But sometimes love hurts von Bara-sama ================================================================================ Kapitel 15: ~15~ ---------------- Die Tage zogen sich wie zäher Kaugummi in die Länge. Meine Freunde und ich hatten uns für den kommenden Freitag mal wieder im “ThreeCrowns“ verabredet, da wir einander vermissten, und Kai hatte rumgemurrt, dass er es unfair fand, dass wir uns seltsamerweise immer dann zum Essen verabreden wollten, wenn er arbeiten musste. Das war natürlich völliger Quatsch. Das taten wir nicht mit Absicht. Also hatten wir ihn kurzerhand als Gruppe dazu gezwungen, seine wohlverdienten Überstunden einzureichen, damit er an dem Tag freinehmen und seine Zeit mit uns verbringen konnte. Gemein, ich weiß, aber wenn jemand einen freien Tag verdiente und auch nötig hatte, dann war das Kai. Reita hatte zurzeit Sommerurlaub, weshalb er die meiste Zeit auch bei mir blieb, da es jetzt noch öfter vorkam, dass ich tagelang alleine zu Hause war, weil meine Mutter jede freie Minute mit Keisuke verbrachte. Irgendwo konnte ich ihre Gefühle und Absichten ja nachvollziehen. Aber gleichzeitig gab es mir das Gefühl, als würde sie mich vernachlässigen. Ja, ich weiß, diese Denkweise von mir war kindisch. Aber ich war ihr einziger Sohn. Ich konnte gar nicht anders, als mich mit solchen Gedanken herumzuschlagen. Ich ignorierte den Fakt, dass wir seit drei Jahren tagein, tagaus aufeinander hockten und alles gemeinsam unternahmen. Natürlich traf es mich da schwer, wenn diese Tätigkeiten plötzlich ausblieben und sie ihre Zeit anderweitig verbrachte. „Bedrückt dich etwas? Du wirkst so abwesend“, war es Reitas sanfte Stimme, die mich ins Hier und Jetzt zurückkatapultierte. Ich lag bäuchlings zwischen seinen Beinen auf dem Sofa im Wohnzimmer, hatte den Kopf auf seine sich ruhig hebende und senkende Brust gebettet und stierte unbewusst vor mich hin, während nebenbei irgendeine belanglose Serie leise im Fernseher lief. Draußen war es schon dunkel. Ich zupfte gedankenversunken an dem silbernen Armband, welches sein Handgelenk zierte, und murmelte munkelnd, „Quatsch, nein. Ich genieße einfach nur..“, was ihn leise lachen ließ. Der Ältere griff mir mit einem Satz unter die Arme und zog mich mit ungeahnter Kraft zu sich hoch, nur um gleich darauf seine Hände besitzergreifend an meine Wangen zu legen und mein Gesicht an seins zu führen. Im nächsten Moment verlor ich mich in seinem atemberaubenden Zungenkuss, ließ mich auf der Stelle fallen und schloss schnurrend die Augen, während seine Zunge mit stetig wachsender und spürbarer Erregung in meine Mundhöhle drang. Der Vorteil der dauernden Abwesenheit meiner Mutter war, dass Reita und ich uns endlich in andere Räume wagen konnten, um dort miteinander Sex zu haben. Immerhin schadete uns ein wenig Abwechslung ja nicht. Und wer wurde denn nicht auch mal gerne erbarmungslos über den Küchentisch gezogen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass jederzeit jemand hereinplatzen könnte? Durch den appetitlichen Gedanken angestachelt rappelte ich mich hoch, ohne die intime Bindung unserer Lippen zu trennen, hockte mich über Reitas Schoß und öffnete mit geübten Fingern seine Hose, was ihn dunkel in den Kuss lachen ließ. „So ungeduldig!“, sprach er und zwickte mir spielerisch in die Seite, was mir ein amüsiertes Fiepen entlockte. Kurz trennte er sich von mir, aber auch nur, weil er mich meines weiten Shirts entledigen wollte. Er pfefferte den Stoffknäuel von sich in Richtung Flur, schlang einen Arm besitzergreifend um meinen nackten Rücken, um mich wieder auf sich zu ziehen, während er mit der anderen Hand von hinten quälend langsam in meine Hose schlich, um mich um den Verstand zu fummeln. Genau diese Art von Ablenkung brauchte ich jetzt. Mit verschnellertem Atem presste ich mich fester auf ihn und ließ meine Hände über seinen Körper fahren, was ihm wundervolle Geräusche entlockte. Seine genießenden Seufzer waren wie Musik in meinen Ohren. Um ihn ein wenig zu ärgern, ließ ich erst eine Hand in sein weiches, blondes Haar wandern, um es um meine Finger zu zwirbeln, während sich die andere beim Küssen frech an seinen Hals schlich, um sich dominierend um diesen zu legen und leicht zuzudrücken. Wie auf Knopfdruck schnappten seine Augen auf und er stierte mich mit vor Lust überschwappenden, schwarzen Iriden an, ehe er unseren Kuss ein weiteres Mal löste und mit gefährlich grollender Stimme fragte, was ich da machte. Seine Pupillen waren vor Erregung so extrem erweitert, dass es tatsächlich so wirkte, als hätte er tiefschwarze Augen. Ich biss mir bei dem Anblick verzückt auf die Unterlippe, die Hand noch immer in einem gelockerten Griff an seinem pulsierenden Hals, ehe ich mir angetan über die Lippen leckte und ohne Worte ein weiteres Mal zudrückte, was ihn diesmal den Hals devot auf die erotischste Art und Weise recken ließ, dass ich beinahe durch den Anblick allein gekommen wäre. Ihm war sicher nicht einmal ansatzweise bewusst, wie unterwürfig er gerade wirkte. Seine Lider drifteten zuckend zu und ich konnte mitverfolgen, wie seine Augen hinter seinen Lidern unruhig hin- und herzitterten. Auch hob und senkte sich seine Brust mit einem Mal hektisch, als würde ihm das Atmen schwerfallen. Mir hatte es für einen Moment die Sprache verschlagen. In diesem Zustand sah ich Reita nur sehr selten, da er in unserer Beziehung schon immer den dominanten Part übernahm. Und von einer Sekunde auf die andere fiel ihm dieser Fakt anscheinend auch wieder ein, denn seine Augen schnappten ein weiteres Mal auf und glänzten mir bedrohlich entgegen. „Ich glaube, wir beide wissen ganz genau, dass meine Hand viel besser um deinen schönen Hals passt, Baby“, flüsterte er mir zu, ehe ein plötzlicher Ruck durch meinen Körper ging, der mich gehörig erschreckt hatte. Ich keuchte überrascht, als ich rücklings auf das Sofa zurückgedrückt wurde, während Reita grinsend zwischen meinen gespreizten Beinen kniete und diese bestimmend mit seinen Händen noch weiter auseinanderschob, um sich näher an mich heran zu drängeln. In einer eleganten Bewegung entledigte er sich seines Tanktops, beugte sich wieder über mich, und ich sah die vielen silbernen Ringe an seinen Fingern im gedimmten Licht aufblitzen, als er die rechte Hand hob, um sie spielerisch zu mustern, ehe er sie mir verheißungsvoll präsentierte. Er wackelte langsam mit den Fingern, ehe er sie nacheinander sanft einrollte und die Hand kurz zur Faust ballte, dass die Venen an seinem Handrücken und seinem Unterarm nur so hervortraten. „Na, was sagst du?“, fragte er gespielt unschuldig und zeigte mir im nächsten Augenblick ein verkommenes Grinsen, als ich genauso unschuldig, „Keine Ahnung, was du meinst!“, antwortete und ihm voller Vorfreude meinen Hals entgegenreckte, dabei den Kopf leicht in den Nacken legte, soweit es mir die Sitzfläche des Sofas ermöglichte. Reita schnalzte abwertend mit der Zunge, machte eine verneinende Bewegung mit seinem Zeigefinger und sah mich fordernd an, als ich ihn aus halbgeöffneten Augen anschmachtete und mir dabei verlangend über die Lippen leckte. „Was bist du nur für ein verwöhntes, kleines Miststück? Du musst lernen, dass nicht jeder auf Knopfdruck nach deiner Pfeife tanzt, Schönheit. Ich habe dich anscheinend zu sehr verzogen“, sprach er so leise, dass ich Schwierigkeiten hatte, ihn zu verstehen. Mir fiel gerade so einiges ziemlich schwer. Es schien in meinen Ohren förmlich zu klingeln vor angestauter Lust. Wenn er nur wüsste, wie scharf er mich gerade mit unserem kleinen Spiel machte. Ich reckte ihm ungeduldig meinen Körper entgegen, doch er zuckte nur mit dem Mundwinkel, grinste gefährlich und drückte mich bestimmend mit einer Hand auf meiner Brust zurück aufs Sofa. Endlich beugte er sich zu mir runter, doch erbarmte er sich nicht dazu, mich zu küssen, selbst als ich ihn gespielt höflich darum bat. „Ich will, dass du mich darum bittest und mich anflehst, wie das kleine, notgeile Miststück, das du bist!“, zischte er mir diesmal hart ins Ohr, verbiss sich sogleich in meinem Ohrring und zerrte mit seinen Zähnen daran, was mich die Luft scharf und geräuschvoll einatmen ließ, da mir der ziepende Schmerz direkt in den Unterleib zu schießen schien. Wenn er unbedingt wollte, dass ich frühzeitig kam und somit den Moment ruinierte, musste er nur so weitermachen. Der Typ machte mich fertig! Ich merkte, wie meine Hose ob seiner herabwürdigenden Worte unerträglich eng geworden war, seit wir unsere kleine Spielerei angefangen hatten. Auch Reita hatte das bemerkt. Nur verwehrte er mir absichtlich die Art von Berührung, die ich mit meinen flehenden Blicken von ihm verlangte. „Ich wiederhole mich nicht gerne, Baby“, waren seine honigsüßen Worte, die durch meine Gehörgänge drangen, mein Hirn vernebelten und mir so viele schöne, sündige Dinge versprachen. In einer unscheinbaren Bewegung versuchte ich ihm meinen Unterleib entgegen zu recken, und er erbarmte sich flüchtig dazu, sich mit Nachdruck dagegen zu bewegen, ehe er sich wieder leicht aufrichtete und mich beinahe gebieterisch anstarrte. Ich schlang daraufhin verlangend meine Beine um seine Hüfte und versuchte, ihn wieder auf mich zu zerren, doch wollte es mir nicht so richtig gelingen. Meinen offenstehenden Lippen entkam ein verzweifeltes Seufzen, was ihn umso breiter und zufriedener grinsen ließ. „Schatz..“, flüsterte ich geschlagen, was ihn die Augenbrauen hochzucken ließ. „Bitte..“, murmelte ich jetzt mit einem leisen Anflug von Scham, was meinen Freund nur noch breiter grinsen ließ. Er wirkte wie eine Hyäne auf Beutefang. Würde ich ihn nicht in- und auswendig kennen, würde ich jetzt sicher Angst vor ihm haben. Seine Augen blitzten mir erregt entgegen, was mir einen Schauer über den Rücken jagte. Ich liebte dieses Spiel, welches wir spielten. Reita gab mir das Gefühl von Sicherheit, wie ich es noch nie bei jemandem gespürt hatte. Bei ihm konnte ich mich sorglos gehen lassen, ohne Angst haben zu müssen, dass ich dafür verurteilt werden könnte. Dafür liebte ich ihn einfach. Auch, wenn er manchmal ein extrem provokatives und gemeines Arschloch sein konnte. Aber was soll’s, ich konnte es immerhin genauso gut. „Ich will-“, fing ich zögernd an und merkte, wie er erregt die Ohren spitzte. Seine Augen verengten sich nur noch mehr, während er sich fahrig über die Lippen leckte und sich zu mir vorbeugte, um gespannt meinen zögernden Worten zu lauschen. „Ich will, dass du deine Hand fest um meinen Hals legst und mich an meinem vorgesehenen Platz festpinnst, während-“ „Während?“, flüsterte Reita gefährlich leise, und eine seiner rauen Hände wanderte an meinem Oberkörper hinab, um in quälend langsamen Bewegungen meine Hose zu öffnen und mir somit ein wenig Erlösung zu verschaffen. Ich verkniff mir daraufhin ein erleichtertes Seufzen. „Während du mich so hart fickst, wie es mein Körper unter dir noch gerade so verkraftet“, beendete ich den Satz nun ebenfalls mit einem verruchten Grinsen und rosa schimmernden Wangen, leckte mir über die Lippen und reckte ihm erneut devot meinen Hals entgegen, als er knurrend aufstöhnte und beinahe geistesgegenwärtig die Zähne so fest zusammenbiss, um sich selbst zu beruhigen, dass seine Kiefermuskeln sichtbar hervortraten. „Bitte, Rei. Ich will deinen harten Schw-“ Er ließ mir keine Zeit, meinen Satz überhaupt zu Ende zu denken. Unsere Lippen stießen beinahe brutal zusammen, dass es schon etwas schmerzte. Seine rechte Hand griff geübt und kontrolliert zugleich nach meinem Hals und drückte an den Seiten fest zu, sodass ich sofort merkte, wie meine Sicht innerhalb von Sekunden verschwamm und ich schlagartig eine wunderbare Leichtigkeit in meinem Kopf verspürte, wie sie mir anders nie gewährt wurde. Entzückt legte ich meine Finger um sein Handgelenk, konnte nicht verhindern, dass meine Augen angetan nach hinten rollten und ich gierig in unseren brutalen Kuss stöhnte, während sich mein Rücken kräftig durchbog und somit seinem festen Körper hungrig entgegenkam. Ich liebte diese Art von Ablenkung so sehr. Der Blonde war mit seinem hart zuckenden Becken gerade dabei gewesen, mir voller Elan vorzuführen, was er gleich alles mit mir anstellen würde, als ich plötzlich das Gefühl hatte, einen Schlüssel zu hören, der sich verheißungsvoll und laut im Türschloss herumdrehte. Kein Zweifel, die Haustür würde gleich aufgehen! Ich riss entsetzt die Augen weit auf, konnte aber nicht klar sehen, geschweige denn überhaupt sprechen, da mir jegliche Luft zum Atmen genommen wurde. Mir traten automatisch Tränen in die Augen, die sogleich an meinen Wangen hinabrannen, weil ich angestrengt die Augen weitete, um etwas erkennen zu können, da alles auf einmal so schwummrig wirkte. Ich schnappte panisch nach Luft, was Reita nicht direkt bemerkte, da er zu sehr damit beschäftigt war, sich wie ein wildes Tier an mir zu reiben und mir dabei heiß ins Ohr zu stöhnen, während er mich beinahe bewusstlos würgte. Prickelnde Gänsehaut überzog meinen gesamten Körper, doch genießen konnte ich diesen wundervollen Zustand leider nicht. Meine Fingernägel krallten sich ungeduldig in sein Handgelenk und ich fing an, daran herumzuzerren, was ihn alarmiert hochrucken ließ. Er löste sofort seinen klammernden Griff und hörte im nächsten Moment, genauso wie ich, dass anscheinend meine Mutter gerade zurückkam. Verdammte Scheiße! Hier war einem wirklich nichts gegönnt! Nun ebenfalls mit einem entsetzten Gesichtsausdruck richtete er sich auf, sah panisch Richtung Flur und griff dann nach meinen Händen, um mich ebenfalls in eine sitzende Position hochzuziehen. „Fuck, Fuck, Fuck!“, zischte er gehetzt und sah sich vergebens nach etwas um, womit wir uns wenigstens ein wenig Sichtschutz verschaffen konnten. Ich kauerte derweil unnütz vor ihm und sah mit offenstehendem Mund entsetzt in Richtung des Geräusches. Es bestand für Außenstehende kein Zweifel, was hier gerade vor sich gegangen war. Wir saßen beide heftig atmend und halbnackt mit weit geöffneten Hosen und schmerzhaft deutlichen Beulen im Schritt auf dem Sofa und warteten auf den unvermeidbaren Einschlag. Und obwohl der Blonde sein Umfeld oft sehr gerne mit Schamlosigkeit provozierte, war diese Situation selbst ihm eine Nummer zu hoch. Reita stand, wie auch mir, die blanke Panik ins vor Erregung errötete Gesicht geschrieben, aber es war inzwischen viel zu spät, noch irgendetwas zu unternehmen. Meine Mutter betrat den dunklen Flur und knipste das Licht an, was ich von hier wunderbar mitverfolgen konnte, machte ein paar Schritte in den Raum und schaute über ihre Schulter hinweg zu Keisuke, der jetzt nach ihr ebenfalls in den Flur trat und dabei laut lachte. Oh, um Himmels Willen! War ich in meinem früheren Leben so ein schlechter Mensch gewesen, dass ich jetzt andauernd so gestraft wurde?! Sie schnatterten laut und amüsiert miteinander und bemerkten uns gar nicht, da sie in ihrer eigenen Welt zu sein schienen. Doch da das Wohnzimmer, genauso wie die Küche, keine Tür, sondern nur einen breiten Türbogen hatte und somit alle Räume offen miteinander verbunden waren, waren wir dem Moment gnadenlos ausgeliefert. Ich konnte entsetzt und beinahe wie in Zeitlupe mitverfolgen, wie meine Mutter einen weiteren Schritt machte, dabei auf mein Shirt trat und beinahe mit ihren High-Heels darauf ausrutschte. Keisuke war es gewesen, der, nachdem er die Tür hinter sich zugezogen hatte, sie reflexartig an der Taille gepackt und stabilisiert hatte und jetzt, genau wie meine Mutter, irritiert zu Boden sah, um den Grund für diese Rutschpartie ausfindig zu machen. Ich verfluchte derweil innerlich Reita, da er derjenige gewesen war, der mich ausgezogen und das Oberteil in Richtung Flur befördert hatte. Boden, tu dich auf! „Was zur-“, sprach meine Mutter verdutzt, kniete sich seitlich hinunter, um mein Shirt zu packen und es mit zwei Fingern vor ihren Augen hochzuhalten, nachdem sie wieder sicher stand. Ich konnte förmlich mitverfolgen, wie sich ihr verwirrter Gesichtsausdruck langsam verwandelte, da sie anscheinend eins und eins zusammenzählte. Ihr komplettes Gesicht entgleiste und sie sah wie in Zeitlupe in unsere Richtung, als sie erkannte, was sie in der Hand hielt. Keisuke folgte ihrem Blick und konnte nicht verhindern, dass seine Augenbrauen überrumpelt in die Höhe schossen, während sein Mund aufklappte. Reita und ich sanken zeitgleich in uns zusammen, doch während mir durch die Rückenlehne noch ein wenig Schutz geboten wurde, war der Blonde den Blicken der beiden völlig ausgeliefert, da er noch immer über mir kniete. „Ach du meine Güte!“, proklamierte meine Mutter entsetzt, ehe sie sich die Hände mitsamt Shirt vor dem Gesicht zusammenschlug und gegen Keisukes Brust zurückstolperte. Der Größere wiederum sah mich plötzlich mit geweiteten Augen an und rief bestürzt, „Kouyou, ist alles in Ordnung?“, ehe er meine Mutter sanft zur Seite schob und tatsächlich einige Schritte auf uns zu wagte. Was zum Teufel meinte er?! Reitas grollendes, „Nicht!“, erschreckte uns alle. Selbst ich war heftig zusammengezuckt. Er hatte einen Arm abwehrend in Keisukes Richtung ausgestreckt, da er verhindern wollte, dass uns der Ältere viel zu nahe kam und somit die intimen Reaktionen unserer beider Körper füreinander sah. Und tatsächlich blieb der Schwarzhaarige ertappt stehen, ehe er die linke Hand peinlich berührt vor Augen hob, mit dieser seinen Blick abschirmte und sich wieder herumdrehte, um bestimmend auf meine schockstarre Mutter zuzueilen und diese still in Richtung Küche zu bugsieren. Im nächsten Moment drehte sich Reita zu mir herum, um mich mit einem besorgten Blick zu mustern. „Es tut mir so leid, Baby. Ich wollte dir nicht wehtun“, nuschelte er kryptisch, während er mir in einer vorsichtigen Bewegung mit dem Daumen erst über die Unterlippe und dann übers Kinn wischte, und just in dem Moment begriff ich, worauf Keisuke vorhin hinausgewollt hatte. Das brennende Ziehen, was durch Reitas Berührung entstand, sprach Bände. Meine Unterlippe war beim Küssen anscheinend aufgeplatzt und blutete, was ich durch meine ekstatische Verzückung gar nicht mitbekommen hatte. Ich konnte mein eigenes Blut schmecken, als ich mir über die Lippen leckte und das Gesicht verzog. Und die feuchten Tränenspuren in meinem Gesicht taten wohl auch ihr Übriges. Ich wollte gar nicht wissen, was ich hier gerade für einen erbärmlichen Anblick bieten musste. Ich sah sicher aus wie ein gerupftes Huhn, das quer durch den Stall gejagt worden war. „Verfickte Scheiße!“, knurrte ich völlig untypisch, was Reita nervös und leise lachen ließ. „Komm, wir schleichen uns vorbei“, murmelte er knapp und schnappte sich meine Hand, um mich auf die Beine zu ziehen. Wir verdeckten beide jeweils unsere bekleideten Körpermitten mit unseren Händen, während wir, mit dem Rücken zur Küche, losliefen und dann erleichtert die Treppen hochpolterten, als wir in Sicherheit waren. Reita folgte mir laut ausatmend in mein Zimmer und schloss die Tür hinter sich vorsorglich ab. Wieso nur wurde ich dauernd in solche Situationen katapultiert, wenn ich sie am meisten zu verhindern versuchte? Was zum Geier hatte ich verbrochen? Und wieso zum Teufel waren die beiden gerade heute zurückgekommen? Erneut hatte ich unfreiwillig für Angriffsfläche gesorgt, hatte mich in meinem verwundbarsten Moment gerade von Keisuke erwischen lassen und der Gedanke machte mich so wütend, dass ich nicht wusste, wohin mit dem exzessiven Gefühl. Also nahm ich den leichtesten und für mich momentan logischsten Ausweg, zerrte den verwirrten Reita aggressiv hinter mir her in Richtung meines Badezimmers und zwang ihn dazu, unser vorhin angefangenes Spiel hier zu beenden, bevor wir uns herrichteten und den beiden endgültig entgegentraten. Es war alles sehr schnell gegangen, da wir beide, aufgewühlt und angestachelt ob der absurden Situation, rasch an unsere Grenzen gekommen waren. Sogar so schnell, dass ich die Tür im Bad überrumpelt eingesaut hatte, weil ich Reitas erbarmungslosen Stößen hilflos ausgeliefert gewesen war. In jeder anderen Situation hätte mir dieser Zustand sicher eine Schamesröte ins Gesicht gezaubert, aber ich war zu aufgebracht gewesen, um überhaupt darüber nachzudenken. Reita hatte mich mit einem bestimmenden Kuss und den Worten, „Dusch dich schnell ab, ich mach das schon“, in Richtung Duschkabine gedrückt und sich dann schnell daran gemacht, das Desaster wegzuwischen. Tief durchatmend und mit schneller klopfendem Herzen betrat ich jetzt nach Reita die Küche, der nur eine knappe Begrüßung in den spärlich beleuchteten Raum warf und direkt in Richtung Küchentheke schritt, um sich mit vor der Brust verschränkten Armen dagegen zu lehnen und anklagend in die Runde zu schauen. Ich eilte auf ihn zu, stellte mich neben ihn und räusperte mich leicht, ehe ich trocken, „Hi“, sagte und den beschämten Blick meiner Mutter leicht verärgert erwiderte. Keisuke lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen am Küchentisch, direkt neben meiner Mutter, die auf einem der Stühle saß und verloren den Henkel ihrer bauchigen Tasse befummelte. Wir hatten ihr leises Getuschel unterbrochen. Es wusste niemand so recht, wie er die peinliche Stille verscheuchen sollte. Der unangenehme Moment von vorhin schien wie dichter Nebel im Raum umher zu wabern und zwischen uns zu stehen. Ich nutzte die Stille und besah mir die beiden knapp. Anscheinend waren sie schick essen gewesen, denn sie sahen alle beide hinreißend aus. Sie hatten ihre Outfits höchstwahrscheinlich farblich zueinander abgestimmt. Während meine Mutter, die ihr langes, schwarzes Haar in sanften Wellen elegant auf einer Seite trug, ein trägerloses, schwarzes Kleid anhatte, welches ihre schöne Figur wunderbar in Szene setzte, und funkelnden Schmuck an den Ohren, dem Hals und ihrem Finger trug, war Keisuke ebenfalls komplett in Schwarz eingekleidet. Die Anzugjacke hatte er aufgeknöpft und auch die schwarze, schmale Krawatte um seinen Hals war gelockert. Seine Anzughose spannte sich so extrem um seine breiten Oberschenkel, dass es beinahe so wirkte, als würden die Nähte gleich reißen. Ich wendete mich hektisch von dem Anblick seiner langen Beine ab und räusperte mich, ehe ich den Mut fasste und, „Was treibt euch hierher, Ma? Ich dachte, du wolltest für ein paar Tage wegbleiben?“, fragte, was dafür sorgte, dass beide überrascht auf- und zu mir herübersahen. Und dann brach ein kleines Chaos aus. „Es.. Es tut mir leid, Schatz. Wenn ich gewusst hätte, dass-“ „Nami hat ihre Unterlagen für die Planung unserer nächsten Kampagne im Arbeitszimmer liegen lassen. Und weil wir in der Nähe waren, haben wir uns gedacht, dass-“ „Wir wollten nur schnell vorbeikommen, und ich war davon ausgegangen, dass du schon schläfst, weil du heute so früh auf Arbeit warst. Wir haben auch nichts gesehen, wirklich! So schlimm ist das also gar nicht!“ Überfordert hatte ich von links nach rechts gesehen, weil sie beide sich immer wieder gegenseitig unterbrochen hatten. Reita machte ob dieser Situation ein abfälliges Geräusch, worauf alle Augen im Raum diesmal verwirrt auf ihn gerichtet waren. „Und genau diese Momente sind der Grund, wieso ich dafür bin, dass wir uns endlich schnellstens eine gemein-“ Ich rammte Reita meinen Ellenbogen vor Panik so hart in die Seite, dass er vor Schmerz aufjaulte und mich dann entrüstet anstierte, aber brav den Mund hielt. Dass unser Verhalten höchst suspekt auf die anderen beiden wirken musste, war mir in diesem Augenblick völlig egal. Ich hatte meiner Mutter gegenüber nicht mit einer Silbe erwähnt, dass ich mit Reita zusammenziehen wollte. Und das hier war auch definitiv nicht der richtige Augenblick, um dieses Thema aufzugreifen. Ich erwiderte seinen Blick nur mit verzogenen Lippen und murrte im selben Augenblick selber auf, da ich mir durch die Aktion einen Schmerz durch die Unterlippe gejagt hatte. Während Reita und ich uns gegenseitig mit bösen Blicken traktierten, sprach meine Mutter erneut. „Schon verstanden. Ich bin ja gleich wieder weg. Ich wollte euch euren gemeinsamen Abend sicher nicht ruinieren..“ Ihre Stimme klang mit einem Mal so todtraurig, dass ich Reita einen weiteren vernichtenden Blick zusandte und dann auf sie zugehen wollte, doch sie hielt mich mit einer schwach gehobenen Hand davon ab, ihr näher zu kommen, erhob sich und ging geknickt aus der Küche. Das laute Klackern ihrer Schuhe hallte durch den gesamten Raum. Sie hatte sich in der Hektik nicht einmal die Schuhe ausgezogen. Sowas kam bei meiner Mutter sonst nie vor. Eher würde sie mich mit dem Wischmopp durch das gesamte Haus jagen, als mir so etwas zu erlauben. Keisuke sah ihr nachdenklich hinterher, ehe er grübelnd sein Kinn in seiner linken Hand abstützte und mich und Reita plötzlich anschuldigend fixierte. „Tat das Not?“, fragte der Schwarzhaarige jetzt ruhig, der sich damit direkt an Reita gewendet hatte, und ich machte mich schon auf eine Explosion der Extraklasse auf meiner rechten Seite gefasst, doch mein Freund murrte nur sauer und sah grimmig zu Boden, als würde er wirklich darüber nachdenken. „Hört zu, Jungs. Das war wirklich keine Absicht. Wir verschwinden auch gleich wieder. Wir haben uns nur schnell aus der Promo-Party weggeschlichen, weil die Unterlagen sehr wichtig für die morgige Konferenz sind. Wenn wir gewusst hätten, dass ihr beschäftigt seid, hätten wir vorher angerufen, um uns vorsichtshalber anzukündigen!“ Keisukes Stimme war ruhig, seine Körpersprache beinahe überlegen, als er Reita und mir die Situation erklärte. Doch mir gefiel die Art nicht, wie er bestimmte Worte in seinem Satz betonte. Als würde er uns Vorwürfe machen, dass Reita und ich uns nahe gekommen waren. Der Größere sah diesmal zu mir, sein Blick zuckte kurz hinunter zu meiner versorgten Unterlippe, und ich hatte das Gefühl, als würden sich seine Gesichtsmuskeln für einen kurzen Moment zusammenziehen, als hätte ihn der Anblick verärgert. Nicht aus der Ruhe bringen lassen, Uruha. Zufall, mehr nicht. „Vergessen wir das Ganze einfach, ja?“, sprach der Ältere jetzt und richtete seine Anzugjacke, fuhr sich durchs gestylte Haar und wir horchten alle auf, als meine Mutter die Treppen wieder hinunterkam. „Kommst du, Liebling? Wir sind schon zu lange weg. Ich will nicht, dass Satō-buchou merkt, dass wir beide zur gleichen Zeit fehlen“, richtete sich meine Mutter direkt an ihren Partner, hielt ihre Aktentasche fest in der einen Hand, während sie die andere bittend in Richtung Keisuke ausstreckte, der auch sofort auf sie zuging, um diese zu ergreifen und ihr einen Kuss auf den Handrücken zu verpassen. Schleimer. Sie würdigte Reita und mich keines Blickes. Die Gesamtsituation hatte sie anscheinend ziemlich verletzt, da sie mich sonst niemals so strafend ignorieren würde. Das hatte ich doch gar nicht gewollt. Ja, es machte mich wütend, wenn meine Mutter uns jedes Mal auf diese Art und Weise in unseren intimsten Momenten erwischte, aber so war sie nun mal. Und immerhin machte sie es ja nicht mit Absicht. Der Schwarzhaarige lachte nur, ehe er, „Was soll schon passieren? Ich habe immerhin mehr zu sagen als er. Mach dir keine Sorgen“, sprach und meiner Mutter zur Beruhigung einen knappen Kuss auf die Schläfe presste. Dann drehte er sich noch einmal zu uns herum und richtete seine nächste, unerwartete Frage direkt an mich. „Ist es ok, wenn ich mir von Nami deine Handynummer geben lasse?“ Ich sah nur verwirrt drein, nickte dann aber knapp und ging gemeinsam mit Reita in den Flur, um mit ihm die beiden Älteren an der Haustür zu verabschieden. Wahrscheinlich wollte er meine Handynummer nur, damit er nicht andauernd über meine Mutter mit mir kommunizieren musste. Wir wollten uns ja immerhin noch zusammensetzen und reden. Oh, ich konnte es schon kaum abwarten. Sarkasmus Ende. Dass Reitas Blick sich wegen der Frage des Älteren verfinstert hatte, hatte ich nicht mitbekommen. Bevor meine Mutter das Haus verlassen konnte, griff ich entschlossen nach ihrem Arm, zerrte sie somit grob von Keisuke weg und zog sie kommentarlos in meine Arme, wodurch sich ihre gesamte Körpersprache direkt wandelte. Sie ließ die Aktentasche sorglos neben sich auf den Boden fallen und schlang erleichtert ausatmend beide Arme fest um meinen Rücken, ehe sie sich erneut leise bei mir entschuldigte. „Ich liebe dich, Ma. So sehr“, hauchte ich ihr nur reuleidig ins Ohr, ehe ich ihr einen Kuss auf die Wange presste, und fügte noch, „Ich wollte dich nicht verletzen. Du musst aber auch zugeben, dass du ein Talent dafür hast, uns andauernd in solchen Momenten zu erwischen!“, hinzu, was ihr ein beschämtes Grummeln entlockte. Keisuke lächelte nur lobend ob unseres Anblicks, zeigte mir seine tiefen Grübchen und deutete nur ein knappes Nicken an, welches ich höflich erwiderte. Dann drehte er sich zu Reita, nickte auch diesem mit einem knappen, „Akira“, zu und verabschiedete sich kurz angebunden von uns, ehe er die Aktentasche meiner Mutter schnappte und auch schon losmarschierte, um schon mal den Motor seines Mercedes zu starten. „Also dann, ihr beiden“, sprach meine Mutter liebevoll, als sie mich losließ und uns beide noch mal anlächelte. „Tut mir leid, Nami. Das war nicht so gemeint. War blöd von mir. Sei mir bitte nicht böse, ja?“, murmelte mein Freund nur beschämt und ließ sich bereitwillig einen Kuss von meiner Mutter auf die Wange drücken, wodurch sie einen roten Abdruck ihres Lippenstiftes auf der Wange des Blonden hinterließ. Sie verzieh ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, hob die Hand zum Abschied und sagte noch schelmisch, „Und seid ja nicht zu grob zueinander. Sonst kriege ich irgendwann noch einen Herzinfarkt wegen euch!“, ehe sie leise kichernd auf dem Absatz kehrt machte und elegant auf Keisukes Wagen zuschritt. Ich hatte mir ob ihres Kommentars nur geräuschvoll und peinlich berührt die Hand vor die Stirn geschlagen, ehe ich mit Reita zurück ins Haus gegangen war. Na, immerhin hatten wir jetzt endlich unsere Ruhe! Doch wenn ich dachte, dass wir unseren gemeinsamen Abend nun endlich ungestört dort weiterführen würden, wo wir unterbrochen wurden, hatte ich die Rechnung definitiv ohne Reita gemacht. Ehe ich überhaupt zurück ins Wohnzimmer gehen konnte, fragte er hinter mir leise, „Was sollte das eben?“, was mich aufhorchen ließ, und ich drehte mich mit einem Fragezeichen im Gesicht zu ihm herum. „Was sollte was?“, fragte ich verwirrt und zog die Brauen irritiert zusammen, als er mit beiden Armen eine ausschweifende Bewegung vollzog und, „Das alles!“, knurrte. Da ihm mein noch immer verwirrter Blick anscheinend auffiel, fuhr er fort. „Die Sache in der Küche, die Frage nach deiner Handynummer? Wieso weiß deine Mutter immer noch nichts von der Sache mit dem Umzug? Willst du überhaupt noch mit mir zusammenziehen?“ „Oh bitte, Schatz-“, redete ich dazwischen, machte ihn aber aus irgendeinem Grund damit noch wütender, denn er unterbrach mich direkt. „Hör auf, andauernd so ausweichend zu reagieren, wenn ich dich etwas frage. Was soll der Scheiß? Wieso redest du nicht mit Nami?“, rief er jetzt, dass ich glaubte, ich sei erneut im falschen Film gelandet. „Wieso wirst du jetzt so laut?! Ich habe dir doch gesagt, dass ich es einfach noch nicht übers Herz bringe. Du weißt, wie sie ist. Natürlich möchte ich mit dir zusammenleben, was ist das für eine dämliche Frage?! Und wie oft muss ich noch sagen, dass ich mir erst Gewissheit verschaffen muss, dass sie bei Keisuke sicher ist, bevor ich überhaupt an einen Umzug denken kann?“ „Keisuke hier, Keisuke da! Mir kommt’s zu den Ohren raus! Ich kann den Namen dieses Flachwichsers langsam echt nicht mehr hören, Mann! Willst du vielleicht zur Abwechslung mal an dich und mich denken und nicht an andere?“, keifte er jetzt und stieß dabei die geballte Faust heftig in die Luft, was mich leicht an meinem Platz zurückzucken ließ. Das waren also seine wahren Gefühle? So sah er das Ganze also? Ich hatte von ihm etwas mehr Verständnis erwartet. Wie vor den Kopf gestoßen sah ich ihn entsetzt an und schüttelte wortlos den Kopf, was ihn schier wahnsinnig werden ließ. Was war nur los mit ihm? Wieso wütete er hier jetzt so herum? Völlig überfordert machte ich einen Schritt zurück und verteufelte mich flugs selbst dafür, als sich seine Augen verletzt und ungläubig weiteten, wie vor einigen Wochen in Toshiyas Küche. „Du machst es schon wieder..“, flüsterte er plötzlich und seine Stimme klang so gekränkt, dass es mir ruckartig die Brust zuschnürte. „Rei, es-“, fing ich an und machte einen Schritt auf ihn zu, doch der Ältere hob abwehrend die flache Hand, griff sich mit dieser dann an den Kopf und raufte sich verzweifelt das Haar. Wieso war ich nur so dumm? „Bitte, komm her zu mir. Lass uns erst mal Platz nehmen, ja?“, redete ich jetzt ruhig auf ihn ein und ging beschwichtigend auf ihn zu und er ließ mich tatsächlich nach seiner Hand schnappen und tapste mit hängenden Schultern hinter mir her ins Wohnzimmer, um sich neben mir wie ein nasser Sandsack aufs Sofa fallen zu lassen und in sich zusammenzusinken. Es herrschte Stille zwischen uns, die nur vom leisen Fernseher unterbrochen wurde, der noch immer im Hintergrund lief. „Wozu braucht der Typ deine Handynummer?“ Die Frage warf mich so aus der Bahn, dass Reita bei meinem ertappten Gesichtsausdruck abfällig schnaubte und kurz davor war, erneut an die Decke zu gehen. Dass ich mir auch immer alles anmerken lassen musste! Was sollte ich jetzt machen? Toshiya hatte mir zurecht einflößen wollen, dass ich zukünftig meine Probleme mit Reita teilen sollte, doch ich hatte es wieder nicht getan, hatte ihn somit erneut enttäuscht und er wusste nicht einmal etwas davon. Und das Resultat aus meinem wiederholten Fehler war die Situation, in der wir momentan steckten. Wie würde er reagieren, wenn ich ihm jetzt erst von der Sitzung in der Praxis mit Keisuke erzählen würde? Er hätte unumstößlich das Recht dazu, auszuflippen. Sollte ich es vielleicht doch für mich behalten, um Frieden zwischen uns einkehren zu lassen? Ich wollte nicht, dass wir unsere Freizeit damit verbrachten, uns wegen diesem Snob zu streiten. Aber wenn ich jetzt log, hätte das bestimmt noch schlimmere Folgen. Mal abgesehen von der Tatsache, dass ich ewig ein schlechtes Gewissen haben würde, wenn ich Reita ins Gesicht blickte. Ich atmete ruhig ein und aus, um mich selber ein wenig zu entspannen, sah meinem Freund dann entschlossen in die Augen und griff, als wäre es eine beiläufige Geste gewesen, nach seiner linken Hand, um unsere Finger spielerisch ineinander zu verweben. Ich schluckte trocken und meldete mich dann zu Wort. „Ich gehe mal davon aus, dass er nicht mehr über Umwege mit mir kommunizieren will. Ist ja auch irgendwo verständlich, wenn er mal mit dem Sohn seiner Partnerin quatschen will, oder?“ Es sollte beiläufig und unbeschwert klingen, doch anhand Reitas stechender Augen sah ich, dass ich kläglich in meinem Versuch versagt hatte. „Wieso tust du das, Kouyou?“ Meinen bürgerlichen Namen in diesem Moment aus seinem Munde zu hören, zerrte mir den Boden unter den Füßen weg. Ich fiel aus allen Wolken. So hatte er mich noch nie angesprochen! Nicht ein einziges Mal in den drei Jahren, in denen wir nun schon zusammenwaren. Er nannte mich nur bei meinem richtigen Namen, wenn es formelle Umstände so verlangten. Und selbst die waren recht selten. Ich stierte ihn entsetzt an, doch er ließ sich dadurch nicht beirren, riss seine Hand beinahe hasserfüllt aus meinem Griff und drehte sich mit dem gesamten Oberkörper zu mir, um meinen Blick verärgert zu erwidern. Stimmt ja, Lügen war nicht meine Stärke und ich war auch sonst ein offenes Buch, was man nach Herzenslust aufschlagen und lesen konnte. Verdammt! „Nenn mich bitte nicht so..“, wisperte ich gekränkt, und mein Kopf schoss perplex hoch, als er mich diesmal ohne Vorwarnung ruckartig am Kragen meines Shirts packte und mich ganz nahe und grob an sein Gesicht zerrte. „Ich flippe hier gleich aus! Hör auf, meinen Fragen so offensichtlich aus dem Weg zu gehen, verdammt nochmal! Wieso lügst du mich an?!“, keifte er jetzt so laut, dass ich entsetzt, ob der Situation und der Surrealität wegen, die Augen fest zukniff und mich in seine geballte Hand krallte, die mich immer noch mit eisernem Griff am Kleidungsstück festhielt, um selber daran zu zerren und somit blutige Kratzspuren auf seinem Handrücken zu hinterlassen. „Spinnst du oder was?! Du schnürst mir die Luft ab! Lass mich los! Ich bin dein Freund und nicht dein Feind, du Idiot!“ Es schien, als hätte jemand daraufhin einen Schalter in Reita umgelegt. Ich konnte den Umschwung förmlich mitverfolgen. Der wilde Ausdruck in seinen Augen erlosch instantan. Plötzlich sah er mich entsetzt an, als wäre nicht er, sondern ich handgreiflich geworden. Wie vom Blitz getroffen ließ er von meinem Oberteil ab und rutschte verschreckt auf seinem Platz zurück, um Abstand zwischen uns beide zu bringen und mich wie ein verschrecktes Reh anzublinzeln. Was war denn nur los mit ihm? Ich verstand die Welt nicht mehr. „Oh Gott.. Ich-“ „Reita.. Ich weiß nicht, was los ist, aber du hast anscheinend auch irgendetwas, was dich beschäftigt. Wie kannst du mir vorwerfen, dass ich dich anlüge, wenn du doch offensichtlicherweise auch irgendetwas vor mir verbirgst?“, war es meine beleidigte Frage, die ihn aus seiner Trance schnappen ließ. Ich war noch dabei gewesen, mir schnaubend den Kragen zu richten, als mich ein schwerer Körper auf das Sofa zurückdrückte. Ich hatte laut aufgeschrien vor Schreck und lag jetzt verdutzt auf dem Rücken, während Reita über mir lag, das Gesicht in meiner Halsbeuge versteckt und stetig am gesamten Körper zitternd. Ich würde lügen, wenn ich jetzt sagen würde, dass ich nicht verwirrt und überfordert war. Meine Sorgen stiegen ins Unermessliche, als ich plötzlich spürte, wie er verkrampft seine Schluchzer zu unterdrücken versuchte, während sich seine heißen Tränen in meiner Halsbeuge sammelten. Alarmiert schlang ich meine Arme fest um ihn, um seinen Körper fest an meinen zu drücken. Dass der Abend so laufen würde, hätte ich mir im Traum nicht ausgemalt. Das hatte ich mir alles ganz anders vorgestellt. Reita hatte noch nie in meinem Beisein geweint. Das war das erste Mal, dass er vor mir seinen Tränen freien Lauf ließ. Ich hatte mir darüber nie Gedanken gemacht, hatte es so hingenommen, dass ich in unserer Beziehung die Heulsuse und er die tröstende Schulter war. Es kostete mich enorm viel Kraft, nicht in sein Schluchzen miteinzustimmen. Ihn so zu hören, brach mir förmlich das Herz. Beruhigend machte ich immer wieder, „Shh!“, während ich seinen Rücken sanft streichelte und dabei den Fakt ignorierte, dass er mir mit seiner festen Umarmung die Atmung förmlich abschnürte. „I-ich komme m-mit dem ganzen S-scheiß ni-nicht mehr klar!“, weinte er leise und ich hätte es beinahe überhört. „Schatz, bitte, hör auf. Alles ist gut, es gibt keinen Grund, traurig zu sein. Ich liebe dich und ich bin dir nicht böse, ok?“, murmelte ich gespielt ruhig auf ihn ein, merkte, wie meine eigene Stimme zu zittern angefangen hatte. Nahe am Wasser gebaut und so. „Seit der Typ aufgetaucht ist, ha-habe ich dauernd Angst um dich. Irgendwas ist mit dem, a-aber ich weiß nicht, w-was!“, hickste er jetzt und klang extrem nervös, was mich verwundert aufhorchen ließ. Was meinte er bitte damit? Dass Reita so über Keisuke dachte, hätte ich nicht mal im Traum erahnt. Ich hatte immer gedacht, dass es nur eine allgemeine, oberflächliche Abneigung gewesen war. Der Ältere hickste, richtete sich auf und sah mich aus verschwommenen Augen an, was mir augenblicks selber Tränen in die Augen trieb. Er sah so verdammt verletzt und aufgelöst aus, so wollte ich ihn nie wieder sehen müssen! Allein der Anblick schmerzte. Ich legte meine Hände an seine Wangen und streichelte darüber, um seine Tränen wegzuwischen, und der Ältere schmiegte sich zahm in meine Berührung, griff nach meiner Hand und führte sie an seine zitternden Lippen, um meine Handfläche in einer solch zärtlichen Geste zu küssen, dass ich die Lippen zusammenpressen musste, um nicht loszuflennen. Natürlich schmerzte dabei die kleine Platzwunde, doch ich ignorierte das Stechen in meinem Gesicht gekonnt. Wir hatten uns in mein Zimmer zurückgezogen. Die Tür war provisorisch abgeschlossen, obwohl wir alleine zuhause waren. Nur die Nachttischlampe erhellte den großen Raum, ließ alles um uns herum schemenhaft wirken. Das Fenster war weit geöffnet, damit die klare Nachtluft ins Zimmer dringen konnte. Ich konnte von hier aus den dunklen, sternenlosen Himmel sehen. Reita und ich lagen nebeneinander in meinem Bett, unsere nackten Körper einzig von einem dünnen Laken bedeckt. Ich lag halb auf ihm, hatte ein Bein über ihn geschlungen, mich an seine Seite gepresst und hielt besitzergreifend seine Hand in meiner, während der Blonde in die Stille hineinerzählte, während er dabei einen Arm fest um mich geschlungen hielt. Reita hatte mir verschwiegen, wie sehr ihn die Sache in der Diskothek wirklich mitgenommen hatte, weil er mir keine Sorgen hatte bereiten wollen. Dadurch hatte er sich selbst aber so sehr unter Druck gesetzt, dass es in letzter Zeit immer öfter zu Ausrastern seinerseits gekommen war, und ich hatte nie wirklich hinterfragt, wieso. Es war mir nicht einmal aufgefallen, wofür ich mich schämte. Dabei sollte ich meinen Freund doch am besten kennen. Er hatte mir anvertraut, dass er tagelang gegrübelt hatte, dass, egal wie er es gedreht und gewendet hatte, die Ursache für ihn immer wieder zu Keisuke zurückgeführt hatte. Er hatte sich sogar Rat bei seinen Arbeitskollegen geholt, weil er sich nicht getraut hatte, sich mit unseren Freunden darüber zu unterhalten und diese womöglich unangebracht zu alarmieren, hatte er mir anvertraut. Seine Worte hatten mich überrascht. Zugegeben, ich hatte aufgehört, mich noch weiter mit diesem Thema zu befassen, da ich genug davon gehabt hatte. Aber seine Ansicht zu erfahren, ließ auch mich erneut zweifeln. Dabei wollte ich das doch gar nicht mehr! Ich wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden und mein Leben genießen, verdammt! „Ich dachte, der Sport würde mir dabei helfen, dass ich meine innere Aggression besser abbauen kann, aber ich habe mich wohl geirrt“, sprach der Blonde gedankenversunken, während er meinen nackten Rücken sanft mit seinen Fingerspitzen streichelte. Ich horchte auf. Im Liegen sah ich in sein Gesicht, konnte sehen, wie er mürrisch die Lippen schürzte und dann seufzte. „Wenn ihr beide euch noch einmal aussprecht, sorge bitte dafür, dass es an einem öffentlichen Platz passiert. Ein Café oder ein Park. Hauptsache es sind genug Leute drumherum. Mir bekommt der Gedanke nicht, dich mit dieser Pfeife alleine zu lassen!“, redete Reita jetzt bestimmend und sah aus dem Augenwinkel zu mir. Ich lächelte ihm nur beruhigend zu. Ich hatte ihm von den Behandlungen erzählt, die Keisuke jetzt regelmäßig bei mir haben würde. Auch hatte ich ihm von dem Vorfall im Behandlungszimmer erzählt, und wie ihr euch denken konntet, war er nicht sehr erfreut gewesen. „Wird schon schief gehen, keine Sorge. Versprich mir einfach nur, dass du in Zukunft deine Gedanken mit mir teilst, statt sie in dich hineinzufressen. Lass mich dir helfen und dir beistehen“, waren meine heuchlerischen Worte, die Reita genau die Reaktion entlockten, wie ich es schon beinahe geahnt hatte. Er hob eine fein geschwungene Augenbraue und grinste skeptisch, ehe er im sarkastischen Ton, „Dein Ernst? Und das aus deinem Munde? Wenn du mir noch einmal so etwas verschweigst, egal ob es sich jetzt um diesen Schwanzlurch handelt oder um Hotaru, die dir wieder an den Arsch will, dann ziehe ich dir deine Ohren lang! Hast du verstanden?“, schnarrte und dann gemeinsam mit mir in ausgelassenes Gelächter ausbrach. So gefiel mir das schon eher! Der Abend war sehr kräftezehrend für uns gewesen. Wir hatten uns noch nie so gestritten, geschweige denn, war er mir gegenüber jemals handgreiflich geworden. Reita und ich hatten uns noch ein wenig über die Geschehnisse unterhalten, über die Zukunft spekuliert und auch das Thema Umzug kurz angeschnitten. Er hatte sich mit einem atemberaubenden Kuss bei mir entschuldigt, weil er sich im Flur so verhalten hatte. Ich nahm es ihm aber nicht übel, wusste ich ja jetzt immerhin, was der Auslöser gewesen war. Doch so sehr mich die Sache schmerzte, es musste einfach noch warten. Der Umzug würde ein großer Schritt für uns werden, der vorher anständig durchdacht und geplant werden musste. Und dafür hatte ich zurzeit einfach nicht den Kopf. Wenn Reitas Befürchtungen auch nur ansatzweise stimmten, hatten wir alle nämlich ein viel größeres Problem, als eigentlich angenommen. Konnte es wirklich sein, dass Keisuke mich unter Drogen gesetzt hatte? Und wenn ja, wieso? Was hatte er damit bezwecken wollen? Reita hatte zähneknirschend zugehört, hatte immer wieder entrüstet, „Siehst du?!“, gerufen, als ich von Keisukes anzüglichem Verhalten mir gegenüber und seinen Kommentaren geredet hatte. War doch irgendetwas dran? Das Donnerwetter, was auf uns niederkrachen würde, sollte es wirklich in diese Richtung gehen, würde definitiv verheerend werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)