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love is painful

Uru x Aoi /Fortsetzung von *three words later*
von

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Prolog

Vorsichtig schlüpfte eine Hand unter sein Shirt und begann die weiche Haut zu liebkosen. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen und er wandte den Blick vom Fernseher ab, sah in die wunderschönen großen Augen direkt vor sich. Er ging auf den sanften Kuss ein, den der andere auch gleich begann und ein angenehmer Schauer rieselte seinen Rücken hinab.

Er legte eine hand in den Nacken des Schwarzhaarigen, zog ihn so näher an sich und konnte ein leises Keuchen nicht unterdrücken.

Doch dann ging alles ganz schnell.

Plötzlich wurde er gegen die Lehne der Couch gedrückt. Er spürte einen heißen Körper über sich und konnte ein erneutes Keuchen nicht unterdrücken, als flinke Hände unter sein Shirt schlüpften und seine bereits erhitzte Hau zu liebkosen begannen.

Wie von selbst schlangen sich seine Arme um den schlanken Rücken und...

Stop!

Leicht irritiert öffnete er die Augen. Was tat er hier bloß?

Wieder musste er aufkeuchen, konnte die aufkeimende Hitze in sich stetig anwachsen spüren. Er drückte den anderen Körper an sich und zerrte an seinem Shirt. Er wollte es. Ihm war so heiß... Aber irgendetwas in ihm wehrte sich dagegen...

Doch was... was war es?

Als der Schwarzhaarige nun begann, an seinem Hosenbund zu spielen, wurde ihm das schlagartig klar. Er wollte es zwar, aber nicht so. Nein, nicht jetzt...

Ein Ruck ging durch seinen Körper und nur Sekunden später lag er über dem anderen und übernahm die Führung. Er merkte, wie er sich verspannte, und löste den Kuss. Verlangen lag in seinem Blick und als er seinen Namen keuchte, wurde der Körper unter ihm wieder weich. Dass er sich fügte, ließ ihn fordernder werden.

Er wollte ihn jetzt wirklich, doch ihm war bewusst, dass er ihm vor den Kopf gestoßen hatte. Und dennoch ging er darauf ein...

Es hatte ihn ziemlich irritiert, als er merkte, was der Schwarzhaarige da vor hatte. Zwar hatte er das neulich zugelassen und es auch genossen, doch... eigentlich hatte er nicht vorgehabt, es so bald zu wiederholen... Und auch hätte er nicht erwartet, dass er es so bald wieder wollen würde. Er hatte es getan, um ihm etwas zu beweisen. Er konnte seine Gefühle noch nie gut in Worte fassen, deshalb hatte er sich dazu entschlossen es ihm zu zeigen... und wohl fälschlicherweise gedacht, dass dieser Beweis ihm genügen würde.

Jetzt hatte er es noch in eine andere Richtung lenken können. In eine, die ihm viel besser gefiel...

Und doch... er zweifelte daran, dass der Schwarzhaarige es bei diesem Versuch belassen würde... Und er selbst war daran Schuld, denn er hatte ihn auf den Geschmack gebracht, ihm die Vorzüge des aktiven Parts gezeigt... Er wollte das nicht unbedingt ein zweites mal, doch er wollte ihn. Und er wusste wiederum, was er wollte. Ewig würde er sich ihm nicht verweigern können...

„Verdammt, Aoi! Lass das...“, sagte er schwer atmend und drückte ihn von sich, hielt ihn an den Schultern fest. Die Hand des Schwarzhaarigen, di gerade erst zwischen seine Schenkel gewandert war, erstarrte und er sah ihn verständnislos an.

„Warum denn?“, fragte er leise und beugte sich etwas runter, um nach seinen Lippen zu schnappen, während nun ein Finger begann seine Öffnung zu umspielen. Doch Uruha ließ das nicht zu. Er wollte das nicht. Nun hielt er Aois Handgelenk fest, damit er auch wirklich damit aufhörte.

„Weil ich es nicht will...“, meinte er nur leise und drehte den Kopf etwas zur Seite. Er wollte sein Gesicht nicht sehen, denn er wusste auch so, dass er nun enttäuscht war.

Aoi seufzte, löste sich aber nun von ihm und setzte sich auf seine Hüfte.

„Neulich wolltest du aber... Hast sogar nach mehr gebettelt...“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte den Blonden unentwegt an. Es entging ihm auch nicht, dass sich ein leichter Rotschimmer auf seine Wangen legte und er sich auf die Unterlippe biss.

Wieder war ein Seufzen zu hören, doch erneut beugte er sich runter und stützte sich mit den Armen neben seinen Schultern über ihm ab.

„Jetzt hab dich doch nicht so, Uru...“.

Er erschauderte, als diese Worte so nah an seinem Ohr ausgesprochen wurden und warmer Atem seine Haut kitzelte. Uru... So nannte Aoi ihn jetzt immer, wenn sie zärtlich zueinander waren, und jedes Mal ließ es sein Herz schneller schlagen. Er wusste nicht warum, aber die Tatsache, dass Aoi ihn anders nannte als vorher, machte ihn glücklich. So ließ der Schwarzhaarige ihn spüren, dass er etwas Besonderes für ihn war.

Er sah ihn wieder an und wiederholte sein Worte.

„Nein Aoi, ich will das nicht...“ Er sprach leise und zurückhaltend, denn eigentlich würde er schon gerne noch mal so mit ihm schlafen – aber nicht jetzt. Nein... dafür war er noch nicht wieder bereit. Warum bemerkte er das denn nicht?

Seit er mit dem Schwarzhaarigen zusammen war, war er zwar wesentlich sanfter und zärtlicher geworden, aber er war ja trotzdem noch Uruha, der Poser der Band – auch wenn Reita ihm da mittlerweile Konkurrenz machte.

Er setzte sich nun auf und zog den anderen näher, grinste ihn leicht an.

„Aber andersrum würde ich nichts dagegen haben...“

Gerade wollte er ihn küssen, da war es nun Aoi, der ihn von sich stieß. Anscheinend hatte er da nicht so die Lust drauf...

Er erhob sich von ihm und setzte sich auf die Bettkante. Uruha starrte auf seinen Rücken. Er wollte doch keinen Streit, und schon gar nicht wegen so was...

„Aoi...“ Der Angesprochene sackte leicht in sich zusammen.

„Warum?“, wisperte er kaum hörbar.

Uruha hatte ihn schon verstanden, aber nicht, wofür er den Grund wissen wollte.

„Mmh?“

„Warum willst du es nicht?“

Uruha musste schlucken. Immer noch starrte er auf den schmalen Rücken und biss sich leicht auf die Unterlippe.

Weil er zögerte, sackte Aoi noch etwas mehr in sich zusammen. Es schmerzte ihn, dass Uruha es ablehnte, noch mal so mit ihm zu schlafen, ihm aber nicht den Grund dafür sagen konnte. Er drehte sich nun leicht herum, sah ihn aus traurigen Augen an.

„Du willst es also wirklich nicht, mh?“ Er lächelte gequält. Eigentlich hatte er gedacht, dass ihre Beziehung jetzt anders war. Es machte ihm ja nichts aus zu warten bis Uruha ihn erneut den aktiven Part übernehmen ließ, aber eine Tatsache machte ihm zu schaffen. Danach hatte der Blonde so glücklich ausgesehen und... und er hatte sie gesagt, die drei Worte... Aois Herz hatte einen Schlag ausgesetzt, als er das gehört hatte. Das war das erste mal gewesen, dass Uruha ihm gesagt hatte, dass er ihn liebt – und bisher leider auch das einzige Mal...

So lange schon hatte er darauf gewartet, es ihn endlich sagen zu hören. Dass es so war, hatte er ja schon vorher gespürt, aber es war doch etwas anderes, es aus seinem Mund zu hören. Diese drei Worte... Noch nie war Aoi so glücklich gewesen. Er hatte wirklich gedacht, dass sie das einen Schritt nach vorne gebracht hatte. Doch dem war wohl nicht so...

Den ganzen nächsten Vormittag hatten sie zusammen verbracht, im Bett gelegen, gekuschelt... Er war schon enttäuscht gewesen, es nicht wenigstens zum Abschied noch mal gesagt zu bekommen. Aber wenigstens hatte er ihm das Gefühl gegeben, geliebt zu werden...

Als sie sich am nächsten Tag trafen, war alles beim Alten. Uruha hatte sich nichts anmerken lassen, sich benommen als wäre nichts geschehen... Aber warum? Warum hatte er ihn nicht noch einmal gesagt, dass er ihn liebt? Waren ihm diese Worte vielleicht nur über die Lippen gekommen, weil er noch so in Ekstase war?

Erneut seufzte er, griff aber zaghaft nach seiner Hand.

„Vielleicht war es dumm von mir, aber... ich habe wirklich geglaubt, dass unsere Beziehung nun anders ist... tiefgründiger... intensiver...“ Noch immer war dieser traurige Ausdruck nicht aus seinen Augen gewichen.

Als er das hörte, verspannte sich Uruha. Dumm? Warum denn das? Das hatte er doch auch geglaubt, dass ihre Beziehung sich verändert hatte...

„Aber ich habe mich da wohl wirklich geirrt...“

Geirrt? Warum geirrt? Uruha verstand gar nichts mehr. Er hatte sich ihm doch hingegeben und ihm sogar seine Liebe gestanden. Warum war Aoi denn jetzt nur so unzufrieden deswegen? So langsam wurde er nervös.

„Aoi, was willst du eigentlich?“, brach es dann aus ihm heraus. Er war selbst erschrocken über seinen harschen Ton. Er sah ihn Aois erschrockenes Gesicht, aber jetzt sprudelten die Worte einfach so aus seinem Mund.

„Was er wartest du denn von mir? Genügt dir nicht, was ich dir gegeben habe?“

Der Mund des Schwarzhaarigen öffnete sich, klappte aber gleich wieder zu. Er war einfach zu perplex um darauf gleich etwas erwidern zu können. Er war wie erstarrt, doch als er sich wieder gefangen hatte, drückte er Uruhas Hand leicht und hauchte „Ich liebe dich...“

Er liebte ihn? Warum sagte er ihm das jetzt? Er hätte ja mit allem gerechnet, aber damit...?

Als Aoi die Verwirrung in seinem Gesicht sah, biss er sich auf die Unterlippe. Er hatte gehofft Uruha würde es erwidern.

„Warum sagst du nichts? Neulich warst du es, der mir das gesagt hat... habe ich gezögert es zu erwidern?“

Er wollte es doch nur wieder hören... aus seinem Mund... mit dieser tiefen bebenden Stimme... genau wie beim ersten Mal...

Aber der Blonde sagte immer noch nichts. Aoi ließ seine Hand los, verkrampfte nun seine eigenen in seinem Schoß. Wenn er es ihm so nicht sagte... Vielleicht ja, wenn er wieder so in Ekstase war... Doch das war ihm egal, er wollte es ihn doch nur wieder sagen hören! Darum hatte er es immer wieder versucht, es immer wieder darauf angelegt. Doch er hatte keinen Erfolg gehabt. Und es deprimierte ihn sehr, dass Uruha es ihm nicht mal jetzt sagen konnte... Er brauchte es doch nur zu erwidern.

„Ich gehe besser, glaube ich...“, gab Aoi leise von sich und machte Anstalten sich zu erheben.

Uruha musste schwer schlucken. Verdammt, was hatte er da bloß wieder angerichtet?! Und das nur, weil er sich nicht ausdrücken konnte...

Zaghaft griff er nach Aois Handgelenk und hielt ihn fest, als er aufstehen wollte. Der Schwarzhaarige blieb auch stehen, hatte ihm aber immer noch den Rücken zugewandt, und wartete darauf, was jetzt noch kam.

„Bitte bleib hier...“; hauchte er und schlang von hinten die Arme um ihn. Er schmiegte sich an ihn. Er wollte nicht, dass Aoi jetzt ging. Er wollte ihn nicht so verletzt sehen...

„Warum?“, fragte Aoi wieder nur, schüttelte dann aber leicht den Kopf. Es hatte ja eh keinen Sinn ihn nach dem Grund zu fragen...

„Ich... Ich bin nur müde, will ins Bett...“, meinte er nun leise, aber ihm war bewusst, dass Uruha seine Ausrede als eine solche enttarnen würde.

Und natürlich bemerkte der Blonde sofort, dass das eine Lüge war. Er würde doch eh nicht schlafen gehen, vor allem nicht, wenn sie heute so auseinander gingen...

„Warum bleibst du heute Nacht nicht hier?“

Beinahe hätte Aoi aufgelacht. Das konnte doch jetzt nicht sein Ernst sein! Er löste sich aus der einseitigen Umarmung und sah ihn wieder direkt an.

Uruha erschauderte. So einen Ausdruck hatte er noch nie in seinen Augen gesehen...

„Weil ich es dann nur wieder versuchen würde. Und das willst du ja nicht... Also ist es wohl besser, wenn ich bei mir schlafe!“

„Du kannst doch aber auch hier schlafen! Wir müssen ja nicht...“

„-Was müssen wir nicht? Miteinander schlafen? Das kannst du doch vergessen! Wir haben bisher immer miteinander geschlafen, wenn ich hiergeblieben bin, immer! Und ich bin nicht bereit heute einzustecken...“

Uruha musste schlucken. So nachdrücklich war Aoi bisher noch nicht geworden... Er wollte also ihn unbedingt wieder... aber... warum so plötzlich? Er war doch vorher auch so zufrieden gewesen!

Uruha fühlte sich in die Ecke gedrängt. Warum sprach Aoi bloß so? Er wusste sich nicht anders zu helfen, konnte sich auch gar nicht mehr zusammen nehmen.

„Du solltest froh sein, dass ich dich das eine Mal rangelassen hab!“, gab er erhitzt von sich. „Das hätte ich nicht tun müssen...“

Aoi stöhnte genervt auf.

„Du verstehst nicht worum es mir geht, oder? Willst du es nicht verstehen? Uruha, verdammt!“ Er ballte Hände zu Fäusten und atmete einmal tief durch.

„Es ist wirklich besser, wenn ich gehe... – jetzt!“ Mit diesen Worten kehrte er ihm den Rücken zu und schritt durch das Zimmer. Er würdigte ihn keines Blickes mehr und ließ einen sehr verwirrten Uruha hinter sich zurück...

Schwer atmend lehnte er an der Haustür. Er hatte die Augen geschlossen und stand einfach nur da. Er war den ganzen Weg nach Hause gelaufen. Anders hatte er das nicht ertragen können... Der Schmerz saß immer noch tief und noch dazu pfiff ihm regelrecht die Lunge.

„Verdammt!“, fluchte er leise vor sich hin. Er stieß sich von der Tür ab und zog seine Jacke aus, schmiss sie einfach in irgendeine Ecke. Dann ging er in die Küche und zündete sich erstmal eine Zigarette an. Das brauchte er jetzt... Als der warme Rauch seine Lungen füllte, schloss er genießerisch die Augen. Doch irgendwie blieb die erhoffte Erleichterung aus. Er fühlte sich noch immer nicht besser...

Dieser verdammte Uruha! Warum bloß liebte er ihn? Wie konnte er sich bloß in einen solchen Gefühlskrüppel verlieben? Und dann auch noch glauben, dass das mit ihm klappen würde?

Er war ja so ein Idiot! Hätte er sich bloß nicht auf ihn eingelassen... Nun ja, beim ersten mal waren sie beide betrunken gewesen... Da hätte er nichts mehr dran ändern können... Aber wieso bloß war er diesem selbstsüchtigen Kerl so verfallen?

Er stöhnte genervt auf und verbarg sein Gesicht in den Händen. Immer ließ er sich auf die falschen Menschen ein, immer! Und immer wurde er enttäuscht... verletzt... betrogen... weggeworfen... wie Müll... Aber warum schmerzte es ihn noch viel mehr, jetzt nicht bei ihm zu sein?

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er ein Klingeln hörte, und zuckte zusammen. Was war das? Erneut dieses Klingeln. Dann ein Klopfen.

Verdammt, warum war er ihm hinterher gekommen? Er blieb einfach sitzen, wollte ihn nicht sehen. Nicht jetzt... Doch der Lärm an seiner Tür hörte nicht auf. Er sah zur Uhr. Noch war keine Nachtruhe, aber die Nachbarn würden sich auch so bei ihm beschweren, also sollte er wohl lieber öffnen...

Langsam stand er auf, nahm noch einen letzten Zug von der Zigarette, ehe er sie ausdrückte, und ging dann zur Tür. Scheiße. Warum traute er sich denn jetzt nicht die Tür zu öffnen? War er schon so kaputt...?

Er atmete einmal tief durch und riss dann die Tür auf, bereit Uruha wieder wegzuschicken. Doch als er sah, wer da tatsächlich vor ihm stand, sah er verwirrt drein.

„Reita?“, hauchte er ungläubig. „Was...“ Doch er kam gar nicht dazu, den Satz zu beenden, denn der Blond- Schwarzhaarige kam einfach in seine Wohnung und ging in die Küche. Nun war er noch verwirrter. Er schloss die Tür und ging ihm hinterher.

„Reita? Alles in Ordnung?“

Der Angesprochene antwortete nicht, stellte lediglich geräuschvoll eine Tüte auf den Tisch. Dem Klang nach hatte er Flaschen dabei. Aoi starrte ihn an, unfähig sich zu bewegen oder auch nur etwas zu sagen.

Es vergingen noch einige Momente, bis der Bassist etwas tat. Er seufzte und sah Aoi dann ernst an.

„Du musst jetzt herhalten.“, sagte er kühl. „Egal, was du vorhast – vergiss es!“

Aois musste schlucken und sah ihn verwirrt an.

„Was?“ Irgendwie wurde ihm das alles zu merkwürdig... Erst das mit Uruha und nun benahm Reita sich auch noch so komisch... Träumte er das alles vielleicht nur? Schön wäre es gewesen...

Der Blond- Schwarzhaarige ließ sich seufzend auf seinem Stuhl nieder.

„Ruki und Kai haben mich versetzt...“, begann er nun leise. „Wir wollten heute zusammen einen trinken. Dann hat erst Kai angerufen und gemeint, dass er zu viel zu tun hätte und Ruki... dem ist wohl auch was dazwischen gekommen. Also musst du jetzt mit mir einen trinken!“

„Das geht nicht, ich...“

„Warum nicht?“ Er musterte ihn kurz und sah ihn dann eindringlich an. „Du siehst scheiße aus. Alkohol ist jetzt genau das Richtige!“, meinte er kühl und zog eine Flasche Vodka aus der Tüte. Er bediente sich selbst, nahm zwei Gläser aus dem Schrank und schenkte ein.

„Danke, das hört man immer wieder gern...“, murmelte Aoi abwesend. Warum bloß benahmen sich heute alle so verdammt merkwürdig? Er sah sich um. Wo war die versteckte Kamera?

„Setz dich endlich hin!“, forderte ihn Reita nun auf – und das in seiner eigenen Wohnung. Doch nach kurzem Zögern setzte er sich wirklich. Okay, warum eigentlich nicht... Vielleicht würde er so die Sache mit Uruha vergessen können – wenigstens für den Moment. Er betrachtete das Glas vor sich und verzog angewidert das Gesicht.

„Warum nur immer Vodka?!“, grummelte er leise. Er hasste Vodka. Warum bloß trank Reita diesen Mist dauernd?

Doch obwohl Aoi diesen Geschmack hasste, trank er das Glas in einem Zug leer... spürte die Flüssigkeit seine Kehle runter laufen... spürte dieses typische Brennen... und auch sofort die aufsteigende Hitze...

Vielleicht war es gar nicht so schlecht, wenn er sich heute einfach mal besoff. Er hatte das schon lange nicht mehr getan, und vielleicht half es ja wirklich...

Er blickte zu Reita, der ihre beiden Gläser schon wieder vollschenkte. Die ganze Zeit über schon hatte der Blond- Schwarzhaarige ihn gemustert. Und nun seufzte er.

„Was hat er angestellt?“, fragte er leise. Aoi zuckte kaum merklich zusammen.

„Wie kommst du darauf, dass...“

„Ach Aoi! Du siehst scheiße aus und hockst alleine zu Hause rum! Gleich Zwei Zustände, die das letzte Mal vor etwa ´nem halben Jahr zutrafen! Also... was hat er gemacht?“

Aoi schluckte trocken. War er wirklich so leicht zu durchschauen? Er wollte es doch vergessen... Und nun fragte Reita ihn darüber aus, gab einfach keine Ruhe...

„Ich will nicht darüber reden...“, meinte er leise und spülte den aufkommenden Ärger mit dem Alkohol runter.

„Reden hilft...“, meinte Reita plötzlich mit sanfter Stimme und ergriff Aois Hand. Leicht verdattert sah er ihn an. Was war denn nun los? So kannte er den sonst so kühlen Bassisten gar nicht... Er wollte sich dem Griff entziehen, doch der andere umfasste seine hand und schenkte ihm einen sanften Blick.

Aoi fühlte sich komisch. Warum fasste Reita ihn so an? Und warum reagierte er so darauf? Wirkte der Alkohol schon? Scheiße... Das war... das ging so nicht...

Schon wieder schenkte Reita nach und Aoi trank... und trank... und trank... Doch es half alles nichts. Er fühlte sich nicht besser, eher im Gegenteil. Doch der Alkohol löste seine Zunge. Er hatte vorher mit noch niemandem so offen über seine Beziehung zu Uruha gesprochen, vor allem nicht mit den Jungs aus der Band. Und jetzt... Jetzt tat er es, einfach so... Doch warum?

//Weil es vorher einfach nicht nötig war...//, ging es ihm durch den Kopf. //Weil bisher alles toll war...//

Reita hielt die ganze Zeit seine Hand, beruhigte ihn so ungemein. Er begann ihn leicht zu streicheln.

Aoi schloss die Augen. Verdammt... Er hatte viel zu viel getrunken. Ihm war so warm... und schlecht. Er war ja so ein Idiot! Erst stritt er sich mit Uruha, dann betrank er sich sinnlos und heulte sich auch noch bei Reita aus... Es wäre wohl am besten, jetzt ins Bett zu gehen.

Als er die Augen wieder öffnete, erschrak er, denn Reitas Gesicht war dem seinen ganz nah. Er lehnte sich etwas zurück. Das war ihm nun zu viel Nähe. Mit Uruha hätte er damit kein Problem gehabt, aber Reita? Nein...

Schon wieder dachte er an den Blonden... Der Alkohol hatte überhaupt nichts gebracht. Er zog die Augenbrauen zusammen und schloss erneut die Augen, und dann spürte er plötzlich etwas warmes und weiches auf seinen Lippen...

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Verdammt, was war er doch für ein Idiot? Warum fiel es ihm bloß so schwer? Drei Worte! Es waren nur drei kleine Worte und er hatte sie doch schon einmal gesagt... Warum konnte er sie eben nicht wiederholen?

Er starrte immer noch auf die Tür, durch die Aoi schon vor unendlichen Augenblicken verschwunden war. Seine Fingernägel bohrten sich in seine Oberschenkel.

Er hatte sein Zeitgefühl verloren, war total in Gedanken versunken. Er dachte nur an Aoi, wie wütend er jetzt sein musste... Was er wohl gerade machte?

Uruha seufzte. Er war wirklich erbärmlich. Da hatte er einmal etwas gefunden, das ihm mehr als alles andere bedeutete... Und nun hatte er es womöglich verloren... Nein, das... das wollte er nicht..

„Ich liebe dich doch...“, hauchte er und biss sich auf die Unterlippe. Jetzt hatte er es gesagt, warum konnte er es nicht zu ihm sagen? Wenn er sich nicht bald ändern würde, hätte er vielleicht niemals die Gelegenheit dazu... Und das wollte er nicht. Er wollte Aoi, nichts anderes! Nur ihn, alles andere war egal!

Er atmete einmal tief durch und stand dann auf. Jetzt musste er handeln – unbedingt. Aoi würde sicherlich zu Hause sein. Und wenn nicht? Egal, er musste es wenigstens versuchen... Also nahm er seine Jacke und ging los.

Draußen war es so kalt und dunkel... Es würde sicher bald regnen... Er fühlte sich so einsam, beschleunigte seinen Schritt daher etwas. In Gedanken war er die ganze Zeit bei Aoi. Er würde sich entschuldigen und hoffen, dass er ihm verzeiht... und er würde es zu ihm sagen, es zumindest versuchen! Nein, nicht bloß versuchen, er musste es ihm sagen!

Endlich stand er nun vor seiner Tür, zögerte aber. Klopfen brauchte er nicht, schließlich hatte er einen Schlüssel, so wie Aoi auch einen für seine Wohnung hatte. Er wusste nicht, wie Aoi reagieren würde. Hoffentlich würde er ihn nicht gleich anschreien, ihn wenigstens erklären lassen...

Seine Hand lag schon auf dem Türgriff. Er schüttelte leicht den Kopf. Wie lächerlich das doch aussehen musste. Er benahm sich ja wie ein schüchternes Schulmädchen. Das passte doch so gar nicht zu ihm... Also riss er sich zusammen und schloss auf, ging in die Wohnung... In der Küche brannte Licht. Scheu lugte er hinein, doch niemand war da. Es standen lediglich zwei Gläser auf dem Tisch und Vodka. Warum Vodka? Aoi hatte dieses Zeug. Er ging in die Küche, erstarrte dann aber plötzlich. Hatte er da eben richtig gesehen? Zwei Gläser? Warum standen da zwei Gläser? War Aoi etwa nicht alleine? Wer war noch hier? Panik stieg in ihm auf. Wo war Aoi?

Er zuckte zusammen, als er ein Geräusch aus dem Schlafzimmer hörte. Das Schlafzimmer... Was tat Aoi bloß im Schlafzimmer? Er ballte die Fäuste, versuchte seine Gefühle zu unterdrücken. Doch seine Hände begannen zu zittern. Vor Wut... vor allem aber vor Enttäuschung.

Und wieder hörte er dieses Geräusch. Aoi... Er stöhnte... Verdammt, warum stöhnte Aoi? Uruha wollte diese Frage gar nicht beantwortet haben. Das war alles so offensichtlich... Aber er hatte keine Kontrolle über seine Füße. Sie trugen ihn schon Richtung Schlafzimmer. Die Tür stand einen Spalt offen. Diese Laute konnten nur von Aoi sein...

Seine Fingerspitzen berührten schon das Holz der Tür, doch er stieß sie nicht weiter auf. Er lauschte nur diesen Lauten, war wie paralysiert von ihnen. Dann wurde es plötzlich still. Mit einer zitternden Hand öffnete er die Tür. Am liebsten hätte er nicht hingesehen, doch er konnte einfach nicht anders. Als er die beiden Personen an der Wand erblickte, setzte sein Herz einen Schlag aus.

Langsam rutschte Aoi an der Wand herunter und lehnte den Kopf an dieser an. Sein Atem ging gehetzt und er hatte die Augen geschlossen. Uruha liebte diesen Anblick so sehr, doch jetzt... Aoi hatte nicht wegen ihm so gestöhnt... Er war nicht der Grund für diesen zufriedenen Ausdruck in seinem Gesicht...

Sein Blick fiel auf den anderen. Reita... Das konnte nicht sein! Warum? Sie waren doch Freunde...

Der Blond- Schwarzhaarige bemerkte ihn und ein hinterhältiges Grinsen legte sich auf seine Züge. Ein weißer Tropfen rann seine Unterlippe hinunter und er scheute sich nicht, ihn genüsslich abzulecken. Und jetzt setzte etwas in Uruha aus. Er hatte seinem Freund gerade einen geblasen und grinste ihn auch noch an! Er konnte seine Wut einfach nicht mehr unterdrücken. Er konnte gar nicht so schnell gucken, wie er den Bassisten auch schon am Kragen packte und ihn gegen die Wand drückte. Er schlug ihm mitten ins Gesicht. Den Schmerz in seiner Hand nahm er gar nicht wahr... Er konnte sich noch immer nicht beruhigen. Dieser Mistkerl grinste immer noch, machte sich über ihn lustig. Er war versucht, erneut zuzuschlagen, wurde aber durch Aoi davon abgebracht.

„Uru?“, hauchte er kaum hörbar und sah zu ihm auf.

Er blickte zu ihm und seine Hände begann zu zittern. Dieser unschuldige Blick... Das ertrug er einfach nicht mehr! Sein Griff löste sich und er versuchte das Zittern seiner Hände zu verbergen. Er flüchtete aus dem Zimmer, aus der Wohnung... musste einfach weg von hier... und ließ Aoi hinter sich...

Tränen hatten sich in seinen Augen gebildet und er versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken.

Als sich der Nebelschleier in seinem Geist wieder gelegt hatte, war es schon zu spät gewesen.

Wo war Uruha bloß hergekommen? Und warum hatte er Reita gegen die Wand gedrückt? Erst als er diesen kalten Blick sah, war ihm seine Situation plötzlich wieder bewusst. Was hatte er bloß mit Reita gemacht?

Er starrte immer noch zur Tür. Uruha war weg... Ob er je wieder kommen würde? Bei diesem Gedanken begann er am ganzen Körper zu zittern und Tränen rannen seine Wangen hinab.

Widerstandslos ließ er sich auf die Beine ziehen und in die Arme nehmen, doch er stand nur da und weinte.

Er war angewidert. Von sich selbst... von dem was er da eben mit sich hat machen lassen.. Er wurde plötzlich furchtbar wütend, stieß den Blond- Schwarzhaarigen von sich weg.

„Was hast du dir dabei gedacht?!“, schrie er ihn an und zog sich mit zitternden Händen die Hose wieder hoch. Auf Reitas Züge legte sich ein höhnisches Grinsen.

„Ich? ... Wer hat denn hier gerade seinen Freund betrogen?“, fragte er zynisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

Es versetzte dem Schwarzhaarigen einen Stich, dass er so mit ihm sprach. Er wollte widersprechen, hielt sich dann aber zurück. Er hatte Recht... Er hatte Uruha betrogen... Und das, wo er ihn doch so sehr liebte... Und Uruha liebte ihn auch. Bisher hatte er es angezweifelt. Warum sonst hatte er es ihm nicht wieder gesagt? Aber jetzt war er sich sicher. Uruha empfand das Gleiche wie er. Sonst hätte er ihn eben nicht so angesehen. Mit diesen sonst so lieblichen Augen. Doch dieses Mal hatte sein Blick ihm das Blut in den Adern gefrieren lassen. Diese Augen... so kalt... und voll Abscheu...

Aoi trat ein paar Schritte zurück und lehnte sich gegen die Wand.

„Warum bist du wirklich hergekommen?

Er legte all seine Wut in den Blick, mit dem er den Bassisten gerade besah. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Reita wirklich nur hergekommen war um mit ihm zu trinken, und dass alles andere spontan gewesen war.

„Weißt du Aoi...“, begann er und seine Züge wurden wehmütig. „Du bist dir gar nicht bewusst, wie sehr ihr alle anderen mit eurem Geturtel auf die Nerven geht, oder?“

Aoi musste schlucken, wusste darauf nichts zu erwidern. Er wandte den Blick ab. Es genügte ihm schon, dass er ihm sagte, was er dachte... in dieser kalten Art, die er sonst nicht von ihm kannte. Er wollte nicht auch noch diesen Ausdruck in seinen Augen sehen. Es ließ alles so real wirken... Dass er Uruha betrogen hatte... Dass er den Menschen verloren hatte, den er so sehr liebte.

Reita musste lachen, als er sein betretenes Gesicht sah.

„Du willst also wirklich wissen, warum ich das getan habe?“ Er sah ihn mit funkelnden Augen an.

„Ich konnte einfach nicht glauben, dass ihr zusammen seid... Dass es Uruha ernst mit dir ist... Unser Uruha, der Poser der Band, der sonst niemanden an sich ranlässt, der nur One- Night- Stands hat, dieser Uruha sollte wirklich in festen Händen sein? Und dann auch noch in deinen?! Mich hat er nie gewollt, aber...“

Aoi riss die Augen auf. Ihn hatte er nie gewollt?! Er brauchte einige Zeit um das zu verarbeiten. Reita hatte also versucht sich an Uruha ranzumachen. Und das wohl nicht bloß einmal. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Den Blond- Schwarzhaarigen hatte er abgelehnt, aber ich nicht... ?

Er erinnerte sich an früher zurück. Doch... Reita und Uruha waren gute Freunde gewesen, sehr gute sogar. Und dann mit einem Mal nicht mehr. Von einen Tag auf den anderen. Er hatte sich zwar gefragt, was da wohl passiert war, aber nicht weiter nachgehakt. Schließlich hatte er sich damals schon so nach ihm verzehrt... Aber er hatte immer so unantastbar gewirkt, immer... Außer diesen einen Abend in der Disco... Der Alkohol hatte ihm Mut gemacht, also hatte er den sexy Blonden angetanzt und zu seinem Erstaunen war er tatsächlich darauf eingegangen. Zwischen ihnen hatte es richtig geknistert. Aoi hatte sich schon da wie im siebten Himmel gefühlt. Und dann hatte er ihn geküsst. Der heiße Blonde mit den delikatesten Lippen und verführerischsten Beinen der Welt hatte ihn geküsst... Am nächsten Morgen war er aufgewacht. In Uruhas Armen...

Von da an war alles anders gewesen. Doch er hatte sich gehütet ihn in irgendeiner Weise zu bedrängen... Und kaum öffnete sich Uruha ihm, da wurde er übermütig und ließ ihn gar nicht mehr in Ruhe...

„Ich wollte wissen, was dich so besonders macht...“, rissen ihn Reitas Worte aus seinen Gedanken. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass du etwas hast, das ich nicht habe.“ Der Blond- Schwarzhaarige ging nun langsam auf ihn zu und streckte seine Hand nach Aois Wange aus, doch dieser drehte den Kopf weg.

„Jetzt weiß ich, was er an dir findet...“, hauchte er und berührte nun die Wange des Schwarzhaarigen, der sich zwar auf die Unterlippe biss und geräuschvoll die Luft einsog, sich aber seiner Berührung nicht entzog. Der Bassist strich sanft über seine weiche Haut, dann schien ihm aber bewusst zu werden, was er da tat, löste sich also wieder von ihm.

„Und ich werde nicht aufgeben, bis es meins ist... bis du meins bist!“

Mit diesen Worten verschwand er. Aoi ließ sich an der Wand herunter gleiten, schloss dabei die Augen. Er hörte die Wohnungstür ins Schloss fallen. Jetzt war er wieder allein... Noch vor wenigen Augenblicken waren Uruha und Reita hier gewesen. Und beide hatten ihn so sehr verwirrt... Uruhas kalter und verletzter Blick hatte ausgereicht, um ihm alle Hoffnungen auf eine Versöhnung auszutreiben. Er war so verdammt verzweifelt. Die Tatsache, dass Reita ihn jetzt anscheinend für sich gewinnen wollte, kam auch noch hinzu. Er konnte immer noch nicht glauben, dass er bei dem Blonden abgeblitzt war und nun ihn wollte. Wollte er sich so an Uruha rächen?

Aoi seufzte schwer, bettete seine Stirn auf den Knien und umschloss diese mit den Armen.

Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Das einzige, was er wusste, war, dass er Uruha wollte. Uruha – keinen anderen. Reita würde keine Chance haben, denn sein Herz gehörte dem blonden Gitarristen. Doch ob dieser ihn jetzt noch wollte...

Er begann am ganzen Körper zu zittern, umschloss seine Beine fester und wiegte sich leicht vor und zurück. Er wollte Uruha... Warum war er jetzt nicht hier? Warum tröstete er ihn nicht? Warum ließ er ihn allein hier sitzen?

Er biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe. Wie dumm und naiv er doch war... Uruha würde nicht zurück kommen, vielleicht nie mehr. Wahrscheinlich saß der Blonde jetzt bei sich zu Hause und sehnte sich selbst nach Wärme und Trost...

Und als ihm schmerzhaft bewusst wurde, dass er der Grund dafür war, begannen erneute Tränen seine Wangen zu benetzen...

Seit diesem schrecklichen Abend waren nun einige Tage vergangen. Aoi hatte seitdem seine Wohnung nicht mehr verlassen. Er hatte weder sonderlich viel geschlafen, noch gegessen oder getrunken. Und es stand nicht in seinem Sinn das zu ändern. Es ging ihm schlecht, aber Uruha ging es bestimmt noch schlechter. Und er war verantwortlich dafür. Er wollte sich nicht besser fühlen, solange es ihm nicht auch besser ging...

Sein Telefon klingelte seit gestern beinahe unentwegt, doch er ging nicht ran. Es war nicht der blonde Gitarrist, der da anrief, sondern immer Ruki oder Kai. Mit ihnen wollte er nicht reden.

Auch jetzt klingelte das Telefon. Er ließ es klingeln, sah nicht einmal nach wer ihn sprechen wollte, sondern schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Wand. Es dauerte eine Ewigkeit, bis dieses nervtötende Geräusch wieder erstarb. Er seufzte. Endlich war wieder Ruhe... Doch was brachte ihm das eigentlich? Alles wirkte so unwirklich und vor allem so unnütz...

Plötzlich wurde es wieder laut. Dieses Hämmern... Wo kam es her? Bildete er es sich vielleicht nur ein? Doch dieses Geräusch erstarb nicht, sondern wurde immer lauter. Es dauerte einige Momente, bis er realisierte, dass jemand an der Tür war. Er wollte es einfach ignorieren. Selbst die nervigen Nachbarn waren ihm egal. Alles war ihm egal...

„Aoi!“, ertönte mit einem Mal eine dumpfe Stimme von draußen.

„Aoi, mach endlich die Tür auf!“ Er reagierte nicht, wollte allein sein.

„Ich weiß, dass du da bist... Jetzt lass mich endlich rein!“ Er stöhnte genervt auf.

„Verschinde endlich!“ Vor seiner Tür wurde es still, doch er glaubte nicht, dass es so einfach war...

„Aoi, jetzt lass mich rein! Oder soll ich durch die Tür mit dir darüber reden, was neulich Abend passiert ist?!“

Aoi sog harsch die Luft ein. Das wollte er unter keinen Umständen! Er stand auf und ging zur Tür. Zwar wollte er nicht mit ihm reden, aber die Nachbarn brauchten ja nun doch nicht alles zu wissen. Er öffnete die Tür einen Spalt und ging dann in die Küche, setzte sich hin. Der andere schloss die Tür hinter sich und folgte ihm.

Er musterte ihn. „Ist es jetzt zu deinem Hobby geworden, scheiße auszusehen?“

Aoi wurde plötzlich furchtbar wütend. So etwas brauchte er sich noch nicht anhören – vor allem nicht von ihm!

„Was willst du, Reita?“

Der Angesprochene seufzte. „Kannst du dir das nicht denken?“ Er setzte sich ebenfalls an den Tisch und sah ihn eindringlich an. „Du kommst nicht zu den Proben, gehst nicht an s Telefon... Die anderen machen sich Sorgen.“

Die anderen? Also machte er sich keine Sorgen? Er war noch nicht mal zwei Minuten hier und schon verwirrte er ihn so sehr. Er hatte es doch auf ihn abgesehen, warum war er nicht um ihn besorgt?

Verdammt, was dachte er da bloß?! Reita sollte ihm egal sein, allerhöchstens Opfer seiner Wut werden, doch er blieb ganz ruhig und sah ihn aus trotzigen Augen an.

„Ich habe mir auch Sorgen gemacht...“, sagte der Blond- Schwarzhaarige plötzlich, als habe er seine Gedanken erahnt.

Seine Miene blieb unverändert.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es dich so sehr mitnimmt...“

Aoi hielt den Atem an. Was hatte er denn erwartet, verdammt?! Dass ihn das mit Uruha nichts ausmachte? Dass ihn das alles kalt ließ?! Er war doch kein gefühlsloser Trottel! Das ging nicht spurlos an ihm vorbei. Aber Reita... Er schien das alles ganz locker zu sehen...

„Aber vor allem hätte ich nicht gedacht, dass ihn das auch so fertig macht...“

Aois Züge veränderten sich für den Bruchteil einer Sekunde. „Du warst bei ihm?“ Er wusste nicht warum, aber diese Tatsache versetzte ihm einen Stich. Er schmerzte. Er hatte also mit Reita geredet, ihn in seine Wohnung gelassen... Aber ihn konnte er nicht mal anrufen...

Reita nickte, hütete sich aber ihm zu sagen, dass er vergebens über eine halbe Stunde vor seiner Tür gestanden hatte...

Er hätte nicht gedacht, dass Menschen sich so verändern können. Vor allem nicht Uruha. Aber er hatte sich geirrt. Uruha war weich geworden... Er war nicht mehr so kalt und herzlos wie früher und anscheinend war er tatsächlich in der Lage zu lieben. Er fand das mehr als nur belustigend. Er hatte doch nur Sex mit ihm gewollt. Von ihm abgelehnt zu werden, hatte ihn sehr getroffen und ein ungeheurer hass auf den Blonden hatte sich entwickelt, als er mitbekommen hatte, dass er bei Aoi nicht eine Sekunde gezögert hatte. Nun wusste er, wie viel Aoi ihm bedeutete. Er wollte sich bei ihm rächen. Niemand lehnte ihn ab, auch nicht Uruha – vor allem nicht Uruha! Nun musste er sehen, was er davon hatte. Er würde Aoi Stück für Stück für sich gewinnen und ihn ihm wegnehmen. Und dann würde er ihn fallen lassen. Eiskalt... Ihm war bewusst, dass er den Blonden schon sehr verletzt hatte, aber das genügte ihm nicht. Er wollte ihn leiden sehen. Er sollte bereuen, ihn abgelehnt zu haben.

„Lass uns einen trinken gehen!“, schlug er mit einem Mal vor.

Aoi sah ihn verständnislos an. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich noch mal mit dir einen trinke?!“

Was dachte Reita sich bloß? Er konnte das einfach nicht verstehen... Warum ließ er ihn nicht in Ruhe?! Er hatte doch schon alles schlimm genug gemacht...

Reita seufzte.

„Dann geh zu ihm und rede mit ihm!“

Er vergrub das Gesicht in den Händen und biss die Zähne zusammen.

„Reita, was willst du hier? Lass mich endlich in Frieden...“ Er wollte endlich wieder seine Ruhe haben, sich wieder in das dunkle Schlafzimmer setzen und Trübsal blasen. Aber Reita griff nach seinem handgelenk, woraufhin Aoi ihn verärgert ansah.

„Wenn du weiter hier in Selbstmitleid zerfließen willst, bitte! Aber so bekommst du ihn nicht wieder zurück!“, zischte er nun bedrohlich. Sein Ton ließ Aoi erschaudern.

„Warum sagst du so etwas?, fragte er mit zitternder Stimme. „Ich denke du willst mich! Warum sagst du mir dann, ich soll zu ihm gehen? Warum –„

„Weil du dich selbst fertig machst!“, wand er mit lauter Stimme ein. „Es bringt dir überhaupt nichts, wenn du dich hier verkriechst! Du liebst ihn? Dann geh zu ihm!“

Er ließ sein handgelenk wieder los und lehnte sich zurück. Er wollte sich zwar nur an Uruha rächen, aber es war ihm vollkommen egal, wenn auch Aoi darunter litt. Es war ihm sogar ganz recht. Denn wenn Aoi litt, dann fügte er ihm am meisten Schmerz zu. Und er wollte ihn leiden sehen. Alles andere war vollkommen egal.

Als er wieder zu ihm sah, öffnete er überrascht den Mund. Aoi war nicht mehr da. Ein süffisantes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Dass es so leicht werden würde, hätte er nicht gedacht...

Nun stand er hier, vor seiner Tür... unsicher... verwirrt... verzweifelt...

Wie lange er schon hier stand, wusste er nicht. Vielleicht erst ein paar Minuten, doch es konnten auch schon Stunden sein. Er stand in diesem dunklen Flur, den Schlüssel zu seiner Wohnung fest mit der zitternden hand umschlossen.

Uruha war so nah, aber er scheute sich davor direkt vor ihn zu treten. Dann würde er ihm in die Augen sehen müssen und er wusste nicht, ob er das noch konnte.

„Du liebst ihn? Dann geh zu ihm!“

Kaum hatte er diese Worte gehört, war er regelrecht aufgesprungen und hatte sich auf den Weg gemacht. Reita hatte Recht. Er wusste zwar nicht, warum er ihm das alles gesagt hatte, aber es stimmte. Er bekam Uruha nicht zurück, wenn er sich in seiner Wohnung verkroch und vor allem davon lief. Er musste sich den Dingen stellen. Er hatte ihn betrogen. Zwar war sein Geist benebelt gewesen, aber das änderte nichts an den Tatsachen. Dass es falsch war, hatte er doch schon gewusst, als er Reitas Lippen auf den seinen gespürt hatte. Doch er hatte sich nicht wehren können. Er hatte es versucht, aber der Alkohol hatte seinen Körper träge gemacht und seiner Wahrnehmung einen Streich gespielt. Konnte man sich so sehr nach einem Menschen verzehren, dass man glaubte er wäre da?

Aoi schluckte. Er konnte nicht ewig hier draußen stehen. Es war eiskalt, aber nicht nur deswegen zitterte er. Er war nicht umsonst hierher gekommen. Nein... er würde nicht wieder gehen, ehe er mit ihm geredet hatte. Doch würde er ihm überhaupt zuhören? Egal, er musste es wenigstens versuchen!

Er atmete einmal tief durch und schloss dann die Tür auf. Es fühlte sich so falsch an, einfach so in seine Wohnung zu gehen. Doch dafür hatte er den Schlüssel ja bekommen. Um ihn zu benutzen Und das tat er jetzt...

Die Tür ging auf und er starrte in tiefe Dunkelheit. Er zögerte. Nach scheinbar unendlichen Momenten betrat er mit angehaltenem Atem den Flur, ging in die Dunkelheit. Alles war still. Was hatte er bloß erwartet? Er wusste es nicht, aber das hier... War er womöglich gar nicht da? Für einen Moment stellte er sich vor, wie der Blonde sich in irgendeinem Club mit einem anderen vergnügte. Mit einem anderen... Er wusste, dass er selbst nicht besser gewesen war, aber allein der Gedanke daran schmerzte so sehr, dass es ihm die Kehle zuschnürte. ...Was hatte er Uruha bloß angetan?

Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und hallte hundertfach in seinem Kopf nach. Jetzt war er hier in seiner Wohnung und benahm sich beinahe wie ein Einbrecher. Wie lächerlich. Doch er fühlte sich so vollkommen deplatziert. Er hatte das Gefühl hier nichts mehr verloren zu haben...

Er schaltete das Licht nicht ein. So langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Er wanderte wie auf Samtfüßen durch seine Wohnung. Und mit jedem weiteren leeren Raum wuchs seine Verzweiflung. Nein, erwar bestimmt nicht hier... Aber ein letztes Quäntchen Hoffnung loderte noch immer in seiner Brust. Er trat in das dunkle Schlafzimmer. Der Blonde war eh nicht hier, also konnte er jetzt ruhig das Licht anmachen...

Doch als sein Blick dann auf das Bett fiel, erstarrte er. Uruha lag dort in seine Decke eingekuschelte. Wie von selbst trugen ihn seine Füße zu ihm. Er wollte ihn berühren, seine Wärme spüren, doch seine zitternde Hand hielt an, bevor sie sein Gesicht tatsächlich berührte.

Er sah so schlecht aus... Wahrscheinlich hatte er sich auch hier verbarrikadiert und an nichts anderes gedacht... Er biss sich auf die Unterlippe und zog seine hand zurück. Das Licht ging wieder aus, aber er blieb im Zimmer. Langsam begann er sich auszuziehen. Jacke, Shirt, Hose... bis er nur noch in Shorts dastand. Noch immer zitterte er am ganzen Körper. Er ging auf das Bett zu, auf seine Seite und saß eine ganze Weile unschlüssig am Rand des Bettes. Doch er war zu nah, um das jetzt verhindern zu können. Er hatte sich so sehr nach ihm gesehnt... nach seiner Nähe, seiner Wärme, seiner Liebe... Jetzt schlief Uruha. Er würde es wahrscheinlich gar nicht mitbekommen. Und was am nächsten Morgen sein würde... das war jetzt egal. Nur dieser Augenblick zählte. Also krabbelte er vorsichtig zu ihm unter die Decke. Ein leises wohliges Seufzen verließ seine Lippen, als er diesen warmen Körper so nahe an dem seinen spürte. Ohne auch nur noch eine Sekunde zu zögern, schlang er seine Arme um den Blonden, der zwar leise murrte, dann aber friedlich weiter schlief.

Seine Nähe tat so gut, so verdammt gut... Er zitterte nicht mehr und spürte seine Wärme förmlich auf sich übergehen. Dieses Gefühl... er hatte es so sehr vermisst... Er kuschelte sich an ihn und schloss die Augen. Es war egal, was morgen sein würde. Er lag jetzt hier, in seinem Bett, eng an ihn gepresst, und konnte sein herz schlagen hören. Sein Herz... War es womöglich doch noch nicht entzwei gesprungen?

Das sanfte Sonnenlicht erhellte schon eine ganze Weile das Zimmer, als er langsam zu sich kam. Am liebsten wäre er ewig so liegen geblieben, hätte diese Wärme genossen. Er fühlte sich so geborgen. Er wollte sich gerade mehr an den warmen Körper hinter sich schmiegen, stockte dann aber.

Um zu wissen, dass es Aoi war, der die Arme da um ihn geschlungen hatte, hätte er nicht einmal die Augen öffnen müssen. Zu gerne wäre er liegen geblieben, aber mit jeder weiteren Sekunde, die er sich nicht rührte, fühlte er sich unwohler. So viele Bilder tauchten plötzlich vor seinem inneren Augen auf. Bilder von Aoi... Wie er, noch benebelt von Reitas Liebkosungen, an der Wand hinab gerutscht war... Wie er die Augen so verführerisch geschlossen hatte und schwer atmete... Und wie er ihn so unschuldig und fragend anblickte, nachdem der Bassist seine Rechte kennen gelernt hatte.

Die Arme, in denen er sich eben noch so wohl gefühlt hatte, engten ihn plötzlich ein, raubten ihm die Luft zum Atmen. Schnell riss er sich aus der Umarmung und flüchtete aus dem Bett. Sein Atem ging schwer. Als er sich umdrehte, richtete Aoi sich leicht auf und blickte sich verschlafen um. Aoi... Was tat er bloß hier? Er war doch allein eingeschlafen... Aber nun war er hier, hatte sich so dicht an ihn gekuschelt. Hatte er deshalb so ruhig schlafen können? Die Nächte davor hatte er kaum ein Auge zugetan, war einfach zu fertig gewesen und bekam diese Bilder nicht aus dem Kopf... Sie versetzten seinem Herzen jedes mal wieder einen Stich. Es schmerzte so sehr...

„Uruha, ich...“, ertönte plötzlich Aois Stimme.

Er wollte sich das nicht anhören, wollte keine fadenscheinigen Ausreden hören. Er wollte nicht noch mehr verletzt werden...

„Was willst du hier?“, fragte er und erschrak, als er hörte, wie sehr seine Stimme zitterte.

Aoi schluckte trocken. Jetzt war es also so weit... Er musste mit ihm reden. Doch was sollte er sagen? Uruhas Blick verschlug ihm die Sprache. Er hatte ihm doch nicht so weh tun wollen...

„Uruha, ich...“, setzte er erneut an. Er richtete sich etwas mehr auf und hütete sich, den Blick abzuwenden. „Es tut mir so schrecklich leid! Ich wollte das nicht...“

Der Blonde schnaubte abfällig.

„Das soll ich dir glauben? Du sahst aber gar nicht so aus, als hättest du es nicht gewollt!“

Aoi schwieg, senkte den Blick.

„Und noch dazu mit Reita! Warum er?!“

Die Finger des Schwarzhaarigen verkrampften sich ineinander, während er panisch nach den richtigen Worten suchte. Er fand sie aber nicht. Alles, was ihm in den Sinn kam, wirkte so unpassend... Er wusste nicht, wie er in Worte fassen sollte, was gerade in ihm vorging. Und plötzlich verstand er. Nun wusste er, wie Uruha sich fühlen musste. Wenn man so viel zu sagen hatte, sich aber nicht ausdrücken konnte...

Es sah ihn wieder an, sah seinen gequälten Ausdruck und zerbrach fast daran. Er konnte ihn nicht länger hinhalten und rausreden wollte er sich auch nicht.

„Du hast Recht...“, flüsterte er mit so brüchiger Stimme, dass Uruha unangenehm erschauderte. „Ich wollte es...“

Er konnte sehen, wie der Blonde ein Stück in sich zusammen sackte und um seine Fassung rang. Es dauerte eine Weile, bis Aoi weiter sprechen konnte.

„Ich wollte es, aber nicht mit ihm...“

Er schluchzte leise, während sich eine einzelne Träne aus seinen Augenwinkeln löste. Und jetzt sprudelten die Worte nur so aus ihm hervor.

„Ich wollte dich, so sehr! Du glaubst gar nicht wie unerträglich das für mich war! Du hast gesagt, dass du mich liebst und in dem Moment war ich der glücklichste Mensch der Welt! Aber... Du hast es mir nicht wieder gesagt...“

Seine Stimme wurde immer brüchiger, und während die Tränen nun in Strömen flossen, begann er wieder am ganzen Körper zu zittern.

„Ich wollte mich doch nur wieder geliebt fühlen, mehr nicht! Ich habe geglaubt, wenn ich... wenn ich dich wieder... dann sagst du es vielleicht wieder... Aber du wolltest nicht... deshalb war ich so...“

Er konnte nicht weiter sprechen, verbarg das Gesicht in den Händen. Nach einigen Minuten beruhigte er sich wieder etwas. Er wollte ihm doch alles erklären... Aber würde er ihm glauben? Er sah ihn nicht wieder an, fühlte sich auch so schon beschissen genug. Da brauchte er nicht auch noch in sein leidendes Gesicht sehen...

„Ich wollte das nicht tun. Reita hat sich mir aufgezwungen. Ich konnte mich nicht wehren... Aber... mein Körper hat reagiert... Er hat sich so sehr nach Zärtlichkeiten gesehnt. Zärtlichkeiten, die ich von dir nicht bekommen habe...“

Wieder brach seine Stimme und er zitterte nur noch mehr. Jetzt war alles vorbei. Uruha sagte nichts. Er glaubte ihm nicht...

Aoi hielt die Luft an, als plötzlich die Matratze neben ihm nachgab. Ein Arm wurde um ihn gelegt und er an den warmen Körper des anderen gezogen. Es tat so gut, so gut... Doch... Er konnte es nicht glauben. Er hatte ihm noch nicht einmal alles erklärt und wurde schon von ihm fest in die Arme geschlossen.

Er begann nur noch mehr zu schluchzen. Das hatte er doch nicht verdient...

„Shh...“, hörte er den Blonden mit einem Mal flüstern und als dieser auch noch begann ihn sanft zu streicheln, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Er krallte sich an ihm fest, hatte solche Angst, dass er ihn gleich wieder loslassen würde...

Aber Uruha dachte nicht daran. Er hielt ihn weiter in den Armen, strich beruhigend über seinen Rücken und wiegte ihn sanft vor und zurück. Trotzdem dauerte es scheinbar eine Ewigkeit, bis der Schwarzhaarige sich wieder beruhigte. Eine Ewigkeit, die er gerne hier saß. Aoi hatte ihm zwar wehgetan, sehr sogar, aber er liebte ihn viel zu sehr, und er glaubte ihm. Früher wäre ihm das schwer gefallen, denn Reita war sein bester Kumpel gewesen. Bis er auf einmal mit ihm schlafen wollte... Er hatte damit nicht umgehen können, schließlich war er sein Freund. Mehr aber auch nicht. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte er mehr für Aoi empfunden, sich aber nicht getraut das in irgendeiner Weise zu zeigen. Deshalb war er wohl auch immer so abweisend zu ihm gewesen, bis zu diesem einen Abend...

Seitdem hatte Reita sich so verändert. Ihre Freundschaft war daran zerbrochen. Er erkannte ihn gar nicht mehr wieder... Aber Menschen änderten sich nun mal, das wusste er selbst am besten.

Immer noch zitterte Aoi, trotz seiner Nähe und seinen Liebkosungen. Und er wusste, wie er ihn beruhigen konnte. Und nun kamen ihm diese Worte ganz leicht über die Lippen, als hätten sie nur auf den richtigen Augenblick gewartet, um ausgesprochen zu werden.

„Ich liebe dich, Aoi...“

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Als der Blonde einige Zeit später wieder zu sich kam, hatte Aoi noch immer die Arme um ihn geschlungen. Sofort trat ein Lächeln auf seinen Lippen und er streckte sich leicht, ehe er den Kopf etwas hob um ihn anzusehen. Auch Aoi lächelte und strich ihm nun ein paar Strähnen aus der Stirn. Er lehnte sich dieser sanften Berührung entgegen, wandte den Blick aber nicht von ihm ab. Ihm entging nicht dieser hauch von Unsicherheit in Aois Zügen. Er biss sich leicht auf die Unterlippe. Vielleicht hatte er ihn ja doch etwas zu hart rangenommen. Doch er hatte sich einfach nicht beherrschen können, als diese heißen vollen Lippen sich so verlangend auf die seinen gepresst hatten. Eigentlich hätte Aoi ihn gut genug kennen müssen um zu wissen, dass er sich damit auf sehr dünnes Eis begab, vor allem wenn sie sich so lange nicht hatten spüren können – gerade wenn sie sich so lange nicht hatten spüren können!

Aber er war schon erstaunt, dass Aoi sich so demütig verhalten hatte und er sich dann plötzlich einfach so genommen hatte, was er so dringend brauchte... Er hatte ihn noch nie dazu gezwungen, es selbst zu Ende zu bringen, indem er einfach in ihm verharrt hatte. Doch er hatte es ja dann auch nicht ausgehalten, hatte ihm zum Schluss dann doch das gegeben, wonach er sich so sehr verzehrte...

Wahrscheinlich hatte er ihm wirklich zu viel zugemutet und Aoi wollte es sich einfach nicht anmerken lassen...

„Gomen...“, hauchte er und setzte einen Kuss auf sein Schlüsselbein.

Aoi vergaß beinahe zu atmen und sah verwirrt zu ihm hinunter. Er entschuldigte sich bei ihm... Aber wofür? Er sah dafür überhaupt keinen Anlass. Wenn sich hier jemand zu entschuldigen hatte, dann doch wohl er selbst. Schließlich war er es gewesen, der ihn in die Ecke getrieben hatte. Er war es gewesen, der nicht genug bekommen konnte. Und er war es gewesen, der einen anderen Mann an sich ran gelassen hatte. Es versetzte ihm einen Stich, dass es nun Uruha war, der die Worte aussprach, die eigentlich seine Lippen hätten verlassen sollen.

„Uruha, ich...“

Ein Finger fuhr zärtlich die Form seiner Lippen nach und brachte ihn so zum Schweigen.

Die Lippen des anderen wanderten hauchzart seinen Hals entlang und er erschauderte, als sie bei jeder Silbe seine Haut berührten.

„Ich wollte nicht so grob zu dir sein...“

Aoi lächelte unbestimmt, wusste nicht so recht, wie er damit umgehen sollte. Eigentlich hatte er es ja nicht anders verdient... und gefallen hatte es ihm doch auch...

Er hatte immer noch den Atem angehalten und nahm jede seiner Berührungen sehr intensiv wahr. Noch immer war sein Körper hungrig. Nein, nicht sein Körper... Er! Er war hungrig. Hungrig nach Zärtlichkeiten... Hungrig nach Liebe... Hungrig nach ihm.

Uruhas Berührungen, mochten sie auch noch so zart sein, ließen wieder die Hitze in ihm aufsteigen. Ein leises Keuchen entwich seinen Lippen und sein Brustkorb hob und senkte sich schon jetzt unregelmäßig.

Aoi ließ den Blick nicht von ihm, doch er verbarg sein Gesicht immer noch an seinem Hals, während seine Hand sich nun langsam und kaum spürbar ihren Weg weiter runter bahnte.

Uruha wusste genau, wie er ihn um den Verstand bringen konnte. Am liebsten hätte Aoi sich ihm jetzt hingegeben, sich fallen gelassen, das alles genossen. Doch sein Herz schlug so schmerzhaft gegen seine Brust als würde es ihn davon abhalten wollen.

„Uru, ich...“, begann er von neuem, doch seine Stimme brach, als er das Blitzen in den Augen des Blonden sah, als dieser den Kopf hob. Dieser Blick brachte ihn zum Schweigen. Er ließ keine Widerrede zu. Doch anders als noch vorhin befahl er es ihm nicht, sondern bat ihn darum, wirkte beinahe flehend...

Aoi musste schlucken. Sofort wurde sein Körper weich, zerschmolz beinahe in seinen Händen. Diesem Blick konnte er einfach nicht widerstehen. So viel Zärtlichkeit lag ihn ihm, so viel Wärme, so viel Liebe...

Die Hand wanderte weiter runter, begann seinen Oberschenkel zu liebkosen und er schloss die Augen, hörte auf ihn zu beobachten. Darin fand er keinen Sinn mehr. Er ließ Uruha machen, wurde mehr und mehr zu heißem Wachs in seinen Händen. Wachs, das geformt werden wollte, von dem Mann, den er liebte. Er gab sich ihm voll und ganz hin, wollte seine Wärme spüren, seine Liebkosungen, seine Liebe. Er wollte eins mit ihm werden...

Schwer atmend ließ Uruha sich in den Sessel fallen und schloss die Augen. Sie legten gerade eine Pause in der Bandprobe ein. Und obwohl sie noch gar nicht so lange probten, hatte er diese Pause bitter nötig. Im Moment übten sie die neuen Soli ein und heute standen die von dem blonden Lead- Gitarristen im Mittelpunkt.

Ein Schweißtropfen rann seinen Hals hinab und verschwand dann im Stoff seines Shirts. Er spürte, wie sich jemand auf die Sessellehne setzte und ihm wenig später den Schweiß von der Stirn tupfte. Sofort musste er lächeln. Als er die Augen öffnete, sah er in das sanfte Gesicht von Aoi, der sich nun zu ihm beugte und ihm einen Kuss auf die Lippen hauchte. Er wollte sich gerade wieder von ihm lösen, da griff der Blonde in sein Shirt und zog ihn noch etwas dichter.

„Danke...“, hauchte er und küsste ihn erneut.

Aoi ging natürlich darauf ein, musste dann aber schmunzeln und löste sich doch lieber von ihm. Er wusste ja, wie anstrengend die Proben momentan waren. Gestern ging es ihm genauso. Er reichte Uruha eine Flasche Wasser, die dieser auch in schnellen Zügen leerte. Dieser wollte sich gerade wieder zurück lehnen, da kam mit einem Mal Ruki auf ihn zu. Fragend blickte er zu ihm hoch.

„Können wir kurz mit dir reden?“, fragte er in ernstem Ton und blickte kurz zu Kai, der etwas weiter entfernt stand, seinen Blick aber erwiderte. Uruha hob eine Augenbraue.

„Sicher... Worum geht´s denn?“, fragte er und lehnte sich zurück.

Ruki zögerte kurz und sein Blick flackerte zu Aoi. „nicht hier...“, meinte er bloß leise und kehrte ihm den Rücken zu. Er ging auf die Tür zu und Kai schloss sich ihm an. Dort warteten sie dann auf ihn.

Uruha wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Er hatte wohl bemerkt, mit was für einem Blick der Sänger seinen Freund besehen hatte. Um was konnte es bloß gehen, dass Aoi davon nichts mitbekommen sollte? Er seufzte leise, setzte sich wieder auf und griff nach Aois Hand.

„Ich bin gleich wieder da, hai? Es dauert bestimmt nicht lange...“ Er hauchte ihm noch einen Kuss auf die Lippen und drückte seine Hand leicht.

Sicherlich war ihm unwohl dabei. Er wollte Aoi nicht mit Reita allein lassen. Am liebsten wäre er einfach hier geblieben. Aber er vertraute ihm, schließlich hatte er ihm ja versichert, dass so etwas nicht noch einmal passieren würde und daran glaubte er.

Aoi selbst sagte nichts dazu, nickte nur kurz und ließ dann seine Hand los. Uruha zwang sich zu einem kurzen Lächeln, stand auf und ging dann auf die anderen beiden zu, die ohne ein weiteres Wort zu sagen aus dem Zimmer verschwanden. Er ging ihnen hinterher. Warum taten sie so geheimnisvoll? Langsam wurde er wirklich neugierig, was die zwei da so Dringendes mit ihm zu bereden hatten.

Sie führten ihn in den Bandraum von Gazette, in welchem sie sich normalerweise aufhielten, wenn sie eine längere Pause machten.

„Also, was gibt´s?“

Kai schloss die Tür hinter ihnen und lehnte sich dann daneben an die Wand. Sein Blick ruhte starr auf dem Gitarristen, doch er sagte nichts.

„Setz dich erst mal...“, meinte Ruki leise und ließ sich selbst auf einem Hocker nieder. Uruha tat es ihm gleich und tastete in seinen Hosentaschen nach seiner Zigarettenschachtel. Er stöhnte genervt auf. Die hatte er natürlich auf dem Tisch im Probenraum liegen lassen...

„Hat einer von euch zufällig ´ne Kippe für mich?“, fragte er und blickte erst Kai, dann Ruki an. Doch keiner der beiden reagierte, der blonde Sänger beugte sich lediglich etwas nach vorn und spielte nervös an seinen Händen herum. Es vergingen noch einige Minuten bis er dann endlich diese unangenehme Stille brach.

„Uruha, ich will nicht lange um den heißen Brei herum reden...“, begann er dann leise, vermied es aber ihn anzusehen. „Du bist ja jetzt schon länger mit Aoi zusammen... versteh mich nicht falsch, wir freuen uns für euch, ganz klar, aber... weißt du... Wir sind uns nicht sicher ob diese Beziehung nicht vielleicht der Band schaden könnte...“

Uruha schluckte trocken und runzelte leicht die Stirn. Er sagte aber nichts, denn das schien ja wohl noch nicht alles gewesen zu sein, was er Sänger zu sagen hatte. Ruki ließ dann auch noch ein paar Augenblicke verstreichen, in denen er noch nervöser zu werden schien.

„Neulich seid ihr beide mehrere Tage nicht zur Probe gekommen... Ihr habt weder Bescheid gesagt noch seid ihr ans Telefon gegangen... Und das kann einfach nicht sein, das darf nicht sein! ... Wir sind doch in einer Band, wir sind Freunde und da-„

„Was Ruki versucht dir zu sagen...“, meldete sich nun plötzlich Kai zu Wort, offenbar genervt von der Tatsache, dass der Sänger nicht zum Punkt kam. „Wir halten es für besser, wenn ihr das beendet.“

Uruha verspannte sich. „...Was beenden? Wir haben uns doch entschuldigt. Das war das erste und letzte Mal, dass...“

„Wie kannst du dir da so sicher sein?!“, fuhr er ihn mit scharfem Ton an, den er so von ihm gar nicht gewöhnt war. „Ihr seid nicht gekommen, weil ihr Streit hattet, da kannst du sagen, was du willst. Ihr habt so unverantwortlich gehandelt... Das geht nicht! Ihr könnt uns nicht so einfach im Stich lassen!“ Kai wandte den Blick von ihm ab und presste die Lippen fest aufeinander.

Wieder musste Uruha schlucken. Warum bloß hatten sie das nicht schon vorher angesprochen? Zumindest in Kai schien sich eine enorme Wut angestaut zu haben.

„Kai hat Recht“, meldete sich nun wieder der kleine Sänger zu Wort. „Das war euer erster großer Streit und bestimmt nicht der letzte...“ Er seufzte und hob nun den Blick, sah ihn unsicher an. „Wir wissen alle, dass Beziehungen nicht unbedingt dein Ding sind, Uruha... Und ehrlich gesagt haben wir uns schon gewundert, dass es so lange gut gegangen ist... Oder hat Aoi das vorher nicht mitbekommen?

Seine Hände verkrampften sich. So langsam dämmerte ihm, was die beiden von ihm wollten. Doch es empörte ihn, dass sie so etwas von ihm dachten, ja sogar davon ausgingen. Sicherlich war er immer sehr spontan in Bezug auf seine Beziehungen gewesen, aber seit dieser einen Nacht mit Aoi hatte es keinen anderen mehr für ihn gegeben.

„Was nicht mitbekommen?“, fragte er mit zu Schlitzen verengten Augen.

Ruki sah ihn ungläubig an und Kai lachte doch tatsächlich lauthals los.

„Jetzt tu doch nicht so unschuldig! Du willst doch nicht allen Ernstes behaupten, dass du ihm treu gewesen bist? Warum sonst hattet ihr solchen Stress?“ Noch immer schien er sich nicht beruhigt zu haben.

Uruha atmete einmal tief durch um zu verhindern, dass er ihren Leader jetzt anschrie. Er stand auf und seine Miene verfinsterte sich.

„Schon mal daran gedacht, dass nicht ich es immer sein muss, der Mist baut?“ Er biss sich auf die Unterlippe. Das hatte er nicht sagen wollen, schließlich hatte er Aoi doch verziehen...

„Warum machst du dir selbst was vor?“, fragte Ruki leise und kam zu ihm herüber. Er fasste an seine Schultern und wollte ihn ansehen, doch der blonde Gitarrist wandte den Blick ab. Diese Geste entlockte ihm ein Seufzen und bestätigte ihn nur noch in seinen Vermutungen.

„Uns kannst du es doch ruhig sagen...“

„Aoi weiß es doch sowieso schon, oder?!“, mischte sich nun wieder Ruki ein.

Uruha ballte die Hände zu Fäusten, hätte ihnen beiden jetzt am liebsten eine reingehauen. Doch er hielt sich zurück, denn die beiden Männer vor ihm waren ja seine Freunde – auch wenn sie sich gerade auf sehr dünnes Eis vorwagten.

„Mir reicht´s! Ich geh jetzt!“ Mit diesen Worten ließ er Ruki stehen und ging auf die Tür zu. Doch noch ehe er den Raum verlassen konnte, stellte sich ihm Kai in den Weg.

„Trenn dich von ihm!“, forderte er.

Uruha formte die Lippen zu einem „Was?“ und ein verzweifelter Ausdruck trat auf seine Züge, doch kein Ton verließ seine Lippen.

Kai nickte nur und wiederholte seine Worte. „Trenn dich von ihm, bevor du ihm noch mehr weh tust. Das belastet nur die Band...!“

Jetzt reichte es ihm aber wirklich. Ohne noch ein Wort zu sagen stieß er den Brünetten beiseite und verschwand aus dem Raum. Er ging ein paar Schritte den Flur entlang, blieb dann aber stehen und stützte sich mit einem Arm an der Wand ab.

Wie konnte Kai bloß so etwas von ihm verlangen? Den Teufel würde er tun! Schließlich liebte er Aoi. Und nur weil er und Ruki der Meinung waren, dass eine Trennung besser für die Band war, würde er ihn nicht verlassen. Wie käme er auch dazu?! Nein, er war glücklich mit der jetzigen Situation und würde daran nichts ändern. Viel eher würde er sich von der band trennen. Aoi war ihm einfach viel wichtiger. Er hoffte zwar, dass es nicht so weit kommen würde, aber hätte er eine Wahl zu treffen, würde er sich definitiv für den Schwarzhaarigen entscheiden. Da gab es keinen Zweifel. Auch wenn er ihm so weh getan hatte. Wahrscheinlich konnte er ihn noch so oft verletzten, er würde ihm immer wieder verzeihen. Zu stark waren seine Gefühle und zu groß die Sehnsucht nach ihm... Und er hoffte, dass es Aoi genau so ging.

Er lehnte sich an die Wand. Sollte er ihm erzählen, was die beiden gewollt hatten, was sie verlangt hatten? Er war unsicher. Sicherlich würde er sich dann bloß wieder Vorwürfe machen und versuchen ihm dass alles zu erklären. Doch er wollte es nicht hören. Es hatte ihm gereicht sehen zu müssen wie er noch ganz benommen an der Wand lehnte. Er wollte sich nicht wieder vorstellen müssen, was Reita mit ihm getan hatte.

Wie um diesen Gedanken wieder zu vertreiben, schüttelte er leicht den Kopf und stieß sich von der Wand ab. Nein, er würde es ihm nicht sagen... Jetzt waren sie wieder glücklich miteinander und er wollte ihn damit nicht noch mehr belasten. Denn er merkte, wie das ganze an Aoi nagte. Aber er war noch nicht bereit dazu, darüber mit ihm zu reden. Wenn er es war, würde er ihn vielleicht nach den Gründen fragen. Vielleicht würde er aber auch nie dazu bereit sein. Doch das war jetzt egal. Er wollte jetzt bloß zurück zu Aoi und den Rest der Pause mit ihm genießen, die Probe hinter sich bringen und dann einfach nur noch nach Hause fahren und seine Nähe genießen. Er seufzte leise und machte sich auf den Weg zum Proberaum. Doch irgendwie bekam er das Gespräch, dass er eben mit Kai und Ruki geführt hatte, einfach nicht aus dem Kopf...

Aoi musste sofort schlucken, als er das hörte. Warum wollten die beiden mit Uruha reden? Und warum jetzt? Sein Blick huschte zu Reita, der sich desinteressiert gab. Doch Aoi wusste, dass das nur gespielt war... Er wollte nicht mit dem blond- schwarzhaarigen Bassisten allein sein. Nicht, nachdem er ihm neulich gesagt hatte, dass er so schnell nicht aufgeben würde.

Er drückte kurz Uruhas Hand, ehe er sie los ließ und ihm hinterher blickte.

Verdammt, jetzt waren sie wirklich allein...

Er biss sich auf die Unterlippe. Warum bloß hatte er Uruha nichts davon gesagt? Warum hatte er es ihm verschwiegen? Er hätte sich selbst dafür ohrfeigen können, doch wer konnte auch damit rechnen, dass er so bald schon wieder allein mit ihm sein würde?

Aoi schluckte erneut und ließ sich nun in den Sessel gleiten, in dem vor wenigen Augenblicken noch sein Freund gelehnt hatte. Warum bloß war er plötzlich so nervös? Reita hatte schließlich seit diesem einen Abend nichts weiter unternommen. Vor den anderen hatte er sich gegeben wie immer und zu Aois Ärgernis behandelte er auch ihn wieder wie früher. Wie einen Kumpel, der er aber gar nicht mehr sein wollte. Am liebsten hätte er den Blond- Schwarzhaarigen nie wieder gesehen, doch er wusste, dass das wohl kaum ging, schließlich waren sie ja in einer Band und da mussten sie sich wohl oder übel sehen. Aber seither hatte er nicht mehr mit ihm gesprochen und es auch vermieden, dass er ihm zu nahe kam. Er blickte wieder kurz zu Reita, der scheinbar noch gar nicht mitbekommen hatte, dass sie jetzt alleine waren. Erleichterung machte sich in ihm breit und er lehnte sich etwas zurück, schloss einfach die Augen.

Er musste an Uruha denken. Irgendwie machte es ihn neugierig, dass Kai und Ruki mit ihm verschwunden waren. Was sie wohl zu bereden hatten? Er grübelte einigen Minuten darüber nach, kam jedoch zu keinem Ergebnis, gab es also wieder auf.

Als er die Augen öffnete und wollte gerade seine Zigaretten vom Tisch neben sich fischen, da stand plötzlich Reita vor ihm. Er erstarrte für einen Augenblick und sah zu ihm hoch. Was wollte er bloß? Ein genervter Ausdruck legte sich auf seine Züge, doch er sagte noch nichts, wartete darauf, dass er ihm sagte, weshalb er ihm so plötzlich so nahe gekommen war.

„Willst du auch was trinken?“, fragte er bloß und hielt ihm einen Becher Wasser hin. Eigentlich hatte Aoi ablehnen wollen, doch er merkte, dass seine Kehle tatsächlich ziemlich trocken war. Er blickte kurz neben sich und räusperte sich leise, als er sie leere Flasche sah. Stimmte ja, Uruha hatte sie geleert... Wieder sah er zu ihm auf und rutschte unruhig im Sessel herum, ehe er dann nun doch nach dem Becher griff. Was war schon dabei? Er wunderte sich zwar einen Moment darüber, dass Reita ihm keine Flasche gegeben hatte, aber spätestens als die kalte Flüssigkeit seine Kehle hinab rann, hatte er diesen Gedanken schon wieder vergessen.

„Danke...“, meinte er leise, sah ihn aber nicht wieder an. Dass der andere immer noch so dicht vor ihm stand, machte ihn nervös, doch er sagte nichts dazu. Er wollte nicht mehr als unbedingt nötig mit ihm reden, versuchte also ihn zu ignorieren und sah aus dem Fenster.

Reita aber schien irgendetwas vor zu haben, denn er zog sich einen Stuhl heran und ließ sich vor Aoi nieder. Lässig lehnte er sich zurück und überschlug die Beine.

Aoi seufzte leise. So langsam wurde es ihm wirklich zu viel.

„Reita, warum lässt du mich nicht in Ruhe die Pause genießen?“, fragte er leise und wandte ihm nun den Kopf zu, hob aber eine Augenbraue als er den Ausdruck auf seinem Gesicht sah.

„Du kannst die Pause doch eh nicht wirklich genießen, jetzt wo er weg ist...“, erwiderte er leise. „Und außerdem... Wenn wir beiden schon mal alleine sind, könnten wir uns doch auch etwas unterhalten.“ Das Grinsen, das sich nun auf seine Lippen legte, konnte Aoi nicht einordnen, doch er gab es auf darüber nachzugrübeln. Reita hatte Recht. Eigentlich hatte er die Pause mit Uruha verbringen wollen. Sie hatten ziemlich viel Stress momentan und da wollte er die wenige gemeinsame Zeit, die sie hatten, wenigstens voll auskosten. Doch da hatten ihm Kai und Ruki ja nun einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und da er nicht wusste, wie lange das Gespräch noch dauern würde, konnte er ja auch nicht einfach den Proberaum verlassen und durch die Gänge streifen.

Er seufzte wieder leise und griff nun nach seiner Zigarettenschachtel.

„Wie ich sehe habt ihr euch wieder vertragen...“, gab Reita nun leise von sich und als Aoi ihn überrascht ansah, fragte er sich ob die Trauer, die sich im Gesicht des Bassisten wieder spiegelte, wirklich nur gespielt war. Er nahm sich eine Zigarette aus der Schachtel und sah ihn gespannt an. Worauf wollte der Blond- Schwarzhaarige damit hinaus? Sollte Aoi sich jetzt auch noch schuldig fühlen, weil er sich wieder mit Uruha vertragen hatte? Er wurde aus ihm einfach nicht schlau, doch er hatte sehr wenig Lust jetzt über Reitas Gefühlswelt nachzudenken, denn da würde er eh zu keinem Schluss kommen.

Reita schwieg noch eine Weile, ehe er sich scheinbar wieder gefasst hatte und ihn nun aus kalten Augen ansah. „Ich hätte nicht gedacht, dass Uruha wirklich so weich geworden ist. Er überrascht mich immer wieder..“ Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, verschwand aber ebenso schnell wieder, wie es gekommen war.

So langsam war Aoi wirklich genervt. Wollte Reita ihm bloß auf die Nerven gehen oder warum sagte er nicht einfach, was er von ihm wollte?

Er stellte den Becher zurück auf den Tisch und keuchte leise auf, als er merkte, wir schwer seine Glieder mit einem Mal waren. Hatte er sich denn eben so verausgabt? Vielleicht lag es ja auch am Stress, dass er jetzt so müde wurde... Er dachte sich nichts weiter dabei und wollte sich gerade die Zigarette anzünden, doch auch seine Arme wurden immer schwerer und er immer träger. Er musste sich echt zusammenreißen, sich nicht einfach in den Sessel fallen zu lassen und die Augen zu schließen. Doch Reita saß ja immer noch direkt vor ihm. Und das wollte er nicht riskieren. Er legte aber die Zigarette wieder weg und sah nun zu seinem Gegenüber. Dieser schien genau bemerkt zu haben, dass Aoi plötzlich sehr träge war. Ein süffisantes Grinsen legte sich auf seine Lippen, dass Aoi schlucken ließ. Irgendetwas stimmte doch hier nicht... Er sah sich kurz um und als sein Blick auf den halbleeren Becher fiel, der neben ihm auf dem Tisch stand, konnte er sich einen überraschten Laut nicht verkneifen. Er blickte zu Reita, wollte gerade etwas sagen, doch da wurde er plötzlich von ihm gepackt und in den Sessel gedrückt. Ein schmerzhaftes Keuchen verließ seine Lippen, denn Fingernägel bohrten sich unaufhörlich tief in seine Oberarme. Er blickte ihn an, sah jedoch nur noch verschwommen. Der Schweiß stand bereits auf seiner Stirn.

„Verdammt!“, fluchte er leise und biss die Zähne zusammen. Er versuchte ihn von sich zu stoßen, nach ihm zu treten, doch jede Gegenwehr schien zwecklos. Er war einfach zu schwach, kam kaum gegen ihn an. „Was hast du mir ins Glas getan?“, presste er zwischen den Zähnen hervor und versuchte seinen Blick auf ihn zu fokussieren, doch das fiel ihm sichtlich schwer.

Reita lachte leise auf und beugte sich zu ihm, ließ seine Zunge über die volle Unterlippe des Schwarzhaarigen gleiten und zog dann spielerisch an seinem Piercing. „Wie kommst du darauf, dass ich dir etwas gegeben habe?“, fragte er leise und Aoi erschauderte unweigerlich, als die Lippen des anderen die seinen bei jeder Silbe hauchzart berührten.

Verdammt, was geschah hier bloß mit ihm? Ihm wurde plötzlich so heiß und sein Atem ging immer schneller. Reita musste ihm etwas ins Wasser getan haben – und er war auch noch so dumm gewesen es einfach so zu trinken. Warum brachte er sich bloß ständig in solche Situationen?

Seine Gedanken schweiften zu Uruha. Warum war er jetzt nicht hier, um ihm zu helfen? Er schüttelte leicht den Kopf. Ihn traf keine Schuld. Woher sollte er denn auch wissen, was Reita noch mit ihm vor hatte? Verdammt, hätte er es ihm doch bloß gesagt...

Aoi konnte nicht anders als aufzukeuchen und den Rücken leicht durchzubiegen, als sich eine Hand seines Band- Kollegen unter sein Shirt schob und über die schweißnasse Haut glitt. Er wollte das nicht, nein! Er versuchte sich zu wehren, schien aber immer schwächer zu werden und Reita hatte anscheinend nicht vor von ihm abzulassen.

Er versuchte ihn zu küssen, doch er presste die Lippen zusammen und wandte den Kopf ab. Wenn er allein daran dachte, wie sich diese Lippen auf die seinen legten, wurde ihm schlecht. Er spürte, wie diese sich nun seinem Hals zuwandten und diesen zu kosen begann. Er wollte das alles nicht... Verzweifelt blickte er sich um, nahm jedoch alles nur noch verschwommen wahr. So wollte er nur von Uruha berührt werden, von keinem anderen! Was fiel Reita ein, sich mit Gewalt an ihm zu vergreifen – schon wieder... ? Was ging bloß in diesem Menschen vor, dass er zu solchen Mitteln griff?

„Reita, ich... Nein, hör auf... Ich will das nicht!“, gab er gepresst von sich und wollte ihn wieder von sich drücken, doch mittlerweile kam ihm seine Gegenwehr selbst nur noch halbherzig vor. Er hatte ja eh keine Chance gegen ihn...

Der Blond- Schwarzhaarige löste sich von seinem Hals und betrachtete ihn aufmerksam, während sein Daumen nun über Aoi bereits gehärtete Brustwarze glitt.

„So? Du willst das alles also nicht?“, raunte er nah an seinem Ohr. Wieder erschauderte Aoi. „Das wirkt auf mich aber ganz anders...“ Er fuhr mit der Zunge die Form seine Ohrmuschel nach und knabberte dann beinahe sanft an seinem Ohrläppchen. Aoi biss die Zähne zusammen, konnte aber ein Keuchen nicht unterdrücken. „Zu schade, dass er jetzt nicht hier ist um dir zu helfen... Ihm scheint wohl dieses Gespräch mit Ruki und Kai viel wichtiger zu sein als du...“ Aoi schüttelte panisch den Kopf, brachte jedoch keinen Ton hervor. Das konnte einfach nicht sein... Er war das Wichtigste für ihn, ganz bestimmt! Warum sonst hatte er ihm verziehen, ihn danach sogar noch getröstet?

Er spürte, wie sich eine heiße Flüssigkeit ihren Weg seine Wangen hinunter bahnte, doch es war ihm egal. Er wollte nicht, dass Reita das mit ihm machte. Nicht schon wieder... Hatte er denn immer noch nicht genug?!

„Wir beide werden wohl noch eine Weile ungestört sein...“, fuhr er fort und leckte nun den Schweiß von Aois Hals. „Wir haben also noch viel Zeit um ein bisschen Spaß zu haben...“

Aoi schloss die Augen. Immer mehr Tränen fanden den Weg über seine Wangen. Er wehrte sich nicht mehr, schließlich hatte es ja eh keinen Sinn. Aber... er wollte das alles nicht über sich ergehen lassen. Nur Uruha durfte so etwas mit ihm machen! Auch wenn er selbst nicht wollte, nur Uruha durfte ihn dann so anfassen. Kein anderer! Warum verstand Reita das denn nicht? Er hatte nicht das Recht dazu! Er durfte es einfach nicht tun!

Aoi begann zu schluchzen, als ihm klar wurde, wie das hier auf andere wirken musste. Und auf Uruha, wenn er in den Raum kam... Er wehrte sich nicht mehr und sein Körper reagierte auf jede noch so kleine Berührung des anderen. Eben noch hatte er sich gewünscht, dass Uruha jetzt hier wäre. Doch... würde er ihm dann überhaupt helfen? Das alles war ja wohl mehr als eindeutig...

Reitas Berührungen brannten auf seiner Haut. Am liebsten hätte er laut aufgeschrien, doch er konnte es nicht. Nur ein leises Wimmern verließ seine Lippen. Sein Körper begann zu zittern. Und mit jeder weiteren Berührung des anderen wurde es mehr. Er konnte einfach nichts dagegen machen. Und das wollte er auch nicht. Er hatte schon längst die Hoffnung aufgegeben, dass Uruha noch kommen würde, war sich nicht einmal mehr sicher, ob er das überhaupt wollte. Er wollte nicht wieder diesen verletzten Ausdruck in seinen Augen sehen, nein... Das wäre einfach zu viel für ihn... Viel lieber stand er das hier allein durch. Uruha war ihm einfach viel zu wichtig, als dass er ihm wieder weh tun wollte. Da opferte er sich lieber selbst, ließ das alles über sich ergehen. Vielleicht würde Reita sie ja dann endlich zufrieden lassen... Denn das war es, was er wollte. Sein Ruhe. Und Uruha, mit dem er diese genießen konnte. Doch ob er dazu noch einmal Gelegenheit bekommen würde, wusste er nicht. Und diese Tatsache sorgte dafür, dass der Tränenfluss nicht versiegte, sondern zu einem reißenden Strom wurde und sein Körper einfach nicht anders konnte als immer stärker zu zittern.

Er stand bereits vor der Tür, doch noch zögerte er. Er stand einfach nur da und lauschte in die Stille hinein. Nichts... Erleichtert atmete er aus. Er wusste nicht genau warum, aber aus irgendeinem Grund hatte er sich davor gefürchtet, zurück in den Proberaum zu gehen. Denn dort waren Aoi und Reita alleine. Und für den Bruchteil einer Sekunde huschten die Bilder von dieser Nacht vor seinem inneren Auge vorbei. Doch er schüttelte sofort wieder den Kopf. Nein, das konnte nicht sein. Aoi würde das nicht wieder tun, ganz bestimmt nicht...

Er legte die Hand auf die Türklinke, wollte sie gerade herunter drücken, da erstarrte er. Was war das für ein Geräusch gewesen? Er musste schlucken. Er kannte es...

Seine Zähne gruben sich in die Unterlippe. Und ohne noch eine Sekunde zu zögern, öffnete er die Tür, auch wenn er gar nicht sehen wollte, was sich dahinter abspielte.

Sofort erstarrte er wieder, als er das sah. Aoi saß auf dem Sessel und der Blond-Schwarzhaarige war über ihm. Er musste schwer schlucken, konnte aber auch nicht wegsehen. Reita schien seinen Spaß zu haben, doch ihm fiel sofort auf, dass Aoi ganz starr war, so als würde er sich vor dem ekeln, was gerade mit ihm gemacht wurde. Sofort ging er auf die beiden zu. Keiner schien ihn zu bemerken und das versetzte ihm einen Stich im Herzen. Er hob seine Hand, wollte Reita von ihm runter zerren, doch... er zögerte wieder kurz. Dann aber hörte er plötzlich dieses leise Schluchzen. Und genau in diesem Moment setzte etwas in ihm aus. Noch ehe er wusste, was er tat, hatte er den Bassisten auch schon von dem Schwarzhaarigen runtergezerrt und zu Boden gestoßen. Am liebsten hätte er ihn auf der Stelle windelweich geschlagen, doch erneut hörte er dieses Schluchzen und ihm wurde wieder klar, dass etwas anderes jetzt viel wichtiger war. Er drehte sich zu Aoi um und nahm ihn sofort in die Arme. Er hielt den zitternden Körper ganz fest an sich gedrückt, strich sanft über seinen Rücken und wollte ihn so beruhigen. Doch der Schwarzhaarige konnte einfach nicht aufhören zu schluchzen und zu zittern. Er wollte sich an Uruha festhalten, doch selbst dazu war er zu schwach. Also ließ er sich einfach in den Arm nehmen und versuchte die Wärme, die der andere Körper verströmte, zu genießen, doch es wollte ihm nicht gelingen.

Über Uruhas Schulter hinweg waren seine Augen starr auf Reita gerichtet, der immer noch auf dem Boden saß und diese Szene beobachtete. Als er sich aber aufrappelte, verspannte sich Aoi sofort wieder, was dem Blonden natürlich nicht verborgen blieb. Er löste sich etwas von ihm und drehte den Kopf und als sein Blick auf Reita fiel, wäre er am liebsten sofort wieder aufgesprungen, doch er versuchte sich zu beherrschen, schließlich brauchte Aoi ihn jetzt. Also schenkte er ihm nur einen kalten und verachtenden Blick, ehe er sich wieder umdrehte und sich voll und ganz seinem Freund zuwandte.

Wie er es doch hasste, ihn trösten zu müssen. Er wollte nicht, dass Aoi weinte, egal weswegen. Er konnte es einfach nicht ertragen ihn so leiden zu sehen... Er presste ihn noch mehr an sich und schlang die Arme fester um ihn, doch es schien vergebens zu sein. Noch immer zitterte er.

„Shhh... ist gut...“, hauchte er und küsste sanft seine Schläfe, doch Aoi reagierte überhaupt nicht. Er legte seine Hände an sein Gesicht, wollte ihm in die Augen sehen und ihm versichern, dass jetzt alles in Ordnung sei, aber der Schwarzhaarige hatte die Augen geschlossen und plötzlich hörte auch das Zittern auf. Uruha musste schlucken. Er hielt den nun ganz schlaffen Körper in seinen Armen und wusste nicht, was er nun tun sollte. Aber als er Aois ruhigen Atem hörte, atmete er erleichtert auf. Er war also nur bewusstlos...

Er wollte jetzt nur noch raus hier. Anscheinend waren sie alle gegen ihre Beziehung. Kai und Ruki hatten sich ja eben klar genug ausgedrückt und Reita schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, sie auseinander zu bringen. Aber auf diese Spielchen würde er mit Sicherheit nicht eingehen.

Er setzte Aoi einen Kuss auf die Stirn und stand auf, wollte ihn gerade hoch heben und dann mit ihm gehen, als er dieses verächtliche Schnauben hinter sich hörte. Ein Beben ging durch seinen Körper. Okay... jetzt reichte es aber wirklich! Er konnte jetzt nicht einfach gehen und Reita ungeschoren davon kommen lassen. Also lehnte er Aoi vorsichtig nach hinten und versicherte sich noch einmal, dass alles in Ordnung war, ehe er sich von ihm löste. Nur Sekundenbruchteile später hatte er den Bassisten wieder zu Boden gerissen und am Kragen gepackt. Er atmete schwer und hatte sichtlich zu tun, nicht all seine Wut an ihm auszulassen. Hasserfüllt blickte er auf ihn herab, wusste nicht was er jetzt sagen sollte. Hatte es denn überhaupt einen Sinn mit diesem Menschen zu reden?

Wie um diese Frage zu verneinen schüttelte er den Kopf und wollte ihn gerade wieder loslassen.

„Ihr seid so armselig!“, zischte Reita so plötzlich, dass er stockte und ihn ungläubig ansah. Wie konnte dieser Kerl sie beide bloß armselig nennen? Wie kam er bloß dazu? Er, der sich mit aller Kraft zwischen sie drängen wollte? Wieder begannen seine Hände vor Wut zu zittern.

„Armselig sagst du?“, fragte er leise und verengte seine Augen zu Schlitzen. Er sah das Blitzen in Reitas Augen und konnte sich jetzt einfach nicht mehr zurückhalten. Ohne Vorwarnung schlug er ihm mit der Faust ins Gesicht. Wieder und wieder. Er wollte all seine Wut, all seinen Hass an ihm auslassen. Und er hatte ihm ja auch allen Grund hierzu gegeben. Also nahm er sich auch nicht zurück, schlug einfach immer weiter auf ihn ein. Doch dadurch wurde er nur noch wütender. Er wollte aufhören, doch es ging nicht.

Er wollte gerade wieder zum Schlag ausholen, da wurde er von hinten gepackt und von dem Blond- Schwarzhaarigen runtergezogen. Er versuchte sich zu befreien, war aber eigentlich sehr dankbar dafür, dass man ihn aufgehalten hatte. Er atmete schwer und hatte Mühe sich nicht sofort wieder auf ihn zu stürzen, doch er versuchte wenigstens sich jetzt zu beherrschen.

„Bist du denn verrückt geworden?!“, hörte er dann plötzlich Kais aufgebrachte Stimme. Er sah, wie der Drummer Reita auf die Beine half und ihn wütend anfunkelte. „Nur weil du mit deinen Gefühlen nicht umgehen kannst, musst du doch jetzt nicht schon deine Freunde verprügeln!“

Noch immer wurde er festgehalten, obwohl er jetzt ganz ruhig war. Nicht einmal seine Hände bebten noch vor Wut. Er starrte Kai an, der Reita die Nasenbinde vom Gesicht zog um den Schaden zu betrachten. Uruha musste schlucken, als er sah, was er da angerichtet hatte. Aber es tat ihm nicht leid.

„Du hast ihm die Nase gebrochen“, stellte der Brünette jetzt fest. Aber er rollte nur mit den Augen. Wenn´s denn nur das war...

//Er hat es ja auch nicht anders verdient!//, ging es ihm durch den Kopf, aber er hütete sich das auszusprechen.

„Was ist bloß in dich gefahren, verdammt?!“ Jetzt wurde der zierliche Brünette etwas lauter. Doch Uruha hatte keine Lust hier mit ihm zu diskutieren. Er wandte den Blick von ihnen ab und versuchte sich aus Rukis Griff zu befreien. Doch der Sänger wollte ihn nicht loslassen. „Verdammt, Ruki!“, murrte er und riss sich nun von ihm los. Er drehte sich zu ihm um und funkelte ihn böse an, sagte aber nichts weiter. Er stand auf und sah den kleinen Blonden zurückweichen. Hatte er etwa Angst, dass er der Nächste sein würde, der eine gebrochene Nase hatte? Beinahe hätte Uruha aufgelacht.

Sein Blick wanderte wieder zu Aoi. Er lehnte immer noch so im Sessel, wie er ihn zurück gelassen hatte... Er biss sich auf die Unterlippe. Er hatte sich ablenken lassen, das hätte nicht passieren dürfen! Aoi war viel wichtiger als Reita, dieser Hampelmann! Er ging zu ihm und kümmerte sich gar nicht weiter um das Geschimpfe von Kai, das kein Ende nehmen zu wollen schien. Vorsichtig hob er Aoi hoch und drehte sich um. Reita saß noch immer auf dem Boden, hielt sich die blutende Nase und wurde von Kai gestützt. Uruha verzog keine Miene, ging einfach an ihnen vorbei und hielt Aoi an sich gepresst. Jetzt würde er sich erst einmal um ihn kümmern...

Die anderen drei blickten ihm hinterher. Ruki war der erste, der wieder etwas sagte.

„Warum ist denn Aoi ohnmächtig?“, fragte er leise und blickte zu Reita. Er war ja die ganze Zeit mit im Raum gewesen, also würde er es wohl wissen.

Der Angesprochene schluckte und tat so, als würde er sich um seine Nase kümmern, ehe er den Sänger ansah. Er ließ noch ein paar Sekunden weitere Sekunden verstreichen.

„Uruha ist grob geworden...“, begann er leise und zuckte leicht mit den Schultern. „Ich weiß auch nicht warum, aber er hat Aoi bedrängt und als ich dazwischen gegangen bin, hat er auf mich eingeschlagen... Das war wohl etwas zu viel für ihn...“ Er setzte einen verwirrten Blick auf und zuckte in Anbetracht dieser fetten Lüge, die er den beiden da eben aufgetischt hatte, nicht mal mit der Wimper.

Als Aoi wieder zu sich kam, befand er sich nicht mehr im Proberaum, auch nicht in irgendeinem anderen Raum der PS Company. Er wollte aufstehen, konnte sich jedoch kaum bewegen. Doch es lag nicht mehr an diesem Gefühl der Taubheit und Schwere, das er noch vorhin verspürt hatte, sondern daran, dass er von zwei starken Armen gehalten wurde. Und als er erkannte, dass es Uruha war, der ihn so fest an sich gedrückt hielt und ihn so seine Wärme spüren ließ, schmiegte er sich noch etwas mehr an ihn. Er war müde, sehr müde sogar. Aber er wollte die Augen nicht wieder schließen, wollte nicht wieder daran denken müssen, was da vorhin wieder beinahe mit Reita passiert wäre.

Er bettete den Kopf auf der Brust des Blonden und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Sie waren bei Uruha, in seinem Schlafzimmer… Er spürte die Wärme des anderen und konnte nicht verhindern, dass sich Tränen in seinen Augen bildeten und nur wenige Augenblicke später den Weg seine Wangen hinab fanden. Und als sich der Arm des anderen mehr um ihn schlang und leicht seinen Rücken streichelte, erfüllte ein leises Schluchzen den Raum. Sofort sah Uruha zu ihm hinab und als er diese Tränen sah, schlang er auch noch den anderen Arm um ihn und presste ihn noch mehr an sich. Er sagte aber nichts, denn kein Wort hätte vermocht, dass Aoi wieder ruhiger wurde. Also hielt er ihn einfach bloß fest in seinen Armen und ließ ihn spüren, dass er für ihn da war.

Ganz langsam beruhigte sich der Schwarzhaarige wieder, aber der Tränenfluss versiegte nicht. Immer wieder kullerten einzelne salzige Tropfen seine Wange hinunter und fielen auf die Brust des anderen. Es tat ihm weh, ihn so sehen zu müssen. Er verfluchte sich selbst dafür, dass er nicht vorher für ihn da gewesen war, dass er ihn überhaupt mit diesem Scheusal allein gelassen hatte. Aber nun konnte er es nicht mehr rückgängig machen, so gern er es auch getan hätte.

Eine ganze Weile lagen sie noch so da, eng aneinander gekuschelt, aber stumm. Aoi sagte nichts und er wollte ihn auch nicht bedrängen. Er brauchte auch gar nichts zu sagen, denn das alles war ja offensichtlich genug gewesen. Reita hatte sich an seinem Freund vergreifen wollen. Und er war gerade noch rechtzeitig genug gekommen um Schlimmeres zu verhindern.

Schon die ganze Zeit, die er hier mit Aoi lag, quälte ihn die Frage, ob es neulich auch so gewesen war. Ihm war klar, dass der Blond- Schwarzhaarige ihm irgendetwas gegeben hatte, nicht umsonst hatte er gezittert und so extrem auf jede noch so winzige Berührung reagiert. Hatte er an diesem Abend auch gegen Aois Willen gehandelt? Je länger er darüber nachdachte, desto mehr brannte sich diese Frage in seine Seele und schmerzte ihn. Er hatte Aoi Vorwürfe gemacht, war so grob und gemein zu ihm gewesen, dabei konnte er wahrscheinlich nicht mal etwas dafür, dass das neulich geschehen war…

Aoi schien zu merken, dass ihn etwas beschäftigte, denn er wurde zunehmend unruhiger und begann Zeichen auf seine Brust zu malen. Es vergingen noch viele Momente, bis er den Mund öffnete und mit leiser, zittriger Stimme etwas sagte.

„Es tut mir leid…“ Als Uruha diese Worte hörte, musste er schwer schlucken und hatte wirklich Mühe, jetzt ruhig zu bleiben. Wofür entschuldigte er sich denn? Das war doch nicht seine Schuld gewesen!

Er schwieg eine Weile, strich ihm sanft ein paar Haare aus der Stirn, ehe er darauf reagierte.

Mir tut es leid… Ich hätte dich nicht mit ihm allein lassen dürfen.. Nicht, nachdem…“ Seine Stimme brach. Es fiel ihm viel schwerer als er wartet darüber zu reden. Bisher hatte er sich immer davor gescheut und Aoi hatte es hingenommen. Doch jetzt war anscheinend der Moment gekommen, indem er ihm alles erzählen würde. Und er würde zuhören, so schwer es ihm auch viel. Aber er wollte nicht, dass der Schwarzhaarige sich selbst die Schuld daran gab, denn jetzt wusste er es ja besser.

Aoi schüttelte nur den Kopf und krallte sich an seinem Shirt fest. Die Tränen wurden wieder mehr. Und Uruha wusste nicht, wie er damit umgehen sollte.

„Aoi…“, hauchte er und wollte seine Wange streicheln, doch noch ehe er seine Haut auch nur berührte, schlug der Schwarzhaarige seine Hand weg und löste sich von ihm. Er setzte sich auf und seine Hände begannen zu zittern.

„Hör auf!“, brachte er mit ebenso zitternder Stimme hervor und als Uruha sich ebenfalls aufsetzen und ihn in den Arm nehmen wollte, stieß er ihn von sich weg. Er konnte es einfach nicht ertragen, dass er jetzt die ganze Schuld auf sich nehmen wollte. Nein! So würde das nicht laufen. Er wusste nicht mal annähernd, was da überhaupt passiert war, hatte das alles bisher totgeschwiegen. Doch Aoi wollte sich nicht länger den Mund verbieten lassen. Er wollte darüber reden. Jetzt. Ihm war es egal, wenn nur er redete, Uruha brauchte sich dazu überhaupt nicht zu äußern. Er wollte bloß, dass er ihm zuhörte!

Er packte die Handgelenke des Blonden und pinnte sie in die Laken fest, setzte sich auf seinen Bauch und blickte schwer atmend zu ihm herab. Sein ganzer Körper bebte. Vor Anspannung, vor Wut, vor Verwirrung… Er wollte endlich Klarheit schaffen. Und Uruha sollte nicht einmal auf die Idee kommen ihn jetzt davon abzuhalten oder auch nur zu unterbrechen! Er brauchte aber noch einige Augenblicke, bis er wirklich dazu bereit war, mit ihm zu reden…

„Du weißt, was neulich passiert ist…“, begann er leise, blickte ihn aber unverwandt an. „Daran kann ich leider auch nichts mehr ändern, so gern ich es auch ungeschehen machen würde…“ Wieder sammelten sich Tränen in seinen Augen und er hielt sie auch nicht zurück. Es war ihm egal, dass sie auf das Shirt des Blonden tropften und es schon bald durchnässten. Das war ihm vollkommen egal. Er konnte einfach nicht weiterleben ohne ihm nun zu sagen, was er schon vor Wochen hätte tun sollen, als das alles gerade erst passiert war.

„Ich werde dir jetzt erzählen, was genau passiert ist… Und du wirst zuhören!“, fügte er noch hinzu, als er merkte, wie Uruha sich verspannte. „Ich will, dass du mir zuhörst, mehr nicht…!“

Uruha deutete ein Nicken an, konnte seine Anspannung aber wirklich nicht mehr verbergen.

„Nach unserem Streit neulich… kam Reita zu mir nach Hause. Warum, weiß ich nicht… Aber wir haben getrunken. Viel getrunken… Und ich habe ihm von uns erzählt, von unseren Problemen… Es tut mir so leid, aber mit dir konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht reden… Du... Du warst so…“ Er seufzte und biss sich leicht auf die Unterlippe. „Wir haben einfach aneinander vorbei geredet… Ich war durcheinander und… konnte einfach nicht anders… Wahrscheinlich hatte ich zu viel getrunken…“ Er schüttelte leicht den Kopf und lockerte den Griff um die Handgelenke des Blonden, doch dieser wagte es nicht, sich zu bewegen. Aber er beobachtete, wie Aoi mit sich rang. Am liebsten hätte er ihm das alles erspart, doch dann würde er wohl wütend werden. Und er brauchte ja jetzt auch bloß zuzuhören. Er war froh, dass Aoi nicht von ihm verlangte, dazu auch noch etwas zu sagen.

„Ich habe mich gewehrt, aber es ging nicht, er war stärker…“ Uruha musste schlucken, machte sich schon auf das Schlimmste gefasst, doch der Schwarzhaarige verschonte ihn mit den grausigen Einzelheiten.

„Reita war danach noch mal bei mir…“ Jetzt wandte er den Blick ab, richtete ihn auf einen unbestimmten Punkt auf seiner Brust. „Weißt du was er gesagt hat?“, fragte er mit erstrickter Stimme und ließ nun seine Handgelenke los, verbarg das Gesicht in den Händen. Uruha ließ ihn, nahm jedoch nahm einigem Zögern eine seiner Hände und umschloss sie mit den seinen.

„Was?“, hauchte er und auch seine Stimme zitterte. Er küsste seine Hand und nun traten auch ihm Tränen in die Augen, doch er hielt sie zurück, wollte stark sein für Aoi.

Der Schwarzhaarige blickte ihn wieder an. Seine Augen waren von dem vielen Weinen ganz rot. Er wollte ihn einfach nur in den Arm nehmen und trösten, doch noch würde Aoi ihn nicht lassen, das wusste er.

„Er will mich dir wegnehmen…“, flüsterte er. „Er hat gesagt, dass er mich will… und… erst aufgeben wird, wenn er … wenn er…“ Er konnte nicht weiter reden. Und Uruha konnte diesen Anblick nicht ertragen. Er zog ihn an sich und schloss ihn fest in die Arme, versuchte ihn zu beruhigen. Er wollte, dass er wenigstens wieder aufhörte zu zittern.

„Er ... er will … sich an dir… rächen…“, schluchzte er mit tränenerstickter Stimme und Uruha presste ihn nur noch fester an sich. Jetzt ergab endlich alles einen Sinn. Reitas Veränderung, sein plötzliches Interesse an Aoi und das, was er mit ihm getan hatte... Alles wurde ihm mit einem Schlag klar. Er wollte Rache. Vergeltung. Weil er ihn abgelehnt hatte. Und nun musste Aoi deswegen leiden. Das… das konnte er kaum ertragen. Er wollte nicht, dass Aoi litt. Und schon gar nicht wegen ihm. Nein… Aber er liebte ihn und würde ihn bestimmt nicht hergeben. Oder sich gar von ihm trennen, nur damit Reita ihn in Ruhe ließ. Dazu war er nicht fähig. Und er wusste, dass Aoi das auch gar nicht akzeptieren würde. Er wusste genau, was er tun musste, um zu verhindern, dass er noch mehr Leiden ertragen musste.

„Ich werde dich beschützen…“, flüsterte er und presste ihn mehr an sich.

//Keiner nimmt dich mir weg...!//, ging es ihm durch den Kopf und nun wurden auch seine Wangen mit Tränen benetzt.

Er hatte noch immer die Arme um den Schwarzhaarigen geschlungen und war eng an ihn gepresst, doch jetzt atmete Aoi ruhig und man konnte ihm kaum noch ansehen, was er heute schon alles durchgemacht hat.

Er schlief schon eine ganze Weile und Uruha hatte sich währenddessen immer wieder durch den Kopf gehen lassen, was passiert war. Was er gesehen hatte, was er mit Reita getan hatte und vor allem, was Aoi ihm alles erzählt hatte. Und was er ihm versprochen hatte. Er würde ihn beschützen, ihn nicht mehr alleine lassen und alles tun, was in seiner Macht lag, um den blond- schwarzhaarigen Bassisten von ihm fernzuhalten. Und als er selbst vorhin die Tränen nicht mehr hatte zurückhalten können, war ihm bereits klar geworden, was er tun würde. Er hatte nur noch gewartet, bis sein geliebter eingeschlafen war. Er wollte nicht, dass er sich noch mehr Sorgen machte, dass ihn das alles noch mehr in Mitleidenschaft zog. Er wollte ihn doch beschützen... Und genau aus diesem Grund löste er sich jetzt ganz vorsichtig von ihm, sehr darauf bedacht, ihn nicht zu wecken.

Das Zimmer lag bereits im Dunkeln, doch er brauchte kein Licht, um zu seinem Schrank zu finden und sich Hose und Shirt herauszunehmen. Lautlos zog er sich an und ging dann in die Küche, nur um wenige Augenblicke später mit einem Stück Papier in der Hand zurückzukommen, das er vorsichtig an die Stelle legte, wo bis eben noch er gelegen hatte.
 

Ich sorge dafür, dass du keine Angst mehr haben musst.

Bin bald zurück.

Uruha
 

Mehr hatte er nicht geschrieben. Eigentlich hatte er gar keine Nachricht hier lassen wollen, aber was wenn Aoi plötzlich aufwachen würde, und er nicht mehr da, spurlos verschwunden wäre? Nein, das wollte er sich gar nicht vorstellen. Er wusste auch so, dass der Schwarzhaarige dann in Panik geraten würde, also beugte er dem lieber gleich vor, auch wenn er inständig hoffte, dass Aoi selig weiterschlafen würde bis er zurück war.

Er strich noch einmal über seine Wange, zog dann aber seine Hand zurück, als wäre ein Stromschlag durch seinen Körper gegangen, als er ihn berührt hatte. Ohne auch nur noch eine Minute zu zögern, kehrte er ihm den Rücken zu und verließ das Zimmer. Im Hinausgehen griff er noch nach seiner Jacke, dann fiel auch schon die Wohnungstür ins Schloss und seine Schritte hallten in dem leeren und kahlen Treppenhaus wider.

Obwohl es draußen sehr kalt war, ging er zu Fuß. Er wollte einen klaren Kopf kriegen, doch das gelang überhaupt nicht. Ständig musste er an Aoi denken und die Nachricht, die er ihm hinterlassen hatte. Und plötzlich kam es ihm fürchterlich dumm vor, ihn einfach so wieder allein zu lassen, obwohl er sich doch anderes vorgenommen hatte. Aber wie sollte der Blond-Schwarzhaarige denn in seine Wohnung kommen, er hatte doch abgeschlossen...

Und dass er zu Hause war, wusste er spätestens, als er das Licht in seiner Wohnung brennen sah. Er schaute sich kurz um. Niemand war unterwegs, was eigentlich sehr untypisch für diesen Stadtteil war, doch es war ihm egal. Er kümmerte sich nicht darum, betrat das haus und stand wenig später vor seiner Tür. Ohne zu zögern, klopfte er an seine Tür und als er bemerkte, wie seine Hand dabei leicht zitterte, ballte er sie zur Faust um es zu unterdrücken. Er wollte jetzt keine Schwäche zeigen, er wollte ihm nicht offenbaren, wie sehr er ihm bereits weh getan hatte.

Als die Tür geöffnet wurde, starrte er in das überraschte Gesicht Reitas, doch diese Gefühlsregung verschwand beinahe sofort wieder von seinen Zügen, auf welche stattdessen ein gemeines Grinsen trat.

„Sag bloß du willst dich entschuldigen?!“, fragte er mit belustigtem Unterton und hob eine Augenbraue. Uruha antwortete nicht, ging einfach an ihm vorbei in die Wohnung. „Oh bitte, komm doch rein...“, hörte er den Blond- Schwarzhaarigen noch leise sagen und konnte das Grinsen auf seinen Lippen immer breiter werden spüren. Er ballte auch seine andere Hand zur Faust, um ruhig zu bleiben.

Reita ging ohne ein Wort an ihm vorbei in die Küche und er folgte ihm unaufgefordert, und setzte sich auf einen der Stühle. Seine Mimik verriet nicht, was jetzt in ihm vorging, wie es in ihm arbeitete und seine Gedanken miteinander rangen. Vor Aoi hatte er zwar geweint, aber der Mensch, der gerade vor ihm saß, brauchte nicht zu wissen, was in ihm vorging.

„Wenn du dich nicht bei mir entschuldigen willst, warum bist du dann hier?“, brach Reita nun die Stille und setzte eine unschuldige Miene auf, die Uruhas Blut beinahe zum Kochen brachte. Seine Hände begannen wieder zu zittern, und es fiel ihm sichtlich schwer noch ruhig zu bleiben.

„Du weißt genau warum ich hier bin!“, presste er durch die Zähne hervor. „... Warum machst du das mit Aoi? Warum quälst du ihn so? Warum lässt du ihn nicht einfach in Ruhe?“

„-Warum sollte ich?!“, entgegnete der Bassist und ein süffisantes Lächeln trat auf seine Lippen. „Hat er dir immer noch nicht erzählt, warum ich das alles tue? Ich glaube ich habe ihm das deutlich genug gesagt...“

„Doch, hat er... Aber das kann doch nicht alles sein! Nur weil ich dich zurück gewiesen habe... Das kann doch nicht dein Ernst sein! Nur deswegen machst du ihn so kaputt?“

Er sah, wie der andere ein Lachen unterdrückte. „Nun ja, ich denke nicht, dass ich nur ihm damit weh tue... Ansonsten wäre mein Plan ziemlich nach hinten losgegangen...“ Und er ließ wirklich ein leises Lachen von seinen Lippen weichen. In Uruha stieg die Wut nur noch mehr an und bald würde er sich wohl nicht mehr zurückhalten können. Er verbarg seine Hände unter dem Tisch und er vermied es auch, jetzt etwas zu sagen, denn dann hätte er sich durch das Zittern seiner Stimme verraten. Auch den Blick wand er ab.

„Weißt du, Uruha...“, sagte Reita nun plötzlich furchtbar freundlich und ein Schaudern ging durch seinen Körper, als ihn genau das an ihre Freundschaft zurück erinnerte. „Ich denke, ich könnte wirklich damit aufhören...“ Er sah ihn wieder an. Das... hatte er da eben wirklich richtig gehört? Das konnte nicht sein. Dennoch keimte Hoffnung in ihm auf.

„Wo ist der Haken?“

Erneut lachte der Blond- Schwarzhaarige. „Dass du immer alles so pessimistisch sehen musst... Aber, ich muss zugeben, dass du nicht Unrecht hast... Es gibt da tatsächlich... eine kleine Bedingung...“

Uruha seufzte genervt auf. Musste er ihm denn jetzt alles aus der Nase ziehen? Er würde alles, wirklich alles machen, nur damit er seinen geliebten Schwarzhaarigen endlich in Ruhe ließ!

„Und die wäre?“, fragte er mit deutlich vernehmbar gereizter Stimme.

„Kannst du dir das nicht denken?“ Reitas Grinsen wurde noch eine Spur breiter als es ohnehin schon war, als er es in dem Kopf des Blonden arbeiten sah. Doch es dauerte ihm einfach zu lange, bis er endlich darauf kam, also half er ihm etwas auf die Sprünge. „Ich will immer noch mit dir schlafen. Und wenn du... dich dazu bereit erklären würdest, dann könnte ich vielleicht davon absehen, noch weiter auf Aoi herumzuhacken.“

Uruha schluckte hart. Er sollte mit ihm schlafen? Aber das hieße, dass er Aoi betrügen würde... Nein, das... Das konnte er nicht. Er hatte in dem letzten halben Jahr nicht einmal an andere Männer gedacht. Nur Aoi hatte für ihn gezählt. Und das sollte er jetzt einfach so wegwerfen?

„Er muss es ja nicht wissen...“, drang plötzlich Reitas leise Stimme zu ihm, doch sie klang wie aus weiter Ferne. Er spürte nur, wie sich eine Hand auf die seine legte und diese umschloss. Er zuckte leicht zusammen und sah ihn wieder an, war aber nicht in der Lage darauf etwas zu erwidern. Und der Bassist bemerkte dies genau. Er ließ seine Hand wieder los und lehnte sich zurück. „Ich kann mich nur wiederholen... Ihr beide seid echt armselig. Vor allem du!“ Noch immer war der Blonde unfähig irgendetwas zu sagen, geschweige denn zu tun. Er saß einfach nur da, die Hände ineinander verkrampft und mit einem stechenden Gefühl in der Brust. „Aber ich kann darüber hinweg sehen. Ich will dich immer noch... Aber, nicht so wie du es dir vielleicht vorstellst. Wenn du es tun würdest, hättest du dir deine Ehre gewahrt oder so, stimmt´s? Aber das kannst du vergessen!“

Uruha verstand nicht so recht, was er nun von ihm wollte. Er kam da einfach nicht mehr hinterher. Zu verworren waren die Gedankengänge des anderen, als dass er ihnen auch bloß noch folgen wollte.

„Verdammt noch mal, was willst du eigentlich?!“, platzte es mit einem Mal aus ihm heraus und er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. So langsam ging ihm das alles hier ziemlich auf die Nerven, das alles war doch nur eine Farce, ein Schauspiel. Und er hatte keine Lust, hier der Hauptdarsteller zu sein, auch wenn er dagegen wohl gar nichts machen konnte. Reita hatte sich etwas in den Kopf gesetzt und nun würde er wohl kaum von seinem Plan ablassen oder sich davon abbringen lassen.

„Dich...“, sagte er leise und biss sich kurz auf die Unterlippe. Diese Geste verwirrte Uruha nur noch mehr und er legte die Stirn in Falten. Reita schien aber bemerkt zu haben, dass er etwas preisgegeben hatte, was er eigentlich vor ihm verheimlichen wollte, und so wurden seine Züge schon im nächsten Augenblick wieder hart und kalt. „Oder besser gesagt deinen Arsch...“

Der Blonde sog hörbar die Luft ein und rutschte unruhig auf seinem Sitz herum. Die Hand, die er auf dem Tisch liegen hatte, ballte sich wieder zur Faust, doch sie entkrampfte sich schon im nächsten Augenblick wieder. Uruha wusste einfach nicht, wie er darauf reagieren sollte. Sein Arsch gehörte schließlich nur einem...

Er hörte ein Geräusch und drehte sich kurz zur Tür um, doch schon sagte Reita etwas und zog so seine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Ich weiß, dass du da von selbst nie jemanden ranlassen würdest. Du hütest ihn doch sicherlich immer noch wie einen Schatz, deinen jungfräulichen Arsch? ...Aber mir kannst du nicht entkommen. Entweder du gibst mir, was ich will oder ich nehme dir, was du am meisten willst. Du kannst es dir aussuchen. Du allein entscheidest, ob Aoi noch weiter leiden muss oder nicht.“

Ein melancholisches Lächeln legte sich für den Hauch einer Sekunde auf Uruhas Züge, dann blickte er ihn wieder an, so kalt und verachtend, wie nie zuvor.

„Du hast wirklich keine Ahnung...“, sagte er so leise, dass der andere es fast nicht verstanden hätte. „Mein Arsch gehört nur einem und das ist Aoi...“ Er spürte, wie seine Wangen heiß wurden. Eigentlich hatte er das nie jemandem sagen wollen, aber Reita sollte endlich begreifen, dass sich nichts und niemand zwischen sie beide drängen konnte, auch er nicht.

Wieder hörte er dieses kalte Lachen. „Weiß Aoi das auch schon? Oder sagst du es ihm erst, wenn ihr schon längst wieder auseinander seid? ...Mir kannst du nicht vormachen, Uruha. Ich habe dich durchschaut. Du magst dich zwar verändert haben... Aber trotzdem bist du noch viel zu stolz, und viel zu sehr von dir selbst überzeugt, als dass du ausgerechnet ihn an dich ran lassen würdest.“

Jetzt reichte es aber wirklich! Ohne Vorwarnung sprang er auf, packte ihn am Kragen und drängte ihn an die Wand. „Ich habe es dir eben schon gesagt, aber ich sage es dir sehr gerne noch mal... du hast überhaupt keine Ahnung!“, zischte er in gefährlichem Ton. „Ich habe dich damals zurückgewiesen, weil ich unserer Freundschaft nicht schaden wollte, und ich weise dich dieses Mal auch wieder zurück. Zwar sind wir keine Freunde mehr, aber ich kann nicht mit dir schlafen, weil ich bereits jemanden habe, mit dem ich das tue.“ Reita ließ ein abfälliges Schnauben hören. „Und diesem jemand gehört auch mein Hintern. Ihm ganz allein. Du bekommst weder mich, noch ihn – begreif das endlich!“

Er schüttelte ihn, wollte seiner Wut freien Lauf lassen, ihn verprügeln, bis er selbst dazu keine Kraft mehr hatte, doch seine Hand wurde plötzlich zurückgehalten. Aoi hielt seinen Arm mit beiden Händen fest und als Uruha seinen Blick sah, senkte er diesen sofort wieder und lockerte seinen Griff in Reitas Shirt. Der Schwarzhaarige hatte Tränen in den Augen und hatte anscheinend sehr damit zu kämpfen, nicht auf der Stelle zusammenzubrechen und nichts anderes mehr zu tun als zu weinen.

Uruha löste sich jetzt gänzlich von dem Blond- Schwarzhaarigen und wollte Aoi in die Arme nehmen, doch dieser holte plötzlich aus und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Völlig perplex starrte er ihn an, unfähig das gerade Geschehene zu verarbeiten. Längst hatte er vergessen, was er vor wenigen Augenblicken noch mit Reita hatte machen wollen. Er starrte bloß noch Aoi an, der sich ganz plötzlich an seinem Shirt festkrallte und sein Gesicht an seiner Brust verbarg. Unfähig, sich in irgendeiner Weise zu bewegen, starrte er nun die schwarzen Haare an und fuhr sich wie in Trance über die schmerzende Stelle an seiner Wange.

„Tu so etwas n-nie wieder!“, schluchzte Aoi und krallte sich nur noch mehr an ihm fest. Er wollte ihn nicht mehr gehen lassen. „Versprich mir nie wieder, dass du mich beschützt und... u-und bei mir bleibst, w-wenn du dann einfach weg gehst... U-und nur diesen Zettel da lässt... Du glaubst gar nicht was ich mir für Sorgen gemacht habe!“ Seine Stimme brach und sein immer lauter werdendes Schluchzen erfüllte den Raum. Uruha legte die Arme um ihn und drückte ihn an sich. Das alles tat ihm so furchtbar Leid... Warum bloß war Aoi schon aufgewacht? Er biss sich auf die Unterlippe, hätte sich selbst am liebsten auch gleich noch mal geschlagen, denn Aoi hatte vollkommen Recht. Er hatte ihm etwas versprochen und nun enttäuschte er ihn auf so bittere Weise.

„Da... da wach ich auf und... du bist n-nicht mehr da...“ Er konnte einfach nicht weiter sprechen, hielt sich nur noch an ihm fest und hoffte, dass er ihn nie, aber auch wirklich nie mehr allein lassen würde. Er wusste nicht, was Uruha sich dabei gedacht hatte, ihn einfach alleine zurückzulassen und ihm nur einen solchen Zettel dazulassen. Was hätte er da auch denken sollen? Uruha wollte dafür Sorgen, dass er keine Angst mehr haben musste. Er hatte angenommen, er wollte Reita... Er schüttelte leicht den Kopf. Nein, daran wollte er nicht mehr denken. Reita hatte ihm zwar schreckliche Dinge angetan, aber so etwas wollte er auf keinen Fall. Sie mussten dieses Problem doch auch anders lösen können...

„Es... Es tut mir leid...“, flüsterte den Blonde und jagte ihm so einen heißen Schauer über den Rücken. Natürlich glaubte er ihm, doch er hatte einfach zu groß Angst, dass so etwas noch einmal vorkommen würde.

Uruha strich sanft über seinen Rücken, wollte ihn so wieder beruhigen. Dass Reita noch immer neben ihnen stand, wurde ihm erst wieder bewusst, als dieser sich gespielt verlegen räusperte. Er blickte zu ihm.

„Herzzerreißend...“, sagte er leise und fasste dem Blonden an die Schultern. „Aber führt das doch bitte woanders fort, nicht unbedingt in meiner Wohnung...“ Er schob die beiden Richtung Tür und drängte sie dann in den Flur. Er wollte gerade die Tür wieder schließen, stockte dann aber doch noch einmal und sah Uruha eindringlich an. „Mein Angebot steht noch...“ Mit diesen Worten schloss er die Tür vor seiner Nase und ließ sie allein im dunklen Flur stehen.

Nur Aois Wimmern war zu hören. Sofort schlang Uruha beide Arme um ihn und hielt den zitternden Leib eng an sich gepresst. Schon wieder weinte Aoi und schon wieder war er daran Schuld. Dabei wollte er ihm doch nicht so weh tun. Er wollte ihn nicht zum Weinen bringen, und vor allem wollte er ihn nicht noch mehr leiden sehen... Und er würde dafür sorgen, dass das alles ein Ende finden würde. Das Gespräch mit Reita hatte ihm die Augen geöffnet.

Als Aoi sich wieder beruhigt hatte, waren sie zu ihm gegangen, und Uruha war bei ihm geblieben. Die ganze Nacht und auch den nächsten Tag war er nicht von seiner Seite gewichen. Schließlich hatte er es ihm versprochen und diesmal wollte er dieses Versprechen auch halten. Er versuchte, nicht mehr Reita zu denken und an das, was er zu ihm gesagt hatte, sein sogenanntes „Angebot“. Er hätte verrückt sein müssen, darauf einzugehen. Für wie dumm hielt der Blond- Schwarzhaarige ihn eigentlich?

Er schüttelte den Kopf, wollte sich jetzt nur noch auf Aoi konzentrieren, der neben ihm lag und selig schlief. Außerdem war das mit Reita jetzt schon einige Tage her und er wollte, dass Aoi nicht ständig daran denken musste. Also versuchte er diese Gedanken zu verdrängen. Der Schwarzhaarige sah es ihm nämlich immer an, er wusste einfach, wenn er darüber nachdachte. Er machte sich eben einfach Sorgen, dass er wieder zu ihm ging und ihn verprügelte, wenn nicht noch Schlimmeres.

Uruha schüttelte leicht den Kopf und schmiegte sich wieder mehr an den Schwarzhaarigen, begann ihn aber nach einem Blick auf die Uhr sanft zu streicheln. So langsam musste er aufstehen, denn heute würden sie zum Bandmeeting gehen. Die letzten Tage hatten sie sich in der PS Company nicht einmal blicken lassen, aber dieses Mal hatte er vorher Kai und sogar das Label informiert. Wie hätte Aoi auch in seiner Verfassung arbeiten sollen? Er hoffte nur, dass Kai und Ruki nicht wieder Stress machen und womöglich wieder ihm allein die Schuld an dem Ganzen geben würden. Er konnte einfach nicht verstehen, warum die beiden momentan so schlecht auf ihn zu sprechen waren...

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Aoi sich etwas neben ihm bewegte und sich nur wenig später in seinen Armen drehte und ihm ein sanftes Lächeln schenkte.

„Morgen...“, hauchte er und setzte sich etwas auf um ihn sanft zu küssen. Uruha musste lächeln und strich ihm ein paar Haare aus der Stirn. Nun sah auch Aoi zur Uhr und er schlug sogleich die Decke zurück und stand auf. Nachdem er sich ausgiebig gestreckt hatte, wandte er sich wieder dem Blonden zu, mit einem mehr als nur bezaubernden Lächeln auf den Lippen. „Ich gehe duschen... Kommst du mit?“ Natürlich ließ er sich nicht zweimal bitten und stand auch sofort auf.

Nach ihrer gemeinsamen Dusche und einem ausgiebigen Frühstück hatten sie sich auf den Weg zur Company gemacht, obwohl Uruha nicht ganz wohl bei der Sache war. Er wollte nicht, dass Aoi wieder in der Nähe von Reita war, aber schließlich mussten sie ja zur Arbeit. Sie konnten ja schlecht beide von einen Tag auf den anderen kündigen und die Band verlassen. Damit würden sie so einiges durcheinander bringen, nicht bloß ihr Leben. Sie würden eine Band zerstören, ihre Freundschaften wohl noch härter auf die Probe stellen und viele Fans zur Verzweiflung treiben. Das war ihnen bewusst, und sie wollten versuchen das zu vermeiden.

Sie betraten gerade das Gebäude der PSC. Alles war noch ruhig und das, obwohl es schon bald Mittag war. Aber Uruha bemerkte dies nur beiläufig. Er bekam kaum mit, wie sie in den Fahrstuhl stiegen und nach oben fuhren. Erst als die Tür zu ihrem Bandraum immer näher kam, wurde ihm wieder bewusst, was gleich geschehen würde. Sie würden Reita wieder sehen. Und auch wenn er es vor Aoi nie zugeben würde, so hatte er davor doch ein wenig Angst. Aber er riss sich zusammen, drückte die Hand des Schwarzhaarigen etwas, und betrat dann mit ihm gemeinsam ihren Raum. Die anderen drei Bandmember waren schon da und wie er es befürchtet hatte, herrschte eine eisige Stimmung. Reita ignorierte sie beide vollkommen, hatte ihnen den Rücken zugewandt und fummelte an seinem Bass herum. Und Kai und Ruki straften ihn mit bösen und missbilligenden Blicken. Doch niemand sagte etwas, und allein diese Tatsache ließ ihn erleichtert ausatmen. Er schloss die Tür hinter ihnen beiden und ließ nun etwas zögerlich Aois Hand los. Ein kurzes „Hallo“, mehr brachte er jetzt nicht zur Begrüßung hervor. Am liebsten hätte er sie allesamt ignoriert und wäre mit seinem Freund wieder nach Hause gefahren. Er konnte immer noch nicht wirklich glauben, dass das alles wirklich geschehen war. Es wirkte alles so verdammt weit weg und unwirklich. Denn die vier Männer, mit denen er sich in diesem Raum befand, waren einst seine Freunde gewesen. Sie waren unzertrennlich gewesen, und das schon bevor sie die Band gegründet hatten. Doch wenn er sie alle nun betrachtete, wurde er etwas wehmütig... Sein ehemals bester Freund war ein rachsüchtiges Scheusal geworden, Kai und Ruki schienen ihn jetzt zu verachten und Aoi war für ihn weit mehr als bloß ein Freund. Er war sein Geliebter, seine bessere Hälfte, sein Ein und Alles. Doch das brauchte er den anderen nicht zu erzählen, denn sie schienen zu glauben, dass diese Beziehung alles kaputt machte. Er wollte darüber nicht mal nachdenken. Das konnte einfach nicht sein. Endlich war er glücklich. Nicht mehr ein One- Night- Stand nach dem anderen, nicht mehr jede Nacht ein anderes Gesicht, ein anderer Name, den er spätestens am nächsten Morgen wieder vergessen hatte. Nein, jetzt war da nur noch Aoi, neben dem er jeden Abend einschlief und neben dem er auch jeden Morgen wieder aufwachte. Er wollte es gar nicht mehr anders haben, war wahrscheinlich auch schon gar nicht mehr in der Lage dazu, morgens ohne ihn aufzustehen.

Nun war es seine Stimme, die ihn aus seinen Gedanken riss.

„Uru, komm! Wir wollen anfangen...“ Er nahm seine Hand und zog ihn mit zu der Sitzgruppe, wo die anderen schon auf sie warteten. Wortlos ließ er sich von dem Schwarzhaarigen auf die Couch drücken. Die anderen vermieden es sehr gekonnt, ihn anzusehen. Alles starrten sie irgendwohin und Kai hatte noch nicht einmal von seinen Aufzeichnungen aufgesehen. Und die Tatsache, dass Aoi neben ihm saß und seine Hand hielt, machte das alles nicht unbedingt erträglicher. Es schien beinahe eine Ewigkeit zu vergehen, ehe der brünette Drummer nun das Wort ergriff und endlich diese drückende Stille brach.

„Nun... Eigentlich soll das hier ja ein Bandmeeting sein, aber...“ Er räusperte sich leise und sah nun direkt in die dunklen Augen des blonden Gitarristen. „Ich denke wir sollten jetzt etwas anderes besprechen als die Planung des nächsten Videodrehs.“

Uruha musste schlucken und er verspannte sich. Damit hatte er nun absolut nicht gerechnet. Er blickte kurz zu Aoi, der damit auch etwas überfordert zu sein schien, jedoch nur die Lippen etwas schürzte und schwieg. Kai räusperte sich wieder, schien nicht recht zu wissen, wie er das Thema am besten anpacken sollte, doch der blonde Sänger schien langsam ungeduldig zu werden. Auf einen strengen Blick von Kai hin verschränkte er die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. Reita hingegen schien aufs Beste amüsiert, doch jedes Mal, wenn Kai oder Ruki in seine Richtung sahen, verschwand dieses gemeine Grinsen von seinen Lippen und wich einem Ausdruck, wer wohl seine Schmerzen darstellen sollte. Doch Uruha wusste nur zu gut, dass das alles nur gespielt war, ein abgekatertes Spiel. Der blond- schwarzhaarige Bassist schien sie alle bestens unter Kontrolle zu haben. Und die Tatsache, dass die beiden gar nicht merkten, was für ein falsches Spiel er mit ihnen trieb, ließ wieder die Wut in ihm hoch kochen. Aoi, der dies genau zu bemerken schien, begann nun leicht seine Hand zu streicheln und allein diese kleine Geste beruhigte ihn etwas. Er würde sich zusammenreißen, nicht zuletzt, weil er neben ihm saß. Schließlich wollte er für ihn da sein und nicht wieder einfach seine Wut an einem der anderen auslassen, auch wenn sie es verdient hatten.

„Machen wir es kurz“, war nun wieder Kais Stimme zu hören. „Wir haben neulich schon mit dir gesprochen, Uruha. Und wie es scheint, legst du keinen allzu großen Wert mehr auf unsere Meinung.“ Sein Blick huschte kurz zu Aois, der nun fragend dreinblickte. Noch wusste er nicht, was die beiden von ihm gewollt hatten, worüber sie mit ihm reden mussten, was er nicht wissen sollte. In all der Aufregung um Reita war er ganz davon abgekommen, es ihm zu erzählen.

Auch Ruki bemerkte Aoi Gesichtsausdruck und ein schmunzelte leicht. „Du hast es ihm noch nicht einmal erzählt? Noch nicht mal ihm?“ Er lachte leise, doch Uruha tat dies alles mit einem abfälligen Schnauben ab. „Was hätte ich ihm denn sagen sollen? Dass ihr alle vollkommen übergeschnappt seid?“ Ruki verzog das Gesicht, doch noch ehe er etwas erwidern konnte, hatte der Drummer die Hand gehoben und ihn so zum Schweigen gebracht.

„Reitas Nase ist zwar nicht gebrochen, aber trotzdem sollten wir versuchen, das hier friedlich über die Bühne zu bekommen!“, herrschte er den blonden Sänger an, der daraufhin schmollend dreinblickte und Uruha nun anstatt mit Worten mit hasserfüllten und abschätzigen Blicken bombardierte. Kai wandte sich nun wieder an Uruha, der gespannt alles verfolgt hatte.

„Wenn du dich nicht traust es ihm zu sagen, dann sollte ich das wohl übernehmen, oder?“ Sein Gesicht nahm für den Bruchteil einer Sekunde einen komischen Zug an, den er nicht deuten konnte, doch schon im nächsten Augenblick schien sich der Brünette wieder gefangen zu haben, und wandte sich nun an Aoi selbst. „Wir haben Uruha neulich gesagt, dass er sich von dir trennen soll.“

Aoi sah sich so abrupt mit den Fakten konfrontiert, dass er sie im ersten Moment gar nicht begreifen konnte. Er starrte Kai an, unfähig etwas zu sagen. Sogar sein Griff um Uruhas Hand wurde lockerer. „Warum?“, fragte er mit leiser Stimme und sah Ruki herausfordernd an. Zwar hatten sie ihn überrumpelt, doch er sah keinen Grund dafür, warum sie so etwas von Uruha verlangt haben sollten.

Kai seufzte und schüttelte leicht den Kopf. „Merkst du denn nicht, wie sehr eure Beziehung der Band schadet? Wie sehr sie dir schadet?“ Aoi runzelte nur die Stirn. Er war doch glücklich mit Uruha, warum sollte er ihm also schaden? „Ihr beide werdet immer unzuverlässiger... und ich glaube kaum, dass ich ausgerechnet dich daran erinnern muss, aber in letzter Zeit geht es dir ziemlich schlecht. Und es ist ja wohl offensichtlich, dass Uruha der Grund dafür ist. Ich weiß nicht, wie du es mit ihm aushäl-...“ Er stockte, als er Aois amüsierten Blick sah.

„So?, fiel er ihm ins Wort. „Uruha schadet mir also?“ Er konnte nicht anders, als leise aufzulachen. Sogar der blonde Gitarrist schien überrascht von dieser Reaktion. „Kai, ich weiß nicht, wo dein Problem liegt. Diese Beziehung ist das Beste, das mir in den letzten Jahren passiert ist!“ Uruhas Herz machte einen Hüpfer, als er das hörte. Das Beste, das ihm in den letzten Jahren passiert ist... Er musste sich schwer zusammen reißen um jetzt nicht breit zu grinsen und Aoi einfach zu küssen. Er war ihm also wichtiger als die Band? Er konnte trotz allen Bemühungen nicht verhindern, dass sich seine Lippen leicht nach oben kräuselten.

Kai schien vollkommen aus dem Konzept gebracht. „Auch... auch wenn er so grob zu dir ist?“

Wieder entwich dem Schwarzhaarigen ein leises Lachen. „Ich weiß gar nicht was du hast! Was wir im Bett machen, ist ja wohl unsere Sache, und ansonsten ist er alles andere als grob zu mir!“ Er schenkte dem Blonden, der immer noch seine Hand hielt, ein sanftes Lächeln. Dieses wurde sogar wieder zu einem Schmunzeln als er seinen Gesichtsausdruck sah. Nicht nur Kai schien verwirrt zu sein zu sein wegen seiner Reaktion. Doch warum sollte er sich von ihnen fertig machen lassen, wo es doch dafür gar keinen Grund gab.

Jetzt aber seufzte der Schwarzhaarige leise und rutschte auf der Couch etwas vor. „War es das?“

Kai blickte ihn mehr als verwirrt an und nicht mal Reita schien zu wissen, was er meinte. Das Grinsen war schon lange aus seinem Gesicht verschwunden und einer wutverzerrten Maske gewichen, die er gar nicht erst zu verbergen versuchte. Doch noch blieb er vollkommen still, wie auch alle anderen.

„Na du hast doch gesagt, dass ihr statt dem Bandmeeting diese kleine Unterhaltung mit uns führen wollt, oder? Also können wir dann wieder gehen? Ich hab nämlich noch so einiges vor heute...“ Er blickte kurz zu Uruha, der gar nicht mehr zu wissen schien, was hier vor sich ging, ehe er aufstand. „Okay, dann sehen wir uns morgen Abend zur Bandprobe, hai?“ Er lächelte einmal in die Runde, ehe er Uruha, der sich immer noch nicht gerührt hatte, auf die Beine zog und mit ihm wieder den Raum verließ. Er sah noch einmal in diese drei perplexen Gesichter, ehe er die Tür schloss, und als er sich nun wieder zu Uruha umdrehte, hätte er beinahe losgelacht, denn er blickte genauso verwirrt drein wie die anderen.

Er nahm seine Hand und ging ohne ein Wort mit ihm durch das Gebäude. Auch im Fahrstuhl schwieg er und Uruha traute sich nicht zu fragen, was mit ihm los war. Er hätte ja mit so einigem gerechnet, als Kai ihre Beziehung angesprochen hatte, aber das hier überstieg seine kühnsten Vorstellungen.

Erst als sie aus dem Fahrstuhl stiegen, änderte sich seine Miene wieder. Er lächelte zwar immer noch, wirkte aber bei weitem nicht so gut gelaunt wie noch Sekunden zuvor. Er blieb kurz stehen und lehnte sich gegen seinen Freund, schloss für einen Augenblick die Augen.

„Du hättest es mir ruhig sagen können...“, sagte er so leise, dass Uruha es kaum verstehen konnte. Er bekam nicht die Gelegenheit etwas zu erwidern. „Oder hattest du wirklich Angst, dass ich auf ihr dummes Geschwätz hören würde?“ Er musste schlucken, denn Aoi schien wirklich enttäuscht zu sein von ihm. Doch noch immer konnte er nichts dazu sagen, denn die weichen, vollen Lippen des Schwarzhaarigen legten sich auf die seinen. Er nahm seine beiden Hände ehe er den Kuss wieder löste und ihn mit einem Blick besah, den er nicht deuten konnte.

„Ich werde jetzt nach Hause gehen - allein.“ Als der Blonde widersprechen wollte, drückte er kurz seine Hände und brachte ihn so zum Schweigen. „Sei mir nicht böse, aber... ich brauch mal etwas Zeit für mich...“ Er löste sich von ihm und auch wenn Uruha an diesem Vormittag so einige Male verwirrt gewesen war, jetzt war er wirklich sprachlos. Er hatte ihm doch versprochen, ihn zu beschützen. Und wie sollte er das tun, wenn sie getrennt voneinander waren? Nein, das wollte er nicht...

„Mach nicht so ein Gesicht! Oder hältst du es nicht mal mehr aus, für ein paar Stunden von mir getrennt zu sein?“ Er lächelte wieder leicht und ließ nun seine Hände los. „Heute Abend kannst du wieder zu mir kommen. Aber... ich muss einfach mal nachdenken, nur für mich. Wenn du da bist, lenkst du mich bloß ab...“ Er hauchte ihm noch einen Kuss auf die Lippen, ehe er ihm den Rücken kehrte und davon ging. Uruha blieb so stehen, unfähig etwas zu erwidern. Dass Aoi allein sein wollte, war etwas vollkommen Neues für ihn. Sie hatten die letzten Wochen jede freie Minute miteinander verbracht, egal wo. Überall waren sie zu zweit gewesen. Dass er ihm jetzt sagte, er brauchte Zeit für sich, versetzte ihm einen Stich. Doch er wusste ja, dass Aoi nur nachdenken wollte. Das... das war ja auch verständlich, nach allem, was passiert war...

Er stand noch einige Minuten einfach nur da, ehe er tonlos seufzte und nun auch losging. Er war aber noch immer so in Gedanken vertieft, dass er die Person, die jetzt hinter der großen Pflanze, die direkt neben den Fahrstühlen stand, hervorkam und ihm hinterher blickte, gar nicht bemerkte. Das Grinsen, dass sich auf deren Gesicht bildete, konnte er nicht sehen...

Kaum war er zu Hause gewesen, hatte er sich erstmal ein heißes Bad eingelassen.

Nun lag er in seiner großen Badewanne, die Beine übereinander schlagen und mit dem bisschen Schaum spielend, der noch übrig war. Er lag nun schon eine ganze Weile hier, hatte selbst gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit doch vergangen war. Und wäre das Wasser nicht langsam zu kalt geworden, hätte er wohl noch Stunden so verbracht. Er hatte ein Bad genommen, in der Hoffnung, einen klaren Kopf zu bekommen, aber das war eindeutig missglückt. Er hatte an nichts anderes denken können als an Uruha, und er hätte lügen müssen, wenn er behauptet hätte, dass ihn diese Trennung kalt ließ. Sie hatten jeden Tag gemeinsam verbracht in den letzten Wochen und auch nachts waren sie zusammen gewesen. Aber er war es ja gewesen, der Zeit für sich gewollt hatte...

Er stieg nun langsam aus der Wanne, ließ das Wasser ablaufen und trocknete sich ab, dann schlang er sich das Handtuch um die Hüfte und ging in die Küche, wo er sich eine Zigarette anzündete und ans Fenster stellte. Ein Blick zur Uhr verriet ihm, dass Uruha wohl bald kommen würde. Zwar hatte er ihm keine Zeit gesagt, doch er wusste, dass der Blonde es nicht mehr lange ohne ihn aushalten würde. Er hatte auch gespürt, wie verunsichert er war. Aoi biss sich leicht auf die Unterlippe. Er würde ihm wohl nachher erst noch sagen müssen, dass er nicht sauer auf ihn war, auch wenn er zugeben musste, dass seine Enttäuschung ziemlich groß gewesen war, als Kai ihm vorhin erzählt hatte, dass sie es alle für besser hielten, wenn sie diese Beziehung nicht länger aufrecht erhalten würden. Kaum dachte er an vorhin, wurde er wieder wütend. Glaubten Kai und Ruki wirklich, dass Uruha grob zu ihm war? Dass er ihm weh tat und sie deshalb neulich die paar Tage nicht zur Probe gekommen waren? Wahrscheinlich... Ansonsten hätten sie wohl kaum gefordert, dass der Blonde Schluss machte. Er fragte sich nur, wie die beiden zu solchen Annahmen kamen. Das Naheliegendste war ja, dass Reita da auch seine Finger im Spiel hatte. Er wollte das zwar nicht glauben, doch so langsam erkannte er den blond- schwarzhaarigen Bassisten gar nicht mehr wieder. Er war früher so anders gewesen... Früher... Er schüttelte leicht den Kopf, wollte einfach nicht an die alten Zeiten zurückdenken, als sie alle noch Freunde gewesen waren. Nur Freunde... So viel hatte sich seitdem verändert, wahrscheinlich sogar alles...

Er starrte in die Dunkelheit hinaus, als es plötzlich klingelte. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Da hatte er wohl doch nicht so falsch gelegen mit seiner Vermutung, dass Uruha bald hier auftauchen würde. Und wahrscheinlich hatte er seinen Schlüssel wieder einmal vergessen. Er drückte die Zigarette aus und machte sich auf den Weg zur Tür. Doch mitten im Flur blieb er stehen, zögerte kurz. Er hatte ja immer noch nur dieses knappe Handtuch um seine Hüften geschlungen, und wenn er Uruha so begrüßen würde, würde wohl nicht allzu viel Zeit vergehen, bis sie im Bett gelandet waren, wenn sie denn überhaupt so weit kamen. Um das zu vermeiden, ging er schnell ins Schlafzimmer und zog sich Shorts und Shirt an, ehe er wieder zur Tür ging. Fröhlich lächelnd öffnete er diese.

„Na, hast du deinen Schlüssel wied-...“ Die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er sah, wer da nun vor ihm stand. Er hatte sich noch gar nicht wieder gefasst, da wurde er auch schon in seine Wohnung zurückgedrängt. Erst als er die Tür ins Schloss fallen hörte, wurde ihm bewusst, was hier gerade passiert war.

„Was machst du hier?!“, fragte er mit zitternder Stimme und wich zurück. Reita aber ging auf ihn zu, drängte ihn immer weiter zurück, und schon bald spürte Aoi die Wand hinter sich. Er schluckte hart. Warum bloß hatte er nicht vorher durch den Spion geschaut? Wie konnte er bloß so dumm sein...

Aber ihm blieb keine Zeit, darüber jetzt weiter nachzudenken, denn Reita kam immer dichter, war nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt.

„Was willst du hier?“, wiederholte er, doch der Blond- Schwarzhaarige antwortete ihm immer noch nicht. Er musste schlucken, konnte sich das ja eigentlich schon denken. Und seine Vermutung wurde bestätigt, als der andere nun seine Handgelenke packte und ihn an die Wand drückte. Aoi schien unfähig, sich zu bewegen. Er starrte bloß in diese kalten Augen, die direkt auf ihn gerichtet waren, ihn beinahe zu durchbohren schienen. Er wusste, dass Reita ihn mit seinen Augen schon wieder auszog und er wusste nicht, was er jetzt tun sollte, vor allem als der Bassist sich näher an ihn drängte und ihm einen Kuss aufzwängen wollte. Doch er wollte das nicht, drehte den Kopf weg. Egal, was passieren würde, einen Kuss würde dieses Ekel von ihm bestimmt nicht bekommen. Das hatte er die vergangen Male nicht, als er so grob zu ihm gewesen war, und das würde er auch dieses Mal nicht.

„Was denn? Du sträubst dich immer noch?“, hörte er nun die leise Stimme Reitas nahe an seinem Ohr und es ließ ihm eiskalt den Rücken hinab. Er stand immer noch regungslos da, hatte lediglich den Kopf zur Seite gewandt und man konnte ihm ansehen, dass er sich fürchtete. Doch das war dem Blond- Schwarzhaarigen egal. Er dachte nur noch an sein Ziel und daran, wie er es erreichen konnte. Mit welchen Mitteln er sich den Weg dorthin ebnete, war ihm vollkommen egal. Es war ihm egal, dass er anderen weh tat. Es war ihm egal, dass er Freundschaften zerstörte. Es war ihm egal, dass er die Band möglicherweise in den Untergang stürzte. Es war ihm einfach alles egal...

Er leckte nun obszön mit der Zunge über Aois Hals und sein Grinsen wurde breiter, als er spürte, wie dieser unter seiner Berührung erschauderte.

„Lass es doch einfach geschehen...“, flüsterte er nun und fuhr mit der Zunge die Form seiner Ohrmuschel nach. Aoi wusste gar nicht, wie ihm geschah. Plötzlich hasste er sich für seine Entscheidung, ein paar Stunden allein zu sein. Wäre doch bloß Uruha hier, dann müsste er diese Qualen wohl kaum ertragen... Er begann sich zu wehren, sah jedoch selbst keine Chance ihm zu entfliehen. Dementsprechend lasch waren auch seine Befreiungsversuche.

„Ich wollte es dir einfacher machen...“, wisperte er nun leise am hals des Schwarzhaarigen. Aoi zuckte zusammen, als er das hörte. Er wollte es ihm einfacher machen? Unbändige Wut durchflutete ihn plötzlich, doch er riss sich zusammen, verkrampfte lediglich seine Hände und sah ihn ungläubig an. Reita lachte leise und ließ seine Zunge erneut über die weiche Haut gleiten.

„Ich habe dich betrunken gemacht... Ich habe dich unter Drogen gesetzt... Aber durch nichts davon habe ich das erhalten, was ich wollte!“ Er hob nun wieder den Kopf und starrte ihn aus zu Schlitzen verengten Augen an. „Immer ist er gekommen und hat dich mir weggenommen...“ Seine Stimme wurde zwar leiser, aber auch bedrohlicher und Aoi biss die Zähne zusammen, als der Griff um seine Handgelenke immer fester wurde und seine Finger schon taub wurden.

„Also werde ich mir jetzt einfach das nehmen, was ich will. Und es ist mir egal, ob es für dich unerträglich ist... Es ist mir scheißegal! Bedank dich bei ihm! Wäre er nicht dauern dazwischen geplatzt, müsstest du das hier jetzt nicht ertragen...“

Aoi schloss die Augen und biss sich nun schmerzhaft auf die Unterlippe. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Verdammt noch mal! Warum um Himmels Willen tat Reita das hier?! Und wie konnte er so dreist sein und die Schuld dafür auch noch Uruha in die Schuhe schieben?!

Nun verengten sich auch die Augen des Gitarristen zu Schlitzen und er funkelte ihn herausfordernd an. Reita jedoch bemerkte dies nicht, hatte die Augen auf den schönen Hals des Schwarzhaarigen geheftet, und während er zu überlegen schien, was er als erstes mit ihm anstellen würde, lockerte sich sein Griff wieder. Diesen kleinen Moment der Unachtsamkeit nutzte Aoi. Er befreite sich aus seinen menschlichen Fesseln und stieß ihn von sich. Völlig perplex sah Reita ihn an, schien gar nicht zu wissen, was hier vor sich ging. Doch noch ehe er reagieren konnte, hatte Aoi ihn gepackt und zu Boden geworfen und drückte ihn nun flach auf diesen. Das war jetzt wirklich zu viel gewesen!

„Wie kannst du es wagen...“, zischte er und seine Hände begannen vor Wut zu zittern. „Wie kannst du es wagen... das alles zu tun und dann auch noch Uruha die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben... Was ist nur aus dir geworden?! Du bist so ein Unmensch!“ Mit diesen Worten spuckte er ihm ins Gesicht. Doch das hätte er vielleicht nicht tun sollen. Eine Beben ging durch den Körper des Kleineren und mit einem Mal wurde nun Aoi zu Boden gedrückt. Er sah nach oben, wollte in ihm ins Gesicht sehen, doch alles, was er erkennen konnte, war eine wutverzerrte Fratze. Eine Fratze, die unter keinen Umständen zu einem Menschen gehören konnte. Und die Hände des Monstrums, zu dem diese Fratze gehörte, wanderten über seinen Körper, vergriffen sich an diesem und trieben ihm die Tränen in die Augen. Nein! Das wollte er nicht! Er schlug um sich, trat nach ihm, doch er schien machtlos. Aber aufgeben wollte er nicht, auch nicht, als ihm das Shirt zerrissen würde und sich eine Hand ohne Umschweife in seine Unterhose schob und sein Glied packte. Er gab einen gequälten Laut von sich, suchte Halt, irgendwo Halt, wollte das nicht ertragen müssen...

Seine Hände wanderten über den Boden, an der Wand entlang und schließlich zu der Kommode, die nur wenige Zentimeter von ihm entfernt war. Sie lagen direkt daneben. Noch immer wand er sich unter dem Blond- Schwarzhaarigen, doch seine Gegenwehr wurde weniger, was Reita mit einem zufriedenen Grinsen quittierte, da er dachte, dass Aoi sich endlich damit abgefunden hatte. Er sah zu ihm auf, erkannte aber, dass dem nicht so war. Der Schwarzhaarige hatte den Arm ausgestreckt, versuchte die Tischdecke zu erreichen, die nur noch wenige Zentimeter von seiner zitternden Hand entfernt waren. Reitas Blick wanderte weiter nach oben und er verzog das Gesicht, als er sah, was sich auf der Kommode befand, was Aoi so verzweifelt zu erreichen versuchte. Das musste er verhindern. Er wollte das doch jetzt durchziehen, konnte und wollte nicht noch eine Niederlage einstecken müssen. Er griff nach dem Arm des Schwarzhaarigen, wollte ihn festhalten, und versuchte nun selbst die Kommode zu erreichen, doch plötzlich ging alles ganz schnell. Er wurde zurückgerissen, versuchte Aoi von sich zu drücken, schlug nach ihm. Es ertönte ein schepperndes Geräusch und dann war alles ganz still...

Schwer atmend lehnte er an der Wand und starrte den anderen an. Dieser Anblick war einfach faszinierend. Wie er da lag, sich nicht mehr rührte... Er hätte ewig so sitzen und ihn einfach betrachten können, doch... Ein fernes Geräusch holte ihn langsam in die Realität zurück... Er sah sich um. Was war das? Langsam wurde dieses Geräusch lauter, drang direkt zu ihm durch, nicht mehr wie durch einen wabernden Nebelschleier. Jemand klopfte an der Tür. Doch er rührte sich nicht. Er wollte nicht... Als jedoch das stetige Klopfen zu einem Hämmern würde und er jetzt auch die Stimmen von Kai und Ruki erkannte, stand er ächzend auf. Seine Hände zitterten und seine Knie schienen mit einem Mal verdammt weich. Er hoffte bloß, dass sie nicht gleich nachgeben würden...

Er öffnete die Tür nur einen Spalt, wollte nicht, dass sie ihn so sahen, wollte nicht, dass sie das sahen, was er getan hatte... Aber zu Spät. Rukis Blick war sofort zu seinem zerrissenen Shirt gewandert und er weitete entsetzt die Augen.

„Verdammt Aoi! Was... Was hat er mit dir getan?!“

Aoi war unfähig etwas zu sagen, bekam keinen Ton heraus. Sein Blick war leer, auf keinen bestimmten Punkt gerichtet und so langsam schienen sich die anderen beiden ernsthaft Sorgen zu machen.

„Können wir rein kommen?“, fragte nun Kai, doch er wartete gar keine Antwort ab, stieß die Tür nun ganz auf und noch ehe er den ersten Schritt getan hatte, erstarrte er wieder. Seine Augen waren auf die Person gerichtet, die dort auf dem Boden lag. Er konnte es nicht glauben. „Da-das...“ Seine Stimme brach und er schlug ungläubig die Hände vor den Mund. Aoi konnte ihn nur zu gut verstehen. Er blieb aber immer noch so stehen, wollte nicht sehen, wofür er verantwortlich war.

Die anderen beiden rauschten an ihm vorbei, befreiten Reita von den Scherben und rüttelten ihn, wollten, dass er die Augen wieder aufschlägt. Aoi hätte weinen können, doch keine Träne fand den Weg über seine Wangen. Er stand einfach nur da, wie zu einer Wachsfigur erstarrt, und erst als Ruki ihn wieder ansprach, rührte er sich.

„Wa-warum hast du das zugelassen?“ Er klang verzweifelt und das spiegelte sich auch in seinem Äußeren wieder. So hatte Aoi ihn noch nie zuvor gesehen. Er hatte sich nun doch umgedreht, den Blick aber nur auf Ruki gerichtet, der nun den Tränen nahe schien und ihn vorwurfsvoll ansah. Aoi konnte gar nicht verstehen, warum er das tat. Er war doch gerade von Reita fast vergewaltigt worden, er hatte sich doch nur gewehrt! Und dennoch, es verschlug ihm die Sprache, dass er zu so etwas fähig war...

Ruki kam nun auf ihn zu, packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn. „Aoi! Verdammt, warum hast du ihn nicht davon abgehalten! Was... was... Warum hast du nicht Schluss gemacht?!“ Der Schwarzhaarige sah ihn verwirrt an. Was wollte Ruki denn von ihm? Wovon sprach er? Er verstand es nicht, öffnete nun jedoch leicht den Mund, aber kein Ton kam von seinen Lippen. Ruki beobachtete ihn genau und krallte seine Fingernägel in die Schultern des Schwarzhaarigen. Er wollte ihn schütteln, ihn schlagen, ihm zeigen, wie sehr er ihn doch hasste, jetzt wo Reita... Immerhin war er ja dafür verantwortlich! Tränen rannen seine Wangen hinab. Er konnte das nicht ertragen, wollte all seine Wut herauslassen, doch er wusste, dass Aoi nicht der Richtige dafür war.

„Wo ist er?“, fragte er mit erstickter Stimme. „Mh?“ „Verdammt, wo ist er?! Wo ist dieses Schwein?!“ Er schüttelte ihn, wollte doch nur wissen wo Uruha war, wollte sich an ihm rächen. Er hatte die Band kaputt gemacht, ihre Freundschaften zerstört... Und nun auch noch Reita...

„Wo versteckt er sich?!“

Aoi sah ihn immer noch an, mit diesem leeren Blick. Er sah, wie Ruki ausholte, spürte beinahe schon den Schmerz, den seine flache Hand gleich verursachen würde, wenn sie ihn im Gesicht traf. Doch es war ihm egal. Er hatte es ja nicht anders verdient...

„Ruki, hör auf damit!“, ertönte plötzlich Kais Stimme und wieder klang sie meilenweit entfernt. Der Schmerz blieb aus und Aoi blickte nun in die Richtung, aus der diese Stimme gekommen war, doch erkennen konnte er nichts, alles wirkte so verschwommen... Er spürte, wie die Hand des Sängers, die ihn immer noch festhielt, zitterte.

„Ruf einen Krankenwagen!“ „Was?“, hauchte der Blonde, zu mehr war er nicht fähig. „Einen Krankenwagen, schnell!“ Aoi musste schlucken. Warum sollte er einen Krankenwagen rufen? Er hatte Reita doch... oder nicht? Er schloss die Augen, und als Ruki ihn losließ, rutschte er an der Wand herunter. Er umschlang seine Beine mit den Armen und begann nun am ganzen Leib zu zittern, doch niemand kümmerte sich um ihn. Sein Blick ging ins Leere. Er hörte Geräusche; Ruki rief nun einen Krankenwagen, Kai kümmerte sich um Reita, lief in die Küche und wieder zurück, begann ihm das Blut vom Gesicht zu waschen. Als Ruki das Telefonat beendet hatte, warf er das Telefon in irgendeine Ecke, kniete sich zu Reita und begann die Scherben auszusammeln, die rund um ihn herum lagen.

Aoi lauschte ihnen, doch viel lieber wollte er allein sein. Allein... Ohne sie alle, einfach wieder in der Badewanne liegen und an nichts denken...

Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er nun plötzlich diese Stimme hörte, Uruhas Stimme. Das war bestimmt nur ein Traum... Er war vorhin nicht gekommen, um ihm zu helfen, warum sollte er jetzt, wo alles zu spät war... Warum sollte er jetzt kommen? Doch plötzlich wurde er in den Arm genommen, an diesen anderen warmen Körper gedrückt. Und nun wurde ihm bewusst, dass er das doch nicht geträumt hatte. Er war wirklich hier. Er war hier, bei ihm... Er hörte ihn wieder etwas sagen, verstand es jedoch nicht. Das war auch vollkommen unwichtig. Er war jetzt nicht mehr allein... Er begann wieder zu zittern, am ganzen Körper und Tränen rannen seine Wangen hinab.

Uruha hielt ihn fest in seinen Armen, doch sein Blick huschte über die Szene vor ihm. Reita auf dem Boden, sein Gesicht blutüberströmt. Überall Scherben. Kai und Ruki daneben. Sie kümmerten sich nur um ihn, um dieses Scheusal. Sie hatten Aoi einfach in der Ecke sitzen lassen... Er wusste nicht, was vorgefallen war, aber anscheinend hatte Aoi sich dieses Mal gewehrt. Kai und Ruki schienen noch nicht einmal Notiz von ihm genommen zu haben.

„Was ist hier passiert?“, fragte er in das scheinbare Chaos hinein und plötzlich erstarrten die anderen beiden, während Aoi noch immer zitterte und sich an ihn klammerte. Ruki drehte sich um, sah ihn mit hasserfüllten Augen an und war drauf und dran auf ihn loszugehen.

„DU!“, schrie er und zeigte mit der vor Wut bebenden Hand auf ihn. „Wie kannst du nur... so was...?“ Seine Stimme brach und er wollte sich wohl wirklich auf Uruha stürzen, doch Kai legte eine Hand auf seine Schulter und hielt ihn so zurück. „Es wäre Blödsinn, jetzt noch mehr Gewalt ins Spiel zu bringen.“, sagte er leise, doch Ruki schien das gar nicht mitzubekommen, noch immer starrte er den blonden Gitarristen aus hasserfüllten Augen an.

Kai stand nun auf. „Warum bist du hier?“ Uruha weitete die Augen, wusste nicht, was er darauf sagen sollte. War das denn nicht offensichtlich?

„Du kannst doch nicht einfach... so etwas tun und dann noch so dreist sein und dich um ihn zu kümmern, statt um Reita! Wie sehr musst du gelitten haben?! Was... was...“ Aber er sprach nicht weiter. Uruha hatte eine Hand gehoben, wie um diese Worte an sich abprallen zu lassen. „Moment mal...“, sagte er leise. „Was habe ich getan?“ Er war sichtlich verwirrt und vor allem wütend, weil keiner zu erkennen schien, was hier wirklich vor sich ging, doch er wollte sich beherrschen.

Kai schien ob dieser Frage die Kontrolle über seine Mimik zu verlieren, doch nur für einen Moment. Als er sich wieder gefangen hatte, deutete er mit dem Finger auf Reita, der immer noch auf dem Boden lag und sich nicht rührte. „Das!“ Uruhas Blick huschte kurz zu dem Blond- Schwarzhaarigen und er hob eine Braue. „Falls du es nicht mitbekommen hast, ich bin eben erst gekommen... Wann soll ich das denn deiner Meinung nach getan haben?!“

Kais Mund öffnete sich, doch ebenso schnell schloss er sich auch wieder. „Du... du warst nicht...?“ Uruha schüttelte vehement den Kopf und drückte den Schwarzhaarigen noch etwas fester an sich.

„A-aber... wie... was...“ Kai schien überhaupt nichts mehr zu verstehen. Sein Blick blieb kurz an Aoi haften, wanderte dann zu der Stelle, wo Reita lag und wieder zurück zu Uruha. So langsam schien er zu begreifen. „Aoi?“, hauchte er leise und seine Unterlippe zitterte leicht, ebenso wie seine Hände. Uruha sagte nichts, denn schließlich war es doch offensichtlich, dass der Schwarzhaarige das getan haben musste. Wieder blickte Kai zu dem Bassisten und mit einem Mal lag in seinem Blick nichts anderes als Verachtung. Ruki bemerkte dies und sah ihn fragend an. „Kai, was...“, doch der Brünette antwortete nicht.

„Kai scheint grade begriffen zu haben, dass nicht ich es war, der grob zu Aoi war...“

Nun wanderte auch Rukis Blick zwischen ihnen hin und her, doch er sah immer noch genauso verständnislos drein wie vorher. Uruha seufzte. „Reita hat euch ganz schön was vorgespielt...“, sagte er nun mit leiser Stimme. „Er ist der Grund dafür, warum wir neulich nicht zur Probe erschienen sind.“ Ruki schien immer noch nicht zu verstehen, und Uruha war es leid. Sie hatten das alles mit angesehen und taten jetzt so, als hätten er ihnen ein furchtbares Geheimnis offenbart, dabei war es doch so offensichtlich gewesen. „Reita hat versucht Aoi zu vergewaltigen. Mehrmals. Und ihr wolltet noch, dass ich ihn verlasse. Wäre ich nicht immer noch rechtzeitig gekommen, wäre es ihm wohl gelungen! Und ihr nehmt ihn noch in Schutz...“ Uruha wandte den Blick ab. So enttäuscht wie jetzt war er noch nie gewesen, vor allem da keiner der beiden jetzt etwas dazu sagte. Sie hatten ihn verdächtigt, Aoi zu misshandeln, sie hatten sich von Reita um den Finger wickeln lassen, waren seine Marionetten gewesen, und nun wussten sie nicht, was sie tun sollten, standen einfach nur da, und starrten ihn an, scheinbar immer noch an seinen Worten zweifelnd.

Ein Schluchzen war zu hören, und Uruha wandte den Blick endgültig von ihnen ab. Aoi war jetzt viel wichtiger. Es war egal, was mit den anderen dreien war, Hauptsache Aoi ging es gut. Aber daran zweifelte er gerade ziemlich, also zog er ihn nun noch fester in seine Arme und strich beruhigend über seinen Rücken. Er weitete die Augen. Erst jetzt bemerkte er, dass sein Shirt vollkommen zerrissen war. Er schluckte schwer, wollte ihn jetzt aber nicht danach fragen, was genau passiert war. Entweder er würde es ihm von selbst erzählen oder eben nicht. Er wusste ja, was Reita wieder vorgehabt hatte. Und es war offensichtlich, dass Aoi sich gewehrt hatte. Diesmal schien es ihm endgültig gereicht zu haben. Nicht umsonst hatte er dem Blond- Schwarzhaarigen eine Vase über den Schädel gezogen...

Uruha wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Ruki zu ihnen rangerutscht war und nun vorsichtig eine Hand auf seine Schulter legte. Uruha blickte ihn an, bereit seine Verteidigungen im Keim zu ersticken, doch als er seinen Blick sah, stockte er.

„Es tut mir leid...“, flüsterte der blonde Sänger nur mit erstickter Stimme und biss sich dann auf die Unterlippe. Sein Blick huschte zu Kai. Endlich schienen sie begriffen zu haben, was für ein Spiel in den vergangenen Wochen gespielt worden war. Und dass ihnen jetzt leid tat, was alles geschehen war, bedeutete ihm sehr viel.

Epilog

Sichtlich genervt schloss Uruha die Tür auf und trat dann mit einem deutlich besser gelauntem Aoi in seine Wohnung ein. Sie waren den ganzen Tag unterwegs gewesen. Erst hatten sie sich mit Kai und Ruki in der PS Company getroffen um darüber zu sprechen, wie es mit der Band weiter geht und dann hatte Aoi doch tatsächlich noch darauf bestanden, Reita im Krankenhaus zu besuchen. Uruha konnte das überhaupt nicht verstehen, nach allem was der Schwarzhaarige hatte erleiden müssen. Doch wenn er diesen Hundeblick aufsetzte, konnte er einfach nicht widerstehen. Und trotz allem, waren sie ja auch mal Freunde gewesen...

Aber er war doch recht erleichtert gewesen, dass Reita geschlafen oder zumindest so getan hatte. Er hätte nicht gewusst, was er getan hätte, wenn der Blond- Schwarzhaarige wach gewesen wäre und womöglich wieder irgendwelche Sprüche losgelassen hätte. Aber so weit war es ja zum Glück nicht gekommen. Er wusste nicht, ob Aoi ihn noch einmal besuchen wollte, doch wenn es so sein sollte, würde er bestimmt wieder mitgehen, obwohl er sich weitaus bessere Dinge vorstellen konnte, als ihm zu begegnen. Doch warum sollte der Schwarzhaarige darauf bestehen? Uruha sah dafür keinen Grund, schließlich waren sie keine Freunde mehr, und er war auch die längste zeit Bassist in der band gewesen. Diesen Platz würde in Zukunft jemand anders einnehmen...

Es war schon ziemlich spät und er war müde, ging also sofort ins Schlafzimmer und ließ sich rücklings aufs Bett fallen. Er hatte seine Augen geschlossen, hörte aber, dass Aoi wenig später das Zimmer betrat und es wunderte ihn nicht, dass dieser sich auch sofort auf seinem Schoß niederließ und über ihn beugte, um ihn sanft zu küssen.

Uruha erwiderte den Kuss, öffnete danach seine Augen und sah lächelnd zu ihm empor.

„Ich bin ganz froh darüber, dass wir die Band nicht auflösen mussten...“, meinte er leise und streckte sich etwas. „Ich hätte nämlich nicht gewusst, was ich sonst hätte machen sollen... Jahrelang nur Gitarre gespielt... Ich glaub was anderes kann ich gar nicht mehr...“ Er lachte leise, spürte dann aber wieder diese sanften Lippen auf den eigenen. Seine Mundwinkel bogen sich leicht nach oben, als er den Kuss erwiderte und nun die Hände über den Rücken des Schwarzhaarigen wandern ließ.

„Ich wüsste da schon was...“, hauchte Aoi gegen seine Lippen und strich dann sanft mit der Zunge darüber. „Du hast nämlich noch einige andere Qualitäten...“ Seine Hände strichen den Oberkörper des Blonden hinab und schlüpften dann auch schon unter sein Shirt. Aoi war so sanft, und er war schon so lange nicht mehr so berührt worden, dass er schon jetzt leise aufkeuchte. Nun bogen sich die Mundwinkel des Schwarzhaarigen nach oben. „Aber es wäre schade, wenn alle anderen davon erfahren würden...“

Uruha hob eine Braue, kam jedoch nicht dazu, etwas zu erwidern, da er schon wieder geküsst wurde, diesmal jedoch bei weitem nicht so sanft und zurückhaltend wie noch zuvor. Und wieder musste er aufkeuchen, während Aoi nun langsam sein Shirt hochschob und mit hauchzarten Berührungen seine Brustwarzen zu härten begann.

Abrupt löste er den Kuss und entledigte Uruha ohne weitere Umschweige seines Shirts, nur um sich danach an ihn zu pressen, die heißen Lippen auf seinen Hals zu legen und sanft daran zu saugen zu beginnen. Seine Hände wanderten nun scheinbar ziellos über seinen Oberkörper und entlockten ihm so wieder diese süßlichen Laute.

Uruha schloss die Augen, ließ das alles mit sich machen und genoss es sichtlich, auch wenn er sich denken konnte, was genau Aoi vorhatte. Doch es störte ihn nicht. Wenn er ehrlich war, reizte es ihn schon, den anderen mal wieder so zu spüren. Das würde er aber natürlich nicht zugeben, zumindest jetzt noch nicht...

„Sei froh, dass wir noch die Band haben...“, hörte er nun wieder Aois leise Stimme, während sich dessen Hände langsam ihren Weg zu seiner Körpermitte bahnten und, dort angekommen, an seiner Hose zu nesteln begannen. „Sonst wärst du nämlich mein persönlicher Sexsklave... Und müsstest Tag und Nacht herhalten...“ Bei diesen Worten jagte ein heißer Schauer über den Rücken des Blonden und er konnte nicht anders als den Rücken durchzubiegen und sich jeder noch so kleinen Berührung entgegenzulehnen.

Allein die Tatsache, dass Uruha jetzt so reagierte, brachte das Blut des Schwarzhaarigen zum Kochen. Wie sehr er genau das doch vermisst hatte... Es war so ein atemberaubendes Gefühl gewesen, den Blonden um sich zu spüren, wie er sich bei jeder noch so kleinen Bewegung mehr um ihn zusammenzog, ihn aber dennoch immer mehr in sich aufnahm nur um noch mehr von dieser süßen Pein zu fordern. Oh ja, er wollte mehr davon... In den letzten Wochen war einfach zu viel passiert, aber jetzt... Jetzt war alles wieder in Ordnung. Und Uruha würde sich da nicht rausreden können. Außerdem sah er doch, dass er es auch wollte...

Auch wenn seine Hände angefangen hatten vor Erregung zu zittern, hatte er die Hose des Blonden nun aufbekommen und schob sie ihm ein kleines Stückchen runter, um noch mehr von dieser sahneweißen Haut zu entblößen, nach der er sich so sehr verzehrte.

„Oder gefällt dir diese Vorstellung?“, raunte er nun so nahe an seinem Ohr, dass seine Lippen es mit jeder Silbe berührten und ihm jedes Mal wieder ein angenehmer Schauer über den Rücken jagte. „Es würde dir doch gefallen, oder? Immer und immer wieder von mir genommen zu werden., bis du nicht mehr kannst... und vor Erschöpfung beinahe zusammenbrichst...“

Uruha weitete die Augen, packte den Schwarzhaarigen an den Schultern und stieß ihn von sich. Aoi schien erschrocken, wusste nicht, was jetzt mit einem Mal los war, warum er ihn nicht hatte weitermachen lassen... Doch der Blonde hielt ihn weiter an den Schultern fest und ein Lächeln umspielte seine Lippen. Ein Lächeln, das Aoi noch mehr verwunderte.

„Ich wusste ja gar nicht, dass du so dreckig reden kannst...“, hörte er ihn nun mit vor Lust bebender Stimme sagen. „Ich bin wirklich überrascht...“, fügte er hinzu, wurde jedoch immer leiser und nun bildete sich auch wieder auf Aois Lippen ein Lächeln.

„So?“ Er beugte sich wieder zu ihm runter. „Weißt du... es gibt noch so einiges, was dich überraschen wird...“, raunte er nun gegen seine Lippen und verschloss sie mit einem leidenschaftlichen Kuss. Uruha erwiderte diesen natürlich, wie hätte er auch anders gekonnt! Er wusste zwar nicht, womit er ihn noch überraschen wollte, doch er war sehr gespannt darauf. Und sicherlich würde er ihm nicht ein einziges Mal widerstehen können.

Uruhas Hand wanderte in seinen Nacken und zog ihn noch etwas näher, um den Kuss noch heißer gestalten zu können, doch zu Aois Verwunderung, überließ er ihm die Führung. Dass er sich ihm jetzt so einfach unterordnen würde, hätte er nicht gedacht, doch es löste ein kribbelndes Gefühl in ihm aus. Es zeigte ihm, dass er ihm vertraute und er ihm sehr viel bedeutete, auch wenn er es ihm bisher noch nicht so oft gesagt hatte. Doch als hätte er seine Gedanken gelesen, löste er den Kuss wieder, hielt ihn jedoch ganz nahe an seinen Lippen und hauchte ein „Ich liebe dich!“, das Aoi sich kurz verspannen ließ. Schon im nächsten Moment lächelte er aber wieder.

„Aber so wie es aussieht, wirst du mich auch noch so einige Male überraschen...“, flüsterte er nahe an seinen Lippen, ließ eine Hand nun in Uruhas Shorts wandern und begann ihn dort zu massieren. Der Blonde hatte damit nicht gerechnet, sog in einem harschen Atemzug die Luft ein, doch schon wurden seine Lippen wieder verschlossen und seine Zunge in ein leidenschaftliches Spiel verwickelt. Alle Gedanken wurden aus seinem Kopf gefegt, seine Sinne benebelt und er hatte schon längst vergessen, was Aoi eben alles zu ihm gesagt hatte. Er wusste nur noch, dass er ihn jetzt wollte. Und die Tatsache, dass der Ältere genau wusste, was er wollte, und es ihm jetzt auch geben würde, ließ sein Herz schneller schlagen als je zuvor und einen heißen Schauer nach dem anderen über seinen Rücken laufen.



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Von: abgemeldet
2009-07-03T09:38:55+00:00 03.07.2009 11:38
>_<
Also eigentlich habe ich die ff ja schon gestern zu Ende gelesen, hätte ich aber dann sofort ein Kommentar dazu geschrieben würde er sich wohl nur auf Wort wie: süß, toll und so weiter beschränken :-)
Da war ich einfach viel zu aufgedreht um was normales zu schreiben...deswegen mach das jetzt :-)

Ich fand die ff wirklich toll, vielleicht sogar die beste die ich über gazette überhaupt gelesen hab, ich finde da ist es immer sehr schwer zu entscheiden, was nun die beste ist/war, denn jede Geschichte ist für sich einzigartig.

Nicht nur die Story war einfach nur wundervoll und total interessant...was mich wirklich beindruckt hat, waren die Chraktere.
Sie waren einfach nur so lebendig! Man hatte wirkllich das Gefühl, dass du dich für eine längere Zeit mit ihnen beschäftigt hast, ihre Persöhnlichkeit geformt hast...bevor du die einzelnen Kapiis geschrieben hast :-)
Man konnte einfach nur total mitfühlen und ich gebe zu, dass ich öfters fast schon geweint hab...was bei mir eigebtlich eher selten vorkommt >_<
Dein Schreibstil ist einfach nur klasse...man wollte immer mehr und mehr lesen :-)

Einfach nur toll :-)
Du hast wirklichlich talent!
Ich hoffe, dass noch vieeeeele andere ffs von dir kommen...und solange les ich mir die restlichen durch >_<

tschuuuuu




Von: Aoifreak
2009-07-02T21:12:05+00:00 02.07.2009 23:12
Was für eine supertolle FanFiction*freuz*
Ich finde die Story reißt einen echt mit und du hast es echt drauf, einen dazu zu bringen Reita zu hassen*grins*, aber der Gute hat es ja überlebt und vielleicht hat der Schlag auf den Hinterkopf ja mal was gebracht:P
Auf jeden Fall konnte ich nicht mit dem Lesen aufhören, bevor ich nicht das Ende kannte.
Vielen Dank für diese tolle Story, ich werde gleich mal ein paar andere Geschichten von dir lesen*weiterwusel*...
Ganz liebe Grüße
das Aoifreak^^
Von:  Kanoe
2009-04-16T06:41:29+00:00 16.04.2009 08:41
einfach schön
aber ich wüsste immer noch gerne was aus reita so geworden ist
Von:  sara-makoto
2009-04-09T09:39:40+00:00 09.04.2009 11:39
holy wow
*smile*
auch wenn diese Geschichte eines deiner 'frühen Werke' ist: sie gefällt mir!
Allerdings hab ich ein kleines Problem damit, wenn Reita als so ein Fiesling dargestellt wird ;___;
Ich lieb die Jungs halt alle - hätte mir daher gewünscht, du hättest irgendeinen fiesen, ekligen Otaku-Stalker erfunden, der diese Rolle übernimmt ...
Aber - na ja ...
Prima finde ich, dass du einen abwechslungsreichen Schreibstil hast, einen recht großen aktiven Wortschatz, nicht zu viele Fehler einbaust, und die Spannung immer wieder sinken und ansteigen läßt
Es macht Spaß, deine Geschichten zu lesen!
Mata ne
sara-makoto
Von: abgemeldet
2008-08-06T08:59:45+00:00 06.08.2008 10:59
reita du aaaaarsch T.T
und jetz ist er auch noch weg ;.;
ich hoffe für dich dass er in deinen anderen ffs nicht so ein arschloch ist XD
*schon in favo drin hab*
Von:  FinalCall
2008-06-23T22:46:24+00:00 24.06.2008 00:46
Wouh... x_X
Das geht ja shon gut los hier XDDD
Aww~ Q_Q
*gespannt desu* XD
Manman ._. was lässt der sich auch auf so jemanden ein? >D
Aoi is nish böse, nein |3
Aww... ;_;
*morgen bzw. heute weiter les*
...
Moi Augen tun shon weh eh x__X;
Toler Prolog!! XDDD
Von: abgemeldet
2008-06-07T16:49:41+00:00 07.06.2008 18:49
Maaaaaaaaaaaaaann is Rei hier ein Arsch >///<
*ihn tret*
Und Aoi geht ihn noch besuchen, er is so niedlich.
Ich find ja, dass man in der FF Uru udn Aoi nicht trennen kann, das wäre fürchterlich. Und ich bin froh, dass Kai und Ruki noch bemerkt haben, was wirklich los war...
*erleichtert seufz*
Naja, tolle FF auf alle Fälle und weiter so^^
*flausch*
Von:  Arisa-Yuu
2008-05-03T11:31:30+00:00 03.05.2008 13:31
Gazetto sei dank ist jetzt alles wieder in ordnung^^
aber eine band ohne Reita...das kann ich mir gar nicht vorstellen, da fehlt doch was ohne den Bassisten
auch wenn ein ziemliches arschloch in der ff war
*ihn böse anguck*
aber Uru und Aoi sind wieder glücklich und das ist die hauptsache
*freu*

LG
DeadButterfly
Von:  Armaterasu
2008-04-16T17:54:13+00:00 16.04.2008 19:54
so, nun hab ich endlich mal alles gelesen und ich muss sagen, dass das eine sehr schöne Story ist, acuh wenn ich auf Reita einen totalen hass habe... und den hab ich immer noch... *lach* super schreibstil (aber ich bin von dir ja nichts anderes gewohnt) und super idee^^
Von:  Armaterasu
2008-04-15T21:17:36+00:00 15.04.2008 23:17
so, bis hier bin ich schon gekommen!!! ich finde es klasse, aber kai und ruki... wie können sie sowas fordern?! das geht doch nicht und reita... so ein arschloch (sorry, für den ausdruck... aber das ist er). ich bin gespannt wie es weiter geht und das werde ich morgen erfahren, wenn ich weiter lese^^


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