Midnight at Mio von FriePa (Sasuke x Sakura) ================================================================================ Kapitel 21: Australia --------------------- Schwerfällig öffnete er die verklebten Augen. Licht strömte durch das Fenster und tänzelte über den Fußboden. Er rieb sich den Sand aus den müden Augen und drehte sich nach rechts. Die Decke wickelte sich dabei enger um seinen Körper. Mit einem leisen Stöhnen erhob sich Shikamaru und riskierte einen Blick aus seinem Schlafzimmerfenster. Unten war die Müllabfuhr zu Gange und einige Geschäftsmänner mit Handy am Ohr und schweren Aktenkoffern wichen sich gegenseitig auf dem Bürgersteig aus. Barfuß tapste er in seine Küche und machte er sich über den letzten Rest der Milch her. Er schraubte den Deckel ab und trank direkt aus der Flasche. Als er das Getränk von seinen Lippen absetzte, war ein weißer Rand um seinen Mund entstanden. Mit dem Handrücken wischte er ihn ab und trocknete die Hand an seiner Schlafhose. Shikamaru stellte die Milch zurück und scannte seinen Kühlschrank, der nichts weiter im Angebot hielt. Vielleicht sollte er doch mal wieder einkaufen? Sakuras Essen hatte er in einem Anfall von Heißhunger bereits komplett vernichtet. Danach war ihm zwar Übel vor Völle gewesen, aber der Geschmack war es wert. Schlürfend öffnete er die Schranktür neben seiner Kaffeemaschine und musste mit blanken Entsetzten feststellen, dass kein winzig kleines Krümelchen Kaffee mehr in dieser Wohnung war. Er musste definitiv Einkaufen. Er schielte auf den Kalender unter der Küchenuhr. Es war bereits der 22. Januar und dieses Jahr hatte bisher nichts geboten, bis auf absolute Scheiße. Zwar war er längst nicht über das Erlebte hinweg, aber er verspürte heute das erste Mal wieder den Drang aus diesen vier Wänden zu verschwinden und sich unter Menschen zu begeben. Vor wenigen Tagen dachte er, jeder würde ihm sofort anmerken was für elender Idiot er war. Sich in eine verheiratete Frau zu verlieben war ja das eine, aber nicht davon zu wissen das sie verheiratet war etwas völlig anderes. Es wunderte ihn, dass die Leute nicht mit dem Finger auf ihn zeigten und auslachten. Er hätte nie gedacht das sein Leben, dass in den letzten Monaten eigentlich ziemlich gut verlief, so dermaßen aus den Fugen geraten konnte. Nach ein paar Spritzern Wasser im Gesicht und einer Zahnbürste im Mund schnappte er seine Geldbörse und steckte sie in die hintere Tasche seiner Jeans. Er zerrte sich eine Mütze auf den Kopf und schlüpfte in die gefütterten Winterschuhe. Als Shikamaru die Haustür aufzog erstarrte er. Ein verkatertes Brummen dröhnte durch das geräumige Wohnzimmer. Gaara Sabakuno fasste sich leidend an den Kopf. Wieso war er hier? Er sah an sich hinunter und stelle schmerzlich fest, dass er noch dieselbe Kleidung wie gestern Abend trug. Er sah sich um und überlegte wo genau er überhaupt war. Ein rasselndes Schnarchen aus dem grauen Sessel weckte seine Aufmerksamkeit. So scheiße wie er sich fühlte, so sah Neji aus. Seinen Kopf stützte dieser mit seiner Hand ab. Neben ihm, eingequetscht zwischen Oberschenkel und Sessellehne stak eine halbleere Flasche Bier. Er erinnerte sich. Sie wollten in diese eine Kneipe, die Neji hatte empfohlen bekommen. Es war bei wollten geblieben. Als Gaara bei seinem besten Freund eingetroffen war, hatte dieser bereits mächtig einen auf dem Kessel und schwankte mehr, als das er gerade aus ging. Diese ganze beschissene Situation zermarterte alle. Gaara, Hinata und Sasuke übernahmen in abwechselnden Rollen die tröstenden Freunde. Wobei Sasuke außen vor war, da er sich ausschließlich um seine Schwester kümmerte. Der Sabakuno war tatsächlich ein bisschen geknickt gewesen, dass Temari sich Sasuke als sicheren Hafen gesucht hatte. Als er gestern Abend bei ihr war, sie ließ das erste Mal seit Tagen jemanden anderen an sich heran. Schaffte sie es nicht einmal ihm in die Augen zu sehen. Stumm zog er sie einfach in seine Arme, in denen sie still weinte und immer wieder in seinen nassen Hemdärmel murmelte, was für ein erbärmlicher Mensch sie sei. Gaara hatte ihr in seinem brüderlichen Schutz behutsam über den Kopf gestreichelt. Er erinnerte sich genau an seine Worte. „Wenn du so ein schlechter Mensch bist, wie du behauptest, wieso haben sich dann fantastische Männer in dich verliebt?“ Er wollte Shikamaru gerne hassen, für das was er seinem besten Freund und seiner Schwester angetan hatte, aber Temari bat ihn es nicht zu tun. Selbst jetzt verteidigte sie ihn. Und dann hatte sie ihm etwas gebeichtet, das seine ganze Sicht auf die Dinge änderte. Deshalb war er eigentlich zu Neji gegangen. Er hatte die Wahrheit verlangt, die er bereitwillig heraus rückte. Gut, lag eventuell auch an dem hohen Alkoholspiegel, aber Gaara war nicht kleinkariert. „Temari und ich sind bereits seit Monaten getrennt. New York sollte unseren Abschluss darstellen, bevor wir es euch sagen wollten. Und gib nicht deiner Schwester die Schuld für das was passiert ist. Wenn du jemanden hassen kannst, dann mich.“ Neji zögerte einen Moment und rang mit sich selbst. „Ich habe vor anderthalb Jahren eine Affäre gehabt, die Temari herausgefunden hat.“ Die Worten hallten noch immer durch seinen Kopf und wieder verspürte er den Drang seinem besten Freund seine Faust fest ins Gesicht zu rammen. Shikamarus Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Was willst du hier?“, fragte er scharf. Sein Blick wanderte einmal über ihren Körper. Augenringe stachen aus dem schönen Gesicht hervor. In der Hand hielt sie eine Einkaufstüte, aus der eine Packung Paprika heraus hing. Ihre Augen weiteten sich, als hätte sie nicht mit ihm gerechnet. „Gut das du da bist. Ich dachte, ich hätte dich möglicherweise verpasst.“ Drohend wiederholte er die Frage. „Verdammt Temari, was willst du hier?“ Sie hielt ihm auffordernd die Tüte entgegen. „Ich dachte mir, dass du vielleicht etwas Frisches brauchst und war für dich Einkaufen.“ „Ach plötzlich machst du dir Sorgen um mich? Vielleicht hättest du dir vorher mal ein paar Gedanken machen sollen.“ Er war wütend. „Shikamaru-“ Ihre Stimme brach ab. „Verschwinde einfach Temari. Ich will dich nicht mehr sehen.“ Er schlug seine Wohnungstür kräftig zu, sodass Temari zuckte und ließ sie stehen, während er aus dem Treppenhaus auf die Straßen von Chicago verschwand. Geknickt stellte die Blondine die Tüte mit dem Einkauf vor seiner Tür ab. Sie rupfte eine Ecke des braunen Papiers ab und hinterließ Shikamaru eine Nachricht, die sie unter der Tür hindurch schob. Mutlos verließ sie den Gebäudekomplex, zog den Schal enger um ihren Hals und machte sich auf den Weg zu Neji. Sie konnte ihm nicht länger aus dem Weg gehen und sie wollte es auch nicht mehr. Sie war lange genug vor ihren Problemen und Ängsten und vorallem vor der Wahrheit weggelaufen. Ein zarter Hauch von neuer Hoffnung und Mut durchströmte ihren Körper. Vielleicht gab es ja irgendwie die Möglichkeit alles wieder ins Lot zu bringen. Hinata hackte die Kräuter für die Tomatensauce klein, während Sakura Wasser für die Nudeln aufsetzte. Es war seltsam, aber innerhalb dieser kurzen Zeit waren die beiden Frauen gute Freundinnen geworden, auch wenn die Situation welcher diese Tatsache geschuldet war, alles andere als erfreulich war. Trotz dessen standen sie nun zusammen in der Küche der Haruno und machten sich einen netten Freitagabend. Es schien als wäre alles ganz normal. Beide fühlten sich hilflos gegenüber ihren besten Freunden. „Ich habe ein echt schlechtes Gewissen Temari gegenüber. Sie macht wahrscheinlich die schlimmsten Momente ihres Lebens durch und wir stehen hier und kochen.“ Hinata wischte den klein gehackten Basilikum mit der Rückseite des Messers in die rosa Keramikschale. „Glaub mir, mir geht’s genauso. Aber Shikamaru wird auf mich zu kommen, wenn er so weit ist. Das weiß ich. Und ich denke nicht, dass es uns zu schlechteren Menschen macht, wenn wir einfach nur zusammen kochen.“, sagte Sakura leicht hoffnungsvoll und kippte eine gute Menge Salz in das blubbernde Wasser. „Wirfst du mir bitte den Parmesan rüber?“, fragte Hinata beiläufig und Sakuras Worte geisterten durch ihren Kopf. „Ich habe einfach das Gefühl, dass ich Temari bisher gar nicht helfen konnte, außer ihr zu zuhören und sie etwas von ihrem Kummer zu befreien.“ „Aber genau damit hast du ihr doch bereits geholfen. So wie ich Temari bisher kennen gelernt habe, denke ich das sie einfach nicht der Typ Mensch ist, der einfach so aufgibt.“ Die Rosahaarige zuckte mit den Schultern. Aus dem Kühlschrank holte sie die Packung Parmesan und warf ihn Hinata zu. Geschickt fing die Dunkelhaarige ihn und befreite ihn aus seiner Plastikhülle. „Fusilli oder Farfalle?“ Demonstrativ wog Sakura beide Tüten ab. „Fussili. Da bleibt mehr Sauce hängen.“ Sakura lächelte verschmitzt. „Ich stelle wieder erschreckend fest, wir verstehen uns.“ „Bist du eigentlich schon nervös wegen der Show? Es ist ja gar nicht mehr so lange hin.“ „Ich bin lediglich nervös, ob ich die erste Sendung wohlmöglich alleine durchziehen muss.“ Sie rupfte die Tüte auseinander und kippte den gesamten Inhalt ins kochende Wasser. „Alter du hast es noch immer nicht auf die Reihe gebracht?“ Sasuke kickte den Ball in Richtung Naruto, den dieser abpasste. Er dribbelte ein Stück mit dem runden Leder und passte zurück zu seinem besten Freund. „Ich weiß doch auch nicht was plötzlich los ist. Jedes Mal wenn wir uns treffen ist mein Hirn wie leergefegt.“ Naruto blieb stehen und stemmte seine Hände in die Seiten. Er nahm die Mütze von seinem Kopf und genoss einen Moment die Kälte, die sein erhitztes Gemüt dämpfte. Er und Sasuke brauchten beide etwas Bewegung. Vorallem der Uchiha. Deshalb entschieden die zwei Freunde Fußball zu spielen und anschließend bei Naruto Pizza zu bestellen. Sasuke wusste nicht, wie Temari auf unerwünschten Besuch reagieren würde und außerdem musste er mal wieder raus. Obwohl es irgendwie lächerlich war, sich aus seiner eigenen Wohnung vertreiben zu lassen. Die Erkenntnis traf Sasuke wie einen Schlag. „Ich fass es einfach nicht. Dich hat es doch tatsächlich erwischt.“ Auch der Schwarzhaarige blieb stehen, klemmte den Ball unter seinen Arm und sah gen Himmel. Der Wetterbericht hatte für die kommende Woche einen Schneesturm gemeldet. Sasuke hoffte bloß inständig, dass lediglich etwas mehr Schnee fiel und der Wind peitschte und man nicht tagelang in der Wohnung gefangen war. Als er zu seinem blonden Freund sah, entdeckte Sasuke Unglaubliches. Er war doch tatsächlich rot um die Ohren geworden. „Du redest Stuss“, verteidigte sich Naruto und band einen losen Schnürsenkel. „Besser, als sich welchen anzuhören.“ Sasuke, der eindeutig Sieger dieser Diskussion war, marschierte Richtung Ausgang des Sportplatzes. Er dankte innerlich dem beheizten Feld, ohne welches es nicht möglich gewesen wäre etwas Dampf abzulassen. Naruto schüttelte missbilligend den Kopf, holte dann aber zu seinem Freund auf. Temari war außer sich vor Wut. Sie unterdrückte den starken Drang auf der Stelle etwas zu zertrümmern. Wie konnte es dieser Trottel wagen, so etwas vor ihr zu verheimlichen? Es war nicht einmal die Tatsache selbst, dass er wieder Kontakt mit ihr hatte. Aber durch seine Unfähigkeit die Zähne auseinander zu bekommen saß sie nun komplett besudelt in der Kacke. Sie stapfte unschlüssig durch die Straßen, wusste sie doch nicht so recht was sie jetzt mit dieser neuen, alles verändernden Information anfangen sollte. Shikamaru würde ihr nicht glauben, geschweige denn überhaupt die Tür öffnen. Immerhin ließ er sie bei genau diesem Versuch einfach stehen. Warum war dieser Idiot auch so ein Dickkopf? Temari angelte ihr Handy aus der Jackentasche und wählte die Nummer ihrer besten Freundin. Es dauerte nicht lange, da vernahm sie ein überraschtes ‚Temari?‘ am anderen Ende der Leitung. Im Hintergrund war eine weitere Stimme zu hören. „Wir müssen reden! Hast du Zeit?“, bellte sie in das Telefon. Einige Passanten sahen ihr grimmig entgegen, doch die Blondine ignorierte die Blicke und wich gekonnt dem Strom von Menschen aus, die Freitagabend endlich ins Wochenende wollten. Ihre Gedanken schweiften zurück. Schwermütig schlenderte Temari durch das riesige Wohnzimmer. An dem Bücherregal blieb sie stehen und strich sanft über die zahlreichen Buchrücken. Wie viele Stunden hatte sie damit zugebracht all diese Titel zu lesen? Es schien ihr, als wäre all das eine Ewigkeit her. Irgendwie war dem auch so. Neji beäugte sie kritisch. Er lehnte im Türrahmen zur Küche. Seine Arme vor der Brust verschränkt. Entgegen das er sonst nie Jogginghosen trug, schien es ihm tatsächlich schlecht zu gehen. „Wann sind wir zu Menschen geworden die sich gegenseitig belügen und betrügen?“, durchbrach Temari die Stille. Ihre Stimme war ruhig und gelassen. Neji stieß sich von dem Rahmen ab und blieb neben Temari vor dem großen Fenster, das in den Garten zeigte, stehen. Vögel tummelten sich um das Vogelhaus herum und verteilten großzügig die Schalen der Sonnenblumenkerne. Das Licht funkelte auf dem Schnee und brachte ihn zum Glitzern. Wehmütig dachte er an die vielen lauen Sommerabende zurück, die ihre kleine Gruppe hier zusammen verbracht hatten. Nächte vor der knisternden Feuerschale, mit einem Glas Wein in der Hand und den Sternen über ihnen. Hier draußen konnten sich alle fallen lassen und lachen. Gaara, der immer ein beschützendes Auge auf seine Schwester behielt. Sasuke, der von dem Druck befreit war, den die Arbeit mit sich brachte. Naruto, der lauthals Witze riss. Hinata, die ruhig im Einklang mit sich selber war. Temari und Er. War er wirklich bereit das alles aufzugeben? Unschlüssig vergrub er seine Hände in seinen Hosentaschen. Temari lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. „Es tut mir echt leid was ich uns angetan habe.“ „Du brauchst dich nicht bei mir entschuldigen. Ich war derjenige, der das Arschloch war. Und irgendwie sind wir uns gegenseitig immer weiter entglitten.“ „Meinst du, wenn wir mehr gekämpft hätten, dass es anders gekommen wäre?“ Neji atmete schwer aus. „Wir haben gekämpft wie die Löwen. Wir hatten eine gute Ehe, die eben nur vier Jahre gehalten hat. Als gescheitert würde ich das nicht beschreiben.“ Die Blondine überlegte einen Augenblick. „Wieso bist du nicht fuchsteufelswild? An deiner Stelle würde ich dir alles um die Ohren schlagen.“ „Ich hatte schon eine ganze Weile das Gefühl, dass du nicht ganz ehrlich zu mir bist. Und ich war ebenfalls nicht ganz ehrlich dir gegenüber.“ Bei den letzten Worten wurde Nejis Stimme immer leiser. Temari schaute ihn irritiert und überrascht an. Neji löste seinen Blick aus dem Fenster und sah Temari tief in die blauen Augen. „Eigentlich sollte ich es dir bereits bis Ende letzten Jahres gebeichtet haben, aber du wirktest in New York so glücklich, dass ich es nicht zerstören wollte. Und wir hatten uns seit langer Zeit wieder so gut verstanden. Aber ich denke, dass es an der Zeit ist dir ebenfalls endlich reinen Wein einzuschenken.“ Temari machte einen Schritt rückwärts. „Was genau versuchst du mir hier gerade zu sagen?“ „Als du letzten Sommer diese schlimme Sommergrippe hattest und ich in der Apotheke war habe ich sie durch Zufall wieder getroffen. Eigentlich wollte ich sie ignorieren und schnell verschwinden, aber sie bat mich auf einen Kaffee und ich bin geblieben. Wir wollten diese ganze Sache mit einem letzten Gespräch abschließen. Und auf dieses eine letzte Gespräch folgte ein weiteres. Und irgendwann schrieben wir wieder jeden Tag miteinander. Bei Gott! Es ist nichts passiert. Das musst du mir glauben. Aber ich denke, du solltest wissen, dass nicht du diejenige bist, die etwas falsch gemacht hat, sondern von Anfang an ich der treibende Keil zwischen uns war.“ „Wir haben deinen Seitensprung aber aufgearbeitet und hinter uns gelassen. Also höre bitte auf den Märtyrer zu spielen, und alle Schuld auf dich zu nehmen. Wir sind beide fremd gegangen. Daran gibt es nichts zu rütteln. Punkt.“ „Natürlich bin ich alles andere als begeistert, dass du fremd gegangen bist, aber...“, er unterbrach sich für den Bruchteil einer Sekunde. „Nein, kein aber. Es ist scheiße, was du getan hast. Geht’s dir jetzt besser, nachdem ich dir einen Vorwurf daraus gemacht habe?“ „Ganz ehrlich? Kein bisschen. Shikamaru hasst mich und ich kann es total nachvollziehen. Ich habe dich nach der Sache mit Tenten ja auch gehasst.“ Temari strich sich die blonden Haare aus dem Gesicht und lehnte den Kopf gegen die kühle Glasscheibe. Für einen Moment schloss sie die Augen, als sie sie wieder öffnete fixierte sie das Gesicht ihres Mannes. „Kannst du dich an unsere erste gemeinsame Reise erinnern?“ Mit einem traurigen Lächeln im Gesicht dachte sie an Australien. Neji fuhr sich durch die Haare und lachte leise. „Damals hast du mich verabscheut. Wie hattest du mich liebenswerter Weise getauft? Antichrist?“ Beide grinsten über diese Erinnerung. „Und trotzdem durftest du diese sehr spontane Reise mit machen. Ich hätte dich auch einfach am Flughafen sitzen lassen können. Außerdem habe ich dich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verabscheut. Ich mochte lediglich deine große Klappe nicht.“ „Ach deshalb hast du mich damals mitten im Outback geküsst? Das ich endlich schweige?“ Tränen bahnten sich den Weg über die Wangen der Blondine. „Kannst du glauben, dass es jetzt fast neun Jahre her ist?“ Neji verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein. „Ich kann es nicht glauben, dass es bereits so lange her ist, dass wir mitten im nirgendwo beinahe verreckt wären, weil du nicht auf mich hören wolltest und wir mehr Wasser gebraucht hätten.“ Abwehrend hob sie die Hände. „Hey, immerhin sind unsere Survival Skills dadurch exponentiell gestiegen. Außerdem kamen diese unfassbar heißen Typen vorbei, die uns gerettet haben.“ „Genauso gut hätten die uns aber auch einfach abstechen und anschließend unsere Leichen in den Busch schmeißen können. Wir wären nie gefunden worden und unsere Leichen wären von hungrigen Kängurus gefressen worden.“ „Etwas Restrisiko bleibt doch immer.“ Sie zuckte mit den Schultern. Es herrschte einige Minuten Stille zwischen ihnen, bevor Temaris Stimme sie durchbrach. „Was sollen wir jetzt machen?“ Seine Stimme war beinahe beruhigend. „Wenn du ehrlich mit dir bist, kennst du die Antwort doch schon längst.“ Ein paar heiße Tränen fanden den Weg auf das helle Parkett. Temari schlang die Arme um sich. „Ich habe aber Angst es auszusprechen. Denn das würde heißen, wir müssen wirklich der Wahrheit ins Gesicht sehen. Das macht mir echt eine ungeheure Angst." „Temari, du warst von uns allen schon immer die Mutigste. Die freiwillig aus Flugzeugen gesprungen und mit Haien getaucht ist und jetzt sagst du mir, du hast Angst dich der Realität zu stellen? Natürlich fühlt es sich scheiße an, sich seinen Problemen zu stellen, aber du wirst keine andere Wahl haben, wenn wir das hier alles wieder gerade biegen wollen. Und glaube mir, ich hätte mir auch ein anderes Ende für uns gewünscht.“ Er fixierte sie und schockiert stellte Temari fest, dass Nejis Augen unfassbar glasig waren. Es fiel ihm genauso schwer sich das Ende einzugestehen. „Neji“, flüsterte sie leise und legte eine Hand auf die Wange des Mannes. Er schmiegte sich dagegen und legte seine eigene Hand über ihre. „Sprich es aus.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht.“ „Natürlich kannst du es! Ich kenne dich.“ „Scheinbar nicht so gut wie gedacht.“, neckte sie ihn und ein Schluchzen gemischt mit einem verzerrten Lachen verließ ihre Kehle. Es klang grässlich. Sie war sich auch sicher absolut entsetzlich auszusehen. „Dann zusammen.“ Beide nahmen einen tiefen Atemzug und sahen sich in die Augen. „Wir sollten uns scheiden lassen.“ Sakura war sich nicht ganz sicher wie der Abend in diese Richtung schwenken konnte. Sie saß doch nur mit Hinata in der Küche um sich einen ablenkenden Freitagabend zu machen, als das Telefon der Hyuga klingelte und eine aufgebrachte Stimme am anderen Ende der Leitung war. Und nun saß Temari an ihrem Küchentisch und verschlang bereits die zweite Ladung Pasta. Sakura stütze ihren Kopf mit der Hand ab und spießte eine Nudel auf. „Ich habe es noch immer nicht ganz begriffen. Du hast Shikamaru mit Neji betrogen, aber irgendwie auch nicht, während Neji zeitgleich auch fremd gegangen ist?“ Sie seufzte laut aus. Das war einfach alles mehr als verzwickt. Hinata griff zielstrebig nach der Flasche Gin und füllte ihr Glas auf. „Ich habe ihm von Anfang an gesagt, dass er dir die Wahrheit erzählen soll. Sonst hätte ich es gemacht.“ Temari ließ die Gabel augenblicklich zurück auf den Teller sinken. „Du wusstest davon? Warum hast du es mir nicht gesagt?“ Ein Anflug von Wut bauschte sich in der Blondine auf. „Wussten hier irgendwie alle mehr als ich?“ „Reg dich ab. Ihr seid beide nicht unschuldig.“, versuchte Hinata die Situation entschärfen und genehmigte sich einen Zug des berauschenden Mittels. „Ich habe es außerdem auch nur durch Zufall herausgefunden.“ Temari vergrub ihr Gesicht in den Händen und seufzte. „Das ist doch alles eine richtig große Scheiße!“ Sie sah flehend zu Sakura. „Meinst du Shikamaru würde mir nochmal die Chance geben wenigstens mit mir zu reden?“ Sakura dachte darüber nach. Sie kannte ihren besten Freund und seinen Dickschädel. Wenn er keine Lust hatte, konnte er überdurchschnittlich gut unangenehme Dinge von sich wegschieben. Zwischen zwei Bissen Nudeln antwortete sie mit halbvollem Mund. „Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung. Es geht ihm wirklich schlecht, aber Shikamaru tendiert dazu bestimmte Situationen zu ignorieren und in seinen Gedanken weit nach hinten zu verdrängen. Also könntest du echt noch die Chance haben, es wieder zu regeln.“ „Ich will ja nicht, dass er mir verzeiht, das schaffe ich selber ja nicht mal, er soll einfach nur wissen, dass es nicht so ist wie er denkt.“ Resigniert schenkte sich Temari ein weiteres Glas Rotwein ein und nahm zielstrebig einen Schluck. Er besaß eine leicht fruchtig-frische Note mit einer feinen Säure, die an ihrem Gaumen entlang glitt. Vielleicht sollte sie dem Teufel ihr Leben als Opfergabe anbieten, wenn er ihr im Gegenzug die Probleme abnahm? Irgendwie gefiel ihr dieser Gedanke. Ob ihre Freunde sie für völlig bekloppt hielten, wenn sie ihnen die Idee unterbreiten würde? Die Haruno entschuldigte sich und ihre Blase und verschwand auf der Toilette. „Also“, begann Temari vorsichtig und schwenkte das Glas in ihrer Hand umher. Irgendwie seltsam das sie in der Küche der besten Freundin ihres…ja ihres was? Sie war nie bereit, sich öffentlich zu Shikamaru zu bekennen. „Wieso bist du hier? Seit ihr jetzt eine eingeschworene Gemeinschaft oder wie?“ „Fahr mal runter. Wir haben lediglich unsere besten Freunde in den letzten Wochen versucht zu trösten und eine freundschaftliche Bindung zueinander entdeckt. Und wenn es alles nicht so kompliziert wäre, würdest du dich hervorragend mit Sakura verstehen. Sie besitzt den gleichen schrägen Humor wie du und teilt, auch wenn ich es nicht glauben kann, sehr ähnliche Ansichten zum Leben wie du.“ Die Blondine verschränkte ihre Arme auf dem Tisch und lächelte gefährlich. „Was heißt hier schräger Humor? Nur weil ich herzlichst über Flachwitze lachen kann?“ Sie zuckte mit den Schultern. Hinata griff sich an die Stirn und atmete laut aus, als es an der Wohnungstür schellte. Aus dem Badezimmer rief Sakura. „Kann jemand von euch öffnen? Bin noch beschäftigt!“ Temari sank tiefer in sich zusammen. „Ich nicht. Wenn das Shikamaru ist, wird er mich auf der Stelle töten oder noch schlimmer! Der denkt bestimmt, ich will ihm auch noch seine Freunde stehlen.“ „Spinn nicht herum. Shikamaru ist heute Mittag spontan an die Ostküste geflogen um seine Großeltern zu besuchen.“ „Wie bitte? Woher weißt du das? Und ich stehe wie eine Bekloppte vor seiner Tür und warte darauf, dass er endlich auf mich reagiert?“ „Das ist jetzt nicht dein Ernst? Oh Temari! Bitte sag nicht, dass du das wirklich getan hast.“ Abwehrend hob sie die Hände. „Schuldig im Sinne der Anklage. Ich war verzweifelt und wütend. Außerdem dachte ich...ach keine Ahnung was ich mir gedacht habe. In letzter Zeit nicht sonderlich viel. Ich bin wie ein riesengroßer Magnet der sämtliche Probleme heran zieht, die es so gibt." Hinata stand auf und schüttelte ungläubig den Kopf. Sie zupfte ihren gelben Pullover zu Recht. Im Treppenhaus vernahm sie bereits aufgeregtes Gemurmel. Sie drückte die Klinke herunter und zwei sehr bekannte Augenpaare standen ihr gegenüber. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)