Mein ist die Dunkelheit von MariLuna ================================================================================ Kapitel 28: XXVIII. Kapitel ---------------------------     Selbst durch die geschlossene Tür hört er ihre vergnügten Stimmen, das Klackern der Würfel und ihr fröhliches Gelächter. Urushihara seufzt, stellt den Wasserhahn ab, tastet nach einem der Handtücher, die an der Wand hängen und trocknet sich die Hände ab. Dann reibt er sich die Augen. Es ist merkwürdig: er kann nichts mehr sehen, aber dennoch werden seine Augen müde. Vielleicht ist es aber auch einfach nur Zeit, an der Matratze zu horchen. Er sehnt sich wirklich nach etwas Ruhe. Allmählich wird ihm das alles wieder etwas zu viel. Seit diesem Stromausfall behandeln sie ihn alle wie ihren höchsteigenen Helden. Das ist wirklich peinlich. Dabei war das Einzige, was er gemacht hat, die Sicherung wieder umzulegen und dadurch für Strom zu sorgen. Der Flatscreen allerdings blieb schwarz und somit hatten sie die Ursache für den Kurzschluss gefunden. Alas-Ramus war natürlich traurig, weil sie ihren Film nicht zu Ende sehen konnte, aber sie ließ sich schnell mit einem Brettspiel trösten. Ein Brettspiel, bei dem Urushihara leider nicht mitspielen konnte – also, er könnte natürlich schon, aber dann hätte jemand anders für ihn die Steine setzen müssen und was hätte das für einen Sinn gemacht? Aber da Alas-Ramus drängte, dass er bitte für ihren Papa würfeln sollte.´und er ihr diesen Wunsch natürlich nicht abschlagen konnte, saß er schließlich doch mit ihnen zusammen auf dem Fußboden. Doch richtigen Spaß empfindet er nicht bei diesem Spiel. Oder bei diesem geselligen Zusammensein. Denn egal, wie nett sie jetzt alle zu ihm sind, ändert das nichts daran, dass es ihm falsch vorkommt. Aber gut, er wird noch ein paar Runden mitspielen und sich dann elegant zurückziehen. Er holt einmal tief und seufzend Luft und geht dann die drei Schritte, die ihn zur Badezimmertür führen. Er ist richtig stolz auf sich, als er die Klinke schon beim ersten Mal findet. Und diesmal schlägt er sich die Tür auch nicht gegen die Nase weil er sich daran erinnert, rechtzeitig auszuweichen. Der leichte Duft von Maiglöckchen dringt ihm in die Nase und bewahrt ihn vor einen Herzinfarkt, als sie ihn plötzlich anspricht. „Urushihara-san..." Höflich wie immer, aber der Suffix verrät ihm, dass sie etwas von ihm will. „Oh, Chiho." Er tritt endgültig über die Schwelle und lässt höflich die Tür hinter sich offen. „Das Bad ist jetzt frei." Er hofft, dass es nur deswegen ist, auch, wenn ihm sein Bauchgefühl etwas anderes sagt. Und es täuscht ihn nicht, denn Chiho will ihm schon den ganzen Abend über etwas sagen, fand nur bisher nicht den Mut dazu. Verlegen beißt sie sich auf die Unterlippe. „Ich muss eigentlich nicht", gibt sie schließlich leise zu. „Ich wollte nur... darf ich dich umarmen?" „ Was?" Automatisch macht er einen Schritt zurück, doch da ist sie schon heran und schlingt vorsichtig ihre Arme um ihn. „Ja. Ah. Danke." Urushihara erstarrt innerlich und tätschelt ihr nach der ersten Schrecksekunde peinlich berührt den Rücken. Er spürt mehr von ihren weichen, weiblichen Formen als er je spüren wollte. „Wofür-?" Genau so schnell, wie sie ihn umarmt hat, lässt sie ihn wieder los. Mit hochrot leuchtenden Wangen tritt sie noch einen Schritt zurück. „Ich bewundere dich", sprudelt sie hastig hervor. Sie redet so schnell, dass sie fast über ihre eigenen Worte stolpert, aber sie fühlt sich in seiner Gegenwart plötzlich merkwürdig befangen. „Du bist so mutig. Es war so finster bei diesem Stromausfall und ich hatte wirklich Angst. Du aber lebst jeden Tag in dieser vollständigen Dunkelheit und ich begreife erst jetzt, wie furchtbar das ist." „Schon gut..." Er weiß wirklich nicht, was er darauf sagen soll, aber sie redet schon weiter. „Außerdem ...", sie zögert kurz, gibt sich einen Ruck und fährt dann fort: „Ich habe bemerkt, dass du zurückhaltend gegenüber Mao-Sama bist, und will dir versichern, dass du das nicht sein mußt. Nicht wegen mir. Ich... Ich möchte euch nicht im Wege stehen. Es ist nicht leicht für mich, das gebe ich zu, aber ich muss mich an diesen Anblick gewöhnen und sollte damit auch sofort anfangen. Es ist doch nicht eure Schuld und es ist auch nicht meine, niemand kann etwas für seine Gefühle und ich will auch nicht dran schuld sein, wenn ihr unglücklich seid, weil ihr denkt, euch wegen mir zurück halten zu müssen." „Wow. Chiho." Unwillkürlich streckt er die Hände nach ihr aus, um sie ihr beruhigend auf die Schultern zu legen. Dabei lässt er sich von ihrer Stimme und seiner Intuition leiten und er greift nur knapp daneben. Anstatt ihre Schultern erwischt er ihre Oberarme. „Langsam, Chi-chan. Hol einfach mal tief Luft." Obwohl es nicht wörtlich gemeint ist, nimmt sie seine Worte als Ratschlag und atmet einmal tief und hörbar ein und dann wieder aus. Urushihara macht dasselbe. Es stimmt zwar, dass er und Mao seit dem Stromausfall eine gewisse Distanz zueinander wahren, aber das liegt nur daran, dass sie ihren Sinn für Anstand wiedergefunden haben. Zumindest zeitweise und zumindest so lange sie alle bei einem Brettspiel beisammen sitzen. Für Urushihara ist das ganz normal, nie hätte er gedacht, dass jemand es so falsch auffassen könnte und er fühlt sich glatt ein wenig schuldig. „Hör zu, Chi-chan." Eindringlich sieht er sie an und es ist wirklich erstaunlich, wieviel Leben in seinen blinden Augen funkelt. „Du bist wirklich das netteste und liebste Menschenmädchen, das ich je getroffen habe. Und glaube mir, ich habe eine Menge getroffen." Er muss nicht lange nach den richtigen Worten suchen, die ihr helfen werden, sich besser zu fühlen. Er hat ähnliche oft genug selbst gehört - und gesagt. Mit dem Unterschied, dass er jedes einzelne Wort hier ehrlich meint. „Ich danke dir für deine Großherzigkeit. Ich danke dir, daß du Mao freigibst. Du bist ein wahrer General." Gerührt schlägt sie die Augen nieder. Seine Worte sind wie Balsam für ihr unsicheres Herz. Sie möchte etwas sagen, aber sie bekommt kein Wort heraus. Er kann ihre Verlegenheit regelrecht fühlen. Hölle, allmählich wird es wirklich peinlich. „Entschuldigst du mich?" Er zwingt sich ein kleines Lächeln ab. „Und sagst du den anderen bitte, dass ich müde bin und nach oben gehe?" Während er sie darum bittet, macht er einen Schritt nach vorne und sie weicht ihm höflich aus, damit er nicht in sie hineinläuft. „Ja, natürlich", murmelt sie dabei. „Gu-gute Nacht." „Danke. Und dir noch viel Spaß", wünscht er ihr noch freundlich. Auf seinem Weg zur Treppe und die Stufen hinauf bemüht er sich um ein besonders sicheres Auftreten, nicht, dass sie oder einer der anderen ihm hinterherkommt, um ihm zu helfen. Er braucht jetzt wirklich Zeit für sich. Eine Hand auf dem Geländer, steigt er langsam die Stufen hinauf. Hinter sich hört er die Stimmen der anderen, sie nicht nicht mehr als ein Hintergrundrauschen, ein Murmeln, weil er vollauf damit beschäftigt ist, sich nicht zu verzählen. Er kennt diese Treppe noch nicht gut genug, er hat sie noch nicht so verinnerlicht wie die bei ihnen Zuhause und es ist ihm wichtig, sich nicht zu blamieren, indem er stolpert. So, wie sie jetzt drauf sind, würden sie ihm vielleicht sogar helfen wollen und er kann mit dieser Nettigkeit wirklich nicht umgehen. In Momenten wie diesen wünscht er sich, sie wären noch genauso ahnungslos wie vor sechsunddreißig Stunden. Er ist gerade oben angekommen und hat gerade mal drei Schritte in den kleinen Gang gemacht, da hört er ihn die Stufen hinaufeilen. Seufzend bleibt er stehen. „Ja, Jacobu?" Mao stockt überrascht. „Wo-woher weißt du-" „Ich erkenne dich an deinen Schritten." „Oh. Natürlich." Mao grinst verlegen und obwohl Urushihara das nicht sehen kann, hört er es. „Du musst nicht wegen mir euer Spiel abbrechen. Alas -" Mao unterbricht ihn schnell. „Sie hat mich dir doch hinterher geschickt. Du hast dein Strickzeug vergessen." Vielsagend hält er ihm die Wolle und die Stricknadeln entgegen und lässt alles dann wieder sinken, als er Urushiharas leerem Blick begegnet. Dann zuckt um Urushiharas Lippen ein stolzes Lächeln. „Ein cleveres Kind." Maos Augen hängen wie gebannt an diesen verheißungsvollen Lippen. „Ja“, meint er dann versonnen. Achtlos lässt er das Strickzeug fallen, überbrückt die sie trennende Distanz mit einem einzigen großen Schritt, packt ihn an den Schultern und küsst ihn. Urushihara gibt einen erschrockenes Grunzlaut von sich, als er sich so unverhofft mit dem Rücken an die Wand gedrückt fühlt, doch noch in derselben Sekunde öffnet er bereitwillig seine Lippen und heißt Maos forsche Zunge bereitwillig willkommen. Zufrieden summt Mao in ihren Kuss hinein und taucht begierig nach Urushiharas Geschmack, während sich seine Hände schon wie von selbst unter Urushiharas Hoodie und T-Shirt schummeln und dort feurige Spuren auf seiner Haut hinterlassen. Instinktiv schlingt Urushihara seine Arme um Maos Nacken und zieht ihn noch fester an sich und in diesen wahnsinnig machenden Kuss hinein. Er hat schon längst vergessen, wo sie sich befinden, alles, was ihn interessiert ist mehr von Maos Zunge an seiner, diesem unvergleichlichem Geschmack, seinem Atem auf seiner Haut, seine Berührungen, seine Wärme und seine Nähe, die Schmetterlinge in seinem Bauch und seine zunehmende Erregung. Das muss echt sein. Oh bitte, lass es echt sein. Und wenn nicht, lass es nicht so bald enden. Für einen Moment flackert die Furcht wieder in ihm auf, aber dann grollt Mao einmal tief und dunkel auf und presst seinen Unterleib fest gegen Urushiharas und jeder klare Gedanke löst sich in Luft auf.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)