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Newsmeldung von animexx

Thread-InfosVeröffentlicht: 15.06.2003, 03:01
Quelle: www.choices.de/www.biograph-online.de


News von  animexx
15.06.2003 03:01
Zwei Chihiro-Filmkritiken
Newsmeldung von  animexx auf Animexx.de
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Donnerstag den 19. Juni, am Feiertag Fronleichnam, startet "Chihiros Reise ins Zauberland" endlich in den Kinos in Deutschland und Österreich. Seit Anfang des Monats finden sich deswegen in vielen Zeitschriften Kino-Kritiken zu diesem Film. Im Anhang finden sich zwei Besprechungen von "Chihiros Reise", die zu entgegengesetzten Urteilen kommen.
Die erste Kritik, geschrieben von Frank Brenner von "choices", dem Kino- und Kultur-Magazin von Köln, lobt "Chihiros Reise" als ein "sehr fantasievoller japanischer Zeichentrickfilm" und zieht das Fazit: "So entstand ein Werk, das in seinen Verweisen auf den Alltag den Kindern im Publikum Identifikationsmöglichkeiten bietet und zudem einen visuellen Einfallsreichtum offenbart, der auch die Ansprüche der Erwachsenen befriedigen kann".
Im Gegensatz dazu bezeichnet die von Blickpunkt: Film übernommene Kritik des "Biograph", dem Düsseldorfer Pendant zu "choices", Miyazakis Film als "mäanderndes Märchen", das "infantile Einfälle einfach nur beliebig aneinanderreiht" und die Auszeichnung des "Goldenen Bären" nicht verdient habe.
Beide Kritiken kann man im Anhang vollständig lesen.
"choices" aus Köln, Juli, 2003, Seite 24:
http://www.choices.de/kritik.php?id=116929
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Chihiros Reise ins Zauberland

Japan 2001 125 Min.
Originaltitel: Spirited Away
Regie: Hayao Miyazaki
Buch: Hayao Miyazaki
Ausstattung: Yoji Takeshige, Norobu Yoshida
Musik: Joe Hisaishi


Das Mädchen Chihiro gerät durch einen Zufall in ein Zauberland, in dem ihre Eltern in Schweine verwandelt werden und eine ihrer zahlreichen Aufgaben darin besteht, dies wieder rückgängig zu machen, bevor diese zu Würsten verarbeitet werden.

Ein sehr fantasievoller japanischer Zeichentrickfilm. Das neueste Werk des japanischen Animationsaltmeisters Hayao Miyazaki ("Prinzessin Mononoke") ist bereits mit unzähligen Preisen überhäuft worden, u.a. mit dem Goldenen Bären der Berlinale (was für einen Zeichentrickfilm ungewöhnlich ist) und mit dem Oscar für den besten langen Animationsfilm (damit hat er Publikumslieblinge wie "Ice Age" und "Lilo & Stitch" auf die Plätze verwiesen). Und in der Tat ist der Film ein aus allen Nähten platzendes Sammelbecken der Ideen und ungewöhnlichen Einfälle, das mit seinem Reichtum an Fantasie auch locker für zwei oder gar drei Filme Stoff hätte liefern können.

Miyazakis Märchen verströmt in jeder Minute den Geist der asiatischen Mythologie und grenzt sich deswegen schon rein optisch von amerikanischen Zeichentrickfilmen ab. Die Originalität der zahlreichen Figuren erinnert an Meisterwerke wie Michael Endes "Unendliche Geschichte", obwohl diese hier durchweg in der Tradition fernöstlicher Spiritualität stehen und manches auf den europäischen Betrachter befremdlich wirken dürfte. Sowohl der schleimende Faulgott als auch das Ohngesicht, das in einer Szene aus allen Körperöffnungen eine braune Pampe absondert, dürften nicht nur Moralapostel irritiert zurücklassen. Aber gerade das macht einen großen Reiz dieses ungewöhnlichen Animes aus, das durchweg ausgezeichnete Unterhaltung bietet und die Lorbeeren, mit denen es bedacht wurde, durchaus verdient hat. Miyazaki schafft es nämlich darüberhinaus, die traditionelle Mythologie des Stoffes mit zeitlosen Wertvorstellungen zu kombinieren. Das Ohngesicht steht dabei symbolisch für den materiellen Reichtum, den alle anstreben, mit dem man sich aber auch die Finger schmutzig machen kann.

So entstand ein Werk, das in seinen Verweisen auf den Alltag den Kindern im Publikum Identifikationsmöglichkeiten bietet und zudem einen visuellen Einfallsreichtum offenbart, der auch die Ansprüche der Erwachsenen befriedigen kann. (Frank Brenner, choices)
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"Biograph" aus Düsseldorf
http://www.biograph-online.de/kritik.php?id=116929
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Chihiros Reise ins Zauberland

Japan 2001 125 Min.
Originaltitel: Spirited Away
Regie: Hayao Miyazaki
Buch: Hayao Miyazaki
Ausstattung: Yoji Takeshige, Norobu Yoshida
Musik: Joe Hisaishi

Seine Sonderstellung im Pantheon des Animés unterstreicht Hayao Miyazaki, der japanische Walt Disney, auch mit seinem jüngsten Film, "Spirited Away", der mit den technoiden Zukunftsutopien anderer Mangameister ebenso wenig zu tun hat wie mit dem eigenen vorangegangenem Zeichentrickhit, der extrem gewalttätigen Mythenschlachtplatte "Prinzessin Mononoke" (der auf der Berlinale 1998 im Wettbewerb außer Konkurrenz vorgestellt worden war).

Dass diese ebenso fantasievolle wie familiengerechte Reise eines kleines Mädchens in die Götterwelt in ihrem Heimatland mit einem Einspiel von etwa 230 Mio. Dollar zum erfolgreichsten japanischen Film aller Zeiten avancierte, verwundert nicht. Warum man diese Antwort auf "Alice im Wunderland" allerdings mit einem Goldenen Bären auszeichnen musste, gibt ähnlich viele Rätsel auf wie der etwas wahllos fabulierende Film selbst. Tatsächlich wäre ein Sonderpreis, etwa für die technische Leistung oder künstlerische Vision, allemal genug gewesen, um Miyazakis Fiebertraum mit brachial angetackerter Umweltbotschaft ausreichend zu würdigen. Der beste Film im Angebot der Berlinale 2002 war "Spirited Away" jedenfalls nicht (was sich mit Nachdruck auch über den bereits im britischen Fernsehen ausgestrahlten "Bloody Sunday" sagen lässt).

Das soll allerdings weder die künstlerischen Meriten noch die Unterhaltungsqualitäten dieses Kinderfilms schmälern, aber zu oft reiht Miyazaki seine bisweilen auch etwas infantilen Einfälle einfach nur beliebig aneinander, als dass man von einem Meisterwerk (wie es "Prinzessin Mononoke" war) sprechen könnte. So erlebt man nach dem denkbar normalsten Intro eines Zeichentrickfilms aller Zeiten, in dem die Zeichner das Auto des Vaters der kleinen Heldin Chihiro beim Linksabbiegen an einer Kreuzung sogar den Gegenverkehr abwarten lassen (wozu die Mühe?), wie sich die Eltern nach dem Durchqueren eines verbotenen Tunnels in Schweine verwandeln und Chihiro, auf sich allein gestellt, ihren Weg weiter gehen muss. In einem großen Erholungsbad für müde Gottheiten und Dämonen trifft sie unter anderem auf mehrarmige Maschinisten, einen Stinkgott (Sinnbild für die Verschmutzung der Flüsse), wuselnde schwarze Flumibäusche, eine schrille Hexe und ihr bizarres Monsterbaby, das später in die niedlichste rosa Ratte der Filmgeschichte verzaubert wird, einen gesichtslosen Dämon namens Noface, der vermutlich die Versuchung des Menschen darstellen soll, und einen Jungen, der sich in einen Drachen verwandeln kann, aber tatsächlich ein Fluss ist.

So weit, so gut. Das hält man, je nach Disposition, für einen Triumph unendlicher Fantasie über die Erzählkonvention oder einfach nur für absurden Quatsch, die unfokussierte, megalomanische Grille eines Altmeisters, der übers Ziel hinausschießt. Besonders zwingend ist das Ganze jedenfalls trotz der stets hervorragenden Umsetzung (selten sah klassische Folienanimation so hinreißend aus) und manch erquicklicher Szenen nicht unbedingt. Vielleicht bedarf es aber auch einfach nur eines gewissen Hintergrundwissen über japanische Mythen und Gottheiten, um den Reiz dieses mäandernden Märchens in seiner Komplettheit zu begreifen.
(BLICKPUNKT: FILM)
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