Somewhere over the rainbow von DieLadi ================================================================================ Kapitel 2: Prolog Teil 2 ------------------------ Ein Angriff, am helllichten Tage, völlig unvorbereitet, und das kurz vor einem anstehenden Sturm. Niemand hatte damit gerechnet. John packte mit der Hand nach seinem Holster, in dem seine Waffe steckte und rannte los, um gemeinsam mit den Kameraden die Angreifer zurückzuschlagen. Doch wie das Unglück es wollte, kam er nur wenige Schritte, bis ihn eine Kugel aus dem Hinterhalt in die Schulter traf. Der Schmerz packte mit brennend scharfer Kralle und zwang ihn in die Knie. Er ging zu Boden, hockte auf dem staubigen Grund und verzerrte das Gesicht. Er konnte kaum Atmen, so peinigte ihn der Schmerz. John versuchte, langsamer Luft zu holen und die Augen, die er im ersten Reflex geschlossen hatte, zu öffnen. Er wollte dem Feind, der es geschafft hatte, ihn zu treffen, ins Auge blicken, bevor es dem gelingen würde, ihn mit einem zweiten Schuss niederzustrecken. Doch da war niemand. John war allein. Er hörte die Schüsse und Rufe am anderen Ende des Lagers, doch hier war er allein. Mühsam versuchte John, auf die Beine zu kommen. Er lebte noch. Er war nicht tot. Und doch war er nicht in der Lage, irgendetwas zu tun, um die anderen zu unterstützen. Ein Würgereiz packte ihn, als er schließlich wieder auf den Füßen stand. Es tat so weh. Blut lief in Strömen an seinem Arm und Oberkörper herunter. Er schwankte und taumelte dann zurück zu der Medizin-Baracke. Wenn es ihm gelingen würde, dorthin zu kommen! Wenn er es schaffen würde ... vielleicht könnte er die Wunde desinfizieren, vielleicht sogar notdürftig verbinden. Und vielleicht könnte er so doch noch mit den anderen Seite an Seite kämpfen. Er schaffte es tatsächlich. Er hielt sich mühsam an der Wand der Baracke fest und atmete durch, bevor er die Tür öffnete, hinein wankte und sie hinter sich ins Schloss fallen ließ. Toto war bei seinem Eintritt freudig an ihm hochgesprungen, und John wollte ihn sanft an die Seite schieben, um an den Schrank mit dem Verbandsmaterial zu kommen. Doch sein Blutverlust wurde in diesem Augenblick zu stark. Vor seinen Augen begann es zu flimmern, er schwankte vor und zurück und dann schwand sein Bewusstsein und er schlug der Länge nach hin. Toto schleckte sein Gesicht ab und winselte leise. Der Angriff wurde recht schnell zurückgeschlagen. Es waren einige recht unorganisierte Rebellen gewesen, und es gab zum Glück auf Seiten von Johns Einheit keine Verluste, nur einige Verwundete. Als der Kampf vorüber war, suchte man John, da man seine Hilfe genauso brauchte, wie die seines ärztlichen Kollegen. Und so fand man ihn, verletzt, blutend und ohnmächtig. Er wurde noch im Camp so gut es ging versorgt und wenige Stunden später in ein Militärkrankenhaus nach Kabul geflogen. Als der Hubschrauber gerade in der Luft war, brach der erwartete Sandsturm los. Der Pilot war ein sehr erfahrenerer Flieger und hatte schon einige heikle Situationen bewältigt. Er kam ordentlich ins Schwitzen, doch er schaffte es, den Helikopter sicher nach Kabul zu bringen. Während also der Sturm um sie herum heulte und das Luftgefährt bedenklich schwankte und von Windstößen erzitterte, versuchte Johns Bewusstsein aus den dunklen Tiefen, in denen es sich befand, in Richtung Tageslicht zu schwimmen. Kurz unter der Oberfläche der hellen Klarheit hielt es jedoch inne. Das Heulen des Sturmes war unheimlich, das Schwanken, Schütteln und Stoßen des Helikopters beängstigend. Das Bewusstsein ängstigte sich so sehr, dass John nicht aus seiner Ohnmacht erwachte, sondern immer tiefer darin versank. Die Versorgung in Kabul war vielleicht nicht unbedingt erstklassig, doch sie reichte aus, um Johns Schusswunde ordentlich zu verarzten. Die Wunde entzündete sich nicht und machte gute Ansätze, zu heilen. Doch ... John erwachte nicht, was die Ärzte auch versuchten. Und so wurde eine Woche später entschieden, John mit dem nächsten Truppentransportflugzeug nach Großbritannien auszufliegen. Man brachte ihn nach London. Und so lag er kurze Zeit später schon im St. Barts, das eine spezielle Abteilung und ausgezeichnete Spezialisten für Komapatienten hatte. John erwachte nicht. Niemand konnte sagen, warum. Die Verwundung war nicht so schwer, dass sie als alleinige Ursache dafür in Frage gekommen wäre. Man konnte also nur abwarten. Der kleine Toto war im Militärcamp in Afghanistan zurückgeblieben. Er saß Tag um Tag in der Arztbaracke, mit hängendem Köpfchen und eingezogenem Schwanz. Er winselte leise, fraß nicht, ließ sich nicht anfassen und war nur noch ein Schatten seiner selbst. Er sehnte sich ganz offensichtlich nach John. Und so kam es, dass einige Kameraden, die zwei Wochen später in die Heimat flogen, ihn in das Transportflugzeug schmuggelten und mit nach England nahmen. Einer von ihnen, ein junger Mann, dessen Leben John durch eine Blinddarm-Notoperation unter schwierigsten Bedingungen gerettet hatte, stand also eines Tages unschlüssig vor der Tür des Krankenhauses St. Barts. Er trug den kleinen Hund im Arm, der zu schwach und traurig war, um sich gegen die Berührung noch zu wehren. Er trat durch die Tür und sah sich um. Natürlich würde sich gleich jemand vom Krankenhauspersonal auf ihn stürzen und des Gebäudes verweisen, Haustiere hätten hier immerhin nichts verloren ... Er seufzte und versuchte, den Kleinen unter seiner Jacke zu verbergen. Dann trat er auf einen freundlich aussehenden Mann im ärztlich wirkenden weißen Kittel zu. „Entschuldigen Sie, können Sie mir helfen?“ Der Mann drehte sich zu ihm und sagte. „Worum geht es denn?“ „Ich versuche einen verletzten Kameraden zu finden ... er heißt ...“ In dem Augenblick begann Toto unter seiner Jacke zu winseln. Der junge Mann wurde knallrot, und sprach lauter weiter, in der Hoffnung, der Andere hätte das nicht gehört: „Ich suche meinen Kameraden, er ist verwundet worden, und ich habe erfahren, dass er hier St. Barts ist ... John Watson.“ „Was?“ Der Mann im Kittel sah erschrocken aus. „John Watson? Militärarzt? Verletzt?“ „Sie kennen ihn?“ „Aber ja“, sagte der andere und streckte dem jungen Mann die Hand entgegen. „Mein Name ist Mike Stamford, ich habe zusammen mit John studiert. Er ist ein prima Kerl. Kommen Sie!“ Er zog den anderen, der sich als Alex Carpenter vorstellte, hinter sich her zur Rezeption. Schnell fanden sie heraus, dass John auf der Komastation lag und waren auf dem Weg zu seinem Zimmer. Toto hatte inzwischen die kleine Schnauze aus der Jacke heraus gesteckt. Alex hatte erklärt, dass es sich um Johns Hund handelte und Mike schuldbewusst angeschaut. Der aber hatte nur gesagt: „Der Stationsarzt ist ein Freund. Ich werde ihn überreden, dass Toto bei John bleiben darf.“ Und so kam es auch. Nachdem er vor Freude gejault und auf Mikes weiße Krankenhaushose gepinkelt hatte, bekam Toto eine Decke auf den Fußboden des Zimmers gelegt. Seitdem ließ er sein Herrchen, von dem er spürte, dass es krank war, nicht mehr aus den Augen. Er hielt Wache und bedachte Ärzte und Schwestern, außer Mike, mit scheelem Blick. Mike kam John jeden Tag mehrmals besuchen und brachte Futter und Wasser für den Hund und ging mit ihm Gassi. Alex musste nach wenigen Tagen zurück nach Afghanistan. Doch zuvor brachte er dem Kleinen noch ein Hundespielzeug mit. Eine kleine Stoffmaus, auf der Toto hingebungsvoll herumzukauen begann. Es war zwar nicht alles in Ordnung, denn sein Herrchen war krank, das spürte er. Aber er war bei ihm. Und so konnte das kleine Hundeherz ein wenig Zufriedenheit finden. Die Ärzte bemühten sich nach Kräften. Doch John erwachte nicht aus seinem Koma. Und so konnte man schließlich nichts weiter tun, als abzuwarten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)