irgendwie auch, so paradox es doch auch ist, dass er mich nicht wieder weg lässt.

„Du bist nicht dumm“, flüstert er leise und die Sanftheit in seiner Stimme lässt die Tränen nur noch schneller über meine Wangen laufen.

„Du hast nur… ein kleines Problem, Toshi“, meint er dann leise, drückt mich immer noch. Ich schluchze leise auf, was doch eigentlich ein Lachen werden sollte.
 

Nach einer Weile habe ich mich wieder beruhigt, doch Dai lässt mich immer noch nicht los, wiegt mich leicht hin und her, streichelte mir hin und wieder über die langen Haare und fährt mit den Fingern hindurch. Und in der Zwischenzeit kauere ich auch nicht mehr nur noch an seinen Körper gedrückt da, ich habe meine Arme ebenfalls um seinen Körper geschlungen, schniefe nur noch hin und wieder leise.

„Wollen wir nachsehen, ob Kao wieder da ist?“, frage ich leise mit leicht erstickter Stimme, doch Dai schüttelt den Kopf, was mich verwirrt blinzeln lässt, sodass die Tränen, die an meinen Wimpern hängen, kalt über meine Wangen rollen.

„Wieso…“

„Er ist eh nicht da“, flüstert Dai leise, lässt mich immer noch nicht los. Doch seine Worte verwirren mich nur noch mehr, bringen mich dazu, mich leicht gegen seinen Griff zu sträuben. Doch ich komme nicht los von ihm.

„Ich… kann dir zeigen, wo Kaoru ist“, flüstert Dai schließlich heiser und ich nicke leicht.

„Wenn du… wenn du es wirklich wissen möchtest.“

Erneut nicke ich. Dai seufzt.

„Aber vorher müssen wir wohl unsere Tabletten abholen.“

„Aber…“

„Was?“

„Wenn ich die Tabletten genommen habe…“

„Dummchen“, lacht Dai nun leise, drück mich noch einmal, ehe er mich weg schiebt und mich grinsend ansieht.

„Ich zeige dir, wie man hier überlebt“, meint er dann fröhlich, erhebt sich uns sieht mich auffordernd an. Zögernd stehe ich auf, wische mir mit den Ärmeln übers Gesicht, doch Dai schüttelt lächelnd den Kopf.

„Wie ein Kind“, murmelt er leise, was mich nun empört aussehen lässt, doch er grinst nur, nimmt einen kalten Waschlappen und legt ihn über meine Augen.

„Und jetzt warten wir erst einmal, bis deine Augen abgeschwollen sind.“
 

Nach einer Weile gehen wir hinaus in den Raum, in dem all die anderen Verrückten Leute sitzen und fernsehen. Ich schenke der Szenerie nur einen verachtenden Blick, wende mich dann ab und lasse mich einfach auf einen Sessel fallen, zünde mir eine Zigarette an. Schließlich muss ich nun erst einmal warten, bis Dai aufgerufen wird. Und als er es wird, werde ich ziemlich überrascht.

Denn er hebt nur seinen Arm und ein Pfleger läuft zu ihm. Ich starre ihn an. Was wird das denn? Zimmerservice?!

Das möchte ich aber auch mal haben!

Dai jedoch grinst mich einfach nur an, öffnet den Mund um dem Pfleger zu zeigen, dass er die Tabletten geschluckt hat, ehe er, kaum hat sich der Mann umgedreht, die kleinen Pillen wieder aus seinem Mund nimmt und in seine Hosentasche steckt.

Ich starre ihn an.

SO einfach geht das?!

Und schon werde auch ich aufgerufen, sehe noch, wie Dai mir zuzwinkert und gehe langsam zu der ‚Dame‘ hinter Glas, die schon mit genervtem Blick mein kleines Tablettenbecherchen hält.

„Na wird’s heute noch was?“, murrt sie und mir steht es schon wieder bis oben hin. Wieso kann diese Schnalle nicht einfach ein klein… auch nur ein klitzeklein wenig freundlicher sein?!

Ich brumme irgendetwas Unverständliches zurück und ich höre ihr genervtes Stöhnen, das in meinen Ohren unendlich nachhallt. Gott, würde ich diese Trutsche gerade gerne… würgen. Einfach würgen und schütteln und… GRRRROAAAAAR!!!

Aber nein. Ich tue nichts.

Stattdessen nehme ich mit angespanntem Arm mein Gläschen, werfe die Pillen ein und tue so, als würde ich sie mit dem Wasser herunter spülen, während ich sie stattdessen unter meine Zunge schiebe. Der bittere Geschmack lässt mich beinahe schaudern, doch ich will heute ja noch etwas erfahren, also lasse ich mir nichts anmerken, öffne meinen Mund und lasse die… überaus liebevolle und hilfsbereite Frau (haha!) in meinen Mund gucken. Da fühlt man sich doch wirklich, wie beim Onkel… eh bei Tante Doktor.

Ja, steck doch noch deinen Kopf hinein, du Schlampe, denke ich mir. Dann könnte ich ihn abbeißen.

Sie nickt gelangweilt, lässt sich wieder zurücksinken und ruft – schon wieder genervt – den Nächsten auf. Ich stapfe zurück zu Dai, während ich die Tabletten so unauffällig, wie ich gerade nur kann aus meinem Mund hole und in die Hosentasche stecke.

Dai grinst mich an, doch ich rauche beinahe vor Zorn, lasse mich neben ihm auf die Couch sinken.

„So, dann lass uns mal zur Tarnung in unseren Zimmern verschwinden“, meint Dai leise.

„Ich hole dich in ungefähr dreißig Minuten ab, okay?“

Ich nicke leicht, erhebe mich dann mit ihm und sehe in dem auch Shinya schon vor uns her durch den Flur tapsen. Von Kyo und Kaoru ist immer noch keine Spur.

Doch!

Da taucht Kaoru auf, gerade als er aufgerufen wird – das zweite Mal – und wirft nur rasch seine Tabletten ein, verschwindet dann jedoch auch schon wieder. Und das nicht in Richtung unseres Zimmers. Gerade noch sehe ich, wie auch er die Tabletten wieder aus seinem Mund fischt und hätte mich dafür schlagen können, dass ich sie bis jetzt immer artig geschluckt habe. Ich überlege einen Augenblick, ob ich ihm folgen soll, aber… Dai möchte mir doch eigentlich eh zeigen, was los ist, oder?

Also beschließe ich schweren Herzens in mein und Kaorus leeres Zimmer zurück zu kehren, wo ich mich unter die Decke lege und warte. Es kann ja immer noch sein, dass ein Pfleger herein kommt…
 

Doch das erste, was mich weckt ist Dai. Ich muss wohl eingedöst sein, jedenfalls schrecke ich aus meinem Bett auf, als er sich auf mein Bett setzt. Er hat sich schon ganz dicht über mich gebeugt und ich stoße mit meinem Kopf gegen seinen, als ich mich ruckartig aufsetze. Leise wimmernd halte ich mir meinem Kopf und Dai geht es genau so, doch er fängt sich schnell wieder.

„Man, was hast du denn für Reflexe“, mault er leise und ich murre nur, dass er mich eben nicht so erschrecken soll, richte mich dann komplett auf.

„Wieso hat das so lange gedauert“, nuschel ich und er seufzt leise.

„Ich wurde aufgehalten“, meint er dann einfach nur, sagt nichts weiter dazu und erhebt sich wieder.

„Kommst du?“

Natürlich komme ich, jedoch geht Dai noch einmal zu meinem Bett und richtet es so her, dass es aussieht, als würde ich darin schlafen.

Zusammen gehe ich dann mit ihm hinaus, schleiche leise über den Flur.

„Wohin-“

„Shhhhhht!“, macht er scharf, einen Finger an seine Lippen gepresst. Sogleich bin ich still, folge ihm leise. Auf dem Weg holen wir noch Shinya in seinem Zimmer ab. Er hat auch schon geschlafen, das sieht man an seinen kleinen Äuglein. Doch er lächelt mich an, tapst dann leise neben mir, hinter Dai den Flur entlang. Aber er scheint zu wissen wo es hin geht. Ich komme mir irgendwie ein wenig verarscht vor, folge dennoch weiter und muss schon bald erkennen, dass wir durch eine der eigentlichen Fluchttüren am Ende des Flures gehen. Doch kein Alarm geht an, als Dai die Tür öffnet. Er grinst mich an. Unsicher sehe ich ihn an, doch er grinst weiterhin, hält mir und Shinya die Tür auf, schließt sie hinter uns leise wieder.

„So, hier findet uns niemand. Die denken alle, die Türen sind zu“, meint Dai leise und ich sehe ihn nur noch überraschter an.

„Hab ich irgendwann auf einem meiner kleinen Streifzüge herausgefunden, dass die hier nicht mehr richtig funktioniert“, meint Dai Schulter zuckend. Immer noch sehe ich ihn mit großen Augen an und er scheint sich genötigt zu fühlen, mir noch näheres zu erklären. Er seufzt leise.

„Ich bin vorher ziemlich oft erwischt worden und dann hab ich hier“, er streckt sich ein wenig und zupft an einem Draht, der oben an der Tür hinaus hängt, „das hier gesehen. Der hing vorher auf der anderen Seite und daraus habe ich geschlossen, dass die Alarmanlage hier wohl nicht mehr so ganz in Tackt ist. Den Schlüssel habe ich mir von einem der Pfleger… ausgeliehen“, Shinya kichert leise, Dai sieht stolz aus, „und nun ja… voila.“

Und ich staune wirklich nicht schlecht. Beinahe hätte ich den eigentlichen Grund vergessen, wieso wir nicht alle in unseren Betten liegen, hätte Shinya mich nicht daran erinnert.

„Dai“, höre ich seine leise Stimme – wirklich ein seltenes Vergnügen –„wir wollen doch… du weißt schon. Nach Kyo und Kao sehen“, nuschelt er leise, zupft leicht an Dais Ärmel. Und dieser strahlt. Ein wenig unsicher werde ich nun schon. Manchmal… ist mir Dai doch ein wenig suspekt.

„Stimmt ja, stimmt ja, Shin-chan“, nickt er sogleich und Shinya lächelt leicht, als habe er von Dai einen Keks bekommen.

„Also… na dann los. Folgt mir“, meint Dai fröhlich und Shinya und ich folgen ihm.
 

Wir gehen ein paar Treppen in dem Fluchtweg nach oben – also eindeutig den falschen Weg, das zeigen uns auch die grünen Pfeile an den kahlen Wänden – ehe Dai mit einem Mal wieder den Finger auf die Lippen presst und Shinya und ich erstarren. Dai sieht durch das Fenster einer weiteren Fluchttür und versteckt sich sogleich wieder. Scheinbar geht ein Pfleger über den Flur, ich höre die Schritte…
 

„Toshi?“

Ich zitterte alleine beim Laut dieser Stimme. Leise, eindringlich.

„Toshi?!“

Und schon wieder erbebte mein Körper leicht. Ich wollte nicht, dass er mich hier fand. Ich hatte mich doch extra versteckt.

„Nein“, wimmerte ich leise, machte mich ganz klein in dem Schrank, in dem kaum Platz für mich war. Überall um mich herum standen Sportutensilien. Bälle in Ballnetzen, Schläger zum Badminton spielen, Seile zum Seilspringen, Kugeln für Kugelstoßen und noch vieles mehr, viele Dinge auch, die ich selbst bis jetzt noch nie benutzt hatte.

„Toshimasa… komm raus, ich weiß, dass du hier bist!“

Stumm schüttelte ich den Kopf. Ich wollte nicht hier heraus kommen, ich wollte nicht von ihm gefunden werden. Denn ich wusste, was dann passieren würde und das wollte ich nicht. Ich wollte nicht…

„Toshi!“

Nein… nein, bitte… ich wollte einfach nicht.

„Toshi…“
 

„Toshi!“

Rasch schlage ich die Augen auf. Es ist Dai. Dai, der mit besorgtem Blick vor mir kniet, mich an den Schultern hält und mich leicht schüttelt. Mit eindringlicher, aber leiser Stimme sagt er wieder meinen Namen. Neben ihm kann ich Shinya erkennen, der eingeschüchtert aussieht, immer wieder unsicher nach draußen auf den Flur sieht.

„Scheiße Toshi… was war das denn?“, fragt Dai leise, Besorgnis liegt in seiner Stimme. Echte Besorgnis und rasch schüttele ich den Kopf, fahre mir mit leicht zittrigen Fingern durch die Haare und atme tief durch.

„Schon okay“, krächze ich leise, höre mit Bestürzung, wie unnormal sich meine Stimme anhört. Und auch Dai sieht mich nicht so an, als würde er mir das glauben.

Dennoch steht er auf, sieht mich jedoch mit einem Blick an, der eindeutig sagt, dass dieses Gespräch für ihn noch nicht beendet ist. Er hilft mir wieder auf die Beine, zieht mich dann überraschend seitlich an sich und drückt mich leicht.

„Also, wir haben jetzt keine Zeit mehr“, erklärt Dai leise, mit einem Seitenblick auf mich.

„Du bist wirklich wieder in Ordnung?“

Ich nicke nur, lächle leicht und Dai nickt zurück, wendet sich dann wieder an Shinya.

„Wie sieht’s aus?“

Immer noch lässt Dai mich nicht los und ich gestatte es mir, mich leicht gegen ihn zu lehnen. Shinya sieht uns nicht an, blickt immer noch hinaus auf den Flur. Dann nickt er mit einem Mal.

„Luft ist rein“, flüstert er leise und Dai nickt.

„Na dann los.“

Er schiebt Shinya leicht zur Seite, lässt mich los und öffnet leise, jedoch rasch die Tür. Stumm bedeutet er Shinya voran zu gehen, ich folge ihm und Dai geht zum Schluss. Die Tür geht hinter uns zu, Shinya bleibt weiterhin vorne und eilt durch den dunklen Flur, der genau so aussieht wie der, den wir ein Stockwerk weiter unten durchquert haben. Unsere Schritte hallen leise von den leeren Wänden wider. Hier gibt es weniger Türen, doch alle sehen sie gleich aus, haben nur kleine Fensterchen, die vergittert sind und jedes eine Nummer. Wir eilen weiter und ehe ich mich fragen kann, wie groß dieses Gebäude eigentlich ist, gehen wir auch schon um eine Ecke und ich sehe eine Gestalt vor einer Tür auf dem Boden hocken.

Und im Bruchteil einer Sekunde später, erkenne ich sie.

Kaoru!

Ich will losrennen, will ihn rufen. Doch ich spüre Dais Arm um meine Taille und wir nähern uns dem anderen nur langsam, still, hocken uns schließlich neben Kaoru auf den Boden.

Kaoru weint, ich höre es sofort. Immer wieder schnieft er leise, sein Körper bebt unter den stummen Schluchzern, die er unterdrücken muss um nicht zu laut zu sein.

„Kao“, hauche ich leise, doch er schüttelt den Kopf. Dai zieht mich an sich, das spüre ich. Und dennoch… ich fühle mich so hilflos. Was ist denn hier bloß los?

„Wie geht es ihm?“, fragt nun Shinya leise und ich sehe, wie Kaoru sich über das Gesicht fährt, mit zittrigen Fingern die Tränen weg wischt und tief durchatmet.

„Nicht gut“, flüstert er dann, seine Stimme bebt ebenso wie sein Körper; klingt gepresst. Ich will ihm helfen. Gott, ich will ihm irgendwie helfen!

Was ist denn hier bloß los?!

Und in diesem Moment, da Kaoru sich zusammen reißt und keinen Laut von sich gibt, höre ich, dass auch noch jemand anderes zu weinen scheint. Auf der anderen Seite der Tür!

Brutal löse ich mich von Dai, richte mich auf und sehe durch das kleine Fenster, klammere mich an den Gittern fest. Doch auf dem mondbeschienenen Bett ist niemand und auch ansonsten kann ich in dem ganzen Raum niemanden ausmachen.

Nicht nur die Gitter in der Tür geben einem das Gefühl einer Gefängniszelle, auch das karg eingerichtete Zimmer, in dem sich nur ein einfaches Bett befindet, vermittelt diesen Eindruck. Ich spüre wieder Dais Arme um meinen Bauch, seinen Körper nahe an meinem und sehe ihn fragend über meine Schulter hinweg an. Er sieht traurig aus. Sehr traurig und formt mit den Lippen ein stummes Wort. Kyo.

Wieder drehe ich mich zu dem Fenster, kann aber immer noch nichts sehen und lasse es zu, dass Dai mich wieder mit zu Boden zieht. Ich verstehe nicht…

Shinya unterdessen versucht Kaoru zu trösten, der immer noch zitternd vor der Tür hockt, bis…

„Kao?“

Die Stimme ist nur ganz leise, dünn und hätte ich nicht zuvor von Dai erfahren, dass es Kyo sein soll, der da drinnen ist, hätte ich nicht glauben können, dass ER es ist, dessen Stimme ich da höre. Kyo war nicht so verzagt… das war einfach nicht Kyo.

Kaoru springt auf, steht sogleich dort, wo ich zuvor noch gestanden habe. Merklich reißt er sich zusammen, als er spricht.

„Ich bin hier. Ich bin hier, mein Schatz.“

Ungläubig starre ich Dai an, dessen Griff sich um mich nur noch gefestigt zu haben scheint. Ich sehe wieder zu Kao, dessen Finger nun schon krampfhaft die Stäbe umklammern, während er mit den Fingern der anderen Hand versucht, so weit wie nur möglich durch die Stäbe zu kommen. Da seine Handgelenke ziemlich ausgemergelt sind, schafft er es tatsächlich, eine Hand durch das Gitter zu schieben und sogleich sehe ich, wie eine andere, schmale Hand seine Finger umschließt.

„Tooru“, flüstert Kaoru leise und ich halte augenblicklich den Atem an. War Kyo nicht deswegen heute so ausgeflippt?

Doch der Kleine sagt nichts, schluchzt nur leise auf und im nächsten Augenblick kann ich an Kaoru vorbei die zerzausten blonden Haare und ein verweintes Gesicht erkennen.

„Kao, lass mich nicht alleine hier… hörst du?“, wimmert er leise und Kaoru befreit seine Finger vorsichtig aus der Umklammerung, streichelt durch die abstehenden, vom Mond beschienenen Haare, während Kyo nun Kaorus Handgelenk umfasst, ihn weiterhin festhalten möchte.

Ich habe wirklich das Gefühl, das wir hier ein wenig fehl am Platz sind, doch Kaoru scheint sich gar nicht daran zu stören.

Er steht einfach da, auf die Zehenspitzen gereckt – ich will nicht wissen, wie anstrengend es für Kyo ist, so an das Fenster zu kommen – und streichelt dem Blonden immer wieder durch die Haare, die Tränen von den Wangen und spricht beruhigend mit leiser Stimme auf ihn ein.

Ein wenig verlegen wende ich den Blick ab, spüre, wie Dai mich fest hält und bin ihm irgendwie dankbar dafür.

„Wieso ist Kyo hier?“, frage ich leise und Dai schüttelt leicht den Kopf. Schon denke ich, dass er mir nicht antworten möchte, doch dann flüstert er leise: „Das ist nicht Kyo, Toshi.“

Nun sehe ich ihn vollends verwirrt an, blicke noch einmal zu dem kleinen, blonden Mann hinter der Tür auf. Doch es ist Kyo, da bin ich mir ganz sicher! Dai seufzt leise.

„Heute Mittag… da war es Kyo… jetzt ist dieser Mensch, den du da siehst Tooru. Tooru hat eine multible Persönlichkeit“, flüstert Dai leise, schmiegt seine Wange an meine und ich erwidere die Zärtlichkeit ohne nachzudenken, während ich nun zusehe, wie auch Shinya sich zu Kaoru stellt und versucht Kyo… nein Tooru zu beruhigen.

„Kyo ist eine stark ausgeprägte Persönlichkeit von ihm, Tooru ist seine Wahre, aber sie kommt wirklich nur sehr selten durch. Ich… weiß nicht, was ihm passiert ist. Ich weiß nicht, was die Krankheit bei ihm ausgelöst hat, aber ich glaube Kaoru weiß es“, flüstert Dai mir leise ins Ohr.

Und ich weiß im gleichen Augenblick, dass Dai Recht hat. Kaoru… weiß alles über Tooru, Kyo… wen auch immer. Alle Persönlichkeiten, die in diesem kleinen Mann wohnen. Man merkt es irgendwie einfach, oder merke nur ich das?

Mit einem Mal schrecke ich zusammen, als ich sehe, wie Tooru hinter der Tür wieder in sich zusammen sinkt. Meine Gedanken haben sich bestätigt, es muss sehr anstrengend für ihn sein, dort an das Fenster zu kommen. Kaoru bleibt noch einen Moment stehen, beißt sich auf die Unterlippe, ehe Shinya ihn einfach an sich drückt, ihm eine Stütze zum Ausweinen bietet, die sogleich angenommen wird.

Und auch mir kommen unweigerlich die Tränen. Wie unglaublich bösartig muss ein Mensch sein, um diese Zwei so auseinander zu reißen?

Dai drückt mich ein wenig mehr, doch es nützt nichts. Ich weine leise, stumm wie Kaoru einfach über diese Situation. Man sieht doch, wie sehr die beiden leiden, wenn sie getrennt sind!

Das kann doch nicht helfen, dass Tooru geheilt wird…

Mit einem Mal presst Dai mir sehr unsanft eine Hand auf den Mund, hält selbst den Atem an.

„Da kommt jemand!“, flüstert er eindringlich und ich versuche mich zusammen zu reißen, versuche dennoch Dais Hand los zu werden, um wieder richtig Luft zu bekommen, während ich sehe, wie auch Shinya Kaoru den Mund zu hält, der sich jedoch ziemlich wehrt.

Diese Kraft hätte ich Shinya gar nicht zugetraut. Er sieht so schmächtig aus…

„Schnell!“, zischt Dai und flüstert noch eindringlich zu Tooru durch die Tür: „Wir kommen gleich wieder!“

Dann steht er auch schon auf, schleift mich mit, obwohl ich gewillt bin von alleine mit zu kommen. Doch bei Kaoru sieht das ganz anders aus. Er wehrt sich gegen Shinyas Umklammerung und es ist auch kein Wunder, dass er bei Tooru bleiben möchte. Ich höre, wie er schreit, weint...

Ich bekomme eine Gänsehaut, während ich diesem Schrei einfach zuhören muss, der sich anhört, als würde Tooru alleine auf Grund der Tatsache sterben müssen, dass Kaoru geht. Dai muss mich schließlich alleine gehen lassen, hilft Shinya Kaoru weg zu ziehen und bedeutet mir eine Tür zu öffnen, die sich zu meiner Verwunderung auch öffnen lässt. Schnell huschen wir hinein, Dai und Shinya halten Kaoru den Mund zu, während ich an der Tür stehe, sie zuhalte und hinaus spähe. Ich kann zu Toorus ‚Zellen‘-Tür sehen, sehe einen Pfleger den Flur entlang kommen, der heftig gegen die Tür pocht, hinter der der Blonde immer noch weint und schwach nach Kaoru ruft.

„Sei leise, andere wollen schlafen!“, fährt der Mann Tooru an und… mir wird schlecht. Ich habe einfach dieses Gefühl. Ich will Tooru helfen, ich will Kaoru helfen, Dais und Shinyas Griff zu entkommen, doch ich weiß, dass das alles nur noch schlimmer macht.

Und zu meinem Entsetzen sehe ich, wie der Mann murrend nach einem Schlüssel sucht, da Tooru einfach keine Ruhe geben will. Meine Hand verkrampft sich um den Türgriff und ich höre, wie Kaoru hinter mir nun noch energischer gegen Shinyas und Kaorus Griff ankämpft.

Und dennoch… obwohl mir mein Gefühl sagt, was jetzt kommt, kann ich einfach nicht wegsehen, muss mir mit ansehen, wie der Pfleger die Tür aufschließt, Tooru, der davor sitzt hoch zieht und die Tür hinter sich schließt.

Meine Fingerknöchel werden schon weiß, während ich mich an die Türklinke, an die Gitter dieser Tür klammere, um nicht einfach in mich zusammen zu sacken. Und obwohl ich endlich meinen Blick abwenden kann, kann ich doch nicht meine Ohren verschließen, die nun die Schreie Toorus hören, den Pfleger, wie dieser den Kleinen anschreit, dass er endlich still sein soll. Und dann einen lauten, dumpfen Schlag. Ich zittere am ganzen Körper. Die Schreie haben aufgehört, doch die Stille ist beinahe noch unerträglicher.

Ich habe Angst… solche Angst um Tooru. Und als einen Moment später die Tür wieder aufgeht, der massige Pfleger wieder heraus kommt und die Tür abschließt, wird diese Angst nicht gerade gelindert.

Ich höre leises Schluchzen und bis mir bewusst wird, dass ich es bin, der diese Laute von sich gibt, spüre ich auch schon eine sanfte, jedoch ebenfalls zitternde, warme Hand auf meiner, die diese von der Türklinke löst. Und kaum hat mich Dai bei Seite gezogen, höre ich schon wie Kaoru die Tür aufreißt, über den Flur rennt zu Toorus Tür.

Ich halte mich an Dai fest, als wäre er alles, was es in diesem Augenblick noch für mich gibt. Und so ist es auch, so kommt es mir vor. Da ist nichts mehr… gähnende Leere in meinem Kopf und ein schmerzendes Gefühl in meinen Eingeweiden.

Und das, was als erstes in meinen Kopf zurückkehrt ist:

„Warum… warum, Dai?“

Er antwortet mir nicht, meine Stimme wird fordernder.

„Warum?! Warum?! WARUM?!“
 


 

Ende Kapitel fünf.
 

… Ich weiß nicht, wie es zu diesem Ende kommen konnte… eigentlich… war das gar nicht geplant, aber irgendwie musste es sein, auch wenn ich selbst weinend an meinem Pc saß. Es ging nicht anders, verzeiht mir.

Nun ja, ein/zwei Geheimnis/se ist/sind schon einmal aufgedeckt und es tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet. Ich habe vollkommen die Zeit verplant und war total geschockt, als ich letztens gesehen habe, wann ich das letzte Mal geupdatet habe. Aber hoffentlich entschädigt euch das hier ein wenig. Wer den Grund für meine lange ‚Abwesenheit‘ erfahren möchte, sollte ‚From Friend to Lover‘ lesen. Irgendwie war ich so sehr damit beschäftigt. Nun ja.

Bis zum nächsten Mal (hoffentlich schneller)…
 

Neko

06-KaPiTeL Se6hS

KaPiTeL SeChS
 

Ich weiß nicht, wie ich zurück ins Bett gekommen bin, jedenfalls ist es nicht mein Bett. Es ist mir schleierhaft, wie wir unbemerkt über den Flur gekommen sind, durch die Türen und schließlich in unsere Zimmer.

Am liebsten wäre ich mit zu Dai gegangen, doch wir konnten Kaoru einfach nicht alleine auf dem Flur vor Kyos Zimmer zurücklassen und schleiften ihn schließlich eher mit uns mit. Und so liege ich nun neben ihm im Bett und kann nicht schlafen. Auch Kaoru kann es nicht, er klammert sich an mich wie ein Ertrinkender und zittert am ganzen Körper, krallt sich immer wieder an mich.

Sanft streichele ich ihm über den Rücken, versuche selbst stark zu bleiben und nicht wieder in Tränen auszubrechen. Kyo… Tooru lag im Bett, als wir nachgesehen haben, ein wenig verdreht und hat auch nicht auf Kaorus panische Stimme reagiert, als dieser ihn gerufen hat. Er war bewusstlos und dennoch war es wirklich schwer, Kaoru mit uns zu nehmen.

Plötzlich kommt mir eine Idee. Ich greife in meine Hosentasche, fische die kleinen Pillen heraus, die ich in ihr versteckt hatte und sehe sie eine Weile an, bis mein Entschluss sich gefestigt hat.

„Kao… Kao mach den Mund auf“, flüster ich leise und er sieht mich fragend an, öffnet dann zögerlich die Lippen. Man sieht einfach, dass er vollkommen fertig ist. Er braucht Schlaf… und so gebe ich ihm, was er braucht, schiebe ihm die Tabletten zwischen die Lippen und bringe ihn dazu, sie herunter zu schlucken, auch wenn er mich ansieht, als habe ich ihn verraten.

Ein paar Minuten später versinkt er in gnädigem Vergessen, während ich weiterhin wach liege und einfach nicht meinen Kopf abschalten kann.
 

Der nächste Morgen ist nicht besonders erfreulich. Es kommt mir so vor, als sei ich gerade erst eingeschlafen, als der Pfleger in unser Zimmer rauscht und einen halben Tobsuchtsanfall bekommt, da er Kaoru und mich in einem Bett vorfindet.

Da Kaoru nicht aufwacht – oder nur schwer, da die Tabletten immer noch gut wirken – werde ich als erstes zu Doktor Shiroyama geschickt. Und ich hätte wirklich darauf verzichten können, denn ich bin wirklich verdammt müde!

Und trotzdem ist nichts mit wehren, stattdessen werde ich einfach von dem Pfleger hart am Oberarm gepackt (ich schwöre, ich bekomme davon blaue Flecken!) und mitgeschleift. Ein ganzes Stockwerk nach unten, in die Behandlungsräume dieses Pfuschers. Wirklich, mit mir ist heute nicht gut Kirschen essen!

Ich hasse es, so aus dem Schlaf gerissen zu werden!

Und dem entsprechend schlecht gelaunt lasse ich mich auch von diesem Klotz von Pfleger durch die Gänge schleifen, biss er mich in Doktor Shiroyamas Arbeitszimmer stößt. Ich knurre leise, schüttele mit einem Zucken der Schultern meine eh zerknitterten Klamotten zu recht und starre dann den älteren Mann, der mir gegenüber sitzt böse an.

Er sieht gelangweilt aus, stelle ich fest. Sieht mich mit müdem Gesichtsausdruck an und scheint über das, was passiert ist nicht sonderlich überrascht. Nun ja, was ist eigentlich passiert?

Worüber regen sich diese Idioten eigentlich so sehr auf?

Ich bügle doch eigentlich nur die Scheiße aus, die sie verzapft haben, indem sie Tooru da oben eingesperrt haben. Alleine bei dem Gedanken, was ich letzte Nacht gesehen habe, balle ich meine Hand zur Faust, beiße fest die Zähne auf einander, um nicht auf diesen Kerl vor mir los zu gehen, der sich Arzt schimpft. Ich mache auch ansonsten keinen Schritt, bleibe einfach stehen und ringe mit mir selbst um die Beherrschung. Ich darf einfach nicht nachgeben…

Immer noch stehe ich wie angewurzelt da, als der Doktor zu dem Stuhl vor seinem Schreibtisch nickt, die Fingerspitzen aneinander gelegt.

„Setz dich, Toshimasa-kun“, erklingt seine leise Stimme gefasst. Doch das macht mich nur noch wütender, lässt mich nun wirklich beinahe aus der Haut fahren. Doch ich beherrsche mich, gehe mit angespannten Schritten auf den Stuhl zu und lasse mich dann hinein fallen, sehe Dr. Shiroyama provozierend an, während ich mich absichtlich unflätig auf den Stuhl lümmel, die Beine über die Armlehnen lege. Oh, ein Déjà-vu… aber es ist mir egal. Ich schiebe den Gedanken daran bei Seite, dass ich hier gerade genau so sitze, wie bei unserer ersten Begegnung. Es kommt mir ohnehin wie Jahre vor, dass ich mich außerhalb dieses Hauses bewegt habe.

„Was?“, frage ich angriffslustig, immer noch angespannt. Ich habe immer noch dieses Bild vor Augen und so schnell wird es sicherlich auch nicht verschwinden.

Doktor Shiroyama nimmt seine Brille von der Nase, sieht mich lange und eindringlich an. Doch ich ignoriere es einfach, versuche einfach nicht darauf einzugehen.

„Ich habe mit so etwas gerechnet“, sagt er schließlich scheinbar vollkommen gelassen und bestätigt damit meinen Eindruck von vorher. Und… es macht mich nur noch wütender. Er gibt mir das Gefühl, dass ich genau das denke, genau so handle, wie er es gerne hätte. Und das macht mich fuchsteufelswild. Ich will nicht seine Marionette sein!

„Du hast dich verändert“, meint er dann leise und ich merke, wie ich gegen meinen Willen aufmerksam werde. Dennoch tue ich weiterhin so, als würde ich nicht zuhören.

Shiroyama redet einfach weiter, als wüsste er ganz genau, dass ich doch zuhöre, auch wenn ich so tue, als würde ich nicht. Arschloch.

„Die Symptome deiner Krankheit sind stärker geworden.“

Ich knirsche mit den Zähnen. Noch weiß ich immer nicht, was meine beschissene Krankheit sein soll. Und ich glaube auch immer noch nicht, dass ich krank bin. Pff… ich bin doch ganz normal, ganz richtig im Kopf. Dieser alte Pfuscher da vor mir sollte sich lieber mal Gedanken darüber machen, was in dieser Anstalt abgeht.
 

Ich hörte einen dumpfen Schlag. Stille…
 

Energisch schüttele ich meinen Kopf, versuche mich zusammen zu reißen. Nein… nicht daran denken, Toshi, sage ich mir selbst. Ich darf nicht die Beherrschung verlieren. Das ist schwach…

„Was beschäftigt sie so sehr?“, holt mich die Stimme des Sacks vor mir erneut aus meinen Gedanken und ich bin ihm beinahe… beinahe dankbar dafür. Wirklich nur beinahe!

„Oh, was beschäftigt mich wohl?!“, frage ich nun sarkastisch, schwinge elegant meine langen Beine von der Armlehne und beuge mich über den Tisch zu Shiroyama.

„Hmm… überlegen wir mal“, meine ich, starre ihn an, lege mir einen Finger an die Unterlippe, starre nach oben an die weiße Decke, „Oh… Ich muss es wohl vergessen haben“, gebe ich dann mit einem Mal dümmlich von mir, sinke zurück auf meinen Sessel und habe ein befriedigendes Gefühl in mir.

Shiroyama sieht mich ungerührt an, fährt sich dann durch die Haare und seufzt.

„Dann lass mich dir auf die Sprünge helfen: Denkst du zufällig an die letzte Nacht, die du mit Kaoru-kun verbracht hast?“

Einen Augenblick starre ich ihn an, überlege, ob er wirklich DAS meinen könnte, was letzte Nacht passiert ist, doch in seinem Blick liegt etwas anderes. Und mit einem Mal kann ich nicht anders, als zu lachen. Oh Gott!

Ich lache und lache. Lache diesen Kerl aus, der doch tatsächlich glaubt, dass ich Kaoru gefickt hätte. Oh Gott, wie lächerlich ist das bitteschön?!

Doch Dr. Shiroyama sieht mich ungerührt an, auch als ich langsam wieder zurück sinke und mich beruhige, jedoch immer noch verhalten kichernd. Nein, das ist aber auch einfach zu herrlich. Das muss ich unbedingt Kaoru erzählen!

„Meine letzte Nacht mit Kaoru also, ja?“, frage ich seufzend, wische mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Herrlich. Wirklich zu herrlich.

„Aber… ja… um ehrlich zu sein, denke ich darüber nach“, sage ich dann, beuge mich wieder zu Shiroyama und sehe ihn unbedarft an, mache mich über ihn lustig. Doch er sieht zufrieden aus, als wolle er sagen: Habe ich es doch gewusst.

Nichts hast du gewusst, du alter Sack!

Nichts weißt du. Gar nichts!

Versteck dich doch hinter deinen Diplomen, aber vom wirklichen Leben, von der Liebe weißt du nichts!

Er schreibt etwas auf eine Seite, die vor ihm liegt und ich sehe darauf.

„Meine Krankenakte?!“, frage ich ihn herablassend, strecke meine Hand fordernd aus. Es ist mein, oder? Ich habe ein Recht darauf, das zu lesen, was dieser Kerl sich in seinem kranken Hirn über mich zusammen reimt!

„Ja“, meint Shiroyama gelassen, schiebt den Füller wieder in die Kappe und legt ihn langsam auf dem Tisch vor sich ab, ignoriert meine fordernd ausgestreckte Hand, wie alles was ich tue, wie meine bloße Existenz. Nimmt er überhaupt war, dass ich selbst denken kann?!

Nimmt er überhaupt war, dass ich existiere?

Dass ich lebe?

Dass ich ein Mensch bin, der über sein eigenes Handeln durchaus bestimmen kann und will?

Ich denke nicht. Ich denke, ihm ist alles egal. Alles, außer ihm selbst. Ein abfälliger Laut erklingt von mir, als ich meine Hand sinken lasse, mir dann durch die langen, vom Schlaf noch zerzausten Haare fahre. Schließlich hat mir dieser bescheuerte Pfleger keine Zeit gelassen, mich auch nur ein klein wenig zu recht zu machen. Nicht, dass ich in irgendeiner Weise wert darauf legen würde, was dieser Knacker vor mir von meinem Aussehen hält, so weit bin ich noch nicht gesunken. Aber ich mag es schlicht selbst nicht, wenn ich so aussehe.

„Ich gehe“, zische ich dann leise. Mir reicht es wirklich!

„Du kannst nicht gehen, du hast dich in unsere Obhut übergeben“, sagt der Arzt und ich sehe ihn voller Hass an. Abscheu, nichts anderes empfinde ich für diesen Kerl.

„Vielleicht kann ich nicht von hier verschwinden, so gerne ich es auch wollte“, ich stehe auf, schiebe den Sessel geräuschvoll zurück.

„Aber es steht mir immer noch frei zu gehen, wohin ich will!“

Shiroyama schüttelt den Kopf.

WAS?!

„Nein, mein Junge“ – Gott, er soll sich seine Zunge abbeißen für dieses Wort, diesen Ton! – „dir steht es nicht frei zu tun, was du für Richtig hältst. Denn das, was du für Richtig hältst, ist nur die verdrehte Wahrheit einer Welt, die du dir selbst um dich herum zusammen puzzelst. Sie ist nicht real und wir sind da, um dich aus dieser falschen Welt heraus zu holen.“

Merkt der Kerl nicht, wie wütend er mich mit jedem weiteren Wort macht?!

Und das Einzige, was ich noch tun kann, wozu ich in meinem blinden Zorn noch fähig bin, ist ein wütendes Schnauben, ehe ich zur Tür wirbele, die jedoch gerade in dem Moment auf geht, als ich davor stehe.

Da steht Kao vor mir, von einem Pfleger gehalten und sieht mich müde an. Er sieht so alt aus… so viel älter als noch vor ein paar Tagen, als ich ihn kennen lernte. Ich habe irgendwie jegliches Gefühl für Zeit vergessen. Wie lange bin ich schon hier?

Und alleine der Anblick von Kaoru bringt mich dazu, mich wieder ein wenig zu beruhigen. Ich will bei ihm bleiben, will ihm helfen. Noch genau so helfen, wie letzte Nacht, als ich es nicht konnte.

„Hast du es dir anders überlegt?“

Ich fahre herum. Dr. Shiroyama sitzt noch genau so da wie zuvor und erneut steigt Wut in mir hoch, die ich jedoch zu zügeln weiß. Einen kurzen Augenblick schließe ich die Augen, atme tief durch, ehe ich ein falsches Lächeln auf meine Lippen zwinge, bei dem ich mich einfach nur widerlich fühle. Doch das ist ja auch Sinn der Sache. Es soll sich widerlich anfühlen, wenn ein Lächeln nicht ehrlich ist!

Sie alle sollen es so fühlen…

„Du kannst jetzt gehen“, meint Shiroyama, scheinbar ungerührt von meiner Grimasse.

„Wir werden uns später-“

„Nein.“

Meine Stimme ist leise jedoch bestimmt. Ich werde jetzt nicht gehen, Kaoru nicht alleine bei diesem Arschloch lassen, wo er doch so müde ist. Er ist so unendlich müde, sieht das niemand?

Zaghaft strecke ich eine Hand nach Kaoru aus, doch er wird von dem Pfleger daran gehindert, dass er sie ergreifen kann. Ich sehe diesen Kerl aus zusammengekniffenen Augen an, knurre leise. Doch Kaorus leise Stimme bringt mich zur Vernunft.

„Toshi, das bringt nichts“, flüstert er halb, sieht mich durchdringend an und wieder muss ich an Tooru denken, der da oben ganz alleine ist. Und mit einem Mal fühle ich mich wieder von bodenloser Trauer erfüllt, spüre Tränen in meine Augen steigen.

Wieso müssen all diese Menschen hier so böse sein?

Diese Frage stelle ich mir jetzt nicht das erste Mal, aber immer noch habe ich keine Antwort darauf. Kaoru ist so ein lieber Mensch und ich bin mir sicher, dass auch Tooru das da oben nicht verdient hat. Das hat niemand. Ich dachte, wir sollen hier gesund werden, uns erholen können…

„Toshi.“

Ich höre wie aus weiter Entfernung Kaorus Stimme, spüre nur leicht die sanfte Berührung seiner Finger an meiner Schulter, doch sie holt mich wieder zurück. Ich sehe Kao an und alleine sein Blick sagt mir, dass alles wieder gut wird; jedenfalls glaube ich, dass er mir dass sagen möchte, während er an mir vorbei geleitet wird, der Pfleger mir noch einen abschätzenden Blick zuwirft, ehe er Kaoru unsanft – das kann ich sehen! – in den Sessel drückt, in dem ich noch zuvor gesessen habe. Ich beiße mir auf die Unterlippe, unterdrücke die erneut aufkommende Wut und drehe mich dann weg, als der Pfleger auch schon auf mich zu kommt, mich scheinbar mitnehmen will. Nein, von diesem Stück Dreck werde ich mich nicht anfassen lassen!

Und dennoch spüre ich kurz darauf eine Hand auf meiner Schulter, schüttele sie energisch und angewidert ab, ehe ich hoch erhobenen Hauptes aus dem Raum gehe. Ich will mit diesem Abschaum nichts zu tun haben!
 

Ich habe die ganze Zeit in unserem Zimmer gewartet, bis Kaoru zurück gekommen ist. Ich konnte einfach nirgendwo anders hin gehen, auch nicht zu Dai.

Jetzt sitze ich hier, neben Kaoru, der betrübt auf seine schmalen Finger sieht. Er sieht so müde aus. Nicht nur von dem wenig en Schlaf, auch ansonsten. Als ob ihm all das hier schon so viel Kraft abverlangt hätte, als ob Schlafen alleine nicht mehr ausreichen würde.

„Kaoru“, sage ich leise, räuspere mich unsicher, da meine Stimme heiser ist. Er sieht mich langsam an. Traurig… so unendlich traurig sind seine Augen und es tut mir so sehr weh, dass ich das Gefühl habe, mein Herz müsse zerspringen. Ein zittriges Lächeln – das macht es auch nicht eben besser. Ihn einfach in meine Arme ziehend folge ich dem ersten Impuls, der in mir aufkommt.

„Es tut mir so leid.“ Wieso nur habe ich das Gefühl, an allem hier schuld zu sein? Daran, dass Kyo eingesperrt wurde, dass Kaoru so leiden muss? Ich habe das Gefühl, als würde all das nur passieren, weil ich hier bin. Ja, ich weiß… ziemlich Ich-bezogen, aber so denke ich nun einmal gerade, kann nichts daran ändern.

Leise höre ich, wie die Tür aufgeschoben wird. Doch irgendwie weiß ich, dass es kein Pfleger sein kann. Die würden nicht so vorsichtig sein. Und schon kurz darauf sehe ich mich bestätigt, als sich warme Arme um meinen Körper legen, Kaoru ebenfalls mit hineinziehend und Dais Kopf an meine Schulter lehnt. Es kann nur Dai sein, keiner der anderen würde das einfach so tun, denke ich. Und schon kurz darauf erklingt die Stimme des anderen, leicht gedämpft an meinem Hals, da er sein Gesicht nun an diesen schmiegt. „Wie geht’s dir?“ – „Hm, ging schon mal besser“, gebe ich ehrlich zurück und spüre sogleich, wie ich noch enger an Dais Körper gezogen werde, er mich beinahe von Kaoru wegzieht, doch das lasse ich nicht zu. Ich kann ihn doch jetzt nicht alleine lassen. Ich weiß, dass er Schuldgefühle wegen Tooru hat, aber er konnte doch nichts tun. Wieder kriecht diese Verzweiflung in mir hoch, ich weiß einfach nicht, was ich tun kann, um ihnen zu helfen. Ich kann einfach nicht helfen.

„Kao, wir können das schaffen!“ Ich versuche meiner Stimme jeglichen Klang von Verzweiflung zu nehmen und aufmunternd zu klingen. Wir können das wirklich schaffen! „Wir… wir holen dich und Tooru hier raus. Oder, Dai?“ Hilfe suchend wende ich mich an den Älteren hinter mir, drücke Kaoru derweil enger an meinen Körper. Auch Kaoru hält sich an mir fest, das kann ich spüren. Und ich höre sein halb unterdrücktes Schniefen. „Ich will nicht, dass er Probleme bekommt. Verstehst du? Wenn sie uns finden… dann gibt das nur Ärger. Dann… dann werden sie ihm noch Schlimmeres antun.“ Kaoru klingt so verzweifelt, als habe er jegliche Hoffnung verloren, irgendwann hier heraus zu kommen. Aber irgendeinen Weg muss es doch geben! Das Leben kann doch nicht so schlecht sein.

„Wir… wir haben uns doch schließlich ‚freiwillig’ in ihre Obhut begeben, dann müssen wir hier doch auch irgendwie wieder heraus kommen!“ Kaorus Blick schnellt nach oben, als er mich ansieht. „Du… du bist freiwillig hier?!“ Seine Stimme klingt so ungläubig. „Ehm… ja? Ihr… ihr etwa nicht?“ Ich spüre, wie Dais Griff um mich fester wird. Kaoru schüttelt den Kopf, starrt mich immer noch an und hält sich dennoch weiterhin an mit fest. „Ich wurde hierher gebracht, weil ich im Krankenhaus das Essen verweigert habe.“ – „Und ich weil ich…“, Dai hinter mir stockt. „Nun ja… ich habe versucht mich selbst umzubringen“, bringt er dann recht schroff hervor und ich erstarre in seiner Umarmung, spüre wie er mich nur noch fester hält. „Du hast was?“, flüstere ich fassungslos, meine Finger krallen sich an Kaorus Oberteil fest. Es muss schon sehr seltsam aussehen, wie wir hier sitzen.

„Ach komm, nun tu nicht so unschuldig“, faucht Dai mich mit einem Mal an, springt auf. „Als ob du nicht das Selbe vorgehabt hättest! Wir alle hier wissen, dass du hier bist, weil du dich umbringen wolltest.“ Ich starre ihn einfach an, schüttele langsam den Kopf. Ich bin fassungslos. Wie kann er so etwas sagen?!

„Ich wollte mich nicht umbringen!“ Meine Stimme zittert vor unterdrückter Wut. Trauer. Nicht einmal er glaubt mir also?! Langsam lasse ich Kaoru los, der mich ängstlich ansieht. „Aber Toshi-“ Ich unterbreche ihn mit einer unwirschen Handbewegung, starre Dai mir gegenüber nur an. Wie kann er das wagen?! Langsam erhebe ich mich von dem Bett, auf dem ich bis dahin noch mit Kaoru gesessen habe, starre Dai einfach nur fassungslos an, ehe ich mich umdrehe und einfach aus dem Raum flüchte. Ich fühle mich so verraten.

„Dai, das hätte nun wirklich nicht sein müssen.“ Kaorus leise Stimme folgt mir auf den Flur, auf dem ich mich hektisch umsehe. Ich weiß einfach nicht, wohin ich gehen soll, wo kann ich mich verstecken? Ich wollte mich nicht umbringen. Nein… Nein… NEIN! Nein, das wollte ich nicht. Nein…
 

„Tu es doch. Mach es, bring dich selbst um, dann sind wir dich endlich los… oder traust du dich nicht?“ Ein abfälliges Lachen erklang. „Mann, du bist so ein Schisser, Kleiner. Wirklich, mit dir macht das doch gar keinen Spaß. Willst du dem Ganzen nicht endlich entfliehen? Nein? Dann sei weiterhin feige und verleugne es, tu so als ob nichts sei. Aber es ist etwas, glaub mir.“

Unglaubliche Schmerzen durchzuckten meinen Körper. Ich konnte nichts sehen, konnte nur diese Stimme hören, die abfällig, abschätzend auf mich einprasselte, ebenso wie die Schmerzen, die jedoch in meinem Inneren entstanden. Ich wollte, dass es aufhörte. Bitte, es sollte aufhören. Ich wollte mich nicht umbringen. Nein. Nein, das wollte ich nicht. Ich lebte doch gerne… oder? Lebte ich eigentlich noch gerne? Lebte ich eigentlich noch? Noch… oder war ich schon tot? Aber wieso tat es so weh?!
 

Schwer atmend stütze ich mich an der Wand ab, lehne meine erhitzte Stirn dagegen. Es sollte aufhören, diese Wiederholungen. Déjà-vus. Flashbacks. Ich will, dass sie nicht wieder kommen. Ich will das nicht mehr sehen, nicht mehr fühlen. Nein… ich will nicht.

Mit einem Mal legt sich eine Hand auf meine Schulter, ich fahre zusammen, zucke herum und starre direkt in Shinyas besorgte Gesichtszüge.

„Alles okay?“ Ich sehe eher, wie seine Lippen diese Worte formen, höre sie jedoch nicht. Alles nur noch Rauschen. Weißes Rauschen. Nichts… Schwarz.

Das nächste, was ich spüre ist ein besorgtes Tätscheln meiner Wange. Ich fahre zusammen, starre in das von Besorgnis gezeichnete Gesicht über mir. Kaoru. Und direkt neben ihm Shinya. „Gott, hast du uns erschreckt“, flüstert er, eindeutig erleichtert, dass ich meine Augen wieder geöffnet habe. Er sieht blass aus. Ich will ihm doch nicht noch mehr Sorgen machen. Er hat genug davon, wirklich, das hat er. Er hast Tooru, der da oben liegt. Und unweigerlich schießen mir Tränen in die Augen und so rasch ich mit meinem müden Körper kann, drehe ich mich zur Seite, rolle mich ein und verberge mein Gesicht in meinen Armen. Ich fühle mich wie ein Kind. Hilflos, so hilflos. Ich kann nicht mehr. Bin ich tot? Ich will sterben. Ich will… tot sein. Nicht mehr fühlen. Schwerelos. Es wäre so schön.

„Toshi… Toshi.“ Kaorus Stimme dring leise auf mich ein, er scheint nervös. „Wir sollten hier weg… wenn sie dich so sehen, dann kommst du auch… da hoch. Nachher. Das will ich nicht. Toshi… Toshi bitte. Dai meinte das nicht so, okay? Er… er ist vollkommen aufgelöst. Bitte komm mit.“ Und schon spüre ich, wie ich hochgezogen werde, spüre wie ich von beiden Seiten gestützt werde und erkenne Shinya und Kaoru. Kaoru ist gar nicht so viel dünner, als Shinya, fällt mir auf. Und Shinya ist nicht viel dünner als ich. Irgendwie lustig. Wieso ist Kaoru hier? Wieso… wieso kann er nicht einfach so dünn sein, wie er will?
 

Wir kommen wieder in Kaorus und meinem Zimmer an, ich höre nur, wie jemand aufspringt und spüre schon kurz darauf warme Arme um meinen Körper, spüre, wie wundervoll ich festgehalten werde und seufze. Ich weiß, dass es Dai ist. Ich spüre es, rieche es. Und entspannt lasse ich mich gegen ihn sinken, schmiege mein Gesicht an seinen Hals und spüre, wie seine Arme sich nur noch enger um mich schließen. Kaoru und Shinya nehme ich schon gar nicht mehr wahr.

„Ich will nicht, dass du tot bist, Toshi“, versichert mir Dais Stimme hastig und ich kann nichts anderes tun, als nicken, schmiege mich einfach an ihn. Ich brauche diese Nähe. Ich brauche Dai. Kaoru kann mir nicht das geben, was Dai mir gibt, wenn er mich fest hält, Shinya ebenfalls nicht. Irgendetwas ist da.

Ich spüre eine weiche Matratze in meinem Rücken, lasse mich vertrauensvoll von Dai auf diese drücken und spüre dann auch schon weiche Lippen auf meinen, schmecke salzige Tränen und blinzle verwirrt. Ich sehe, dass Dai weint. Lächelnd schlinge ich meine Arme um den anderen über mir.

„Toshi, ich brauche dich.“ Ein leises Flüstern, ein vertrauensvolles Geständnis. Vor all den anderen? Doch der Raum ist leer. Kaoru und Shinya sind nicht mehr da. Alleine. Alleine mit Dai. Ein leises Seufzen verlässt meine Lippen und ich schlinge meine Arme vertrauensvoll um seinen warmen Körper, ziehe ihn näher an mich. Ich habe Angst, weiß er das? Ich habe Angst, ihn zu verlieren, mich zu verlieren, uns zu verlieren. Uns beide. Ich fühle mich so hilflos. Bitte, bitte sag mir doch, was ich tun soll. Doch er küsst mich einfach nur wieder, schmiegt seinen Körper enger an meinen, lässt mich erneut seufzen, ob dieser Wärme und dem angenehmen Gewicht seines Körpers. Er zieht die Decke über uns, hüllst uns beide in diese wundervolle Wärme… und schenkt mir noch ein wenig seligen Schlaf.
 

Dieses Mal werde ich nicht eben sanfter aus dem Schlaf gerissen. Ein wütender Schrei ist es, der mich aus meinen Träumen in Dais warmer Umarmung reißt. Doch nein, Dai liegt schon gar nicht mehr neben mir. Es war SEIN wütender Schrei. Ich fahre hoch, fahre aus meinem Bett auf und starre den Pfleger an, der Dai in einem unnachgiebigen Griff hält, ihn von mir weg zieht. Nein. Nein, ich will ihn nicht verlieren! Ich will nicht!

„Dai!“ Verzweifelt springe ich aus dem Bett, auf den Pfleger zu, der ihn hält und will auf ihn einschlagen. Ich will doch nur bei Dai sein. Sie dürfen ihn mir nicht wegnehmen!

„Toshi!“ Seine Stimme ist so verzweifelt. Er versucht den Pfleger zu treten, beißen, schlagen. Er versucht alles, um zu mir zu kommen. Doch er schafft es nicht, denn im nächsten Moment strömen noch weitere Pfleger in den Raum. Einige die mich in einen eisernen Griff nehmen, einige die dem einen Pfleger dabei helfen, Dai aus dem Zimmer zu ziehen. „NEIN!“ Ich kann nur hilflos mit ansehen, wie sie dich aus dem Raum zerren, wie sie dir eine Spritze in den Arm jagen, ehe auch schon um mich herum, auf einen stechenden Schmerz in meiner Armbeuge, alles in weichen Strudeln versinkt. Was geht hier ab? Ich will zu Dai… aber ich kann mich kaum noch bewegen. Ich kann nicht gegen die harten Griff an, die um meine Arme, meinen Oberkörper liegen. Ich kann nicht, aber ich will hier nicht alleine bleiben. Nicht ohne Dai. Ich brauche ihn doch. Und schon wieder kann ich nichts gegen die Tränen tun, die über mein Gesicht strömen.
 

Trotzig sitze ich schon wieder auf dem gleichen Stuhl wie am morgen. Verdammt, langsam habe ich wirklich Hunger, aber das habe ich vorhin über die Müdigkeit, den ganzen Stress wirklich verdrängt. Vor mir sitzt Dr. Shiroyama, sieht mich durchdringend und wütend an. Der Kerl kann auch Emotionen zeigen? Toll… interessiert mich eigentlich nicht die Bohne. Ich will zu Dai!

Meine Arme vor meiner schmalen Brust verschränkt, starre ich den alten Knacker einfach nur an. „Jetzt also auch noch Daisuke?“

Ich starre. Starre ihn an und antworte nur mit trotzigen Blicken. Ein Seufzen ist von ihm zu hören, doch er sieht immer noch verärgert aus. „Halte dich lieber von Daisuke fern, auch wenn diese Warnung nun vielleicht zu spät kommen mag.“ Seine kalten Augen fixieren mich weiterhin, doch ich gebe ihm mit keiner Regung zu verstehen, ob er mit seiner Vermutung, die ich nicht einmal nachvollziehen kann, richtig liegt. Mit einem weiteren Stoßseufzer notiert er erneut etwas auf meiner Krankenakte und nun recke ich doch neugierig meinen Kopf. Immer noch weiß ich nicht, was ich habe. Ich will es wissen, was sie mir andichten wollen!

„Was ist meine Krankheit?“ Unnachgiebig erklingt meine Stimme in dem bis eben noch vom Kratzen des Füllers erfüllten Raum. Ich starre ihn geradeheraus an, doch er antwortet mir nicht. „Wo ist Dai?!“ Ich will das wissen! Ich will zu ihm!

Wieder erhalte ich keine Antwort und mit einem Satz, der mich doch leicht ins Taumeln bringt, springe ich auf und fege einige der Materialien von dem Schreibtisch. „ICH WILL VERDAMMT NOCH MAL WISSEN, WO DAI IST!

Immer noch keine Antwort, doch dann.

„Es ist besser so für dich. Glaub mir, ich weiß, dass du es jetzt nicht verstehst. Aber es ist besser für euch beide, wenn ihr euch nicht mehr seht.“ Ich starre den Sack einfach nur an, weiß nicht, was ich sagen soll. „Ich werde deine Medizindosis erhöhen, die Entwicklung, die du zeigst, gefällt mir nicht.“ Dann blickt er mit einem Mal zu mir auf.

„Du kannst jetzt gehen.“
 

Noch einen ganzen Augenblick lang starre ich ihn einfach nur wütend an, ehe ich mich taumelnd umwende – immer noch wirkt dieses bescheuerte Mittel, das sie mir gegeben haben, um mich ruhig zu stellen – auf meinem Weg nach draußen jedoch noch hier und dort ein paar Sachen mit mir herunter reiße. Ich will diesem Wichser einfach nur zeigen, wie sehr mir seine beschissene Anstalt am Arsch vorbei geht. Der kann mich mal! Und er kann auch vergessen, dass ich diese bescheuerten Tabletten nehme! Ich lasse mich doch nicht einfach ruhig stellen! Wutschnaubend verlasse ich also den Raum, knalle die Tür schwungvoll hinter mir zu und stapfe durch die Gänge, auf denen ein reges Treiben herrscht. Jedoch werde ich einfach nicht beachtet, laufe durch die Menschen, schubse Einige aus dem Weg. Ich muss Kaoru finden! Und Shinya! Wir brauchen einen Plan, definitiv, so kann das nicht weiter gehen!

Vollkommen außer Atem stürme ich das Zimmer des Jüngsten, sehe Kaoru und Shinya auf dem Bett sitzen, beide mit besorgten Mienen. Ich werfe nur die Tür hinter mir zu.

„Wir brauchen einen Plan! Ich bleibe keine Sekunde länger als nötig in diesem Loch! Und Dai und Kyo… Tooru… wie auch immer! Wir nehmen sie mit. Und keine Widerrede, Kaoru. Ich verschwinde auch ohne dich!“

Doch mein letzter Nachsatz scheint eh nicht nötig, die beiden sehen mich ebenso entschlossen an, wie ich sie. Ja, wir brauchen einen Plan. Wir werden hier ausbrechen! So lassen wir nicht länger mit uns umspringen, dass das mal klar ist. Und jeden, der will, nehmen wir mit. Doch zunächst einmal, gehen wir in den Speisesaal. Denn schließlich braucht man genug Energie, um so einen Ausbruch zu planen und durchzuführen und mein Bauch knurrt schon ordentlich, wahrscheinlich schon mit dem Kaorus um die Wette. Selbst er isst etwas, denn auch er will sicherlich nicht auf halben Weg zusammen brechen.

„Also… heute Nacht müssen wir uns irgendwie mit Dai und Tooru treffen“, flüstert Kaoru schließlich leise, als wir alle am Tisch sitzen. Shinya lächelt geheimnisvoll. „Ich weiß da schon was.“ Seine leise Stimme ist eindringlich und ein wenig verwundert sehe ich den Blonden an. So habe ich ihn noch nie erlebt, so… aufgeregt. „Lasst mich nur machen. Ich komme gegen elf in euer Zimmer, mit dem Generalschlüssel. Keine Sorge, wir bekommen das hin, ich hab da meine Verbindungen.“

Diese Verbindungen würde ich ja gerne kennen, doch ich schweige und stopfe mir lieber erst einmal das Essen in den Mund. Wie gesagt, wir brauchen alle genug Energie, um das hier heute Nacht durchzuziehen. Besprechung. Und vielleicht… können wir ja auch noch einen kleinen Abstecher machen. Ich muss da schließlich noch etwas in Erfahrung bringen.
 


 

Ende Kapitel sechs.
 

Wohoooow -.-’’’ ja, ich weiß, ich habe schon wieder so unglaublich lange gebraucht. Zu meiner Verteidigung kann ich vielleicht hervorbringen, dass ich in dem letzten Monat mein Abi geschrieben habe? xD zählt das? Nun ja, jedenfalls ist hier endlich das sechste Kapitel. Ich weiß nicht so ganz, was ich davon halten soll, es ist irgendwie ein… Füll-Kapitel? Jedenfalls soll es jetzt schneller gehen, sowohl mit Schreiben, als auch mit der Geschichte an sich. Ich habe einen Plan, was nun noch kommen soll! Jawohl.

Ich hoffe, ihr freut euch dennoch auch über diese… Schande hier *drop*

Also (hoffentlich schneller) bis zum nächsten Mal. Kommentare sind wie immer gerne gesehen. Ich will wissen, was ihr vom Verlauf der Story haltet ID.
 

Also,
 

じゃまた,

Neko

07-KaPiTeL SiEbEn

KaPiTeL SiEbEn
 

Wir warten schon seit einer geraumen Zeit zusammen recht hibbelig in unserem Zimmer. Wir? Das sind Kaoru und ich, Shinya wollte schließlich den Schlüssel besorgen. Und genau darauf warten wir gerade. Noch nervöser macht es uns, dass wir hin und wieder die Schritte von den Pflegern hören können, die durch die Flure marschieren auf ihrer Nachtschicht. Wenn Shinya nun einem von ihnen in die Arme läuft? Dann wäre alles verloren. Nicht nur, dass wir dann nicht Dai und Kyo aus ihren Zellen (Ja, ich bin ganz klar der Meinung, dass das hier eher ein Gefängnis ist, als eine Psychatrie) holen könnten, vermutlich würde Shinya auch noch Ärger bekommen, wenn man den Schlüssel bei ihm findet. All dies lässt sich meinen Magen immer wieder schmerzhaft zusammen ziehen, all diese Sorgen… wenn doch nur Dai bei mir wäre, damit ich mich einfach in seiner Umarmung verstecken könnte. So schwach ich mich auch bei diesem Gedanken fühle… so sehr fühle ich mich auch sicher, wenn ich in seinen Armen liege, wie heute Mittag noch.

Schier endloses Gehibble auf meinem Bett sitzend später, steckt der Blonde mit einem Mal seinen Kopf durch die Tür, sieht uns bedrückt an und kommt mit hängendem Kopf herein. Ich starre ihn an, glaube schon zu wissen, welche Nachricht er bringen wird. „Nein.“ Es ist nur ein heiseres Flüstern, das ich ausstoßen kann, ehe ich auf meinem Bett zusammen sinke, mein Gesicht in meinen Händen vergrabend. Und ihr höre Kaoru trocken schluchzen, höre das Rascheln seines Bettzeugs.

„Tut mir leid! Tut mir wirklich leid“, fleht Shinya uns schon beinahe an. „Aber… er hatte den Schlüssel nicht, Kao. Er hat ihn erst morgen. Kao… Kao bitte…“ Ich sehe es nicht, aber ich kann mir vorstellen, wie Shinya zu ihm geht, ihn versucht festzuhalten.

„Kao! Morgen, morgen holen wir ihn da heraus! Versprochen! Morgen kannst du ihm Kraft geben!“ Dann höre ich einen unterdrückten Schmerzenslaut, drehe mich rasch mit brennenden Augen um und sehe nur noch, wie Kaoru aus dem Raum stürmt, Shinya sich die Wange hält. Ich weiß, wohin er geht, ebenso wie Shinya es weiß. Doch heute Nacht, kann ich ihm nicht helfen. Ich kann einfach nicht. Ich bin so müde… so müde.
 

Der nächste Tag vergeht in einem einzigen Taumel. Alles ist so gleich, immer wieder das Gleiche. Essen, Besprechung bei Dr. Shiroyama, den ich von Mal zu Mal weniger ausstehen kann, Essen, Therapie… immer der gleiche, langweilige Trott.

Doch es wird Abend, neue Hoffnung keimt in mir und auch in Kaoru blüht sie zart auf, das kann ich alleine daran sehen, wie auch er allmählich wieder hibbeliger wird, je weiter die Nacht voran schreitet.

Dasselbe Bild wie gestern Nacht. Wir beide tigern unruhig durch unser Zimmer, warten auf Shinya. Und ja! Er kommt, ich höre seine leichten Schritte. Mein Herz klopft aufgeregter gegen meinen Brustkorb, meine Atmung wird flacher und dann, dann kommt Shinya herein. Er lächelt mich und Kaoru an und schlüpft dann rasch hinein.

„Mann, Shinya“, flüstert Kaoru auch sogleich, sieht ihn besorgt an. Doch Shinya lächelt uns weiterhin nur an, hält dann etwas silbern Glänzendes hoch, was mich mit einem erleichterten Lachen aufatmen lässt.

„Gut“, flüstere ich, erhebe mich vorsichtig und strahle Kaoru voller Zuversicht an. Wir werden das schaffen! Er nickt mir ein klein wenig unsicher lächelnd zu und ich sehe zu Shinya, der nun ein klein wenig unruhig wirkt.

„Wir müssen bald los“, flüstert er eindringlich, ich nicke rasch, schnappe mir Kaorus Arm und ziehe ihn auch schon mit sanftem Druck mit hinüber zur Tür, zu Shinya.

„Erst Dais Weg?“ Meine Frage ist ein wenig unschlüssig, doch Shinya nickt mir zu.

„Erst einfach nur hoch, dann suchen wir Dai und vorher machen wir Kao auf, damit er zu Tooru kann.“

„Ich glaube nicht, dass es noch Tooru ist“, flüstert Kaoru in einem gebrochenen Tonfall, der mich geschockt zu ihm sehen lässt. Er sieht so aus, als würde er kurz davor stehen, einfach los zu weinen. Aber gut, das kann ich auch verstehen. Er weiß, wie es Tooru… Kyo in den letzten Stunden, Tagen ergangen ist, das wissen wir alle. Und die Gewissheit ihn bald wieder da heraus holen zu können, würde mich an seiner Stelle vermutlich auch nervös, wie ebenso überglücklich machen. Mein Herz schlägt immer noch in einem aufgeregten Rhythmus in meiner Brust, während wir nun vorsichtig die Tür öffnen, nach links und rechts auf den Gang hinaus spähen, ehe wir uns so schnell und leise wir eben können hinaus schleichen. Unsere Betten sind präpariert, wie schon gestern Nacht. Es sieht so aus, als würden wir seelenruhig in unseren Laken liegen und schlafen. Hoffentlich.

Doch darüber will ich mir nun keine Sorgen machen. Mein Herz klopft voller Vorfreude bei dem Gedanken daran, gleich Dai sehen zu können. Ich habe ihn wirklich vermisst, auch wenn ich gestern einfach nicht die Kraft dazu hatte, ihn suchen zu gehen. Ob er mir das verzeihen kann?

Nun werde ich nur noch nervöser. Wir schlüpfen alle nacheinander durch die defekte Fluchttür, schließen sie sorgfältig hinter uns und laufen so schnell wir eben können, ohne allzu laute Geräusche zu machen, das Treppenhaus hinauf bis in den besagten Stock. Shinya beobachtet wie schon das letzte Mal den Gang hinter der Glasscheibe in der Tür, ehe er sie öffnet, uns alle hinaus in den Flur winkt, die Tür so leise es nur geht wieder einschnappen lässt. Dann huschen wir alle los, den schier endlos langen Korridor hinab, bis zu der Tür, hinter der Tooru sein müsste.

„Ist er noch hier, Kao?“, flüstert Shinya zunächst und Kaoru nickt hastig. Seine Augen leuchten nun wieder, ganz anders als den ganzen Tag über. Er will zu Tooru, das sieht man.

„Mach schon auf“, zischt er auch schon eindringlich Shinya an, der rasch den richtigen Schlüssel heraus sucht, ihn leicht zittrig ins Schloss fummelt und aufschließt. Kao zieht ihn bei Seite, stürzt in den Raum hinein und schon kann ich sehen, wie er die schmale Gestalt des Blonden mit seinen Armen umschließt, ihn so eng er nur kann an sich drückt. Ich seufze erleichtert, wende meinen Blick jedoch verlegen ab, als ich sehe, wie die beiden in einem Kuss versinken.

„Kao!“ Es ist Shinya neben mir, der den Namen des anderen zischt und das Pärchen fährt auseinander, Kaoru hält Tooru jedoch weiterhin in den Armen, sieht nur ein wenig verärgert zu Shinya.

„Ich schließe euch ein. Wir kommen so schnell es geht mit Dai wieder. Bereitet schon mal alles vor, klar?“ Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt von Shinya. Das hätte ich nicht von ihm erwartet, aber wenn schon Kao und ich kopflos sind (von Tooru ganz zu schweigen) dann muss ja immerhin einer weiterhin klar denken können, nicht wahr?

Kaoru nickt auch sogleich, Shinya sperrt die Türe zu und lächelt mich dann lieb an, was meinem nervös flatternden Herzen einfach nur gut tut.

„Und jetzt finden wir Dai“, verspricht er mir. Ich nicke überglücklich und wir beschließen am Ende des Ganges anzufangen. Jeder kontrolliert die Zimmer auf seiner Seite. Hier ist er nicht. Ich haste immer schneller von Tür zu Tür, werde immer verzweifelter, unvorsichtiger, bis… ich Shinya leise meinen Namen zischen höre. Mein Magen zieht sich zusammen, mein Herz macht einen freudigen Satz und mit einem eben solchen bin ich auch rasch bei ihm, stehe hibbelnd an der Tür und warte, dass Shinya den Schlüssel ins Schloss friemelt.

„Nun mach schon“, flüstere ich heiser und schon springt die Tür mit einem nachsichtigen Klicken auf, ich stürze in den Raum und… blicke mich verwirrt um. Wo ist Dai? Ich hätte erwartet, dass er auf mich wartet, doch ich weiß erst, wo er ist, als ich das kleine Häuflein mit roten Haaren auf dem Bett erkenne. Erschrocken stockt mir der Atem und so rasch ich kann, stürze ich zu ihm hin, hocke mich auf die Bettkante und fahre mit meinen zitternden Fingern durch seine gefärbten Haare.

„Dai… oh Dai, bitte sag etwas!“

Ein müdes Murren ertönt von dem anderen und als er sich endlich umdreht, sein Gesicht mir zuwendet, fahre ich geschockt zusammen, starre in seine verquollenen Augen. „Toshi.“ Ich höre seine Stimme nur von ganz weit weg, während meine zittrigen Finger sein Gesicht betasten, über seine bleichen Wangen streichen. Ich kann nicht glauben, dass das hier Dai ist vor mir. Dai ist nicht schwach, nein. Dai ist immer stark… immer stark für mich.

Zitternd atme ich ein, ehe ich mich einfach auf den Älteren werfe, meine Arme um ihn schlinge und ihn an mich presse, wie eine Mutter ihr Baby. „Dai.“ Meine Stimme zittert, das höre ich genau. Ich habe längst vergessen, dass Shinya ebenfalls anwesend ist, drücke meinen Freund einfach nur an mich. Ja, er ist mein Freund und ich werde ihn nie wieder hergeben. Er gehört nur mir! Vielleicht sollte ich Dai bei Gelegenheit davon in Kenntnis setzen, doch jetzt gerade ist keine solche Gelegenheit. Stattdessen drücke ich ihn einfach nur zitternd an mit, versuche ihn zu halten, mich fest zu halten.

Shinya steht mit einem Mal neben mir, fasst mir sanft an die Schulter. Ich löse mich tatsächlich ein klein wenig von Dai, halte ihn jedoch weiterhin fest. Er sieht so… müde aus. So habe ich ihn noch nie gesehen, auch wenn ich ihn noch nicht lange kenne. Es erschreckt mich, wie er aussieht. Vollkommen erledigt, des Lebens müde… überdrüssig. Einen kleinen Augenblick habe ich Angst, dass er wirklich nicht mehr weiter leben wollen könnte, doch dann schiebe ich das bei Seite. Dann würden wir uns halt im nächsten Leben wieder finden!

„Elektroschocks?“, höre ich mit einem Mal Shinyas leise Stimme neben mir und entsetzt starre ich ihn an, wieder zu Dai und erkenne gerade noch, wie er müde nickt. Dann jedoch ringt er sich zu einem Grinsen durch, ich weiß, dass er das nur tut, um alles herunter zu spielen.

„Wie immer halt.“ WAS?! Oh Gott! Ich drücke ihn sogleich noch mehr an mich, schmiege mein Gesicht an seine Halsbeuge und atme tief und zittrig durch.

„Toshi, ist schon okay“, höre ich Dais sanfte Stimme flüstern, „das ist nicht das erste Mal…“ Ich drücke ihn nur noch fester und er stößt die Luft in seinen Lungen mit einem leisen Japsen aus. Als ob mich das beruhigen würde!

Dai kichert unter mir und ich knuffe ihn unsanft in die Schulter. „Das ist nicht lustig!“ Ich fauche ihn an und Dai gluckst nur noch belustigter, erleichterter. Aber tatsächlich, ihn so lachen zu hören, lässt es auch mir gleich besser gehen, wobei ich ihn dennoch weiterhin fest halte, als ob ich Angst hätte, dass er sonst verschwindet. Hab ich auch!

„Ich bin so froh, dass du hergekommen bist“, flüstert Dai mir dann leise, sanft zu und ich spüre seine warme Hand an meiner Wange, schmiege mein Gesicht ein wenig in seine Handfläche und atme ein wenig beruhigter ein. Die warmen Finger gleiten durch meine Haare, lassen mich noch ein wenig mehr entspannen und genüsslich seufzen. Ich vergesse alles um mich herum, bis ich Shinyas leise Stimme höre, wie er sich räuspert und ein wenig pikiert sehe ich zu ihm hinüber, Dais Hand immer noch an meiner Wange, so warm und sanft.

„Wir sollten los.“ Shinyas Stimme ist drängend und er kaut sich auf der Unterlippe herum. „Kuscheln könnt ihr doch nachher noch, aber wir müssen Pläne machen, Toshi!“

„Was für Pläne?“, fragt Dai, sieht mich ein wenig irritiert, fragend an. Ich lächle stolz, während ich mich wieder ein wenig aufrichte. „Pläne, wie wir hier endlich rauskommen“, flüstere ich ihm zu und sehe, wie seine Augen aufleuchten.
 

Rasch flitzen wir Drei den Gang wieder hinab, zu Toorus Zimmer, wo Shinya uns bedeutet, leise zu sein. Er legt einen Finger auf seine Lippen, reckt sich ein klein wenig und schaut kurz durch das kleine Gitterfenster der Tür, ehe er Kaorus Namen flüstert. Sogleich ist ein hastiges rascheln zu vernehmen und ich sehe Dai fragend an, der jedoch nur breit grinst. Wissend! Sein Grinsen hat etwas Wissendes und ich will auch verdammt noch einmal wissen, was hier ab geht. Doch dann geht auch schon die Tür auf, ein verlegen lächelnder Kaoru steht im Rahmen, Tooru seitlich sanft an sich drückend, der auf seiner Unterlippe herum kaut.

„Tooru, Schatz“, höre ich Kaoru sanft flüstern, nachdem er sich zum Ohr des anderen gebeugt hat. „Du erinnerst dich noch an Toshi?“

Leicht schüttelt Tooru den Kopf und ich blinzle verwirrt. Aber er kennt mich doch! Er muss mich doch kennen! Immerhin bin ich jetzt schon… bestimmt eine Woche hier!

Kaoru seufzt leise, klingt jedoch nicht genervt. Er sieht sehr geduldig aus und ich bewundere ihn dafür. Er hat es sicherlich nicht leicht mit Tooru und trotzdem liebt er ihn. Ich muss lächeln und er lächelt mich ebenfalls an, streichelte Tooru sanft durch die aufblondierten Haare, der fragend zu ihm aufsieht. „Toshi ist erst vor kurzem hier her gekommen und hat alles nur noch mehr durcheinander gebracht, als Dai es eh immer schon tut.“ Seine Mundwinkel zucken, das kann ich genau sehen! Doch auch ich muss leicht stolz grinsen und spüre, wie Dai mich ein wenig mehr an sich drückt. Shinya scheint hingegen ein wenig angespannt.

„Wir sollten langsam los“, drängt er und ich nicke. Ich habe noch etwas vor, ich will endlich wissen, was mit mir nicht stimmen soll, wenn es mir schon niemand sagen will! Schließlich ist es meine Krankenakte, also bin ich der festen Überzeugung, dass ich auch ein Recht darauf habe, sie einzusehen.

„Wo wollt ihr hin?“, fragt Dai an mich, Shinya und Kaoru gerichtet. „Shiroyamas Büro“, flüstere ich sofort zurück und ich sehe, wie sich auf Dais Zügen ein nun wirklich breites Grinsen entfaltet. Er sieht zufrieden aus mit meiner Antwort, leckt sich grinsend über die Lippen. „Na dann kommt! Halten wir Kriegsrat in der Höhle des Löwen!“
 

Und so schleichen wir fünf den Gang hinab. Gerade kommt die Tür zu den Feuertreppen in Sicht, da hält Dai uns mit einem Handzeichen auf. „Schnell, da rein!“, flüstert er hastig, zieht mich mit zu einem Raum zu seiner Linken, rüttelt so leise er eben kann an der Klinke. Abgeschlossen! Und nun höre auch ich die Schritte, die langsam den Gang hinab kommen, in unsere Richtung. Tooru wird nervös, das merkt man. Kaoru redet leise, beruhigend auf ihn ein, während Shinya hastig versucht, eine andere Tür zu öffnen. Es klappt. Ich atme auf. Gott sei Dank! Und schon flitzen wir alle in den Raum, ich schließe die Tür so leise es geht hinter uns und alle halten wir den Atem an, von innen gegen die Wand an der Tür gepresst, damit er uns hoffentlich nicht sieht. Scheiße, scheiße, scheiße!

Mein Herz rast und auch meine Atmung geht immer wieder stockend, da sich sonst alles in meinem Kopf zu drehen droht. Mir wird beinahe schlecht vor Angst, was, wenn man uns nun findet? Was würden sie dann mit uns tun?

Doch die Schritte gehen vorbei, biegen am Ende des Flurs nach rechts ab und verklingen langsam im Gang. Ich atme auf und auch die anderen neben mir stoßen kleine Seufzer der Erleichterung aus, entspannen sich wieder ein bisschen. „Weiter“, flüsterte nun ich, öffne leise die Tür wieder und sehe mich nach rechts und links um, ehe ich auf den Flur husche, gerade noch spüre, wie Dai meine Hand mit seiner umschließt. Ich drücke sie fest, lasse sie nicht mehr los, während die anderen uns rasch folgen und wir nun endlich das relativ sichere Treppenhaus erreichen, wo uns hoffentlich niemand vermuten würde.

Runde um Runde laufen wir hinab, versuchen unsere Schritte so leise wie möglich zu halten. Wir laufen an dem Stockwerk vorbei, auf dem wir normalerweise sind und müssen doch kurz darauf eine Pause machen. Tooru geht es nicht gut, das sieht man ihm auch an. Seine Haut leuchtet mindestens ebenso blass, wie sein weißer Schlafanzug und er muss sich einen Augenblick setzen. Während Shinya, Dai und ich ein wenig nervös daneben stehen, hockt sich Kaoru vor seinen Freund und redet sanft auf ihn ein. Die Worte kann ich nicht verstehen, aber Kaorus Tonlage ist unendlich liebevoll und immer wieder streichelt er Tooru leicht über den Oberschenkel oder den Unterarm. Ich sehe ihn immer wieder nicken, dann schließlich tief durchatmen und ein wenig schwankend erhebt er sich wieder, mit Kaorus Hilfe.

Weiter hasten wir hinab, bis wir endlich auf der Etage sind, wo sich das Büro dieses Pfuschers befindet. Dai bedeutet uns so leise wie möglich zu sein, ehe er sich zu Shinya herum dreht. „Shin? Du weißt, was wir zu tun haben?“ Er grinst den Blonden an und dieser nickt leicht, wirkt ein wenig nervös, ehe Dai auch schon vor ihm in die Hocke geht. Ich runzle ein wenig verwirrt die Stirn, sehe mit an, wie Shinya auf Dais Schultern steigt, dieser sich ein wenig schwankend wieder aufrichtet und Shinya sogleich die Arme ausstreckt, noch etwas unter dem Shirt hervor holt, das um seinen Hals baumelt und kurz darauf den feinen Strahl einer kleinen Taschenlampe auf das obere Ende der Tür richtet.

Fasziniert beobachte ich, wie Shinya ein wenig mit seinen langen Fingern an der Alarmanlage herumbastelt und schließlich ein Kabel heraus zieht, die Taschenlampe aus macht und mich angrinst.

„Was zum…?“, flüstere ich fassungslos, grinse dann jedoch ebenfalls, als Shinya schon wieder sicheren Boden unter den Füßen hat. „Genial“, hauche ich noch, grinse nur noch breiter, als wir vollkommen entspannt die Tür zum Erdgeschoss öffnen können.

„Nach ihnen“, grinst mich auch schon Dai an, bedeutet mir mit einer Verbeugung, durch die Tür zu gehen und auch ich verneige mich belustigt, ehe ich durch die Tür husche, die anderen mir sogleich folgen und wir rasch das Büro dieses Mannes suchen, der sich Arzt schimpft.

Hier unten ist es bei weitem entspannter, da kaum jemand unterwegs sein dürfte. Hier braucht um diese Zeit niemand sein, da oben eigentlich abgeschlossen ist… oder viel mehr sein sollte. Jedenfalls können wir recht sicher sein, dass wir hier unten die Einzigen sind. Dennoch versuchen wir leise zu sein, während wir Shiroyamas Büro stürmen. Die Tür ist nicht einmal abgeschlossen, was wohl unser Glück ist und schon huschen wir in den Raum hinein, Shinya schließt die Tür hinter uns und Kaoru macht auch schon ein wenig Licht an, was mich glatt erschreckt, nach dieser langen Dunkelheit auf den Gängen.

Zielsicher geht Dai auf den großen Sessel hinter dem Schreibtisch zu, lässt sich grinsend in diesen plumpsen und legt seine Füße auf den teueren Tisch.

„Sie sind irre. Sie alle!“, versucht er eine doch recht klägliche Imitation von Dr. Shiroyama und dennoch muss ich ein wenig befreit glucksen, folge ihm sogleich mit leuchtenden Augen, schiebe seine Füße sanft vom Tisch und schmiege mich dann auch schon lasziv lächelnd auf seinen Schoß.

„Aber Herr Doktor… ich doch nicht, oder?“, hauche ich, lege meine Lippen an Dais Hals und knabbere sanft an der verlockend weichen Haut, höre ein Seufzen von ihm und spüre, wie er sich unter mir entspannt, sich weiter zurück lehnt. Doch dann erklingt ein Räuspern hinter uns, sodass wir beide ein wenig zusammen fahren, Shinya ansehen wie zwei Schuljungen, die etwas verbrochen haben. Er grinst jedoch.

„Reicht’s jetzt mal mit dem Geturtle? Ich dachte du wolltest deine Krankheit herausfinden, Toshi.“ Ach ja, da war ja was. Dass er uns aber auch keinen Spaß gönnt! Man könnte glatt meinen, dass nicht er, sondern wir hier die Jüngeren wären.

Ich mache einen gespielten Schmollmund, grinse dann jedoch und erhebe mich tatsächlich von dem bequemen Schoß, auf dem ich sitze, gebe Dai noch ein Küsschen auf die Lippen, ehe ich mich umdrehe und den Aktenschränken zuwenden will, als ich mit einem Mal leise auffiepe und mich erschrocken wieder umdrehe. Doch Dai grinst mich nur unverschämt unschuldig an, ich drohe ihm gespielt mit dem Finger.

„Du kannst mir doch nicht hier vor allen anderen an den Arsch gehen“, tadle ich ihn sanft, drehe mich dann jedoch schon wieder um, um endlich den Grund für meine so miese Behandlung hier heraus zu finden.
 

Endlich habe ich meine Akte gefunden und auch Dai hält seine in den Händen, ebenso wie alle anderen. Ich habe es mir wieder auf dem Schoß meines Freundes bequem gemacht, kuschle mich leicht an ihn, während ich durch die Zettel in der kleinen Mappe blättere. Meine Aufnahmebestätigung – blödes Ding, ich sollte es verbrennen – mein Gutachten vom Freund meines Vaters. Ich runzle die Stirn, als ich es überfliege und knirsche leise mit den Zähnen. Arschloch! Elendes Arschloch!

Rasch blättere ich weiter und stoße endlich auf die Berichte, die Doktor Shiroyama während meiner Anwesenheit in seinem Büro angefertigt hat. Nervös lese ich, werde immer schneller und werde immer aggressiver, sobald ich diese Sauklaue nicht lesen kann. Doch das Wesentliche verstehe ich durchaus und ich muss nun freudlos lachen. Idiot! Was bildet der sich eigentlich ein?!

„Was?“, fragt mich Dai und ich grinse ihn nicht gerade freundlich an. Dennoch zieht er mich zu sich, auf seinen Schoß und legt den Kopf leicht schief.

„Na los, ließ vor“, fordert er mich leise auf und als ich zögere, lächelt er noch ein wenig sanfter. „Das ist beinahe schon so ein Spiel hier zwischen uns, wir sind nicht das erste Mal hier unten, weißt du? Hin und wieder lesen wir uns unsere Akten durch und lachen über diese Idioten, die sich Ärzte schimpfen.“ Ich muss ein wenig grinsen, atme tief durch und merke, dass auch die anderen Drei mir aufmerksam zuhören.

„Toshimasa zeigt starke Anzeichen für eine Borderline-Persönlichkeit. Seine häufig deutlich werdenden, dichotomen* – keine Ahnung, was das heißen soll – Denkmuster weisen eindeutig darauf hin, ebenso wie sein Selbstbild häufig zu schwanken scheint zwischen Minderwertigkeit und Omnipotenz-Phantasien**. Diese spaltenden Denkforgänge lassen darauf schließen, dass der Patient ebenso den Abwehrmechanismus der projektiven Identifikation vollzieht, wobei er allem voran die Teile seiner Persönlichkeit, die er selbst nicht akzeptieren kann auf andere Personen überträgt, die er dadurch nicht respektieren kann.“ Ich mache eine kurze Pause. Also ehrlich, wenn man das hier liest könnte man meinen, ich sei vollends gestört.

„Deutlich wird ebenso, dass der Patient große Schwierigkeiten hat, seine Nähe und Distanz zu anderen Personen seines Umfelds zu regulieren. So reagiert er den einen gegenüber aggressiv und stößt sie von sich, während er mit anderen sexuelle Beziehungen eingeht, die wahllos wechseln.“ Meine Stimme bricht ab und ich schiebe die Mappe von mir, über den Schreibtisch dieses Pfuschers, während ich einfach nicht weiß, was ich denken soll. Ich kaue auf meiner Unterlippe herum, bis Dais sanfte Stimme an mein Ohr dringt. Vorsichtig küsst er mich, ich spüre seine zarten Lippen an meiner Wange.

„Rede dir jetzt bloß nicht ein, dass du verrückt bist, Toshi“, haucht er mir zu und ich erzittere leicht.

„Du bist so normal, wie wir alle hier auch.“ Es tut so gut, das von ihm zu hören und ich kuschle mich einfach an ihn. Einen Augenblick verschnaufen, das möchte ich nur. Nur einen kleinen Augenblick.

„Danke, Dai“, flüstere ich und lasse mich von ihm drücken, sehe dabei nicht, wie Kaoru die kleine Mappe mit meiner Krankenakte an sich nimmt, leicht die Stirn runzelt und sie rasch noch einmal durchliest.
 

Ende Kapitel sieben.
 

* „schwarz-weiß-Denken“

** respektive Größenwahn
 

Ich finde, ich bin ganz schön gut xD ich habe es recht schnell hinbekommen… auch wenn dieses Kapitel eigentlich noch weiter gehen sollte, aber dann wäre es mir zu lang geworden, also spalte ich es eben (wie Kyos Persönlichkeit höhö ID“). Also wird das ganze noch ein Kapitel (mindestens) länger. Ich hoffe, ihr hattet Spaß und lasst mir wieder nette Kommis da ^^~

Ach ja! Die Übersicht bei den Kapiteln, wie viele noch kommen ist nicht bindend! Wie man sieht, kann es leicht passieren, dass es mehr werden ^.~
 

Neko.



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Kommentare zu dieser Fanfic (49)
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Von: abgemeldet
2011-06-29T21:21:21+00:00 29.06.2011 23:21
Achja! Eins wollte ich noch sagen XD Was mir aufgefallen ist...
Der Arsch im Krankenhaus heißt Matsumoto...
Der Arsch in der Psychiatrie heißt Shiroyama...

Hast du was gegen Gazette oder was?? XDDDD *mich weglach*

Naja... das fand ich echt lustig und wollte wissen, ob du das mit Absicht gemacht hast XD
Von: abgemeldet
2011-06-29T21:15:14+00:00 29.06.2011 23:15
Heieiei.... Jetzt bringst du mich schonwieder dazu, Fanfics zu lesen, deren Genre ich eigentlich nicht mag XD
Du böses, böses Otaku xD

Naja, eigentlich bin ich ja hier, um die schonwieder nen Comment zu hinterlassen. (Was heißt schon wieder, das is mein zweiter und ich hab eh was weiß ich wie viele Storys von dir gefavot, ohne dir nen Kommi zu hinterlassen oO Ich böses böses Ich XDD)

Mkay, aaalso, zu deiner Geschichte: Ich mag sie!
Auch wenn ich nicht ganz weiß, ob Toshis Sicht der Dinge die Realität ist oder ob er das alles nur so sieht~ Und ich weiß auch nich, ob du das so beabsichtigt hast, aber für mich wirkt es irgendwie so. xD
Liegt glaub ich daran, dass man mich auch schonmal in die Klapse gesteckt hat, aber so schlimm wie hier beschrieben war das jetzt nich oO War sogar ganz nett~ Wirklich! Aber ein paar Sachen fand ich klasse und haben mich an mich selbst erinnert~ Zum Beispiel das auf lieb machen, dass man nich genervt wird und die Pfleger und die Psychiater denken, alles ist supi! Das gibt nämlich immer fett Pluspunkte bei denen!
..... Lange Rede, kurzer Sinn:
Mir gefällt deine Fanfic wirklich sehr gut und ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass du die Klinik wirklich etwas 'krass' darstellst.
Solche Psychiatrien gab es vielleicht in den Fünfzigern, aber doch heute nicht mehr~ oO
*nach oben deut* aber kann ja sein, dass sich Toshi das alles zusammenspinnt XDD
Und wieso man Kyo in die Iso steckt, kann ich auch nich nachvollziehen oO Wir hatten auch einen mit Schizophrenie und der durfte frei herumlaufen xDD


... Aber ist ja nur ne Fanfic und nicht die Realität von dem her gehts ja XDD Will ja jetzt hier auch nicht einen auf Spaßbremse oder Klugscheißer machen! (Hab ich wahrscheinlich schon)
Und... Awww >.<
ich lass es jetzt einfach gut sein und trete dir hiermit noch einmal in den Arsch xD
Mach mach mach!!!!
*dich drück*

Mrs_Jekyll
Von: abgemeldet
2010-09-11T01:00:42+00:00 11.09.2010 03:00
wow...
die geschichte is wirklich gut geschrieben

*film nich kennt und sich demnächst schlau machen geht ;)*

diese irrenanstalt is einfach wirklich nur krank... >.<
und ich hoffe, dass sie bald da raus kommen...

aber ich mache mir wirklich sorgen um den weiteren verlauf der ereignisse... :O
da steht doch noch mehr in der akte drin, wenn Kaoru die da jetz sich "heimlich" durchliest
*sich sorg*
...und hoffentlich werden sie nich erwischt!!! >.<
Von:  Deity
2010-05-30T14:02:32+00:00 30.05.2010 16:02
Für mich mal eine andere FF :D Kyô/Tooru gefällt mir bisher mit am besten >D
Bin gespannt wie es weiter geht ^^
Von:  LadyKisu
2010-05-11T11:48:11+00:00 11.05.2010 13:48
ich hab so angst das sie erwischt werden >.<
bitte bitte das darf nicht passieren
ich konnte erst aufhören zu lesen als ich fertig war ^^
also die diagnose ist ja mal so gemein und die trifft kein bisschen zu
die jungs tun mir alle so leid und ich hoffe die flucht klappt
sie dürfen nicht länger in dieser foltereinrichtung die klinik genannt wird bleiben
ich platze echt schon fast vor spannung und hoffe es geht bald weiter
ach und das kapitel war wieder sehr toll
Von: abgemeldet
2010-05-08T13:01:30+00:00 08.05.2010 15:01
ein klasse kap mal wieder und so spannend und traurig und alles...wirklich gut geschrieben. kyo/tooru hat es wirklich nicht einfach, aber ich finds stark, dass kaoru ihm immer zur seite steht. shinya ist ja mal weltenklasse, mich würde es nicht wundern, wenn er auch fliegen kann xD
und an einer spannenden stelle aufgehört >.< aber genauso soll es sein :P
ich freu mich aufs nächste, klasse kap!
Von:  KaoChaos
2010-05-07T09:59:45+00:00 07.05.2010 11:59
hach ich liebe es xD
Schreib bloß schnell weiter, ich fieber mit xD
*lach*
Vor Allem, da ich den Film auch gesehen habe *-*
und selbst an borderline leide ôo
lustige situation xDDD
Von:  Camui_Gackt
2010-05-02T18:28:50+00:00 02.05.2010 20:28
uhhiii toll
wie Shinya den Alarm auschaltet XD
echt genial.
Ich stell mir das so vir, wie die da im Büro sitzten und ihre Akte lesen, als wären sie Zeitungen XD

Naja freu mich dann schon auf die Kapitel wo sie dann aus der Klink abhauen.

Freu mich dann aufs nächste Kapite ^^
LG Camui_Gackt ^^

Von:  MYM
2010-05-02T15:35:00+00:00 02.05.2010 17:35
cool... hammer genial!
Shinya hats drauf xD
bin mal echt gespannt wies weitergeht :D

LG MYM
Von:  Nikooru
2010-05-02T12:15:35+00:00 02.05.2010 14:15
es geht weiter
*freu*
...
aber was ich mich gerade zumschluss gefragt habe ist ...
gegen wem (mit aus nahmen der Artze) ist er den aggressiv gewurden o_O?
naja freu mich schon auf das nächste ^^


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