Under these Scars von _Scatach_ (Teil Vier der BtB Serie) ================================================================================ Kapitel 26: Just a game ----------------------- Neji hörte die Bedrohung, bevor er sie sah; ein leises, scharfes Zischen. Er bemerkte, wie sich Shikamaru versteifte, hatte aber keine Zeit, eine Warnung zu schreien.    Die Türen barsten nach außen.   Die Wucht des Aufschlags hämmerte Neji mit einem heftigen Klatschen gegen den Korridor, was ihn zwischen Tür und Wand einklemmte. Atemlos kämpfte er darum, zumindest einen Teelöffel von Luft in seine Lungen zu ziehen, während sich seine Byakugan Sicht zusammenzog und ausdehnte. Durch das verschmierte Rechteck des Fensters sah er ein rotes Schlangenauge, das ihn anstierte, während die milchige Nickhaut in einem horizontalen Blinzeln darüber glitt.    Shikamaru…   Der erste Gedanke in seinem Kopf und das Erste, was seinen Mund verließ. „Shikamaru!“ Ein trockenes Keuchen, verloren unter dem schweren Grunzen und Fauchen der Bestie.    Und dann, von irgendwo weiter weg, die entsetzten Schreie einer Frau.    Gottverdammt!   Die Arme an seinen Seiten festgepinnt, mühte sich Neji ab, irgendeinen Halt zu finden, aber das Monster presste noch härter gegen ihn, die Krokodilschnauze stieß gegen das Sicherheitsglas und meißelte es fort wie ein Specht. Es hatte ihn exakt dort, wo es ihn haben wollte. Hilflos. Festgepinnt. Seinen Kopf auf einem Silbertablett, sobald das Glas zerbrach. Neji knurrte, bleckte die Zähne und eine instinktive Furcht ritt direkt unter der Oberfläche seiner Ruhe nach oben.   Sie liegen auf der Lauer…   Clevere Biester. Clevere Killer. Neji wusste, dass es zwei waren, weil er das andere hören konnte. Schrilles Krächzen und Schreien durchstach seine Ohren, verstärkt durch das Kreischen dieser unbekannten Frau. Aber er konnte Shikamaru nicht hören.   Kämpfte er?    War er bei Bewusstsein?    War er überhaupt am Leben?   Nejis Hirn fror bei diesem letzten Gedanken ein. Doch gleichzeitig flutete etwas Heißes seine Venen und sein Körper summte mit einem schlagartigen Rausch aus Energie, ein Knistern und Glühen baute sich unter der Oberfläche seiner Haut auf und riss seine Tenketsu in einem frenetischen Ausbruch von Chakra auf. „Jūkenpō Ichigekishin!“   Die Detonation aus Energie sprengte die Tür aus ihren Angeln.    Ein aufgeschrecktes Squawken und die Chimäre krachte nach hinten und der Kopf schmetterte durch das verstärkte Glas, selbst als der Körper noch durch die Luft segelte, da der durch Chakra verstärkte Schlag die zweifache Wucht entfaltete. Auf den Hinterläufen rückwärts schlitternd, rammte es seinen kreischenden Verwandten und warf beide Bestien in einem Knäuel aus Gliedmaßen zu Boden.    Benommen und zischend versuchten sie, sich wieder aufzurichten.    Neji rutschte die Wand hinunter und packte sich an die Brust, als er heftig hustete. Blut besprenkelte seinen Mund. Rasch fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen und war schlagartig wieder auf den Füßen, während er nach seinem Kunai griff. Doch bevor er sich nähern konnte, um die Chimären auszuschalten, umrundete Shikamaru mit gezogenem Tantō die andere Tür.    Erleichterung hämmerte die Luft aus Nejis Lungen und überwältigt schwankte er einen Schritt zurück. „Nara.“   Mit finsterer Miene warf ihm der Schattenninja einen kurzen, prüfenden Blick zu und tötete die beiden Kreaturen mit zwei brutalen Stößen, als er seine Klinge in rollende rote Augäpfel rammte, Gewebe durchstach und Hirn durchbohrte.    Innerhalb von Sekunden war es vorbei.    Die Frau am Ende des Ganges schrie unentwegt weiter.    „Shit.“ Shikamaru schüttelte Blut von seiner Klinge, bevor er hinter der gesprengten Tür in Deckung ging. „Danke für die Rettung, Hyūga. Aber diese Frau wird uns eine ganze Menge von den Dingern auf den Hals hetzen, wenn sie nicht aufhört.“   Rasch machte Neji eine Bestandsaufnahme ihrer misslichen Lage und ging neben ihm in die Hocke, während seine Byakugan Augen die sieben Laborräume scannten, die mit A – G markiert waren. Sein Mund bewegte sich vollkommen automatisch, um in einem Wispern weiterzugeben, was er sah. „Ich zähle zwölf Chimären, die sich in Gruppen bewegen.“   „Alles Dinovögel?“   „Ja. Mehrere tote Mitarbeiter. Die schreiende Frau scheint in einem Wartungsschrank eingeschlossen zu sein. Es sind noch drei andere bei ihr; eine weitere Frau und zwei Kinder. Ein Junge und ein Mädchen. Die stille Frau trägt einen Laborkittel; vermutlich eine Wissenschaftlerin. Zwei Chimären attackieren die Tür.“   „Kommen sie durch?“   „Das werden sie. Die Tür splittert schon.“   „Scheiße. Okay. Kannst du irgendwelche großen, leeren Räume auf dem Weg sehen, den wir gekommen sind?“   Neji runzelte die Stirn, wusste es aber besser als zu fragen oder zu unterbrechen. Er drehte den Kopf und sah zurück zum Empfangsbereich, um direkt daran vorbei den anderen Flügel des Gebäudes abzusuchen. „Der größte Raum ist die Kantine“, berichtete er. „Im Moment sind Naruto und Sakura dort drin und bekämpfen fünf – nein, sechs – Chimären. Gleiche Spezies.“   „Irgendwelche Überlebende des Personals?“   „Naruto trägt einen Jungen auf dem Rücken.“   „Shit. Was zur Hölle ist das mit all diesen Kids hier?“   Sprachlos schüttelte Neji den Kopf. Kinder in einer Forschungseinrichtung, in der es um die Erschaffung von Monstern ging? Verstörend, um es gelinde auszudrücken.    „Kantine“, murmelte Shikamaru, während er ein Kunai über seine Knöchel wirbeln ließ und geräuschlos sein Tantō in die Scheide schob. „Was sind das? Um die vier Ausgänge?“   „Wenn du die Tür mitzählst, die zur Küche führt, dann ja.“   „Na schön. Das könnte funktionieren.“   „Du hast einen Plan.“   Mit scharfen Augen sah Shikamaru zu ihm. „Ich habe immer einen Plan.“   „Ich bin ganz Ohr.“   „Hoffe, dass sie es auch sind, denn ich werde die Essensglocke läuten.“   Verwirrt zogen sich Nejis Brauen zusammen. Er sah zu, wie Shikamaru in seinen Allzweckgürtel an seiner Hüfte griff. Der Schattenninja zog eine dünne, hölzerne Gerätschaft heraus; hohl und röhrenförmig und in etwa fünfzehn Zentimeter lang, mit dem Nara Clansymbol darin eingraviert. Am Ende der Hartholzpfeife war ein kurz ausgestelltes Horn angebracht.    „Hirschkalbtröte“, erklärte Shikamaru. „Imitiert das Blöken eines Kitzes in Not nach. Zuhause benutzen wir das ständig; bringt die Hirschkühe zum Laufen.“   Nejis Augen blitzten mit Verstehen auf. Energisch schüttelte er den Kopf. „Nein.“   „Hey, ich werde auch rennen.“   „Nein!“   „Vertrau mir hierbei, Neji.“   „Es geht nicht um Vertrauen. Es geht um Taktik und Zeit. Wir sind in extremen Nachteil, wenn wir uns aufteilen.“   „Genau wie die.“   Noch mehr Schreie den Gang entlang. Mit zusammengebissenen Zähnen zischte Neji einen Fluch. „Gottverdammt.“    Shikamaru schnaubte, doch ein leichtes Schmunzeln verdrehte seine Lippen. „Erwarte das Unerwartete, huh?“   Neji fixierte ihn mit einem Blick, der Lava hätte gefriertrocknen können. „Wag es ja nicht, dich über mich lustig zu machen.“   „Pass auf, ich kann nicht garantieren, dass sie alle angerannt kommen, aber ich wette, wir können ihre Anzahl mit dieser Strategie reduzieren. Ich werde mich um alles kümmern, was zum Spielen kommt und dann schlage ich einen Bogen zurück und finde dich.“   „Das ist eine furchtbare Idee.“   „Vielleicht. Aber es ist die Einzige, die ich im Moment habe. Und es ist viel zu eng um zu versuchen, sie in den Korridoren zu bekämpfen.“ Er machte eine kurze Pause und ruckte mit dem Kopf in Richtung der schreienden Frau. „Wir haben keine Zeit, um darüber zu debattieren.“   Grummelnd deaktivierte Neji sein Byakugan. Er bewegte sich in einer Hocke vorwärts, umrundete die toten Monster und die zerstörte Tür, um ohne nachzudenken Shikamarus Schulter zu berühren. „Geh hier klug vor, Shikamaru.“   Spöttisch schnaubend stupste der Schattenninja in einer Geste seinen Kopf gegen Nejis Arm, die so locker und vertraut war, dass es den Hyūga an Ort und Stelle innehalten ließ. „Kinderspiel“, raunte der Nara zurück und blickte mit einem leichten Lächeln zu ihm auf. „Ich bin immer klug, wenn es ums Wegrennen geht.“   Für eine lange Sekunde sah Neji ihn sprachlos an. Eine Stimme in seinem Kopf zischte Mission. Stumm nickte er und setzte sich in Bewegung, um hinter die immer noch stehende Tür zu schlüpfen und sie dicht an seinen Körper zu ziehen, während er sich von dem Fenster darin fort lehnte. Das würde reichen müssen. Als er seitwärts durch das gesprungene Glas spähte, konnte er gerade so Shikamarus Silhouette in dem flackernden Licht erkennen.    Langsam erhob sich der Schattenninja, legte die hölzerne Pfeife zwischen das V von Daumen und Zeigefinger und schloss seine verbliebenen Finger in einer lockeren Faust um den Rufer. Er hob das andere Ende an seine Lippen, holte tief Luft und blies in die Luftkammer, während er seine Hand öffnete und schloss, um eine Reihe scharfer, kurzer Rufe auszustoßen.    Ein abruptes Schweigen, als Fauchen und Knurren abbrachen.    Sogar die Frau hörte auf zu schreien.    Eine zeitweise Stille senkte sich über den Gang.    Neji hielt den Atem an, den Kopf schief gelegt, die Ohren gespitzt und die Augen eingefroren in einem blinden Starren. Kein Geräusch, nur das Stottern der durchgebrannten Lampen. Eine Unendlichkeit von Schatten bebte überall umher, zitterte gegen das Knallen und Knistern von Stromkabeln, dem Glühen ersterbender Funken.    Zumindest haben wir ihre Aufmerksamkeit…   Ein trockenes Schnauben, eine Echsenzischen.    Blinzelnd widerstand Neji dem Drang, sein Byakugan zu aktivieren.    Noch einmal holte Shikamaru Luft, stieß einen weiteren Ruf aus, der diesmal aber lauter war und das schrille Blöken platzte in einem panischen Stottern hervor. Das Geräusch hallte von den Wänden wider, schrillte laut in Nejis Ohren, bevor das tiefe Rumpeln eines gutturalen Knurrens in einem Echo den Gang entlang zurückkam, gefolgt von einem Kratzen von Klauen, dem Klick-Klick-Klick von Krallen; vielen Krallen.    Ein Schrei zerriss die Luft.    Unmenschlich.    Unvorstellbar.    Es verwandelte Eingeweide in Schlick, spülte alte Urängste aus den Tiefen des Blutes nach oben. Es traf Nejis Netzwerk in einem rapiden, weißen Rauschen, wusch über ihn hinweg, zerrte ihn aber nicht mit sich. Er war darauf trainiert, sein Körper regungslos wie der Atem in seinen Lungen, während sein Herz in seiner Kehle hämmerte und so laut pochte, dass er kaum hörte, wie die Bestien ihren Angriff starteten.    Shikamaru blies ein letztes, panisches Signal, während er bereits zurück wich; schneller und schneller, als er seine Hände befreite und sich an sein Tantō klammerte. In der finalen Sekunde, bevor er sich umwandte, zuckten seine Augen zu Neji. Durch Glas und Schatten berührten sich ihre Blicke, ein aufflammendes Flackern in der zuckenden Schwärze.    Shikamaru schenkte ihm ein schiefes Lächeln.    Und dann rannte er, als wäre die Hölle hinter ihm her.    ~❃~   Hölle in einem gottverdammten Einkaufskorb…   Kiba würde das in seinen Missionsbericht schreiben. Mit Blut. Seinem Blut und Pflanzenblut – Saft, Harz, was auch immer. Er hatte sich noch nicht entschieden, da sein Hirn mehr mit dem zehn Zentimeter langen Dorn beschäftigt war, der in seinem Bein steckte. Yep. Das war jetzt erstmal wichtiger.    „Aufplatzende, Käfer fressende, abgefuckte kleine Bitchpflanze…“, murrte Kiba, als er den Widerhaken aus seinem Fleisch riss. Blut tropfte in einem nassen kleinen Strom aus der Wunde seine Wade hinunter. Er hatte bereits vier andere rausgezogen und ein weiterer Dorn steckte noch immer in seinem Schulterblatt – tiefer und weit schmerzhafter – doch er konnte seinen Arm nicht genug drehen, um ihn rauszuziehen.    Verdammt…   Hinterlistiges kleines Scheißding; hatte ihn festgenagelt, als er der Pflanze den Rücken zugewandt hatte. Da war sie gesessen, fett und ganz bestimmt komplett durchgeknallt, aber ganz unauffällig und bescheuert zusammengefaltet, nicht bedrohlicher erscheinend als eine schlafende Knospe, bis Akamaru auf eins der Blätter getreten war und sich das Ding geöffnet hatte wie irgendeine Art fleischfressendes Höllenmaul, um Dornen wie Klingen zu spucken. Sicher, es hatte nicht gerade geholfen, dass sich die Kumpel der Pflanze zu der Party gesellt hatten. Hunderte von Knospen erblühten synchron, um kunaischarfe Stacheln in alle Richtungen auszukotzen.    Das Team war auseinander gestoben und hatte dabei alle Arten von Fallen ausgelöst. Die Kuppel war zum Leben erwacht, wie man es eigentlich eher bei einem schlechten Horrorfilm erwarten würde.    Wirklich peinlich, wie schnell es von ‚passt auf, wo ihr hinlauft‘ und ‚achtet auf euren Hintern‘ zu ‚In Deckung!‘ und ‚Heilige Scheiße!‘ gekommen war. Ino hatte sie gewarnt, die Pflanzen nicht zu unterschätzen, aber sie alle waren viel zu beschäftig gewesen, vor Chimären wegzurennen, um den hübschen Blumen viel Aufmerksamkeit zu schenken.    Blöder Zug…   Denn was wie ein tropisches Paradies ausgesehen hatte, hatte sich innerhalb eines Wimpernschlags in Teufels dampfendes Gewächshaus verwandelt. Und verdammt, wenn dieses Gewächshaus nicht riesig war. Die tropische Kinderstube war nur ein winziger Vorraum zu einem völlig überdimensionierten Komplex, der von einem verhüllendem Jutsu versteckt wurde; und besagter überdimensionierter Komplex involvierte drei massive Anlagen von je circa siebzig Metern, die aus angrenzenden, geodätischen Kuppeln bestanden. Jede Kuppel besaß ihr ganz eigenes, natürliches Biom, das tausende von Hybridpflanzen Spezies beherbergte…und ein paar Überraschungen.    Wenn man daran dachte, dass die Pflanzen nur das Vorspiel gewesen waren.    Da waren noch ganz andere Dinger, hässlichere und heißblütigere Dinger, die sich dort draußen in der dampfenden Dunkelheit bewegten. Dinge mit Zähnen und Klauen, geplagt von einem Durst, den kein Wasser der Welt stillen konnte. Nur Blut. Und Kiba blutete nur zu gut.    Wir beide…   Während er sich weiter in den Schatten eines dekorativen Wasserfalls schob, warf Kiba einen raschen Blick auf Akamaru. Sein Hund lag versteckt hinter einem Fächer aus schimmerndem Farn und zog eine rote Zunge über rote Wunden. Stirnrunzelnd strich Kiba mit einer Hand über den Kopf seines Ninken, was ihm ein paar nasse Küsse in die Handfläche einbrachte. Auch wenn Akamarus dichtes Fell dazu beigetragen hatte, etwas Haut und Fleisch zu verschonen, hatte es ihn dennoch ziemlich übel erwischt.    Ich kehr diese Pflanze von innen nach außen…   Er ließ den Kopf nach hinten kippen und sah hinauf zum Dach der Kuppel, wobei er verdammt angestrengt suchen musste, um Lücken in dem Blätterdach zu erkennen. Nur ganz leicht konnte er die großen, sechseckigen Platten erkennen, die die Kuppel formten, alle aneinander geschlossen und gestützt von Stahlrahmen. An einem sonnigen Tag hätten diese thermoplastischen Platten ohne Probleme das Licht eingelassen, aber dank der Barriere, die sich um die ganze Einrichtung hielt, war das Licht gedämpft; was bedeutete, dass es kaum die oberen Level der Baumkronen durchdrang. Er hatte an verschiedenen Stellen ein paar tiefhängende, künstliche Lampen gesehen, aber da die Energiezufuhr unterbrochen war, waren sie ziemlich nutzlos.    Glücklicherweise brauchte er sie nicht, um etwas sehen zu können.    Grimmig schmunzelnd musterte Kiba die Bäume und seine Tieraugen schimmerten.    Ein Hoch auf Tapus Looda…   Oder wie auch immer Sakura dieses Ding bezeichnet hatte. Was zur Hölle war es nochmal? Tapa Ludica? Tapeta Lucida?   Das war’s.   Tja, jo. Verfickt nochmal danke dafür. Von seinem gesamten Team hatte er die beste Nachtsicht und jetzt im Moment nahmen seine Augen und Nase kombiniert mehr als einfach nur Schatten und den Gestank von Pflanzen wahr. Kiba schätzte seine Position erst anhand seines Geruches und dann anhand seiner Sicht ein und nahm sich einen Moment, um seine Beinwunde zu verbinden. Wegen dieses blutigen Dorns in seinem Rücken konnte er leider nichts tun, es saß da wie ein gottverdammtes Fadenkreuz für jedes Raubtier in der Nähe.    Shit. Hoffe, dass es sonst niemanden so heftig erwischt hat…   Er war viel zu beschäftigt gewesen, sich gleichzeitig auf Akamaru und seine Teamkameraden zu konzentrieren, um sich um die beiden Nagu Wächter zu sorgen; Fuchsgesicht und Albinomädchen. Zu blöd, dass sie keine Verbindung zum Funkgerät hatten. Das würde es viel einfacher machen, alle zusammenzutrommeln.    Während er in die Luft schnupperte, berührte Kiba sein Mikrofon, aber alles, was er hörte, war ein statisches Knistern.    „Na toll“, wisperte er und erhob sich aus seiner sitzenden Pose in eine Jägerhocke. Er müsste sie allein aufgrund von Geruch ausfindig machen.    Leicht gesagt. Das ist ein verfickt großes Gewächshaus…   Und das Risiko einer olfaktorischen Überreizung war hoch. Er würde seine Sinne auf Jōnin-Level Genauigkeit feinstimmen müssen; zu dumm nur, dass die wenigen Testläufe mit seinem Tokujō Lehrer nicht dem kompletten Chaos mitten während einer Mission entsprachen.    Find dich einfach damit ab…   Zeit, diesem Gewächshaus einzuheizen. Er musste wirklich ernsthaft Dampf ablassen. Und Akamaru musste es an ihm gerochen haben, denn schlagartig wurde sein Ninken aufmerksam; mehr Wolf als Hund und wartend auf die Anweisungen seines Alphas, während ein tiefes Knurren in seiner Kehle vibrierte.    Töten. Töten. Töten.   „Nein“, raunte Kiba und rang mit seinem eigenen Biest, seinem eigenen Blutrausch.    Er musste das hier richtig machen.    Die Lider krampfhaft geschlossen schüttelte er den Nebel aus seinem Kopf und ließ den Zorn fort von seinem Hirn und in sein Blut sickern; Knochen bewegten sich, Muskulatur veränderte sich, Nägel und Zähne wurden härter und länger bis Zähne zu Fängen und Nägel zu Krallen wurden.   Blinzelnd öffnete er die Augen.    Sie flackerten wie Flammen in der Dunkelheit, grell mit einem raubtierhaften Schimmern.   Zeit zu jagen.   ~❃~   Lauf. Lauf! LAUF!   Als Shikamaru um die scharfe Kurve eines Korridors hetzte, musste er sich von einer Wand abstoßen, um sein Momentum beizubehalten und sich direkt wieder zurück in einen Spurt zu katapultieren. Er war sich ziemlich sicher, dass er gerade einen neuen Geschwindigkeitsrekord für das Team ‚Schreiend Wegrennen‘ aufgestellt hatte.    Und einfach nur so zum Spaß stieß er deshalb einen Schrei aus.    Hinter sich hörte er ein antwortendes Kreischen, das Kratzen und Rutschen von Klauen, das laute Klatsch der Dinovögel, die in ihrem gescheiterten Versuch ineinander krachten, die Ecke alle zur selben Zeit zu umrunden.    Er warf einen verzweifelten Blick über seine Schulter.    Sie füllten den Gang aus, krallen- und federbewährte Körper bewegten sich in und aus den flackernden Lichtern, die Hälse nickten vogelgleich, die kurzen Vorderkrallen ausgestreckt. Shikamaru legte noch einmal an Geschwindigkeit zu und folgte den Grundrissen, die sich in seinem Hirn ausrollten. Er wusste, dass der Korridor noch weitere dreißig Meter geradeaus verlief, bevor er in die Kantine mündete.    Scheiße. Bitte sag mir, dass ich mich richtig daran erinnere…   Die Schatten vor ihm sahen solide genug aus, um eine Wand sein zu können. Da er auf sein Hirn vertraute, ließ er seine Arme nach oben schnellen, drosselte seine Geschwindigkeit und fühlte, wie seine Handflächen gegen kalten, harten Stahl krachten. „Scheiße!“, brüllte er, während seine Hände nach Griffen oder Hebeln suchten. Er fand den Riegel und riss daran.    Die Tür platzte auf.    Rasch warf er sich in die Kantine und direkt hinein in eine Wolke dichten Rauches, während das Licht eines lodernden Feuers über seine Retinae flackerte. Verwirrt schlitterte er weiter, sprang über einen Tisch hinweg und rutschte mit den Fersen voran unter dem nächsten hindurch, bevor er in einer tiefen Hocke in einem der Gänge aufkam. Geduckt rannte er weiter und brachte so viele Tische wie möglich zwischen sich und den Ausgang, bevor er mit hämmerndem Herzen in Deckung ging.    Flammen schlugen von der Küche herein und badeten die Kantine in Feuerschein und Schatten.    Meine Schatten…   Gott, wenn nur. Er hätte das alles innerhalb kürzester Zeit erledigt gehabt.    Nein. Kein Ninjutsu.   Langsam wich Shikamaru die Gangreihe entlang nach hinten und hörte, wie die Chimären in einem Schwarm aus Squawken und Fauchen durch die Türen gekracht kamen. Ihre zornigen Schreie vertieften sich zu Knurren und Grollen, als sie sich verwirrt verteilten und ihre Klauen und Krallen klapperten laut wie Nägel auf einem Blechdach über das billige Linoleum.   Bedächtig hielt sich Shikamaru nah am Boden und kroch näher zum Feuer, während er an sein Mikrofon fasste und krächzte: „Sakura, Naruto, hört ihr mich?“   Ein Stottern von Statik, und dann: „-kamaru?“   „Naruto. Wo seid ihr?“   „Büros…noch ein Kind gefunden…zwei Wissenschaftler…w…du?“   Rasch setzte Shikamaru die zerbrochenen Informationen zusammen und warf einen flüchtigen Blick über eine Tischplatte. Er sah rote Augen in den Schatten glühen, als sich die Chimären auffächerten und drei von ihnen vollführten den kleinen Satz auf die Tische, um sich mit langen, schwingenden Hälsen über sie hinweg zu bewegen wie auf einem Laufsteg.    Shit.    „Ich bin in der Kantine“, wisperte er und wich zurück gegen eine der Bänke, bevor er ihr bis zum Ende des Tisches folgte und in einer weiteren Gangreihe abtauchte. Der Rauch wurde immer dichter und seine Augen begannen zu tränen. „Habt ihr das Feuer gelegt?“   „Ja.“   Gute Idee…   Jo, abgesehen von der Tatsache, dass er jetzt mit brennenden Lungen im dichtesten Gewühl der Abgase davon feststeckte und sich seine Kehle um ein Husten herum verkrampfte.    „Du musst da sofort raus“, sagte Naruto und seine Stimme wurde etwas deutlicher. „Wir haben alle Ausgänge blockiert, Shikamaru.“   „Ihr habt den Notausgang vergessen“, sagte Shikamaru trocken. „Schätze, dass der dann auch gerade zu meinem einzigen Weg hier raus geworden ist.“   „Shikamaru.“ Sakura. Besorgt, drängend. Nicht gerade die Art von Moral- und Zuversichtsschub, den er brauchte. „Willst du, dass wir zurück kommen?“   „Nein. Sorgt dafür, dass die Wissenschaftler und Kids sicher sind“, erwiderte Shikamaru, umrundete den nächsten Tisch und wich nach hinten in die Gasse. Blut und Eingeweide schmatzten unter seinen Füßen. Er wandte sich um und beinahe wären seine Füße unter ihm weggerutscht.    Gott…   Das hier war ein Schlachtraum.    Menschliche Überreste hingen über den Bänken, halb aufgefressene Körper mit ausgerissenen Beinen. Die Mitarbeiter mussten versucht haben, sich unter den Tischen zu verstecken. Hatte ihnen kein Glück gebracht. Shikamarus Magen drehte sich. Wenn der Rauch nicht schon genug gewesen wäre, um ihn würgen zu lassen, dann versetzten die verspritzten Eingeweide, Knochen und halb abgenagtes Fleisch seinen Magen auf jeden Fall in einen Spasmus.    Scheiße. Er würde nie wieder in einer Kantine essen.    Jo, aber ich sterbe vielleicht in einer, wenn ich nicht schnell verschwinde…   Er griff in seinen Gürtel und zog ein Explosionssiegel daraus hervor, das er unter einen Tisch klatschte. Während er weiter voran rutschte, wiederholte er die Prozedur. Die Dinovögel zogen langsame Kreise, was bedeutete, dass er in einer geraden Linie unter den Bänken und Tischen hindurch kriechen musste, um wieder den Notausgang zu erreichen.    Entweder das oder ich steh auf und überwältige sie alle…   Oder über die Platten von Tisch zu Tisch hüpfen. Agil genug war er dafür. All die Jahre, die er damit zugebracht hatte, Hirsche zu jagen und vor aggressiven Böcken wegzurennen, hatten ihm eine Leichtfüßigkeit und Geschwindigkeit verliehen, die einigen ihrer schnellsten Hirsche Konkurrenz machte. Plus, seine Runden aus Intervalltraining mit dem Dämlichen Vogel hatten seiner Ausdauer auch nicht geschadet. ‚Wegrennen und Bombardiert werden‘ war ein Spiel, das nahe am Boden gespielt wurde und bei dem beinahe in einer Hocke gerannt wurde. Die schlanken Muskeln in seinen Schenkeln hatten sich innerhalb der Monate von Stein zu Stahl verwandelt – und außerdem hatte es auch die Distanz seiner Weitsprünge verstärkt; etwas, das für einen Nara Shinobi von entscheidender Bedeutung war.    Ich krieg das hin…   Geschwindigkeit hatte ihn schon immer gerettet, wo Stärke versagte. Und jetzt im Moment, wenn er seiner Schatten beraubt war, waren seine Geschwindigkeit und Klugheit alles, was er hatte. Trotzdem würde es sicher nicht schaden, näher zum Ausgang zu kommen und die Anzahl der Tische zu verringern, ohne dabei entdeckt zu werden.    Ich brauche nur eine kleine Ablenkung…   Entschlossen streckte er eine Hand aus und griff nach einem blutigen Schuh, aus dem noch immer der Stumpf des Knöchels in einem grotesk zersplitterten Knochen herausstand. Er befestigte ein Explosionssiegel an der Sohle und schleuderte ihn hinter sich quer durch den Raum.    Der Schuh traf auf einen Esstablett und sandte Besteck und Keramik krachend zu Boden.    Ein aufgeregtes Squawken und die Chimären auf dieser Seite des Raumes rannten mit schnappenden Krokodilkiefern los, wobei sie in ihrer Eile übereinander stolperten.    Los.   Shikamaru rutschte unter den nächsten Tisch, drückte seine Brust flach gegen den Boden und begann sein Armeekriechen. So leise wie möglich bewegte er sich unter den Tischen durch Pfützen aus Blut, neigte sich fort von Leichen und Klumpen verwesenden Fleisches.    Wie viele Leute sind hier drin gestorben…?   Auf halbem Weg durch den Saal hielt er unter einem Tisch inne und lag für ein paar Herzschläge vollkommen regungslos da, bevor er die Gangreihe überprüfte und den Prozess wiederholte, einen Schuh zu finden und ihn in Richtung der anderen Raumseite zu werfen. Doch diesmal zielte er daneben. Der Stiefel traf eine tiefhängende Lampe, zerschmetterte die Birne und unterbrach den Wurf. Laut klatschend fiel er auf den angrenzenden Tisch, der nicht weit von seiner Position entfernt war.    Fuck.   Ein lautes Kreischen und dann plötzlich ein entsetzliches Krachen, als eine der Bestien auf den Tisch über ihm sprang und ein bisschen strampelte, bevor es mit den Füßen Halt fand.    Shikamaru erstarrte.    Klauen klopften in einem Klack-Klack-Klick auf die Oberfläche und sandten Vibrationen durch das Holz, als sich die Kreatur in einem schweren Gang über die Länge des Tisches vorwärts bewegte und dabei eigentümliches kleines Zwitschern und dieses seltsame Zischen ausstieß.    Fuck. Fuck. Fuck.   Die Ellbogen eng unter seine Brust gezogen, schob sich Shikamaru langsam Stück für Stück nach hinten und bewegte sich in die entgegengesetzte Richtung wie das Monster über ihm. Wenn er nur unter diesem Tisch heraus könnte. Auf halbem Weg in einer Wendung pausierte er und hörte das Klack-Klack-Klick von Klauen, die zurückkamen.    Ich hab keine Zeit mehr…   Jetzt oder nie.    Während er sich wappnete, presste er seine Wange gegen den blutverschmierten Boden, sah krallenbewährte Füße, die sich überall um ihn herum bewegten und richtete seinen Körper mit der Tür aus. Ein Dinovogel stand am Ausgang.    Da muss ich wohl durch…   Kein Umgehen.   Er holte tief Luft, bereitete sich vor loszustürzen; und fühlte, wie sich Klingen aus heißem Feuer um seinen Knöchel schlossen. Er stieß ein aufgeschrecktes Jaulen aus und wirbelte auf dem Rücken herum, stierte entsetzt die Länge seines Körpers hinunter und sah, wie sich eine hässliche Krokodilschnauze um seinen Knöchel schloss.    Elender Hurensohn!   Die Zähne sanken tief und der Schmerz riss sich in heißen Stacheln sein Bein hinauf. Energisch fing Shikamaru seinen Schmerzschrei hinter den Zähnen ab und rammte die Ferse seines anderen Fußes mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, in Dinovogels Schnauze. Er hörte ein nasses Knacken, spürte, wie die Zähne in seiner Haut abbrachen. Kreischend strampelte Dinovogel zurück.    LAUF!   Shikamaru stürzte unter dem Tisch hervor und sprang auf den nächsten, während er das letzte aktivierende Siegel mit einem blutigen Klatschen auf die falsche Holzoberfläche hämmerte.    Das Siegel glühte in einem ominösen Rot auf.    Shikamaru wandte sich nicht um, um es zu sehen; hielt nicht an, um darüber nachzudenken. Sah nur zwei Dinge; den Ausgang vor ihm und die Hindernisse in seinem Weg. Er hörte, wie die Schreie der Chimären in Triumph erschollen; spürte den Wind eines Dinovogels in einem Rascheln aus federleichten Daunen und ledernen Stacheln, als das Monster so hoch und so schnell sprang, dass der Körper die Distanz in einem einzigen Satz schloss.    Das Vieh erreichte den Ausgang schneller als er.   Zwei Chimären blockierten seinen Weg.    Ich bin tot.   Er spürte, wie die Kraft aus seinen Beinen wich; spürte, wie sich der scharfe Stich aus Panik in seiner Brust zusammenzog; spürte einen plötzlichen, sengenden Schmerz in seinem Kopf, gefolgt von einer seltsamen Empfindung, als würde sein Verstand untergehen, während sein Körper an Geschwindigkeit verlor…   Und dann spürte er die Detonationen.    Die Siegel explodierten.    Die Schockwellen rissen ihn von den Füßen, schleuderten ihn mit solcher Wucht vorwärts, dass er in einen der Dinovögel krachte und auf dem Körper des erschrockenen Biests direkt hinaus in den Flur schlitterte, als die Kantine in Flammen explodierte. Rauch und Feuer schlugen in sengender Luft und erstickenden Funken hinaus in den Korridor.   BEWEG DICH!   Nur Herzschläge von einer Einäscherung entfernt stieß sich Shikamaru von dem benommenen Vieh ab, schwankte seitwärts und taumelte krachend durch eine Bürotür, gerade, als die Flammen hinterher rasten. Hart schlug er auf dem Boden auf, rollte weiter und weiter durch den Raum und donnerte in einen Stapel aus Kisten, wobei er die unterste löste, sodass der gesamte verdammte Turm einstürzte. Er hatte gerade genug Zeit, um seine Arme nach oben über seinen Kopf zu reißen und seinen Schädel zu schützen.    Über das Donnern fallender Kisten hörte er das schrille Kreischen des Todes…   Roch das heiße, kalkige Brennen von schmorendem Fleisch…   Schmeckte Blut in seinem Mund…Blut und Asche…   Die letzte Kiste fiel um und spuckte ihre Eingeweide aus Papier über den Boden.    Für einen langen Moment lag Shikamaru einfach nur schwer keuchend da, den Kopf zwischen seinen Händen gefangen. Sein Schädel pochte und Farben pulsierten hinter geschlossenen Lidern an und wieder aus. Da war ein Ringen in seinen Ohren, laut und unaufhörlich. Er hoffte inständig, dass seine Trommelfelle nicht geplatzt waren.    Ugh…steh auf…   Er schnappte nach einer ganzen Lunge voll von rauchiger Luft und strampelte sich benommen und ein wenig zittrig seinen Weg unter den Haufen aus Papier und Bürobedarf heraus.    Aber lebendig.   Erschöpft ließ er seine Schulter gegen die Mauer sacken und lehnte seinen Kopf zurück gegen die Backsteine, während er seine Kopfschmerzen dazu zwang, aufzuhören. Und erst, als der Schmerz zu einem dumpfen Pochen nachließ, öffnete er einen Spalt breit die Augen; und erstarrte.    Er war nicht allein.    Zusammengekauert am anderen Ende des Raumes saß ein junges Mädchen mit kupferfarbenem Haar, das ihn anstierte. Ein paar Sommersprossen – oder vielleicht auch Blutspritzer – besprenkelten ihr kalkweißes Gesicht und ihre großen, haselnussbraunen Augen waren in einem glasigen Starren auf ihn fixiert. „Mir nicht…“, wisperte sie wieder und wieder, während sie sich die Knie gegen die Brust drückte. „…mir nicht…mir nicht…“   Nicht was?   Nicht ganz richtig im Kopf für den Anfang. Wahrscheinlich im Schockzustand. Viel zu jung, um eine vollwertige Wissenschaftlerin sein zu können – vielleicht eine Laborassistentin? Sie war in einen Laborkittel gekleidet, der ihr mindestens zwei Nummern zu groß war. Scheiße, vielleicht war sie einfach nur die Tochter von irgendwem. War gekommen, um zu sehen, wo Mommy arbeitete. War gekommen, um die fleischfressenden Spielzeuge zu sehen, mit denen Dad spielen durfte. Gott, es war grauenvoll.    Als er versuchte, sich auf die Füße zu rappeln, verzog Shikamaru schmerzerfüllt das Gesicht, als sein Knöchel einzuknicken drohte. Er sah nach unten und bemerkte die abgebrochenen Zähne, die in seiner Haut begraben waren und das Blut, das durch das Gewebe sickerte. Er musste das schnell desinfizieren und verbinden.    Aber das Wichtigste zuerst…   Inzwischen drang Rauch in den Raum und dichte Schwaden suchten sich ihren Weg. Es gab keine Fenster.    Shit.   Rasch suchte Shikamaru die vier Winkel des Raumes ab und zog seine Augen gegen den Rauch zusammen, als er ein quadratisches Metallgitter erspähte, das das Belüftungssystem markierte. Das würde funktionieren. Würde ein enges Quetschen für ihn bedeuten, aber das Kind hätte keine Probleme.    In einer Hocke humpelte er zu dem Mädchen hinüber, blinzelte rapide mit stechenden Augen und krächzte: „Wer bist du, Kleine?“   Bei seiner Stimme zuckte sie leicht zusammen und blinzelte ihn in offener Überraschung an; als hätte sie ihn bis gerade eben überhaupt nicht gesehen. „Mir nicht…“, sagte sie schon wieder und etwas von der Furcht verließ ihre Augen – auch wenn es schwer zu sagen war, wodurch sie ersetzt wurde. „Mir nicht…“   Shikamaru kniff die Lider gegen den Rauch zusammen und ignorierte den Schmerz in seinem Knöchel, als er sich etwas mehr zusammenkauerte, bis er auf Augenhöhe mit ihr war. Eine dicke, fette Uhr tickte in seinem Kopf; er hatte keine Zeit für Geduld und Verständnis. Er musste sie beide hier raus bringen, bevor der Rauch beendete, was die Chimären begonnen hatten.    „Kleine, ich muss dich an einen sicheren Ort bringen. Wie heißt du?“   Sie sah ihn nicht an, sondern stierte nur hinunter auf ihre Hände. „Mir nicht…mir nicht…“   Stirnrunzelnd senkte Shikamaru den Kopf, als er versuchte, ihren Blick aufzufangen. „Nicht was?“   „Leid.“   Sein Herz stoppte schlagartig in seiner Brust und wurde eiskalt. „Was?“, fragte er heiser.    Sie hob den Blick und richtete Augen auf ihn, die so schwarz und leer waren wie die Höhlen in einem Schädel. „Es tut mir nicht leid“, wisperte sie.    Und dann schubste sie ihn. So heftig und plötzlich, dass er beinahe gefallen wäre, wenn er sich nicht gerade noch auf einer Hand hätte abfangen können.    Sie strich an ihm vorbei, rannte zur Tür, rannte zu den Flammen. Auf den Knien wirbelte Shikamaru herum und versuchte, sie zu packen. „NEIN!“   Im Türrahmen blieb sie abrupt stehen, direkt auf den Ballen ihrer nackten Füße und ihre kleinen Hände stemmten sich gegen die schwelenden Türstöcke. Sie zuckte angesichts der Hitze nicht einmal mit den Wimpern.    „Kleine“, rief Shikamaru und schob sich wieder aufrechter auf die Knie. „Komm schon, dreh dich um.“   Sie beugte die Beine, den Körper nach vorn gerichtet und ihr Schatten streckte sich lang hinter ihr aus.    Mit dem Schattenbesitz könnte er sie greifen.    Nur ein einziges flinkes Rucken seiner Finger…   Oder ich könnte die Kontrolle verlieren und sie verletzen…   Fluchend rutschte Shikamaru langsam durch den Rauch auf sie zu und seine Stimme wurde zu einem zerfetzten Flehen. „Komm schon, Kleine. Lass mich dich hier raus bringen. Lass mich dich wohin bringen, wo du sicher bist.“   „Es ist nur ein Spiel.“   Ihre Stimme ließ ihn schlagartig an Ort und Stelle erstarren.    Sehr langsam wandte sie sich um; eine schrittweise Drehung, wie bei einer dieser winzigen Ballerinas auf einer Spieluhr. Eine Silhouette gegen die Flammen, die im Korridor brüllten. Rauch kreiste über ihren Kopf und Feuerschein zerbarst überall um sie herum wie die blutige Morgenröte der Hölle.    Tränen füllten ihre Augen. „Also tut es dir auch nicht leid, oder?“, wisperte sie und bebte inzwischen, die Schwärze wich aus ihren Augen wie Tinte aus einem Brunnen. „Dir nicht…mir nicht…“   ‚Mir nicht…mir nicht…‘   Speiübel vor Schock stierte Shikamaru sie an. Diese Worte griffen wie die Hand eines Skelettes in ihn hinein, krümmten sich um sein Herz und quetschten so fest, dass er keine Luft holen konnte, um zu antworten. „Ich…“ Er erstickte an dem Wort, an dem Rauch, an der Galle, die seinen Rachen hinaufkroch. Er konnte nicht atmen. Konnte nicht denken. Hustete krampfhaft und kroch weiter nach vorn, während er eine Hand nach ihr ausstreckte. „Nicht. Nimm einfach meine Hand.“   Sie starrte ihn an, dann auf seine ausgestreckte Hand.    Shikamaru bewegte die Finger. Stück für Stück schob er sich näher, wollte sie nicht erschrecken – sie stand viel zu nah an der Kante; der Saum ihres Laborkittels färbte sich schwarz und die Enden ihrer Kupferlocken kräuselten sich von der Hitze und füllten seine Nase mit dem widerlichen Geruch verbrannten Haares.    Gott, bitte…   Mit hämmerndem Herzen beugte er erneut die Finger und winkte sie zu sich. „Komm schon, Kleine. Komm einfach zu mir. Du bist sicher. Es ist vorbei.“   „Hab ich gewonnen?“   Shikamaru blinzelte heftig, sein Herz ein wildes Pochen in seiner Kehle. Hilflos nickte er. „Ja. Ja, du hast gewonnen.“   Ihr Gesicht zerbrach bei diesen Worten und auf den Fersen neigte sie sich fort. „Ich will nicht mehr spielen.“   Fassungslos schüttelte Shikamaru den Kopf, wusste nicht, was er darauf sagen sollte, lehnte sich einen weiteren Zentimeter nach vorn – nur noch ein kleines Stückchen. „Okay“, wisperte er. „Das musst du nicht.“   Für den Rest seines Lebens würde er diese Worte bereuen.    „Lügner.“   Ihre Tränen fielen; ebenso wie sie, die Arme ausgestreckt – direkt in die Flammen.    _________________ Hallo meine Lieben :)  So langsam nimmt alles immer mehr Fahrt auf und ich hoffe sehr, dass einige von euch die Parallele zwischen dem Mädchen und Shikamaru erkannt haben ;) Dieses 'Es tut mir nicht leid', Shikamarus strikte Ablehnung dieser Phrase und wie er genau dasselbe zu Neji gewispert hat, als sie im Ryokan gekämpft haben... Naja, wie auch immer, ich hoffe sehr, dass euch das Kapitel gefallen hat und würde mich wieder sehr über ein paar Worte freuen :)  Vielen vielen Dank an alle meine lieben Reviewer/innen und Leser/innen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)