Mein ist die Dunkelheit von MariLuna ================================================================================ Kapitel 29: IXXX. Kapitel -------------------------     Kälte. Er spürt sie. Sie versteckt sich ganz tief in seinem inneren Kern, bereit, jederzeit hervorzusickern und ihn einzuhüllen. Bereit, ihn zu lähmen. Tief zieht Urushihara die Luft in die Nase, und versucht, den Geruch von Schnee, der unter Maos typischen Vanille-Aroma lauert, zu ignorieren. Geradezu verzweifelt stürzt er sich noch tiefer in diesen Kuss, konzentriert sich völlig auf Maos Geschmack, die Art, wie gierig dessen Zunge seine Mundhöhle plündert, auf seine Wärme, auf seinen soliden Körper und seine starke Umarmung. „Hmmmm...“ dringt ein leises Summen an seine Ohren und etwas in ihm erstarrt. Aber nur für einen Augenblick, bis er bemerkt, dass es nicht Gabriel ist, denn Gabriel ist nicht hier. Dieses Geräusch stammt aus seiner eigenen Kehle und es sind Maos Finger, die durch sein Haar streicheln, nicht Gabriels. Das leise Knarzen stammt nicht von Bäumen, die unter ihrer Schneelast ächzen, sondern vom Parkett und das leise Rascheln ist nicht das von Federn, sondern das von Stoff, als gierige Hände störende Kleidung beiseiteschieben. „Lucifer...“ Maos Stimme ist ein dunkles Raunen dicht an seinem linken Ohr, begleitet von seinem warmen Atem, der ihm über die Wange streicht, gefolgt von seiner nassen Zunge, die über seine Ohrmuschel leckt und von Zähnen, die an seinem Ohrläppchen knabbern. Urushihara erschaudert am ganzen Körper und dann noch einmal, als Maos Hände über seine Seiten gleiten und dabei eine wahre Flammenspur auf seiner sensiblen Haut hinterlassen. „Jacobu...“ Urushiharas Welt verschwimmt in einem Meer aus warmen Gefühlen, die mit Schmetterlingen in seinem Bauch beginnen und mit einem wahren Glühen in seinem Unterleib enden, als erst Maos harte Männlichkeit an seiner eigenen spürt und dann seine Finger. Diesmal ist es Mao, der ein zufriedenes Summen von sich gibt. Irgendwie sind sie auf dem Fußboden gelandet, zwei Schritte vom sicheren Schlafzimmer entfernt, aber das nimmt Mao nur ganz am Rande seines Bewusstseins wahr. Durch seine Adern rauscht ein Feuer, das er nicht mehr zu beherrschen vermag – und das er gar nicht mehr beherrschen will. „Jacobu...“ aufkeuchend biegt sich ihm Urushihara entgegen. Seine Hände unter Maos Kleidung krallen sich haltsuchend in dessen warmes Rückenfleisch, wo seine Fingernägel tiefe, halbmondförmige Wunden hinterlassen. Es sind nicht die ersten und auch nicht die einzigen Male, die er in den letzten fünf Minuten dort hinterlassen hat. Aber der konstante, leicht ziehende Schmerz gießt nur Öl in Maos Feuer. Mao schluckt Urushiharas nächsten lustvollen Laut mit einem tiefen, gierigen Kuß, während er sie beide mit seiner rechten Hand unbarmherzig auf ihren ersten gemeinsamen Höhepunkt hinsteuert. Das, worüber er noch vor anderthalben Stunden nachdachte, was ihn kurzfristig zögernd und unsicher zurückließ, hat sich nun in seinem Verlangen aufgelöst, das wie Feuer durch seine Adern rauscht. Genauso, wie es sich für einen Dämonen gehört. Wo Leib und Seele in den Flammen der Leidenschaft verbrennen, haben Vernunft und Rationalität und alle Zweifel zu schweigen. Allein das Gefühl, ihrer beider steinharten Erektionen in seiner Hand, genügt, um ihn wahnsinnig zu machen. Eines steht außer Frage: hatte er seinen General bisher nie bewusst als sexuelles Wesen angesehen, wird er ihn ab heute bestimmt als nichts anderes mehr sehen können. Als das schönste, sinnlichste und aufregendste Geschöpf, dem er je das Glück hatte, zu begegnen. Erneut bäumt sich Urushihara unter ihm auf, seine Nägel graben sich diesmal direkt in Maos Schulterblätter und dann stöhnt er langgezogen in ihren Kuss hinein, Mao spürt das verräterische Zucken unter seinen Fingern, spürt, wie es warm über seine Hand läuft und verstärkt unwillkürlich seinen Griff, als er ihm über die Klippe folgt und nur eine Sekunde später seinen eigenen Höhepunkt erreicht. Für eine atemraubende, viel zu kurze Ewigkeit schwebt er auf einem der besten aller Orgasmen dahin, die er jemals hatte – ein süßes Nirwana, ein Nichts und Alles zugleich. Und dieses Alles besteht einzig und allein aus seinem General, aus seinem gefallenen Engel. Sein warmer, bebender Körper ist allgegenwärtig, genauso wie sein Duft und seine hektischen Atemzüge. Seine Arme um seinen Nacken, seine Beine, die sich jetzt - kraftlos, aber dennoch sehr präsent - um seine Hüften schlingen, als wollte er ihn nie wieder gehen lassen. In Mao erwacht das Bedürfnis, diese Geste zu erwidern und so gelingt es ihm irgendwie, trotz seiner postkoitalen Mattigkeit, sich und Urushihara in eine annähernd sitzende Position zu bringen. Und während er mit dem Rücken an der Wand lehnt und seinen General fest in seinen Armen hält – und dabei, ohne es zu bemerken, weiße, verräterische Flecken auf der Kleidung hinterlässt - und wartet, bis sich sein Herzschlag wieder beruhigt, sieht er in dieses gerötete Antlitz, an dessen Schläfen noch vereinzelt Schweißperlen glitzern, und ihm stockt fast der Atem vor Ehrfurcht. Zum allerersten Mal, seit er ihm vor dreihundert Jahren begegnet ist, liegt diese sonst so beherrschte Miene völlig ehrlich und offen vor ihm. Selbst in tiefster Bewusstlosigkeit oder wenn er von Alpträumen geplagt wurde, ja, nicht einmal in größter Furcht, hatte Lucifer alle Schutzwälle um sich herum gesenkt. Seinen Kern, sein wahres Ich, zeigte er niemandem. Bis jetzt. Unwillkürlich legt ihm Mao beide Hände ums Gesicht und bedeckt es mit vielen, kleinen Küssen. Träge öffnen sich Urushiharas Augen einen Spaltbreit, seine rechte Hand zuckt nach oben und verkrallt sich besitzergreifend in Maos dunkelgrünen Locken, als er sich ihm entgegenreckt und erstaunlich zielsicher Maos Lippen findet. Es folgt ein langer, unglaublich zärtlicher Kuß, in dem Mao nur allzu gerne versinkt. Genauso sanft, wie er ihn begann, lässt Urushihara diesen Kuss enden. „Hey, Jacobu“, murmelt er schließlich, während seine rechte Hand langsam über Maos Wange streicht. Auf geheimnisvolle Weise finden seine starren Pupillen Maos Blick und halten ihn fest. „Sag, ist das hier real?“ Aus Maos tiefstem Herzen, löst sich ein langer Seufzer, als er mit seiner Stirn Urushiharas berührt. „Das hier ist real, Lucifer", bestätigt er ihm. „Es ist echt und es ist einfach nur fantastisch." Er zieht seinen Kopf wieder zurück und gibt ihm einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze. „Der Meinung bist du doch auch, oder?" fragt er unsicher. Für einen Moment ist er wieder ein kleiner Black Goat, der nach Bestätigung seines heimlichen Idols sucht. Um Urushiharas Lippen zuckt ein kleines Lächeln. Wie niedlich. Der große, mächtige Dämonenkönig ist auf der Suche nach Komplimenten. Normalerweise würde er jetzt etwas sehr Schnippisches entgegnen, aber dafür fühlt er sich viel zu gut. „Ja, der Meinung bin ich auch", erwidert er daher sanft. Ganz allmählich weicht die angenehme Mattigkeit den zunehmenden Signalen seines Körpers. Als allererstes spürt er den Hauch eines Luftzugs an seinem edelsten Teil und zieht sich hastig Shorts und Jogginghose wieder über die Hüften. Er fühlt, wie ihm dabei die Hitze in die Wangen schießt. Diese völlig sinnlose Scham ist ihm viel peinlicher als seine Blöße und zum ersten Mal ist er froh darüber, blind zu sein, muss er doch so nicht Maos Miene sehen. Der Schuft amüsiert sich bestimmt königlich. Mao amüsiert sich tatsächlich, wenn auch aus anderen Gründen. Urushihara ist einfach nur wunderschön, wenn er vor Verlegenheit errötet. Auf der anderen Seite wird er durch seine Handlungen daran erinnert, dass er sich selbst auch schleunigst wieder ordentlich anziehen sollte. Nur widerwillig entlässt er ihn aus seinen Armen, aber im Gegensatz zu Urushihara trägt er Jeans und dafür benötigt er beide Hände. „Konntest du nicht warten, bis wir auf dem Bett sind?" beschwert sich Urushihara da leise, setzt sich gerade auf und massiert sich mit der Faust die schmerzenden Lendenwirbel. Der harte Fußboden war Gift für seinen Rücken. Grinsend nimmt ihn Mao an den Handgelenken und zieht ihn langsam mit sich in die Höhe, nur, um ihn sofort wieder zu umarmen. „Was hälst du von einer heißen Dusche und anschließend einer entspannenden Massage, meum cor?“ Mein Herz. Urushihara stockt bei diesem Kosenamen kurz der Atem. Das ist so … kitschig. Aber zugleich auch das Schönste, was er je gehört hat. Er spürt, wie er verlegen errötet. Wieder mal. Er räuspert sich einmal. „Klingt gut“, quetscht an dem riesengroßen Kloß in seiner Kehle vorbei. Seine Stimme klingt unglaublich rauh und heiser und er kann nur hoffen, dass Mao dies seinem Husten zuschreibt. Obwohl er es nicht sehen kann, erkennt er an Maos beschwingten Gang, als dieser ihn an der Hand hinter sich herzieht, dass er grinst wie ein zufriedener, fettgefressener Kater.       Die Uhr am Küchenradio zeigt genau 20:53 Uhr an, als Ashiya den Putzlappen zur Seite legt und das Licht ausschaltet. Emi und Chiho haben ihm schon vor zehn Minuten eine gute Nacht gewünscht und haben sich, mit der schon halb schlafenden Alas-Ramus auf Emis Arm in ihre Zimmer zurückgezogen. Ashiya überprüft noch ein letztes Mal, ob auch alle Türen und Fenster verschlossen sind, bevor er die Treppe nach oben hinaufgeht. Er gibt sich absichtlich keine Mühe besodners leise zu sein, denn das letzte, was er will, ist, seinen König und Urushihara in einer peinlichen Situation zu erwischen. Deshalb spitzt er auch die Ohren, doch das leise Lachen und die Stimmen, die durch die geschlossene Tür nur gedämpft zu ihm dringen, wirken harmlos genug. In dem kleinen Flur wäre er beinahe auf Urushiharas Strickzeug getreten. Ashiya seufzt einmal tief auf, bückt sich und hebt es kopfschüttelnd auf. Um seine Mundwinkel zuckt ein nachsichtiges Lächeln. Sie alle haben gehört, was die beiden hier oben trieben – im wahrsten Sinne des Wortes. Es war ausgerechnet Chiho, die schneller als sie alle reagierte und kurzerhand die Musik lauter stellte, bevor Alas-Ramus neugierige Fragen stellen konnte. (Auch wenn er nicht weiß, ob die Kleine wirklich entsprechende Fragen gestellt hätte, in solchen Dingen ist sie schwer einschätzbar.) Chiho jedenfalls zeigte sich erwachsener als Emi, denn während die Heldin eine ziemlich angesäuerte Miene zog und rot anlief, schmunzelte die Mittelschülerin nur und schlug Emis Spielfigur mit ihrem nächsten Zug aus dem Feld. Dies war der Auftakt zu einem spannenden Zweikampf, an derem Ende Alas-Ramus mit Ashiyas tatkräftiger Unterstützung unbehelligt ins Ziel kam und das Spiel für sich gewann. Für ihr stategisches Geschick, dass Chiho mit dieser kleinen Aktion unter Beweis gestellt hat, zollt Ashiya ihr immer noch tiefen Respekt. Er ist wirklich erleichtert, dass sein König endlich den Mut fand, mit dem Mädchen reinen Tisch zu machen und ihre erwachsene Reaktion beeindruckt ihn zutiefst. Sie ist wirklich ein herzensguter Mensch mit einem starken Charakter. Zuerst hielt er die idee seines Königs, sie ebenfalls zu einem seiner Generäle zu ernennen für die reinste Schnapsidee, doch allmählich ist er von ihren Qualitäten überzeugt. So lange sie hier auf der Erde bleibt. Auf dem roten Mond würde sie eingehen wie eine Primel. Das Leben dort ist einfach zu hart. Sie darf nicht so werden wie wir. Ashiya schüttelt den Kopf, um diese Gedanken abzuschütteln und sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Er klopft einmal laut und deutlich ans Holz und wartet drei Sekunden, bevor er die Schlafzimmertür öffnet. Und bleibt dann erstmal für einen Moment auf der Schwelle stehen. Er weiß nicht genau, was genau er erwartet hat, aber der Anblick bringt ihn für eine Sekunde aus dem Gleichgewicht. Vielleicht, weil er so harmlos ist. Und gleichzeitig so verdammt sinnlich. „Hey“, begrüßt sein König ihn vergnügt. „Hey, Ashiya“, nuschelt Urushihara träge, ohne jedoch den Kopf von seinen verschränkten Armen zu nehmen. „Die Mädels sind zu Bett gegangen, und wir sollten uns an ihnen ein Beispiel nehmen“, informiert Ashiya sie in neutralem Tonfall, gibt sich einen inneren Ruck und schließt dann leise die Tür hinter sich. Betont gelassen, als würde er jedem Tag Zeuge davon, wie sich sein halbnackter König über seinen ebenfalls halbnackten General beugt und diesem eine Rückenmassage gibt, geht er zu einer Kommode hinüber und legt dort das Strickzeug ab. Ihm ist sofort das feuchte Haar der beiden aufgefallen und außerdem hängt der Duft von Wasser und Duschgel noch in der Luft. Wortlos geht er ins angrenzende Badezimmer und kehrt fünf Sekunden später mit dem Föhn in seiner Hand zurück.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)