Painting the truth von Ship-happens ================================================================================ Kapitel 5: Wut -------------- Ich war noch nicht einmal an seiner Wohnungstür angekommen und gerade dabei, die Türklingel zu drücken, da öffnete mir der Untergrundheld die Tür. “Ein wenig spät”, begrüßte mich Aizawa, trat zur Seite und ging zurück in die Küche. Scheinbar hatte ich wirklich freien Eintritt in seine Wohnung. “Auch einen wunderschönen guten Abend, Shota!”, brummte ich ihm nach, trat ein und zog artig die Schuhe aus. Dann folgte ich dem Mann in die Küche. Eigentlich hatte ich eher erwartet, dass Aizawa ein Lieferdienstkunde war, anstatt selbst zu kochen. “Riecht interessant”, murmelte ich. Der Geruch war unbeschreiblich! “Du kannst gleich kochen!”, raunte Shota leicht genervt. Ich grinste. Oh, hatte ich etwa den Nagel auf den Kopf getroffen? Ich ließ meinen Blick über die Töpfe wandern und erkannte, welches Gericht er kochte. Spaghetti Bolognese mit Salat! Und zugegeben: Da ich bis auf den Apfel von Saki und den Kaffee mit Toshinori nichts im Magen hatte, knurrte mein Bauch dementsprechend, was mich leicht erröten ließ. “Setz dich, ist gleich fertig”, meinte Aizawa und machte eine kurze Bewegung mit dem Kopf, ein stummes „Ab ins Wohnzimmer mit dir!“ Gesagt, getan. Ich horchte auf die Anweisung des Helden und ging in das vertraute Wohnzimmer zurück. Wie unerwartet ich den Laptop am gleichen Ort wiederfand, an dem ich ihn heute Morgen zurückgelassen hatte. Was tat Shota nach der Schule?! Scheinbar direkt schlafen, oder? Kurz huschte mein Blick ins Schlafzimmer des Mannes. Ich versuchte auszumachen, ob er geschlafen hatte oder nicht. Gab es die Möglichkeit, heute hier zu übernachten? Es musste nicht zwingend in Sex enden, aber dieses Bett! So weich! Gerade noch ins Schlafzimmer starrend, bemerkte ich den Untergrundhelden mit den Tellern in den Händen nicht. „Gibt es etwas, das du nicht kennst?“, fragte Shota kühl, woraufhin ich erschrak und schuldig zu dem Mann lächelte. „Nein, oder?“, klang ich eher fragend als antwortend. Ein leicht genervter Blick war die Reaktion darauf. Gemeinsam traten wir ins Wohnzimmer. Shota servierte das Essen auf dem Tisch und schenkte sogar zwei Gläser Rotwein dazu ein. So viel Romantik hätte ich ihm nicht zugetraut! „Ich dachte nicht, dass ich so verwöhnt werde“, murmelte ich kleinlaut. Shota gab ein kurzes, wirklich sehr kurzes Lachen von sich, mehr nicht. Kurz nachdem wir angefangen hatten, das Essen zu uns zu nehmen, das zugegeben grauenhafter schmeckte als es aussah, begann Aizawa das Gespräch. „All Might und du“, fing der Untergrundheld ruhig an, blickte aus dem Augenwinkel zu mir und sorgte dafür, dass ich mich am Rotwein verschluckte. „War das ein Date?“, fragte mich der Schwarzhaarige direkt – sehr direkt! Und was sollte ich darauf bitte antworten?! Ja, war es?! Nein, war es nicht!? Im Grunde genommen hatten wir Kaffee getrunken und uns über seine Schüler unterhalten. Ein Date stellte ich mir anders vor, eher wie jetzt. Man lud mich ein zu gutem, nun ja, minder gutem Essen und süßem Rotwein ein. DAS war ein Date, Shota! Nicht das heute Nachmittag! Und vor allem: Woher wusste der Mann bitte davon?! Stalker! STALKER! „Mhm. Eifersüchtig, dass mich jemand anderes daten könnte, Shota?“, entkam mir eine Gegenfrage, doch der Dunkelhaarige brummte nur. „All Might hat viel Aufsehen erregt. Das nächste Mal solltet ihr einen etwas abgeschiedeneren Ort für solche Treffen ausmachen“, meinte Shota und schien sich mit meiner Antwort zu begnügen. Und bitte?! Ich hatte nicht mit dem Nummer Eins-Helden öffentlich auf dem Cafétisch Sex gehabt und ihm schweinische Namen gegeben, sondern nur, ich wiederholte, NUR einen Kaffee getrunken! Shota, eifersüchtele mich nicht! „Er sieht es als eins“, fügte Shota hinzu, nahm einen Schluck seines Rotweins und schien mich keines Blickes zu würdigen, auch wenn mich diese Information ein wenig baff machte. Toshinori hatte es als Date gesehen?! „Dann wird es wohl ein Date gewesen sein, schätze ich“, murmelte ich, unwissend, was ich darüber denken sollte. „Wie reagierte Sasaki darauf?“, fragte Aizawa nach einigen Minuten des Schweigens und wandte sich nun mehr zu mir, schien das Thema ernster zu nehmen als das Thema All Might bzw. Toshinori Yagi. War ihm nicht zu verübeln. „Was soll mit Sasaki sein?“, fragte ich überrascht, was mir sichtlich auch im Gesicht geschrieben stand, denn Shota schloss kurz seine Augen, griff nach seinem Weinglas und setzte es an seine Lippen. „Seine Ex-Freundin jeden Tag zu sehen und dann holt dich dein Date von der Arbeit ab?“ Fuck Aizawa! Woher wusstest du das nun wieder!? Und was hieß Ex-Freundin? Mirai und ich waren ein Paar gewesen? Und im nächsten Moment fühlte sich alles falsch an – wirklich alles. Hier zu sein, das Treffen mit Toshinori, der Morgen vor zwei Tagen! Und irgendwie erklärte es den skeptischen Blick des Helden! Oh fuck! Oh fuck, fuck, fuck, fuck!! „Rose“, ergriff Aizawa das Wort, um irgendeine Reaktion von mir zu bekommen, aber ich war für den Moment nicht in der Lage, mich auszudrücken oder auch nur ein einziges passendes Wort zu finden! Mir war, als ob man mich ins kalte, dunkle Wahrheitsmeer geschubst hatte und erwartete, dass ich schwimmen lernte, damit mich das kalte Nass nicht verschluckte. Schweigend stellte ich das Glas auf das Tischchen, richtete mich auf und lief in Richtung des Ausgangs. Es war beinahe ein Reflex, dies zu tun, eine automatische Handlung. „Hey!“, rief mir Aizawa nach. Sofort war der Mann auf den Beinen, griff nach meinem Handgelenk und stoppte mich. „Tut noch weh, mh?“, fragte der Untergrundheld und traf mitten ins Schwarze. „Lass mich los“, murmelte ich ruhig und emotionslos. Eine typische Reaktion von mir auf Schmerz: Resignation. Ob das hier auch so war? „Es bringt nichts, wenn die Vergangenheit dich einholt. Es ist vorbei mit euch Beiden“, meinte Aizawa kühl, aber direkt und es fühlte sich an wie ein Fass Salz in der Wunde. Es brannte so furchtbar und ganz erklären konnte ich es mir nicht, aber es schmerzte und schnürte mir die Kehle zu. Es waren nicht meine Reaktionen oder?! Ich war fucking nochmal nur zwei Tage hier, aber der Schmerz, die Trauer, die Frustration und der leicht angekratzte Stolz waren da. Fühlbar, als ob sie meinen eigenen Emotionen entspringen würden! „Was weißt du schon!“, fuhr ich den Dunkelhaarigen an, ungewollt laut und harsch. „Nicht mehr als du, aber es rei-“ „Nichts weißt du! Gar nichts!“, unterbrach ich den Untergrundhelden, der mein Handgelenk ein wenig fester hielt. Wollte er mich wirklich da behalten, gegen meinen Willen? Es schürte die brodelnde Suppe meiner Gefühle und ich entriss meinen Arm seinem Griff mit einem Ruck. Unangenehm für mich und mein Handgelenk, welches von der Aktion schmerzte. „Ich lasse mir nicht von dir vorhalten, im Jetzt zu leben. Nicht von dir, einem Mann, der Liebe nicht verstanden hat!“, ranzte ich Shota weiter an, doch dieser gab keinen Mucks von sich. Nicht weil er nicht könnte oder sich traute, sondern weil er wusste, woher mein Ausbruch kam. „Und willst du diese Beziehung erzwingen? Einen erwachsenen Mann und Profihelden dazu zwingen, dich zu lieben? Werd erwachsen, Rose. Du bist keine pubertierende 16-Jährige mehr, die ihren ersten Freund verliert!“, meinte Shota direkt, jedoch auch hörbar genervt. Streitigkeiten waren sowieso nicht Shotas Ding, das wusste ich ja, aber so war ich eben. Es war wie ein Feuer unter der Haut, welches von Sekunde zu Sekunde schmerzhafter wurde und sein Rauch, der Qualm, nahm mir den Raum, logisch nachzudenken. Es war so verschwommen, so verworren. Es war so unklar, wieso diese Beziehung ein Ende gefunden hatte und wieso mir das so wehtat. Die Antwort fühlte sich zum Greifen nah an, doch das war nichts weiter als eine Illusion im Wind. Ein entscheidendes Puzzleteil fehlte für die Lösung. „Er liebt dich nicht mehr, komm damit zurecht!“, meine Shota harsch, danach herrschte drückende Stille. Mit voller Kraft biss ich mir auf die Unterlippe, schmeckte den verräterischen Geschmack von Eisen und versuchte krampfhaft, das alles hier nicht weiter zu verschlimmern. Dennoch hatte ich das Bedürfnis, dem Mann hinter mir für diesen Satz, der sich wie hochkonzentrierte Säure anfühlte, eine zu scheuern. „Ich gehe“, entkam es mir zwanghaft ruhig im Versuch, meine Gefühle zu verbergen, wie ich es sonst auch immer tat, wenn es mir schlecht ging und ich nicht wollte, dass Personen auf mich aufmerksam wurde. „Rose, du kannst hier bleiben. Dich in die Einsamkeit zu flüchten und einem Mann nachzutrauern, den du nicht haben kannst, ist wahnsinnig und schwachsinnig. Du verlierst dich darin und das möchte niemand. Auch ich nicht“, meinte der Untergrundheld beinahe in einem beschwichtigenden Tonfall. Doch die Worte kamen nur mager bei mir an. „Auf Wiedersehen“, verabschiedete ich mich, zog fix die Schuhe an und verließ schneller die Wohnung, als ich sie betreten hatte. Der Abend war eine Katastrophe! Obwohl ich es nicht wollte, konnte ich das Schluchzen nicht mehr verbergen und Tränen rannen meine Wange herunter. Zu allem Übel war ich tierisch verwirrt und aufgewühlt von einer Tatsache, die ich nicht mehr zu ändern konnte, ja, die nicht einmal mehr im Raum stand, aber umso schmerzhafter war. Zuerst lief ich panisch und ziellos durch die Gänge, suchte einen stillen Ort für mich. Eine dunkle Seitengasse, ein kleiner Geheimweg oder sogar ein zugänglicher Garten – irgendetwas musste ich finden, um mich zu beruhigen und meine Gedanken zu sortieren. Erst als mein Handy klingelte, blieb ich stehen, wischte mir mit dem Handrücken über die Augen und versuchte mit verschwommener Sicht, ausgelöst durch die Tränen, zu erkennen, wer es war. Aizawa natürlich. Auch wenn ich selbst eine Profiheldin war, waren wir Freunde, oder? Meine Reaktion war dennoch, den Anruf abzulehnen und das Handy wegzustecken. Mein Weg führte mich weiter, dieses Mal deutlich langsamer, auch wenn sich mein Gefühlschaos nicht gelegt hatte. Auf eine kleine Parkbank setzte ich mich schließlich, stützte meine Arme auf den Knien ab und legte den Kopf in die Hände. Okay, okay, okay. Tief durchatmen! Gefühlt dauerte es eine Ewigkeit, bis das Chaos in mir abnahm, meine Gefühle sich langsam beruhigten und die Tränen aufhörten. Der Schmerz war immer noch da, doch quälte er mich in diesem Moment nicht mehr so krass. Ob ich fragen könnte, warum wir uns getrennt hatten und damit für diese brennende Unwissenheit Erlösung fände? Ob ich der Grund war? Meine Eigenheit, die nicht nur auf positive Reaktionen traf oder gar oft als nervig und unnötig empfunden wurde? Hatte ich ihn betrogen?! Nein, das niemals! War ich in einer Beziehung, so war ich bedienungslos loyal und treu! Aber was dann?! Was war es gewesen? Auf diese Frage brauchte ich eine Antwort – dringend. Sonst würde die quälende Unwissenheit mich in den Wahnsinn treiben. Wieder nahm ich das Handy in die Hand, durchsuchte die Kontakte und fand fix Sasaki M. Ob es eine so gute Idee war, am Abend anzurufen und die Stimme zu hören, welche diesen Schmerz ausgelöst hatte? Aber was blieb mir anderes übrig? „Arbeit und Privatleben gehören strikt getrennt!“, kam mir sein Satz in den Kopf, woher auch immer. Es war abends und privat. Konnte ich mich dazu durchringen? Nein. Meine Feigheit stand wieder im Weg und frustrierte mich. Ein kurzes Seufzen entwich meiner Kehle, dann richtete ich mich auf und trottete langsam in Richtung meines Zuhauses. Mein Blick war weiterhin fest auf das Handy gerichtet und ich überlegte krampfhaft nach den richtigen Worten für eine SMS. Vielleicht gab es die Möglichkeit, mit Sasaki zu sprechen? Wenn ich ihn geliebt hatte, so hatte der strenge Mann an sich Seiten, die liebenswürdig waren! Außer man hieß Enji Todoroki. Dann war man einfach ein empathieloser Bastard, dessen einzige gute Tat gewesen war, seinen Samen in Rei zu schießen und Shoto zu zeugen! Unzählige Male fing ich die SMS an, löschte aber jeden Anfang. Kein Wort war passend, keine Formulierung konnte ausdrücken, was ich sagen wollte! Gab es noch die Chance, dass...? Nein, sicherlich nicht. Dieser Keim sollte sofort verbrannt, betoniert und vergessen werden! Der Weg kam mir vor wie ein Katzensprung, nicht mehr wie eine 30-minütige Heimreise. Nichts fühlte sich in diesen kurzen Moment sonderlich lang an, nur meine Gedanken. Als ob es unmöglich wäre, einen normalen Satz zu formulieren, nach dem Grund für die Trennung und nach einem Gespräch fragen. Eine etwas härtere Variante wäre wohl, einfach bei ihm aufzutauchen und zu klingeln, aber dann könnte ich mich auch einem Telefonat stellen. Das war weniger hart, falls Sasaki ablehnend reagieren sollte. Oder war das besser? Gerade stapfte ich die letzten paar Meter bis zu dem Haus, in dem ich wohnte, da begann ich letztendlich eine SMS zu formulieren. Egal, wie sie klänge, irgendetwas musste ich gegen die ganze Unsicherheit in mir tun. Sollte ich mich lieber kurz fassen oder ausführlich? Vielleicht besser eine einfache Frage oder gar die Bitte, heute Abend bei mir zu sein? Noch während ich auf der Suche nach der passenden SMS-Formulierung war, fand mich die Lösung. Denn gerade als ich anfing, Sasakis Namen zu tippen, überwand ich das letzte Stückchen zur Wohnung und traf auf eine offene Wohnungstür. Eigentlich hatte ich den Kopf nur gehoben, um das Schloss aufzuschließen, aber der Anblick, welcher sich mir bot, jagte mir einen eiskalten und widerlichen Schauer über den Rücken. Profiheld hin oder her: In diesen Moment hatte ich Angst, furchtbare Angst. Irgendjemand war in meine Wohnung eingebrochen, in meinen privatesten Lebensraum! >Bei mir wurde eingebrochen. Kannst du vorbeikommen? Ich habe wirklich Angst< Tippte ich geistesgegenwärtig. Natürlich wäre es sinnvoller gewesen, die Polizei oder andere Helden anzurufen, aber nein, in diesem Moment war ich nur zu dieser Nachricht fähig. Langsam trat ich näher, steckte das Handy in die Hosentasche und schob die geöffnete Tür mit klopfendem Herzen weiter auf. An den Spuren am Schloss konnte man leicht erkennen, dass dieses mit Gewalt aufgebrochen worden war, nicht mit einem Zweitschlüssel aufgeschlossen. Aber was suchte jemand bei mir? Einen Barren Gold? Den dürfte er artig teilen! Beim besten Willen fiel mir nichts ein, was von Wert war, außer mein Laptop. Dort waren sicherlich unzählige Daten über Klienten und Kollegen der Agency! Sie wären wortwörtlich das einzig wertvolle Gut in meiner Wohnung! Langsam trat ich durch den Türrahmen und verfluchte mich dafür, dass ich meine Tasche bei Aizawa hatte liegen lassen und nun quasi quirklos war. Ich würde dem Untergrundhelden dafür in den Hintern treten! Er hatte wirklich das Talent, mit Frauen umzugehen wie ein fucking Molch! Meine einzige Hoffnung war es nun, dass Sasaki reagierte oder der Einbrecher bereits mit ein wenig Geld abgehauen war. Langsam machte ich einen Schritt nach hinten und versuchte, unauffällig aus der Wohnung zu schleichen, um unweit der offenen Tür zu warten. Notfalls würde ich später die Polizei oder jemand anderes anrufen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)