Under these Scars von _Scatach_ (Teil Vier der BtB Serie) ================================================================================ Kapitel 24: Getting easier -------------------------- „Also“, sagte Shikamaru zum Rest der Gruppe, „das ist der Plan. Irgendwelche Fragen?“   Niemand ergriff unmittelbar das Wort. Und Kiba dachte sich, dass sie alle noch auf dem Fleisch dieser dicken fetten Strategie herum kauten, die Shikamaru ihnen soeben serviert hatte. Versammelt in einem der Besprechungsräume der Nagu Butai war das Konoha Team von den Informationen auf Trab gebracht worden, die Shikamaru während der vergangenen Stunde mit Neji auseinander gepflückt hatte. Der Schattenninja hatte es sogar alles in ‚Dämlich Simpel‘ auf einer Tafel aufgezeichnet.   Überall herum sah man ernste Gesichter.    Klasse während des Unterrichts, hn?   Nicht, dass Neji jetzt ein paar Papiere auf die Tische klatschen und sie auf ihre Merkfähigkeit testen würde. Doch als er jetzt so darüber nachdachte, wünschte sich Kiba beinahe, dass er das tun würde und wenn nur, damit der Hundeninja eine meisterhafte Illustration eines Stockes und eines Arsches darauf kritzeln konnte.    Amüsiert über seine eigenen Gedanken, konnte Kiba einfach nicht anders, als sich zu fragen, was zur Hölle eigentlich im Kopf von jedem Einzelnen vor sich ging.    Und Shikamaru musste sich scheinbar dasselbe fragen, denn er blieb stumm, während er darauf wartete, dass jemand etwas sagte.    Ugh, dann werd ich mal dein Held sein, Nara…   In der Parodie eines Kindes in der Klasse wedelte Kiba mit einem Arm durch die Luft und vollführte damit einen direkten Stoß gegen die allgemeine Anspannung in der Hoffnung, sie etwas zu lockern. „Team A und B?“, schnaubte er. „Das ist echt das Beste, was dir eingefallen ist?“   Shikamaru schoss ihm einen trockenen, aber dankbaren Blick zu, während er eine Kreide in seinen Fingern wirbeln ließ. „Naja, ich wollte es eigentlich Team Shino und Team Neji nennen, aber ich dachte mir, das würde dich auf dem falschen Fuß erwischen.“   „Da hast du richtig gedacht. Also dann ist es wohl Team A und B.“   Bewegungen aus dem Augenwinkel und Kiba bemerkte, wie Shino seine Brille ein Stück weiter den Nasenrücken hinauf schob, als sich seine Lippen zu einem Schmunzeln verzogen.    Mistkerl.   Verärgert sackte der Hundeninja mit einem Grunzen auf seinem Platz zurück. War ja klar, dass der Käfer-Kerl die Anführerrolle bekommen hatte. Mann, Shino würde das ausnutzen. Während er die Tafel beäugte, las Kiba noch einmal die Namen unter jedem Team.   TEAM A: Neji (Kommandant), Shikamaru, Naruto, Sakura, Sai TEAM B: Shino (Kommandant), Kiba, Ino, Chōji, Tenten   Kibas Blick verharrte auf dem ‚Kommandant‘.    Super…   Er kraulte Akamarus Kopf, um sich von dem Jucken seiner eigenen Verstimmung abzulenken und dachte sich dabei, dass dieses ganze ‚Shino als Teamführer‘-Ding weit weniger damit zu tun hatte, dass der Aburame besser dafür geeignet war als er, sondern viel mehr damit, dass Shikamaru ein paar Dinge richtig stellen wollte – wie zum Beispiel dieses ganze Debakel, als Shino aus der Hanegakure Mission geschmissen worden war. Monatelang war Shino deswegen beleidigt gewesen.    Zumindest wird er jetzt deswegen die Klappe halten…   Apropos die Klappe halten; niemand sonst meldete sich freiwillig für irgendwelche Fragen. Alle musterten einfach nur die Tafel oder stierten auf die Blaupausen, die Shikamaru verteilt hatte. Vor allem Naruto hatte seinen Mund zu einem Knoten zusammengezogen. Nicht einmal ein Piep löste sich von seinen Lippen. Kibas Augen verengten sich nachdenklich. Shikamaru hatte den Uzumaki das letzte Mal bis ins Mark getroffen. Kein Wunder also, dass jeder nur schweigend und Däumchen drehend dasaß; niemand wollte von Shikamarus Hirn vermöbelt werden.    Auf seinem Stuhl drehte sich Kiba leicht, schielte zu Neji und hob die Brauen.    Neji stand an der Kreidetafel, begegnete seinem Blick, bot sonst aber nichts an.    Ach Scheiß drauf. Ich werde sicher nicht um das alles rumschleichen.   „Also erklär mir das nochmal“, sagte Kiba und opferte seinen Stolz in dem Versuch, zumindest irgendeine Belustigung oder zumindest ein verfluchtes Lebenszeichen beim Rest des Teams auszulösen. „Team A darf in coolen, mysteriösen Laboren auf Schlangenjagd gehen, während sich Team B mit diesen zwielichtigen Händlern rumschlägt, huh?“   „Das ist die Kurzfassung“, erwiderte Shikamaru. Er klopfte sich den Kreidestaub von den Händen und setzte sich auf die Tischkante, während seine dunklen Augen über die verschiedenen Karten und Blaupausen wanderten, die die Nagu Butai ihnen gegeben hatten. „Ihr Mittel der Laboratorien abzuschneiden und ihre Gelegenheit zu sabotieren, indem man das Händlernetzwerk trifft. Das wird sich wahrscheinlich in den Untergeschossen abspielen.“   Ino runzelte die Stirn darüber und lehnte sich mit auf dem Tisch verschränkten Armen nach vorn, wodurch sie ihre Brüste auf deutlich ablenkende Art betonte. Kibas Blut wurde warm und mit zusammengezogenen Brauen warf er ihr einen perplexen Blick zu; als würde sie das mit Absicht machen. Dadurch brauchte er auch einen Moment länger, um sich auf das zu konzentrieren, was sie gerade sagte und erhaschte nur das Ende ihrer Frage.   „Bist du dir sicher, dass du die Teams so aufteilen willst, Shikamaru?“   Aus abgeschirmten Augen sah Shikamaru sie an. „Du bist nicht einverstanden?“   Ino tauschte einen raschen Blick mit Chōji aus.    Leicht die Stirn runzelnd wanderten Shikamarus Augen zwischen seinen beiden Teamkameraden hin und her. „Ich nutze kein Ninjutsu. Unsere Formation ist dadurch anfällig und fehlerhaft. Und meine Strategie berücksichtigt das. Wir sind genau richtig ausbalanciert.“   Ino holte Luft, als wollte sie etwas sagen, stieß sie dann aber in einem Rauschen aus; als wollte sie nicht öffentlich ein Fass aufmachen, doch Kiba meinte, einen Hauch von Unzufriedenheit wahrzunehmen, die sie in Wellen ausstrahlte. In einem flüchtigen Drücken packte sie ihre Unterarme, bevor sie ohne ein einziges Wort nach hinten sackte.    Shikamarus Aufmerksamkeit zuckte zu Chōji.    Doch Chōjis Augen waren auf die Tischplatte gerichtet.    Die Raumtemperatur fiel um einige Grade.    Interessiert verfolgte Kiba diesem Zusammenspiel und ließ seinen Kopf leicht nach hinten kippen, während er mit seinem Stuhl von Seite zu Seite rutschte. Ärger im Ino-Shika-Chō Paradies. Eine Vorhersage für einen regnerischen Tage. Und da half es vermutlich auch nicht, dass Neji, dieser strahlende Hyūga Sonnenschein, kalt wie Frost dastand und seine wolkengleichen Augen den Tisch in einem steten Schwung musterten. Und als sich diese blassen Seen ihm zuwandten, setzte Kiba ein wölfisches Grinsen auf, das unmissverständlich auf das Versprechen hinwies, das er auf dem Boot gegeben hatte; nicht das Versprechen, den Mund zu halten, sondern das Versprechen, dieses eiskalte Hyūgaherz rauszureißen, sollte die Scheiße den Bach runter gehen.    Neji bemerkte den Biss im Feixen des Hundeninjas und nickte leicht.    Belustigt berührte Kiba mit der Zunge einen verlängerten Fangzahn, während sich ein spekulatives Glimmen in seine Augen schlich. Dachte Neji ernsthaft, dass sie irgendeine Vereinbarung unter Ehrenmännern wegen dieser Sache getroffen hatten? Er hoffte es verflucht nochmal. Denn den Wolf aus diesem reinrassigen Hündchen zu kitzeln, das Hyūga Neji war, würde ihre bevorstehende Herausforderung nur umso unterhaltsamer machen.    „Also arbeiten wir immer noch aufgrund der Annahme, dass jeder Kusa Ninja, dem wir begegnen, ein potentielles Aikoku Mitglied ist?“, fragte Tenten und zerrte Kibas Aufmerksamkeit damit zurück auf die Einsatzbesprechung. „Das wird die Hölle, wisst ihr.“   Zustimmend neigte Shikamaru den Kopf. „Ich weiß. Wir spielen Aikoku ziemlich in die Hände, indem wir uns Kusagakure gegenüber so misstrauisch verhalten, aber die Realität ist nunmal, dass wir es uns nicht leisten können, im Moment irgendjemandem außer den Nagu Butai zu vertrauen. Sie sind die einzig unvoreingenommene Partei. Sie dienen nicht dem Dorf, sie dienen dem Land.“   Naruto sah von den Karten auf, die er studiert hatte und sah zögerlich aus. Doch bevor Kiba ihn dazu schubsen konnte, einfach die Zweifel auszuspucken, auf denen er herumkaute, fing Shikamaru den verstohlenen Blick des Uzumaki auf und ermutigte ihn zu sprechen. „Geht dir irgendwas im Kopf rum?“   „Jo“, raunte Naruto und tippte mit den Fingerspitzen auf die Karte. „Was hält die Aikoku davon ab, einfach abzuhauen? Wenn sie Ashihara geschickt haben, um diese ganze Selbstmord-Demonstration abzuziehen, dann werden sie wissen, dass wir hinter ihnen her sind.“   „Das ist eine berechtigte Sorge“, erwiderte Shikamaru. „Nogusa hat eine vollständige Abrieglung von Kusagakure und der Laboreinrichtung angeordnet. Niemand kommt raus oder rein.“   „Das ist aber eine Menge Boden abzudecken, Shikamaru“, bemerkte Sakura und lehnte sich über Naruto, um die Karte zu mustern. „Bist du dir sicher, dass sie das durchziehen können?“   Der Schattenninja nickte. „Die Nagu haben das komplette Dorf mit dem Kekkaimon Gofūjutsu versiegelt.“   Mit aufleuchtenden Augen schnappte Tenten nach Luft. „Die Barrientor-Fünfsiegeltechnik!“   Angesichts ihrer Aufregung hob Kiba eine Braue. „Kennst du das oder was?“   „Ja“, antwortete Neji. „Genauso wie du es kennen solltest. Es ist das gleiche Jutsu, das gegen Konoha eingesetzt wurde, als die Verräter der Zwölf Elitewächter versucht haben, unser Dorf zu zerstören, indem sie die Lichtexplosion genutzt haben.“   Eine kollektive Pause um den gesamten Tisch herum, ein Nicken in Anerkennung der Vergangenheit und all dieser kleinen Perlen der Weisheit, die sie aus dem Wrack dieses Ereignisses hatten ziehen können. Kiba erinnerte sich daran, hatte manchmal sogar Albträume davon. Reanimierte Leichen, die sich erhoben…Genma, der Befehle brüllte…Sora und Naruto, die in einem Showdown aus Schweifbestien aufeinander losgingen…Asuma-sensei, der einige ernsthafte Feindärsche aufriss…   Asuma-sensei…   Als er das Gesicht verzog, schwang Kibas Blick nach oben und zuckte zwischen den Mitgliedern von Team 10 hin und her. Chōji war in seinem Stuhl zurück gesunken, sein rundes, joviales Gesicht mit einem Ausdruck von Erinnerung verschleiert und seine Augen zuckten gelegentlich, als würde er alles noch einmal erleben. Ino hatte sich die Arme um ihren Unterleib geschlungen und Kiba war sich sicher, dass sie sich mit den Knien unter dem Kinn eingerollt hätte, wenn es Privatsphäre zugelassen hätte. Der Drang, eine Hand nach ihr auszustrecken, ging ebenso Hand in Hand mit dem Drang, weit weg zu bleiben. Dieser alarmierende Geruch von Salz bedrohte die Luft.    Er bekam überhaupt nicht die Gelegenheit, Shikamarus Miene zu lesen, denn sie veränderte sich viel zu schnell.    Augen wandelten sich von bewölkt zu klar und der Gesichtsausdruck des Schattenninjas wurde hart und scharf, sein Fokus nach vorn, statt rückwärts gerichtet. „Selbst wenn sich Kusagakure in Abriegelung befindet, würde es mich nicht überraschen, wenn sich die Laboreinrichtung über Fluchtwege leert. Die Nagu gehen schon dagegen vor, aber wie müssen dem Spiel voraus bleiben und diese Aikoku Verräter fassen, bevor sie sich neu sammeln können. Jedes Team hat zwei Nagu Wächter. Sie werden essentiell sein, also nutzt ihr Wissen.“ Shikamaru klatschte mit den Händen auf seine Schenkel und stieß sich von dem Tisch ab. „Keine weiteren Fragen?“ Er sah jeden einzelnen von ihnen an, bevor er Neji zunickte. „Dann können wir los.“   Neji erwiderte das Nicken, löste seine verschränkten Arme und trat nach vorn, während seine Stimme durch den Raum rollte. „Ich habt eure Anweisungen und ihr habt eure Ausrüstung. Geht die Schemata der Einrichtung gründlich durch. Haltet die Funkverbindung zu allen Zeiten offen. Niemand geht auf eigene Faust los, ohne das vorher mit mir abzuklären!“   Überall herum bestätigendes Kopfnicken, auch wenn Kiba die Szene mit einem falschen Salut und einem spielerischen „Sir, ja, Sir“, abschloss.   Das brach das Eis. Naruto grinste sogar. Die Gruppe löste sich auf, um sich in den separaten Teams wieder zu sammeln, wobei Ino etwas länger brauchte, um sich dem Ausgang zuzubewegen. Ihre Augen verharrten auf Shikamaru, bis Chōji ihre Schulter berührte und leicht zudrückte.    Der Akimichi sah nicht das Weh, das hinter ihren Augen aufflammte, doch Kiba schon. Verdammt. Das traf eine empfindliche Stelle in ihm. Er war daran gewöhnt zu sehen, wie taffe Fragen ihre Tränen versteckten. Seine Mutter, seine Schwester…seine Sensei…   Verdammt…   Er sah zu, wie Ino einen Ausdruck von Zuversicht herstellte, als sie sich mit einem sanften Schwung der Schultern umwandte und ihr langes blondes Haar wie ein Sonnenstrahl durch die Luft strich. Sie schenkte Chōji ein strahlendes Grinsen. „Bereit, ein paar Aikoku-Ärsche zu versohlen?“   Chōjis Lächeln war sanft; traurig. Kein Zweifel sah er direkt durch das Schauspiel. Und er sah dazu bereit aus, sie auch darauf anzusprechen. Ein instinktiver Drang kroch Kibas Wirbelsäule hinauf, kitzelte seine Nerven zu einer Reaktion, der er niemals nachgegeben hätte, wenn er sich die Zeit genommen hätte, wirklich darüber nachzudenken.   Doch das tat er nicht.    Mit einer raschen Bewegung stellte er sich an Inos Seite, bevor Chōji irgendetwas sagen konnte und raunte ein raues Kichern gegen ihr Ohr. „Habe ich gerade richtig gehört? Wirst du deine Klauen in diese Sache graben, Prinzessin? Oder hast du immer noch Angst, dir deine hübschen Nägel abzubrechen?“   Ino stieß ihre Hüfte zur Seite, um Kiba einen Schritt nach hinten zu schubsen, während sie ihre Fäuste gegen die weiche Kurve ihrer Taille stemmte und ihm ein Feixen schenkte, das viel weniger Sonnenschein, sondern viel mehr brennendes Eisen war. „Ich könnte jederzeit dich als Übungskratzbaum nutzen.“   Über ihre freche Antwort schmunzelnd wartete Kiba, bis sich Chōji abwandte, bevor er sich nach vorn neigte und seine Stimme zu einem gehauchten Murmeln senkte. „Nur zur Übung?“   Er hörte, wie ihr der Atem stockte, sah, wie die Mulde ihrer Kehle hüpfte. Doch es war der süße Duft, der seine Sinne einfing, das verstärkte Aroma von Blütenblättern und Pheromonen, als sich ihre Pupillen weiteten und ihre Haut wärmer wurde. Und dann zuckte sie so schnell von ihm zurück, dass es genauso gut ein Tagtraum innerhalb eines Wimpernschlags hätte sein können; wäre da nicht dieses bleibende Parfum, das die Luft zwischen ihnen kitzelte.    Und Kiba atmete es ein, um es in einem leisen Lachen wieder auszustoßen. „Hat es dir die Sprache verschlagen, oder ziehst du es wirklich in Betracht?“   Ino reckte ihren Kopf in einem hochmütigen Winkel und würgte ein Lachen hervor, das viel zu sehr zitterte, um glaubhaft zu sein. „Du hättest nicht die geringste Chance, Kiba.“   Netter Versuch, Süße, aber meine Nase sagt mir was anderes…   Genauso wie sein Bauchgefühl, das seltsame kleine Rollen vollführte wie ein Welpe, der von der Leine gelassen wurde. Energisch versuchte Kiba, dieses Gefühl zu ignorieren und streckte sich in der langen, trägen Dehnung eines Hundes, der sich für ein Bauchkraulen auf den Rücken drehte, während er schief lächelnd mit den Knöcheln über seine flatternde Magengegend strich. „Jo, tja, du weißt ja, was man sagt. Ein blindes Huhn – oder in dem Fall Hund – findet auch mal ein Korn.“   Leise schnaubend riss Ino ihre Augen von ihm fort und wich einen Schritt nach hinten, während sich ihr Kinn ein Stück hob. Ihre Lippen bogen sich in einem verführerischen Lächeln, das ihn erschüttern sollte. „Nicht dieser Hund“, sagte sie frech und lief mit einem weiten Schwung ihrer Hüften an ihm vorbei. „Und auch nicht heute.“   Kiba drehte sich langsam auf dem Absatz, schob die Hände in die Taschen und neigte seinen Körper zu einer Seite, um ihr dabei zuzusehen, wie sie ans andere Ende des Raumes stolzierte. Sie wusste, dass er sie beobachtete. Ihr Gang schrie diese Tatsache geradezu heraus.    Mit funkelnden Augen schnalzte Kiba mit der Zunge. „Hund und Katz, Akamaru? Was denkst du?“   Akamaru grummelte wie ein alter Mann.    Grinsend spähte Kiba hinunter zu seinem Ninken und zwinkerte ihm verschwörerisch zu. „Wir werden sehen.“   ~❃~   Kusagakure sah aus wie eine gigantische Schneekugel. Also ohne den Schnee. Und ohne die glücklichen Kindheitserinnerungen. Als er so außerhalb des Dorfes stand und hinauf sah zu den riesigen Bögen aus regenbogenfarbenem Chakra, dachte sich Shikamaru, dass das Einzige, was innerhalb dieser massiven Kuppel losgeschüttelt wurde, Ärger war.    So viel zu guten Beziehungen zwischen den Dörfern…   Ging nicht anders. Die Aikoku hatten sie zum Handeln gezwungen und soweit es Strategie betraf, war das die sicherste Art, das anzugehen. Shikamaru spähte hinüber zu Katsu und sah zu, wie der Nagu Jōnin an den zwei Reihen aus Konoha Ninja vorbeischritt, um jeden von ihnen auf dem Handrücken mit einem Siegel zu markieren, das es den beiden Teams gestatten würde, unverletzt die Barriere zu passieren.    Shikamaru hatte gerade eben schon miterlebt, wie ein Vogel im Inneren pulverisiert wurde, als er mit dem Kopf voran in die Kuppel geflogen war. Und während diese ausgelöschte Taube die Bedeutsamkeit dieser Siegel betonte, war es ebenso abschreckend für die Kusa Ninja innerhalb des Dorfes und sorgte dafür, dass sie sich von der Barriere fernhielten.    Glücklicherweise waren die einzigen Leute, die auf der anderen Seite auf sie warteten, drei Nagu; zwei Frauen und ein Mann. Eine ziemlich durcheinander gewürfelte Truppe, was das Aussehen anging. Die größte Frau hatte ebenholzfarbene Haut und eine Mähne aus lila-schwarzen Zöpfen, die sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengefasst hatte. Trotz ihrer starken Wangenknochen und vollen Lippen, waren ihre Augen ihr auffälligstes Merkmal; beinahe katzengleich in der Erscheinung und von der Farbe polierten Kupfers. Die andere Frau war insektendürr und blass wie Asche, Haut und Haar bar irgendwelcher Pigmente. Nur ihre rosa getönten Augen enthielten natürliche Farbe. Der Rest war künstlich; schwarzer Lippenstift, geradezu schockierend auf einem so weißen Gesicht und passend zu dem schweren Schatten, der sich über ihre Lider erstreckte. Der Mann, fuchsgesichtig und rothaarig, mit ein paar Sommersprossen über scharfen, listigen Konturen, schien für Geschwindigkeit und Agilität gebaut zu sein, war schlank und geradezu stromlinienförmig.   Trotz all ihrer extremen Unterschiede, trug das gesamte Trio die gleichen Ninja Schärpen wie Katsu und sie alle hatten dieselben, eisernen Mienen aufgesetzt.    Leise brummelte Naruto: „Sympathische Leute.“   Zustimmend hoben sich Shikamarus Brauen und seine Aufmerksamkeit wanderte auf das vor ihnen liegende Dorf. Das Barrierejutsu hatte innerhalb der Kuppel ein unheimliches Licht erschaffen und ließ Kusagakure aussehen wie etwas aus einem Traum. Farbstreifen und Schatten spielten über die strohgedeckten Gebäude und erhöhten Baumhäuser.    Der Haupteingang war von einer Wacheinheit des Daimyōs abgeriegelt worden und Shikamaru erspähte mehrere Nagu innerhalb der Reihen. Sie gingen nicht das geringste Risiko ein.    Gut. Wir können uns auch keins leisten.   Katsu gab eine schroffe Einführung, ging mit seinen Leuten den Spielplan durch und bedeutete der Frau mit der ebenholzfarbenen Haut, nach vorn zu treten. Die anderen beiden Nagu wies er Shinos Team B zu. Sobald er das erledigt hatte, trat Katsu zu Neji und wies mit einem brüsken Rucken des Kinns auf die großen, von Pferden gezogenen Wagen hin, die direkt am Straßenrand standen.    An den Seiten gepanzert würden die beiden Kutschen die verschiedenen Teams zu den Kusa Laboratorien bringen.    „So weit weg, huh?“, fragte Shikamaru.    „Zu eurem eigenen Schutz ist es sinnvoller, so dorthin zu gelangen“, antwortete Katsu. „Wir haben die Route gesichert, aber wir können weder Bogenschützen der Aikoku, noch Opportunisten ausschließen. Meine Leute werden für Deckung sorgen.“ Hier wandte er sich um, um die Nagu anzusprechen, die nach vorn getreten waren. „Vorhut bereit. Steigt auf. Ich will Reiter und Läufer zu beiden Seiten der Wagen.“   Kiba pfiff leise durch die Zähne und stieß Shikamarus Arm an. „Na das ist doch mal Reisen mit Stil, was? Wir bekommen unsere eigene Eskorte.“   „Gewöhn dich nicht dran“, erwiderte Shikamaru, als er seitwärts zu dem Hundeninja spähte. „Die Teams teilen sich auf, sobald wir die Einrichtung erreichen. Sorg dafür, dass jeder auf seinen Rücken achtet, Kiba.“   Kiba warf ihm einen seltsamen Blick zu, bevor sich seine Lippen in dem leisesten Schmunzeln hoben. „Ich werde auf ihre Rücken achten und sie auf meinen. Ino ist sowieso schon drauf und dran, ihre Klauen in meine Wirbelsäule zu graben.“   Shikamaru schnitt eine Grimasse und versuchte, nicht an das Messer zu denken, dass er geradezu in die Rücken seiner beiden Teamkameraden gerammt hatte, indem er die Gruppen auf diese Weise aufgeteilt hatte. Strategisch gesehen war es zu ihrem Vorteil, aber es wäre gelogen gewesen, wenn er behauptet hätte, das wäre sein einziger Grund gewesen.   Naja, jetzt im Moment ist es der einzige Grund, der von Belang ist. Bleib konzentriert.    Shikamaru spähte über die Schulter und tauschte einen Blick mit Ino und Chōji aus, bevor er ein einziges Mal nickte. Chōji nickte zurück. Ino versuchte sich an einem Lächeln, aber ihr Herz lag nicht darin; stattdessen lag es in ihren Augen, zusammen mit einem Hauch blauen Feuers. Sie war angepisst, besorgt, verletzt. Eine Kombination, die traf wie ein Stiefel in die Eingeweide und es erinnerte Shikamaru daran, dass er vorhin in diesem Hof mit Neji bereits genug von seinem Inneren ausgespuckt hatte.    Dämlich…   Und zwar extrem. Es war bereits das erste Mal mit Asuma dämlich gewesen und diesmal mit Neji war es auch nicht klüger gewesen. Doch obwohl er das wusste, hatte er nicht aufhören können. Hatte sich wie ein Kind gefühlt, das dazu gezwungen war, die kryptischen Nachrichten seines Verstandes in einem Chinesischen Flüsterspiel weiterzugeben – gerade genug Wahrheit mit gerade genug Auslassungen zu sprechen.    Lügen sind sicherer…   Und auch klüger. Aber das war es nicht gewesen, was aus ihm geflossen war. Und jetzt verpflichtete Neji ihn auf diese Ehrlichkeit, bat ihn, nicht zu lügen als Austausch für ein Vertrauen, das zögerlich und unerprobt war – zumindest, wenn es um den Teil von ihm ging.    Den? Du meinst ‚diesen‘. Dieses Ding in der Vergangenheit…   Nejis Stimme riss ihn gewissenhafter zurück in die Gegenwart als ein Ruck an seinem Kragen. „Zeit aufzubrechen.“   Mit dem Rest von Team A kletterte Shikamaru auf einen der Wagen und ließ sich auf eine der Holzbänke sinken, bevor er einen kleinen Teil einer Dorfkarte hervorzog, die die Nagu ihm gegeben hatten. Aufmerksam studierte er die markierte Route. Nichts war beschriftet, außer die Laboratorien und die Straße.    Nicht wirklich eine Überraschung…   Es war nicht so, als wäre Nogusa willens, den Grundriss von Kusagakure mit einer fremden Nation zu teilen, selbst wenn diese Nation als Verbündeter angesehen wurde. Nach der Karte zu urteilen, hatten die Nagu einen direkten Weg zu den Laboratorien gesichert, Fußgängerwege geräumt und andere Bereiche abgesperrt, um den Wagen einen reibungslosen und schnellen Zugang zu gestatten. Dann kam das Laboratorium an sich. Shikamaru blätterte durch ein paar weitere Seiten und spähte auf eine Blaupause der gesamten Einrichtung, Etagenpläne eingeschlossen; vier Ebenen und sechs Areale waren abzudecken, die Kellergeschosse inbegriffen. Die letzten Dokumente enthielten Informationen über tagtägliche Operationen der Laboratorien zusammen mit ein paar Namen und Gesichtern.    Das Klappern von Hufen zog Shikamarus Blick nach oben.    Nagu Reiter setzten sich in Bewegung, um die Kutschen zu flankieren, die Bögen gespannt und Pfeile angelegt. Ein letzter Ruf von Katsu und die Wagen begannen zu rollen.    ~❃~   Nohara Rin.   Es schmerzte immer, hierher zu kommen, aber es schmerzte mehr, seine wöchentlichen Besuche zu versäumen.    „Es tut mir leid“, murmelte Kakashi, seine ungleichen Augen auf den Grabstein gerichtet. „Ich war in letzter Zeit etwas verloren.“   Keine Lüge. Er belog sie nie. Doch die Wahrheit an ihr Grab zu legen fühlte sich auf Arten und Weisen selbstsüchtig an, die dafür sorgten, dass sich seine Kehle um all seine Geständnisse, all seine Verwirrungen zusammenzog.   „Ich habe eine Schuld zu begleichen, Rin“, begann er in leisen, gehauchten Tönen und vertraute dabei wie immer in den blassen, kalten Stein. „Eine Blutschuld. Einen Freund vor der Dunkelheit zu retten, die uns beinahe beide erwischt hätte.“   Beinahe. So verdammt knapp. Und jetzt machte er einen Schritt zurück zu diesem Teil von sich selbst, berief sich auf alte Killerinstinkte und Grade der Apathie, die ihn in kalte, dunkle Orte gestürzt hatten. Orte, an denen das bitterste aller Unkräuter schon seit langem die höchsten seiner ANBU Wände emporgeklettert war und die stabilsten seiner ANBU Zahnräder erstickt hatte. Der Gedanke daran, diese vergifteten Orte erneut aufzusuchen, unbeaufsichtigt von Gewissen oder Mitgefühl, sandte ein Frösteln durch ihn.    „Reiketsu.“ Er wisperte diesen alten Decknamen, fühlte, wie er an zerbrochenen Regalen und phantomhaften Schmerzen rüttelte. „Ist das der Mann, zu dem ich wieder werden muss…um das hier zu tun?“   Es schien so rhetorisch zu sein. So offensichtlich. Er war bereits die Sträflingsakten durchgegangen. Hatte bereits ein Opfer ausgesucht.   Sie ist kein Opfer. Ihre Opfer waren Unschuldige…   Fürwahr, die Frau auf dem Fahndungsfoto in seiner Tasche war keine Unschuldige. Sie hatte gemordet. Sie hatte Spaß daran gehabt, als sie es getan hatte. Ihr Schicksal war bereits entschieden, bereits besiegelt.    Bereits tot…   Bereits zu einem langsamen und sinnlosen Verfall verurteilt, eingeschlossen hinter den hohen und gleichgültigen Mauern der Justizvollzugsanstalt von Konoha. Warum sie dort weiterhin beherbergen? Warum Essen und Verpflegung an eine Frau verschwenden, die keine Rolle spielte und die niemand vermissen würde? Natürlich, es war nicht von Bedeutung, dass diese Logik auf jeden anderen Insassen unter denselben Anklagepunkten angewandt werden konnte. Es erforderte weder Genehmigung, noch Überprüfung. Nur Handlung und Timing. Denn in Reiketsus Verstand würde das Töten dieser Frau ebenso kalt und klar umrissen sein wie das Kunai, das er benutzen würde, um sie aufzuschneiden; vom Bauch aufwärts zur Brust…die Lungen entfernen…den Körper verbrennen…   Stop…   Kakashi schloss krampfartig die Augen, sog einen scharfen Atem ein, fühlte sich übel angesichts der Erkenntnis, dass er an Rins Grab einen kaltblütigen Mord plante. Es war egal, dass sie gewollt hätte, dass er es ihr erzählt, mit ihr sprach…ihr vertraute.   Dir vertrauen…   Wenn sie nur ihm vertraut hätte. Ihm in diesen letzten Augenblicken vertraut hätte, eine bessere Wahl zu treffen, eine andere Wahl. Aber es war alles so verdammt schnell passiert. Zu schnell. Vielleicht, wenn sie mehr miteinander gesprochen hätten, sich gegenseitig mehr erzählt hätten, hätte er auch ohne Worte gewusst, was sie gedacht und was sie glauben gemacht hatte, dass das einzige Resultat, die einzige Wahl, darin bestand, dass sie starb.    „Die Dinge hätten anders sein können“, wisperte er und fühlte sich erneut, als wäre er um eine Wahl betrogen worden, um eine Chance betrogen worden. Sie hatte keine Hoffnung für beides gelassen. „Wenn du es nur getan hättest. Du hättest nicht sterben müssen.“   Und schon gar nicht durch meine Hand…   Seine Finger zuckten bei der Erinnerung und ein Schauder bebte durch seinen Arm. Langsam ging Kakashi in die Hocke und fuhr mit den Fingerspitzen über den eingravierten Namen, strich verwelkte Blütenblätter der Blumen beiseite, die er vor Wochen hier abgelegt hatte.    „Es tut mir leid“, sagte er nochmal.    Wirklich beschämend. Er hatte nicht einmal Blumen mitgebracht. Oder Essen. Oder Weihrauch. Keine Opfergaben, außer seine Probleme…und die fragilen Glasornamente in seinem Herzen – diese Emotionen, die er ihr zu ihren Lebzeiten niemals gezeigt hatte.    Selbst jetzt ist es so schwer zu wissen, was ich sagen soll…   Seit Asumas Tod hatte er den Friedhof gemieden und stattdessen Zeit mit Obito bei dem Gedenkstein auf dem Trainingsgelände verbracht. Dort fühlte er sich sicherer. Als hätte er weniger zuzugeben. Weniger Rechenschaft abzulegen. Obito war da einfacher, fragte niemals nach mehr von ihm…Rin hingegen…   Kakashi presste seine Handfläche gegen ihren Namen, kniete für eine unbestimmbare Zeit dort.    Sonnenlicht stach durch die Wolken, berührte Grabsteine, erhellte Namen und segnete die Toten. Kakashi neigte sich, um dem weichen, pudrigen Strahl zu gestatten, über seine Schulter zu geistern und Rins Namen zu küssen. Eine flüchtige Berührung. Rasch krochen die Wolken wieder heran, stahlen das Licht fort und Kakashi spürte, wie die Friedhofsbrise die Enden seines Haares zerzauste und an ihnen zerrte wie spielerische Finger. Rin hatte einst dasselbe getan, damals während einer Inkognitomission, für die Kakashis Haar zurückgesteckt werden musste, damit eine Perücke darüber passen konnte. Obito hatte seine Demütigung genossen. Rin hatte ihre Rolle als Friseurin genossen…und Kakashi – unter der Bitterkeit und Irritation – hatte heimlich das Gefühl ihrer Hände genossen. Hungernd nach Zuneigung und Berührung seit dem Tod seines Vaters, hatte er mehr Geborgenheit aus dieser unschuldigen Behandlung seines Haares gezogen als aus irgendeinem der vielen tröstenden Worte seit dem Tag, als er zur Waise geworden war.    „Ich bin überhaupt nicht besser darin geworden, auszudrücken, wie ich mich fühle…“, gab er laut zu und tat sich schwer, die richtigen Worte zu finden. „Aber ich weiß, dass du es verstehen würdest. So wie du es immer verstanden hast. So, wie ich mir wünschte, du hättest es mir beigebracht…denn ich bin überhaupt nicht näher dran, meine Handlungen mit Genma zu verstehen. Und ebenso wenig verstehe ich, warum du, Obito und Sensei mir so viel mehr gegeben habt, als ich jemals hoffen könnte, euch im Gegenzug geben zu können.“   Im Rückblick war es ein unfairer Tausch. Ihre Liebe und Freundschaft hatte alle drei weit mehr gekostet, als es Kakashi jemals gekostet hatte – bis sie fort waren. Erst dann war ihm klar geworden, dass es ihn alles gekostet hatte. Alles, wovon er niemals geglaubt hatte, er hätte es überhaupt gehabt, bis er es für immer verloren hatte.    „Und diesen Verlust will ich niemals wieder fühlen müssen…“, gestand er und sprach dabei so weich und leise, dass seine Worte geistergleich auf der Brise mitgetragen wurden; fort, bevor er wirklich die Signifikanz, die Traurigkeit davon greifen konnte.   „Kakashi…“   Da war sie, rief seinen Namen, klang immer so weit entfernt in seinem Verstand, ihre Stimme ein flüchtiges Wispern. Doch dann kam ihre Stimme wieder, näher, lauter…und älter als er sich entsann.   Nicht Rin…   Ein leichtes Stirnrunzeln grub sich zwischen Kakashis Brauen und er blinzelte langsam, bevor er aufsah. Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte seine Miene verwirrt, bevor sich seine Augen weiteten. „Kurenai“, krächzte er und zog sich von dem Grabstein zurück, während er sich in derselben Bewegung aufrichtete; fühlte sich ein bisschen verlegen und sehr überrumpelt. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass sie sich näherte – obwohl ihm die riesige Bulldogge nicht entging, die sie begleitete. „Bull“, sagte er leicht überrascht.   „Ich habe ihn vor meiner Wohnung sitzend gefunden“, sagte Kurenai und Belustigung zupfte an ihren Lippen, als sie hinunter auf dir große, schwarze Bulldogge sah. Er schenkte ihr einen Dackelblick. Sofort beugte sie sich vor, um ihn zu tätscheln. „Er hat darauf bestanden, mich hierher zu bringen.“   Kakashis Braue hob sich, auch wenn sein Blick mit dem vollen disziplinarischen Gewicht einer offenen Handfläche auf Bull klatschte. Sein Ninken hatte den Befehl gehabt, dazusitzen, zu beobachten und nicht entdeckt zu werden. Doch offensichtlich hatte Bull andere Ideen; Ideen, denen er keine Stimme geben konnte, selbst wenn er es gewollt hätte. Die Bulldogge zog den Kopf ein und grummelte ein leises, kehliges Winseln.    Da er sich ebenso stumm fühlte wie sein Hund, suchte Kakashi nach irgendetwas, das er sagen könnte. „Du siehst gut aus, Kurenai“, war das erste, was seinen Mund verließ – und er meinte es ernst.   Sie stand in respektvollem Abstand zu Rins Grab da, gekleidet in ein fließend weißes Kleid, das mit Rosen gemustert war, einen pastellrosa Schal hatte sie sich um die Schultern geschlungen. Sie sah besser als gut aus, sie sah wunderschön wie eine Braut aus. Blumen in ihrem Haar und ihren Händen, die lange, dunkle Mähne hochgesteckt zu einem Dutt und ein paar weiche Strähnen hingen lose nach unten, um ihr Gesicht einzurahmen.    Asuma wäre innerhalb eines Herzschlages auf den Knien gewesen.   Und als der Kummer kam, unternahm Kakashi nichts, um ihn zu verschleiern; die Augen sanft und wehmütig, als sie ihr Porträt nachzeichneten. „Du bist gekommen, um Asuma zu sehen“, sagte er.    Lächelnd schüttelte Kurenai den Kopf. „Ich war bereits bei ihm.“   Überrascht wanderte Kakashis Blick zu dem Strauß aus Calla Lilien, den sie im Arm hielt. Doch bevor er fragen konnte, näherte sie sich Rins Grab und legte den Strauß mit der Sanftheit einer Mutter ab, die ein Baby zum Schlafen legte, bevor sie die Blumen zu ihrer Zufriedenheit arrangierte. „Ich denke, Asuma wird mir vergeben. Ich habe ihm stattdessen Zigaretten mitgebracht.“   Kakashis Kehle schnürte sich zu. „Kurenai…“   Sie verharrte kniend neben dem Grabstein und legte ihre Handflächen in einem Gebet aneinander. Bull trottete ebenfalls herüber und ließ sein massives Gewicht neben ihr fallen, bevor er durch weise, abgeschirmte Augen zu dem Kopierninja aufsah und sich ein weiteres leises Winseln aus seinem Hals löste.    Ein Augenblick des Zögerns und dann gab Kakashi nach.    Er kniete sich neben Kurenai, ließ sie die lieblichen, friedvollen Zeilen sprechen, die ihm niemals in den Sinn gekommen wären und öffnete die Augen, als das Gebet endete.    Unmittelbar kamen die Worte leichter. „Es tut mir leid, Kurenai“, sagte er. „Ich habe mich ferngehalten, weil ich nicht wusste, was ich sagen soll. Ich weiß es immer noch nicht.“   „Du hast deinen Ninken vor meiner Tür stationiert. Ich denke, das ist damit gleichzusetzen, auf mich aufzupassen.“   Kakashi schüttelte den Kopf. „Ich hätte -“   „Kakashi“, sagte sie ernst, auch wenn sie seine Hand mit derselben Sanftheit berührte, mit der sie die Blumen arrangiert hatte. Sein automatisches Zusammenzucken ignorierte sie. „Ich hätte auch nicht gewusst, was ich sagen soll. Und genau wie du, weiß ich es immer noch nicht.“   „Kurenai, ich -“   Mit einem Blick schnitt sie ihm das Wort ab. „Ich brauche nicht noch mehr warme Worte und endloses Trösten. Es hat mir nicht geholfen. Es hat mich nicht erreicht. Nichts wollte mich so richtig erreichen. Ich habe sogar meine eigenen Schüler abgewiesen.“ Die Wildheit blutete aus ihren Augen und die karmesinroten Seen wurden weich und traurig. „Was ich gebraucht habe, war nicht eine Schulter, um mich daran auszuweinen. Es war eine starke Hand, um mich aus der Depression zu reißen, in die ich gefallen bin.“   Kakashis Magen verwandelte sich in kalten Schlick. Mit weiten und besorgten Augen wandte er sich ihr zu und eine Falte trieb sich zwischen seine Brauen. „Depression?“   Sie drückte leicht seine Finger und ihre Lippen spannten sich an. „Ich weiß, wie stark deine Hände sein können. Aber ich bin froh, dass es nicht du warst. Ich hätte nicht gewollt, dass du mich in diesem Zustand siehst. Götter…“ Seufzend löste sie ihren Griff an ihm. „Ganz ehrlich? Ich hätte von niemandem außer Shizune gewollt, zu wissen, wie kurz davor ich war, nachzugeben.“   Nachgeben.    Aufgeben…   Panik quetschte Kakashis Herz und diese kostbaren Glasornamente, die er zu Rins Grab gebracht hatte, rasselten und bebten in ihm. Es war die eine Sache, jemandem in einem offenen Kampf zu verlieren…und eine vollkommen andere Sache, jemanden an den Kampf in ihnen selbst zu verlieren.    So, wie ich Sasuke verloren habe…so, wie ich fast Genma in Tanzaku verloren habe…   Und dann, mit einer Erkenntnis so explosiv wie der Schmerz, der folgte…   So, wie ich meinen Vater verloren habe…   Keuchend presste Kakashi die Lider aufeinander und griff sich krampfhaft an die Brust, als hätte man ihn erstochen. Als er sich nach vorn krümmte schüttelte er Kurenais Hand ab, als sie ihn berührte. Seine Finger ballten sich gegen seine Schenkel zu Fäusten und auf einen Schlag fühlte er sich so zornig und verletzlich wie vor all diesen Jahren…in der Nacht, als er die Leiche seines Vaters gefunden hatte…   „Wie kannst du nur so denken?“, zischte er und sein Tonfall zog Bulls Kopf aus Kurenais Schoß. „Die Menschen, die du zurücklassen würdest…“   „Kakashi…“   „Der Schmerz, den du zurücklassen würdest.“ In einem wilden Rucken schüttelte er den Kopf, seine Stimme rau wie zermahlener Fels. „Es ist unverzeihlich.“   Kurenai sagte überhaupt nichts. Schweigend kniete sie da und wartete darauf, dass die Verbitterung ihn verließ…was auch passierte…langsam…widerwillig…sie zerrte ihre Füße durch die Korridore seines Herzens; einen qualvollen Schritt nach dem anderen und ließ eine Jahre alte Traurigkeit zurück. Traurigkeit…und vielleicht ein verspätetes Verständnis dafür, warum es so verdammt wichtig war, dass er versuchte, Genma zu beschützen. Auf dem Schlachtfeld konnte er Kausalitäten nicht immer aufhalten, aber er wollte verdammt sein, wenn er sonst noch jemanden an Kriege verlor, die im Inneren ausgefochten wurden.   Daran zu denken, dass Kurenai das durchgemacht hat…   War es wirklich so überraschend? Ihre Welt war auseinander gefallen. Sie war so glücklich gewesen. Asuma war so glücklich gewesen. Es war die zweite Chance gewesen, von der der Sarutobi immer gedacht hatte, er hätte sie nicht verdient.   Aber das hat er. Sie beide haben das.   Als sich seine Augen halb öffneten, sackte Kakashi mit einer Erschöpfung zusammen, die ihm den Atem raubte und seine Finger lösten sich, bevor sich seine Hände schlaff auf seine Schenkel legten. „Wenn ich es gewusst hätte…“   „Ich weiß.“ Und als sie diesmal seine Hand nahm, schüttelte er sie nicht ab. „Verstehst du jetzt, warum ich froh bin, dass du mich nicht so gesehen hast?“   Er nickte und seine Brauen zogen sich sanft zusammen. Er hätte nicht gewusst, was er tun, was er sagen sollte. Zorn hätte alles andere übersprungen…seine eigene Vergangenheit projizierte sich auf die Gegenwart und befleckte was auch immer an Empathie und Verständnis erforderlich gewesen wäre, um Kurenai aus diesen tiefen Wassern und sicher ans Ufer zu ziehen. Es war ja schon schwierig genug gewesen, Genma vor all diesen Jahren aus diesem suizidalen Feuer zu zerren…   Und was lässt dich glauben, du könntest es wieder tun?   Die Antwort darauf war wirklich simpel. Er musste es tun. Am Ende half es zu glauben, dass ihm dasselbe Gefühl der Notwendigkeit erlaubt hätte, Kurenai zu helfen. Wenn er es nur gewusst hätte. Wenn er nur da gewesen wäre.    Noch einmal drückte sie seine Hand und las zwischen den Zeilen seines Schweigens. „Es geht mir wieder gut.“   Durch die Wimpern spähte er zu ihr und suchte ihr Gesicht nach einer Lüge ab. Sie trug kein Makeup, sondern stattdessen die Schattierungen, die von einer trauernden Frau erwartet wurden; lilane Schatten unter ihren geschwollenen Augen, die rosa Lider und Ränder rot verfärbt vom Weinen. Selbst ihre Nase, normalerweise leicht bepudert, war wund von zu vielen Taschentüchern und zu vielen Tränen.    Ohne nachzudenken erwiderte er den sanften Druck ihrer Hand. „Ich bin einfach nur froh, dass Shizune da war, um dir da durch zu helfen.“   Kurenai zog das Kinn zurück. „Shizune?“, echote sie und registrierte mit einem leichten Zusammenzucken Kakashis verwirrtes Stirnrunzeln; als hätte sie ein kleines Detail in ihren Erzählungen vergessen. „Es war nicht Shizune, die mich dort hindurch gezogen hat, Kakashi. Es war Genma.“   Kakashis Augen wurden rund und Schuldgefühle rammten sich direkt nach dem Schock in ihn. Überhaupt kein kleines Detail.    Gott…also das hat er gemacht…   Und wenn er daran dachte, dass er Genma beschuldigt hatte, Kurenai nur aus reiner Rekognoszierung aufzusuchen. Ihre Wohnung auszukundschaften und das nur um herauszufinden, was sie über das mysteriöse Problem um Shikamaru wusste oder nicht wusste.    Als er sich wieder von seinem Schock erholt hatte, fand er endlich seine Stimme wieder, heiser vor Ungläubigkeit. „Genma?“   „Ja, ich weiß“, sagte Kurenai mit einigem an Ironie, auch wenn ihr Lächeln ehrlich war. „Genma, der in meiner Stunde der Not den Helden spielt? Ich war auch geschockt. Beschämt…und noch eine ganze Menge andere Dinge. Aber mehr als alles andere bin ich ihm dankbar. Wenn er mich nicht gefunden hätte, als er es getan hat.“ Sie seufzte und fuhr mit den Fingern durch Bulls kurzes Fell, was ein zufriedenes Ächzen bei dem Hund auslöste. „Ich habe den Großteil der vergangenen Woche damit verbracht, mir zu überlegen, wie ich ihm dafür danken könnte.“   „Sag es ihm einfach“, erwiderte Kakashi.   Kurenai warf ihm einen schiefen Blick zu. „Das würde er hassen.“   „Nach außen hin“, stimmte Kakashi zu und streckte eine Hand aus, um Bulls Kopf aus ihrem Schoß zu schupsen, als der Hund zu sabbern begann. „Aber ich bin mir sicher, dass es ihm mehr bedeuten würde, als du dir vorstellen kannst.“   „Wieso?“, fragte sie und fing seinen Blick auf, als er sich nach hinten lehnte. „Ist irgendwas passiert?“   Verdammt.   Da er seinen Ausrutscher bereute, wandte sich Kakashi ab und stieß einen langen Atem aus. In jedem anderen Fall hätte er sich eine Möglichkeit ausgedacht, diese Unterhaltung zu umgehen. Aber wenn er an Rins Grab saß? Er wollte nicht, dass Lügen die Luft um ihn herum verdüsterten. Er kam aus vielen Gründen hierher, aber niemals um zu lügen oder sich seinen Weg aus der Wahrheit heraus zu mogeln.    „Er hat seltsam gewirkt“, sagte Kurenai und durchbrach die Stille, als es Kakashi nicht schaffte. „Ich hatte so ein Gefühl, dass sich er und Asuma über irgendwas gestritten haben, bevor…“, sie biss ihre Worte ab, schluckte hart und zwang sich dazu, weiterzumachen, „bevor Asuma gestorben ist. Ich weiß nicht, worum es dabei ging. Er hat es mir nie gesagt. Aber ich weiß, dass es seinen Verstand betroffen hat…und sein Herz…“   Bedauernd zogen sich Kakashis Brauen zusammen. Er wusste, dass das wahr war, gemessen an dem, was er in den Kellergeschossen der Archive herausgefunden hatte; den Beweis für den wie auch immer gearteten Streit oder die Auseinandersetzung, in die Asuma und Genma geraten waren. Kakashi war nicht stolz auf die Tatsache, dass er diesen Vorfall in der Nacht, als sie sich uneingeladen in Asumas Wohnung begegnet waren, als Waffe gegen Genma eingesetzt hatte.   ‚Du standest dort…hast zugesehen, wie sie diese Blumen auf sein Grab gelegt hat. Wie erleichtert du gewesen sein musst.‘   Genma hatte kein Wort zu seiner Verteidigung gesagt, aber Kakashi wusste, dass Schweigen eine ganz eigene Rüstung mit sich brachte. Er hatte sich oft genug selbst auf diese Rüstung verlassen, fühlte, wie sie sich jetzt wie Wände um ihn herum aufrichtete.    Wände innerhalb von Wänden…Zahnräder innerhalb von Zahnrädern…   Das alte ANBU Mantra. Die alten Regeln, nach denen er gelebt hatte…aber von denen er sich geweigert hat, nach ihnen zu sterben. Eine Entscheidung, die ihn vor einer Menge Geister und einer Menge Trauer bewahrt hatte…   Aber Genma nicht…   Nein. Genma lebte noch immer mit diesen Geistern und mit dieser Trauer. Kakashi hatte gesehen, wie sie sich hinter den Augen des Shiranui bewegten, ein unergründliches Flackern in der Vergangenheit; düster wie die Nacht.    „Ich muss gehen“, sagte Kakashi leise.    Kurenai spähte zu ihm. „Asuma sagte immer ‚jetzt nicht‘.“ Sie lächelte traurig und ihre Lippen oben sich kaum merklich. „Ich schätze, dass es nie eine wirklich perfekte Zeit für irgendwas gibt, oder?“   „Nein“, stimmte Kakashi zu und hob eine Hand, um sein Hitai-ate nach unten über sein karmesinrotes Auge zu ziehen. „Ich schätze nicht.“ Er rappelte sich auf die Füße und streckte ihr eine Hand entgegen.    Kurenai warf ihm einen amüsierten Blick zu, ließ aber zu, dass er ihr aufhalf. „Danke.“   Kakashis Auge bog sich in einem Lächeln. „Das ist alles, was Genma hören muss.“   „Ich werde es ihm sagen.“ Bedächtig schob Kurenai eine dunkle Locke hinter ihr Ohr und zog die Enden ihres flatternden Schals fester um ihre Schultern. Die Brise wurde kälter.    Da seine Haut eine Gänsehaut gegen die Kühle entwickelte, rollte Kakashi seine Ärmel von den Ellbogen nach unten und schob die Hände in die Taschen. Sehr bald würde der Winter in das Land des Feuers einziehen.    Die Zeit vergeht schnell…   Zu schnell.    Lachen zog seine Aufmerksamkeit über den Friedhof und er sah ein paar Kindern zu, die fröhlich durch die grasbewachsenen Reihen hüpften und Blumen und Süßigkeiten auf die Grabsteine von Freunden und geliebten Menschen legten. Mit gleichermaßen Traurigkeit und Bewunderung beobachtete Kakashi sie. Er hatte noch nie eine solche Akzeptanz im Angesicht des Todes erlebt. Er mochte zwar Opfergaben zu seinen Teamkameraden und seinem Sensei bringen, aber mit Sicherhit hatte er niemals irgendetwas anderes als Bitterkeit auf das Grab seines Vaters gelegt.   Vielleicht ist es Zeit, ihn mal wieder zu besuchen…   Aber selbst als er daran dachte, spannte sich sein Körper in Ablehnung an. Es war schon so lange her.    Zu lange…   Er stieß einen leisen Atem aus und dachte sich, dass ‚jetzt nicht‘ für diesen Moment sehr passend war. Jetzt musste er sich mit Yamato bei Shushuya treffen.    „Kakashi.“   Blinzelnd spähte er zurück zu Kurenai. „Mmn?“   Sie sah ihn nicht an, sondern hatte ihren Blick auf die Kinder gerichtet. „Ich weiß nicht, was zwischen den beiden vorgefallen ist. Aber ich weiß, dass ich Genma mein Leben schulde.“ Ihre Arme glitten nach unten und schlangen sich um ihren Bauch. „Und so vieles mehr. Asuma hätte ihm einfach alles vergeben; wenn er wüsste, was Genma für mich getan hat. Für uns.“   Kakashi musterte sie mit einer Traurigkeit, die viel zu stark für irgendwelche Worte war.    Ein friedvolles Zwischenspiel folgte, unterbrochen nur von dem lieblichen Kinderlachen und dem munteren Trällern von Vogelgezwitscher. Es war so leicht, sich vorzustellen, dass Zeit hier die Regeln brach. Dass die vergängliche Natur von Leben und Tod vielleicht eine Art Übereinkunft traf und den Verstorbenen und den Hinterbliebenen eine Art der Regungslosigkeit gewährte, eine Art der Ewigkeit.   Aber der Wind der Vergänglichkeit weht immer…, dachte Kakashi und der Spruch spielte durch seinen Verstand und durch seine Seele, wisperte über alte Abschiede und neue. Vielleicht ist das auch gut so…   Er wurde zu der Vergänglichkeit und Wichtigkeit der Zeit zurück gebracht, als sich Bull auf die Pfoten rappelte und sich an Kurenais Seite stellte, seine hängenden Augen nach oben auf Kakashi gerichtet und auf Anweisungen wartend.    Der Kopierninja spähte zu ihm und nickte leicht. Bull nickte zurück.    Und Kurenai entging dieser Austausch nicht. Mit den Fingerspitzen kraulte sie Bulls Scheitel und ein schiefes Schmunzeln zierte ihre Lippen. „Ich brauche keinen Wachhund, Kakashi.“   Den Kopf auf eine Seite gelegt, hob Kakashi eine Schulter. „Ich glaube, Bull ist ganz angetan von dir.“   Sie kaufte ihm dieses Schauspiel nicht ab, aber Kakashi versuchte auch nicht wirklich hart, es zu verkaufen. Dass er wollte, dass einer seiner Ninken ein Auge auf sie hatte, schien nicht wirklich eine Überreaktion zu sein, wenn man bedachte, was sie gerade zu ihm gesagt hatte. Gott, nur daran zu denken, dass wenn Genma nicht gewesen wäre, es eine grausame Chance gegeben hätte, dass sie niemals hier gestanden hätte.    „Tu mir den Gefallen“, sagte er und die Ehrlichkeit war heiser in seiner Kehle.    Kurenai fügte sich und ihr Lächeln wich etwas Weicherem. „Ich weiß deine Sorge zu schätzen, Kakashi.“   „Und ich weiß die Blumen zu schätzen. Wir beide.“   Mit tiefer Zuneigung sah Kurenai auf Rins Grabstein, wollte daran vorbei schreiten, nur um an der Schulter davon innezuhalten. Ihr Blick driftete über den Friedhof und als sie sprach, war ihre Stimme schwer von Tränen. „Sag mir, dass es leichter wird, Kakashi…“   Tief Luft holend blickte Kakshi auf sie hinab, nahm den verletzlichen Ausdruck auf ihrem Gesicht in sich auf und brachte es einfach nicht übers Herz, es ihr zu verweigern. „Es wird leichter“, murmelte er und glaubte fest daran, dass Rin ihm eine Lüge gewähren würde – oder vielleicht einen Wunsch.   Kurenai berührte seinen Arm, wie jemand vielleicht die Statue eines Heiligen berührte; ein gewährtes Gebet, ein gegebener Trost. Ein flüchtiges Drücken ihrer Finger und sie schluckte einen Atem, hob das Kinn zusammen mit dem Mut, den sie brauchte, um sich dem Tag stellen zu können – einen Tag nach dem anderen. „Danke, Kakashi.“   Kakashi sah ihr nach, wie sie schön wie eine Erscheinung verschwand, ebenso leiderfüllt und verloren wie die Geister, die diese Grabsteine heimsuchten. Und dann war da Bull, der am wenigsten anmutige von Kakashis Ninken, und zerstörte den Augenblick, indem er laut schnaufte, die Zunge heraushängen ließ und seinen schwarzen Körper von Seite zu Seite schwanken ließ, wobei er gelegentlich gegen Kurenai stieß und sich dabei ein leises, kehliges Lachen einbrachte – die Art, die Asuma immer als Rauch und Satin beschrieben hatte.    Ich hoffe, du kannst sie hören, Asuma…   Unter seiner Maske zuckten Kakashis Lippen mit den Anfängen eines Lächelns.   Sie wird wieder lachen…   Vielleicht sogar wieder lieben.   Als er sich auf dem Absatz umwandte, spähte Kakashi über die Gräber, sah Grabsteine gekrönt von Gänseblümchenketten und Kinder, die im Gebet davor knieten.    „Es wird leichter“, hauchte er. „Oder nicht, Rin?“   Ein Zittern von Bewegung zog sein Auge zu ihrem Grab…wo die Calla Lilien unter der Sonne schimmerten und sachte in die Brise nickten.        __________________ Heyho meine Lieben :)  Ein ruhigeres Kapitel mit viel Denkstoff was Moral und Ethik angeht. Genauso was Akzeptanz von und Umgang mit Depression angeht. Ich hoffe auf jeden Fall sehr, dass es euch allen gefallen hat! Über ein paar Gedanken würde ich mich wie immer sehr freuen! :)  Vielen vielen Dank wie immer an alle meine lieben Reviewer/innen und Leser/innen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)