Under these Scars von _Scatach_ (Teil Vier der BtB Serie) ================================================================================ Kapitel 46: The nightmare lurking in memories --------------------------------------------- „Sumi Bunshin no Jutsu.“   Die Bauern waren in Bewegung.   Shikamaru sah zu, wie sie sich bewegten; zehn von Sais Tintenklonen. Mit Substanz und Masse waren sie bis zur Perfektion gestaltet, ihre Umhänge bestickt mit dem Aikoku Symbol und individuelle Konturen unter ihren Kapuzen ausgearbeitet, um den Verdacht auf Doppelgänger noch weiter zu zerstreuen. Wenn die Nagu es durchschauen würden, würde es schon keine Rolle mehr spielen.    Schläge durch Bauern richten Chaos im gegnerischen Lager an.    Als sich die Doppelgänger den Toren näherten, kauerten sich Shikamaru und Sai in den bewaldeten Bereich an den Ausläufern des Dorfes und hielten sich dabei in den Schatten. Shikamaru sah hinauf zu den steilen Steinmauern, die das Dorf umgaben und erspähte mehrere Nagu, die die Wälle entlang patrouillierten, bevor er seinen Blick noch höher wandern ließ. Wie erwartet war das Dorf noch immer durch das Barrieretor abgeriegelt und die Regenbogenkuppel aus Chakra schimmerte schwach im Morgenlicht.    Hübsch, aber absolut tödlich.   Er hatte nicht vor, pulverisiert zu werden.    „Gut zu wissen“, spottete die Finsternis.    Während er die Finger krümmte, spähte Shikamaru hinunter auf die Siegel, die Sai auf ihre Handrücken gemalt hatte. Sie waren identisch mit denen, die Katsu benutzt hatte, um ihnen einen sicheren Durchgang durch die Barriere zu gewährleisten.    „Du gehst besser auf Nummer sicher, dass sie auch wirklich funktionieren.“   Bin schon dabei.   Auch wenn die Tintenklone ebenfalls mit diesen Siegeln ausgestattet waren, waren sie nicht die besten Versuchskaninchen. Idealerweise wäre ein lebendes Subjekt vorzuziehen. Es kam Shikamaru nicht für eine Sekunde in den Sinn, wie klinisch und kalt dieser Gedanke war. Immerhin war es einfach nur logisch, sowas zu tun. Aufmerksam scannte er die unmittelbare Umgebung und suchte nach irgendwelchen Lebenszeichen, als er einen Vogel bemerkte, der ein paar Bäume weiter sein Gefieder säuberte.    Perfekt.   Er verschwendete keine Zeit. Ein kurzes Rucken seiner Finger und einen raschen Schattenbesitz später war der Vogel mit den Flügeln zu beiden Seiten ausgebreitet auf dem Boden festgepinnt. Erst, als sie nahe genug waren, um die Siegel aufzutragen, realisierte Shikamaru, dass es sich um einen Wanderfalken handelte.    Wie ein physischer Schlag traf ihn das Bild direkt zwischen die Augen.    Scharf sog er die Luft ein und blieb abrupt stehen.    Und dann veränderte sich etwas…hoch oben, wo sein Bewusstsein driftete, schien sich diese gefühllose Wolke, auf der er geschwebt hatte, mit Donner zu füllen. Ein blitzartiges Zucken von Wiedererkennen und Zweifel flackerte flüchtig hinter seinen Augen. Und mit diesem Flackern von Zweifel kam das Aufflammen dreier Visionen; ein Dämlicher Vogel, der ihn in einer spielerischen Jagd durch die Nara Wälder bombardierte; derselbe Dämliche Vogel, der von seinem Jutsu unten gehalten wurde, während er versuchte, ihn zurück zur Gesundheit zu pflegen; und dann als letztes, ein Bildnis weißer Roben und schwarzer Schatten, ein explosionsartiges Wirbeln des Kaitens, gefolgt von einem Murmeln wie Donnerschlag: ‚Du hast mich umgebracht…bevor es das schaffen konnte…‘   Neji…?   Und dann schrie eine schwache Stimme in seinem Kopf, erscholl erstickt und verängstigt über dem Donner: „Tu das nicht!“   „Shikamaru?“   Sais Stimme holte ihn ruckartig zurück und ließ die Gewitterwolken fort über seinen Verstand bis in die heran kriechende Schwärze und willkommen heißenden Schatten rollen. Die Finsternis kam näher und das Schreien hörte auf. Seine Sicht wurde klar, wurde zu einem wolkenlosen Himmel. Und weit, weit unten, war das Spiel noch immer im Gange.    „Nächster Zug, Genie“, forderte die Finsternis. „Hör auf, abzuschweifen.“   War er abgeschweift? Er erinnerte sich nicht. Blinzelnd hob Shikamaru den Vogel auf und mit einem groben Schwung seiner Schatten ließ er das aufgeschreckte Tier fliegen. Völlig verängstigt schoss der Vogel auf die Sicherheit des Dorfes zu – und eine mögliche Pulverisierung – direkt in Richtung der Kuppel.    Funktionier. Funktionier. Funktionier.   Es funktionierte.    Der Vogel passierte die Barriere unverletzt.    Und dann begannen die Explosionen.    Shikamaru streckte den Hals, sah nach rechts und links, um zu beobachten, wie sich der Dominoeffekt seiner Bauern entfaltete; Explosionssiegel, Blendgranaten, Rauchbomben und Leuchtsignale. Der feuchte Traum eines Pyrotechnikers. Eine ganze Menge Lärm. Eine ganze Menge Rauch. Eine ganze Menge Feuer. Angezogen von dem Chaos setzten sich die Nagu in Bewegung, um es auszumerzen, teilten wie erwartet ihre Kräfte auf und der Großteil der Wächter marschierte direkt auf die Bedrohung zu, während sich die anderen nach links wandten, sollte dieses Chaos nur eine Ablenkung sein – eine gute Vermutung.    Rechne immer damit, dass dein Gegner richtig reagieren wird.    Sai schüttelte den Kopf. „Sie sind nicht darauf reingefallen.“   Shikamaru feixte.    Oh doch, das sind sie. Wenn dein Gegner nach rechts spielt, dann sieh nach links.    Die Nagu hatten ganz genau das getan, indem sie ihre Kräfte aufgespalten und dadurch eine schmale Lücke in der direkten Mitte gelassen hatten. Sicher, es war nur ein winziges Fenster der Gelegenheit, nur Herzschläge davon entfernt, sich wieder zu schließen. Aber Herzschläge waren alles, was Shikamaru brauchte, um wie vom Teufel besessen zu rennen.    Opfer – der Schlüssel zum Schachmatt.    Ohne irgendeine Vorwarnung brach Shikamaru aus dem Team und spurtete auf die Barriere zu.    „SHIKAMARU!“   Unter der Deckung des Rauches legte Shikamaru noch einmal an Geschwindigkeit zu, verlängerte seine Schritte und wechselte fließend in die geschmeidigen, athletischen Sprünge, die so markant für den Taijutsustil der Nara waren. Chakra strömte, Muskeln zogen sich straff und Shikamaru sprang mit der Anmut eines Hirsches auf die Mauer zu, während Schattenranken aus seinen Füßen explodierten, um ihn zusätzliche zwei Meter in die Luft zu katapultieren.    Er segelte durch die Barriere, landete auf den Wällen.    Eine Nagu Frau, die sich mehrere Schritte den Wall entlang befand, begann sich umzudrehen. Sein Fuß krachte mit genug Wucht in ihren unteren Rücken, um sie Kopf voran von der Mauer zu schleudern.    Hart stürzte die Nagu zu Boden.    Shikamaru wartete nicht, um sehen zu können, ob sie den Fall überlebt hatte.    Eine frühe Flucht ist acht Züge wert.   Er brauchte acht Sekunden, um über den Wall zu verschwinden und auf der anderen Seite aufzukommen, ohne gesehen zu werden. Kaum schlug er auf dem Boden auf, da formte er auch schon die Siegel für ein Transformationsjutsu.    „Henge no Jutsu!“   Ein Puffen von Chakra und er war gekleidet wie ein Kusa-Farmer. Konischer Strohhut, eine schlichte, schwarze Umanori Hakama Hose und eine unauffällige, leichte Haori Jacke von der Farbe sandigen Taubengraus. Während er sein Chakra darauf fokussierte, das Hengejutsu aufrecht zu erhalten, duckte er sich durch ein Loch in einem Bambuszaun und fand sich in einem Schrebergarten wieder, der vor allem von Daikon-Rettichen dominiert wurde.    Was jetzt?   „Jetzt entspannst du dich“, erwiderte die Finsternis. „Ich übernehme von hier aus.“   Shikamaru bekam nicht einmal die Gelegenheit, zu protestieren, bevor der Wechsel stattfand. Eine Bombe explodierte in seinem Kopf und die Welt wurde schwarz.    ~❃~   Schatten regen sich Und das Gras wird regungslos Hirsch hält hohe Wacht   Zweimal las Ibiki Tsunos Nachricht, verarbeitete die Daten und übersetzte sie. Sich regende Schatten deuteten darauf hin, dass Shikamaru anfing, Anzeichen von Verstörung zu zeigen. Regungslos werdendes Gras bedeutete immer noch, dass die Kusamission offenbar günstig zu Ende ging. Mit der letzten Zeile wies Tsuno auf das Level seiner Wachsamkeit hin. Er würde alles genau beobachten und die Situation überwachen.    Keine Notwendigkeit für eine Extraktion.    Ibiki hauchte ein Seufzen.    Die besten, verdammten Neuigkeiten der ganzen Woche.    Rasch steckte er die Notiz in seine Tasche und zog die Sturmhaube über sein Gesicht. Von Kopf bis Fuß in eng anliegendes Schwarz gekleidet, war es doch schon eine ganze Weile her, seit er seine Infiltrationsausrüstung das letzte Mal benutzt hatte. Wenn er daran dachte, dass er einst einer der absoluten Top-Ansprechpartner für diese Art Job gewesen war. Eine ganze Menge Erinnerungen waren aus seinem Gedächtnis gelöscht worden, aber er hatte noch immer die physischen Memoiren, die auch einige inoperable Schrapnellteile beinhalteten, die in seinem Schädel herum schwammen. Eines Tages, vielleicht morgen, vielleicht auch erst in zehn Jahren, würde sich eins dieser Teile seinen Weg ein bisschen zu tief in sein Hirn graben und alles würde zum Stillstand kommen. Er würde einfach aufhören. Ende. Den Geist aufgeben wie eine kaputte Maschine.    Aber bis zu diesem Tag gab es immer eine Mission zu erledigen.    Und jetzt im Moment, involvierte besagte Mission, in einen von KERNs unterirdischen Stützpunkten einzubrechen, indem man sich durch Konohas Eingeweide bis in den Untergrund bewegte. Mushi würde im Inneren warten – zusammen mit Ibikis Wechselklamotten.    Und verdammt, die würde er auch brauchen.    Über dem offenen Schacht stehend, stierte Ibiki hinunter in die Abwasserkanäle des Dorfes und sah zu, wie die widerlichen, stagnierenden Wasser vorbei schwappten. Ah, aber die Ironie entging im nicht. Wie gut, dass er es schon immer überlebt hatte, bis zum Hals in der Scheiße zu stecken.    ~❃~   Überleben des Stärksten.    TEKISHA SEIZON.   Es war das Erste, was Shikamaru sah, als die Lichter in seinem Kopf wieder angingen. Dieses alte Schild. Das, das seit zwei Jahren in den hintersten Winkeln seines Verstandes gehangen hatte, begraben unter Spinnweben…nein, unter den Betonwänden, die Tenka errichtet hatte.    Tekisha Seizon.    Er blinzelte zweimal. Das Schild blieb. Abgeranzt und schäbig. Es hing noch immer über demselben, alten Türstock, gehörte zu demselben, alten Gebäude, eingepfercht von denselben, alten Wänden derselben, alten Gasse.    Alles dasselbe…alles beim Alten…   Als wäre er vielleicht bereits hunderte Male zuvor hier gewesen. Als wäre er vielleicht niemals gegangen.    „Bitte tu das nicht.“   Keine Emotionen folgten dieser schwachen Stimme, von der Shikamaru inzwischen wusste, dass es der Kleine war. Fünfzehn Jahre alt und völlig verängstigt. Diesmal versuchte die Finsternis nicht, diese Stimme zum Schweigen zu bringen, sondern erlaubte ihr, zu sprechen und das aus Gründen, die Shikamaru nicht wissen wollte. Es kümmerte ihn nicht, es zu wissen.    „Tu das nicht.“   „Ich muss das tun“, murmelte er laut in einer Bemerkung, die völlig losgelöst war von Fühlen. Noch immer schwebte er viel zu weit über den Trümmern, um zu realisieren, dass sich seine Stimme wie zerbrochenes Glas in seiner Kehle anhörte.    Sein Chakra taumelte.    Flackernd verschwand die Verwandlungstechnik.    Chakra verpuffte und Wolken aus Energie wirbelten hinauf zu den behelfsmäßigen Dächern. Er hob den Blick. Sah die vertrauten, rostigen Lagen aus Wellblech, die an die Gebäude zu beiden Seiten genagelt waren. Dann spähte er wieder nach unten und stierte auf die Stelle, an der Genma gelümmelt hatte, mit dem Rücken an der Backsteinmauer und ein funkelndes Senbon zwischen den Lippen.    ‚Shikamaru, ich bin direkt hinter dir‘, hatte der Shiranui gesagt.    „Er war ein Lügner. Aber ich bin das nicht“, erinnerte ihn die Finsternis mit samtigen Tönen. „Ich bin nicht hinter dir. Ich bin an deiner Seite. Genau wie ein Schatten.“   Schatten. Sie überschwemmten dicht und beruhigend die Gasse, glitten die Mauern entlang und strichen über die Tür. Er griff danach. Drehte den Knauf und betrat das Gebäude. Lief den Korridor entlang und verspürte keine Angst, nicht wie das erste Mal vor zwei Jahren, damals als die Wände zu dem Schlag einer wildgewordenen Meute pulsiert hatten, gefangen im Fieber von Chimären-Blutsport.    Blutsport…Blutsport…   Das Wort pochte in seinem Kopf, pochte in seinem Puls, pochte hinter den Wänden seiner Rippen und das zu einem vertrautem Schlag der Panik.    Sein Herz wurde zu einem Hammer. BANG, BANG, BANG gegen die Wände seines Hirns. Eine jugendliche Faust. Ein qualerfüllter Schrei: „TU DAS NICHT!“   Er blieb stehen, allerdings nicht aus eigenem Willen. Er spürte, wie das suppige Schwarz des Korridors angesichts seines Zögerns dunkler wurde. Spürte, wie die Finsternis in seinem Verstand verärgert und ungeduldig wurde.    „Lauf weiter“, sagte sie. „Ignorier den Kleinen. Geh hinein.“   Er konnte nicht. Er war von den Händen der Panik dieses Kindes gepackt. Konnte die Emotion nicht fühlen, wurde aber von den somatischen Effekten überwältigt. Er presste eine flache Hand gegen die Mauer, hörte, wie sein Atem bebte, atmete zu schnell, seine Haut benetzte sich mit kaltem Schweiß und Härchen stellten sich in einem Frösteln auf.    „Tu das nicht. Tu das nicht.“   „Warum?“, hauchte er, während seine Sicht verschwamm. „Warum?“   „Nicht. Lass mich nicht dorthin zurück gehen. Es ist vorbei. Du hast gesagt, dass es vorbei war.“   Bei diesen Worten flogen Shikamarus Augen weit auf, bei diesem Echo, dieser Verzweiflung. Er erkannte sie wieder, hörte sie und erinnerte sich daran, diese Worte gesprochen zu haben – nein, sie geschrien zu haben. Zu Asuma.    Asuma.   „Asuma…“ Seine Stimme zerbrach beinahe an diesem Namen, an dieser Erinnerung.    ‚Gott, du sturer Junge. Was zur Hölle ist es? Warum kannst du es nicht versuchen? Wenn es vorbei und erledigt ist, warum hast du dann immer noch solche Angst?‘   Asumas Stimme.    Sie zwang ihn in die Knie. Ließ ihn zurück nach unten auf kalte, harte Erde krachen, die Wolken unter ihm zogen sich auseinander, lösten sich auf, lösten sich auf.    „Wag es ja nicht“, knurrte die Finsternis. „Steh verfickt nochmal auf.“   Zu spät. Er war bereits unten, kniete in dem Korridor, die Hände über seine Ohren gepresst, mit weiten Augen und stierend, als ihn sein Verstand zurück schleuderte. Zurück zum Mangetsu. Dem Restaurant, zu dem Asuma ihn mitgenommen hatte. Innerhalb eines Herzschlages war er wieder zurück. Zurück vor diesem unberührten Frühstück. Zurück bei dieser zerbrochenen Unterhaltung. Zurück auf diesem Platz, direkt gegenüber seines Senseis, während er Worte und seine Erinnerungen rennen ließ.    Rennen…rennen…rennen.    Asumas Stimme jagte ihm nach. ‚Wenn du mir nicht sagen kannst, was passiert ist, oder wer es getan hat…dann sag mir, WARUM du es nicht kannst.‘   Rapide schüttelte er den Kopf und sein Mund bewegte sich, um die Worte zu formen, die er damals gesprochen hatte – spielte sie erneut ab, durchlebte es erneut. „Stop…“   ‚Sag mir, warum.‘   „Ich kann nicht.“   ‚WARUM, Shikamaru?‘   „ICH KANN NICHT!“   ‚VERDAMMT! Wovor zur Hölle hast du solche Angst?‘   „VOR MIR!“, brüllte Shikamaru so laut und so brutal, dass er nach vorn auf seine Hände fiel, trocken würgte und keuchte, seinen Kopf gegen die Unterarme drückte, während sich der Rest seiner Worte in seiner Kehle verfing und sich nur in seinem Kopf abspielte. ‚Weil ich vielleicht etwas viel SCHLIMMERES bin, als sie es waren! Schlimmer, als ER es war! Bitte mich nicht darum, ZURÜCK zu gehen! Niemand hat das je getan! Und ich bin FROH darum! Wenn ich mich nicht an das erinnere, wozu mich diese Leute gebracht haben...was ich wegen ihnen getan habe, dann muss ich es nicht WISSEN! Bitte mich nicht, es REAL ZU MACHEN, Asuma! Es nicht mehr REAL! Es ist VORBEI!‘   „Es ist vorbei“, wisperte der Kleine und brach damit in die Erinnerung, brach in sein Herz, wieder und wieder und wieder. „Du hast es selbst gesagt. Du hast es Sensei gesagt. Du hast es mir gesagt. Du hast ihn umgebracht. Du hast ihn umgebracht. Du hast ihm eine Spritze in den Hals gejagt. Du hast ihn hinunter gezerrt in eine Grube.“   „Lügen“, fauchte die Finsternis. „Immer nur Lügen.“   Shikamaru scherte sich nicht um die Lügen. Um Ihn, Sein oder Sie. Von all diesen verstreuten Teilen, all diesen Lügen und Wahrheiten, machte sich nur eine einzige Sache bemerkbar. Nur eine Sache war von Bedeutung. Eine Frage über allem anderen…eine Frage, die er nicht zu stellen gewagt hatte, weil die Antwort schlimmer sein musste als alles, was ihm angetan worden war.    „Was habe ich getan?“, würgte er hervor.    Schweigen…im Innern und auch außen…   Der Kleine rollte sich versteinert in ihm zusammen.    Die Finsternis schloss sich schützend wie eine Faust um ihn.    Aber keiner von beiden beantwortete seine Frage. Es war so still in seinem Kopf, dass ihn diese Stille mehr verängstigte als es bei den Stimmen jemals der Fall gewesen war. Seine größte Furcht, sein größtes Verlangen nach Vergessen. Das alles reduzierte sich auf diese eine Frage.    Was habe ich getan?   „Du hast gewonnen“, sagte die Finsternis. „Ich habe dafür gesorgt. Du hast überlebt.“   Was überlebt?   Schon wieder dieses Schweigen, diese überwältigende Leere anstelle der Stimmen. Shikamaru biss die Zähne zusammen und rappelte sich auf die Füße. „Antwortet mir“, knurrte er.    Nichts.    Nur ein stiller Korridor in seinem Verstand, der in einer verriegelten Tür endete, der verrottete Rahmen erhellt von einer Niedrigwattbirne. Eine stachelige, rote Schrift, die auf das Holz gesprüht war. Während des Trocknens war sie verlaufen, wodurch sie aussah, als wäre sie mit Blut geschrieben worden.    TEKISHA SEIZON.   Er wusste, was jenseits dieser Tür lag.    Die Arena, die Plätze, die blutbespritzte Bühne und das Phantom des Mannes, der ihn eingeladen hatte.    ‚Triff mich heute Abend im Tekisha Seizon. Und ich werde dir ganz genau zeigen, was ich meine.‘   Die Antwort darauf lag hinter dieser mentalen Tür. Da war sie schon immer gewesen – oder nicht? Die Tür in seinem Verstand, von der Tenka ihn stets fort geführt hatte, als er ihn bei dieser mentalen Hand genommen und mit ihm von der Vergangenheit fort gelaufen war, von den Phantomen und dem Ort, den er überlebt hatte.    Was habe ich überlebt? Wie habe ich überlebt? Was zur Hölle habe ich nur GETAN?   Die Furcht vor diesem Wissen hatte ihn stets zurückgehalten, hatte ihm immer gestattet – egal wie unterbewusst – Tenka seinen Kopf richten zu lassen, Erinnerungen zu fabrizieren und ihm beim vergessen zu helfen.    Vergessen…nur konnte ich das nicht, nicht wahr?   „Hör auf“, murmelte die Finsternis. „Sei nicht so verfickt schwach. Du hast überlebt. Sogar Asuma hat das gesagt. Es gibt keinen Grund, sich dafür zu entschuldigen, dass man gewonnen hat. Dass man überlebt hat.“   Shikamaru schüttelte den Kopf, während sich ein furchterregendes Verstehen hinter seinen Rippen aufbaute und hinter seinen Augen auftürmte. „Ich konnte es nicht vergessen, weil ich es mir nicht vergeben konnte…was auch immer es war, was ich getan habe. Was auch immer ich getan habe.“   „Okay. Also jetzt fängst du so RICHTIG an, mich anzupissen“, fauchte die Finsternis, zornig inzwischen, aber es lag noch etwas anderes in dieser Stimme, wie eine Kante der Panik. „Es tut mir nicht leid. Genauso wenig wie dir.“   Shikamaru würgte ein verängstigtes und zerbrochenes Lachen hervor und stolperte auf diese Tür in seinem Kopf zu. „Gibt nur einen Weg, das rauszufinden, richtig?“   „Wenn du dorthin gehst, bist du auf dich allein gestellt. Du willst mir dabei NICHT in die Quere kommen.“   Es war keine leere Drohung.    Scheiße, Shikamaru spürte die Brutalität und das Versprechen wie eine Klinge an seiner Kehle. Trotzdem näherte er sich weiter der Tür, schob den Riegel zurück und trat hinein in die Erinnerung, in die Vergangenheit, in den Ort, wo der Kleine unaufhörlich schrie und sich die Finsternis weißwusch…   Weiß.   Weiß.    Weiße Papiere mit Missionsbeschreibungen lagen auf dem Boden verstreut, bekritzelt mit einer unleserlichen Sauklaue, die nur Shikamarus fünfzehnjähriges Hirn verstehen konnte. Warum es einfach machen? War nicht so, als hätte Genma ihm auch nur einen Hauch von Freizeit gewährt und das trotz der Tatsache, dass Shikamaru ganze sechzehn Berichte über den Prüfungstag geschrieben hatte, wohingegen der Rest der Proktoren zu viert gerade mal sechs Berichte zustande gebracht hatte.    Jo und was bekomme ich für meine Mühen?   Hausarrest.    Kein Witz. Genma hatte die Berichte nicht eines einzigen Blickes gewürdigt. Stattdessen hatte er Shikamaru und den Rest der Proktoren zum nächstgelegenen Gasthaus geradezu abgeführt. Eigentlich war der Ort voll ausgebucht gewesen, bis sich Genma dazu entschlossen hatte, eine Waffe aus dem Ärmel zu zaubern, die scheinbar exklusiv für Frauen reserviert und offensichtlich zehnmal wirksamer war, als alle seine Senbons. Es war ein geradezu umwerfendes, schiefes Lächeln gewesen, das das Mädchen am Empfang wortwörtlich von den Füßen gefegt und auf magische Weise sechs freie Zimmer heraufbeschworen hatte.    Tz. Eher sechs Zellen…   Und nochmal; kein Witz. Genma hatte ihnen strengstens verboten, das Gelände zu verlassen, was Shikamarus Plan vollständig zunichte machte, zum Tekisha Seizon zu gehen und sich mit Shin zu treffen.    Shuken.   Verdammt da war sie schon wieder. Diese Hitze in seinem Inneren. Dieses Jucken unter seiner Haut. Dieses Brennen auf seinem Mund, als er daran dachte, wie diese schwach lächelnden Lippen seine eigenen berührten…und diese Verrücktheit über das Wissen, dass er es zugelassen hatte, auch wenn er nicht darum gebeten hatte.    Das ist verrückt.   War das der Reiz?   Shit.   Knurrend warf Shikamaru den Stift, auf dem er herum gekaut hatte, durch das Zimmer, presste seine Wirbelsäule in das niedrige Bett und ließ seinen Kopf nach hinten gegen die Matratze kippen, während er versuchte, nicht mit den Knie zu wackeln, als er hinauf zu dem Deckenventilator stierte. Sekunden verstrichen und die Rotorblätter drehten sich in dem Bemühen, irgendeine Art von Luftzug in dieses stickige Zimmer zu bringen.    Schweiß bedeckte seine Haut.    Die Hitze brannte weiter; in seinem Körper, in seinem Blut. Er spürte, wie sich seine Muskeln gegen den Zug einer unentrinnbaren Anziehung anspannten, einer unleugbaren Schwerkraft, die in seiner Magengegend und in seinem Kopf wirbelte. Ein Strudel, der all seine Sinne in eine brennende Singularität schluckte, die aus zwei elementaren Konflikten bestand.    Furcht. Verlangen.    Sie drehten Yin-Yang Kreise in ihm…was würde gewinnen? Er war zwischen zwei Kräften gespalten, fühlte sich, als würde er in die Leere gleiten, die sich zwischen ihnen öffnete. Es war dunkel und unbekannt und es machte ihm genauso sehr Angst, wie es ihn faszinierte…es zog ihn immer noch tiefer…   ‚Das ist die Dichotomie des Göttlichen, Shika. Erinnerst du dich, wie ich dir gesagt habe, dass Leben Dualität ist? Dieser Konflikt zwischen Strategie und Spontanität macht das Spiel umso faszinierender.‘   Faszination und Intrige. Die Vorfreude darauf. Er konnte schon wieder dieses Kribbeln wie von tausenden Nadelstichen fühlen. Kein Adrenalin. Keine Beklemmung. Es war eine dieser beiden Kräfte, die sich in ihm drehten…und er wusste sofort, dass es nicht die Furcht war.    ‚Dann weißt du bereits, was du fühlst. Du willst es nur nicht benennen.‘   Verdammt richtig, das wollte er nicht. Aber das hielt in nicht davon ab, danach zu handeln. Nicht dass er das konnte, wenn er wie ein kleines Kind zu Hausarrest verdonnert worden war. Zorn flammte hinter seinen Augen auf.    Ich bin kein Kind.   Während er sich auf die Füße stemmte, fuhr sich Shikamaru durch sein offenes Haar und begann, auf und ab zu tigern. Rastlos. Irritiert. Verwirrt – und ja, vielleicht auch ein bisschen verrückt, wenn man bedachte, was er versucht war zu tun.    Verrückt, huh? Und nochmal, vielleicht ist genau das der Reiz daran.    Zusammen mit dem Versprechen, das wie auch immer geartete Spiel zu meistern, das in Shukens Augen ablief. Ein Spiel, wo die Regeln, die Shikamaru bisher gemeistert hatte, nicht länger galten. Ein Spiel, wo das Spielbrett zu mehr wurde als nur derselben alten Karte, die er bereits hunderte Male zuvor gesehen hatte. Wo alles, was er geglaubt hatte, über das Spielen und Gewinnen zu wissen, in Frage gestellt wurde. Intellekt oder Impuls? Strategie oder Spontanität?    Es ist nicht logisch.    ‚Und trotzdem liegt es in unserer Natur.‘   „Natur“, murmelte Shikamaru laut, als er bei dem offenen Fenster stehen blieb. Zu beiden Seiten seines Kopfes stützte er die Hände gegen den Rahmen und sah hinaus in die feuchtwarme Kusa-Nacht. „Was zur Hölle hat er damit gemeint?“   ‚Triff mich heute Abend im Tekisha Seizon. Und ich werde dir ganz genau zeigen, was ich meine.‘   Shikamaru trommelte mit den Fingern gegen Fensterrahmen und spähte über die Schulter; sah zu den verstreuten Missionsbeschreibungen, den zerknitterten Laken des Bettes, den Rattanmöbeln und dem klapprigen Ventilator, auf seine Flakjacke und die Sandalen, die er achtlos in eine Ecke des Raumes getreten hatte. Dann warf er einen flüchtigen Blick auf die Uhr und sah zu, wie sechzig Sekunden verstrichen.    Scheiß drauf.   In unter einer Minute war er aus dem Fenster verschwunden und navigierte sich über die Giebeldächer, wobei er sich in einer niedrigen Hocke bewegte. Die Nacht war wie ein aufgeblähter Bauch voller heißer, stickiger Luft und dem peptischen Gurgeln von Abendaktivitäten; Gaststätten, Teehäuser, Spielhöllen – ohne Zweifel wurden Wetten für die bevorstehenden Geninkämpfe abgeschlossen.    Mist.   Er müsste rechtzeitig wieder zurück sein, um sich vorzubereiten.    Reg dich ab. Ist nicht so, dass das die ganze Nacht dauern wird.    Rasch schätzte er die Richtung ein und huschte an einer Reihe Imbissstände und brummender Restaurants vorbei, hielt sich auf den Dächern und in den Schatten. Ein diagonaler Pfad führte ihn von der Hauptstraße fort und näher zum schäbigeren Bereich der Stadt, wo die Wohnhäuser eher barackenhaft, statt nachbarschaftsfreundlich aussahen.    Tekisha Seizon.   Er entdeckte das vertraute Schild, das von einer roten Papierlaterne und ein paar flackernden, ersterbenden Glühbirnen beleuchtet wurde. Der Ort schien still zu sein. Geschlossen. Das Sicherheitsgitter war vor den Eingang gezogen. Aufmerksam suchte Shikamaru nach Wachen, bevor er sich in die Gasse fallen ließ, die zum Hintereingang führte und sich der Tür näherte.    Nicht verschlossen.    Er war sich nicht ganz sicher, warum ihn das überraschte.    Rasch schlüpfte er hinein und lief den bekannten, dunklen Korridor entlang zu der Tür mit dem Riegel am anderen Ende. Sie stand offen, aufgekeilt von einem Kunai. Interessanter Türstopper. So viel also zu Sicherheit. Stirnrunzelnd warf er einen Blick über die Schulter und legte den Kopf schief, um zu lauschen, bevor er sich durch den Spalt drückte.    Die Halle war leer und tief in Schatten getaucht.    Hoch oben in den Sparren glühte ein einzelnes Bühnenlicht wie ein Teufelsauge und schnitt einen blutigen Pfad durch das Schwarz, um die Kampfarena in leichenhafte Schattierungen zu baden. Der Gestank von Schweiß, Rauch und Sake hing noch immer schwer in dem Stadion und drehte Kreise, da riesige Deckenventilatoren die abgestandene, feuchte Luft in Bewegung setzten.    Kein Lebenszeichen.    Während er die leeren Ränge scannte, stieg Shikamaru einen der treppenartigen Gänge hinab, wobei er sich langsam und geräuschlos auf den eingesunkenen Bereich der abgezäunten Arena zubewegte. Die Bühne war abgespritzt worden und rostrotes Wasser tropfte durch den Maschendrahtzaun. Wachsam näherte sich Shikamaru dem diamantförmigen Netz und lauschte nach dem musikalischen Summen der chakrageladenen Spannung.    Nichts.    Sie hatten die Zäune abgeschaltet.    Macht Sinn.    Er wandte der Bühne seinen Rücken zu, ließ seine Augen über die Sitzreihen wanderten und kehrte dann langsam in Richtung der Tür zurück. Kein Zeichen von dem gruseligen Echsentyp, mit dem sich Genma angelegt hatte. Oder von dem narbengesichtigen, einäugigen Katsu. Und auch kein Shuken.    Shuken…   Es fühlte sich seltsam an, diesen Namen statt des vorherigen ‚Shin‘ zu verwenden. Oder vielleicht rührte dieses seltsame Gefühl auch von dem sonderbaren Empfinden von Spannung her, das Shikamarus Haut straffzog. Es löste eine Gänsehaut aus, stellte winzige Härchen auf und alarmierte seine Sinne.    Zur Hölle?    Shikamaru wich einen Schritt zurück, drehte einen langsamen Kreis und lauschte, während er die Schatten absuchte. Er konnte nichts Verdächtiges erkennen, hörte nichts Auffälliges. Überhaupt nichts. Nichts, das darauf schließen ließ, dass er nicht völlig allein war. Doch die kribbelnde Gänsehaut blieb und ein Schauer durchlief seine Wirbelsäule. Klasse. Jetzt benahm er sich schon wie ein verängstigtes Kind.    „Du bist so ein Idiot“, sagte er sich selbst und marschierte entschlossen zu der langen Betonrampe, die unter der eingesunkenen Arena zu der Ebene führte, auf der ‚ZUTRITT NUR FÜR TIERFÜHRER‘ stand.    Vielleicht hatte Shuken ja eigentlich gemeint, ihn beim Shinjūmon Portal zu treffen.    Als er hinein in den dämmrig beleuchteten Korridor trat, wich die stickige Stille dem Rumpeln von Aggregaten dem Gurgeln der schwitzenden Rohre über seinem Kopf. Die rostigen Eingeweide erstreckten sich über die Decke und verliefen entlang separater Sektionen des Tunnels.    Geradeaus, dann links.   Wie gut, dass er diese Route vorher schon einmal langgelaufen war. Jeder Tunnel, der sich von dem Hauptkorridor abzweigte, sah ebenso dunkel und nichtssagend aus wie der nächste. Er war bereits einige Meter weiter und zwei Schritte in die richtige Richtung gelaufen, als seine Eingeweide die vollkommen falsche Richtung einschlugen und ihm in die Kehle sprangen.    Da war nichts, was er sah. Nichts, was er hörte.    Es war ein Geruch. Faulig. Ranzig. Ganz ähnlich dem ersten, widerlichen Tiergestank, den er hier unten gerochen hatte. Nur war da diesmal auch noch diese unterschwellige Fäulnis, verdorbenem Fleisch nicht unähnlich, vermischt mit dem eklig-süßen Gestank von etwas, das Erbrochenes oder saure Milch sein könnte. Als wäre hier unten etwas gestorben…und das schon vor Tagen.    Tote Chimären?   Er versteifte sich, als die Erinnerung an diese kranken Bestien wahnsinniger Wissenschaft zurückkehrte. Grausam, riesig, vielleicht auch ein bisschen von Vorstellungskraft verzerrt. Keine Überraschung. Es wäre nicht allzu schwer, das, was er gesehen hatte, mit irgendeiner irren Albtraumphantasie zu verwechseln.    Ich weiß, was ich gesehen habe.    Genauso, wie er auch wusste, was er gerochen hatte. Und es traf ihn instinktiv. So, wie es bei ganz ursprünglichen Ängsten der Fall war. Ein unerwarteter Schlag in die Magengegend. Während er sich halb auf dem Absatz drehte, überlegte er, ob es klug wäre, herum zu schnüffeln, doch letztendlich gewannen seine Shinobiinstinkte.    Wie lästig.    Er zögerte alibimäßig. Zwei Sekunden. Drei. Und dann wurde er von der Ansammlung von Gerüchen angezogen, wie dazu gezwungen, die Bedrohung zu identifizieren und endlich dieses aufgewühlte Gefühl zu rationalisieren, das sich in ihm festgesetzt hatte.    Wo ist ein Inuzuka, wenn man einen braucht?   Seiner Nase folgend – was nicht gerade schwer war, da der Geruch immer schlimmer wurde – wandte er sich nach rechts. Der Tunnel, den er betrat, streckte sich ein paar Meter vor ihm aus, bevor er eine Kurve beschrieb und hinter einer dunklen Biegung verschwand. Die rechte Seite der Wand war von geschlossenen Türen und eingegitterten Glühbirnen gesäumt. Stumpf. Rot. Notfalllichter.    Shikamarus Braue zuckte nach oben.    Es sah aus wie eine Gefängniseinrichtung. Die Türen hatte kleine Sichtfenster und Gitterstäbe. Wachsam näherte er sich der ersten Zelle, hörte ein seltsam summendes Geräusch, linste durch die Eisenstangen und –    „Shit!“ Er zuckte zurück, Mund und Nase in seiner Armbeuge begraben.    Sein Mageninneres verwandelte sich in formlosen Schlick.    Er brauchte einen langen, getroffenen Moment, um nach Luft zu schnappen und die Galle hinunter zu würgen.    Heilige Scheiße.    Langsam ausatmend trat er noch einmal zu dem kleinen Fenster. Nahm die Szenerie in sich auf und gab sich dabei alle Mühe, nicht auf seine Füße zu kotzen. Nichts dadrin bewegte sich außer Fliegen und Maden. Spuren einer schwarz schimmernden Flüssigkeit bedeckten den erdigen Boden und die Ziegelsteinwände. Arterieller Sprühregen. Ganze Lachen aus Blut.    So viel Blut.    Blut, das zu dem aufgedunsenen Körper gehörte, der in einem zerknitterten Haufen im Zentrum der Zelle lag; ein kleiner Körper, der Körper eines Mädchens, die Haut fleckig von den gelblich grünen und lilablauen Schattierungen des Todes. Ihre Kehle war so brutal, so gewalttätig aufgeschlitzt worden, dass sie quasi enthauptet war, ihr Kopf lollte leblos nur noch an Strängen aus Knorpel und Sehnen.    Fassungslos und angewidert stierte Shikamaru, als würde er dazu gezwungen.    Es war wie etwas direkt aus einem Horrorfilm. Er konnte geradezu spüren, wie sich diese Szenerie in seine Augäpfel ätzte und sich in seinem Hirn festsetzte. Das war genau die Art von Scheiße, die einen Fleck zurückließ, der sich nie wieder auswaschen ließ. Und gerade, als Shikamaru dachte, dass es absolut nichts gab, das dieser grauenvollen Darstellung hinzugefügt werden konnte, erhaschte er eine Bewegung im entferntesten Winkel der Zelle.    Seine Augen weiteten sich und sein ganzes Gesicht fiel entsetzt in sich zusammen.    Ein Kind, nicht älter als zwölf, saß kauernd in den Schatten, eine Machete krampfig in knochenweißen Fingern haltend. Er war über und über von Rot bedeckt. Sein Blut. Das des Mädchens. Er war ziemlich übel zugerichtet, violette, klaffende Wunden eiterten und waren entzündet.    Shikamaru war sich ziemlich sicher, dass er das gelbliche Weiß bloßgelegter Knochen sah, die hier und da hervorstachen. Aber trotz aller Versehrtheit des Körpers, waren es die Augen des Jungen, die die tiefsten Narben trugen; die finstersten Wunden. Tote Augen. Finstere, stierende Augen. Versunken in ihren knochigen Höhlen – hohl, flach, bar irgendeines Anzeichens von Seele. Einfach nur zwei schwarze Löcher. Zumindest, bis er aufsah…   Aufsah und Shikamarus entsetztem Blick begegnete.    Für eine sehr lange Sekunde starrte ihn der Junge einfach nur an. Und dann wisperte er mit einer Stimme, die kein Kind auf dieser Welt besitzen sollte: „Habe ich gewonnen?“   Die Frage wurde nicht wahrgenommen.    Shikamarus Hirn traf heftig und hart auf eine Wand und erholte sich nicht davon.  Verleugnung.    Er spürte, wie sich sein Körper nach hinten bewegte, als seine Füße benommene, bebende Schritte machten, wie bei einem Schlafwandler. Schlafwandeln. Das musste es sein. Das war ein Albtraum. Und wie in einem Albtraum, fühlte er, wie sich sein Körper in Zeitlupe bewegte, als er sich umdrehte und begann, den Korridor entlang zu laufen.    Todestrakt…   Und schlimmer als die Toten waren die, die immer noch am Leben waren…am Leben und doch tot…   Wie lebende Leichen…   Kids mit toten Augen, toten Gesichtern und toten Körpern zu ihren Füßen…   Gott. Nicht nur zu ihren Füßen…   Bei einer anderen Zelle blieb Shikamaru stehen. Jede Luft verließ ihn. Ein kleines Mädchen saß auf dem Boden, schaukelte apathisch vor und zurück und rammte dabei ihren Schädel immer wieder gegen die Wand. Ihre Kopfhaut war bereits aufgeplatzt und blutete. Ein weiteres Kind, älter, männlich, baumelte träge am Ende eines Seils, das an die dampfenden Rohre an der Decke gebunden war. Aufgehängt an der Kehle, das Gesicht aufgedunsen, die Augen in einem bewölkten Starren halb geöffnet.    Der Anblick war grässlich, entsetzlich…   Aber er konnte nicht wegsehen. Seine Augen brannten, weil er nicht mehr blinzelte und da war etwas Heißes und Kratziges in seinem Rachen. Ein Schrei. Ein heißer Ball aus Galle. Er stieß ein ersticktes Geräusch aus.    Das Kind sah auf, blutunterlaufene Augen stierten direkt durch ihn hindurch, als sie gurgelte: „Es tut mir nicht leid. Es tut mir nicht leid. Es tut mir nicht leid.“   Und dann sprach jemand hinter ihm: „Was zur Hölle machst du hier?“   Shikamaru wirbelte herum und erstarrte.    Er blickte hinauf in ein Gesicht, das nicht wirklich ein Gesicht war.    Gott.    Nein. Kein Gott. Ein Teufel. Ein Dämon. Die schimmernd rote Noh Maske hing in der Finsternis des Korridors, das feixende Grinsen streckte sich weit aus. Der Torwächter dieser Hölle und all ihrer grauenerfüllten Zellen.    Und dann trat der Dämon aus dem Schatten in eine Pfütze roten Lichts.    Shikamaru blinzelte und der Horror auf seinem Gesicht ging in geschocktes Wiedererkennen über. Er kannte diese Maske. Hatte auch den Mann dahinter gesehen. Die glatten, aschblonden Strähnen, der lange, blasse Pferdeschwanz, der am Nacken des Mannes zusammengebunden war. Er hatte diesen Mann gesehen. Diesen Mantel und Degen Typ mit den sonderbaren, heimsuchenden Augen.    „Du“, hauchte Shikamaru, suchte diese schwarzen Augenhöhlen nach den violetten Seen ab, die tief in Schatten verloren waren, seine Stimme wie Staub. „Tenka.“   Das Dämonengesicht zuckte bei diesem Namen zurück und ein Fuß schob sich nach hinten. Doch er erholte sich schnell. Eine behandschuhte Hand schoss nach vorn, um den Arm des Schattenninjas zu packen und die Finger hart hinein zu krallen. „Du darfst nicht hier sein“, murmelte Tenka mit einer Stimme, die nur ein leises Krächzen durch diesen feixenden Mund war. „Gott, nicht hier.“   Es waren nicht die Worte, die Shikamaru endlich aus seiner hirntoten Benommenheit rissen.    Es war die Berührung.    Verleugnung zersplitterte und fiel zusammen mit seinem Magen nach unten. Furcht wurde zu Adrenalin. Adrenalin wurde zu Zorn. Gewalt war die Kniesehnenreaktion und er schlug um sich; legte all seine Angst, all seine Verwirrung und all seine verfickt ausgeflippte Raserei in den Schlag.    Überraschungsmoment.   Er hatte es.    Zumindest für zwei Sekunden.    Er schaffte es gerade so, diese Dämonenmaske zu erwischen und sie aus dem Gleichgewicht zu bringen, bevor seine gesamte Welt aus dem Lot geriet. Tenka rammte ihn aufwärts gegen die nächstbeste Wand und presste ihm eine Hand über den Mund, bevor er schreien konnte. Rasch lehnte er sich nach genug, dass Shikamaru gerade so ein Flackern dieser unheimlichen, violetten Augen hinter der Maske sehen konnte.    Ein langsamer, kontrollierter Atemzug und Tenka sprach mit offenkundiger Dringlichkeit: „Du hast Angst. Das solltest du auch. Du verstehst es nicht und ich kann es dir nicht erklären. Dafür ist keine Zeit. Keine Worte, nur Taten. Aber glaub mir, wenn ich dir sage: wenn ich dir wehtun wollte, dann wärst du jetzt schon tot.“   Shikamaru wurde vollkommen regungslos.    Aus irgendeinem Grund – nein, kein Grund, da war kein Grund, keine Logik, kein Verständnis – aber aus irgendeinem unbekannten Gefühl heraus, glaubte er diesem Kerl. Hatte vielleicht auch ein bisschen damit zu tun, dass er ernsthaft Todesangst hatte und wahrscheinlich eine ganze Menge damit, dass ihm in dieser Angelegenheit überhaupt keine Wahl gelassen wurde…und was für eine Wahl eventuell noch geblieben war, wurde in der Sekunde fortgestohlen, als eine Stimme den Korridor entlang explodierte.    „Fee-fi-fo-fum, ihr kleinen Ficker!“   Tenka erstarrte und sein maskiertes Gesicht neigte sich in die Richtung des diabolischen Lachens, das folgte. Die Kinder begannen zu grölen, zu schreien, zu schluchzen…   Manche blieben still…kamen einfach nur zu den vergitterten Fenstern und stierten ins Nichts.  Noch mehr hysterisches und amüsiertes Lachen. Krankes Hyänen-Gackern. Mehr als ein Mann. Einige. Ein ganzes Rudel. Sie verhöhnten diese Kids, verspotteten sie zum Gelächter von Teufeln. Shikamaru hörte das Laute KLANG, KLANG, KLANG von Metall, als würden diese Monster, die die Kinder anbrüllten, jetzt an ihren Käfigen rütteln und sie aufscheuchen, als wären sie Tiere.    „Haste gewonnen? Haste verlor’n?“   „Wer will richtig spielen?“   Eine andere Stimme, näher diesmal. „Tenka, mein Freund! Wo biste, Bruder? Hilfste mir und meiner Truppe, diese kleinen Schlampen zusammenzutreiben!?“   Bei der letzten Stimme flogen Shikamarus Augen weit auf. Er kannte diese Stimme, diesen nasalen, schmuddeligen Tonfall und diesen einschmeichelnden Gebrauch des Wortes ‚Bruder‘.   Yamori.   Echsengesicht. Der Kerl, der Genma auf eine sehr feine und gefährliche Messers Schneide gebracht hatte. Der Kerl, der gefragt hatte, wie alt Shikamaru war. Ob er Blutsport mochte. War es das, was dieser kranke Bastard im Sinn gehabt hatte, als er diese Fragen gestellt hatte?   Aber Shikamaru blieb keine Zeit, um zweihundert Szenarien zu verarbeiten, die sich in einer dieser Zellen abspielen könnten. Oder die zweihundert Wege, auf die es ein Kerl wie Yamori und auch jeder sonst, der in diese völlig verdrehte Operation involviert war, verdient hatte zu sterben.    Tenka packte ihn noch fester, schubste ihn fort zum anderen Ende des Korridors und stach mit einem Finger in Richtung des Ausgangs. „Renn. Sieh verflucht nochmal zu, dass du hier raus kommst, Shikamaru. Komm niemals wieder hierher zurück.“   Taumelnd blieb Shikamaru stehen und wandte sich bei der Erwähnung seines Namens um. „Wie-?“   Knurrend schubste ihn Tenka so heftig, dass er gar keine andere Wahl hatte, als zu rennen, oder flach auf die Fresse zu fallen.    „LAUF!“   Und er lief.    Schoss wie ein gottverdammter Pfeil den Tunnel hinunter, während das geifernde Lachen der Hölle nach seinen Hacken schnappte. Dürre Arme versuchten, ihn durch die Gitterstäbe zu packen, heimgesuchte Gesichter sahen ihn an, die Konturen in blutige Linien geätzt und ihre Stimmen – Gott, ihre Stimmen – verfolgten ihn, wogten in Echos verstärkt durch den Tunnel.    „Ich will nicht spielen.“   „Ich habe gewonnen.“   „Habe ich gewonnen?“   „Es tut mir nicht leid.“   „Verlierer!“   „Ich bring dich um!“   „Bring mich um.“   „Bitte.“   Das letzte Wort ließ ihn beinahe abrupt stehen bleiben, es war wie eine Klinge aus Eis durch sein Herz. Aber das Momentum trug ihn daran vorbei, trug ihn weiter. Er platzte aus dem Korridor, hetzte den Tunnel zum Ausgang entlang. Sah die Rampe direkt vor sich. Sah das scharlachrote Licht der Arena.    Ein Fenster des Auswegs.    Lauf, lauf, lauf.    Er war am Fuß der Rampe, als alle Lichter in der Arena angingen. Grell und blendend. Fassungslos kam Shikamaru zu einem schlitternden Halt, sein Momentum so stark, dass er zurückspringen musste, um nicht zu stolpern. Er fiel einen Schritt nach hinten in den Tunnel, einen Arm gegen das grelle Licht erhoben.    Eine Gestalt trat die Rampe hinunter.    Eine unbestimmbare Silhouette, umrahmt von einem blutroten Heiligenschein, stand zwischen Shikamaru und seinem Ausweg. „Ah, Shika“, erklang die tiefe, samtig weiche Stimme, ergoss sich in die eiskalte, benommene Stille wie der dunkelste Spritzer reichen Weins – oder Blutes. „Das enttäuscht mich wirklich.“   Shikamaru sagte überhaupt nichts. Seine Zunge klebte an seinem Gaumen. Schon wieder war sein Hirn gegen eine Mauer gekracht. Das konnte einfach nicht passieren. Es musste eine Erklärung geben. Er versuchte, an dem grellen Funkeln des Lichtes vorbei zu blinzeln, versuchte, die Konturen dieses Gesichtes zu erkennen, das er nicht sehen konnte.    „Yo, Kleiner.“ Diese Stimme erscholl hinter ihm.    Shikamaru wirbelte herum und etwas – jemand – traf ihn. Da war das leichteste Funkeln aus dem Augenwinkel. Da war der harte, stumpfe Aufprall von Stahl gegen seine Schläfe.    Und dann war da nichts.    Da war Finsternis…   Finsternis…   Und dann sprach diese Finsternis: „Ist es das, woran du dich erinnern wolltest? Gratulation. Hier endet es nicht. Und jetzt steh verfickt nochmal auf.“   Das tat er nicht. Für eine sehr lange Zeit nicht. Hätten Minuten sein können. Hätten auch Stunden sein können. Er verlor das Zeitgefühl. Nicht auf die Weise, wie bei seinen Blackouts, denn diesmal war er bei Bewusstsein. In der Kontrolle und sich allem allzu sehr bewusst…bewusst, dass er in einem Zustand dahockte, der nicht wirklich Schock war…aber es war auch nicht wirklich geistig gesund…seine Wirbelsäule presste sich gegen die Wand eines alten, ruinierten Tunnels, der von Zellen gesäumt waren…und angefüllt mit dem Staub all des Todes, den er vor zwei Jahren hier erlebt hatte.    All das Töten…   All diese Kinder…   Shikamarus Luftröhre zog sich zusammen, sein Kiefer hing weit offen und verbarrikadierte sich bei Worten, die er nicht sagen konnte, weil er nicht die Stimme hatte, um zu sprechen. Da war ein Schmelzofen in seiner Kehle und verbrannte seinen Atem. Er konnte nicht atmen.    All diese Kinder…   Und er hatte sie einfach zurückgelassen. Er war gerannt. Aber schlimmer als das…da war noch etwas anderes, was er getan hatte, oder nicht? Etwas anderes…etwas anderes…    „Komm drüber weg. Ich hab es getan. Bekomm deinen Kopf endlich wieder zurück ins Spiel und finde das Portal“, sagte die Finsternis.    „Was habe ich getan?“, krächzte Shikamaru. „Was habe ich getan?“   „Was hast du NICHT getan, würde es eher treffen. Ich werd dir jetzt mal was sagen. Ich habe dich nicht für diesen selbstgeißelnden Bullshit hierher gezerrt. Ich habe dich nicht hierher gebracht, damit du schwach bist. Immer bist du so gottverfickt schwach.“   Die kalten, beißenden Worte wurden überhaupt nicht wahrgenommen, denn alles, was Shikamaru spüren konnte, wie es sich in seinem Verstand festsetzte, waren die Schreie dieser Kinder und die Stimme des Kleinen, der sich in ihm zusammengerollt hatte; vor und zurück wippend in einer Kammer seines Bewusstseins, wo die Furcht lebte, atmete, schrie.    „Hör auf“, japste der Kleine. „Tut mir nicht…es ist vorbei. Es ist vorbei. Bring mich nicht dazu, zurückzukehren. Bring mich nicht dazu, dorthin zurückzukehren.“   „Warum? Was habe ich getan?“, fragte Shikamaru noch einmal, richtete seine Worte diesmal an den Kleinen, während seine Stimme so heftig bebte, dass es ihm Schmerzen bereitete, einfach nur trotz der Enge zu sprechen, die sich immer mehr um seine Kehle schloss. „Sag mir…sag mir, was ich getan habe.“   „Ich werde dir sagen, was du getan hast“, erwiderte die Finsternis. „Du hast gewonnen. Du hast das Spiel dieses Monsters gespielt und du hast gewonnen. Und jetzt wirst du wieder gewinnen. Denn zu gewinnen ist das, was du tust. Was Ich tue. Du hast es schon hunderte Male zuvor gesagt…es ist immer nur ein Spiel.“   Shikamarus Wirbelsäule versteifte sich, seine Augen wurden rund. ‚Es ist nur ein Spiel.‘   Innerhalb eines Herzschlages spielte sich eine Szene auf der dunklen Theaterbühne seines Verstandes ab; ein kleines Mädchen stand in den Flammen, kupferfarbenes Haar und weiß wie Kreide, ihre großen Haselaugen in einem qualerfüllten Stieren auf ihn fixiert, während ihre Lippen die Worte formten: ‚Es ist nur ein Spiel. Also tut es dir auch nicht leid, oder? Dir nicht…mir nicht…‘   Seine ausgestreckte Hand griff nach ihr, seine Kehle schnürte sich zu. ‚Nicht. Nimm einfach meine Hand. Komm schon, Kleine. Komm einfach zu mir. Du bist sicher. Es ist vorbei.‘   ‚Habe ich gewonnen?‘   ‚Ja. Ja, du hast gewonnen.‘   ‚Ich will nicht mehr spielen.‘   Und dann die Worte, die er für den Rest seines Leben bereuen würde. ‚Okay. Das musst du nicht.‘   Sie weinte. Sie weinte wie der Kleine in seinem Kopf schrie, als beide Kinder seinem Blick begegneten und sie beide wie aus einem Munde sagten: „Lügner!“   Die Erinnerung zersplitterte.    Genauso wie etwas in ihm selbst.    Es war ein alter Bruch, eine alte Fraktur, ein Ort innerhalb seines Geistes, wo sich aller Zusammenhalt aufgelöst hatte. Shikamaru hielt nicht inne, um herauszufinden, was zur Hölle eigentlich gerade auseinander gekommen war. Denn der einzige Teil, der jetzt eine Rolle spielte, war der Teil, der sich in der Kontrolle befand. Und dieser Teil war auf die Füße geschossen und rannte, rannte, rannte – hol die Kids, hol die Kids, hol die Kids – und die Finsternis jagte ihm nach; ein heulendes Monster in seinem Kopf.    „Sie sie schon längst tot! Wenn du dich jetzt gegen mich wendest, dann gibt es kein Zurück! Das ist nicht VORBEI! Es gibt immer noch das ENDSPIEL und es gibt KEIN ZURÜCK! HÖRST DU MICH?“   Und wie er hörte…   Und vielleicht – genau wie der zusammengekauerte Kleine in seinem Inneren – begriff er endlich…   Begriff, dass das Monster, das in seinen Erinnerungen lebte, nicht einfach nur das Monster war, das ihn verraten hatte; es war das Monster, zu dem er geworden war.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)