Somewhere over the rainbow von DieLadi ================================================================================ Kapitel 34: Der Schluss - ein Neubeginn --------------------------------------- Mycroft hielt Wort und hielt Sherlock davon ab, John zu besuchen. Der begriff nicht, warum John ihn nicht sehen wollte - nein, falsch, warum er John nicht sehen sollte. Aber sein Bruder schien davon überzeugt zu sein, dass es John wichtig war und da er sich selber eingestand, nicht viel von Gefühlen und zwischenmenschlichen Seltsamkeiten zu verstehen, akzeptierte er es schweren Herzens. Jeden Morgen stand er am Fenster du schaute hinunter auf die Straße, als würde John dort auftauchen ... jeden Abend war sein letzter Blick ebenfalls hinunter auf die Baker Street. Und immer spürte er Sehnsucht. Er hatte viel zu tun in dieser Zeit, es gab viele spannende Fälle zu lösen. Und dennoch war die Zeit des Wartens schwer für ihn. Für John war die Zeit ebenso eine Zeit des Wartens und mehr als einmal war er versucht, Mycroft einfach anzurufen und ihn zu bitten, Sherlock zu ihm zu schicken. Doch er beherrschte seine Sehnsüchte und hielt aus. Es waren anstrengende Wochen und Monate. Jeden Tag hatte er Physiotherapie, die dafür sorgen sollte, dass er wieder auf die Beine kam. Zu Anfang kam die freundliche lustige Krankengymnastin zu ihm ans Bett. Sie bewegte seine Arme und Beine, da er das selber noch nicht konnte und half ihm so, langsam wieder Muskeln aufzubauen. Sie hieß Ladislawa und kam aus Deutschland. John schmunzelte über den Akzent, den sie an den Tag legte. Sie erzählte ihm lustige Geschichten, während sie mit ihm arbeitete und ihn massierte, und er mochte sie sofort. Nach und nach kehrte die Kraft in seine Gliedmaßen zurück und irgendwann kam der Tag, wo er zum ersten Mal wieder wacklig auf den eigenen Beinen stand. Ladislawa hatte ihn mit einem Rollstuhl in den Therapieraum gefahren (das erste mal, dass er sein Zimmer verließ ...) und nun stand er, wackelig, mit den Händen an zwei Stangen links und rechts festgehalten, und versuchte vorsichtig, einen Schritt zu gehen. Es klappte und er war stolz auf sich. Ladislawa strahlte ihn an und er dachte: 'Ein einziger kleiner Schritt. Aber er bringt mich Sherlock näher.' Er trainierte verbissen und machte oftmals mehr, als sein Trainingsplan vorsah. Mehrmals fing er sich missbilligende Blicke von Ladislawa ein. Aber sie verstand ihn, denn er hatte ihr erzählt, ohne dabei Details zu nennen, dass es da jemanden gab, für den er sich so anstrengte. Es dauerte ein halbes Jahr, bis er völlig wiederhergestellt war. Er konnte wieder laufen, er joggte sogar schon kurze Strecken, und hatte die Muskeln in seinen Armen und dem Oberkörper auch schon wieder ein wenig trainiert. Er hatte sich vor dem Spiegel in seinem Zimmer angeschaut (das Zimmer war im übrigen ein First Class- Einzelzimmer, dafür hatte Mycroft direkt nach Johns Erwachen auf Bitten seines Bruders hin gesorgt.) Was er im Spiegel sah, stellte ihn zufrieden. Er mochte, was er sah und hoffte, auch Sherlock würde es mögen ... nun ja. Schließlich kam der Tag. DER TAG. Der Tag, an dem er Sherlock nun endlich gegenüber treten wollte. Mycroft und Gregory hatten ihn mit neuer Kleidung versorgt. Die beiden hatten sich ohnehin als unbezahlbar erweisen. John staunte immer wieder, wie es ihm gelungen war, solch unfassbar gute Freunde zu finden, während er einfach nur im Koma lag. Manchmal hatte das Schicksal schon einen interessanten Sinn für Humor. Jedenfalls stand er nun vor dem Spiegel und begann, sich zurechtzumachen. Er trug eine dunkle Jeans, dazu ein marineblaues Hemd, das wunderbar zur Farbe seiner Augen passte. Seinen Haaren hatte erst heute morgen die geschickte Hand eines Friseurs einen neuen Schnitt verpasst. Greg hatte ihn überreden wollen, sie etwas länger zu lassen und ihnen dann mit Hilfe von Gel eine Art „eben aus dem Bett gefallen- Look“ zu verpassen. Aber John hatte seinen militärisch kurzen Haarschnitt immer gemocht, und sosehr er auch in Zukunft durchaus zu Experimenten bereit sein mochte. Nicht heute. Heute wollte er sich wohlfühlen. Er würde seine Selbstsicherheit brauchen. Daher griff er lieber auf altbewährtes zurück und wollte einfach nur er selbst sein, ohne irgendetwas vorzugeben. Er gefiel sich. Er war sicher kein klassisch schöner Mann. Aber er fand einfach, dass das Gesamtpaket John Watson, sein Aussehen und seine Ausstrahlung, zusammenpassten und damit war er in seinem Leben immer zufrieden gewesen. Also dann, sagte er, frisch rasiert und angekleidet, dann mal los. „Dann mal los!“, rief auch Greg, der die Tasche mit seinen Habseligkeiten sowie die Transportbox mit dem kleinen Toto schon mal ins Auto geschafft hatte. Greg und Mycroft fuhren ihn in die Baker Street. Es dauerte eine Weile, sich durch den Stadtverkehr zu kämpfen, aber schließlich kam der Wagen vor der Hausnummer 221B zu Stehen. Sie stiegen aus. „So, da wären wir“, sagte Greg. John schluckte und sah ihn hilfesuchend an. „Sollen wir … Sie begleiten, John?“, fragte Mycroft. Doch der schüttelte den Kopf. „Nein, ich ...“ Er holte tief Luft. „Nein, das möchte ich alleine tun. Aber ...“, Er reichte den beiden die Hand. „Danke. Danke für alles.“ Greg lächelte und klopfte John auf die Schulter. Gregory war in den letzten Monaten nach und nach dahinter gekommen, dass John für Sherlock Dinge empfand, die er eigentlich nicht empfinden konnte, da er ihn ja eigentlich nicht kannte. Aber er stand auf dem Standpunkt, dass die Liebe ohnehin macht, was sie will. Also lehnte er sich vor und sagte leise in Johns Ohr: „Schnapp ihn dir, Tiger!“ John sog verblüfft die Luft ein und spürte, wie er knallrot wurde. Greg drehte sich zu seinem Mann, der ihn fragend ansah und sagte: „Komm, wir fahren nach Hause. Und Toto nehmen wir heute erst mal mit zu uns.“ Mycroft nickte, wenngleich ihm nicht ganz klar war, was hier vorging. Aber er hatte Mittel und Wege, das aus Gregory herauszukitzeln, und darauf freute er sich schon. John sah dem schwarzen Wagen nach. Dann drehte er sich um. Langsam schritt er auf die Eingangstür des Hauses Baker Street 221 zu. Er holte tief Luft. Der große Türklopfer blinkte im Licht der Sonne, die heute ausnahmsweise mal schien. Er zögerte. 'Hudson' stand auf dem Messingschild neben der Tür. Und: 'Holmes'. Gleich würde er ihn betätigen. Und dann würde er dem Mann gegenüber stehen, der in einer nüchternen, realen Welt, in der es Zauber und Magie nicht gab, sein Zauberer war. Er würde Sherlock gegenüber stehen. Und er würde sein neues Leben mit ihm beginnen. Sein neues Leben mit Sherlock Holmes. Müsste nicht in einem solchen Augenblick dramatische Musik die Szene untermalen? Nun, dramatische Musik gab es nicht. Es gab nur das Hupen von Autos, die Fahrgeräusche der Motoren, das Schimpfen von Leuten, das Bellen eines Hundes. Und ferne Klänge einer Violine. Er trat den letzten Schritt auf die Tür zu. Ein Schritt nur, dachte er. Ein Schritt. Der erste Schritt in mein neues Leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)