Champ Time von Flordelis ================================================================================ Kapitel 5: Ich erwarte nur Delion --------------------------------- [LEFT]Der nächste Morgen kam schneller als erwartet, so dass ich kaum Schlaf fand. Immer wieder dachte ich an den Moment zurück, in dem Delion mir gesagt hatte, dass er verliebt in mich sei. Und laut Hop und Sania war er das sogar schon seit ein paar Jahren. Sicher, er war immer sehr fröhlich gewesen, wenn ich mit ihm gesprochen hatte, aber ich dachte, so wäre er eben. Ein wenig vermutete ich sogar, es läge daran, weil er seinen Ärger über seinen verlorenen Titel an mir hatte auslassen dürfen, während alle anderen nur darauf gewartet hatten, dass er sich wieder fing. Aber nun war mir klar, dass er verliebt in mich war – und ich wusste noch nicht so recht, wie ich damit umgehen sollte.[/LEFT] [LEFT]Sicher, ich hatte schon einige Jahre davon geträumt, dass er mir dieses Geständnis machte, aber ich war nie weit darüber hinaus gekommen, weil es mir so unrealistisch vorgekommen war. Wie würde die Realität nun aber aussehen? Ich hoffte ein wenig, dass Delion genauso ratlos wäre, dann könnten wir das zusammen ergründen.[/LEFT] [LEFT]So saß ich schon in der Frühe vor dem Spiegel in meinem Hotelzimmer und bürstete mein Haar, bis mein Arm schmerzte. Hin und wieder warf ich einen Blick auf mein Handy, das mir von keinen neuen Mitteilungen zu berichten wusste. Delion hatte mir nicht gesagt, wann er kommen würde. Ich wusste ja nicht mal, ob er überhaupt Zeit fände, vielleicht war sein Notfall auch schwerwiegender gewesen. Dann müsste er da vielleicht auch heute dran arbeiten und ich müsste länger auf eine weitere Aussprache warten. Wer hätte gedacht, dass es selbst nach dem Geständnis noch so kompliziert werden kann?[/LEFT] [LEFT]Ich hatte mich schon einmal an diesem Morgen vor Verzweiflung wieder auf mein Bett geworfen und darin herumgewälzt, deswegen saß ich ein zweites Mal vor dem Spiegel, um mein Haar zu bürsten, als es plötzlich an der Tür klopfte.[/LEFT] [LEFT]Ich erstarrte abrupt. War das wirklich geschehen oder nur mein Wunschgedanke? Und was machte ich, wenn es Delion war? Oder wenn er es nicht war? Mein Herz schlug bereits wieder so schnell, dass nicht einmal Liberlo in einem Wettrennen dagegen angekommen wäre.[/LEFT] [LEFT]Es klopfte noch einmal.[/LEFT] [LEFT]So wie ich es sah, gab es nur eine Möglichkeit, herauszufinden, ob das Leben mich hasste oder doch Gnade mit mir zeigte. Ich stand auf und trat zur Tür. Aufgeregt schlug ich mir gegen die Wangen – vielleicht sah ich dann weniger blass aus –, genau wie Delion es früher vor schweren Kämpfen gern getan hatte. Ich atmete noch einmal durch, dann öffnete ich die Tür.[/LEFT] [LEFT]Delion stand da, die Hand bereits erhoben, um ein weiteres Mal zu klopfen. Er lächelte mich etwas verlegen an. »Guten Morgen, Rae.«[/LEFT] [LEFT]Heute trug er wieder die Kleidung, die er auch im Kampfturm benutzte, ein Ensemble, das mich eher an einen Reiter erinnerte oder an einen Schiffskapitän, ein wenig exzentrisch, eben Delion. Auch sein Haar hing wieder offen seinen Rücken hinab.[/LEFT] [LEFT]»Guten Morgen, Delion«, sagte ich heiser, und trat beiseite, um ihn hereinzulassen.[/LEFT] [LEFT]Er bedankte sich und kam direkt ins Zimmer. »Ist alles okay?«[/LEFT] [LEFT]Ich räusperte mich, während ich die Tür schloss. »Klar, ich bin nur … aufgeregt.«[/LEFT] [LEFT]»Oh, das verstehe ich.«[/LEFT] [LEFT]»Handelte es sich bei deinem Notfall eigentlich um irgendwas im Energiewerk?«[/LEFT] [LEFT]Warum fragte ich das jetzt? Eigentlich wollte ich doch mit ihm über etwas ganz anderes reden![/LEFT] [LEFT]Er war wohl auch davon überrascht, wenn ich seine hochgezogenen Augenbrauen richtig deutete. »Woher weißt du das?«[/LEFT] [LEFT]Ich erzählte ihm kurz, was in der Nacht bei meinem Notfall geschehen war. Er lauschte mir mit ernstem Gesicht und nickte am Ende. »Keine Sorge, ich hab mich schon darum gekümmert.«[/LEFT] [LEFT]Der Satz klang ziemlich endgültig, was dieses Thema betraf. Aber gut, eigentlich wollten wir auch über etwas anderes reden. Ich wusste allerdings nicht, wie ich anfangen sollte, deswegen war ich froh, als er mir das einfach abnahm : »Meintest du das gestern wirklich ernst?«[/LEFT] [LEFT]»Natürlich. Ich bin schon lange verliebt in dich.« Nach dem Geständnis redete es sich tatsächlich einfacher darüber. »Also früher war das eine Faszination dafür, dass du der Champ bist und Bewunderung für dein Können. Aber je mehr wir geredet haben, desto mehr hab ich dich auch als Menschen kennengelernt, und das … fand ich einfach … großartig.«[/LEFT] [LEFT]Ich lächelte verlegen, als mir plötzlich die Worte fehlten. »Jedenfalls war ich mir schon ziemlich früh sicher, dass ich gern mein Leben mit dir teilen würde. Vielleicht ahme ich deswegen auch noch immer deine Siegerpose und deine champ time nach.«[/LEFT] [LEFT]Er hörte mir schweigend zu, ich konnte nicht einmal seinem Gesichtsausdruck entnehmen, was er dachte. »Obwohl ich dich einmal angeschrien habe?«[/LEFT] [LEFT]»Das war doch genau das, was ich damals erreichen wollte.« Ich erinnerte mich noch immer gern an diesen Tag zurück, als ich das erste Mal erlebt hatte, wie Delion auch anders sein kann. »Dass du dich öffnest und nicht alles nur in dich reinfrisst. Außerdem habe ich so das erste Mal deine reine Menschlichkeit gesehen – und die fand ich gut~.«[/LEFT] [LEFT]Das brachte ihn ein wenig zum Lächeln. »Dann erwartest du keinen perfekten Ex-Champ?«[/LEFT] [LEFT]»Noch nicht einmal einen perfekten Delion«, erwiderte ich. »Ich erwarte nur Delion.«[/LEFT] [LEFT]Anscheinend musste er die Worte erst verarbeiten. Seine linke Hand öffnete und schloss sich mehrmals, vermutlich vermisste er gerade seine Kappe, um sich diese vor das Gesicht zu halten.[/LEFT] [LEFT]»Und meintest du es auch ernst?«, fragte ich.[/LEFT] [LEFT]Nach Hops und Sanias Worten gestern war es eigentlich unnötig, aber ich wollte es von ihm selbst hören und so bestätigt bekommen.[/LEFT] [LEFT]»Ich hätte es nicht gesagt, wenn ich es nicht auch so meinte. Und was gibt es nicht zu lieben? Du bist ein toller Champ, eine großartige Trainerin und auch deine Pokémon lieben dich und vertrauen dir. Selbst Endynalos hat sich von dir zähmen lassen.« Er verschränkte die Arme hinter seinem Rücken. »Klar, am Anfang war ich wegen allem ziemlich sauer. Du hast mir als Neuling den Titel geklaut, mich im Kampfturm fertig gemacht, und auch in den Jahren danach niemandem auch nur den Hauch einer Chance gelassen, selbst Champ zu werden. Aber irgendwann verstand ich dann, dass dein Erfolg auch daran liegt, weil du in der Lage bist, deine Strategien und sogar die Auswahl deiner Pokémon an deine Gegner anzupassen, wo andere lieber ihr bekanntes Team verwenden. Aber du kannst es dir leisten, denn obwohl du so viele Pokémon besitzt, liebst du jedes einzelne von ihnen, weswegen sie ihr Bestes für dich geben wollen. Und dann hast du noch so viel Vertrauen in dein gesamtes Team, dass sogar einer der Wächter der Galar-Region Teil davon werden wollte.«[/LEFT] [LEFT]Sein Blick wurde plötzlich so weich und verträumt, mein Herz sprang fast im Dreieck, bei dem Gedanken, dass das allein mir galt, dass ich ihn sogar zu sehen bekam.[/LEFT] [LEFT]»Abseits davon verstehst du dich so gut mit allen Menschen um dich herum, sogar mit mir, als ich in einer schwierigen Phase war und dir die Schuld dafür gegeben habe.«[/LEFT] [LEFT]Vielleicht war ich auch die Wurzel seiner Probleme, aber gerade deswegen hatte ich auch Teil der Lösung sein wollen.[/LEFT] [LEFT]»Und ich kann nicht anders als das einfach … großartig und bewundernswert zu finden«, fuhr er fort. »Du hast verstanden, worauf es ankommt, was nicht nur einen großartigen Trainer, sondern auch einen Champ ausmacht. Was einen Menschen ausmacht, der ich auch gern wäre.«[/LEFT] [LEFT]Inzwischen fühlte sich mein Gesicht so heiß an, ich musste bereits aussehen wie ein Knapfel oder eine Tamotbeere. Damit mir das nicht zu peinlich werden könnte, warf ich mich nach vorne, schmiegte mich rasch an Delions Brust – sein Herzschlag war ähnlich schnell wie meiner – und legte meine Arme um ihn. Er roch nach dem Rauch eines Feuers von Glurak, wie ein Abenteuer, das sich in einen mitreißenden Kampf verwandelte. Ein Schauer von Erleichterung und Euphorie fuhr durch mich hindurch, als er mich an sich drückte.[/LEFT] [LEFT]Normalerweise war das in einem Traum immer der Punkt, an dem ich aufwachte, deswegen war ich misstrauisch. Delions Herzschlag hörte sich zwar real an, aber war er das auch?[/LEFT] [LEFT]»Delion? Ich träume gerade nicht nur, oder?«[/LEFT] [LEFT]Er lachte leise, Musik in meinen Ohren. »Falls es ein Traum ist, haben wir ihn gerade beide.«[/LEFT] [LEFT]Auch damit könnte ich leben, solange wir nicht plötzlich von irgendwem geweckt wurden.[/LEFT] [LEFT]Der Überschwang an Gefühlen in meiner Brust ließ nicht nach, im Gegensatz zu der Kraft in meinen Beinen: sie waren davon überwältigt und gaben einfach unter mir nach.[/LEFT] [LEFT]»Was ist los?«, fragte Delion erschrocken, als ich seinem Griff entglitt.[/LEFT] [LEFT]Glücklicherweise waren seine Reflexe fabelhaft, so dass er mich doch noch festhalten und zum Sofa dirigieren konnte, wo wir uns zusammen hinsetzten. Ich drückte mich dabei immer noch an ihn, weil ich befürchtete, der gesamte Moment – und diese frische Beziehung – würde zerbrechen, sobald ich losließ.[/LEFT] [LEFT]»Mir geht es gut«, versicherte ich ihm. »Ich bin gerade nur viel zu überwältigt von allem.«[/LEFT] [LEFT]»Mhm, also hast sogar du eine Schwäche«, stellte er fest. »Mich!«[/LEFT] [LEFT]Auch wenn ich es nicht sah, konnte ich mir das Grinsen dabei lebhaft vorstellen.[/LEFT] [LEFT]»Vielleicht bin ich auch ein wenig müde«, gab ich zu. »Ich hab letzte Nacht nicht sehr viel geschlafen, weil ich zu viel nachgedacht habe.«[/LEFT] [LEFT]Er löste eine seiner Hände von mir, um mir damit beruhigend über das Haar zu streicheln. Die Berührung war ein wenig unsicher, als fürchtete er, etwas kaputt zu machen, aber sie fühlte sich dennoch gut an.[/LEFT] [LEFT]»Das verstehe ich. Mir ging es ähnlich. Aber weißt du, was da gut hilft? Ein Spaziergang in freier Natur, die Kronen-Schneelanden sollen dafür sehr geeignet sein.«[/LEFT] [LEFT]Eine gemeinsame Unternehmung mit Delion, die mit Sicherheit darin enden würde, dass wir wilde Pokémon bekämpften und dann Zeit zum PokéCamping fanden? Dafür war ich immer bereit.[/LEFT] [LEFT]»Also … wäre das dann sowas wie ein zweites Date?«[/LEFT] [LEFT]Er dachte kurz nach. »Ehrlich gesagt fand ich den Abend gestern ein wenig ...«[/LEFT] [LEFT]»Seltsam?«[/LEFT] [LEFT]»Genau das.« Er lachte erleichtert. »Also wäre es vielleicht eher ein richtiges erstes Date.«[/LEFT] [LEFT]Damit war ich absolut einverstanden. Vor allem gab es in den Kronen-Schneelanden dann auch wieder genügend Gründe, mich an ihn zu schmiegen, ohne dass es seltsam wurde. Am Interessantesten war aber, dass es das erste Mal sein würde, dass wir zusammen unterwegs wären. Allein.[/LEFT] [LEFT]»Sind wir …« Eigentlich kam mir die Frage dumm vor, aber ich musste sie dennoch stellen. »Sind wir dann jetzt ein Paar?«[/LEFT] [LEFT]Er schien selbst zu stutzen, vielleicht weil er gar nicht darüber nachgedacht hatte. Bislang war die Frage sicher nie in seinem Leben aufgetaucht, da hatte er wohl genauso wenig darüber gegrübelt, ab wann man sich als Paar bezeichnete, wie ich.[/LEFT] [LEFT]»Ich würde Ja sagen«, urteilte er schließlich. »Jedenfalls habe ich nicht vor, dich noch einmal jemand anderem zu überlassen. Immerhin sieht es jetzt so aus, als hättest du nicht nur meinen Titel gestohlen.«[/LEFT] [LEFT]Lachend tippte ich mit einem Zeigefinger auf seine Brust, wo ich immer noch seinen Herzschlag spürte. »Du musst gerade reden. Du hast mein Herz vorher gestohlen, ich wollte nur einen Ausgleich schaffen.«[/LEFT] [LEFT]Hätten wir nur früher den Mut gefunden, uns das zu gestehen. Obwohl … vielleicht war mein Alter eine Hürde für ihn gewesen. Ich würde ihn das irgendwann einmal fragen.[/LEFT] [LEFT]»Geht es mit deinen Beinen wieder?«[/LEFT] [LEFT]Ich bewegte sie probehalber, aber im Grunde war das Gefühl komplett zurückgekehrt. »Ja, das sollte funktionieren.«[/LEFT] [LEFT]»Vielleicht frühstücken wir noch irgendwo, bevor wir losgehen«, schlug Delion vor. »Ich kenne da ein echt gutes kleines Café, gar nicht weit von hier.«[/LEFT] [LEFT]Ich löste mich wieder von ihm, was er nur widerwillig zur Kenntnis nahm, um ihn skeptisch anzusehen. »Kennt Glurak den Weg auch?«[/LEFT] [LEFT]»Natürlich.«[/LEFT] [LEFT]Zufrieden neigte ich den Kopf. »Okay, dann gehen wir frühstücken.«[/LEFT] [LEFT]Ich machte allerdings noch keine Anstalten aufzustehen, blieb immer noch direkt neben ihm sitzen und sah ihn einfach nur an. Der Champ, der Mann, der so lange so unerreichbar für mich gewirkt hatte. Nun saß er neben mir, die Hände noch auf meiner Hüfte, und sah mich mit einem Blick an, den ich noch nie zuvor bei irgendjemandem gesehen hatte; Glück, Sehnsucht, Erleichterung, Zufriedenheit, alles schien sich in diesem Moment in seinen Augen widerzuspiegeln. Während ich einerseits für immer hineinstarren wollte, gab es etwas anderes, das ich eigentlich viel lieber tun wollte, wenn ich schon die Gelegenheit dazu hatte. Dafür legte ich meine Hand in seinen Nacken, um ihn ein bisschen auf meine Augenhöhe zu drücken – und dann küsste ich Delion.[/LEFT] [LEFT]In romantischen Büchern, die meine Mutter so gern las, waren die Lippen der Männer stets weich, warm und schmeckten nicht selten nach irgendetwas. Die von Delion waren rau, heiß und ebenfalls etwas rauchig, als sei Gluraks Rauch zu einer seiner eigenen Eigenschaften geworden – es war einfach perfekt.[/LEFT] [LEFT]Gleichzeitig wurde mein Körper von allen positiven Gefühlen auf einmal überflutet. Ich fühlte mich schwerelos, wie ein Alpollo in einer mondlosen Nacht.[/LEFT] [LEFT]Und mein Herz flatterte noch mehr, als Delion den Kuss auch noch erwiderte. Sicher, wir waren vielleicht beide noch ungeschickt darin, und andere Paare hätten uns lediglich mit einem milden Lächeln betrachtet, aber wir würden jede Menge Zeit zum Lernen haben – und ich zumindest freute mich schon darauf.[/LEFT] [LEFT]Als wir uns wieder voneinander lösten, atmeten wir beide schwerer als zuvor. Delion sah ein wenig zur Seite, einen leicht roten Schimmer auf dem Gesicht. Vermutlich sah ich gerade genauso aus, aber ich war viel zu aufgeregt und glücklich, um auch wegzusehen.[/LEFT] [LEFT]Für ihn war diese Verlegenheit unter meinem Blick wohl aber doch zu viel, denn er räusperte sich. »Sollen wir … dann mal los? Oder hast du noch so eine Überraschung?«[/LEFT] [LEFT]»Nein, nein.« Um das auch zu demonstrieren, löste ich mich nun wirklich von ihm und stand auf.[/LEFT] [LEFT]Ehe er allerdings meinem Beispiel folgen konnte, hob ich einen Finger. »Darf ich dich vorher aber noch um etwas bitten?«[/LEFT] [LEFT]Ich bekam den Eindruck, der Rotschimmer auf seinem Gesicht wurde noch ein wenig stärker. Um ihn zu beruhigen, legte ich meine Handflächen aneinander. »Schenkst du mir eine deiner Kappen? Ich werde sie auch auf jeden Fall tragen.«[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)