Schleifen in Blut und Zeit von Hotepneith (Ein Todesfall, eine Hochzeit und die Krümmung der Raumzeit) ================================================================================ Kapitel 22: Abgrund ------------------- Sesshoumaru blieb stehen und atmete tief durch. Das war es. Er hatte versagt. Kagome war tot und damit endete die Zeit, die Welt. Immerhin würde ihm niemand mehr Vorwürfe machen können. Erst eine Sekunde später realisierte er mit gewissem Erstaunen, dass sein Herz noch schlug, er noch immer atmen konnte. Dauerte es etwa hier, weil der Bannkreis alles um sich dermaßen perfekt abschloss? War draußen bereits alles erstarrt? Nun ja. Einen letzten Blick sollte er der Schwägerin und Gefährtin wohl gönnen. So trat er behutsam vor und musterte die Abbruchkante, ehe er noch einen Schritt zu auf den unten hörbar brodelnden Schlund machte und hinab sah. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, was er sehen würde, was von einem menschlichen Körper noch übrig sein würde, aber er hatte sicher nicht erwartet DAS zu sehen.   Irgendwie war es ihr gelungen sich eineinhalb Meter weiter unten an einer Steinkante einzuklammern. Ihre Finger rutschten immer weiter. In der Hitze schwitzte sie dort unten sicher, und, soweit er entdeckte, hatte sie sich an dem scharfkantigen Gestein auch die Hände blutig geschnitten. Sie starrte zu ihm auf, mit einem Blick, den er schon oft in seinem Leben gesehen hatte, bei Mensch und Youkai, wenn sie ihn erblickten – Todesangst. Aber, zugegeben, nie zuvor hatte jemand Todesangst gehabt und auf ihn gehofft. Jaken, nun gut, aber der zählte irgendwie nicht. Rin hatte nie Angst gehabt. Es gab also noch Zukunftserwartung für die Welt, wenn ihm etwas Gutes einfiel. Und das schnell, denn die Hitze dort unten würde Kagome bald bewusstlos machen und das war dann endgültig das Ende. Immerhin – sie trug noch immer Rucksack und Bogen, nicht ein Pfeil fehlte im Köcher. Hinabspringen und schweben war unmöglich, zum Einen benötigte er dazu mehr Youki als so und Iwatakko würde zum Anderen, wenn der nicht vollkommen schlief, mitbekommen, dass ein Daiyoukai vor seiner Tür stand. Bei einer Rettungsmission einen Trupp musha im Kreuz – musste nicht sein. Seine Boa schlicht zu verlängern, um sie zu legen und sie hochzuziehen, scheiterte daran, dass sie sich wirklich sehr eng an der Felswand befand. Ihren Körper versuchen zu umschlingen würde eher dazu führen, dass sie den letzten Halt verlor und hinabstürzte. Sich hinknien und ihr Handgelenk packen, scheiterte daran, dass er nicht so weit hinab reichen konnte. Es gab nur eine Möglichkeit und der Youkai no Taishou presste die Fangzähne zusammen. Hoffentlich, hoffentlich kam nicht Iwatakko vorbei, sonst wäre das der beschämendste Moment seines Lebens. Und vermutlich ein mehr als peinlicher Tod. Aber es war erforderlich und Sesshoumaru hatte sich noch nie vor notwendigen Entscheidungen gedrückt. So kniete er behutsam am Rand nieder, prüfte noch einmal dessen Stabilität. Solange dieser Narr kein weiteres Erdbeben auslöste, hielt das wohl. Jetzt musste er sich behutsam auf den Bauch legen, die Stacheln seiner Rüstung sollten sich nicht unbedingt in den Boden bohren, den womöglich absprengen. Überdies musste er weit genug hinab fassen können. So gelangte auch seine Brustpanzerung über die Kante. Kopf voran in einen Vulkanschlot! Diese Reise war eine einzige Zumutung! Wenn er diesen Iwatakko in die Finger bekam!   Kagome hatte durchaus gesehen, dass ihr Schwager-Ehemann plante sie herauszuholen. Das war sicher nett gemeint, aber es dauerte, und sie konnte spüren, wie ihre Kraft schon mehr als erlahmt war. Sie hatte Schmerzen in den überdehnten Sehnen in der Schultern, ihre Finger und Hände hatten keine Kraft mehr und glitten immer weiter ab. Blut und Schweiß dienten da auch nicht gerade zur Unterstützung. Sie hätte eigentlich fast schon aufgegeben, sammelte jetzt ihre letzten Kräfte, weil sie doch sich irgendwie drauf verließ, dass er sie hier herausholte. Irgendwie bog er doch immer alles hin. Nur noch kurz durchhalten, beschwor sie sich. Inu Yasha war ja auch immer gekommen und sie würde auch garantiert kein böses Wort mehr über oder an auch nur einen der Hundebrüder verlieren, wenn es Sesshoumaru nur gelang sie hier zu erreichen. Wieder sah sie empor, da sein Haar ihre Finger berührte. Oh je, er musste schon weit herunter fassen. Hoffentlich stürzte er nicht auch noch, hoffentlich…   Er konnte mit der Rechten ihr linkes Handgelenk packen, sie halten. Denn mit hoch ziehen ging gerade nicht. Er musste dafür sorgen, dass er selbst nicht das Übergewicht bekam. Fliegen behielt er sich für diesen Notfall vor, denn zum Einen stand Iwatakko dann postwendend hinter ihm, zum Zweiten müsste er sie loslassen um zum Schwert greifen zu können. Das Ergebnis wäre in beiden Fällen das Ende der Welt. Prompt rutschten ihre Finger jetzt endgültig weg und sie hing mit einem Aufschrei nur noch an ihrem linken Arm, begann instinktiv zu strampeln. Das konnte er wirklich gerade nicht gebrauchen. „Stütz dich mit den Füßen an der Wand ab!“ befahl er scharf. Das drang durch ihre Panik und so versuchte sie es. Als sie sich abstützte fühlte sie sich ein Stück emporgezogen. Das war freilich eine Täuschung, denn der Daiyoukai hatte schlicht den Arm angewinkelt. Ihr Gewicht machte ihm an sich nichts aus, aber er musste sich etwas zurückziehen, seinen Körperschwerpunkt wieder besser nach oben bekommen, um sich selbst aufrichten und sie mit einem Ruck aus dem Loch ziehen zu können. Mit der Linken fasste er daher nach hinten, prüfte die Stabilität, ehe er aus dem Liegen den Satz hoch in die Knie machte, dann aufrecht stand und Kagome mit sich zog.   Sie fiel sofort zu Boden, als er sie freigab, körperlich und seelisch am Ende, und begann zu weinen. Sesshoumaru betrachtete sie für einen Moment, ehe er zu dem Rucksack auf ihrem Rücken griff. Zu erschöpft um mitdenken zu können, nahm sie die wortlos dargebotenen Taschentücher und weinte weiter. Erst nach einer ganzen Weile – die Taschentuchpackung war leer – realisierte sie, wo sie in welcher Begleitung war und sah sich um. Der Daiyoukai stand mit dem Rücken zu ihr und beobachtete wachsam die Dämmerung um sie. Jetzt erst stellte sie auch fest wie blutig die Taschentücher geworden waren und betrachtete ihre Hände. Ganz schön zerschnitten, was auch erklärte, warum es so wehtat. Ihr Kopf brummte, ihre Schultern schmerzten von dem harten, aber wirklich notwendigen, Abfangen ihres Sturzes an dieser Felskante. Kurzum, keine sehr gute Allgemeinverfassung diagnostizierte sie sich selbst. Aber eines war wirklich unabdingbar. „Danke, Sesshoumaru.“ „Du bist meine Gefährtin.“ Ja, das war wohl die Erklärung, vielleicht auch die Tatsache, dass ihr Tod das Ende der Welt bedeutete? Aber da hätte er ihr nicht die Taschentücher heraus suchen müssen. „Wirf die Taschentücher in die Lava.“ Nur keine Spuren hinterlassen, die Aufmerksamkeit erregen könnten. Er hörte, wie mühsam sie aufstand und gehorchte. „Komm.“ Da er vernahm, dass sie zu ihm hinkte, sich offenkundig erneut den Fuß verletzt hatte: „Du gibst nie auf.“ Das war ja ein Lob, erkannte Kagome verblüfft. „Ich gebe mir Mühe,“ antwortete sie leise. „Für Inu Yasha …“ „Bei der Felsinsel machen wir Pause.“ „Danke.“ Was sollte sie dazu schon sagen.   Der Weg durch die rötliche Dämmerung schien ihr in ihrem Zustand Stunden zu dauern, ehe sie vor sich endlich drei Felsnadeln erblickte, die eng beisammen standen, wie sonst vielleicht Bäume. Endlich, das Ziel. Ihr Kopf dröhnte noch immer, sie hatte keine Ahnung, ob sie ihn wo angeschlagen hatte, ihre rechte Schulter sagte ihr, dass die Bänder überdehnt waren, während sich der Schmerz in der linken zu einem wahrhaft höllischen Brennen ausgeweitet hatte. Dazu kamen die schmerzenden Finger und Handinnenflächen, die ihr klar machten, dass Bogenschießen nicht nur durch die neu zu spannende Sehne zur Utopie geworden war. Da Sesshoumaru in dieses Dreieck hineinging und sich umwandte, ließ sie sich ohne weitere Umschweife vor einem Stein auf die Knie nieder und streifte ihr Gepäck ab, ehe sie sich mit einem Aufstöhnen rücklings dagegen lehnte, um mühselig zu versuchen mit der einigermaßen funktionierenden rechten Hand ein Getränk heraus zu ziehen. Essen brauchte sie nicht, dazu war die Erschöpfung und der Schmerz zu groß. Und beim Trinken tat ihr ihre durchbissene Lippe weh. Toll. Sie war ein Wrack. Sie sah auf, als sie den lastenden Blick ihres Schwager-Ehemannes auf sich spürte. „Es geht schon,“ beteuerte sie. „Ich brauche nur Pause …“ Offensichtlich glaubte er ihr nicht, denn im nächsten Augenblick stand er direkt neben ihr. Nun ja, sie hatte Tränen in den Augen und zu glauben, dass seiner feinen Nase selbst in dem Vulkandunst ihre Lage entgehen würde, war unrealistisch. So trank sie resignierend, dabei behutsam die Unterlippe schonend. „Ich kann keine Pfeile schießen, wenn du das meinst,“ gab sie dann zu. Es war unangenehm so unter seinem fokussierend musternden Blick, ohne die Chance auch nur einigermaßen zornig zurück sehen zu können. Gerade ihre linke Schulter tobte förmlich. Zu ihrer Überraschung ließ er sich neben ihr auf ein Knie nieder und legte die langen Finger ohne Ankündigung überraschend behutsam darauf. Sie wusste, dass er sie damit zerreißen konnte, aber das fühlte sich so ganz anders an. Und es war albern, dass sie zu zittern begann. Er war ihr Schwager, vielleicht ihr Ehemann, wenn Inu Yasha … nein, daran wollte sie nicht einmal denken. Was war nur mit ihr los? „Du hast dir die Schulter ausgekugelt,“ kam allerdings die sachliche Diagnose. Sie sah zu ihm und begegnete einem kühlen goldfarbenen Blick. „Und, Dr. med. Sesshoumaru, was soll ich damit anfangen? Das nächste Krankenhaus dürfte weit weg sein,“ fauchte sie. Schön, das war falsch gewesen, denn sie erkannte ein verräterisches Zucken eines Mundwinkels. Was …? „Ich werde sie dir einrenken.“ WAS? Kagome stellte erst einmal die leere Teetüte neben sich, mehr um Zeit zu gewinnen, als das es nötig gewesen wäre, weil sie den Daiyoukai vor sich noch immer anstarrte. „Äh, ich meine, ich weiß, dass Krieger im Mittelalter durchaus auch Heilermethoden lernten und ich will deine Ausbildung als Taishou ja auch nicht kritisieren ….“ Ein kaum bemerkbares Beiseitelegen seines Kopfes. Ja, die Frage, hast du lieber Schmerzen? Nein, nicht wirklich, aber sie traute ihm das ehrlicherweise nicht zu. Es war ein Dämon, ein Daiyoukai! Die zerlegten Menschen höchstens wissenschaftlich und … Naja, es wäre schon schön, wenn ihre linke Schulter nur noch genauso weh tun würde wie die rechte, gab sie zu. „Was hast du vor?“ Dumme Frage, hatte er ja gerade gesagt. Und, er hatte ihr ja erst zuvor geholfen, sie sollte ihm wirklich etwas mehr zutrauen. „Was soll ich machen,“ änderte sie daher um. Sie war lernfähig, gab er zu. „Zieh die Oberteile aus.“ Was? Aber klar, erkannte sie dann, das Rattenhaar würde womöglich hinderlich sein. So löste sie Tessaiga samt Gürtel und legte es beiseite, streifte das Oberteil des Jagdgewandes ab. „Äh, genügt das?“ Naja, das weiße Oberteil des miko-Gewandes … Na schön. Er hatte sie schon nach dem Unwetter auf dem Wege zu Bokuseno gewaltsam ausgezogen. Nur noch in der Unterbekleidung sah sie erneut hin und nur ein Narr hätte nicht bemerkt, dass sich die goldfarbenen Augen verengten. „Das auch noch?“ Darunter trug sie nur noch einen BH. Immerhin den. Menschen! Mit auch nur einem Hauch Überlegung müsste sie wissen, dass es deutlich einfacher und damit schmerzärmer wäre, könnte er genau sehen wo und wie…. Nun ja, bei einem Arzt hätte sie sich auch so entkleidet und sie hatte sein Wort … Mit gewissem Zögern streifte sich Kagome auch das Untergewand ab. „So?“ Sie hätte gerne die Arme vor der Brust verschränkt, aber erstens würden das ihre Schultern mit weiteren Schmerzen quittieren und zweitens sie sich lächerlich machen. Er wirkte jetzt schon, naja, irgendwie amüsiert. Wenn sie daran dachte, dass ja anscheinend Hochzeitsnächte bei Youkai vor Publikum vollzogen wurden, war bei diesem Volk Schamgefühl offenbar eine eigenartige menschliche Marotte. „Was soll ich jetzt tun?“ Sie versuchte es, aber sie war noch immer nervös. Menschen. Er sollte ihr Beruhigung verschaffen, wenn sie im falschen Moment zuckte, war es auch nicht gut. Und schreien sollte sie auch nicht, sie waren hier in Feindesland. „Nimm Inu Yashas Gewand und lege dich darauf.“ Tatsächlich beruhigte der Name sie allein so, dass sie sich das Feuerrattenhaar auf den schwarzen Sand breitete und mit Kopf und Oberkörper darauf legte. „Wird ... wird es weh tun?“ Sie klang leider etwas ängstlicher als sie gewollt hätte, dachte sie. Aber sie war so fertig, alles schmerzte. „Ja.“ Wie schön, wenn man mit Leuten redete, die nicht logen, dachte sie sarkastisch, etwas verwundert, dass er sich neben ihr ausstreckte, dann instinktiv alarmbereit. „Was …?“ In der Erkenntnis, dass ihre Energie bereits wieder empor kletterte und jederzeit musha oder Iwatakko auf den Plan rufen könnte, sah er sich zu einer weiteren widerwilligen Erklärung gezwungen. „Ich werde dich halten müssen.“ Wie meinen? Aber dann begriff sie. Er brauchte wohl beide Hände zum einrenken. Wenn sie da zuckte, würde das nicht klappen. Aber wie wollte er … Oh nein. Die Antwort hätte sie sich selbst geben können. Er legte sich auf sie und Kagome konnte nicht anders als rot anzulaufen. Noch nie hatte sie das Gewicht eines Mannes auf sich gespürt, naja, mal Inu Yasha, aber da war er bewusstlos. Und dieser Mistkerl von Sinichitai zählte überhaupt nicht! Manten auch nicht! Das waren Kämpfe gewesen! „Ich halte auch so still,“ wollte sie zu ihrer Verteidigung sagen, aber irgendwie vergaß sie es, als er ihren Arm etwas nach unten legte und gleichzeitig die andere Hand auf ihre Schulter. Sie zischte förmlich auf. Das war sicher noch nicht das Ende gewesen. Irgendwo bekam sie noch mit, dass er sich immerhin so gelegt hatte, dass die Schwertabfangdornen seiner Rüstung neben ihr blieben. Toll. Leider sah sie sich außerstande das irgendwie gut zu finden, nicht, wenn er ihre Schulter gerade noch einmal dehnte. „Warte,“ flüsterte sie heiser. Nein, nur sich nicht weiter blamieren, Menschen als schwach hinstellen. Nun ja, noch mehr. „Ich … ich brauche etwas worauf ich beißen kann,“ brachte sie hervor. Nur nicht schreien. Eine vernünftige Idee. Er griff mit der Linken den Rucksack und presste ihr den Trageriemen zwischen die Kiefer. Noch ehe sie protestieren konnte, drückte er bereits mit der gleichen Hand ihre Schulter auf den Boden und zog ruckartig an ihrem Handgelenk. Hörbar schnappte die Schulterpfanne ein, natürlich nicht ohne, wie vorherzusehen, dass sie aufzuckte, ihre Energie anstieg.   Kagome hatte mit aller Kraft auf den Riemen gebissen um nicht zu schreien. Auch ihr war klar, dass dort im Schloss nicht gerade die Taubstummenschule war, Lärm tödlich enden würde. Ihre aufflammende Läuterung konnte sie nicht unterdrücken. Ein Youkai, der ihr Schmerzen verursachte … Ihr Aufbäumen wurde schlicht unter seinem Gewicht erstickt. Jetzt befreite er sie davon und stand schon wieder aufrecht, noch während sie begriff, dass das Brennen aus der Schulter verschwunden war, der Schmerz des Ruckes sich deutlich verringert hatte. Mühsam nahm sie den Riemen aus dem Mund und versuchte ihre Energie wieder einzufangen. „Besser,“ krächzte sie irgendwie.   Er vermutete zurecht, dass das ein Dank sein sollte. Immerhin war sie beherrscht genug gewesen nicht alles zusammen zu brüllen. Menschen schrien meist so, wenn man mit den Klauen durch sie fuhr oder sie sonst wie Schmerzen hatten. Nun ja. Noch ein Punkt dieser Reise, von dem sein kleiner Bruder besser nie erfahren sollte. Der Narr würde es fertig bringen blindlings in Bakusaiga zu rennen, noch ehe der die zweite Hälfte eines Halbsatzes gehört hatte. Als ob er, Sesshoumaru, eine Menschenfrau begehren würde! Er wandte sich ab. Sollte sie sich erholen und wieder bekleiden, das war ihr sichtlich lieber. So trat er eng an einen Stein und musterte das Schloss. Schwarz in dieser schwarz-roten Düsternis. Iwatakko schien ein Feigling zu sein, oder warum verschanzte er sich mit allen Kriegern plus Hexe in einem steinernen Schloss? Gab es dafür einen guten Grund? Der Boden vor dem Schloss, die Hügel und das Gebäude selbst schienen in der Dämmerung zu glitzern. Sammelte sich da die Luftfeuchtigkeit? War das anderes Gestein als bisher? Jedenfalls lag zwischen diesen Felsen, in denen sie sich befanden und dem Schloss kein einziger Lavabach, nur zwei oder drei Geysire, die kochendes Wasser sprühten, ebenso weiter geradeaus, wo offenbar der Bannkreis zum Ozean hin abschloss, wenn er richtig riet. Selbst hier war keine Witterung von Meer zu erkennen. Dieser Blutbann umschloss perfekt alles, selbst in den Boden hinein. Nicht einmal ein armseliger Wurmyoukai würde hier durchkommen. Warum schirmte sich Iwatakko dermaßen ab? War er noch so schwach und hoffte durch das Hanyoublut Inu Yashas den Sprung zurück zum Daiyoukai zu schaffen? Aber er hatte doch offenbar schon mit Nezumiuro eben einen Daiyoukai, dessen Sohn und andere Youkai ... nun ja, verschlungen, absorbiert oder was auch immer. Das sollte ihn doch mächtiger gemacht haben. Hm. Absorbiert. Das wäre mit Bakusaiga eigentlich kein Problem, diesen Verrückten ein wenig zurecht zu stutzen. Aber er war zu erwachsen geworden um sich noch wie ein Jüngling blindlings in eine Falle zu stürzen. Und irgendwo dort lauerte eine, da war er sicher. Nur, wo und wie. Er wandte den Kopf. Kagome hatte sich mühsam wieder angezogen, sogar an Tessaiga gedacht. Immerhin würde sie es so bei einem überstürzten Aufbruch nicht liegen lassen. Schlechter war, dass sie ihren Bogen nicht benutzen konnte, zum Einen weil der zu feucht geworden war, was auch immer das bedeuten mochte, zum Anderen ihre Finger und Hände aufgeschlitzt waren. Nun gut. Letzteres ließ sich ändern, aber er zögerte sich dermaßen vor ihr zu demütigen. Davon sollte sie besser nichts mitbekommen. Sie hatte die Augen geschlossen. Gut. Da sein Youki unterdrückt war, würde sie zu spät bemerken, dass er neben ihr war. Er machte den lautlosen Sprung und bewegte kurz eine Hand über ihr. Ohne weiteres sackte sie zusammen. Heilschlaf war vermutlich das Beste, was ihr momentan passieren konnte. Und ihm, nebenbei, denn wenigstens diese Hexe sollte sie ihm vom Hals halten können. Bewusst hätte sie vermutlich dagegen protestiert, wie gegen alles, was er wollte. Sie war vorlaut, stur wie ein Esel, aber eine fähige Kämpferin und offenbar, so viel hatte er auf dieser Reise doch gemerkt, schlauer als sie meist schien. Jetzt lag ein unangenehmes Stück Arbeit vor ihm und er vermutete sie würde sich köstlich amüsieren, wüsste sie davon. So allerdings schlief sie tief und nichts würde sie wecken außer seinem Gegenbann. Gegen offene Wunden bei Menschen, das hatte er einst bei Rin ausprobiert, half der Speichel eines Hundeyoukai. Desinfektion und Heilung. Er ließ sich neben der Schlafenden nieder und nahm eine Hand. Ja, es war deutlich besser, wenn weder sie noch Inu Yasha davon erfuhren. Nun, der kleine Bruder sowieso so einiges nicht, das sollte er Kagome klar machen. Sie wäre sonst wieder im Mittelalter und er hatte einen rebellischen, wütenden Hanyou am Hals. Für einen Moment zögerte er, da er das Gefühl hatte, eine Schlinge zöge sich um seine Kehle zusammen, sein Magen verkrampfe sich, als er ihre Hand betrachtete. Es war notwendig für die Rettung der Welt und Inu Yashas, ermahnte er sich. Es war ein Musterbeispiel heroischer Selbstüberwindung, als er behutsam ihre Handinnenfläche, ihre einzelnen Finger ableckte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)