Angeama - Es war einmal von hatchepsut ================================================================================ Kapitel 22: Klaus - Das, worauf man aus ist ------------------------------------------- Das Feuer knisterte im Kamin des Postamtes und diesmal war es Vegeta, der Goku einen Becher dampfenden Tee reichte. Nach ihrer harten Landung hatten sie beschlossen, lieber den kürzeren Weg zum Postamt zurückzulaufen, als den weiten zu Gokus Hütte. Zum Glück hatte der Jüngere einen Teil seiner Vormittage damit verbracht Vegetas Behausung etwas bewohnbarer zu machen, so dass sie es jetzt ansatzweise warm hatten. Den Rentieren hatten sie das letzte Rest Zaumzeug abgenommen und sie davonlaufen lassen. Eine Kutsche zum Ziehen gab es ja nun nicht mehr und der klägliche Rest von ihr verbrannte gerade im Kamin als Feuerholz. Ächzend, als wäre er ein alter Mann, ließ sich Vegeta auf einen Stuhl nieder und zog die Decke fester um seine Schultern. Ihm tat einfach nur alles weh. „Meinst du, wir finden in diesem Dorf irgendwo eine neue Kutsche?“, durchbrach Son Goku irgendwann das Schweigen. „Dürfte schwer werden.“ „Mh, echt schade...“ Vegeta sah vom Feuer auf. „Warum?“ Goku nickte mit dem Kopf zu der bemalten Wand mit der 5000er-Markierung. „Na, weil wir es fast geschafft hätten. Fehlen doch nur noch 500. Die hätten wir mit Sicherheit in zwei Wochen ausgeteilt gehabt und dann wären wir hier rausgekommen. Jetzt wird das mit Sicherheit länger dauern.“ Vegeta brummte. Da hatte Kakarott allerdings recht. Doch irgendwie … schien ihm das gerade nicht wirklich das zu sein, worüber er sich den Kopf zerbrechen wollte. So irritierend es für ihn auch war … ob sie nun in zwei Wochen dieses Märchen verließen, oder in vier … das war ihm gerade wirklich nicht wichtig, denn … ihm ging Kakarotts Frage einfach nicht aus dem Kopf. Diese Frage, die er nicht mehr hatte beantworten können und die ihn auf dem Weg zurück hierher immer wieder beschäftigt hatte. Ja, er war sich absolut sicher, dass jeder immer auf etwas aus war. Selbstlosigkeit gab es einfach nicht, denn selbst, wenn man jemandem half, dann machte man das nur, damit er einem hinterher mochte oder man sich dessen Hilfe im Gegenzug erwartete. Man wollte einfach IMMER etwas für das, was man tat. Selbst Kakarott wollte seine Freundschaft, dass er ihn mochte, dass er ihn … ach, keine Ahnung, was der eigentlich genau von ihm wollte … oder warum er das wollte. Er hatte ihm Dinge verziehen, die Vegeta niemals für möglich gehalten hatte, hatte immer und immer wieder seine Nähe gesucht und egal was er, Vegeta, auch versucht hatte, es schien einfach eine Unmöglichkeit zu sein Kakarott loszuwerden. Tja … und da wurde es nun interessant … wollte er das denn noch? In diesem und auch dem letzten Märchen war es beide Male so gewesen, dass sie sich dem Ziel sehr viel schneller genähert hatten, sobald sie sich irgendwie begegnet waren. Also wäre der schnellste Weg alles zu beenden der, einfach mit Kakarott zusammen zu arbeiten. Aber wollte er das? Konnte er das? Wenn es sein Ziel war, wenn er darauf wirklich aus war … dann … dann … dann musste er sich diese Frage mit … „…Vegeta, hey Vegeta!“, wurde er aus seinen Gedanken gerissen und starrte mit verwirrtem Blick in Gokus Gesicht. „Was…?“, fragte er lahm und musste sich dazu zwingen, sich zu konzentrieren um Kakarotts Worten folgen zu können. „Ich hab dich gefragt, auf was du aus bist. Du hast mir darauf keine Antwort gegeben.“ Jetzt wirklich?! Vegetas Gesicht wurde finster. Da konnte sich dieser Trottel keine zwei Zahlen merken, aber dass er ihm diese idiotische Frage gestellt hatte, das schon, oder was?! „Ich bin darauf aus, diese 5000 Zustellungen abzuschließen! 5000! Hier gestempelt! Und dann heißt es Adios Zwietrachtingen und wir können hier endlich weg! Darauf bin ich aus, Kakarott!“ Goku zog eine beleidigte Miene. „Das habe ich nicht wissen wollen.“ „Schon klar. Bevor du dir Gedanken darüber machst, was ich will, solltest du dir lieber Gedanken darüber machen, wie wir die Spielsachen von deiner Hütte hierher bekommen.“ „Die können wir doch auch einfach auf die Rentiere laden. Ob die jetzt ziehen oder tragen ist doch egal, oder?“ Vegeta hatte sich schon auf eine bissige Antwort seinerseits vorbereitet, konnte diese an Hand der guten Antwort Kakarotts aber nicht mehr anbringen. Sich murrend und grummelnd in seiner Decke verkriechend, stimmte er der Idee wohl oder übel zu, was Kakarotts Laune sich bessern ließ. Gemeinsam den Tee schlürfend und die Wärme des Kamins genießend, bekamen sie nicht mit, wie sich jemand von der Poststation entfernte … Am nächsten Morgen ereignete sich etwas, dass Vegeta eine Sache ganz klar vor Augen führte, nämlich der Sinn der Geschichte oder wohl eher wer ‚Klaus‘ wirklich war. Doch erst war er unsanft aus seinem traumlosen Schlaf gerissen worden, als jemand wild gegen die Tür des Postamtes schlug. Vegeta hatte sich kerzengerade aufgerichtet, wollte schon aufspringen, doch etwas Schweres auf seinen Oberschenkeln hinderte ihn daran. Irritiert die Decken wegschlagend und nach unten blickend, weiteten sich seine Augen immer weiter, während ihm ein schlaftrunkener Kakarott entgegen blinzelte. „Was zum-“ Das Poltern vor der Türe schnitt dem Prinzen das Wort ab, gefolgt von einem lauten ‚Herr Postbote!‘. Das war eindeutig eine Kinderstimme. Ein Klang, der ihn in den letzten Wochen und Monaten schon so oft aus seinem wohlverdienten Schlaf gerissen hatte … Vegeta schloss seine Augen. Sein Körper begann zu zittern, weil ihn das Pochen in seinem Schädel von der anstrengenden Nacht und die nach oben kriechende Wut, weil Kakarott da tatsächlich einfach auf seinem Schoß gepennt hatte, beinahe um den Verstand brachten. Was um alles in der Welt war nur schon wieder in der Nacht passiert, dass Kakarott AUF seinem Schoß geschlafen hatte?! Hatte es nicht gereicht, dass er einmal mit den Hühnern auf seinem Kopf hatte aufwachen müssen oder dass er mit Kakarott verdammt nochmal nackt im Bett geschlafen hatte?! Doch bevor er losschreien, meckern und zetern konnte, riss ihn das erneute Klopfen aus dem Konzept. Die Ader an seiner Schläfe trat bedrohlich hervor und als Goku dann auch noch gähnend fragte „Was ist denn da los?“, öffneten sich die Augen des Prinzen blitzschnell, seine Hand packte den schwarzen Haarschopf auf seinen Beinen, riss ihn nach oben, seine Beine flutschten darunter weg und dann ließ er von Gokus Haaren ab, dessen Kopf, so irritiert wie der Jüngere eben noch war, prompt auf dem harten Boden aufschlug, denn noch im Aufstehen hatte Vegeta ihm die Kissen weggerissen. Ohne auf Kakarotts Wehklagen zu achten, marschierte der Prinz schnurstracks auf die Eingangstür zu, riss sie auf und fauchte in die Eiseskälte, die ihm entgegenwehte: „WAS?!“ Doch Vegeta starrte ins Leere. Er blinzelte irritiert, doch dann senkte sich sein Blick langsam nach unten, wo ihn eine Horde Kinder mit erschrockenen Gesichtern anstarrte. Er räusperte sich, kratzte all seine Selbstbeherrschung, die er noch irgendwo in sich fand, zusammen und wiederholte leiser: „…was?“ Als er sich dazu noch ein schief verzerrtes Lächeln abrang, ging es schon los. Wild durcheinander gerufene Begrüßungen, immer wieder der Name Klaus dazwischen und Briefe, die ihm entgegen gestreckt wurden und mit denen wild vor seiner Nase hin und her gewachelt wurde. Vegeta schloss seine Augen wieder. Atmen. Einfach atmen. Ein, aus. Doch etwas erregte seine Aufmerksamkeit. Er spitzte die Ohren und was er da hörte, ließ ihn doch tatsächlich schmunzeln. Ein Junge erzählte ganz aufgeregt, dass Klaus durch den Schornstein kommt und das weiß er auch ganz genau, denn er hat verrußte Fußspuren im Haus entdeckt und außerdem hat Klaus gerne Kekse und Milch. Wenn die bereit stehen, dann bekommt man ganz tolle Geschenke. Ein weiterer Junge pflichtete dieser Geschichte sofort bei, besonders der Sache mit dem Schornstein, denn er habe gestern Nacht Herrn Klaus mit seinem Schlitten durch die Luft fliegen sehen. Vegeta öffnete seine Augen wieder und besah sich die staunenden Kindergesichter. Dann hatten er und Kakarott wohl eine neue Legende rund um ‚Klaus‘ geschaffen. Der fliegt mit nem Schlitten durch die Nacht, kriecht durch Schornsteine, um Kindern Geschenke zu bringen und isst dabei Kekse und trinkt Milch. Ulkig. Und … irgendwie erinnerte das Vegeta an etwas. Nur … woran? Als Goku an seine Seite trat, die Geschichte vom fliegenden Schlitten hörte und sich Vegetas und sein Blick trafen, sie beide gleichermaßen an ihren bemerkenswerten und abenteuerlichen Ausflug in der letzten Nacht dachten, und Goku das Bild vor Augen hatte, wie er mit Vegeta in der Kutsche über zwei Häuser hinweggeflogen war, entfleuchte dem Größeren ein Lachen, dass der Prinz so noch nie gehört hatte. Es war tief, unwirklich und passte absolut nicht zu Kakarott. Und dann ertönte es noch einmal. Lauter. Dabei griff sich Goku an seinen Bauch, lehnte sich ein Stück zurück und ließ ungehemmt dieses … dieses „Ho, Ho, Ho!“ von sich. Vegetas Augen weiteten sich. Dieses Lachen … das … es … es erinnerte ihn tatsächlich an etwas. Dazu noch dieses schrecklich rote Gewand, die Geschichte über einen fliegenden Schlitten … die Rentiere … die Kekse, die Milch … scheiße! Konnte es echt sein, dass … ? War das tatsächlich … ? Nachdem Vegeta die Briefe der Kinder entgegen genommen hatte, er die Tür des Postamtes hinter sich verschlossen hatte und sich zu Kakarott umdrehte, starrte er den Jüngeren eine ganze Weile einfach nur an, der sich mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht bereits die ersten Briefe der Kinder durchlas, bevor er schließlich zu seinem Schreibtisch marschierte und sich den Kalender, der dort stand, schnappte. Ja … ja, tatsächlich. Sein Blick huschte zurück zu Goku, wieder auf den Kalender und zurück. Von einem der Briefe aufblickend und den entsetzten Ausdruck in den Augen des Älteren bemerkend, legte Goku seinen Kopf schief und fragte mit fröhlicher Stimme: „Was ist los, Vegeta?“ „…ich…glaub‘s einfach nicht…“ „Was denn?“ „…du…bist der Weihnachtsmann.“ Gokus blinzelte verwirrt. „Ich bin…warte…was?“ „Du bist der Weihnachtsmann.“, wiederholte Vegeta. „Wir stecken hier verdammt nochmal in der Entstehungsgeschichte von…von ‚Santa Klaus‘ fest.“ Eine Augenbraue des Jüngeren zog sich skeptisch nach oben. „Ach ja?“ „Ja.“ „Und ich bin…?“ „Santa Klaus. Der Weihnachtsmann.“ „Aber…es ist doch gar nicht Weihnachten.“ „Aber in zwei Wochen.“ Gokus skeptischer Blick änderte sich nicht, was Vegeta fast schon wieder zur Weißglut brachte. Verdammt, konnte Kakarott nicht auch einfach mal sein Hirn einschalten und Eins und Eins zusammenzählen? Musste er ihm immer alles bis ins kleinste Detail erklären?! „Verdammt nochmal, Kakarott, jetzt überleg doch mal! Dein rotes Gewand, der fliegende Schlitten, die Rentiere…“, begann Vegeta aufzuzählen „…die Kekse, die Milch, der Schornstein, die Geschenke, die Briefe, die Liste für unartige Kinder…klingelt’s langsam?“ Es dauerte. Es dauerte einen Herzschlag, zwei, drei … Goku blinzelte, überlegte … und dann weiteten sich endlich auch seine Augen. „Oh…OH! Du hast recht!“ Bei dieser Erkenntnis fiel ihm doch glatt der Brief aus der Hand, er sprang einen Schritt zurück, sah an sich herab, tastete über den roten Mantel, blickte wieder zu Vegeta auf, wieder an sich herab, wieder zu Vegeta. „Oh mein Gott! ICH BIN DER WEIHNACHTSMANN?!“ Nur eine Augenbraue hebend, erwiderte Vegeta mit all dem Sarkasmus, den er in dieser bizarren Situation aufbringen konnte: „Gratulation zu dieser Erkenntnis.“ „Das heißt also, dass wir…“, begann Goku, stoppte allerdings gleich wieder. „Und…was heißt das jetzt?“ „Das heißt, dass wir…“, wollte Vegeta schon ansetzen, stoppte allerdings auch. Seine Augenbrauen zogen sich angestrengt zusammen. „Dass…du…ich…dass wir…“ Er stellte den Kalender wieder ab, sein linker Arm schlang sich um seinen Körper, die andere Hand hob sich an sein Kinn. Seine Stirn runzelte sich immer mehr. Verflixt nochmal. Das konnte doch nicht wahr sein! Ihm fiel einfach nichts dazu ein! „…mh…wenn ich wirklich der Weihnachtsmann bin…und in zwei Wochen Weihnachten ist…dann…dann…“, begann Goku grüblerisch laut zu überlegen. Vegetas Augen huschten überrascht zu seinem Artgenossen zurück. Konnte es sein? Hatte Kakarott die Lösung vor ihm gefunden? „Mh…“ Nun verschränkte der Jüngere seinerseits die Arme und zog seine Stirn in Falten. „Also…das kann doch nur bedeuten, dass…wir Geschenke ausliefern müssen.“ „…und…weiter?“ „Nun…wir…haben unsere Kutsche verloren…und…irgendwie…hab ich in meiner Hütte jetzt nicht mehr unbedingt viel Spielzeug rumliegen…“ „Weiter.“ „Das heißt…wir brauchen…nen Schlitten und Geschenke?“ „…aha.“ „Nicht?“ „Keine Ahnung. Sag du’s mir.“ „Mmmh…ich glaub schon, dass das irgend sowas sein muss…“ Vegetas Blick begann in dem Postamt umherzuwandern. Irgendetwas passte nicht. Irgendwo übersahen sie etwas. Nachdenklich sank er auf den Schreibtisch hinter sich, seine Augen schweiften über die Karte von Zwietrachtingen, zur 5000er-Markierung, zu den Ablageflächen für Briefe hin zu Kakarott. Moment. Sein Blick schwang zu der Markierung an der Wand zurück. Ihnen fehlten immer noch an die 500 Briefe. Irgendeinen Sinn musste doch dieses Ziel haben, oder nicht? „Ich glaube…du liegst gar nicht mal so daneben, Kakarott.“ „Ach echt?“ Die Augen leicht verdrehend sah Vegeta wieder zu dem Jüngeren. „Ja. Irgendwie…ergibt es doch Sinn.“ „Tatsächlich? Das heißt, wir besorgen uns einen Schlitten und Geschenke?“ „Nein. Also ja, schon.“ „Aber?“ „Herrgott, jetzt lass mich doch mal zu Ende denken!“ „Sorry.“ „Ruhe jetzt.“ „Ich halt ja schon den Mund.“ „Verdammt, Kakarott!“ „Hoppla“ Goku schlug sich die Hände vor den Mund, konnte aber ein dumpfes „Entschuldigung“ nicht zurückhalten. Erneut die Augen verdrehend, stieß sich Vegeta wieder vom Schreibtisch ab und begann nachdenklich im Postamt auf und ab zu gehen. „Alsooo…ich soll 5000 Briefe verschicken. Zwietrachtingen war vor meiner Ankunft reines Kriegsgebiet. Dann…haben wir die Kinder dazu gebracht Briefe an dich zu schicken…haben ihnen Geschenke dafür geliefert…die Kinder wurden artig…die Stadt friedlicher…sie fangen an sich einander wieder anzunähern. Demnach…ach verdammt.“ Vegeta blieb stehen, verschränkte seine Arme. „Also nochmal…durch meinen Auftrag Briefe zu schicken und unserer…Zu…“ Das Wort verschluckend huschten seine Augen zu Kakarott, der langsam seine Hände wieder von seinem Mund nahm. „…unserer…was?“ Der Blick des Prinzen verfinsterte sich. Er wollte es einfach nicht aussprechen. „Vegeta?“ „JA SCHON GUT! Wegen unserer…unserer Zusammenarbeit, okay?!“ „…und was ist damit?“ „Na…wegen der…haben wir…den Weihnachtsmann erschaffen…oder mit anderen Worten…wir sorgen gerade dafür, dass dieser lächerliche Glauben der Menschen entsteht.“ „Hey! Der ist nicht lächerlich.“ „Wie auch immer.“, tat Vegeta Gokus Protest handwedelnd ab, wandte sich von ihm ab, einfach froh, dass Kakarott NICHT auf dem Wort ‚Zusammenarbeit‘ herumgeritten war und fuhr fort: „Das heißt also…wir müssen es schaffen bis oder wohl eher AN Weihnachten die letzten 500 Pakete, also das Spielzeug an die Kinder, zuzustellen. Ja. Ja, das muss es sein. Das ist das Ziel der Geschichte! Wir erschaffen die Legende um Santa Klaus. Bedeutet uns fehlt eine Transportmöglichkeit und…warte…sagtest du eben dir geht das Spielzeug aus?!“ „Ja?“ „Na großartig. Das heißt wir müssen nicht nur an ne neue Kutsche ran, sondern müssen in ZWEI Wochen auch noch mindestens 500 Spielzeuge herstellen?! Das…“ Die Hände in die Luft werfend und den Kopf zur Decke reckend, schrie Vegeta wutschnaubend: „IST DAS EUER ERNST?!“ „Vegeta?“ „WAS?!“ „Mit wem redest du da?“ „MIT CERNUNNOS UND DEN ANDEREN IDIOTEN!“ „Also ich finde ja…“ „WAS?! WAS FINDEST DU?!“ Grinsend stemmte Goku seine Arme an die Seite. „Ich finde, dass das eine tolle Herausforderung ist.“ „Eine…? HAST DU SIE NICHT MEHR ALLE?!“ „Ach komm schon, Vegeta! Jetzt sag nicht, du hast die letzten Wochen keinen Spaß gehabt.“ „Sp…Spaß? SPASS?!“ „Ja, Spaß.“ Das war’s. Vegeta platzte der Kragen. Wie konnte Kakarott das als SPASS betrachten?! Sie hatten sich über Wochen abgerackert, um diese bescheuerten Pakete auszuliefern, er hatte sich ständig etwas einfallen lassen müssen, um diese verdammten Kinder bei Laune zu halten, damit die nicht aufhörten Briefe zu schreiben und dann hatte er bei den Zustellungen nicht nur einmal fast sein Leben verloren. Über all die Fallen, Speere oder blutrünstigen Hunden wollte er gar nicht erst nachdenken! Und gestern erst wären sie beinahe drauf gegangen als sie fast von einer Lawine verschüttet worden waren und ihnen die Kutsche unterm Arsch weggebrochen war! WIE KONNTE KAKAROTT DAS ALS SPASS BEZEICHNEN?! Sein Mund öffnete sich. Schloss sich wieder. Öffnete sich, blieb offen stehen, schloss sich wieder, denn etwas irritierte ihn. Kakarott … irritierte ihn. Dessen Blick. Dieses … dieses Leuchten in ihnen. Der völlig ernste und vollkommen überzeugte Ausdruck in seinen schwarzen Augen. Und dann war es ihm als könnte er es hören … sein eigenes Lachen, gepaart mit Kakarotts. Was sie in den letzten Wochen durchgemacht hatten … was sie erlebt hatten … wann … wann hatte er sich eigentlich das letzte Mal … so … SO lebendig gefühlt … ? ‚Worauf bist du denn aus, Vegeta?‘, hallten Kakarotts Worte durch seine Gedanken und ließen den Prinzen in dieser Nacht nicht mehr zur Ruhe kommen. Eine Woche später, also genau eine Woche vor Weihnachten, hatten sich ihre zwei größten Probleme von selbst erledigt. Sie hatten einen Schlitten, viel größer als Vegetas klapprige Kutsche, und sie hatten fast alle Geschenke fertiggestellt, die sie brauchten. Wie es dazu gekommen war?, Vegeta konnte es immer noch nicht glauben. Kakarott hatte es ein Weihnachtswunder genannt. Er selbst weigerte sich strikt es als solches anzuerkennen, auch wenn es irgendwie schon ein kleines Wunder war. Am Morgen nach ihrem Weihnachtsmanngespräch hätte er den Kapitän gefragt, wo man in Zwietrachtingen eine Kutsche oder einen Schlitten herbekommen konnte. Der Kerl hatte auf seine unausstehliche Art und Weise gelacht und gesagt, was für ein Glückspilz Vegeta doch wäre und hatte ihn am Hafen zu einer verfallenen Scheune mitgenommen, sie geöffnet und tadaa, da stand doch tatsächlich ein Schlitten drin. Den benutzte der Fährmann immer in den ganz harten Wintern, wenn er mit seinem Schiff nicht mehr durch das Eis kam. Dann fuhr er eben einfach oben drüber, um die Post aufs Festland zu bringen. Aber da ja nie jemand Briefe schrieb, hatte er den Schlitten schon seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten, nicht mehr benutzt. Also könnte Vegeta ihn gerne haben. Das war die Lösung des ersten Problems gewesen. Als Kakarott, der Kapitän und er dann versucht hatten den maroden Schlitten zum Postamt zu schaffen, war ein Bürger Zwietrachtingens auf sie zugekommen und hatte 'Klaus' gefragt, ob er denn auch alte Spielzeuge repariere. Da sein Sohn zurzeit so viel Spaß hatte mit den Neuen, welche er immer bekam, hatte ihn die Nostalgie gepackt und er war auf die Suche nach den Spielsachen seiner Kindheit gegangen. Leider hatten Kälte und Frost diesen nicht gutgetan, so dass sie nicht mehr funktionierten. Natürlich hatte Kakarott in seiner gutmütigen Art sofort ja gesagt, wollte helfen, doch Vegeta war dazwischen gegangen. Er könne das kaputte Spielzeug zur Post bringen und für den Portopreis würden sie ihm das Spielzeug dann liefern, wenn es fertig war. Der Mann hatte sofort zugesagt und am nächsten Morgen hatten sie nicht nur kleine Kinder mit Wunschbriefen an Klaus vor der Postamttür, sondern auch Erwachsene mit alten Spielzeugen. Da standen Grobners und Ellbogners dicht beieinander, unterhielten sich über ihre Kindheit, ihre Spielsachen und all der Streit schien einfach vergessen zu sein. Bei diesem Anblick fiel es auch Vegeta zum ersten Mal wirklich bewusst auf. Die Stadt hatte sich tatsächlich verändert, war fröhlicher geworden, heller, die Menschen zufriedener, gelassener. Ihm konnte das natürlich egal sein, denn das alles trug dazu bei, dass sie ihrem Ziel, dieses Märchen zu beenden, näher und näher kamen … aber so ganz egal … war es ihm dann wohl doch nicht, wenn er schon darüber nachdachte. Die nächsten sechs Tage vergingen wie im Flug. Er half Kakarott mit dem Spielzeug, was natürlich nicht ohne Streitereien vonstattenging, aber da seine Figur, dieser Jesper, keinerlei handwerkliches Geschick besaß, gab er sich irgendwann damit zufrieden, die Holzschnitzereien Kakarotts einfach nur anzumalen. Es entstand ein Status Quo. Sie wollten beide hier raus, wussten beide was sie zu tun hatten, also taten sie es. Das Feuer im mittlerweile, dank Kakarott, reparierten Postamt, knisterte, der Jüngere hatte Tee gekocht, das Pony und die Hühner dösten in einer Ecke und sie saßen gemeinsam am Posttisch. Kakarott schnitzte, er malte, meistens schweigend, bis tief in die Nacht. Draußen fiel der Schnee und auch wenn Vegeta das niemals jemandem sagen würde … es war eine angenehme, friedliche Stimmung und die Monotonie der Arbeit mit seinen Händen … beruhigte etwas in ihm und das fühlte sich gut an. Am Weihnachtsmorgen dann geschah etwas, womit keiner von ihnen gerechnet hatte. Kakarott war wieder in aller Frühe bei Vegeta im Postamt aufgeschlagen und gerade als sie sich daran machten die letzten Geschenke zusammen zu tragen, um sie auf den Schlitten zu laden, klopfte es an der Tür. „Wenn das noch jemand mit einem kaputten Spielzeug ist, dann hat er Pech gehabt! Langsam reicht es mal!“ Mit zornig, gerunzelter Stirn riss Vegeta die Postamttür auf. „Feiertag! Wir haben geschlo...“ Er verstummte, starrte den hochgewachsenen Mann auf der durchlöcherten Veranda vor sich an und blinzelte irritiert. „Was...willst du denn hier?“ „Nun“, erklang die tiefe Stimme des Mannes, die Vegeta schon am Anfang dieses Märchens empfangen hatte. „Ich bin hier um dir zu deinem Erfolg zu gratulieren, mein Sohn. Fünftausend Briefe und das in etwas mehr als einem halben Jahr, in einem Teil des Landes, in dem in zehn Jahren nicht mal hundert Briefe geschrieben wurden. Das ist wirklich bemerkenswert.“ „Vegeta? Wer ist denn da?“, erklang Kakarotts Stimme aus dem Postamt und kurze Zeit später tauchte er hinter dem Prinzen auf und wurde von dem streng dreinblickenden Mann mit dem Backenbart gemustert. „So so, einen Angestellten hast du dir also auch schon gesucht. Nun, anders hättest du diese Menge an Briefen in solch kurzer Zeit wohl auch nicht geschafft.“ „Angestellter?“ Kakarott runzelte die Stirn. „Vegeta, wer ist das?“ „Der Kerl, der für die Fünftausendermarkierung an der Wand verantwortlich ist und mich hierher geschickt hat.“, kam es zerknirscht von dem Prinzen. „Warum bist du hier?“, ging es dann wieder an die Adresse des Vaters von Jesper. Vegeta konnte sich nicht helfen, aber er, das hieß seine Figur, freute sich in keinster Weise ihren Vater wiederzusehen. „Das sagte ich bereits, Jesper. Ich bin hier, um dir zu deinem Erfolg zu gratulieren und dich nach Hause zu holen. Du hast es dir verdient.“ Der große Mann trat einen Schritt zur Seite und machte den Blick frei für die edle Kutsche, welche hinter ihm vor dem Postamt stand. Vier große Pferde waren davor gespannt und vier Diener standen parat. Einer hielt eine sehr dicke und warme Jacke in den Armen, ein anderer ein Tablett mit dampfendem Tee, der nächste polierte Stiefel und der Letzte schließlich ein Tablett von dem es herrlich duftete. Vegeta runzelte die Stirn und rechnete. „Da...muss ein Missverständnis vorliegen. Ich habe erst 4553 Briefe und Pakete zugestellt.“ Einer der Diener trat beschwingt nach vorne und überreichte Vegeta ein offiziell aussehendes Postdokument, welches die Abstempelung von fast sechstausend Postgütern in den letzten Wochen bestätigte. Die Falten auf der Stirn des Prinzen wurden noch tiefer. Da stimmte doch etwas nicht. Er konnte sich doch nicht so verrechnet haben. „Vegeta“, erklang es über seiner Schulter und als er nach rechts sah, blickte er direkt auf Kakarotts Profil, der sich das Dokument auch besah. Eigenartig … normalerweise mochte er diese Nähe zum Jüngeren gar nicht, aber in den letzten Tagen war sie ihm irgendwie … vertraut geworden. „Was heißt das denn jetzt?“ „Scheinbar haben wir das Ziel des Märchens schon erreicht. Fünftausend Briefe, Pakete...“ „Aber...heute Abend...du weißt doch...Weihnachten...“ „Ja, ich weiß, dass heute Weihnachten ist!“ Nun ging er doch von Kakarott weg. „Und deswegen“, sprach Jespers Vater. „Bin ich auch persönlich gekommen. Ein schöneres Geschenk hättest du mir nicht machen können, mein Sohn. Ich bin stolz auf dich.“ Vegeta presste für Sekunden die Augenlider zusammen, um zu verhindern, dass ihn eine ganz bestimmte Erinnerung einholte. Das konnte er jetzt gar nicht gebrauchen. Er war hin und hergerissen, oder vielmehr seine Figur. Auf der einen Seite hatte er die Aufgabe dieses Märchens erfüllt, die Anzahl, welche gewünscht worden war, war definitiv erreicht worden und dieser ganze Weihnachtmannunsinn, den sich Kakarott ausgedacht hatte, war natürlich nicht das Ziel dieses Märchens gewesen. Er spürte einfach, dass er mitzugehen hatte und das, was ihn noch zurückhielt, waren einzig und alleine seine, Vegetas Ansichten. Er machte einen Schritt auf die Kutsche zu und der Diener mit der Jacke kam ihm sofort entgegen und hielt sie ihm hin. So schön weich, weich und warm … „Vegeta! Aber...aber, was machst du denn?“ „Ich beende das Märchen, Kakarott.“ „Aber wir hatten doch gesagt, die Weihnachtsmanngeschichte ist das Ende von dem Märchen.“ „Das hast du gesagt!“, blaffte er peinlich berührt zurück, denn hier im gräulichen Tageslicht ausgesprochen, hörte sich das einfach nur lächerlich an. „Und du hast mir zugestimmt!“ „Hab ich nicht! Als ob ich das jemals getan hätte!“ „Vegeta!“ Doch der Prinz drehte sich von Kakarott weg, straffte seine Figur und sah ernst zu seinem Vater. „Lass uns fahren. Mein Gehilfe bekommt den Rest auch alleine hin.“ Er sah nicht einmal mehr zurück und die Kutsche fuhr über die schneebedeckte Straße davon. Ein ganzes Stück vom Postamt entfernt, aber an einer Stelle, von der aus man es gut beobachten konnte, standen ein knollennasiger Grobner und eine spindeldürre Ellbogner nebeneinander und beobachteten das Treiben. „Das“, krächzte die Grobner. „Wäre es dann also mit dem Postboten gewesen.“ Der Ellbogner lachte knurrend. „Dann müssen wir uns ja jetzt nur noch um diesen Herrn Klaus kümmern und dann ist alles wieder wie früher.“ „Oh ja, das wird es sein.“ Eine bedrohlich wirkende Stille entstand, während sie die Kutsche zwischen den Häusern aus den Augen verloren und die kleine Gestalt des rot gekleideten Kakarotts im Postamt verschwand. „Können meine Leute jetzt eigentlich aufhören Briefe zu schreiben? Sie beschweren sich, dass ihnen die Finger weh tun.“, fragte der Ellbogner und die Grobner schloss genervt die Augen. „Hast du eigentlich auch nur irgendein Wort des Planes, den wir besprochen haben, verstanden?“ „Du hast nur gesagt, wir sollen Briefe schreiben und sie auf das Postschiff schmuggeln.“ „Und weiter?“ „Ähhh...“ Die Grobner massierte sich die Stirn, als hätte sie Kopfschmerzen. „Wie kann es sein, dass wir euch nie haben besiegen können?“, murmelte sie zu sich selbst und sagte dann laut: „Briefe schreiben, bis wir den Postboten losgeworden sind. Das sind wir nun, richtig?“ „Äh...ja.“ „Also?“ „Also was?“ „Also müsst ihr keine Briefe mehr schreiben!“, platzte der Grobner der Kragen. „Und wir haben auch keinen Frieden mehr?“ „Keinen Frieden.“, bestätigte sie und die beiden Oberhäupter sahen sich aus finster dreinblickenden Augen an. „Nachdem wir Klaus losgeworden sind.“ Der Ellbogner lachte. Vegeta konnte es kaum glauben. Über ein halbes Jahr war er nun an diesem Ort gewesen, hatte sich die Hände wund gearbeitet und nun … nun war es vorbei. Das Märchen war vorbei. Sobald er mit der Fähre übergesetzt haben würde, würde Angeama ihn hier rausholen. Nur noch wenige Stunden, dann war es zu Ende. Endlich. Sich auf die Relling stützend, er war in seiner Zeit in Zwietrachtingen so oft an der Luft gewesen, dass er es plötzlich in der beengten Kutsche mit seinem Vater nicht mehr ausgehalten hatte, blickte er zu den Fischgebeinen empor, die ihn vor so vielen Monaten hier willkommen geheißen hatten. Sein Blick schweifte weiter, über die Häuser, den Berg hinauf. Bunte Lichter waren überall zu sehen und tauchten die Stadt in ein Farbenmeer. Selbst der heute so hell leuchtende Vollmond schien in einem wunderschönen gelblichen Ton auf sie herab. Es war irgendwie beeindruckend, wie sehr sich dieser Anblick von dem unterschied, der ihn damals hier begrüßt hatte. Und das hatte die Stadt wohl ihm zu verdanken, also … ihnen. Kakarott und ihm. Sie hatten das vollbracht. Gemeinsam. Irritiert schüttelte er den Kopf und richtete sich ruckartig an der Reling auf. Was dachte er da nur?! Wie kam er … wie konnten sich solche Gedanken in seinen Kopf schleichen? Er war eindeutig zu lange mit Kakarott in einem Zimmer gewesen. Gut, dass das nun vorbei war. Mit einem abwertenden Schnauben drehte er der Stadt und damit Goku den Rücken zu. „Mau.“ Mau? „Miiiauu.“ Was zum …? Zu seinen Füßen blickend, entdeckte Vegeta die Quelle des Geräuschs. Nicht zu glauben, da saß ein schwarz-grau getigertes, großes Fellknäuel vor ihm, einen Holzfisch mit Schnur im Maul und maunzte ihn an. Fixierte ihn regelrecht mit seinen großen grünlichen Augen als wolle es ihm etwas sagen. „Was?“, schnauzte er nach unten. „Mau.“, kam als Antwort zurück. Vegetas Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „…lass mich in Frieden.“ Der Kater legte das Fischspielzeug vor die Füße des Prinzen, blickte wieder zu ihm auf und erneut ertönte ein lang gezogenes „Maaau“. „Tz. Such dir jemand andern zum Spielen.“ Doch das Katerchen ließ sich von Vegetas abweisenden Worten nicht beeindrucken, stattdessen kam es auf ihn zu, begann seine Beine zu umschmeicheln und zu schnurren. Die Augen verdrehend fiel Vegetas Blick auf den hölzernen, bunten Fisch am Boden, der dem Prinzen irgendwie bekannt vorkam. Es war doch eines der ersten Spielsachen gewesen, die er bemalt hatte, oder nicht? Die Farben passten nicht zusammen, die Übergänge waren schlampig und da war tatsächlich dieses orangene, durchgestrichene K zu sehen, welches Vegeta vor lauter Zorn gemalt hatte, weil Kakarott es tatsächlich gewagt hatte, seine Arbeit zu kritisieren. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen als er daran zurückdachte, wie der Jüngere daraufhin beleidigt einen Schmollmund gezogen hatte. Moment ... Vegeta sah wieder zu dem Kater, der sich gerade zwischen seinen Beinen durchschob und zu ihm nach oben sah. Ihre Blicke trafen sich. Dieser Kater … der gehörte doch diesem braunhaarigen Mädchen, dass sich von ‚Klaus‘ ein Spielzeug für ihren Kater gewünscht hatte, weil der immer so traurig aus dem Fenster starrte. Als Kakarott und er ihr den Fisch mit der Schnur eines Nachts vorbeigebracht hatten, war das Mädchen am nächsten Tag voller Freude durch die Straßen gelaufen, gefolgt von ihrem Kater, der miauend und schnurrend dem Fisch an der Schnur hinterher gejagt war. Und verdammt nochmal, was war das für ein befriedigendes Gefühl gewesen, die beiden so durch den Schnee rennen zu sehen; was er jedoch nie und nimmer auch nur einer Seele gegenüber zugegeben hätte! Vegetas Hände ballten sich zu Fäusten. Das Mädchen würde tottraurig sein, wenn ihr Kater verschwinden würde. Und … Kakarott, der Trottel, würde bestimmt auf ihn warten. Stundenlang, wahrscheinlich die ganze Nacht und die Arbeit, die er zu erledigen hatte, würde liegen bleiben und ihr Plan würde nicht aufgehen. Verflucht nochmal! Aber, war das nicht egal? Immerhin dürfte das Märchen vorher beendet sein und sie würden sich im Inhaltsverzeichnis wiedersehen. Aber … Vegeta rieb sich fluchend über das Gesicht. Gott, er hasste es unerledigte Dinge zurückzulassen … egal um was es sich dabei handelte. „Miau.“ Er sah nach unten. Die Katze kratze an seinem Stiefel. „MIAU!“ „Scheiße, das darf doch nicht wahr sein!“, schrie Vegeta wütend, schnappte sich den Kater, schob sich den Holzfisch in die Jackentasche, blickte über die Relling in das schwarze Wasser, danach zu dem Steg, der immer kleiner wurde, hoch zu den Fischgebeinen, die an den Masten davor aufgehängt waren, zurück zur Kutsche seines Vaters, wieder zum Steg und dann tat er etwas, das er nie erwartet hätte. Er sprang auf das Geländer, balancierte auf dem Mast, der am hinteren Ende des Schiffs schräg nach oben führte, bis zu dessen Ende, ging in die Hocke und sprang. Bekam gerade noch so eine der knöchernen Rippen des riesigen Fisches zu fassen, was das ganze Gehänge in Bewegung setzte. Er schaukelte hin und her, der Kater krallte sich an seiner Jacke fest und miaute, als wolle Vegeta ihm den Hals umdrehen, und dann ließ er los, flog hoch durch die Luft und landete doch tatsächlich schwankend auf dem letzten Balken des Stegs. Völlig perplex blinzelte Vegeta einige Sekunden lang ohne sich zu bewegen, aber ja, er war nicht wie befürchtet im Eiswasser gelandet. Es grenzte schon fast an ein Wunder. Ein Weihnachtswunder, wie es Kakarott mit Sicherheit bezeichnen würde … Kopfschüttelnd setzte Vegeta den Kater ab, nachdem dieser mehrmals seine Krallen in seinen Arm geschlagen hatte und ihn damit von seinen lächerlichen Gedanken an seinen Artgenossen abgelenkt hatte. Er hatte ja schon befürchtet das Katzenvieh die ganze Zeit tragen zu müssen, doch dann war zum Glück auf die glorreiche Idee gekommen das Fischspielzeug wieder aus seiner Tasche zu holen. Die Schnur also festhaltend hatte er ausprobiert, ob der Kater ihm folgen würde und tatsächlich, er trabte hinter ihm her, als sei er ein Hund. Und dabei hatte Vegeta Katzen bisher für intelligenter gehalten. Egal. Die Schnur also festhaltend und die Hände tief in den Taschen vergrabend, stapfte er durch den Schnee und suchte das Haus. Zum Glück hatte er sich als Postbote eine recht gute Karte von Zwietrachtingen in seinem Kopf angelegt, sodass es ihm leicht fiel dieses zu finden. In einem der beleuchteten Fenster konnte er auch tatsächlich das Mädchen sitzen sehen, wie es traurig und angespannt in die dunkle und kalte Nacht hinausspähte. Vegeta packte den Fisch und warf ihn recht zielgenau in den Lichtkegel des Fensters. Wohl wieder so ein bescheuertes Weihnachtswunder, denn eigentlich war seine Figur nicht gerade geschickt, was das Werfen von Sachen betraf. Wie dem auch immer sein mochte, der Kater sprang durch die Gitterstäbe des Eingangstors dem Spielzeug hinterher. Sich schon dem Weg zum Postamt zuwendend, blieb Vegeta stehen, als hinter ihm ein Freudenquietscher zu hören war, der in den Ohren klingelte. „BAGIRAAA! DA BIST DU JA WIEDER!“ Das Mädchen hatte das Fenster hochgeschoben und war gerade im Begriff nach draußen zu klettern. Sie schloss den Kater in die Arme, drückte ihn fest an sich und als ihr Blick Vegetas Gestalt streifte, begannen ihre Augen zu strahlen. „Danke! Danke, Herr Postbote! Mein Bagira! Du hast mir meinen Bagira zurückgebracht!“ Vegeta brummte „Gern geschehen.“ als Antwort und wollte endlich weiterlaufen, als die Kleine, dicht gefolgt von ihrem Kater, nun auch noch auf ihn zukam. Sie zupfte an seiner Hose und er sah sich genötigt mit finsterem Blick in die Hocke zu gehen. „Was?!“, raunzte er, in der Hoffnung sie zu vertreiben. Doch die Kleine, gänzlich unbeeindruckt von dieser schroffen Art, schlang ihre dünnen Ärmchen um seinen Hals und drückte ihm einen Schmatzer auf die Wange. „Vielen Dank.“, flüsterte sie leise und irgendetwas an der Art, wie sie das sagte, brannte sich schmerzhaft in … in was auch immer da gerade in ihm weh zu tun begann. „Meike? Meike! Was tust du denn da draußen?“ Die Stimme einer besorgten Frau hallte vom Fenster herüber und ließ das kleine Mädchen sich umdrehen. „Mami, schau doch mal...der Postbote hat mir Bagira zurückgebracht!“ Die Kleine rannte so schnell sie konnte zum Fenster und Vegeta schaute, dass er davonkam. Das würde ihm jetzt gerade noch fehlen … noch mehr Gefühlskram … aber … irgendwie … fühlte er sich … einfach … besser. Besser als noch auf dem Schiff. Besser als zu der Zeit, als er Zwietrachtingen zum ersten Mal betreten hatte. So setzte er gedankenversunken seinen Weg fort und bemerkte nicht, dass er den großen Platz mit der Glocke ansteuerte. Den Platz, auf welchem sich die Bewohner der Stadt bei seiner Ankunft an die Gurgel gegangen waren. Auch an diesem Abend war der Platz voller Bewohner, doch sie gingen sich nicht an die Gurgel, ganz im Gegenteil. Der Platz war mit Lampions geschmückt, es gab Buden an denen Zuckerwerk verkauft wurde, Kinder rannten umher und spielten gemeinsam, es roch appetitlich und … es schien einfach egal zu sein, wer Grobner und wer Ellbogner war. Die Bewohner von Zwietrachtingen feierten den Vorabend von Weihnachten … gemeinsam. An allen Ecken wurde er von den Bewohnern gegrüßt, man schenkte ihm viele Lächeln, gut gemeinte Klapse auf seine Schultern und immer wieder wurde ihm ein Keks oder Kuchenstück in die Hand gedrückt. 'Eine wahrhaft selbstlose Tat befeuert die Nächste.', kamen ihm mit einem Mal Kakarotts Worte wieder in den Sinn. War es das? War es das, was mit dieser Stadt passiert war? Hatte diese eine gute Tat von Kakarott, einem traurigen Kind ein Spielzeug zu schenken, dafür gesorgt, dass sich eine ganze Stadt wandelte? Konnte es so etwas geben? Hatte es so etwas nicht auch schon gegeben? War der Unterschied zwischen einer Stadt und einer Person so groß? Selbst wenn diese Person ein Saiyajinprinz war? Ein weiterer Klaps auf Vegetas Schulter riss ihn aus seinen philosophischen Gedanken. Er bekam einen dampfenden Becher mit heißem Orangensaft in die Hand gedrückt, atmete das Aroma ein … und seufzend wieder aus. Ja, wer hätte das gedacht? Vegeta empfand Zufriedenheit. Das … das hier war … es war zu einem Spiegel geworden, zu einem Spiegel seiner selbst und auch, irgendwie zu einem Teil von ihm, zu seiner Stadt. Die Bewohner zu … zu seinen Leuten. Und verflucht noch eins, er wolle verdammt sein, wenn er ihnen heute Nacht nicht alle Weihnachtsgeschenke ausliefern würde, nicht alle reparierten und neuen Spielsachen, die sie in seine Hände gelegt hatten! Voller Enthusiasmus, der für ihn so völlig fremd war, steuerte er ohne weitere Umschweife sein Postamt an. Verdammt, dann war es eben so! Er und Kakarott … sie würden das jetzt durchziehen! Bis zum Schluss! Mit einem Lächeln im Gesicht kam der Prinz beim Postamt an. Doch dort angekommen verschwand langsam … Stück für Stück … das Lächeln wieder aus seinem Gesicht, denn sowohl vom Schlitten mit dem Geschenkberg, als auch von Kakarott fehlte jede Spur. Das durfte doch nicht … war der Kerl etwa ohne ihn losgezogen?! Wutschnaubend riss Vegeta die Postamttür auf, die Hühner flogen erschrocken auf, Federn fielen zu Boden, es gackerte in allen Ecken, aber tatsächlich, Kakarott war nicht da. Vegeta hatte sich schon wieder umgedreht und wollte die Tür hinter sich ins Schloss werfen, als er innehielt. War da … war da nicht …? Mit zusammengekniffen Augen wandte er sich nochmal dem Innenraum zu. Scheiße, da war tatsächlich … Blut am Boden. Seine Augen wurden noch schmaler. Da war eine Blutlache und Schleifspuren bis hin zur Tür. Als Vegeta zwischen seine Beine sah, bemerkte er, dass diese dort weiter ging. Sie führte über die Veranda, in den Schnee und erst dort, wo vor wenigen Stunden noch der Schlitten mit den Geschenken gestanden hatte, endete sie. Das … das … was zum Henker war hier in seiner Abwesenheit nur passiert?! Vegetas Herz hatte zu rasen begonnen, seine Gedanken liefen auf Hochtouren und immer wieder schrie eine Stimme in seinem Kopf ganz laut ‚Kakarott!‘. Den einzigen sinnvollen Gedanken, den sein Hirn in diesem Moment ausspuckte, war, dass er den Schlittenspuren folgen musste, die eindeutig aus der Stadt zu führen schienen. Einem Instinkt folgend, lief er nur noch zu Ponykakarott, sprang auf dessen Rücken und gab ihm die Fersen. Siehe da … dieses Pony konnte tatsächlich laufen. Und wie es lief! Sich an die Mähne Kakarotts klammernd ritt er zur Berghütte im Norden der Insel, hielt aber vor der letzten Biegung an, beruhigte Ponykakarott und spähte vorsichtig um die Kurve. Er hatte sich nicht getäuscht. Das Flackern von Feuer hatte ihm verraten, dass hier jemand war. Zum Glück hatte er das in dieser schwächlichen Postbotengestalt wahrgenommen, sonst wäre er mit voller PKS, also Ponykakarottstärke, in die beiden bekannten Gestalten galoppiert … nun ja, getrabt. Zwischen Kakarotts Hütte, der Scheune und dem Stall stand der Schlitten, es brannte ein Lagerfeuer und die beiden Anführer der Grobners und Ellbogners waren damit beschäftigt, die Geschenke vom Schlitten direkt in dieses Lagerfeuer zu werfen! Wie … wie konnten sie es wagen?! Kakarott und er, sie … sie hatten Stunden, TAGE!, damit verbracht das alles herzustellen, zu bemalen und zu verpacken. Wutschnaubend krempelte er sich die Ärmel hoch … schwächlicher Postbote hin oder her … für diese beiden Klappergestelle würde es gerade noch reichen! „Hast du es endlich getan?“, ertönte die eiskalte Stimme der Frau, die Vegeta als eine Grobner kennengelernt hatte. Damit war dann wohl der kleinere Kerl der Anführer der Ellbogners. „Was denn?“, fragte dieser. „Ob du Klaus endlich aus dem Weg geräumt hast!“ „Hab ihn hinterm Haus im Schnee verbuddelt.“ „Du weißt schon, dass wir ihn nur zusammengeschlagen hatten?“ „Und?“ Die Grobner griff sich laut seufzend an die Stirn. „Vergiss es. Wenn du ihn begraben hast, wird er schon erfrieren, ersticken oder sonst was. Los, schnapp dir die Geschenke und ab ins Feuer damit.“ W...was?! Diese beiden hatten Kakarott, der im Körper eines RIESIGEN Holzfällers steckte, zusammengeschlagen?! Das … das … Moment … die Blutspur! Das ganze Blut im Postamt stammte also wirklich von Kakarott!? Das konnte doch nicht wahr sein. Nein. Nein! NEIN! NEIN!!! Vegeta wusste nicht woher dieses Gefühl kam, ob es sein eigenes war oder das der Figur, die er verkörperte, aber er bekam Panik. Panik, dass Kakarott, dass Klaus, wer auch immer, sterben würde, wenn er nichts unternahm, vielleicht sogar schon tot war. Seine überschnappende Wut und Aggression, die ganz sicher nicht von dem Postboten Jesper stammten, an die Kandare nehmend, beschloss er die beiden Klappergestelle nicht sofort umzubringen, sondern sich erst, und einmal mehr, um Kakarott zu kümmern. Er schlich lautlos wie eine Katze um die beiden Clan-Anführer herum, hinter das Haus, schaute hektisch in alle Richtungen und erkannte eine Stelle, die sich von dem umliegenden Schnee unterschied. Sie war dunkler, wahrscheinlich vom Vermischen des Schnees mit Erde, Blut oder was auch immer. Rasch war er dort und begann den Schnee zur Seite zu schaufeln. Immer schneller, immer hektischer. Sein Atem beschleunigte sich, sein Herzschlag versuchte dabei seine Atemzüge zu überholen. Und dann … dann berührten seine Finger etwas Festes im Schnee. Er grub weiter und endlich tauchte Kakarotts Gesicht auf. Vegeta schaufelte noch schneller. Schob den Schnee von Gokus Oberkörper, versuchte ihn dann unter den Achseln zu packen und herauszuziehen, doch seine schwächliche Gestalt war dazu nicht in der Lage. Er ließ von Kakarott ab, hockte sich über ihn und blickte auf ihn hinab. „Kakarott?“ Die Augen des Angesprochenen waren geschlossen, sein Gesicht leblos, seine Lippen blau angelaufen. „Hey…Kakarott?“, fragte Vegeta noch einmal. Seine Hand legte sich auf die Wange des Jüngeren und schlug zu. Gokus Kopf fiel zur Seite und gab Vegeta die Sicht auf dessen Hals frei. Mit zittrigen Fingern strich er sich einen Handschuh ab und legte Zeige- und Mittelfinger an Kakarotts Halsschlagader. Sein Herz machte einen heftigen Sprung als er zwei Sekunden später einen schwachen Herzschlag spürte. Er … er lebte! Aber der Herzschlag war so schwach, da stimmte etwas ganz und gar nicht. Er beugte sich zu ihm hinab, hielt sein Ohr an dessen Mund und horchte. Und horchte. Nein … nein da war kein Atemgeräusch. Scheiße! Kakarott atmete nicht mehr! Panisch richtete sich Vegeta auf, rückte Gokus Gesicht wieder gerade. „Du verdammter Idiot! Diesmal…diesmal lass ich mir nicht vorwerfen, dass…dass ich dich hab sterben lassen! Vergiss es! Sonst geht die ganze Scheiße wieder von vorne los!“ Instinktiv schob er den Kopf des Jüngeren ein Stück nach hinten und zog sein Kinn nach unten, sodass sich dessen Mund einen Spaltbreit öffnete. Danach beugte er sich nur noch hinab und … hielt inne. Seine Augen starrten auf Kakarotts Mund, huschten zu dessen geschlossenen Augen, wieder zurück zu seinen Lippen. Er zögerte eine Sekunde, doch dann schloss er einfach seine Augen, holte tief Luft und umschloss Kakarotts Lippen mit den seinen und blies. Danach entfernte er sich nur einige Zentimeter, holte wieder Luft und atmete wieder in die Mundhöhle des Jüngeren aus, ehe er begann Kakarotts Brustkorb zu bearbeiten. Nach dem fünfzehnten Eindrücken … endlich … ENDLICH … regte sich etwas auf Gokus Gesichtszügen. Seine Augenbrauen zuckten, zogen sich zusammen und gerade als Vegeta seinen Mund wieder auf Gokus drücken wollte, drehte sich Kakarott hustend auf die Seite. Vegeta sackte das Herz in die Hose. Kakarott hustete, als würde er seine komplette Lunge nach draußen befördern wollen. Doch schließlich ließ es nach und er drehte sich zu Vegeta um … seine Augen wurden groß wie Untertassen und Vegeta erkannte, was das bedeutete. Jemand stand hinter ihm. Schneller als er das diesem Schwächling Jesper zugetraut hätte, rollte sich dieser auf die Seite und entging gerade so dem Schlag der Schaufel, den der knollennasige Ellbogner ausführte. „Sieh mal einer an, wer sich da hierher verirrt hat.“, krächzte die Stimme der Grobner. „Schade, schade, Herr Postbote, dass sie nicht mit zurückgefahren sind. Jetzt müssen wir sie leider auch aus dem Weg schaffen.“ Panik stieg in Jesper nach oben und in Vegeta. Auf dem Hosenboden sitzend robbte er vor dem Grobner zurück, bis sein Rücken an die Wand der Scheune stieß. „Warum“, seine Stimme zitterte tatsächlich. „Warum macht ihr das?“ „Warum?“ Die Grobner tat so als müsse sie überlegen. „Tja, vielleicht um diese ganzen Idioten wieder unter Kontrolle zu bekommen. Um wieder die Herrschaft über sie zu haben und damit wir endlich wieder die einflussreichste Familie von Zwietrachtingen werden.“ Der Ellbogner ließ die Schaufel sinken und wandte sich mit wütendem Gesichtsausdruck zu der dürren Frau um. „Die einflussreichste Familie von Zwietrachtingen sind die Ellbogners!“ Vegeta sah seine Chance gekommen. Er zwang diesen schwächlichen Körper dazu aufzuspringen, schleuderte dem Ellbogner einen Haufen Schnee ins Gesicht, trat ihm ans Schienbein und entwand ihm die Schaufel. Diese als Waffe über seinem Kopf haltend, ging er auf die Grobner zu, die ihren Stock wie einen Degen vor sich hielt. „Keinen Schritt weiter!“, kreischte sie. Doch Vegeta ließ sich nicht beirren. Er hatte wirklich die Schnauze voll von diesen beiden Verrückten. „Hau ab!“, schrie er. „Verzieh dich!“ Doch die Alte schien das Feld nicht so einfach räumen zu wollen. Hinter ihm konnte er hören wie Kakarott versuchte auf die Beine zu kommen. Dadurch abgelenkt, merkte er nicht, wie die Alte in den Angriff überging. Vegeta kassierte völlig überrascht einige schmerzhafte Schläge von dem knochigen Stock, ehe er diese mit der Schaufel parieren konnte. Es entstand ein haarsträubend skurriles Duell zwischen ihm mit der Schaufel und der Alten mit ihrem Gehstock. „Achtung!“, rief Goku plötzlich hinter ihm und Vegeta sprang genau rechtzeitig zur Seite, um dem hinterhältigen Angriff des Ellbogners auszuweichen, der dank Kakarotts Warnung einen Bauchplatscher in den Schnee machte, ein Stück weit rutschte und die Grobner von den Füßen holte. Völlig außer Atem stützte sich Vegeta auf seine Schaufel und sah dem nun entstehenden neuen Kampf der beiden Anführer zu. Die Grobner beschuldigte den Ellbogner als Trottel, dass er sie von den Beinen geholt hatte und der Ellbogner beschuldigte sie als Idiotin, weil sie immer viel zu viel nachdachte und ihr Plan mit den Briefen zu viel Zeit gekostet hatte. Sie hätten die beiden gleich erledigen sollen. Irritierenderweise drängte sich Vegeta in diesem Moment der Gedanke auf, ob er und Kakarott auch solch ein lächerliches Bild abgaben, wenn sie sich im Beisein eines ihrer Gegner plötzlich in die Wolle bekamen ... „Vegeta!“ Gokus Stimme klag alarmierend und der Prinz drehte sich zu ihm um. Der Größere hatte sich mittlerweile aufgerichtet, lehnte an der Scheune und sah auf den Platz zu dem kleinen Feuer. „Wo…wo ist der Schlitten mit den Geschenken?“ „Was?!“ Die Schaufel hinwerfend rannte Vegeta um die Scheune herum … der Schlitten war weg … ihre Fahrkarte nach draußen war … weg … Hieß das … würde das … mussten sie etwa dann noch ein ganzes Jahr in diesem Dorf bleiben, bis sie endlich hier rauskamen?! Das … das … Moment … das waren doch Spuren im Schnee! „Kakarott, schnell! Wir müssen hinterher! Bestimmt hat irgendjemand von der Sippe den Schlitten gestohlen!“ Vegeta wollte schon durch den tiefen Schnee losrennen, als er von Kakarott gepackt wurde und dieser ihn auf etwas aus Holz niederdrückte, das wie ein … kleiner Schlitten aussah. Irritiert sah er zu seinem Rassenmitglied. Dieser grinste ihn an. „So geht’s schneller.“ Und mit einem ordentlichen Schubs der starken Arme von Klaus, beförderte er sie über die kleine Kuppe. Auf den Spuren des Geschenkeschlittens ging es in rasendem Tempo den Hügel hinunter. Im ersten Moment setzte Vegetas Herzschlag aus, als erst ein Baum, dann ganz viele Bäume in rasendem Tempo an ihnen vorbei sausten. Man konnte deutlich sehen, wo der Schlitten entlanggefahren war, denn immer mal wieder hatte er einen Baum gestreift oder einen Kleineren nieder gemacht. Schneller und schneller wurde ihre wilde Fahrt und irgendwie … machte die ihm sogar richtig Spaß. Kakarott, der Idiot, stieß hinter ihm ein Freudengebrüll aus, die Kopfwunde schien er völlig vergessen zu haben, und dann endlich … endlich sahen sie den Schlitten vor sich, der sich an einem sehr hohen Stein verheddert hatte. Moment … war hinter dem Stein nicht … „KAKAROTT!! Wo sind die Bremsen an diesem Ding?“ „Was?“ „DIE BREMSEN!!!“ Vegeta zeigte nach vorne. „Oh...“ Sofort rammte Son Goku seine Beine in den Schnee. Vegeta sah das, verstand das Prinzip und tat es ihm gleich. Sie würden sterben, sie würden sterben, sie würden so was von sterben … Der Abgrund kam immer näher und näher auf sie zu, ihr kleiner Schlitten wurde nicht wirklich langsamer. Sie rauschten am großen Schlitten vorbei, das Nichts vor ihnen kam immer näher und näher und Vegeta kniff nur noch die Augen zusammen, wartete auf die Schwerelosigkeit des Falls, diese kam … … und er kullerte wild sich selbst überschlagend durch den Schnee. In weiter Entfernung, unter ihnen, hörten sie den Holzschlitten zerbersten. Heftig atmend, den Blick in den klaren Sternenhimmel über sich, blieb Vegeta einfach auf dem Rücken liegen, als er zu realisieren begann, dass Kakarott sie vom Schlitten gezogen hatte. Ihnen einfach so … mal wieder … das Leben gerettet hatte. Neben ihm begann plötzlich dieses eigentümliche Lachen, dieses 'Ho Ho Ho', welches auf unwiderstehliche Art ansteckend war. Er blickte zu Kakarott, der ebenso wie er im Schnee lag und sich gar nicht mehr einzukriegen schien. Schmunzelnd kehrten Vegetas Augen zu den Sternen zurück. Das Lachen neben ihm wurde leiser und verstummte schließlich, während sie noch immer schwer und vom Adrenalin vollgepumpt, atmeten. Stille trat ein, aber eine Stille die beruhigend wirkte, in der man einfach nichts sagen musste, weil jedes Wort überflüssig war. Sie hatten überlebt, mal wieder. Er hatte Kakarott das Leben gerettet, und dieser seins, mal wieder. Dies schienen sie einfach nicht loszuwerden. Egal was sie machten, egal wohin sie gingen, egal was sie taten, egal wer sie waren. Alles brachte sie immer wieder an diesen einen Punkt zurück. Egal was er wollte, egal was er sich vornahm, egal was er sich wünschte … „Kakarott“, durchbrach Vegeta diese eigentümliche Atmosphäre. „…du…wolltest wissen, worauf ich aus bin…“ Die Augen des Jüngeren wurden groß. Seinen Kopf dem Prinzen zuwendend, fragte er vorsichtig: „…ja?“ „…die Wahrheit ist…ich…bin mir...nicht mehr sicher.“ Son Goku schwieg, beobachtete das Profil des Prinzen, dessen Blick an den Sternen über ihnen hing. „Ich war lange Zeit immer auf etwas ganz Bestimmtes aus. Aber…so…ist es einfach nicht mehr.“ Wieder Schweigen. Seit wann war Kakarott so ein guter Zuhörer? Und seit wann war Unsicherheit für ihn selbst in Ordnung? Und … war es das denn? In Ordnung? Er schätzte schon … Goku schwieg weiterhin und Vegeta hielt es plötzlich nicht mehr aus, drehte den Kopf und sah, dass der Jüngere ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Schnell wandte er seinen Blick ab und sah zurück zu den Sternen. Vielleicht hatte das ja etwas mit dem schweigsamen Klaus zu tun; das Kakarott endlich mal seine Klappe hielt. Vegeta wusste es nicht, aber … es war auf jeden Fall das Richtige. Es ließ ihn weiter reden … „Kakarott…du…weißt es, oder? Seit du Freezer besiegt hast…nein, das stimmt nicht. Schon davor…eigentlich seit wir uns das erste Mal begegnet sind…du musst es wissen.“ Der Herzschlag des Angesprochenen beschleunigte sich … meinte Vegeta etwa …? „…ich war immer darauf aus, dich zu besiegen, dich zu übertreffen, stärker zu werden als du…doch jetzt…“ Wieder Stille, aber nicht lange. Goku konnte einfach nicht mehr anders. Er wollte … er musste es wissen. Musste wissen, was Vegeta ihm da gerade zu sagen versuchte. Vorsichtig richtete er sich auf, stützte sich auf einen Arm und blickte auf den Älteren hinab. Ihre Blicke trafen sich und erst nach einigen weiteren schnellen Herzschlägen schaffte er es zu fragen: „…jetzt…ist es nicht mehr so?“ Da war er wieder, der Kakarott den er kannte. Der Nichts auf sich beruhen lassen konnte. Sekunden verstrichen, während sich ihre Blicke verfingen, sie einander ansahen, nicht wissend, was sie von ihrem jeweiligen Gegenüber in diesem Moment halten sollten. „Jetzt…“, begann überraschend Vegeta zu flüsternd, während Gokus Augen aufgeregt zu den Lippen des Prinzen wanderten, damit er auch ja kein Wort verpasste. „…JETZT…lass uns einfach die Geschichte hinter uns bringen!“ Vegeta entzog sich dem hypnotischen Moment und Kakarotts Blick und richtetet sich auf, während Gokus Augen ihm völlig verwirrt und vielleicht auch ein wenig zerknirscht folgten. Immerhin hatte er gerade das Gefühl gehabt, dass ihm Vegeta etwas wichtiges sagen wollte. „Aber…!“, versuchte er den Prinzen zurückzuhalten, doch ohne Erfolg. „Nicht aber! Komm jetzt!“ Resignierend und leise seufzend wandte der Jüngere seinen Blick von Vegetas davonstapfenden Rücken ab und sah enttäuscht auf die Kuhle im glitzernden Weiß, in der der Kopf des Prinzen eben noch gelegen hatte. Mit einem Mal pochte sein Herz ganz laut als er sich an ein Gespräch erinnerte, das sie vor so langer Zeit, noch bevor sie in das Märchen des roten Ettin geworfen worden waren, geführt hatten. ‚Du wirst mir damit aber ewig auf die Nerven gehen!‘, waren Vegetas Worte, die in seiner Erinnerung leise widerhallten. ‚Dann geh ich dir halt ewig auf die Nerven!‘ ‚Darauf hab ich aber keinen Bock!‘ ‚Mir doch egal! Ich bin dir ja auch egal!‘ Gokus Kopf schoss nach oben. Seine Augen suchten den Hang ab, bis sie den Älteren ausmachten, der schon fast beim großen Schlitten angekommen war. ‚Bist du nicht!‘ Lächelnd sprang er auf die Beine, klopften sich den Schnee ab und hob seine Hände, zu einem Trichter geformt an seinen Mund. „Du bist mir auch nicht egal, Vegeta!“, brüllte er dem Prinzen hinterher. Er bekam natürlich keine Antwort … aber er hatte auch gesehen, wie Vegeta kurz inne gehalten und seinen Kopf zu ihm zurückgedreht hatte. Gemeinsam schafften sie es den Schlitten zurück zur Hütte zu ziehen, wobei Son Goku, oder der riesenhafte Holzfäller Klaus, die meiste Arbeit verrichtete und Vegeta, in der Gestalt des schmächtigen Postboten Jesper, einfach nur versuchte Steine und Äste aus dem Weg zu räumen. Es dauerte seine Zeit, doch gemeinsam schafften sie es. Während Vegeta in die Scheune ging um nachzusehen, ob sie dort noch ein paar Spielsachen befanden, oder andere Dinge, die sie verwenden konnten, um die verbrannten Geschenke zu ersetzen, sammelte Goku die versprengten Rentiere ein und spannte sie vor den Schlitten. Wie auch immer es möglich wurde, was auch immer den Zauber … dieses ganzen Humbugs, dieses Tages, dieser Nacht, dieser Zeit ausmachte … Vegeta fand genug Geschenke, Goku die Rentiere und gemeinsam und schweigend konnten sie in dieser Nacht ihren Plan, allen Bewohnern Zwietrachtingens ein Geschenk zu bringen, umsetzen. Vielleicht gelang es ihnen nur, weil sie ohne zu streiten zusammenarbeiteten, vielleicht, weil es keine Fallen und böse Hunde mehr in den Gärten und Höfen gab, vielleicht, weil alle Tore und Türen geöffnet waren und vielleicht, weil in jedem Haus eine kleine Stärkung auf sie wartete. Vielleicht gelang es ihnen aber auch nur, weil Weihnachten war. Und vielleicht … aber wirklich nur vielleicht, weil sie sich ein wenig … ein klitzekleines bisschen … während der Geschichte von ‚Klaus‘ … einander angenähert hatten. In der frühen Dämmerung, als sie beide völlig erschöpft, schweigend und frierend nebeneinander durch den sanften Schneefall zurück zur Poststation gingen, war es Goku, der zuerst die Stufen zur Veranda hinaufschritt und die Tür öffnete. „Vegeta.“ „Mh?“ Der Prinz blickte von Ponykakarott, mit dem sie die letzten Pakete in die kleinen Gassen gebracht hatten und den er gerade in den Schuppen bringen wollte, auf zum echten Kakarott, der ihn ungläubig anblinzelte. „Was ist?“ Immer noch irritiert dreinblickend, trat Goku einen Schritt zur Seite und gab Vegeta den Blick auf die offenstehende Tür des Postamtes frei. Dahinter war es schwarz. Vegetas Augen weiteten sich. Das … konnte das wahr sein? War das tatsächlich das Inhaltsverzeichnis von Angeama?! Es kaum glauben könnend, lief Vegeta an Kakarotts Seite und starrte in die vor ihnen liegende Dunkelheit. „Vegeta?“ Er blickte zu dem Größeren neben sich auf, auf dessen Lippen sich ein Lächeln abzuzeichnen begann. „…frohe Weihnachten.“ Der Ältere konnte es nicht verhindern, aber auch über sein Gesicht huschte der Anflug eines Lächelns. Sie hatten es geschafft. Sie hatten Klaus endlich zu einem Ende gebracht. Sich ein letztes Mal umdrehend, den fallenden, lautlosen Schnee beobachtend und das Schnauben Ponykakarotts wahrnehmend, verabschiedete sich Vegeta innerlich von diesem Ort, von Zwietrachtingen, von all den Kindern und verrückten Einwohnern, denen … denen sie so viel mehr gebracht hatten als Geschenke. „Vegeta? Kommst du?“ Aus seinen Gedanken gerissen, wandte er sich von der Geschichte ab und blickte in das fröhliche Gesicht, welches ihn unter einer roten Fellmütze mit weißem Rand ansah. Dicht vor der Tür zu Angeama stehend und ihm mit diesem vertrauenden Ausdruck tatsächlich schon wieder die Hand entgegen streckend. Mit einem Gefühl, welches Vegeta nicht richtig zu deuten vermochte, marschierte er auf die Türe zu, auf den Ausgang. Die Hand des anderen Saiyajins ignorierte er natürlich, aber als er an ihm vorbei ging murmelte er etwas, was er selbst niemals für möglich gehalten hätte. „…frohe…frohe Weihnachten…Kakarott.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)