Dein rettendes Lachen von stardustrose ================================================================================ Kapitel 19: Einsame Krähe ------------------------- Langsam wurde ich wach und spürte eine angenehme Wärme an meiner Seite. Seinen Duft, den ich ganz intensiv wahrnahm. Ich öffnete die Augen. Es war früh am Morgen und die Sonne zeigte ihre ersten warmen Strahlen. Tauchte das Zimmer in ein sanftes Licht. Ich hatte mein Gesicht halb in diese brünetten Haare vergraben und seufzte zufrieden. Gedankenverloren zog ich ihn enger an mich und auch er schmiegte sich im Schlaf näher an meine Brust. Die Erinnerungen an den Kuss von gestern Abend ließen mich schmunzeln. Dieser unbeschreiblich schöne Kuss. Ich hatte ganz vergessen wie schön das Gefühl war, neben jemandem zu schlafen, für den man so viel empfindet. Gedankenverloren strich ich durch sein Haar und musste lächeln. Es war angenehm, ihm endlich wieder so nah sein zu können. Sein seltsames Verhalten der letzten Tage ergab gestern endlich einen Sinn für mich. Immer wenn Aki in meiner Nähe gewesen war, war er so… anders. Abgelenkt. In Gedanken versunken. Er hatte sie teilweise argwöhnisch beobachtet und ich hatte mir einfach nicht erklären können warum. Schließlich waren sie gute Freunde. Als er mich gestern zögerlich gefragt hatte, ob ich alles von diesem Wochenende vergessen hätte, machte es endlich Klick. Er war unsicher, vielleicht sogar eifersüchtig auf Aki, weil sie ständig aus irgendeinem Grund in meiner Nähe war. Und weil er mich fragte, ob ich alles vergessen hätte, musste er damit wohl den Kuss meinen. Zumindest war ich mir ziemlich sicher. In diesem Moment konnte ich ein leises Lachen nicht unterdrücken. Wie kam er nur auf die Idee, ich hätte näheres Interesse an ihr? Und warum hatte ich das nicht schon vorher gemerkt? Ich hatte ihn unbedingt davon überzeugen wollen, dass ich alles wusste, was an diesem Wochenende zwischen uns passiert war. Dass ich nichts von Aki wollte, aber besser als Worte konnte das nur ein Kuss ausdrücken, dachte ich. Ich hatte seine Erleichterung förmlich spüren können als ich meine Lippen auf seine legte. In diesem Moment war ich einfach nur glücklich gewesen. Ich wusste nicht, wie lange ich schon einfach neben ihm lag und ihm durchs Haar strich. Seine Nähe und Wärme dabei genoss. Langsam begann er sich in meinen Armen zu bewegen. Ob er langsam aufwacht? Normalerweise war er nie vor seinem Wecker wach. Ich nahm meine Hand von seinem Kopf, hörte ein leises Murren und musste schmunzeln. Hatte er sich etwa daran gewöhnt? Allmählich löste er sich ein Stück von mir und sah verschlafen zu mir auf. Er hatte noch einen Kissenabdruck im Gesicht und seine Haare standen ihm strähnen weise zu Berge. „Guten Morgen“ sagte ich leise lächelnd. Er brauchte einen Augenblick, ehe er die Situation begriffen hatte und sein Blick etwas wacher wurde. Ein Rotschimmer legte sich auf seine Wangen. Mein Lächeln wurde etwas breiter und bevor ich es mir versah, gab er mir einen kurzen, sanften Kuss. Dann löste er sich von mir und grinste. „Morgen!“ Ich drehte mich etwas auf den Rücken und er legte seinen Kopf zufrieden seufzend auf meiner Brust ab. „Ich könnte mich daran gewöhnen so aufzuwachen.“ In diesem Moment keimten Gewissensbisse in mir auf. Ich strich ihm hauchzart über den Rücken. Natürlich war es unglaublich angenehm, ihn an meiner Seite zu haben, aber ich konnte nicht ewig bei ihm wohnen. Ich wollte wieder zurück nach Hause, sobald es mir besser gehen würde, und dieser Zeitpunkt war da. Ich konnte mich zwar noch nicht an alles erinnern, aber ich fühlte mich allmählich wieder wie ich selbst. „Was das angeht…“ Er hob den Kopf und sah mich an. Ich wollte nicht, dass er jetzt wegen mir traurig war, also nahm ich seine Hand und sah in diese kastanienbraunen Augen, die mich erwartungsvoll musterten. „Ich kann nicht ewig hier bleiben“ sagte ich nur, aber er verstand, worauf ich hinauswollte und sah mich traurig an. „Willst du wirklich schon wieder zurück?“ Ich nickte. „Aber ich habe gehofft, du könntest noch eine Weile bleiben. Immerhin kannst du dich immer noch an kaum etwas von den zwei Tagen erinnern.“ Ich seufzte leise. Er hatte recht, aber er und seine Familie haben so viel für mich getan. Ich fühlte mich unwohl bei dem Gedanken, ihnen länger zur Last zu fallen. „Du hast recht, aber das wird schon wieder. Außerdem bin ich ja nicht aus der Welt. Wir sehen uns in der Schule und wir wohnen nicht weit voneinander entfernt.“ „Trotzdem! Willst du wirklich wieder allein wohnen?“ Natürlich nicht, aber wie sollte ich ihm am besten erklären, wie ich darüber dachte? „Nein, aber… Jaden, ich bin wirklich dankbar für alles, was ihr für mich getan habt. Ich stehe tief in eurer Schuld.“ Er stöhnte verzweifelt auf und legte seine Stirn an meine Brust. Was hat er denn jetzt? Schnell hob er wieder seinen Kopf und sah mich ernst an. „Ernsthaft? Warum glaubst du, dass du in unserer Schuld stehst?“ Ich musterte ihn perplex. Mit so einer Antwort hatte ich nicht gerechnet. Sein Blick wurde wieder weicher. „Nein, wirklich. Meinen Eltern liegt ziemlich viel an dir. Die beiden mögen dich und wir haben dich echt gern bei uns.“ Er grinste. „Vor allem ich.“ Unweigerlich schlich sich auch auf meine Lippen ein Lächeln und ich legte meine Hand an seine Wange. „Es ist auch nicht so, dass ich nicht gerne hier bin, aber mein Entschluss steht fest. Bitte sei nicht traurig oder sauer. Zwischen uns ändert sich nichts.“ Er lachte kurz auf. „Ich weiß.“ Für einen viel zu kurzen Moment legte er seine Lippen auf meine und grinste wieder. „Darf ich eine Bedingung stellen?“ Er hatte mich so schon um den Finger gewickelt, da brauchte er eigentlich nicht fragen. „Sicher, welche denn?“ „Was hast du nächste Woche vor?“ Ich warf ihm einen irritierten Blick zu. Wie kommt er denn jetzt darauf? Er lachte. „Hast du das lange Wochenende vergessen?“ Langes Wochenende? Ach so, stimmt. Der dritte November, das war ein Feiertag* und unsere Schule hat am Freitag einen Brückentag. Das hatte ich komplett vergessen. Ich lächelte ihn an. „Was schwebt dir denn vor?“ „Naja, überall in der Stadt gibt es am Donnerstag kleine Auftritte von Showgruppen. Alexis hat irgendwo einen Auftritt mit ihrer Theatergruppe. Meine Eltern wollten auch zusehen und ich hatte gehofft, du begleitest mich. Danach könnten wir uns ja abkapseln und uns auf dem Straßenfest umsehen!“ Hm, mich würde sowieso interessieren, wie Bunka no Hi in kleineren Städten abläuft. „Abgemacht.“ Schon allein die Freude in Jadens Gesicht war es mir wert. ~*~ Der Unterricht zog sich an diesem Tag wirklich in die Länge. Weil uns wegen des Brückentages eine Unterrichtseinheit in Informatik fehlen wird, sollten wir innerhalb von zwei Wochen, in Gruppen von zwei Leuten, ein Datenmodellierungsmodell vorstellen. Crow stöhnte neben mir genervt auf und richtete sich an Jack. „Na toll, das wird wieder ewige Stunden dauern. Dieses Mal treffen wir uns aber bei mir, deine Mutter kann mich sowieso nicht leiden.“ „Sorry, ich bin schon mit Yusei in einer Gruppe.“ Ich versuchte mir meine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. Es war gut möglich, dass ich ihm tatsächlich zugesagt hatte, als ich nicht ganz auf dem Damm war. Crow hingegen bemühte sich nicht einmal ein gefasstes Gesicht zu machen. Er war ehrlich verwirrt. „Na toll, und mit wem bin ich jetzt in einer Gruppe?“ Alexis kam auf uns zu. „Yusei, hast du schon einen Partner? Mizuki und ich sind normalerweise immer in einem Team, aber sie ist krank.“ „Anscheinend bin ich mit Jack in einer Gruppe, aber Crow hat noch niemanden.“ Sie sah zu unserem orangehaarigen Freund, der sichtlich nervös wurde. „Das wundert mich. Normalerweise bist du doch immer mit Jack zusammen.“ Jack grinste. „Nein, dieses Mal nicht. Viel Spaß mit ihm.“ „Na schön, wenn du damit kein Problem hast, Crow?“ Er lachte verlegen. „Nein, nein. Ich freu mich.“ „Gut, dann Sonntag bei mir“ sagte sie und ging wieder an ihren Platz. Crow seufzte und sah etwas verzweifelt aus. War er etwa…? „Bist du in Alexis verknallt?“ Er sah mich geschockt an und wurde knallrot. Damit war meine Frage wohl beantwortet. Jack lachte. „Versuch es dieses Mal nicht zu verhauen, ja?“ Dieses Mal? „Ach, halt die Klappe!“ knurrte Crow. ~*~ Nach dem Unterricht packte ich meine Sachen zusammen und sah Luna auf mich zukommen. „Hey, ist es in Ordnung, wenn ich dich heute mit dem Ordnungsdienst allein lasse? Ich muss wirklich dringend weg!“ „Sicher.“ „Danke! Du hast echt was gut bei mir!“ Mit diesen Worten verließ sie schnell das Zimmer und ließ mich allein zurück. Es machte mir nichts aus, denn das Training musste sowieso verschoben werden, weil zu viele Spieler ausfielen. In der Schule ging wohl eine Erkältung rum. Ich nahm mir den Besen und machte mich an die Arbeit. Ob Jaden wohl schon losgefahren ist? Es war ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass ich heute nach zwei Wochen zum ersten Mal wieder allein im Haus schlafen würde. Ich hatte mich so an die Situation gewöhnt, dass ich mir das kaum noch vorstellen konnte. Auch wenn es schön war, heute Morgen neben ihm aufzuwachen, konnte ich nicht ewig dort bleiben. Allerdings schien mir Jaden wirklich traurig als ich es ihm erzählte. Ich seufzte. Ändern konnte ich die Situation nicht mehr, auch wenn es ein Teil von mir wirklich wollte. Aber es war besser so. Mein Entschluss war richtig. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht bemerkte, wie jemand das Zimmer betrat. Plötzlich zog mich jemand von hinten in eine Umarmung und ich schreckte hoch. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken“ sagte eine vertraute Stimme, doch ich konnte hören, dass er dabei grinste. Er löste die Umarmung und ich drehte mich zu ihm. Sah in diese rehbraunen Augen und musste unwillkürlich lächeln. „Nicht schlimm, aber was machst du denn hier?“ „Ich dachte, ich könnte dir vielleicht helfen!“ „Danke, aber ich bin fast fertig. Wenn du willst, kannst du noch kurz warten und wir gehen zusammen zum Parkplatz.“ Er legte ein Grinsen auf und setzte sich auf einen der Tische in der ersten Reihe, auf dem ich meine Tasche abgelegt hatte. Wir unterhielten uns über das Stadtfest nächste Woche. Ich muss wirklich sagen, dass ich mich schon auf das Wochenende freue. Lange dauerte es nicht bis ich fertig war, und den Besen wieder im Schrank verstaute. Als ich meine Tasche nehmen wollte, legte Jaden eine Hand auf meine und ich sah überrascht auf. Er lächelte. Wie selbstverständlich legte er seine Arme um meinen Hals und zog mich in einen Kuss, den ich nur zur gern erwiderte. Das würde ich in nächster Zeit wirklich vermissen. Sanft legte ich meine Hände auf seine Hüfte, drückte ihn enger an mich und versank fast in unserer Berührung. Er machte es mir wirklich schwer, an meinem Entschluss festzuhalten. * Die Sicht von Crow * Sonntag. Es war soweit. Heute sollte ich mich mit Alexis wegen des Schulprojekts treffen. Ich schnappte mir meinen Helm, verabschiedete mich knapp von meinen Eltern und wich den Klammergriffen meiner zwei kleinen Schwestern aus. Ich sprang auf mein schwarzes Motorrad und fuhr los. Ich war nervös. Das Gefühl des Fahrtwinds beruhigte mich langsam ein wenig. Natürlich freute ich mich, dass ich zusammen mit Alexis seit der Sache endlich wieder in einer Gruppe war. Ich hatte Angst, dass ich mit meinen mittelmäßigen Informatikkenntnissen ihren Notendurchschnitt versauen würde. Um das zu verhindern, hatte ich den Samstag in der Bibliothek verbracht, aber weitergekommen bin ich nicht wirklich. In meiner Verzweiflung bin ich am Abend sogar zu Yusei gefahren, weil ich wusste, dass er sich mit dem ganzen Kram auskannte. Wir haben Stunden gesessen, ehe ich es begriffen hatte. Yusei. So leicht wie er hätte ich es auch gerne bei Frauen. Er war mir ein verdammt guter Freund, aber ganz konnte ich meine Eifersucht nicht abstellen. Der Kerl hatte aber auch alles, worauf die Mädels in unserer Klasse abfahren. Er war freundlich, sah zugegebenermaßen ganz gut aus und war verdammt schlau. Und er war wirklich zu naiv um zu sehen, dass er damit bei unseren Mitschülerinnen landete. Nervig. Aber zumindest Alexis stand anscheinend nicht auf ihn. Ich bog an dem kleinen Café ab und wusste, dass ich gleich da sein würde. Scheiße, jetzt bin ich wieder so nervös! Als ich das letzte Mal mit Alexis allein war, war das eine totale Katastrophe. Ich hatte komplett sinnloses Zeug zusammengestammelt und hatte sie irgendwann aus Versehen beleidigt. Statt mich zu entschuldigen, hatte ich die Situation nur noch verschlimmert. Es war mir immer noch so peinlich. Das passierte mir jedes Mal, wenn ich mit ihr allein war, also malte ich mir schon das schlimmste aus. Ich schüttelte energisch den Kopf bei dieser Erinnerung und konzentrierte mich wieder auf die Straße. Nein, heute waren ihre Eltern und Jaden auch noch da. Es war einfacher, wenn ich nicht mit ihr alleine war. Ich stellte mein Motorrad vor ihrem Haus ab und wollte an der Haustür klingeln. Bevor ich dazu kam, wurde sie geöffnet und Frau Yuki stand überrascht vor mir. „Oh, hallo Crow, was machst du denn hier?“ „Schulprojekt. Hat Alexis gar nichts gesagt?“ „Kann sein, dass es in dem ganzen Chaos untergegangen ist. Tut mir leid.“ Welches Chaos denn? Sie drehte sich um und rief in den Flur. „Kommst du, Liebling? Du weißt doch, die Fahrt dauert eine Weile!“ Im nächsten Moment kam Herr Yuki aus dem Haus, begrüßte mich kurz und dann ließen mich die Beiden einfach hier stehen. Shit, zumindest Jaden war noch dabei. Ich ging in den Flur und schloss die Tür hinter mir. „Alexis? Jaden?“ Jaden kam gerade aus dem Obergeschoss die Treppe runter und sah mich verwundert an. „Crow? Was willst du denn hier?“ Hat Alexis ernsthaft niemandem erzählt, dass ich heute komme? „Schulprojekt“ entwich es mir genervter als es gemeint war. Plötzlich fiel mir seine Tasche auf, die er über den Schultern trug. Oh, bitte nicht! „Hast du noch was vor?“ fragte ich vorsichtig und hoffte inständig auf eine Verneinung. „Ja, ich muss gleich los.“ Warum hasst mich das Schicksal? „Jaden, du willst mich doch jetzt nicht wirklich mit Alexis allein lassen, oder? Du weißt doch, was beim letzten Mal passiert ist!“ Er versuchte ein Lachen zu unterdrücken. „Ja, du hast es komplett vermasselt und meine Schwester hat drei Wochen nicht mit dir geredet!“ Ich versuchte mit aller Kraft dem Drang zu widerstehen, ihm eine Kopfnuss zu geben und sah ihn gereizt an. Das kleine Äderchen auf meiner Stirn trat vermutlich gerade hervor. „Richtig, und deswegen bleibst du schön hier!“ „Nö“ sagte er mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Ich sah ihn halb verzweifelt an. „Warum? Was hast du denn vor?“ „Ich hab ein Date!“ Mir klappte die Kinnlade runter und ich starrte ihn völlig perplex an. Jaden hatte ernsthaft mehr Glück in der Liebe als ich? Seit wann? „Wer denn? Und wie lange geht das schon?“ Er lachte. „Ein andermal, ich will nicht wieder zu spät kommen!“ Ehe er die Tür öffnen konnte, hielt ich ihn am Handgelenk fest. Er drehte sich um und sah mich verwundert an. „Alter, ich kann das nicht! Ich will nicht, dass sie schon wieder sauer auf mich ist!“ „Dann gib ihr einfach keinen Grund dazu“ sagte er und zuckte mit den Schultern. Ich ließ den Kopf sinken und seufzte. So unbedarft wie der wäre ich auch gerne. „Ernsthaft Crow, sie mag dich. Setz es einfach nicht in den Sand!“ Mit diesen Worten öffnete er die Tür und war verschwunden. Einfach, sagt er. Sehr witzig! Ich stammle in ihrer Gegenwart doch nur sinnlosen Mist, das kann nichts werden! Ein paar Minuten stand ich unschlüssig im Flur und wägte ab, ob ich absagen sollte oder nicht, doch dann hörte ich wieder Schritte auf der Treppe und ich fuhr erschrocken herum. Alexis sah mich überrascht an. „Crow?“ Anscheinend wusste wirklich niemand in diesem Haus, dass wir heute verabredet waren. „Hast du unser Schulprojekt vergessen?“ fragte ich deswegen ungläubig. Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe nur nicht so früh mit dir gerechnet. Setz dich schon mal ins Wohnzimmer, ich hole meine Aufzeichnungen.“ ~*~ Zumindest hatte ich mir den Blödsinn gemerkt, den Yusei mir am Vortag erklärt hatte. Ich versuchte krampfhaft, mich nicht daneben zu benehmen und wenn sie mich etwas fragte, gab ich meist nur knappe Antworten. „Sag mal, Crow, was ist denn heute los mit dir?“ Ich schreckte vom Laptop hoch und starrte sie an. „Was? N-Nichts! Was soll schon los sein?“ Mein dümmliches Lachen danach ging mir selbst auf den Keks. Ich brauch schnell einen Themenwechsel! „Hey!“ rief ich viel zu laut und sie zuckte zusammen. Super, das war wohl zu laut. „Weißt du mit wem Jaden ein Date hat?“ Das war wohl ein bisschen leise… Sie musterte mich skeptisch. „Date?“ Ich räusperte mich. „Ja, er meinte vorhin er muss los, weil er ein Date hat.“ Das war normale Lautstärke, hoffte ich. Sie lachte und mir ging sofort das Herz auf. „Ehrlich Crow, da hat er dich veralbert“ riss mich ihre melodische Stimme aus meinen Gedanken. „Was? Warum veralbert?“ „Er wollte heute mit Yusei in die Stadt, nicht auf ein Date.“ Dieser miese Knilch. Wenn ich den in die Finger bekomme! „Allerdings hast du meine Frage noch nicht beantwortet. Also, was ist heute los mit dir?“ Verdammt, der Plan ging schief. „Nichts! Wirklich, ich bin nur abgehängt!“ Sie sah mich verwirrt an. „Abgehängt?“ Wie gern würde ich jetzt gegen eine Wand rennen. „Abgelenkt!“ „Was lenkt dich denn hier schon ab?“ „Du, verdammt!“ Ich riss die Augen auf. Das hatte ich eben nicht nur gedacht. Shit! „Also wenn ich dich so ablenke, kannst du deinen Teil auch zu Hause machen!“ sagte sie mit zusammengezogenen Augenbrauen und verschränkte die Arme. „Nein, so war das doch nicht gemeint!“ „Und wie meinst du es dann? Spuck es schon aus!“ „Ich… Ich mein das auf eine positive Art!“ Sie legte den Kopf schief und sah nach wie vor ein wenig verwirrt aus. „Also findest du es gut, dass ich dich ablenke?“ „Nein.“ „Hä?! Dann sag doch was du meinst!“ Ich fuhr mir verzweifelt mit den Händen durch die Haare. „Ahh! Verflucht nochmal, ich… ich…“ Was kann ich ihr denn jetzt am besten erzählen? Die Wahrheit? Sie würde mich vermutlich auslachen! Nein, das geht nur schief. Ich kann ihr doch nicht einfach sagen: „Ich liebe dich!“ Augenblicklich schoss mir die Hitze ins Gesicht und Alexis starrte mich nicht weniger geschockt an als ich sie. Jetzt war es raus. Ich hatte es gesagt. Oder besser gesagt fast geschrien. Warum zum Teufel hab ich das gemacht?! Mein Herz war so laut, es rauschte schon in meinen Ohren und ich war wie erstarrt. Warum sagst du denn nichts?! Ich brauchte irgendeine Reaktion. Sie konnte mich anschreien, mir um den Hals fallen, mich aus dem Haus werfen, irgendwas! Aber stattdessen saß sie einfach nur da und sah mich mit großen Augen an. „Ist das dein Ernst?“ durchbrach sie nach viel zu langer Zeit die Stille. Ich hatte einen dicken Kloß im Hals und war unfähig mich zu bewegen oder etwas zu sagen. Ich war einfach zu geschockt. Ein leichtes Nicken bekam ich gerade noch auf die Reihe. „Aber seit wann? Und warum hast du mir nie was gesagt?“ Ein wenig von der Anspannung fiel von mir ab. Sie war wohl zumindest nicht sauer. „Ähm… Seit… Seit der Unterstufe. Naja, aber dann bist du ja mit Zane zusammengekommen.“ Bei seinem Namen verengten sich ihre Augen kurz zu Schlitzen und ich schluckte schwer. Das war immer noch ein rotes Tuch für sie. „Die Trennung ist doch schon Monate her, warum hast du nicht eher was gesagt?“ „Ich hab’s versucht! Was sollte ich denn machen? Ich wollte es dir nicht sagen, ehe du über diesen Idioten hinweg warst, und als wir beim letzten Mal die Bio Gruppenarbeit hatten, hab ich es dir sagen wollen!“ Sie hob eine Augenbraue. „Du meinst an dem Abend, an dem du mich mit einer Seekuh verglichen hast?“ Das war doch sehr aus dem Zusammenhang gerissen, aber im Nachhinein konnte ich verstehen, warum sie sauer war. Ich hatte es auch nicht wirklich besser gemacht. Als ich versucht hatte mich rauszureden, hatte ich es nur schlimmer gemacht. Ich seufzte. „Ja, sorry, das war nicht mein bester Moment.“ Aber wenn ich es schon endlich geschafft hatte, es ihr zu sagen, dann wollte ich auch eine Antwort. Auch, wenn ich wirklich schiss vor ihrer Reaktion hatte. Langsam sah ich auf und musterte sie ernst. „Und?“ Sie wich meinem Blick aus und spielte mit ihren Fingern am Stoff ihrer Hose. „Ich…“ Sie biss sich auf die Unterlippe und schien ihre Worte abzuwägen. Mit jeder Sekunde, die verstrich, drehte sich mein Magen mehr um. „Keine Ahnung… Tut mir leid, ich muss wirklich darüber nachdenken.“ Na toll, das war eigentlich ein eindeutiger Korb. Ich löste mich allmählich aus meiner Starre, packte meine Sachen zusammen und traute mich nicht, sie noch einmal anzusehen. „Verstehe, ich geh wohl besser“ sagte ich und sie hielt mich nicht auf. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter. Versuchte meine Tränen zurückzuhalten. Wenigstens so lange, wie ich in diesem Haus war. Auf dem Heimweg verschleierten die ersten Tränen meine Sicht. Normalerweise beruhigte mich das Motorrad fahren, aber ich will mich einfach nur noch in meinem Zimmer verkriechen. Ich Idiot! Warum habe ich ihr das plötzlich gesagt?! Und dann auch noch so! Es platzte einfach heraus… * Die Sicht von Jaden * „Du hast ihm WAS gesagt?“ fragte Yusei belustigt. Wir liefen gerade nach Hause, nachdem wir den Tag in der Stadt verbracht hatten. Ich genoss die klare, kalte Luft. Es war einer dieser angenehmen, sonnigen Herbsttage und ich war verdammt glücklich. Ich grinste. „Ja, du hättest sein Gesicht sehen sollen. Er hat total blöd aus der Wäsche geguckt, als ich ihm sagte, dass ich auf ein Date gehe. Vielleicht macht er heute ja auch mal Nägel mit Köpfen! Der ist schon seit Ewigkeiten in meine Schwester verknallt.“ Er schüttelte mitleidig den Kopf und überlegte. „Vielleicht hat er einfach nur Angst.“ Crow und Angst? Normalerweise ist er ein Draufgänger. Das konnte ich mir nicht vorstellen. „Wie meinst du das?“ Er schenkte mir ein sanftes Lächeln und drückte meine Hand fester während wir durch die Straßen meiner Nachbarschaft liefen. „Naja, ich hatte auch Angst vor deiner Reaktion. Ich wusste nicht, ob du danach noch mit mir befreundet sein würdest, wenn du nicht das Gleiche empfunden hättest wie ich. Vielleicht geht es Crow ähnlich.“ „Hm.“ Ich weiß nicht. Ein paar Tage zu zögern ist ja okay, aber Crow bekommt es seit Jahren nicht auf die Reihe. Eigentlich konnte er einem leidtun. Damals hatte er allen Mut zusammengenommen und wollte Alexis fragen, aber dann tauchte sie mit diesem Zane auf. Wie sie sich auf den einlassen konnte, war mir schleierhaft. Er war so ein Arsch. Ich kann froh sein, dass ich mich in Yusei verliebt habe und nicht in so einen wie ihn. Aber ich kann ehrlich nicht verstehen, wie man so lange in Ungewissheit verbringen kann wie Crow. Mich hatten ja schon die paar Tage fast verrückt gemacht, in denen ich nicht wusste, ob Yusei sich an den Kuss erinnern konnte. „Worüber denkst du so angestrengt nach?“ fragte Yusei und blieb plötzlich stehen. Ich sah mich um. Wir waren schon an seinem Haus angekommen. „Ach, nichts Besonderes. Mir tut Crow nur leid.“ Er lächelte und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Augenblicklich bekam ich eine leichte Gänsehaut. Ich seufzte. Warum konnte er nicht einfach wieder mit zu mir kommen? „Schade, dass wir uns in nächster Zeit nur in der Schule sehen.“ „Ja, aber ich kann leider nichts dran ändern. Morgen muss ich ins Krankenhaus, Dienstag bin ich in der Werkstatt und Mittwoch treffe ich mich mit Jack wegen des Projekts.“ Er schloss die Haustür auf und ich folgte ihm. Schließlich musste ich mein Fahrrad noch holen. Währenddessen redete er weiter. „Aber ich freue mich schon auf das Bunka no Hi. Ich bin gespannt, wie das in einer kleineren Stadt abläuft.“ „So klein ist Neo Domino auch wieder nicht“ scherzte ich und schloss die Tür hinter mir. Naja, aber im Vergleich zu Osaka, mit seinen drei Millionen Einwohnern, ist das hier wirklich eine Kleinstadt. „Nein, das stimmt“ lachte er. „Willst du noch was trinken?“ Ich würde ja gern noch Zeit mit ihm verbringen, aber meine Eltern denken, ich hätte heute für die Klausur in Englisch gelernt. Da sollte ich mir den Stoff wenigstens ein klein wenig ansehen, ehe sie heimkommen würden. „Schon, aber ich wollte vor meinen Eltern wieder zu Hause sein“ sagte ich stattdessen. So ganz konnte ich meine Enttäuschung nicht verbergen. „Schade“ sagte er und versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. „Aber mal was anderes.“ Ich musterte ihn neugierig. „Was denn?“ „Vielleicht… sollten wir es bald den anderen erzählen.“ „Was meinst du?“ Er legte mir eine Hand an die Wange, gab mir einen viel zu kurzen, sanften Kuss und lächelte. „Das hier“ hauchte er gegen meine Lippen. Mein Gesicht wurde ganz warm und diese Wärme breitete sich schnell in meinem ganzen Körper aus. Ach, das meinte er. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Er wollte es unseren Freunden sagen. „Stimmt, entschuldige. Aber… gibt’s dafür irgendeinen passenden Zeitpunkt? Ich hatte noch nie eine Beziehung.“ Schlagartig stieg mir die Hitze ins Gesicht und ich sah ihn etwas erschrocken an. Wir hatten nie darüber geredet, ob wir in einer Beziehung sind. Ich sah Yusei an, aber er war nicht verwundert über meine Wortwahl. Er lächelte einfach nur glücklich. „Nein, den gibt es nicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)