dpa-Meldung zu Gewalt in Comics
Köln (dpa) - Triumphierend hält Lars ein Comic-Heft in der Hand, um das ihn Millionen Fans der Kino-Saga «Star Wars» beneiden würden. Zwölf Tage, bevor der neue Film am 16. Mai in die deutschen Lichtspielhäuser kommt, war die virtuos gezeichnete Ausgabe des «Angriffs der Klonkrieger» auf der 51. Internationalen Kölner Comic- und Romanmesse Intercomic in Köln ein Publikumsrenner.
Dort zeigten rund 500 Aussteller etwa eine Million Hefte, Bücher, Sammelkarten und Zeichnungen. Comic-Experten betonten nach dem Amoklauf von Erfurt, der Anteil von Gewalt und Pornografie in den Heften sei zwar beachtlich, jedoch auf keinen Fall vergleichbar mit den Darstellungen in Videos und Fernsehfilmen.
«Das Auffallende an den Comics der 90er Jahre ist eine Zunahme von Aggressivität und Gewalt. Und diese Gewalt wird mit einer Selbstverständlichkeit vorgeführt, die verblüfft», sagt Prof. Hartmut Engelmann von der Fachhochschule Holzminden/Hildesheim/Göttingen. Der Sozialpädagoge hat den Inhalt des beliebten Comics «Witchblade» untersucht.
In der Serie bekämpft eine New Yorker Polizistin mit magischen Zauberkräften das Böse und fasziniert gleichermaßen weibliche und männliche Leser zwischen 10 und 16 Jahren. Normalerweise sind Comics eine reine Männerdomäne. Bei seiner Analyse kam der Wissenschaftler zu dem Schluss, dass junge Leser besonders die «verrätselte Mixtur» aus Sex, Gewalt, Fantasy und Science-Fiction anziehe.
Comics könnten jedoch nicht auf eine Stufe mit brutalen Video- Spielen gestellt werden. Die gezeichneten Bilder faszinierten durch Zeichenkunst und eine verwinkelte Handlung, in Computer-Spielen könnten Kinder dagegen zu «virtuellen Killern» werden.
«Gespräche, die mit männlichen Comic-Lesern im Alter von 12 Jahren geführt wurden, zeigen aber, dass zwischen der zeichnerisch dargestellten Gewalt und der real dargestellten Gewalt in Filmen und Videos deutlich unterschieden wird», erklärt der Medienwirkungsforscher.
Obwohl Jugendliche demnach in Comics ohne Probleme die Trennlinie zwischen Fiktion und Realität erkennen, unterbinden Jugendschützer in Einzelfällen besonders drastische Gewalt-Darstellungen. Dabei gehe es zumeist um japanische Manga-Comics (wörtlich übersetzt: «spontanes Bild»). «Was da an Pornografie und Gewalt vorkommt, ist ganz schön heftig», berichtet Wilfried Schneider von der Bonner Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS). Im vergangenen Jahr seien 21 Comics auf Antrag der Jugendämter kritisch begutachtet worden. «8 davon wurden indiziert. Sie dürfen dann nicht mehr offen im Regal stehen, Erwachsene erhalten sie aber auf Nachfrage.»
Von den Tausenden, im Einzelhandel erhältlichen Comics landet allerdings nur ein Bruchteil auf dem Schreibtisch der Bonner Behörde. Das Gros der Comic-Produzenten bedient zwar die Leserwünsche nach Erotik und Gewalt, hält sich aber an gewisse Grenzen. Und Kult-Serien wie «Star Wars» werden in der Branche gerne kreativ verunglimpft. In diesem Sinne bejubelt das Satire-Magazin MAD in seiner jüngsten Ausgabe den «Angriff der Klokrieger».
© dpa - Meldung vom 06.05.2002 10:12 Uhr
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