Break to Breathe von _Scatach_ ================================================================================ Kapitel 2: Being stupid ----------------------- „Was zur Hölle ma…“ Nejis Worte erstarben in einem harten Aufeinanderprallen von Zähnen. Shikamarus Mund schluckte jeden seiner protestierenden Laute und verwandelte sie in einen harten, heißen und feindseligen Kuss.    Neji erstarrte – sein Knurren blieb ihm augenblicklich im Hals stecken.   Sein Verstand kollidierte mit einer steinernen Mauer des Schocks; und blieb fassungslos und zum Schweigen gebracht zurück. Eine glatte Zunge fuhr über seine Zähne und fing Blut und Regen auf. Er spürte, wie Shikamaru auf seine Unterlippe biss, sie mit den Zähnen gefangen hielt und die dünne Haut verletzte. Die Finger des Nara krallten sich noch härter in seinen Kiefer, doch die lähmende Fassungslosigkeit machte Neji vollkommen bewegungsunfähig.    Er konnte nicht einmal Luft in seine Lungen ziehen.    Für Shikamaru gab es in dem, was er gerade tat, nicht die geringste Logik. Hier ging es nicht mehr darum, einen Plan zu verfolgen. Er hatte keine Ahnung, worum verdammt nochmal es hier ging, er wusste nur, dass sich sein Knie zwischen die gefesselten Beine des Hyūgas presste und Neji immer noch erstarrt blieb und nicht reagierte.   Scheiße.   Nach einem kurzen Biss auf Nejis Unterlippe zog sich Shikamaru zurück. Seine dunklen Augen trafen auf blasse lavendelfarbene, die ihn anstarrten; hin und her gerissen zwischen Schock und etwas anderem, das Shikamaru nicht benennen konnte.   Eine gespannte Stille breitete sich zwischen ihnen aus, die nur unterbrochen wurde von ihren bebenden Atemzügen und dem leisen Plätschern des Regens. Shikamaru spürte einen rückwirkenden Schock durch seine Glieder fahren, als würde ihn gerade erst die Erkenntnis darüber treffen, was er getan hatte. Sein Kopf zuckte zurück, als hätte er einen Schlag verpasst bekommen.   Was zur Hölle habe ich gerade getan?   Gerade wollte sich Shikamaru von Neji wegbewegen, als der Hyūga den Mund aufmachte.   „Verdammte Scheiße, was sollte das?“, knurrte er, doch die Wut in seiner Stimme übertrug sich nicht auf seine Augen.   „Ich…ich weiß nicht…“ Shikamaru zuckte mit den Achseln. „Aber es hat dich zum Schweigen gebracht, oder nicht?“   Neji schluckte und runzelte die Stirn, bevor er den Kopf so weit wie möglich zurückzog und den Nara anfauchte. „Hör auf, mich anzufassen!“   Jetzt wurden auch seine Augen zornig.     Gut. Eine logische Reaktion. Dem konnte Shikamaru folgen. Nicht, dass Logik ihm eine Antwort darauf liefern könnte, was gerade eben wie ein elektrischer Impuls durch seinen Körper und seine Nerven entlang geschossen war. Shikamaru zwang seine Lippen zu einem schwachen, unsicheren Lächeln. Er war ehrlich gesagt viel zu verwirrt, um im Moment etwas Besseres anbieten zu können, das nicht in dem Drang resultieren würde, die Beine in die Hand zu nehmen und vor diesem Moment weit weit weg zu laufen.   „Ich schätze mal, du denkst immer noch zu viel.“, murmelte er und wusste dabei nicht, ob die Worte an Neji oder doch eher an sich selbst gerichtet waren.   „Du denkst scheinbar überhaupt nicht mehr, wenn du glaubst, dass ich dich das noch einmal tun lasse!“   Shikamaru hob eine Braue und sein Stolz, dem er sonst eigentlich kaum Beachtung schenkte, stellte sich angesichts der Worte auf die Hinterbeine. „Angst, dass dir jemand diese Kontrolle über dich nimmt? Mann, mit dir hat man echt seine liebe Not. Aber andererseits ist es ja nicht so, dass du dich groß dagegen wehrst.“   „Ah, also ist es jetzt doch ein Kampf, was du willst?“ Nejis Kehle entwich ein bitterer Klang, sein Atem verwandelte sich in der kalten Luft in zarten Nebel. „Offenbar hast Sehnsucht nach Schmerzen und mich deshalb verfolgt.“   „Wenn man die Tatsache bedenkt, dass du dich aufführst wie die weltgrößte Nervensäge und mir damit gehörig auf den Sack gehst, schätze ich, dass du in gewisser Weise recht hast.“ Shikamaru blinzelte träge, seine Stimme wurde leise. „Aber ich weiß, dass du nicht wirklich gegen mich kämpfen willst.“   „Mach nur weiter so Nara und schaufle dir dein eigenes Grab. Ich werde dich da rein befördern, noch bevor du es bereuen kannst.“   Shikamaru bemerkte die Spannung, die sich an Nejis Schläfen entlang zog – ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Hyūga nahe dran war, seine Drohungen in die Tat umzusetzen. Das Byakugan regte sich unter der Oberfläche der blassen Haut, auch wenn es Neji offensichtlich widerstrebte, es einzusetzen.    Shikamaru war beinahe versucht, ihn dazu zu ermutigen.    Scheiße, er würde dem Hyūga wahrscheinlich sogar die ausdrückliche Erlaubnis geben, seinen Kopf wieder in einen Baum zu hämmern, wenn er die Hoffnung hätte, dass sein Hirn dann wieder normal funktionieren würde.   Was zur Hölle stimmt nicht mit mir?   Shikamaru schüttelte den Kopf. „Völlig egal, wie das gerade wirkt, ich versuche nicht, dich zu provozieren, weißt du.“   Nejis Blick senkte sich zu den Drähten und Kunais, die ihn an den Baum gefesselt hielten. „Achja, und wie würdest du das sonst nennen?“   Shikamaru wich der Frage aus. „Ich weiß, dass du nicht wirklich kämpfen willst.“, wiederholte er seine Aussage noch einmal.   „Tz!“ Nejis Hand ballte sich zur Faust und der Stoff seiner Robe riss, als er sich gegen die Bindungen stemmte, die ihn fest an den Baum zurrten.   „Du benutzt nicht einmal dein Byakugan.“   „Ah gut beobachtet, Nara.“, schnappte Neji, und entwand seinen Kiefer endlich dem Griff von Shikamarus gelockerten Fingern. „Ich bin froh zu sehen, dass dich deine berühmte Intelligenz offenbar nicht vollkommen im Stich gelassen hat.“   Darauf würde ich nicht wetten.   „Warum setzt du deine Stärke nicht ein?“   „Warum tust du es nicht, wenn es um Intelligenz geht?“, schnappte Neji zurück.    Shikamaru ignorierte die Stichelei. „Du hättest das alles stoppen können, noch bevor es überhaupt angefangen hat. Warum hast du es nicht getan?“   Neji zögerte. „Geh weg von mir, bevor ich dir wirklich noch weh tue.“   Shikamarus Augen zuckten angesichts der Drohung.   Er hätte sich zurückziehen sollen.    Doch irgendetwas hatte sich in seinem Geist festgesetzt und den Platz seines gesunden Menschenverstandes eingenommen – vielleicht aber auch den Platz seines ‚Verstandes‘ ganz allgemein. Und er hatte absolut keine Ahnung, worum es sich dabei handelte. Aber er wusste, dass es nicht klug war. Oder sicher. Oder auch nur annähernd vernünftig. Es fühlte sich wie ein hartnäckiger, irritierender und viel zu lästiger Trieb an, den er nicht abschütteln konnte. Wahrscheinlich würde es wie Naruto aussehen, wenn es eine Form gehabt hätte – immerzu etwas Idiotisches in alle Richtungen plärrend, das dieses Chaos nur noch mehr zu einer Katastrophe machen würde, als es ohnehin schon war.    Der Gedanke ließ ihn grimmig lächeln.    „Denkst du, ich scherze?“ Nejis gesamter Körper spannte sich gefährlich an.   „Nein.“ Shikamaru lachte leise, zweifelte aber nicht eine Sekunde an den Worten des Hyūga. „Kein bisschen!“   „Dann geh verdammt nochmal weg von mir!“   „Ich kann nicht.“ Shikamaru schüttelte den Kopf, hob eine Hand und legte sie auf die Stelle zwischen Nejis Hals und Schulter. „Nicht bis du dich beruhigst.“   „Entscheide dich lieber schnell um, Nara.“ Neji versuchte, die beleidigende Berührung abzuschütteln und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Ich dachte, du willst nicht kämpfen.“    „Ich meine es ernst.“ Shikamaru verstärkte seinen Griff. Bedachte man den Leichtsinn und die Verwirrung, die sich direkt unter seiner trägen Fassade abspielten, war sich der Nara nicht sicher, ob er dem Hyuga letztendlich weh tun oder ihm helfen wollte.   Ich mache nichts Leichtsinniges. Ich mache keine Dummheiten.  Und doch war er hier…und tat genau das.    Energisch schüttelte er den Gedanken ab und murmelte stirnrunzelnd: „Willst du das hier vielleicht etwas leichter machen und endlich rauslassen, was auch immer dich anpisst?“   „Hör auf, diesen Schwachsinn zu faseln!“ Neji ruckte so gut es ging mit der Schulter und die Drähte schnitten in seinen Oberarm, als er an seinen Fesseln zerrte.   Shikamaru seufzte. „Mann, du verursachst bei mir irgendwann noch Nasenbluten, wenn ich mein Hirn wegen dir so anstrengen muss, Hyūga.“   „Ich verursache dir gleich mehr als nur ein harmloses Nasenbluten, du aufdringlicher Bastard.“   Oh du willst es aufdringlich? Schön, ich geb‘ dir aufdringlich. „Ich zähle jetzt bis drei.“ Shikamaru hielt zur Veranschaulichung drei Finger in die Luft, bevor er seine Hand zur Faust schloss. „Und dann werde ich etwas tun, das ungefähr genauso dumm ist wie du, indem du dich wie ein lästiger Idiot aufführst.“   Der Ausdruck angewiderter Fassungslosigkeit auf Nejis Gesicht wäre vermutlich amüsant gewesen, wenn der Kontext nicht so feindselig gewesen wäre.    „Wage es nicht, Spielchen mit mir zu spielen, Nara!“   Shikamaru schnippte einen Finger nach oben; den mittleren. „Eins. Das ist kein Spiel.“   „Das ist erbärmlich.“   Shikamaru grinste und streckte ach so langsam seinen Zeigefinger aus. „Zwei. Vermutlich.“   Die Miene des Hyūgas wurde zornig, er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn seine Worte auf taube Ohren stießen. „Was zur Hölle gibt dir eigentlich das Recht, mir etwas vorzuschreiben, du Bast…!“   „- Drei.“ Shikamaru packte Neji erneut unsanft am Kiefer. „Sei still!“ Und dann neigte er seinen Mund über Nejis.    Wie erwartet reagierte der blassäugige Ninja diesmal.   Neji riss seinen Kopf scharf zur Seite und kreierte dabei eine kribbelnde Reibung zwischen ihren Lippen. Doch Shikamarus Finger blieben unbarmherzig und hart in seinen Kiefer gekrallt; genauso dämlich herausfordernd, wie er es angekündigt hatte. Grob zwang er Nejis Kopf zurück und erstickte das wütende Knurren des anderen Ninjas mit seinem Mund. Er legte unmissverständliche Dominanz in den Kuss und konnte spüren, wie sich Neji noch mehr anspannte, um ihn nicht damit davon kommen zu lassen.   Oh mein Gott, ich bin sowas von tot. Shikamarus Verstand war kaum noch in der Lage, zu dieser fatalen Erkenntnis zu gelangen. Auf keinen Fall arbeitete sein Hirn noch auf einem Niveau, das Shikamaru kannte oder verstehen konnte. Er hatte das Gefühl, von etwas gefangen worden zu sein, das er nicht erklären und genauso wenig abschütteln konnte. Es grub seine Klauen tief in ihn und arbeitete sich durch seinen gesamten Körper. Es zerfetzte seine Gedanken, bis eine Strategie das Letzte war, das seinen Verstand beherrschte oder das Gefühl auslöste, das seine Synapsen entlang jagte.    Fuck. Dräng mich zurück.  xXx Es war ein fleischlicher Kuss vom ersten Moment an.   Neji, der in solchen Situationen niemals zuvor der Empfänger irgendeines Dominanzversuches gewesen war, verlor für einen Moment jede Möglichkeit zu reagieren. Das Einzige, das er zustande brachte, war, während des Kusses die Zähne zu fletschen.    Und dann stieg der unbändige Drang in ihm auf, sich zu wehren.    Sofort trat sein Stolz wieder an die Oberfläche und zwang ihn dazu, seine Ehre zu verteidigen.    Neji kämpfte so gut es seine Position zuließ gegen die Situation an. Er warf sich mit aller Kraft und so weit wie möglich nach vorne, die straffen Drähte schnitten durch seine Robe und gruben sich in sein Fleisch, als er verzweifelt versuchte, sich seiner Fesseln zu entledigen. Shikamaru ließ ihn jedoch nicht weit kommen, rammte ihn zurück gegen den Stamm und vergrub seine Finger in den langen nassen Strähnen des Hyūga. Er packte grob zu und begann an dem nussbraunen Haar zu zerren, als wollte er ein widerspenstiges Pferd in seine Schranken weisen.    Der harte Ruck an Nejis Haaren jagte einen kribbelnden, aber nicht nur unangenehmen Schmerz durch seine gespannte Kopfhaut.   Ein dunkles, heißes Gefühl schoss durch seinen Körper, als hätte ihn eine brennende Faust in die Magengegend getroffen. Nur, dass sich diese Faust dort verankerte, gnadenlos sein Innerstes packte und zu schwelen begann, nur um mit jeder verstrichenen Sekunde noch heißer zu brennen.    Es war ein anderes Empfinden als Zorn und doch ähnlich genug, um so tun zu können, als wäre es nichts anderes.    Ich bring ihn um...   Das stumme Versprechen schlich sich in seinen Verstand und verhärtete sich, bevor es unter der Kraft der Hitze zu zittern begann, die seine eisige Verteidigung schleichend zu infiltrieren drohte. Die unnachgiebige, feindselige Macht des Kusses wogte durch seine Adern und brachte sein Blut zum Kochen. Er versuchte energisch, seinen Kiefer aus Shikamarus eisernem Griff zu befreien, wollte auf die Zunge beißen, die sich so arrogant an seinen Zähnen vorbei drängte. Doch er musste feststellen, dass der feuchte Muskel, der seinen Mund erforschte, seinen Verstand dazu brachte, den sonst so unumstößlichen Halt an seiner Kontrolle und Wut zu lockern.   Etwas anderes rang jetzt in seinem Inneren um die Oberhand.   Und dann begann sich ein drückender Schmerz in seiner Brust auszubreiten und zog sie schmerzhaft zusammen.    Stop…   Nejis Nägel krallten sich mit einer Gewalt in die raue Rinde des Baumes, dass seine Fingerspitzen zu bluten begannen. Er drückte seinen Kopf so weit wie irgend möglich zurück und versuchte die Wucht des Kusses mit einem scharfen Atemzug abzufangen, der Regenwasser in seine Lungen zog und seine Bronchen verstopfte.   Der Schmerz in seiner Brust wurde noch heftiger.   Doch Shikamaru zeigte keine Gnade und Nejis ursprüngliche Vorstellung der lakonischen und absolut leidenschaftslosen Natur des Nara wurde sofort ausgelöscht.   Genauso wie der Kuss.    xXx Ihre Münder wurden in einem abgehackten Keuchen auseinandergerissen.    Der Kuss ließ sie beide nach Luft japsend zurück, die sich schwer und kalt vom Regen um ihre bebenden Leiber legte.   „Verdammt nochmal, egal was es ist, lass es einfach raus!“, grollte Shikamaru und lehnte sich wieder nach vorn, um Nejis Lippen leicht mit den seinen anzustupsen. „Lass es raus, Neji.“   „Nein.“   Instinktiv ruckte Shikamaru heftig an Nejis Haar. „Lass es raus, du sturer Bastard!“   „Nein!“, schnappte Neji zurück und ein gequälter Ausdruck schlich sich in seine Augen. Seine Stimme senkte sich zu einem drohenden Knurren. „Wenn du mich noch weiter drängst, werde ich mich nicht zurückhalten.“   Diesmal meint er es wirklich ernst. Shikamarus Finger lösten sich aus der brutalen Umklammerung von Nejis Haar und glitten langsam durch die dunklen Strähnen, bis sie schließlich am Nacken des Hyūga verharrten. Der Nara seufzte, sein Zorn verflüchtigte sich rasch. Er hatte keine Ahnung, woher diese rückwirkende Wildheit gekommen war. Es alarmierte ihn auf eine Weise, die seiner sonst so lethargischen Natur völlig zuwider lief.    Was zur Hölle mache ich hier…? „So ein plötzlicher Taktikwechsel?“ Neji schäumte vor Wut und spürte die Drähte um seinen Körper mit grausamer Brutalität in sein Fleisch schneiden. Doch er konzentrierte sich lieber auf diesen bitteren und stechenden Schmerz als auf das seltsame Gefühl von Atemlosigkeit, das einfach nicht verschwinden wollte. „Ich werde nicht zulassen, dass du mich damit manipulierst.“   Shikamaru schloss krampfhaft die Augen und versuchte verzweifelt, wieder klar denken zu können. „Ich versuche nicht, dich zu manipulieren.“   „Noch dazu ein absolut infantiler Versuch, mich zu manipulieren…“, schnaubte Neji und blinzelte sich den Regen von den Wimpern, während er seinen Kopf unverwandt gegen den Baum in seinem Rücken presste. Seine Augen blitzten unzweifelhaft zornerfüllt, aber sie zeigten auch Verwirrung.   „Infantil? Mein Kuss?“ Shikamaru grinste schief, doch es war ein schwaches Lächeln. „Du verstehst es, den Stolz eines Mannes zu treffen, Hyūga. Aber es scheint ja funktioniert zu haben.“   An Nejis Schläfe pochte eine Ader. „Verspotte mich nicht.“   „Gott verdammt, du bist so verklemmt.“  Shikamaru öffnete seine Augen und senkte seinen Blick zu den Roben des Hyūga. An den Stellen, an denen die Drähte in Nejis Haut schnitten, war der Stoff getränkt und fleckig von Blut.   Scheiße.   Das hatte er nicht beabsichtigt.    Er schob vorsichtig Nejis Haar von dessen Hals und über seine Schulter. „Weder verspotte, noch manipuliere ich dich.“   „Nein, du belästigst mich nur.“, erwiderte Neji, doch seltsamerweise waren es keine von Wut aufgeheizten Worte.    Shikamaru verzog das Gesicht, doch er konnte es nicht leugnen. Oder erklären. Oder irgendetwas anderes tun, als in diesem seltsamen Schwebezustand zu verweilen, in dem der Antrieb, der seinen Körper kontrollierte weder von seinem gesunden Urteilsvermögen, noch von seinem Selbsterhaltungswillen gesteuert wurde.   „Ach ja? Naja, du lässt mich.”, erinnerte Shikamaru ihn und sein Daumen fuhr leicht Nejis Hals entlang und strich direkt unter seinem Kiefer über die kalte Haut. „Warum?“   Neji drehte den Kopf zur Seite, weg von der seltsam zarten Berührung. Wütend wandte er auch den Blick ab. „Ich weiß nicht…warum zur Hölle hast du mich überhaupt geküsst? Und warum berührst du mich auf diese Weise? Ist das etwa deine Vorstellung davon, ‚angepisst‘ zu sein?“   „Nein, das ist meine Vorstellung davon, dumm zu sein. Das habe ich dir aber auch gesagt.“ Shikamarus verzog leicht die Lippen und versuchte so, etwas Humor in seine Worte zu legen – verzweifelt, sich an irgendetwas festhalten zu können, um so die schreckliche Verwirrung lindern zu können, die seine Handlungen in seinem Inneren ausgelöst hatten. „Ich dachte mir, es wäre nur fair, uns beide auf das gleiche Level zu bringen. Zwei Genies, die sich gemeinsam dämlich aufführen…schätze mal, das macht Sinn, oder?“   Neji holte rasselnd Atem und schluckte hart. „Warum tust du das, Shikamaru?“   Shikamaru zuckte mit den Achseln und bemühte sich, nicht erkennen zu lassen, dass er sich selbst genau die gleiche Frage stellte. „Bitte mich nicht, herauszufinden, was das hier ist…ich weiß nicht, ob ich eine Antwort darauf finden würde.“   „Und ich weiß nicht, ob ich es wissen will.“ Neji schloss die Augen, sein Atem bebte.    „Gut.“ Shikamaru runzelte die Stirn.    Dieses gefährliche Terrain, auf dem sie sich befanden, war wie ein Minenfeld. Soweit es Neji betraf, hatte er nicht beabsichtigt, noch weiter an einem ohnehin schon instabilen Boot auf stürmischer See zu rütteln. Und genauso wenig hatte er von seinem Hirn erwartet, sich in eben dieses stürmische Meer des blanken Wahnsinns zu stürzen. Er hatte versucht, auf einer Planke darüber zu balancieren und war letztendlich kopfüber in kaltes Wasser gesprungen.   Ja, das war wirklich ein extrem intelligenter Schachzug.   Shikamaru schüttelte den Kopf.    Herauszufinden, was auch immer sich zwischen ihnen abspielte und in pures Chaos verwandelte, schien die Mühe nicht wert zu sein. Und ganz davon abgesehen; sollte er wirklich lange genug innehalten, um über irgendetwas davon nachzudenken, würde es ein Vielfaches an Aufwand benötigen, um eine Lösung dafür zu finden.   Denk nicht nach! „Das hier ist keine Kopfsache…“, murmelte Shikamaru laut. Er hob eine Hand und sie zuckte, als er nach Nejis Kinn griff. Er zwang den Hyūga, ihn anzusehen und musterte aufmerksam sein Gesicht; er brauchte irgendeine Art von Verbindung zu ihm, um die unbeholfene Situation überwinden zu können. „Habe ich recht?“   „Vorsicht!“ Neji ruckte heftig mit dem Kopf, um sich aus der Umklammerung von Shikamarus Fingern zu befreien, seine Augen flogen weit auf und trafen auf die dunklen Iriden, die ihn unverwandt anstarrten. Seine Stimme klang seltsam angespannt und leise – erzwungen. „Tu das nicht, Shikamaru.“ Er hielt inne, um kratzend Luft zu holen. „Spiel keine Spielchen.“   „Verdammt, ich spiele nicht! Ich weiß doch nichtmal, was zu Hölle ich hier eigentlich mache!“ Shikamaru seufzte, kraftlos fiel seine Hand an seine Seite. Völlig ratlos starrte er auf die regennasse Mulde an Nejis Kehle; doch er wich nicht zurück. „Schätze mal, wir sind heute Abend beide ziemlich neben der Spur...wie auch immer, du magst mich ja verdammen, aber immerhin versuchst du nicht länger, mich ins Koma zu prügeln…“   Neji blieb stumm.    Die Sehnen in seinem Hals verharrten gespannt und unbeweglich.    Shikamaru runzelte die Stirn. „Hey. Ich bin fertig damit, das noch komplizierter zu machen, als es ohnehin von Anfang an war, okay?! Du kannst jetzt aufhören, die Luft anzuhalten.“   „Das tue ich nicht.“, zischte Neji erstickt.    „Doch das tust du.“ Shikamarus Miene nahm einen besorgten Ausdruck an, seine dunklen Augen wanderten immer schneller zwischen Nejis Brust und seiner verschlossenen Kehle hin und her. „Scheiße verdammt, Neji? Atme!“   xXx Atme.   Neji hätte seine Faust in Shikamarus Kiefer gerammt, weil er etwas mehr als Offensichtliches von ihm verlangte. Etwas, das eigentlich ganz von allein passieren sollte. Doch das tat es nicht.    Lächerlich!   Sein Verstand begann Befehle zu brüllen, die niemals in seinen Lungen oder den Muskeln in seiner Brust ankamen.    Atme!   Doch es war, als versuchte er, Luft durch dichtes Gewebe zu ziehen. Seine Lungen dehnten sich nicht aus, seine Brust schien in sich zusammenzufallen, wurde zusammengepresst und verkrampfte sich; er hatte nicht die geringste Chance, Sauerstoff in seine Bronchien zu zwingen.    Ich kann nicht…   Und dann stoppte sein Verstand und wurde von kalter Panik überschwemmt.   Ich kann nicht atmen…   Er krallte seine Finger in die Rinde, fühlte die straffen blutigen Drähte, die sich um seinen Körper schlangen und wusste aber, dass es nicht seine Fesseln waren, die ihm die Luft abschnürten. Es war eine zermalmende Last auf seiner Brust, die seine Lungen erdrückte.    „Neji?“   „Ich…“, krächzte Neji mit erstickter Stimme und bemerkte nicht einmal, wie Shikamaru die Kunais, Shuriken und Drähte von ihm riss.    Panik drängte sich unaufhaltsam in seine blassen Augen.   Warum…kann ich nicht atmen?   ______________________________   Und es geht weiter, diesmal mit einem etwas kürzeren Kapitel, dafür wird das nächste wieder länger :)  Über Anmerkungen und Feedback würde ich mich wirklich freuen! Würde mich sehr interessieren, ob euch das Pairing und die Geschichte bisher gefallen! :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)