Ragnarök - Chains of Destiny von hatchepsut ================================================================================ Kapitel 9: Lubma ---------------- 10. Lubma Es war ein trostloses Fleckchen. Wenn sie es genau nahm, dann war es sogar das trostloseste Fleckchen Land auf diesem ganzen verdammten Planeten und ausgerechnet ihr musste dieses Fleckchen gehören. Lubma seufzte und starrte aus dem Fenster des Gleiters, der sie in die Sandfelder bringen würde – zu ihrem Bruder. Wie sie es hasste hierher zukommen und vor allem ihn wieder zusehen. Immerhin hatte er vor einiger Zeit versucht sie vom Thron zu stürzen. Wäre es damals nach ihr gegangen, so hätte sie ihren Bruder gleich auf der Stelle hinrichten lassen. Aber damals hatte ihr Vater noch gelebt und er hatte darauf bestanden, dass man seinen einzigsten Sohn nur verbannte und nicht tötete. „Verflucht!“ Das gefüllte Glas, das sie bis dahin in den Händen gehalten hatte zerschellte an einer der Wände und sofort begannen Diener damit die Scherben aufzulesen und den Boden zu säubern. Wenige Augenblicke später hatte Lubma ein neues Glas neben sich stehen. Verärgert kehrte ihr Blick wieder zu dem Fenster und dem ewigen Gelbbraun des Sandes dahinter zurück. Ihre langen rostroten Haare umrahmten dabei ihr Gesicht, wie die Wellen eines kleinen Sees eine Landzunge. Ihre langen Federn raschelten bei der Bewegung und an den Spitzen, wo das Weiß der Schwingen in ein sanftes Goldgelb übergingen knickten einige der Längeren ein. Mit einem weiteren Fluch auf den Lippen begann sie, die Federn wieder glatt zu streichen und zu ordnen. Hoffentlich waren sie bald da. Der Flug hatte dann doch länger gedauert als sie angenommen hatte. Über diese Tatsache sichtlich verärgert, stieg sie aus dem Gleiter und schritt stolz über die Teppiche, die man von der Ausstiegsluke, bis zum Eingang des Hauses gelegt hatte. Würdevoll wallten dabei die fast durchscheinende Tücher ihres Gewandes um ihren schlanken Körper. Soldaten und Sklaven verneigten sich vor ihr und bestaunten doch gleichzeitig ihre Schönheit. Ein weißer, hauchdünner Schleier verbarg ihr Gesicht und ließ nur ihre eisigen, goldenen Augen frei. Mit graziler Hochmütigkeit trat sie in den kühlenden Schatten der Eingangshalle und fand sofort die Person, die sie finden wollte. „Mein geliebter Bruder, wie schön dich endlich mal wieder persönlich zu treffen.“ Violence antwortete mit ebenfalls zuckersüßer Stimme. „Ich freu mich ebenso Schwester. Wie ist dein wertes Wohlbefinden?“ Dabei verbeugte er sich vor ihr und ergriff ihre Hand. „Ausgezeichnet. Sag sind meine Zimmer schon fertig hergerichtet? Der Flug war lang und hat mich ermüdet.“ Violence erhob sich, maß seine Königin mit einem Blick, der mehr als alles andere den Hass zwischen den beiden Geschwistern deutlich machte und zeigte dann mit einer zuvorkommenden Geste auf eine breite Treppe. Lubma setzte sich ohne ein weiteres Wort zu verlieren in Bewegung, gefolgt von ihrem Bruder und mit einigem Abstand, ihrer Diener. Als sie durch die äußerste Tür ihrer Gemächer schritt, blieb sie stehen und drehte sich zu Violence um. „Ich erwarte dich dann in zwei Stunden in meinem Zimmer. Dann können wir in aller Ruhe über die Vorfälle reden, die es hier scheinbar in der letzten Zeit gegeben hat.“ Violence knirschte mit den Zähnen, verbeugte sich aber gehorsam und verließ die Zimmerflucht. Nach wenigen Schritten änderte er seinen Kurs und steuerte seinen privaten Trainingsraum an. Wenn er jetzt nicht die Chance bekam sich Luft zu verschaffen, dass wusste er, dann würde er wahrscheinlich vor beherrschter Wut platzen. Lubma nippte an dem Glas und stellte es dann wieder auf den Tisch zurück. „Du willst mir also sagen, dass diese ganzen Schäden an der Bastion entstanden sind, weil ihr Ärger mit einem Sklaven hattet?“ Ein kurzes glockenhelles Lachen entschlüpfte ihr. „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ „Nun,“ antwortete ihr Violence. „Es mag sich auch im ersten Moment nicht glaubhaft anhören und doch, lass dir von mir versichert sein, es war so.“ Lubmas Blick wurde ernst, als sie ihren Bruder maß. Er würde es doch nicht wagen sie anzulügen, oder doch?! „Also gut,“ räumte sie ein, während ihre Hand gedankenverloren mit dem Rand ihres Glases spielte. „Wenn es so ist, wie du sagst, dann würde mich doch interessieren, warum dieser Sklave noch am Leben ist. Wenn es ihm möglich war die Hälfte der Bastionsmauern einzureisen, dann hättest du ihn gleich töten sollen!“ Die Rüge in diesen Worten ließ Violence Blick sich verdunkeln, zumal er ihr nicht alles erzählt hatte, was es mit dem vermeintlichen Sklaven auf sich hatte. Mit einem, schon fast an Herablassung wirkenden Lächeln drehte er seinen Kopf zu ihr. „Wenn ich jeden gleich töte, hast du bald keine Arbeiter mehr, die dir deinen Reichtum verschaffen. Das wäre töricht.“ Im nächsten Moment hatte er den Inhalt von Lubma´s Glas im Gesicht. „Wage es nicht noch einmal mich zu kritisieren! Und deine Unverschämtheiten kannst du dir auch sparen, denn sie bringen dich nur noch weiter an den Abgrund, an dem du sowieso schon stehst.“ Die Blicke der Geschwister trafen sich und in Violences Augen brannte ein wahres Fegefeuer des Hasses, wohingegen in den Augen von Lubma nur noch kalte Berechnung lag. „Auch wenn du mein Bruder bist, so reicht ein Fingerzeig von mir und die Sandwürmer fressen deinen verfaulenden Kadaver in der Wüste. Schenk mir nach.“ Sie hielt ihm ihr leeres Glas entgegen. Violence ballte die Fäuste, griff aber nach der Karaffe, um seiner Schwester etwas von dem Saft nachzuschenken. Als das Glas wieder voll war und er sich einer Wasserschüssel zuwenden wollte, um das klebrige Getränk aus seinem Gesicht und seinen Kleidern zu waschen, wurde er von einem Wink Lubmas zurückgehalten. „Du kannst dich auch in deinen eigenen Räumen reinigen, denn sonst müssen meine Diener das Wasser wieder erneuern.“ Kurz verharrte Violence im Schritt, dann ballte er erneut die Fäuste, schloss die Augen und rang um die Kontrolle seiner Gefühle. Als er glaubte, sie so weit im Griff zu haben, dass er seiner Schwester nicht im nächsten Moment die Haut vom Fleisch reisen würde, drehte er sich um und wollte das Zimmer verlassen. „Violence.“ „Was?“, fauchte der Ryotaner und drehte sich mit vor Wut verzerrtem Gesicht zu seiner Schwester um. „Schick ihn zu mir, den Sklaven, der anscheinend so etwas besonderes ist.“ Kurz zögerte er, doch dann drehte er sich wieder um und verließ das Zimmer. Vielleicht hatte er ja Glück und Vegeta brachte sie um. Vegetas Körper schmerzte und jede noch so kleine Bewegung löste eine erneute Welle aus, die seinen Körper überflutete. Trotz dieser, nicht von der Hand zu weisenden Tatsache war er aufgestanden, hatte sich den kühlenden Stoff des Bettüberzuges um den Körper geschlungen und war ans Fenster getreten. Ein Raumschiff war vor einiger Zeit gelandet und er fragte sich, wen oder was es wohl gebracht hatte, denn mit dem beobachteten Landeanflug hatte in seiner Gefühlswelt etwas neues Einzug gehalten. Etwas, dass Vegeta nicht wirklich in Worte kleiden konnte, dass ihn aber dennoch mit etwas erfüllte, was ihn ruhelos werden ließ. Ein Seufzen entrang sich seiner Kehle und seine Stirn sackte an die Fensterscheibe. Mit sanfter Stimme flüsterte er: „Kakarott, wo bist du?“ Gleich darauf kam er sich lächerlich vor. Er war nicht von dem Jüngeren abhängig. Wenn er hier wie ein verängstigtes Prinzeschen wartete, bis ihn jemand retten kam, dann konnte er sich Violence auch gleich an den Hals werfen! Ein Gefühl warnte ihn, dass jemand kam und just in dem Moment, da sich Vegeta umdrehte und zur Tür sah, wurde diese auch schon geöffnet. Der Körper des Krieger verkrampfte sich unweigerlich, als er Violence erkannte. Doch wieder sagte ihm sein Gespür, dass der Ryotaner nicht wegen dem gekommen war, was Vegeta im ersten Moment befürchtet hatte. Stattdessen wurde er nur von einem kühlen Blick gestreift, in dem ein Hass lag, der jedoch nicht ihm galt. Mit einer schroffen Geste warf er ein Bündel Kleider auf das Bett. „Zieh das an!“ Dann verschwand er auch mit wenigen schnellen Schritten wieder und ließ den Saiyajin alleine. Vegeta runzelte die Stirn. Was sollte das den? Sein Blick wanderte von der Tür zu dem Kleiderhaufen auf dem Bett und mit zögerlichen Schritten ging er darauf zu. Er zog eine enge Hose, in die er gleich hineinschlüpfte und ein enges Hemd mit langen Ärmeln, welches er sich über den Kopf zog, hervor und drehte sich zu einem der Spiegel um. Ein Blitz zuckte durch seinen Körper, als er sein Spiegelbild sah. So etwas hatte er auch schon früher getragen, in dem gleichen mitternächtlichen Blauton und in ähnlich schlimmen Situationen. Ja er erinnerte sich an den Kampf gegen ... das Bild in seinem Kopf verschwamm und egal, wie sehr sich Vegeta auch bemühte, er konnte einfach nicht mehr an den Gedankengang anknöpfen und ihn zu Ende führen. Mit einem verstimmten Blick in sein eigenes Gesicht drehte er sich wieder um und nahm das nächste Kleidungsstück zur Hand. Es erinnerte ihn an ein langes, bis zu den Knöcheln reichendes Kleid, welches links und rechts bis zu den Hüften aufgeschnitten war und das man an einer der Seiten zuknöpfte. Kakarotts Frau hatte so etwas immer getragen, schoss es ihm durch den Kopf. Nur während ihres meistens schwarz gewesen war, war dieses hier in einem dunklen Violett gefärbt und mit filigranen Goldstickereien umrandet. Mit einem widersprüchlichen Gesichtsausdruck zog er es über und knöpfte es zu. Dann griff er nach der blauen Schärpe, band sie sich um die Hüfte, um das Kleid zu fixieren und schlüpfte in die braunen Stiefel. Sein Schweif schlang sich automatisch um seine Talje und als er sich diesmal dem Spiegel zuwand konnte er einen überraschten Gesichtsausdruck nicht verhindern. Die Farben harmonierten perfekt miteinander und das zarte Gold des Obergewandes verlieh ihm etwas würde, ja fast hoheitsvolles, von dem Vegeta noch nie etwas an sich erahnt hatte. Aber jetzt ... je länger er sich im Spiegel beobachtete um so sicherer wurde er sich, dass er solche Gewänder schon früher getragen hatte, viel früher, als er noch ... . Wieder brach der Gedanke ab, ohne das der Saiyajin eine Chance hatte ihn bis ganz zum Schluss zu verfolgen. Das Geräusch von Schritten ließ ihn aus der Betrachtung auffahren und sich umdrehen, als die Tür geöffnet wurde. Er blickte direkt auf Violence Gestallt, die auf der Türschwelle verharrte und ihn anstarrte. Überraschung war in seinem Gesicht zu lesen und etwas, was Vegeta nicht einordnen konnte und von dem er auch nicht wusste, ob es ihm gefiel. Nach einem kurzen Zögern fing sich der Ryotaner wieder und ging auf Vegeta zu. „Ich wusste, dass die Sachen dir stehen würde, aber ich bin überrascht, wie effektvoll sie bei dir sind.“ „Kleider machen eben Leute.“ Meinte Vegeta sarkastisch. „Deine Widerspenstigkeit hast du dir also bewahrt, das ist gut, du wirst sie brauchen.“ Vegetas Augenbraue wandert in die Höhe. „Warum?“ „Das erfährst du noch. Streck deinen Arm aus.“ „Nein.“ „Du sollst deinen Arm ausstrecken!“ „Nein!“ Trotz war in Vegetas Blick getreten. „Nun gut ... .“ Blitzschnell schoss die Hand des Ryotaners nach vorne und umklammerte Vegetas Handgelenk. Der Saiyajin hatte überhaupt keine Chance zu reagieren, da spürte er schon etwas Kaltes um seinem Handgelenk und als er seinen Arm zurück riss, entrollte sich aus Violence Hand eine Fingerdicke, fast durchsichtige Kette. Vegetas Stirnrunzeln vertiefte sich als er das filigrane Ding sah und dann kehrte sein Blick fragend zu Violence zurück. „Das ist ein Fetters. Wir Ryotaner haben nämlich die Angewohnheit mit besonderen Sklaven vor Anderen unseres Standes zu protzen.“ Er lächelte schief. „Deshalb geben wir Feste, auf die jeder seine Lieblinge mitbringen kann. Sie werden herausgeputzt und geschmückt wie Sammlerstücke. Damit jedoch jeder auf den ersten Blick sieht, dass er es mit einem Sklaven zu tun hat und zu welchem Herrn der Sklave gehört, werden ihnen diese Fetters angelegt.“ Violence trat nach vorne und befestigte das andere Ende an Vegetas anderem Handgelenk. Obwohl seine Hände somit zusammen gebunden waren, konnte er sie noch rechts und links seines Körper halten, ohne das das Fetters spannte. Die Kette hing sogar noch vor seinem Körper sachte durch. „Versuch erst gar nicht sie zu zerreisen. Sie sind aus bestimmten Kristallen gefertigt und widerstehen selbst dem stärksten Zug. Übrigens,“ fügte Violence mit einem Lächeln hinzu. „Ist dieses durchsichtige Fetters, mit den eingearbeiteten Goldfäden, das Fetters meines Hauses.“ Vegeta sah auf. Doch bevor er etwas sagen konnte, griff Violence nach dem Fetters und riss daran. Vegeta stolperte nach vorne, prallte gegen Violences Körper und spürte Sekunden später dessen Lippen auf seinem Mund. Schlagartig versteifte sich sein ganzer Körper und er versuchte vergeblich zurückzuweichen. Als der Ryotaner das Fetters los ließ und Vegeta somit endlich frei gab, lächelte er hämisch. „Ich bin mal gespannt, ob sie dich genauso erregen kann wie ich.“ Vegetas wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, was Violence ein weiteres hämisches Lächeln entlockte. Dann gab er Vegeta mit einem Stoß zu verstehen, dass er sich Richtung Tür bewegen sollte. An dieser Angekommen beförderte ihn ein weiterer unsanfter Schlag zwischen seine Schulterblätter auf den Flur und in die Mitte von vier Soldaten. „Bringt ihn zu meiner Schwester. Sie wartet schon sehnsüchtig auf ihn.“ Zwei der Soldaten griffen nach Vegetas Schultern und beförderten ihn mit weiteren Stößen den Korridor hinunter. In Vegeta brodelte es und er fragte sich, sicher schon zum tausendstenmal, warum er all das mit sich geschehen ließ. Und ebenfalls zum tausendstenmal gab ihm sein Verstand die Antwort: Weil du nicht stark genug bist um dich ihm zu widersetzen ... oder doch?! Als er sich kurz umwandt, konnte er auf Violence Gesicht immer noch dieses hämische Lächeln entdecken und er wusste nicht, ob er darüber nun besorgt oder erfreut sein sollte. Lubma stand am Fenster und beobachtete das Treiben auf dem Hof. Mittlerweile waren die Sonnen untergegangen und die drei Vollmonde hatten sich mit ihrem blauen Licht am Himmel gezeigt. Die Königin der Ryotaner hatte das Fenster geöffnet und ließ nun den angenehm warmen Abendwind durch ihre Haare wehen. Ein leises Klopfen schreckte sie aus ihren Gedanken auf und sie erinnerte sich daran, dass sie hier nicht in der Sicherheit ihres Schlosses war und schloss das Fenster wieder. Mit einem verstimmten ‚Herein’ drehte sie sich zur Tür um und musterte den Soldaten mit düsterem Blick. Dieser verbeugte sich tief, ehe er zu sprechen begann. „Verzeiht die Störung meine Königin.“ „Ja, ja,“ sie fuchtelte ungeduldig mit ihrer Hand. „Was gibt es denn?“ „Wir bringen den Sklaven den ihr zu sehen wünschtet.“ Der gelangweilte Ausdruck verschwand aus ihren Zügen und ein amüsiertes Funkeln trat in die gelben Raubvogelaugen. „Worauf wartet ihr dann? Schickt ihn rein!“ Der Soldat verbeugte sich abermals unterwürfig und verschwand aus dem Zimmer. Lubma lächelte, dann strich sie sich nochmals über ihr weißes Kleid und korrigierte die Lage ihrer Federn. Eine ihr fremde Nervosität hatte plötzlich in ihren Gefühlen einzug gehalten. Die Tür wurde ein weiteres Mal geöffnet und zwei Soldaten flankierten einen Mann herein. Sie verbeugten sich und als der Mann keine Anstalten machte es ihnen gleich zu tun, packten sie ihn an den Schultern und drückten seinen Oberkörper nach unten, was dieser mit sichtlichem Widerwillen geschehen ließ. Lubma lächelte. „Ihr dürft euch entfernen.“ Die Soldaten nickten, erhoben sich und verließen das Zimmer. Als sie die Tür ins Schloss fallen hörte wendete sie ihre Aufmerksamkeit auf den Sklaven und erlebte eine Überraschung. Er sah sie an. Er sah sie direkt an und dieser Blick war dermaßen intensiv und durchdringend, dass sie das Gefühl hatte in den pechschwarzen Augen zu versinken. Da war etwas, etwas in ihr, dass auf diesen Blick reagiert, ohne dass sie wusste warum oder weswegen. Es war fast so, als würden diese Augen etwas in ihr ausgraben, von dem sie noch nicht einmal gewusst hatte, dass sie es jemals besessen hatte. Ihre Blick wanderte über das Gesicht, musterte jede Eigenheit des Ausdrucks auf seinen Zügen, dann seine ebenfalls pechschwarzen Haare, die einer Flamme gleich in den Himmel ragten. Sein Körper, der zu perfekt trainiert war, um der Körper eines Sklaven zu sein, der schon sein Leben lang in den Sandfeldern arbeitet. Sie schritt auf ihn zu, wobei sie bemerkte, dass er sie keine Sekunde aus den Augen ließ. Angespannt, jederzeit bereit zurück zuweichen oder anzugreifen. Ein Krieger, stellte sie fest. Ein Krieger durch und durch. Als sie um ihn herum schritt wendete er nur ganz leicht den Kopf, um sie im Auge zu behalten und als sie in seinen toten Winkel eindrang drehte er den Kopf wieder auf die andere Seite, um sie dort mit seinen schwarzen Augen wieder zu empfangen. Er hatte keine Angst vor ihr, das spürte sie. Respekt vielleicht, aber selbst dieser Begriff schien ihr schon zu hoch gegriffen für den Ausdruck den sie in seinen Augen lesen konnte. Mittlerweile stand sie wieder vor ihm und er musterte sie, genauso wie sie ihn musterte. Da, da war es wieder gewesen, diese Aufblitzen eines Augenblicks in seinen Augen, der ihr sagte, dass er eine ähnliche Unruhe fühlen musste wie sie. ‚Närrin!’ schalte sie plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf. ‚Erinnere dich wer du bist! Du bist eine Königin, er ist ein Sklave. Verhalte dich dem entsprechend!’ Sie lächelte plötzlich über ihre eigene Dummheit. Sicher, sie war überrascht gewesen, weil sie ihn sich ganz anders vorgestellt hatte. Nicht so stolz, so würdevoll, wie er ihr im ersten Moment in den Kleidern vorgekommen war. Stillschweigend musste sie ihrem Bruder ein Lob aussprechen. Er verstand durch Kleider etwas aus Leuten zu machen. Mit einer eleganten Bewegung drehte sie sich um und ließ sich in einen der Sessel sinken, wobei ihre Federn leise raschelten. „Wie wirst du genannt, Mensch?“ „Wie wirst du genannt, Ryotaner?“, kam die prompte Antwort, die Lubma beinah die Sprache verschlug. Was bildete sich dieser Kerl überhaupt ein? ... und ... da war es wieder, dieses Gefühl von Bewunderung, von ... von ehrfürchtiger Freude, so als würde ein Teil ihrer Seele geradezu auf diesen Fremden zufliegen und ihn willkommen heißen. „Ich glaube du bist dir nicht bewusst, mit wem du redest, Sklave.“ „Und ich glaube, ihr versteht nicht, dass es mir egal ist, was ihr mit mir macht. Es kann kaum schlimmer sein, als das was Violence getan hat. Also warum soll ich mich euch gegenüber anders verhalten als ihm?“ Lubma lächelte amüsiert. „So, er hat also tatsächlich seine perversen Spielchen mit dir getrieben.“ Die Fetters um Vegetas Handgelenke klirrte leise, als er seine Armmuskeln anspannte. „Ich kann nicht verstehen, was daran amüsant sein sollte.“ Eine seiner Augenbrauen bewegte sich bei dieser Feststellung sacht nach oben und das verlieh seinem Gesicht etwas über den Dingen stehendes. So als beträfe das alles gar nicht ihn selbst, sondern jemanden, den er nur flüchtig kannte. „Nun gut. Mir scheint du hast sehr viel Stolz und Würde in dir. Also dann, sag mir deinen Namen, Krieger und ich werde dir vielleicht meinen sagen.“ Einen Moment musterte er sie noch, dann schien er zu dem Schluss zu kommen, dass sie es diesmal mit ihren Worten ernst meinte. „Vegeta.“ „Vegeta“, wiederholte sie ihn leise und wunderte sich welch vertrauten Geschmack der Name auf ihrer Zunge hinterließ. „Der meine lautet Lubma und ich bin die Königin der Ryotaner.“ Vegeta deutete eine leichte Verbeugung an, aber es war keine Verbeugung, wie sich ein Sklave oder auch ein Untergebener ausführen würde. Nein, Lubmas Augenbraue wanderte überrascht nach oben, als sie den Gedanken wahrlich fassen konnte. Es wäre eine Verbeugung geworden, wie sie ein Prinz oder auch ein König ausgeführt hätte und sie kam nicht umhin Vegetas Würde und seinen Stolz zu bewundern, die er trotz der Fetters und der Situation in der er sich befand mehr als warte. Sie machte eine einladende Bewegung auf den Sessel ihr gegenüber. „Setz dich Vegeta.“ Erst zögerte er noch, doch dann machte er einen vorsichtigen Schritt in ihre Richtung und begab sich schließlich zu dem Sessel. Er bewegt sich wie eine Katze, schoss es ihr durch den Kopf. Anmutig, geschmeidig, elegant, gefährlich. Welch Wonne muss es sein solch einen Körper zu spüren. Ihre Augen wanderten höher und ihre Blicke kreuzten sich. Plötzlich wurde beiden schlagartig klar, dass jeder den anderen genau gemustert hatte und das da etwas war, zwischen ihnen, so unerklärlich wie die Existenz des Lebens, aber genauso unleugbar. Vegeta schloss die Augen und schüttelte seinen Kopf. Nein, wie konnte er nur solche Gedanken haben, wie konnte er sich nur so verhalten, wie er es tat. Sie war die Schwester dieses verfluchten Bastards und wie konnte er nach all dem was er ihm angetan hatte überhaupt auch nur eine Winzigkeit von dem Empfinden, was er im Moment spürte. Doch es ging nicht anders. Jedes Mal wenn er sie ansah, wenn er ihre Blicke auf sich spürte, dann hatte er das Gefühl, ihr schon einmal begegnet zu sein, irgendwann, vor langer Zeit. Doch das war Irrsinn. Er war tot gewesen, wo sollte er ihr denn dann begegnet sein? Vielleicht in einem anderen Leben?, wisperte eine Stimme in seinem Kopf. An einem anderen Ort? Irgendwo? Er sah auf, sah sie an und für die Winzigkeit eines Wimpernschlags verändere sie ihre Gestalt, war ein Mensch, mit anderen Haaren, anderen Augen, einem anderen Gesicht und doch mit der selben Seele, den selben Gefühlen – irgendwo vor so langer Zeit. Die Illusion verschwand und vor ihm saß wieder die Königin der Ryotaner, mit ihren langen, goldenen Federn, den roten Haaren und den gelben Raubvogelaugen. Nein, er hatte sich getäuscht. Dieses Gefühl konnte nicht der Wirklichkeit entsprechen. Niemals. Einen Seufzer unterdrückend starrte er aus dem Fenster. Wenn er sich doch nur hätte erinnern können. Son Goku saß mit Lunara und ihrer Crew im Cockpit des Raumschiffes, welches langsam und mit gemächlicher Geschwindigkeit über den Sand flog. Lange hatten sie gebraucht, bis endlich alle Schäden repariert waren und fast ebenso lange, bis sie ihren Plan zur genüge ausgearbeitet hatten. Er sollte zusammen mit Geta und Fâdena wieder zurück in die Baracken schleichen und mit Hilfe von Getas Kenntnissen auch noch in den Palast. Dort sollten sie dann mit einem Gerät das Fâdena bediente Vegeta ausfindig machen und ein Peilsignal absetzten. Dann würden Lunara und die anderen sie mit dem Schiff raus holen und sie würden sofort in den Orbit verschwinden, wohin ihnen die Gleiter nicht folgen konnten. Das war der Plan, zumindest das, was sie als einzigstes auf die Beine stellen konnten. Wie Fâdena Vegeta finden wollte war Son Goku immer noch ein Rätsel, aber Lunara und Liiren hatten etwa davon erzählt, dass ein Saiyajin ein anderes Blutbild hat und da Vegeta der einzigste weitere Saiyajin auf diesem Planeten war, sollte es einfach werden ihn zu finden. Son Goku jedoch war von Anfang an der Meinung gewesen, dass dies ein Hirnrissiger Plan mit viel zu vielen Unbekannten war um Erfolg zu haben, doch da er keine besseren Vorschläge gehabt hatte, hatte er sich schließlich doch dazu bereit erklärt. Wo hierbei jedoch der treiben Grund Vegeta und nur Vegeta gewesen war. Rott hatte ihm nämlich einige Dinge erzählt, was für ... Vorlieben Ryotaner, wie wohl ihre Gegner hießen, hatten und diese Vorlieben hatten ihm einen eisigen Schauer beschert. Vor allem da Geta gesagt hatte, der Kommandant hätte eine besonderes Interesse an ihm gehabt. Und da Vegeta nun mal genauso aussah wie Geta ... . Nein! Er wollte diesen Gedanken gar nicht weiter verfolgen, wollte nicht dran denken, was Vegeta unter Umständen passiert war. Seine Hand ballte sich zur Faust. Wenn diese Geschöpfte Vegeta etwas angetan hatten, dann ... er brach den Gedanken ab, als er merkte, wie stark er auf seinen Körper Einfluss hatte. Seine gesamten Muskeln hatten eben gebebt. Wichtig war es jetzt nur, Vegeta zu finden. Schnell. „Wir sind da.“ Lunara drehte sich auf ihrem Stuhl um und sah ihn an. „Bist du dir ganz sicher?“ Goku nickte. „Ja.“ Die Salvanin schnaufte. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn Son Goku da geblieben wäre. Doch andererseits war er derjenige, den Vegeta kannte. Wenn jemand anders gekommen wäre, hätte sich der Saiyajin vielleicht geweigert. Und sie war sich auch sicher, dass Vegeta es gemerkt hätte, wenn Fâdena sich in Kakarott verwandelt hätte. Nein, es war besser wen er mitging um ihn zu befreien, vielleicht würde er ja dann auch etwas von seinen Erinnerungen zurück gewinnen, die er so dringen brauchte. Sie atmete tief ein. Dann nickte sie dem Krieger zu. „Gut, mach dich fertig. Fâdena wird gleich dir und Geta sein.“ Damit drehte sie sich wieder um und tippte etwas auf die Konsole. Son Goku erhob sich und ging nach hinten zu dem Jungen, der ihm schon einige verschlissene Kleider reichte. Immerhin mussten sie auf den ersten Blick wie Sklaven der Barackensiedlung wirken. Geta zweifelte zwar daran, dass irgendjemand der Rott kannte darauf hereinfallen würde, doch immerhin konnten sie so vielleicht die wachen täuschen. Das er überhaupt zugestimmt hatte wieder zurück zugehen, war ihm ein Rätsel. Er war endlich frei gewesen, etwas was er sich sein Leben lang erträumt hatte und nun ging er sogar freiwillig ... freiwillig dahin zurück. Und wofür? Für irgendeinen völlig Fremden, den er noch nicht einmal kannte, der ihm einfach nur zum Verwechseln ähnlich sah. Und wenn er die Worte vom Schicksal und Widergeburt richtig verstanden hatte, dann war dieser Fremde sogar der Grund, warum er sein ganzes Leben so hatte leiden müssen. Verdammt! Aber trotzdem war es ihm unmöglich gewesen ‚Nein’ zu sagen, als sie ihn gefragt hatten. Etwas hatte ihn berührt, als er die kurze zeit in die Augen dieses Mannes geblickt hatte. Etwas hatte ihn in diesem Moment in den Grundfesten seiner Seele berührt und etwas ausgegraben, was er bis dahin unaufhörlich gesucht hatte. In den Augen seines Spiegelbildes hatte er es gefunden. Fâdena stieß zu ihnen und wenige Augenblicke später landete das Raumschiff in Sichtweise der Barackensiedlung. Die drei Gestalten huschten ungesehen über den dunklen Sand, in der Hoffnung, dass sie die Schatten der Nacht verbargen und das sie alle und wohlbehalten mit einer Person mehr wieder zurück kommen würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)