Du warst alles für mich von Pragoma ================================================================================ Kapitel 7: Gemeinsam einsam --------------------------- Evan hatte mich einfach stehengelassen und ich war so geschockt, dass es mir nicht gelang ihm zu folgen und mich zu erklären. Da hatte ich richtig Mist gebaut und mein Feingefühl im Urlaub gelassen. Schöne Scheiße. Das hatte ich verbockt und so gravierend, bevor es richtig angefangen hatte. Evan würde mich hassen und ich trug ganz alleine die Schuld daran. Ich, der sich wie ein Elefant im Porzellanladen aufgeführt hatte. Zum Kotzen, ich war so ein verdammter Idiot. Tage vergingen, dann Wochen und keine Nachricht von Evan. Anrufe wurden abgelehnt, auf Besuche hatte er nicht reagiert und an der Arbeit war er seither krankgemeldet. Er ging mir bewusst aus dem Weg und ich war daran schuld, hatte ihn vor den Kopf gestoßen und einen Fehler begangen, den ich wohl nie wieder gutmachen konnte. Immer wieder sah ich zu Evans leeren Arbeitsplatz, kaute nachdenklich auf meinem Bleistift und merkte gar nicht, dass Sebastian hinter mir stand. „Dich hat es ganz schön erwischt, kleiner Bruder." „Kann sein, aber ich bin ein Idiot, der ganz offensichtlich verkackt hat." Sebastian nickte darauf hin. „Irgendwann muss er ja wieder hier antanzen. Ewig krank machen kann er nicht." Er zwinkerte mir aufmunternd zu, ehe er zurück zu seinem Arbeitsplatz schritt. Seufzend konzentrierte ich mich auf die Verträge, sah mir einige genauer an und stutzte. „Ist der überhaupt noch da?", fragte ich mich selber, blickte auf das Bild und runzelte nachdenklich die Stirn, ehe ich aufstand, auf drucken klickte und mit dem Vertrag zu meinem Chef ging. „Hast du kurz Zeit, Luke?" Mein Chef sah auf, winkte mich in sein Büro und streckte bereits die Hand nach den Papieren in meiner Hand aus. „Setz dich doch bitte, Darius." Schweigend setzte ich mich ihm gegenüber, blickte starr vor mich hin und brauchte einen Moment, um mich zu sammeln. Luke schien das zu merken, er sah mich eingehend an, legte den Vertrag beiseite und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Evan?" Stumm nickte ich, schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und spannte mich derart an, dass man meinen könnte, ich würde komplett verkrampfen. Luke seufzte und schüttelte den Kopf. „Nimm dir ein paar Tage frei. So kann ich dich derzeit nicht gebrauchen und schon gar nicht einsetzen." „Unternimm etwas mit Freunden, lenk dich ab und der Rest ..." Luke lächelte zuversichtlich hinter seinem Schreibtisch. „... Der Rest wird schon wieder." Es sagte sich so leicht, aber vielleicht hatte Luke einfach recht, die bessere Menschenkenntnis und sah nicht alles so verbissenen eng, wie ich das tat. Ein paar ruhige und entspannte Tage taten mir vermutlich wirklich gut, aber alleine? Sebastian musste sicher arbeiten und ebenso James, der seit einigen Wochen stets privat an seiner Seite und zu beneiden war. Mein bester Freund hatte bestimmt Zeit und auch, wenn er mich anfangs erschlagen würde für den Bockmist mit Evan, er hatte immer ein offenes Ohr und einen guten Kaffee für mich. „Danke, Luke", murmelte ich, erhob mich von meinem Platz und verließ das Büro meines Chefs, ehe er es sich noch anders überlegen konnte und mich doch noch zum Arbeiten verdonnerte. Ohne auf meine Kollegen zu achten, nahm ich meine Tasche, meine Jacke und machte mich auf zum Fahrstuhl, drückte die taste und wartete, dass er hoch in den siebten Stock fuhr. Natürlich dauerte es und ich trippelte ungeduldig mit dem Fuß, überlegte, ob ich die Treppe nehmen sollte und doch blieb ich stehen, trat in die kleine Kabine und fuhr ohne Unterbrechung runter in die Tiefgarage, in welche ich mein Auto geparkt hatte. Mit einem Pling öffneten sich die Türen, ich stieg aus und sah mich bereits nach meinem roten Sportwagen um, den ich unweit abgestellt hatte. Kurz bevor ich mein Auto erreichte, klingelte mein Handy, vibrierte penetrant in meiner Hosentasche und hörte erst auf, als ich genervt abnahm. „Ja?", brummte ich unwirsch in den Hörer und hatte nicht darauf geachtet, dass Timo am anderen Ende der Leitung war. „Lass deine verdammte Laune nicht an mir aus, Alter." „Tut mir leid, Digga", entschuldigte ich mich rasch, schloss mein Auto auf und setze mich bereits hinter das Lenkrad, nur um den Kopf darauf fallen zu lassen und laut aufzuseufzen. „Immer noch wegen Evan?" „Ja, immer noch wegen Evan", nuschelte ich mehr vor mich hin, als das ich wirklich laut und deutlich sprach. Timo sagte darauf nichts, aber ich wusste, dass er am anderen Ende nickte, mit den Augen rollte und vermutlich irgendwas in die Tonne trat, nur um nicht laut fluchen zu müssen. „Willst du vorbeikommen? Hab eh grade nichts vor und reden soll bekanntlich ja helfen", schlug er dann aber doch vor. „Klar, warum nicht", erwiderte ich. „Bin in ner halben Stunde bei dir." Klang ganz gut. Zwei, drei Bier und dazu mit meinem besten Kumpel abhängen und einfach reden. Sichtlich besser gelaunt startete ich den Motor, fuhr aus der Tiefgarage heraus und direkt zu Timos Wohnung, die ohnehin auf meinem Heimweg lag und somit für mich keinen Umweg darstellte. Seit der Sache mit Evan hatte ich ihn ziemlich hängen lassen, dabei hatte sich Timo erst vor kurzem von Christian getrennt und so gesehen waren wir nun beide Single und hatten unser Päckchen zu tragen. So ein Männernachmittag war da genau richtig und vielleicht konnte ich ihn dazu bewegen, am Wochenende ins E-Werk zu gehen. Ich selber war länger auch schon nicht mehr da, jedoch liefen dort neben dem Goja immer die besten Partys und es gab verdammt gute Cocktails. Wein war zwar auch okay, aber eher daheim und gemütlich auf dem Sofa. Wehleidig dachte ich dabei an Evan, daran, dass ihm das bestimmt gefallen hätte und er es genauso lieben würde, vor dem Kamin zu kuscheln und dabei ein gutes Glas Rotwein zu trinken. Ich sollte ihn aus meinem Kopf verbannen, vergessen und nach vorn blicken und doch war ich jemand, der das nicht so einfach konnte. Seufzend bog ich an der großen Kreuzung ab, passierte den Ohmplatz und schließlich die Jaminstraße, in der ich parkte und aus dem Wagen stieg. Mitten in der Stadt und doch war es ruhig und vor allem grün, dicht am Wald und nicht zu eng bebaut wie in anderen Teilen Erlangens. Eine Stadt, in der man leben konnte, sich wohlfühlte und nicht so anonym wie ich Frankfurt oder Berlin war. „Komm hoch oder willst'e da unten Wurzeln schlagen?" Timo, dazu oben auf dem Balkon und mit Zigarette in der Hand. Kopfschüttelnd lief ich um das Haus herum, klingelte unten und jumpte kaum später lässig die Treppen bis zum dritten Stockwerk hoch. „Hey", begrüßte ich meinen besten Freund, zog ihn in eine Umarmung und klopfte ihm einmal kurz auf die Schulter, ehe ich mich löste und auf der ledernen Couch Platz nahm. „Bier oder doch erstmal einen Kaffee?" „Kaffee klingt für den Anfang schon mal nicht verkehrt", erwiderte ich knapp, sah nach draußen und musste schmunzeln. „Sag mal, hast du nen neuen Nachbarn?" „Wie, was?" Timo kam aus der Küche heraus, stellte mir eine Tasse dampfenden Kaffees auf den Tisch und sah raus. „Hm ..." Er legte den Kopf schief und zuckte schließlich mit den Schultern. „Kenn ich nicht, aber sieht niedlich aus." „Niedlich? Wohl eher heiß mit dem Oberkörper", korrigierte ich Timo, der mittlerweile neben mir saß. „Kann gut sein. So genau hab ich nicht hingesehen", grinste er, zündete sich ne Kippe an und trat aus auf den Balkon. Wortlos folgte ich, nahm jedoch meinen Kaffee mit raus und setzte mich auf einen der beiden Gartenstühle, die auf dem kleinen Balkon ihren Platz fanden und ebenso ein kleiner Tisch. „Hast recht, er ist heiß", nuschelte Timo neben mir, zog an seiner Zigarette und sah immer wieder zu dem blonden Lockenkopf rüber, der scheinbar so in seine Wäsche vertieft war, dass er uns gar nicht bemerkte. „Heiliger ..." Timo pfiff anerkennend, mein Blick folgte und leise kicherte ich vor mich hin. „Ja, doch, sein Arsch ist toll." Evan seiner aber war schöner, fühlte sich weich und doch fest an und lag gut in meiner Hand. Kurz schellte ich mich gedanklich selber, zündete mir ebenfalls eine Zigarette an und sah stattdessen der Oma im ersten Stock dabei zu, wie sie ihre Blumen goss, dabei lächelte und kurz herüberwinkte, als sie mich bemerkte. Lächelnd erwiderte ich die Geste und genau in dem Moment sah auch der blonde Typ von gegenüber zu uns rüber und grinste schief. „Ich geh mal eben rein." „Äh?" Verwirrt sah ich Timo nach, der beinahe schon in sein Wohnzimmer stolperte. „Alles gut?", wollte ich wissen, doch die Antwort ließ lange auf sich warten. „Timo?" Wieder nichts und doch kam er zurück, bevor ich aufstand und nach ihm sehen konnte. „Du bist doch sonst nicht so. Hat dich der Typ so aus der Fassung gebracht oder was?" Timo biss sich auf die Unterlippe, ein Anblick, den ich so auch noch nicht kannte und ebenso, dass er verlegen auf seine Hände starrte und mich nicht mal ansah. Ich verstand langsam gar nichts mehr, drückte meine Zigarette aus und sah dennoch immer mal wieder zu Mister Wäschemann, der lässig an der Wand stand, eine Flasche Wasser öffnete und trank. „Heiß aber ich steh eher so auf braune Haare und dieses schüchterne." „Blond hat schon was, aber er schreckt mich irgendwie ab. Ich meine ..." Timo sprach nicht weiter, er deutete lediglich auf seine Hose, blickte kurz auf und da verstand auch ich, was genau er meinte. Blondchen hatte ne Jogginghose an, dazu eine dieser etwas engeren und gab somit Einblicke, die einem normal eher verborgen blieben. „Ziemlich was in der Hose würde ich meinen", lachte ich laut auf, kassierte einen bösen Seitenhieb von meinem besten Freund und lachte weiter. „Was denn? Ist doch so." "Der ist größer als der von Chris und der hatte schon ..." "Christian ist Geschichte. Der Kerl soll einfach sterben gehen oder am besten auswandern", grummelte ich vor mich hin. Die Pest sollte ihn holen und dahinraffen für das, was er Timo angetan hatte. Fremdgehen war etwas, was ein absolutes No-Go und mit nichts zu entschuldigen war. "Lad Mister Wäschemann doch mal ein. Vielleicht hat er ja noch andere Qualitäten und kann nicht nur Socken aufhängen." Timo sah mich an, dann rüber und wieder zu mir. "Vielleicht mache ich das, aber du solltest mit Evan reden. Du leidest wie ein Hund und ich mag es nicht, wenn es dir Scheiße geht." Lange sagte ich nichts darauf, trank mein Bier, was timo mir zuvor hingestellt hatte und sah nachdenklich die Flasche an. Reden sollte ich. Ob Evan mich noch sehen wollte? "Das ist nicht so einfach", murmelte ich schließlich und bemerkte erst meine Tränen, als Timo näher rutschte und den Arm um mich legte. Wie lange wir so nebeneinander saßen, wusste ich nicht, aber es tat gut, nicht alleine zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)