Champ Time von Flordelis ================================================================================ Kapitel 13: Das werde ich nicht unterschreiben ---------------------------------------------- [LEFT]Auf dem Weg zum Kampfturm schickte Delion mir noch eine Nachricht, in der er mir sagte, dass gerade niemand am Empfang sei. Dafür erklärte er mir, wie ich dennoch reinkommen könnte und in welchem Stockwerk er sich aufhielt. Diese Nachricht war derart detailliert, dass ich langsam misstrauisch wurde. Nichts davon klang nach Delion. Hatte Betys am Ende also recht? Waren Liga-Mitarbeiter daran interessiert, mich loszuwerden? Versuchten sie es nun mit einem Trick, weil alles andere nicht funktioniert hatte?[/LEFT] [LEFT]Bevor ich den Kampfturm betrat, legte ich eine Hand auf den Pokéball, der Zamazenta enthielt.[/LEFT] [LEFT]»Bitte«, flüsterte ich. »Pass auf mich auf, ja?«[/LEFT] [LEFT]Auch ohne jede Antwort wusste ich, dass er mich verstanden hatte.[/LEFT] [LEFT]Ich folgte den Anweisungen, um in den Kampfturm zu kommen und fuhr mit dem Aufzug in die angegebene Etage. Die Türen öffneten sich in einen Konferenzraum mit einem großen Tisch, mehreren White Board Tafeln und einem niedrigen Regal an der Wand, auf dem allerlei Geräte standen, die im Endeffekt wohl unterschiedliche Kaffeesorten brühten.[/LEFT] [LEFT]Außer mir war nur eine Person hier, die am Tisch saß und mich erwartungsvoll ansah.[/LEFT] [LEFT]»Schön, dass du es geschafft hast«, sagte Sorley und deutete auf den Platz ihm gegenüber. »Bitte, setz dich, Champ.«[/LEFT] [LEFT]Ich bewegte mich allerdings nicht. »Wo ist Delion?«[/LEFT] [LEFT]Er hob ein Handy hoch, das ich als das von Delion wiedererkannte. Besonders im Krankenhaus hatte er es öfter benutzen müssen, daher war ich mir ganz sicher.[/LEFT] [LEFT]»Ich musste leider zu einem Trick greifen, um dich zu einem Gespräch einzuladen. Ich entschuldige mich dafür, aber sobald ich mich erklärt habe, wirst du mich vielleicht verstehen.«[/LEFT] [LEFT]Das bezweifelte ich, aber da ich wissen wollte, was los war, setzte ich mich. »Also?«[/LEFT] [LEFT]»Ich danke dir für deine harte Arbeit in den letzten Jahren, Champ. Aber vielleicht hast du ja bereits bemerkt, dass wir deine Dienste nicht mehr benötigen.«[/LEFT] [LEFT]»Du hast kein Recht, mich zu feuern«, erwiderte ich.[/LEFT] [LEFT]Sorley nickte. »Das ist richtig. Deswegen hatte ich einige andere Maßnahmen eingeleitet, um deine Teilnahme am Finale zu verhindern.«[/LEFT] [LEFT]»Was für Maßnahmen?« Ich wollte es von ihm selbst hören, nur um sicherzugehen, dass ich mir nicht gerade ein Konstrukt aufbaute, das gar nicht zu halten wäre.[/LEFT] [LEFT]»Der Notfall im Elektrowerk, der zur Dynamaximierung eines Patinaraja führte«, antwortete er monoton. »Leider kam Roy zu schnell zur Hilfe. Ich vergaß, an ihn zu denken.«[/LEFT] [LEFT]Das konnte keine Person allein schaffen, also mussten wirklich mehrere Personen involviert sein, die ihn dabei unterstützt hatten. Aber warum?[/LEFT] [LEFT]Er fuhr unterdessen fort: »Die Entführer vor dem Turm sollten dich dann davon abhalten, rechtzeitig zum Finale zu kommen. Ich dachte nicht, dass du deine Pokémon bei einer Verabredung dabei hättest.«[/LEFT] [LEFT]Da kannte er mich schlecht. Vielleicht hätte er sich nicht nur auf Delion konzentrieren sollen.[/LEFT] [LEFT]»Und dann die Tropfen in deinem Getränk. Ich hatte gehofft, sie würden dich vom Kampf ablenken, dich aber erst ausknocken, wenn du in die Kabine zurückkehrst. Ich gebe zu, dass ich mich in der Dosierung verschätzt haben muss.«[/LEFT] [LEFT]Also war Sorley auch daran schuld. Diese nette Geste in Delions Sinn war lediglich ein Versuch gewesen, mich loszuwerden. Wie traurig war das denn?[/LEFT] [LEFT]»Warum hast du das alles getan?«, fragte ich. »Was ist so schlimm daran, dass ich Champ bin?«[/LEFT] [LEFT]Ich hatte vor Jahren eine rebellische Phase, damals hätte ich diese Versuche verstanden. Aber nun?[/LEFT] [LEFT]Sorley rümpfte die Nase, während er mich musterte. »Delion, der Unschlagbare, war der beliebteste Champ seit Errichtung der Liga. Sieh dich nur an, selbst du imitierst ihn, und das auch noch schlecht.«[/LEFT] [LEFT]Das nahm ich wirklich persönlich. Ich hielt mich für eine ziemlich gute Kopie, sonst hätte ich meinen Spitznamen auch kaum bekommen.[/LEFT] [LEFT]»Und wir benötigen keinen Ditto-Champ, wir bevorzugen das Original.«[/LEFT] [LEFT]»Wir?«[/LEFT] [LEFT]»Noch immer sind viele in der Liga Anhänger von Präsident Rose. Sein Plan mag fehlgeschlagen sein, aber er wollte nur das Beste für die Region und war immer fair zu seinen Angestellten gewesen. Entsprechend sind ziemlich viele auch noch sauer, dass du dich ihm entgegengestellt hast.«[/LEFT] [LEFT]»Ohne Delion, Hop und mich gäbe es die Galar-Region nicht mehr«, erwiderte ich. »Roses Plan war kurzsichtig und unüberlegt und deswegen ist er gescheitert. Wären wir nicht gewesen, hätte sich nichts geändert, außer dass alles in Schutt und Asche läge.«[/LEFT] [LEFT]Sorley stieß ein missmutiges Ächzen aus, das mir wohl sagen sollte, wie sehr ich mich irrte. Aber er war auch nicht dabei gewesen, auf der Spitze des Werks. Er hatte nicht gesehen, welch gewaltige Energie Endynalos freisetzte, wie sich Zeit und Raum in seiner Gegenwart bogen und windeten. Selbst Delion war diesem Feind am Ende nicht gewachsen gewesen, nicht allein jedenfalls.[/LEFT] [LEFT]»Uns ist egal, wie du dich herauszureden versuchst«, erwiderte er schließlich, »wir bevorzugen dennoch Delion als unseren Champ.«[/LEFT] [LEFT]»Er ist doch der Liga-Präsident. Wenn er erfährt, was ihr hier veranstaltet, habt ihr keine Jobs mehr.« Und ich wäre weiterhin Champ.[/LEFT] [LEFT]Sorley schob mir einige Dokumente hinüber. »Deswegen habe ich das hier vorbereitet.«[/LEFT] [LEFT]Ich warf einen Blick darauf. Es sah aus wie ein Vertrag zwischen mir und der Liga. Aber schon die ersten Sätze klangen so kompliziert, dass ich direkt frustriert aufgab.[/LEFT] [LEFT]Sorley rollte mit den Augen und erklärte mir den Inhalt: »Das hier ist eine Rücktrittserklärung. Mit deiner Unterschrift bestätigst du, dass du aufgrund persönlicher Probleme deinen Champ-Titel an Delion zurückgibst – und die Galar-Region für unbestimmte Zeit verlässt.«[/LEFT] [LEFT]Mit dem ersten Teil hätte ich vielleicht noch konform gehen können, doch der zweite war einfach lächerlich. »Was soll das bedeuten?«[/LEFT] [LEFT]»Du weißt selbst, dass Delion das alles nicht ohne Widerspruch zuließe. Deswegen musst du auch die Region verlassen, damit der Präsident die Gelegenheit bekommt, dich zu vergessen.«[/LEFT] [LEFT]Diese Forderung war wirklich absolut bescheuert.[/LEFT] [LEFT]Ich schob die Dokumente zurück. »Das werde ich nicht unterschreiben.«[/LEFT] [LEFT]Sorley ließ sich davon weiter nicht beeindrucken. Seine stoische Ruhe wühlte mein Inneres langsam auf. Ich musste mehrmals tief durchatmen, um mich zu beruhigen.[/LEFT] [LEFT]»Es mag sein, dass dir deine eigene Sicherheit nicht so wichtig ist. Aber wie sieht es mit deinem Vorhaben der Erneuerung des Cups aus?«[/LEFT] [LEFT]Ich horchte auf. Sorley bemerkte das offenbar, denn er wirkte zufrieden. »Ich bin sicher, dass du gern ein Champ-Paar mit Delion bilden würdest, nicht? In diesem Fall wärt ihr beide Champ und könntet zusammen kämpfen.«[/LEFT] [LEFT]Das wünschte ich mir tatsächlich. Aber es war auch nicht weiter schwer, das aus allem, was ich tat oder sagte, zu schließen, seit er und ich ein Paar waren. Und da Delion nun wirklich im Finale gegen mich stand, war es egal, wer von uns gewann, am Ende wären wir ein Champ-Paar.[/LEFT] [LEFT]»Nun«, fuhr Sorley fort, »die Liga hat natürlich ein Wort mitzureden. Und wenn du dieses Dokument nicht unterschreibst und Galar dann verlässt, wird es nie zu dieser Änderung kommen, von der du dir so viel für die anderen Trainer erhoffst.«[/LEFT] [LEFT]Ich verschränkte die Arme vor der Brust und neigte den Kopf. »Diese Erpressung erscheint mir nicht sehr erfolgreich. Ist dies das Schlimmste, was du zu bieten hast?«[/LEFT] [LEFT]»Natürlich nicht.« Sorley schob mir einen Ordner zu.[/LEFT] [LEFT]Meine Neugierde ließ nicht zu, dass ich ihn ignorierte. Also schlug ich ihn auf und entdeckte mehrere bereits fertige Zeitungsartikel, die vermutlich nur noch an die Presse gehen müssten. Jeder einzelne beinhaltete ein Bild von mir und berichtete von irgendwelchen Skandalen, in die ich angeblich verwickelt wäre: Wettgeschäfte, Bestechungsgelder, sogar eine Affäre mit irgendeinem Mann, den ich noch nie gesehen hatte, und ein Verhältnis mit Roy wurden mir unterstellt.[/LEFT] [LEFT]Vorwürfe, die so sehr aus der Luft gegriffen waren, dass ich eigentlich gelacht hätte, aber ich wusste, dass viele Leute glaubten, was in den Zeitungen stand. Selbst wenn ich meine Unschuld sofort beweisen konnte, wäre mein Ruf auf ewig zerstört. Und damit auch der von Delion, solange er mit mir zusammen war.[/LEFT] [LEFT]»Schon besser, oder?«[/LEFT] [LEFT]Am liebsten hätte ich Sorley für seine Überheblichkeit und diesen ganzen Mist eine reingehauen, aber ich versuchte ein Pokerface zu wahren. Außerdem wäre mein Schlag nicht stark genug für meinen Geschmack gewesen.[/LEFT] [LEFT]Ich deutete ein Kopfschütteln an. »Totaler Schwachsinn. Delion und meine Fans werden wissen, dass das alles nicht stimmt.«[/LEFT] [LEFT]»Du weißt genau, dass der Ruf der gesamte Liga darunter leiden wird. Kannst du das mit dir und deinem Gewissen vereinbaren, dass deine Entscheidung den Untergang der Liga einläutet?«[/LEFT] [LEFT]Das war nicht die Wahrheit. Und er wusste es. Aber die Leser wussten es nicht. Es gab genug Leute, die das glaubten. Und andere, die es zumindest in Betracht ziehen würden. Wäre Delion noch glücklich, wenn sein Ruf durch mich erst einmal am Ende wäre?[/LEFT] [LEFT]Gegenüber Sorley gab ich mich selbstbewusst: »Damit würdet ihr niemals durchkommen.«[/LEFT] [LEFT]»Oh.« Sorley war immer noch ruhig. »Dann stellst du dein vermeintliches Glück vor Delions Wunsch, die Trainer Galars zu den stärksten der Welt zu machen? Nachdem du diesen Plan dafür schon ausgearbeitet hast und Delion sich auf fantastische Kämpfe freut? Bist du wirklich derart egoistisch, dass du ihm nichts gönnst?«[/LEFT] [LEFT]Dieser Vorwurf war noch lächerlicher, aber dennoch ergriff meine Negativität ihn sofort und verwendete ihn auch gegen mich. Delions Glück sollte über meinem stehen, in allen Bereichen, selbst wenn das bedeutete, dass ich dadurch unglücklich wurde.[/LEFT] [LEFT]»Ich könnte Delion einfach alles erzählen.« In einem verzweifelten Versuch, das alles abzuwenden, brachte ich mein stärkstes Argument vor. »Er ist der Liga-Präsident. Er kann euch einfach aufhalten.«[/LEFT] [LEFT]Sorley grinste nur erhaben. »Denkst du wirklich, er würde dir glauben, statt seinen Mitarbeitern? Der kleinen Göre, die ihm den Titel gestohlen hat, ihn im Kampfturm fertig gemacht hat? Du überschätzt sein Vertrauen in dich.«[/LEFT] [LEFT]Woher wollte er das denn wissen? Ja, das war alles geschehen, ich hatte ihn damit unglücklich gemacht. Aber das war schon vorbei. Und jetzt war Delion glücklich mit mir. … Oder?[/LEFT] [LEFT]Was, wenn die erste Verliebtheit abgeflaut war und er irgendwann merkte, dass er mich doch hasste, weil ich ihn damals derart unglücklich gemacht hatte? Wenn ihm bewusst wurde, wie viel besser sein Leben wäre, wenn es mich nicht gäbe, wenn ihn niemand von seinem Training abhielt? Wenn niemand seinen Ruhm stahl? Und dann auch noch all diese Gerüchte … Selbst wenn sie in der Bevölkerung keinen Zuspruch erhielten, vielleicht würde Delion sie glauben, wenn auch nur für wenige Sekunden. Wenn er nun wirklich eher seinen Angestellten vertraute?[/LEFT] [LEFT]»Sieh es ein«, sagte Sorley. »Es ist nicht nur für dich, sondern auch für Delion und ganz Galar besser, wenn du einfach zurücktrittst.« Mit aller Bestimmtheit tippte er auf den Vertrag. »Ich habe gehört, in Alola soll es sehr schön sein um diese Jahreszeit. Wäre das kein Ziel für dich?«[/LEFT] [LEFT]Ich wollte Galar nicht verlassen. Genauso wenig wie ich Delion verlassen wollte. Vielmehr wollte ich ihn anrufen und ihm sagen, was hier los war. Aber sein Handy lag vor Sorley auf dem Tisch. Sorley, der mich abwartend ansah, in der sicheren Erwartung, dass ich die Entscheidung träfe, einfach zu gehen und niemandem mehr das Leben zu erschweren. Vor allem nicht das Leben von Delion, der nicht darunter leiden sollte, dass ich mich damals Rose entgegengestellt und mir somit schon vor meiner Zeit als Champ Feinde gemacht hatte.[/LEFT] [LEFT]Meine Pokémon konnten mir an dieser Stelle nicht helfen. Dies war kein Kampf in ihrem Sinne. Das hier war etwas anderes – und ich drohte zu verlieren.[/LEFT] [LEFT]Sorley bemerkte meinen Stimmungsumschwung und legte mir nun auch noch einen Kugelschreiber auf den Vertrag. »Die Stellen, an denen du unterschreiben musst, sind markiert.«[/LEFT] [LEFT]»Delion wird traurig sein, wenn ich einfach gehe«, wandte ich noch ein.[/LEFT] [LEFT]»Das muss eigentlich nicht deine Sorge sein«, sagte Sorley. »Aber falls es dich tröstet: wir sind uns alle ziemlich sicher, dass Delion bald über dich hinwegkommen wird, wenn er erst einmal wieder richtig an der Liga teilnehmen wird. Pokémon waren schon immer das Wichtigste für ihn.«[/LEFT] [LEFT]Vielleicht stimmte das sogar. Wenn ich nicht mehr da wäre, um ihn abzulenken, könnte Delion wieder an seiner eigentlichen Leidenschaft arbeiten. Er könnte wieder der Beste sein, in der Bewunderung seiner Fans baden und als unschlagbarer Delion durch Gala irren. Ohne mich als Betonklotz an seinen Beinen, die ihn wegen einigen Liga-Mitarbeitern nach unten zöge.[/LEFT] [LEFT]Aber der Gedanke, ohne Delion leben zu müssen, ihn höchstens noch im Fernsehen zu sehen, nagte an mir und meinem Herzen und verhinderte, dass ich nach dem Kugelschreiber griff. Ich wollte das einfach nicht.[/LEFT] [LEFT]Die Arme noch immer verschränkt, starrte ich auf den Vertrag und lauschte Sorleys ungeduldig auf dem Tisch trommelnden Fingern.[/LEFT] [LEFT]Und dann, als hätten alle Legendären Pokémon der Welt selbst Mitleid mit mir, öffnete sich plötzlich die Tür hinter mir. Jemand kam mit großen Schritten herein.[/LEFT] [LEFT]»Sorley«, sagte Delion enthusiastisch, »ich glaube, ich habe mein Handy vergessen, hast du es zufällig …?«[/LEFT] [LEFT]Er verstummte plötzlich und als ich den Kopf wendete, sah ich, wie er fragend zwischen mir und Sorley hin und her sah. »Was ist denn hier los?«[/LEFT] [LEFT]In einer einzigen Bewegung zog Sorley den Ordner und den Vertrag wieder zu sich. »Nichts weiter. Der Champ wollte nur einige Dinge wegen ihrer Idee zur Neubelebung der Liga besprechen.«[/LEFT] [LEFT]Er warf mir einen kurzen, warnenden Blick zu. Sicher erwartete er, dass ich aufgrund irgendeiner seltsam irrationalen Furcht, dass Delion mir ohnehin nicht glauben würde, ich ihm auch nichts von allem erzählen würde. Aber da kannte er mich wieder einmal nicht gut genug.[/LEFT] [LEFT]Ich stand sofort von meinem Stuhl auf und deutete auf Sorley. »Er ist schuld an allem, was bislang schief gegangen ist. Und jetzt wollte er auch noch, dass ich unterschreibe, dass ich dich und Galar verlasse!«[/LEFT] [LEFT]»Was?!« Delion sah Sorley geschockt an.[/LEFT] [LEFT]Dieser blieb wieder einmal vollkommen ruhig, sah mich aber mit einem stechenden Blick an. »Das ist Unsinn. Der Champ ist lediglich sauer, weil ich nicht verhindern konnte, dass du so viel arbeiten musst.«[/LEFT] [LEFT]Delion, der nun einmal ein netter Kerl war, schien für einen Moment zu zweifeln, wem von uns er glauben sollte. Sorley warf triumphierend schon den Kopf zurück – was mich nur noch mehr darin bestärkte, ihn auflaufen zu lassen. Ich deutete auf die Dokumente, die noch immer auf dem Tisch lagen. »Da steht alles drin!«[/LEFT] [LEFT]Delions Gesicht nahm wieder einen entschlossenen Ausdruck an. Er streckte die Hand aus. »Gib mir die Papiere.«[/LEFT] [LEFT]Sorley hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass es zu dieser Auseinandersetzung käme, deswegen blickte er hilflos zwischen Delion, den Dokumenten und dem Fenster hin und her. Man konnte sie nicht öffnen, also bestand keine Gefahr, dass er alles einfach hinauswarf oder er sich selbst runterstürzte. Aber man sah ihm deutlich den Ärger über seine eigene Gedankenlosigkeit an.[/LEFT] [LEFT]In einer Geste der Ungeduld schnappte Delion sich den Vertrag einfach. Er las die ersten Absätze und sein Gesicht verfinsterte sich. Er war schon einige Jahre länger Liga-Präsident, da kannte er sich vermutlich inzwischen mit der ganzen Vertragssprache aus, im Gegensatz zu mir.[/LEFT] [LEFT]Nachdem er die erste Seite gelesen hatte, senkte er das Dokument wieder. »Du wolltest wirklich, dass sie das unterschreibt?«[/LEFT] [LEFT]Sorley wehrte den unausgesprochenen Vorwurf mit den Händen ab. »Wir wollten nur das Beste für dich, Delion! Und das beinhaltet nun einmal, dass du wieder Champ wirst und Raelene geht.«[/LEFT] [LEFT]»Wenn ich wieder Champ werde, dann weil ich mir den Titel zurückhole!«, tobte Delion. »Und was geht euch überhaupt … warte, wer ist wir?«[/LEFT] [LEFT]Sorley schloss die Augen, ich war sicher, dass er gerade lautlos fluchte. Da es keinen Ausweg gab, erklärte er Delion, was er mir zuvor über die Liga-Mitarbeiter erzählt hatte. Mit jedem Satz schien Delion wütender zu werden, er ballte die Hände zu Fäusten, seine Arme zitterten ein wenig – so hatte ich ihn damals auch im Kampfturm erlebt, wann immer ich siegreich gewesen war. Es war furchteinflößend, selbst wenn man nicht der Grund für diesen Ärger war.[/LEFT] [LEFT]Nachdem Sorley geendet hatte, schlug Delion mit der flachen Hand auf den Tisch. »Das reicht jetzt! Hätte ich gewusst, dass die Liga noch immer so korrupt ist, hätte ich diesen Posten gar nicht übernommen!« Er ballte wieder die Faust und schloss die Augen. »Aber da ich es nun bin, übernehme ich die Verantwortung dafür. Ich werde entsprechende Konsequenzen ziehen.«[/LEFT] [LEFT]Sorley schüttelte mit dem Kopf. »Aber Delion-«[/LEFT] [LEFT]Dieser brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Wir haben genug geredet! Dafür gibt es keine Entschuldigung!«[/LEFT] [LEFT]»Du hast das Schlimmste noch nicht gesehen«, wandte ich ein und reichte ihm den Ordner.[/LEFT] [LEFT]Inzwischen war sein Gesicht so finster, dass ich fast überzeugt war, dass all sein jahrelang angestauter Frust und Ärger sich hier in dieser Situation Luft machte.[/LEFT] [LEFT]Er überflog die verschiedenen Artikel, ehe er den gesamten Hefter auf den Tisch knallte. »Ich fasse es einfach nicht! All diese Unterstellungen, die ihr euch ausgedacht habt!«[/LEFT] [LEFT]Sorley sah mich finster an, was Delion direkt bemerkte. Er wandte sich mir zu, sein Gesicht wurde ein wenig sanfter. »Ich denke, ich habe noch einiges mit meinem Assistenten unter vier Augen zu besprechen. Wäre es okay, wenn du jetzt erst einmal gehst? Ich will danach noch auf jeden Fall mit dir reden, dafür rufe ich dich dann aber an.«[/LEFT] [LEFT]Ich nickte rasch und verließ den Raum, bevor die Negativität Fuß fassen und mich zerfressen könnte. Sorleys Blick verfolgte mich, bis ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. Zum Glück war es noch immer unmöglich, dass man damit töten konnte.[/LEFT] [LEFT]Delions Stimme drang laut und wütend bis hier nach draußen. Ich trat einen Schritt zurück – dann fiel mir plötzlich jemand um den Hals. Ich stieß einen erschrockenen Schrei aus, der meine Klette nicht zu stören schien.[/LEFT] [LEFT]»Es geht dir gut«, juchzte Iva erleichtert, während sie mich umarmte. »Ich bin so froh!«[/LEFT] [LEFT]Ich erwiderte diese Umarmung, immer noch verwirrt. Hinter ihr entdeckte ich auch Betys und Saverio, die einen gewissen Abstand voneinander hielten.[/LEFT] [LEFT]»Was macht ihr alle hier?«, fragte ich.[/LEFT] [LEFT]Betys strich sich mit einer Hand durch das Haar. »Wie sieht es denn aus?«[/LEFT] [LEFT]Iva löste sich von mir und trat zurück. »Wir haben Delion gefunden und ihn dazu gebracht, zurückzukommen, damit er entdeckt, was hier vor sich geht.«[/LEFT] [LEFT]Betys räusperte sich, damit ich ihn wieder beachtete. »Ich hatte Delion zufällig gesehen, bevor ich dich getroffen habe. Deswegen wusste ich, dass die Nachricht nicht von ihm sein kann.«[/LEFT] [LEFT]»Und du dachtest schon wieder, es wäre lustiger, mich ins offene Messer laufen zu lassen?«[/LEFT] [LEFT]Schmunzelnd verschränkte er die Arme vor der Brust. »Oh, ich dachte, du wirst es schon früh genug merken. Es ist ja auch alles gut gegangen, oder?«[/LEFT] [LEFT]Ich sagte ihm lieber nicht, in welche Selbstzweifel diese Unterhaltung mich geworfen hatte. Vielleicht fände er das nur gut oder interessant – und dann wüsste er in Zukunft, wie man dich durcheinanderbringen konnte. Nein, darauf verzichtete ich lieber.[/LEFT] [LEFT]Saverio sah zur Tür, durch die immer noch Delions Stimme klang, so wütend hatte ich ihn wirklich noch nie erlebt, nicht einmal damals, als er mich angeschrien hatte. »Von seiner Eleganz scheint gerade nicht viel übrig zu sein.«[/LEFT] [LEFT]Wenn dieser Zorn echt war – und für mich schien er es zu sein – dann musste ich mir keine Sorgen machen. Jedenfalls nicht darüber, dass Delion darin verwickelt sein könnte.[/LEFT] [LEFT]Erst einmal wollte ich aber gehen. Das Wechselbad der Gefühle hatte mich erschöpft, ich wollte mich nur noch hinlegen, meine Ruhe haben und vielleicht ein wenig schlafen. Die anderen nickten auf meine Bitte hin und liefen mit mir los. Vermutlich waren sie glücklich darüber, dass sie der wütenden Stimme entkommen konnten.[/LEFT] [LEFT]»Betys«, begann ich, »wofür hast du eigentlich Iva und Saverio gebraucht?«[/LEFT] [LEFT]Belustigt stieß er Luft durch die Nase aus. »Natürlich damit sie mir helfen, Delion zu finden. Ich suche ihn doch nicht allein in einem Stadtviertel, wo er überall sein könnte.«[/LEFT] [LEFT]»Wir haben ihn schnell gefunden«, bekundete Iva. »Das war nicht schwer.«[/LEFT] [LEFT]Saverio tippte sich gegen die Stirn. »Natürlich nicht, schließlich habe ich im Vorfeld gesehen, wo er sich aufhalten würde.«[/LEFT] [LEFT]Betys sah ihn abwertend an, sagte aber glücklicherweise nichts dazu. Da wir gerade den Aufzug betraten, konnte ich gut darauf verzichten, dass Saverio versuchte, einen Streit mittels seiner Telekinese zu gewinnen.[/LEFT] [LEFT]»Aber Delion hat uns nicht geglaubt«, fuhr Iva zerknirscht fort. »Er meinte, er vertraut seinen Mitarbeitern.«[/LEFT] [LEFT]Was im Prinzip schön und richtig war, typisch Delion eben.[/LEFT] [LEFT]»Pff.« Betys wirkte genervt. »Ich habe ihm sogar erklärt, dass Wommel mehrere Mitarbeiter im Zusammenhang mit deinen Zusammenbruch bis zum Kampfturm verfolgt hat. Nicht einmal das hat ihn überzeugt.« Wütend warf er sein Haar zurück.[/LEFT] [LEFT]Auch das lag vermutlich daran, weil Delion seinen Mitarbeitern vertraute. Oder vertraut hatte. Ich fragte mich, ob das nach seinen Nachforschungen noch der Fall sein würde.[/LEFT] [LEFT]»Wir waren total verwirrt«, sagte Iva. »Aber Betys hat uns erklärt, was wirklich beim Finale passiert ist.«[/LEFT] [LEFT]»Delion wollte trotzdem nur zurückgehen, um sein Handy zu holen.« Betys schnaubte. »Was sind das für Prioritäten?«[/LEFT] [LEFT]Ich versuchte gar nicht erst, ihm zu erklären, dass Delions gutes Herz keinen Verrat erkennen wollte. Betys hätte es ohnehin nicht verstanden. Aber für mich war es einer der Gründe, Delion so sehr zu lieben. Ich konnte nur hoffen, dass für ihn noch dasselbe galt, wenn er mich wieder anrief – und dass es bald sein würde.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)