Schleifen in Blut und Zeit von Hotepneith (Ein Todesfall, eine Hochzeit und die Krümmung der Raumzeit) ================================================================================ Kapitel 18: Nordwärts --------------------- Kagome wartete vor ihrem Zimmer, den Rucksack mit Verpflegung und Kleinigkeiten wie Taschentüchern, auf dem Rücken, froh, dass sie den kleineren von ihrer Mutter bestellt hatte. Bogen und Köcher, die ihr Noriko gebracht hatte, trug sie wie gewohnt über der Schulter, Tessaiga an der Scheide in der Linken haltend. Jetzt war sie ein wenig verblüfft, dass sich die junge Hundedame nach Erledigung des Auftrags nicht zurückzog, sondern sich buchstäblich zu ihren Füßen mit gesenktem Kopf niedergekniet hatte. Die junge miko konnte nicht ahnen, dass Noriko auf dem Weg zu den Waffenkammern auch die bestraften Krieger gesehen hatte, und nun sicher war, dass auch noch etwas auf sie wartete. Den Posten unerlaubt zu verlassen, war nun einmal verboten, gleich, ob man es für sinnvoll oder nicht hielt. Darüber diskutierte man nicht mit dem Herrn, sie musste ja nur an ihren Vater denken. Hoffentlich war oyakata-sama nachsichtiger als mit seinen Kriegern… Nun ja, sie befand sich ja bereits in Ungnade und er hatte sie praktisch nicht mehr beachtet, seit er sie an seine menschliche Gefährtin gewiesen hatte. Das war nicht gut, ihr Herz schmerzte förmlich, dass er allein ihre Anwesenheit schon zu missbilligen schien. Sie würde doch alles für ihn tun!   Kagome spürte aus ganz anderem Grund einen Stich im Herzen, als sie ihren Schwager-Ehemann aus seinem Zimmer kommen sah. Dieses rote Feuerrattengewand in dessen Linker kannte sie nur zu gut. Inu Yasha! Und ja, dieser war unbekleidet gewesen, als er … als sie ihn zuletzt gesehen hatte. Wollte Sesshoumaru das mitnehmen? Das war ja direkt mitdenkend. Nun gut. Sie musste zugeben, dass der Herr Hund meist genau wusste, was er wollte und warum. Auch, wenn er sich selten erklärte. Er blieb neben ihr stehen und nahm das Oberteil in die Rechte, streckte es ihr hin. Sie war zu sehr in Trauer versunken um sofort zu reagieren, „Zieh es über.“ Das klang eisig. Keine Zeitverschwendung auf der Suche nach seinem lebenden Bruder! Hastig streifte sie Rucksack, Köcher und Bogen ab und gab es Noriko, die alles nahm, ohne zu wagen etwas anderes als die schwarzen Schuhe des Youkai no Taishou anzugucken. Tessaiga behielt Kagome wohlweislich, da sie sich nicht noch einen Anpfiff einhandeln wollte, weil sie das Familienerbstück in fremde Hände gab. So wechselte sie nur rasch hin und her, als sie in die Ärmel schlüpfte. Ihre Augen brannten. Sie hatte das Gewand schon manchmal getragen, aber da war ihr kalt gewesen und ihr Hanyou hatte es ihr umgehängt oder gegeben. Und jetzt … Wieso der Gürtel? Aber sie nahm ihn aus der Klaue des Daiyoukai, da sie plötzlich begriff. Natürlich. So konnte sie Tessaiga wie sonst Inu Yasha an der Hüfte tragen und hatte beide Hände frei zum Bogenschießen. Zugegeben, drei Schwerter im Gürtel bei Sesshoumaru sähen nicht nur dämlich aus, sondern würden ihn im Zweifel auch in einem Kampf behindern. Verflixt. Gerade eben hatte sie doch noch gedacht, dass der Kerl wisse, was er warum täte. Sie sollte besser mitdenken und weniger trauern, das würde im Zweifel auch Inu Yasha eher helfen. So schob sie das Schwert in die Schleife, wie sie es schon so oft gestehen hatte. Da ihr wortlos der Rest der Kleidung gegeben wurde, bückte sie sich und packte das nur rasch in den Rucksack, ehe sie ihn sich erneut auf den Rücken warf, Bogen und Köcher sortierte. Irgendwie fühlte sie sich lächerlich aussehend, aber, wenn sie bedachte, neben wem sie jetzt durch das Schloss spazierte – keiner würde lachen, aus der durchaus berechtigten Sorge, dass der Hausherr das in die falsche Kehle bekommen würde. Dessen Stimmung dürfte den Youkai bewusst sein, soweit sie sich traute zu sagen, leuchtete in seinen goldfarbenen Augen dieser dunkle, rötliche, Schimmer seiner wahren Gestalt. „Noriko, warte im Zimmer.“ Dann ging er, hastig gefolgt von seiner Schwägerin. Ebenso eilig gehorchte das Hundemädchen. Sie zweifelte nicht daran, dass dieser Befehl dauerhaft und bis zur Rückkehr der Gefährtin lautete. Nur nicht noch einen Fehler begehen, neben der Tür sitzen – und sich langweilen. Aber lieber Langeweile als auch kopfüber von einem Baum zu hängen oder sonst etwas. Auch das stumme Warten war eine Strafe, wenngleich noch eine milde.   Als die beiden Wachen die Türen zu dem Privattrakt beiseite rissen, sagte der Daiyoukai nur: „Einen Wagen.“ Ein Krieger lief unverzüglich weg, und das seltsame Paar stieg die Treppe hinunter, wobei Kagome sich betont bemühte unter den neugierigen Blicken der Wachen und Höflinge sich deutlich hinter dem Taishou zu halten. Immerhin war sie doch ein Stück kleiner, so konnte sie ihn auch eine Stufe höher nicht überragen. Wenn es um seinen Ruf, seine Ehre, ging, konnte er schon immer recht nachdrücklich werden. Tessaiga schlug an ihre Hüfte, ihren Oberschenkel, leise mahnend, dass es hier nicht um sie ginge. Ja, es war wohl gut sich immer wieder dessen zu erinnern. Für Inu Yasha, ja.   Sie sah nur einen schwarzen Fleck durch die Luft sausen, als sie den Boden der Halle betrat, dann erst entdeckte sie den winzigen Flohgeist auf dem Schulterfell ihres Schwagers, sichtlich keuchend. Er war doch schon recht alt. „Sie sind drin, oyakata-sama,“ berichtete Myouga nur. Die einfachere Anrede Sesshoumaru-sama wagte er in der Öffentlichkeit wohlweislich nicht. Sesshoumaru war angetan über den prompten Erfolgsbericht, der noch dazu so dezent gehalten war, dass neugierige Zuhörer keine Rückschlüsse ziehen konnten. Der alte Berater seines verehrten Vaters hatte nichts verlernt. Vielleicht sollte er ihm doch noch einmal von seinem Blut spenden, wenn er zurück war. Nun ja, und nicht die Welt untergegangen, weil Kagome gestorben war. Hm. Sollte Myouga bei Kouga anrufen? Der befand sich zwar sicher in seiner Sicherheitsfirma in Tokio, aber der könnte dem Nordrudel der Wölfe Bescheid geben ein Auge auf diese Pfeifhasen und Lemminge zu haben, die momentan ja anscheinend führerlos waren. Und damit leichte Beute wären. Nein. Iwatakko würde nicht mehr dazu kommen seinen eigenen Bannkreis zu verlassen, dafür würde er höchstpersönlich sorgen. Nicht notwendig Ratsmitglieder zu involvieren, das konnte auch erst passieren, wenn ein neuer Anführer für diese Nager gesucht werden musste. Daiyoukai hatten sie ja keinen mehr, auch keinen Anwärter, falls Nezumiuros Sohn ebenfalls Iwatakko oder Urasae zum Opfer gefallen war. So nickte der Taishou nur und der winzige Floh verschwand auf der Stelle, nicht, ohne einen gefühlvollen Blick auf das Schwert an Kagomes Taille zu werfen. Es schmerzte den treuen Berater der Hundefamilie, dieses Schwert ohne seinen Herrn zu sehen. Hoffentlich würde alles gut werden.   Vor dem Schloss war Kagome überrascht die Nacht taghell zu sehen, ehe sie erkannte, dass Strahler den Hof erleuchteten. Youkai hin oder her – das hier war das 21. Jahrhundert, wie auch das Auto verriet, das eben vorfuhr. Der Fahrer, natürlich ein Hundeyoukai, sprang hinaus und öffnete hastig den Kofferraum. Bevor sie sich auch nur fragen konnte was das denn sollte, war ihr Schwager hingetreten und legte seine beiden Schwerter hinein. Oh. Jetzt erst dämmerte ihr, dass es mit Schwertern im Gürtel in einem Wagen durchaus Schwierigkeiten in Punkte Bequemlichkeit geben mochte und zog Tessaiga samt Scheide ab, packte es behutsam dazu. Irrte sie sich, oder freuten sich die Zwillingsschwerter sich zu berühren? Was war jetzt? Sesshoumaru sah sie an. Oh, natürlich, Sie zog eilig Bogen und Pfeile ab, den Rucksack und packte alles in den Kofferraum. Es war wirklich, wirklich, nicht nötig sich vor versammelter Mannschaft einen Tadel zuzuziehen. Dass er dazu fähig wäre – und auch zu mehr – bezweifelte sie nicht. So ging sie nur auf die Seite, sich sehr wohl bewusst, dass der Platz hinter dem Fahrer stets für den Ranghöchsten reserviert war. Sesshoumaru nahm es zur Kenntnis und ließ sich den Schlag aufmachen, ehe der Chauffeur um das Auto herum eilte, der Gefährtin öffnete. Nun ja. Immerhin gab sie sich Mühe. Was auch immer das Wert werden mochte auf der weiteren Reise. Der Bannkreis und der dadurch notwendige Austausch ihres Blutes bereitete ihm schon gewisse Bedenken. Aber immerhin reisten sie in höherem Auftrag – das sollte dann schon funktionieren. Solange Kagome mitspielte.   Die junge miko schwieg, sich durchaus bewusst, dass der Daiyoukai neben ihr nicht gerade viel von Aussprachen hielt. Als sie jedoch auf die nächtliche Autobahn Richtung Norden bogen, überlegte sie noch einmal. Nicht, was sie fragen wollte, sondern, wie sie das am Besten formulieren sollte. Vielleicht einfach direkt fragen? Er hielt doch Menschen sowieso nicht für besonders schlau? „Äh, ich habe eine Frage.“ Schön, er sah stur geradeaus, das konnte sie in dem Licht der Scheinwerfer der anderen Wägen erkennen, als ob der Hinterkopf des Chauffeurs besonders interessant wäre. Wobei, bei Sesshoumaru war immer zu bedenken, dass er dessen Nacken und wie man den brechen könnte, für interessant hielt. Vorsichtig, Kagome, ermahnte sie sich. Wenngleich er sie nicht umbringen durfte, ohne damit die Welt untergehen zu lassen … Auch nur eine Ohrfeige – die er ihr sicher so als Ehemann in Youkaiaugen verpassen durfte - wäre nicht gerade wünschenswert. „Wieso fahren wir mit dem Auto und fliegen nicht wie zu Bokuseno?“ Keine Antwort, dafür glitten seine Augen kurz zu ihr, ehe er wieder gerade aus blickte. Den Ausdruck kannte sie aus dem Mittelalter, normalerweise war der für Inu Yasha reserviert. Schön, war die Frage so dämlich? Sie fand sie berechtigt. Da sie sich aber auch nicht unbedingt als dumm darstellen wollte, riet sie laut: „Nun ja, wenn du fliegst und mich gleich mit mit deinem Youki einhüllst, kriegt das wohl jeder, ich meine jetzt nicht Menschen, in weitem Umkreis mit. Also würde das Iwatakko auch bemerken?“ Sie schielte seitwärts. Immerhin glaubte sie ein leichtes Nicken zu erkennen. „Und außerdem bedeutet fliegen auch einen gewissen Verlust an Youki? Und du willst ihm im Vollbesitz deiner Kräfte begegnen?“ Oh oh. Er sah zwar nicht zu ihr, aber seine Rechte legt sich etwas zu betont auf seinen Oberschenkel, als wollte er sie dort bewusst parken. Das wurde eng. „Nicht, dass ich glaube, dass du das nötig hast,“ beteuerte sie daher aufrichtig. „Nicht notwendig, aber, da wir ja auch nicht gerade Informationen über den Bannkreis bekommen haben, womöglich sinnvoll?“ „Schlaf.“ Nun ja, es war Nacht, sie hatte, seitdem sie in seinem Fell ….Sie spürte, wie sie rot wurde. Nun gut, an ihn gelehnt geschlafen hatte, das nicht mehr getan, morgen früh warteten ein Bannkreis, eine verrückte Hexe und ein offenkundig durchgeknallter Daiyoukai auf sie. Der Ratschlag war vermutlich nicht der schlechteste, den sie bekommen konnte, wenngleich eine andere Antwort als sie erwartet hatte. Als sie sich seitlich lehnte, und ihre Beine bequemer ausstreckte, spürte sie wieder ihren Knöchel. Das mochte durchaus auch ein Problem werden, auch, wenn sie sogar noch dran gedacht hatte den erneut zu bandagieren. Zumindest das rechte Außenband zog noch deutlich. Auch diesbezüglich war Regeneration wohl für sie, den armen Inu Yasha und natürlich auch Sesshoumaru, dem ja offenbar möglicherweise ein Selbstmord ins Haus stand, besser. Sie musste ihre beiden Ehemänner schützen, wie auch immer. Wie sie das Ganze allerdings Inu Yasha erklären sollte, nun, sie hatte keine Ahnung. Spätestens bei dem Satz: und dann war ich plötzlich mit deinem Halbbruder verheiratet, der sich übrigens gerade umgebracht hat, weil ich der Schlüssel zum Überleben der Welt bin, würde der doch in die Luft gehen. Was war nur seit letztem Montag mit ihrem Leben passiert? Mit der ganzen Welt, dem Universum und dem ganzen Rest?   Auf diese Frage hatte sie auch keine Antwort, als sie nach drei Stunden wieder erwachte. So sah sie sich etwas um. Der Fahrer fuhr noch immer auf der Autobahn, Sesshoumaru neben ihr spielte noch immer Statue, aber sie waren auf einer Brücke über einen Meeresarm. Rechts, im Osten zeigte sich hinter den Bergen der erste Schein der Sonne, weite Teefelder begleiteten sie. Sie war noch nie in Akita gewesen, also zumindest nicht im 21. Jahrhundert und konnte die Gegend nicht wiedererkennen. Sie setzte sich auf und bewegte behutsam den rechten Knöchel. Ja, das wurde besser, also würde sie hoffentlich nicht den schwachen Menschen abgeben. Aber nun erkannte sie, was sie geweckt hatte. Es war klug gewesen im Schloss noch einmal das Bad zu benutzen, aber der Liter Tee, den sie da noch in sich rein gekippt hatte, um nicht schon wieder durch Durst und Hunger die Rettungsmission zu verlangsamen, machte sich bemerkbar. Leider. Ob sie den Chauffeur bitten sollte an der nächsten Raststelle heraus zu fahren? Dessen Rückfrage würde an Sesshoumaru gehen, bevor ein Youkai ihr gehorchte – da konnte sie den lieben oder auch nicht so lieben Schwager-Ehemann auch direkt unter vier Augen fragen, denn die Wegweiser zeigten, dass es kaum mehr fünfzig Kilometer bis Akita waren. Und bis dahin sollten sie ja gar nicht. Tatsächlich wurde das Auto langsamer, fädelte sich für die nächste Ausfahrt ein. Gut. Das war doch noch schaffen.   Es dauerte allerdings noch fast eine halbe Stunde, ehe der Fahrer stoppte und auf einen kleinen Parkplatz am Rande der Landstraße fuhr, kurz den Kopf drehte. Da der Youkai no Taishou etwas wie ein Nicken zustande brachte, drehte der Chauffeur den Schlüssel und stieg aus. Kagome wollte eigentlich wirklich nicht warten, bis ihr als zweiter aufgemacht wurde, aber das war vermutlich schon wieder ein überflüssiger Streitpunkt. Es gab wirklich eine Menge davon, stellte sie fest. Hoffentlich reichte ihre Geduld. Sie musste sich eben immer vor Augen führen, dass es um den armen Inu Yasha ging, sie ihn da rausholen mussten, ehe er tot war, was auch immer diese Hexe oder gar Iwatakko mit ihm anstellten. Diese Andeutungen des kami hatten ihr gar nicht gefallen, und, wäre sie nicht so übermüdet und matt durch die ganzen Aufregungen der letzten Tage, hätte sie wahrscheinlich wunderbare Alpträume gehabt. So trat sie nur an den Kofferraum, nahm Bogen und Rucksack und streifte sie sich über, ehe sie nach Tessaiga griff. Der werte Herr Taishou hatte natürlich bereits beide Schwerter im Gürtel. „Befehl?“ fragte der Youkai nur. Sesshoumaru sah ihn an. „Kehre ins Schloss zurück. Kampfmeister Uyada soll einen fliegenden Boten hersenden. Sobald der Bannkreis verschwunden ist, der ungefähr zwei Wegstunden von hier entfernt liegt, soll er Nachricht geben und du kommst wieder hierher. Sollte der Bannkreis in achtundvierzig Stunden noch bestehen, soll der Hohe Rat zusammengerufen werden, meine Berater und Yukio können berichten. Dann liegt es in den Händen des Hohen Rates.“   Kagome holte tief Luft. Seit wann rechnete der Kerl denn damit zu verlieren? War das etwa eine Entwicklung, die er durchgemacht hatte, als er der Chef aller Youkai geworden war? Auch an Folgen denken, die für andere entstehen könnten? Nicht nur an sich? Oder, das war auch möglich, dachte er bereits daran, dass es seine Aufgabe sein sollte, falls Inu Yasha … nun, wenn der nicht mehr lebte, sich umzubringen um die Welt zu retten? Und der Rat dann sie beschützen sollte, bis sie wieder im Mittelalter war? Die story „Sesshoumaru und das Ende der Welt“ schien ja ganz neue Blicke auf ihn zu ermöglichen. Oh, okay, lieber nichts sagen, vor allem nicht, solange der Youkai noch nicht abgefahren war. Der Blick, der ihr gerade gegolten hatte, war nicht gerade von zärtlicher Gattenliebe geprägt, eher als sei sie irgendein undefinierbares Objekt frisch aus der Kanalisation. Als ob sie etwas dafür konnte, dass ihr Überleben und sein Ableben die Zeit sicherte! „Warte,“ bat sie dennoch, als er los gehen wollte. „Äh, ich müsste mal kurz weg …“ War zwar peinlich das zu sagen, aber wenn sie das nicht gestand, würde er sie vermutlich am Arm packen und den eher abreißen als sie verschwinden zu lassen.   Das durfte doch nicht wahr sein! Diese menschlichen, überflüssigen Bedürfnisse kosteten wertvolle Zeit. Zeit, die sein Halbbruder, wenn er denn noch lebte, sicher nicht hatte! „Wir gehen.“ Kagome stemmte beide Hände die Taille. „Ach ja? Dann erzähle ich dir mal was. Das kann man als Mensch nicht einfach so beherrschen. Aber bitte, gehen wir, ich mache mir in die Hosen. Für mich peinlich, eine Beleidigung für meinen Stolz – und für deine Nase erst recht!“ Er wandte sich ab. „Beeile dich!“. Dann schloss er in stummer Resignation die Augen. Nein, diese Reise würde mehr als nur leidig werden. Er hatte ganz vergessen gehabt wie lästig diese menschlichen Anwandlungen waren. Wenn er in der Firma war, interessierte ihn das nie, er blieb in seinem Büro, und da dazu auch ein Bad gehörte, fragte auch keiner der menschlichen Mitarbeiter je nach. Sie suchten ihn sowieso oft genug heim – ob ein Mensch je nachvollziehen konnte, wie unpassend Zitronendeo, Vanilleduschmittel und Fliedershampoo zusammen rochen? Durchaus mit ein Grund, warum er die menschliche Firma hauptsächlich Inu Yasha überlassen hatte. Der hatte sich entweder daran gewöhnt oder dessen Nase war bei weitem schlechter als er selbst immer schon geglaubt hatte. Jedenfalls beschwerte der sich nie. Das immerhin musste er seiner Schwägerin, nun ja, Gefährtin zubilligen – sie hatte nur mit Wasser geduscht. Vermutlich aus Erfahrung mit der Nase des Hanyou.   Kagome atmete auf, ehe sie förmlich zwischen die Büsche floh. Sie blieb stehen, als ihr einfiel, dass Inu Yasha mal gemeint hatte, es sei doch egal, ob sie drei oder dreißig Meter weg sei, er bekäme das trotzdem mit. Und die Sinne des vollblütigen Youkai waren eindeutig noch mal besser. Wollte sie nicht zwei Kilometer in die falsche Richtung laufen und natürlich wieder zurück, war es wohl einfach sinnlos. Überdies sollte sie aufpassen. Er schien wirklich gereizt zu sein. Und würde kaum irgendwelchen Sachen ihrerseits nachgeben, die er für Launen hielt. Sie musste einfach immer an ihren Hanyou in Problemen denken, das würde helfen. Musste es. Aber sie hatte eben auch ihren Stolz und würde sich doch nicht permanent von ihrem Schwager, nun ja, Ehemann, herum kommandieren lassen. Das hier war die Neuzeit! Und sie kein Fußabtreter für schwägerliche Dominanzprobleme!   Mit dieser guten Absicht kehrte sie zurück. „Zwei Kilometer bis zu dem Bannkreis,“ war ja wohl eine hoffentlich sachliche Darlegung. Natürlich kam keine Antwort, sondern er ging einfach los. Wie hielt das Jaken mit diesem Kerl nur aus? Wie hatte Rin das mit dem ausgehalten, ergänzte sie keine fünf Minuten später, als sie feststellen musste, dass sie schweigend hinter ihm durch den Wald laufen sollte. Nun ja, musste, denn das Unterholz war ziemlich dicht und er suchte offenkundig eine Art Pfad. Suchte eine Art, dachte sie ingrimmig nach zehn Minuten, als sie bereits zum dritten Mal ihre Hose von einer dornigen Pflanze befreien musste. Und der Typ vor ihr trug die weich fallenden Haare knielang, die kein Blättchen streifte, die Boa glitt so perfekt eine Handbreit über den Untergrund, dass weder Laub noch Staub die Blütenweiße störten, von dornigen Ranken ganz zu schweigen. In Kagome begann es zu brodeln.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)