Golden Sunrise von TakeoJordan ================================================================================ Episode 1 - Tobys Pech ---------------------- Golden Sunrise Jahreszeit 1 - Sommer der Begegnungen Episode 1 - Tobys Pech Die Goldene Sonne brannte ohne Gnade vom Himmel - und zwar schon den ganzen Tag. Toby saß unruhig auf seinem Stuhl und schwitzte. Die Lehrerin redete von Kunstgeschichte, was ihn unglaublich wenig interessierte. Er dachte an dies, er dachte an das, Hauptsache es war aufregender als der unnötige Kram, von dem sie erzählte. Kunst war sein schlechtestes Fach. Aber erst, seit er vor einigen Monaten neu auf die höhere Schule gekommen war. Seine Fähigkeiten waren seitdem verschwunden, es wollte ihm nichts mehr gelingen. Die unfairen Bewertungen der Lehrerin taten ihr Übriges. Doch das war bei Weitem noch nicht das Schlimmste, was ihm in der Zeit an der neuen Schule passiert war. Toby freute sich schon auf das Ende der Stunde, denn dies war die Letzte und er würde danach endlich frei haben. Auf einmal blendete ihn ein besonders greller Goldener Sonnenstrahl und riss Toby aus seinen Tagträumen. Dabei verlor er aus Heiterem Himmel den Halt auf seinem Stuhl... Der Teenager kippte mitsamt dem Sitz nach Hinten um. Mit einem hässlichen Geräusch schlug die Lehne auf dem Boden auf. BANG. Toby hatte das nicht zum ersten Mal erlebt und wusste schon, was er tun musste, damit es nicht so weh tat. Aber alle Schmerzen konnte man eben doch nicht verhindern. Die anderen lachten und seine Kunstlehrerin faselte irgendetwas davon, dass er aufmerksamer sein sollte, wobei sie das Wort "Aufmerksam" mindestens 20 mal wiederholte. Wieder ein peinlicher Unfall, den er sich beim besten Willen nicht erklären konnte. Beim ersten Mal, als er den Abgang vom Stuhl gemacht hatte, mochte er noch gewippt haben. Spätestens beim zweiten Mal hatte er es besser gewusst und war einfach still gesessen. Es passierte ihm trotzdem ständig wieder - und nicht nur das. Es war ein unsagbares Pech, das angefangen hatte, seit er auf den Campus gekommen war. Nach der letzten Stunde hatte Toby jeden Tag eine Menge zu tun. Eigentlich. Toby schlenderte stattdessen verträumt zum Sportplatz und übersah dabei ein Loch, das wohl gerade für einen neuen Baum gegraben wurde. Er stolperte und fiel der Länge nach auf die Schnauze. Wenigstens war die Erde trocken und niemand hatte ihn gesehen. Auch das war ihm nicht zum ersten Mal passiert. Als er ankam, war das Vorzeigeteam der Schule schon auf dem Platz: die Cheerleader. Bei den Cheerleadern gab es da so Eine... Sie sah wahnsinnig gut aus und führte die Cheerleader an. Sie gehörte damit zu den Top 10 Mädchen der Schule. Für Toby war es keine Frage, ob sie jene Top 10 anführte. Trotzdem kannte er ihren Namen nicht. Sie hatte ihn wahrscheinlich noch nie bemerkt. Wie auch? Aber er war entschlossen, das Heute zu ändern... Toby setzte sich in die Mitte der linken Tribüne neben dem Platz. Schnell waren die jeweils 8 Stufen beider Tribünen mit nur wenigen Lücken dazwischen bis oben hin gefüllt. Toby schreckte hoch, als unvermittelt laute Musik aus Lautsprecherboxen hinten an den Tribünen drang. Auf jeden Beat reagierten die Cheerleadern mit einer akrobatischen Meisterleistung. Er hatte ganz vergessen, dass heute das erste "Full Out" stattfand! Dabei würden sie ihre gesamte Choreographie ein Mal von Anfang bis Ende proben. Seine Angebetete flog durch die Luft, legte Flik-Flags hin und stellte sich in die Pyramide, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Nach dem finalen Sprung sah sie ins Publikum und winkte Toby zu. Ihre Blicke trafen sich einen kurzen Moment, aber vielleicht nicht ganz so kurz wie bei einem flüchtigen Blick. Das geschah jedes Mal, wenn er sich beim Training unter die Zuschauer mischte. Wahrscheinlich winkte sie nur in die Menge und Toby interpretierte zu viel hinein. Deshalb war er schlicht der Meinung, sie hatte ihn bestimmt noch nie bemerkt. Natürlich nicht. Ein unbeschreiblich motivierendes Gefühl gab es ihm trotzdem. Für diese Zeit am Tag war all das Pech weit weg. Wirklich. Nach der Vorstellung verließen Viele den Campus, um nach Hause zu gehen. Toby dagegen wohnte hier und durfte das Gelände Abends nicht mehr verlassen. So langsam aber sicher ging die Goldene Sonne unter und Toby hatte immer noch keine Anstalten gemacht, das Mädchen einfach mal anzuquatschen. Ihm fiel auch auf, dass er keine seiner Hausaufgaben erledigt hatte. Mal wieder ein Tag wie so viele andere... Toby stand auf und stieg von der Tribüne. "Na Toby, wie geht es uns denn heute so?" hörte er plötzlich eine hohe Jungenstimme. "Hm, was?" drehte er sich nach hinten um, von wo die Stimme gekommen sein musste. Da stand ein kurzer Typ mit Wollmütze in der prallen Goldenen Sonne. Er näherte sich mit seiner Nase Tobys Gesicht. Der wich instinktiv zurück. Dabei erkannte Toby Rechts und Links neben ihm je einen weiteren Kerl, die auf Anhieb so wirkten, als würden sie dazugehören. Das waren die 3 Freaks von der "Hopper" - Gang. Toby hasste die Typen. Er wusste, dass er wenig Chancen gegen sie hatte, also verschwand er immer unauffällig in der Menge, wenn die Kerle auftauchten. Das Mädchen lief ausgerechnet jetzt an der Szene vorbei... Dabei hatte er sich doch vorgenommen, das Mädchen HEUTE auf sich aufmerksam zu machen. Aufmerksam. Dieses Wort schon wieder. Egal, was sollte er jetzt tun? Weglaufen und die Chance verpatzen, vielleicht mal im Rampenlicht zu stehen und von dem Mädchen gesehen werden, oder sich auf eine Prügelei mit den Typen einlassen, was aber schief gehen könnte. Er entschied sich dann für das Verduften, weil die Chancen auf einen Sieg ziemlich schlecht standen. Aber es sollte zu spät sein, denn in genau dem Augenblick, in dem er sich aus dem Staub machen wollte, hielt ihn der Stärkste der 3 Jungen fest. "Also Pechvogel, wie geht es dir jetzt heute so?" wollte Kazu, der Boss mit der Mütze, noch einmal wissen. Man sollte hier sagen, dass Tobys Missgeschicke sich längst herumgesprochen hatten. Seit dort zogen die Hopper ihn damit auf. Und nicht nur sie. "Du willst bei diesem Mädchen ankommen, hab ich nicht recht?" stellte Kazu laut fest. Zu allem Überfluss zeigte er auch noch deutlich auf Tobys Angebetete. Glück im Unglück - sie hatte das gerade weder gehört noch gesehen. Stattdessen blieb das wohl beliebteste Mädchen der Schule mit ein paar Freundinnen daneben stehen und plauderte. "Woher wisst ihr denn das? Haltet die Klappe und lasst mich los!" zischte Toby energisch. "Oooh, ist Liebe nicht toll?" witzelte der Anführer. "Mach die beiden doch mal bekannt, Dave." befahl er. Dave war zwar doof, aber leider auch ziemlich kräftig. Er führte die Befehle von diesem Kazu immer und ohne nachzudenken aus. "Höhöhö, okay Boss, mach ich." erwiederte Dave mit seinem behämmerten Lachen und packte Toby fester. Dann schleuderte er ihn mit vollem Karacho in Richtung der Mädchentraube... "Achtung!" brüllte Toby. Aber es war zu spät: Er krachte mitten in die Ansammlung von Cheerleadern und landete hart auf dem Boden, jenem Mädchen direkt vor die Füße... Für eine ganz kleine Weile stand das Mädchen einfach nur über ihm und schaute mit leicht hochgezogenen Augenbrauen auf ihn herab. Sie hatte ein Cheerleadertrikot mit Minirock und Top an. "Hey, du Perverser, das ist nicht witzig, okay??" schrie sein Schwarm ihn an. Sie hob ihn auf, gab ihm eine Ohrfeige und meinte: "Mann, dass solche Typen einem auch immer unter den Rock gucken!" Die Ohrfeige brannte sofort höllisch und Tobys Gesicht begann an der Einschlagstelle dunkelrot zu glühen. Das nur beinahe dunkelblonde Mädchen holte tief Luft. "So Mädels, das Training ist wohl vorbei." befand sie. Dann ging sie mit einem von Scham und Zorn erfüllten Gesichtsausdruck so unscheinbar wie möglich Richtung Sporthalle davon. Ihre Freundinnen folgten ihr. Der Kreis um das Geschehen löste sich auf und Toby blieb im Gras liegen, völlig unfähig, seine Gedanken zu ordnen. Eins musste man Dave lassen: Er konnte wirklich gut zielen. Der kleine Kazu mit der Mütze und seine zwei Schergen waren schon getürmt, als Toby noch auf die Mädchen zugeflogen war. Niemand hatte wohl so wirklich mitbekommen, dass die Nummer nicht - wie manch Andere - auf Tobys Konto ging. Es waren zwar nicht mehr ganz so viele Leute da gewesen, aber das Gelächter war dennoch ganz schön laut ausgefallen. Warum mussten die Typen ihn aber auch immer ärgern? Schon wieder eine riesengroße Blamage. Sein Wunsch für Heute war ausnahmsweise mal in Erfüllung gegangen: Sie hatte ihn bemerkt... DAS Gesprächsthema der ganzen Schule für die nächsten Tage zu erraten, war nicht gerade schwer. Jedes mal, wenn er eine größere peinliche Aktion hinlegte, bekam es jeder mit. Dann machte sich wieder alle Welt über ihn lustig. Wenn er so dachte, war er eigentlich bekannt wie ein bunter Hund, vielleicht sogar noch bekannter. Aber leider war das eine Bekanntheit, die ihm nichts nützte und auf die er gerne auch verzichten konnte. Mit Beliebtheit hatte das nichts zu tun. Toby saß inzwischen an seinem Lieblingsplatz und sah der Goldenen Sonne zu, wie sie hinter dem Horizont verschwand. Von hier aus hatte man nicht nur auf den Sonnenuntergang, sondern auch über den gesamten Campus einen recht guten Überblick. Der Campus erstreckte sich vom Schultor zu seiner Linken bis hin zum Sportplatz und den Wohnheimen zu seiner Rechten. Das war zweifelsohne der bis jetzt schlimmste Tag seines Lebens. Er hatte schon eine Menge idiotische und dumme Tage erlebt, seit er hier angekommen war. Aber das war der Schlimmste. Er hatte sie alle überlebt, aber er hatte keine Ahnung, wie er damit jemals fertig werden sollte... Nach dieser bekloppten Nummer konnte er sich wohl nie wieder bei irgendeinem Mädchen blicken lassen. Von der Cheerleaderin seiner Träume ganz zu Schweigen. Vom Sportplatz her kamen ein paar Leute. Es waren der Footballteam-Kapitän Cray, SIE und noch andere Jungen und Mädchen des Footballteams und der Cheerleader. Die Gruppe ging Richtung Schultor. Cray und SIE unterhielten sich offenbar ziemlich gut. Toby sah sich das nicht gerne an, aber irgendetwas zwang ihn dazu, es doch zu tun. Er konnte sich das genauso wenig erklären wie sein Pech. Es lag wohl einfach an ihrer Schönheit. SIE und ihre Freunde würden jetzt nach Hause gehen und Spaß haben, er dagegen saß hier alleine und war von allen guten Geistern verlassen worden. Doch was sah er da? Alle gingen durch das Tor, nur SIE ging in eine andere Richtung. Wohnte das Mädchen etwa auch hier?? Blödsinn, sie hatte bestimmt nur etwas vergessen. Da kam ihm plötzlich eine echt gute Idee. Jetzt wo sie alleine war - egal aus welchem Grund - war es doch kein Problem, sich bei ihr zu entschuldigen und ihr alles zu erklären! Oder? Ja! Toby verließ seinen Platz, rannte in ihre Richtung und stellte sich ihr in den Weg. Er wusste auch nicht, woher er gerade den Mut dazu nahm. Sein Herz wummerte heftig und das kam sicherlich nicht von seinem kurzen Sprint gerade eben. Sie sah ihn mit einem leicht zur Seite geneigten Kopf an. Er blickte in zwei wunderschöne hellbraun-golden glänzende Augen. Mit dem überraschten Gesichtsausdruck sah sie noch süßer aus als sonst. Einen wunderbaren Augenblick lang sagten sie nichts. "Folgst du mir etwa?" fand sie schließlich die ersten Worte. "Wie lange tust du das schon?" setzte sie noch nach. "Ähm..." fing er an. "Wo fange ich am besten an..." suchte er nach Worten, wurde dann aber unterbrochen: "Es tut mir Leid." seufzte sie. "Wie bitte?" verstand Toby nicht. "Das muss echt weh getan haben, und, ich wollte das nicht, wirklich. Du weißt doch wie das ist, wenn alle anderen..." diesmal unterbrach Toby sie: "Ja, das weiß ich ziemlich genau." stellte er fest. Sie lächelte und meinte daraufhin: "Ich habe hinterher erfahren, dass du das nicht mit Absicht gemacht hast. Es tut mir ehrlich Leid." "Die Hopper sind einfach weggerannt, das haben sicher wenige gesehen." stimmte Toby ihr zu. Er tat natürlich, als hätte ihm die Ohrfeige nichts ausgemacht und lenkte das Thema schnell um: "Wohnst du etwa auch hier auf dem Campus?" wollte er wissen. "Ah, ja, du also auch? Ich hab meine Trinkflasche auf dem Sportplatz vergessen, aber ich glaube, ich hole sie morgen, weil, es wird gerade sehr dunkel... Und wir Mädchen müssen um 10 im Haus sein." erklärte sie. Toby blickte auf seine Armbanduhr und bemerkte: "Wir haben...10!" "Oje, ich muss sofort da auftauchen, sonst gibt’s Stress. War nett mit dir zu reden." Sie drehte sich um und setzte zum Weglaufen an. Da fiel Toby etwas ein: "Warte." Sie drehte sich wieder zu ihm: "Was denn?" "Wie heißt du?" wurde Toby endlich los. "Lana." sagte sie schnell und rannte weg. Er sah ihr nach, bis sie in der hereinbrechenden Dunkelheit und hinter dem nächsten Gebäude verschwand. Lana was also ihr Name... Wow... Toby vergaß einen wunderbaren Augenblick lang alles um sich herum. Beinahe hätte er vergessen, dass sie ja bestimmt schon einen Freund - nämlich Cray - hatte. So ein Mist. Jetzt hatte er sich gerade so gut gefühlt, jetzt kam das wieder hoch. "War nett mit dir zu reden." kam es ihm wieder in den Sinn. Da hätte sie ja genauso gut sagen können: "Auf Nimmerwiedersehen, Idiot." Wenigstens wusste er jetzt ihren Namen und dass sie ihn nicht für pervers hielt. Aber für einen Versager wahrscheinlich schon, denn die Hopper griffen nur Solche an. Sonst hätten sie ja auch keine Chance. Dann fiel ihm auch noch ein, dass er keinen Millimeter Hausaufgaben gemacht hatte. Dieser Tag war zwar gerettet, aber dennoch im Eimer... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)