Priester und Mörder von Gubenko-Verlag ================================================================================ Kapitel 7: Überschrittene Grenzen --------------------------------- Beinahe hätte er sich vergessen. Beinahe hätte er einen Menschen verletzt. Erneut umfasste die rechte Hand den linken Unterarm. Er drückte so fest zu, wie er nur konnte. Es war nicht genug. Erst Elisa, ihr trauriges Gesicht und ihre Tränen und dann wieder Eros. Warum konnte der Attentäter ihn nicht in Ruhe lassen? War seine Bürde denn nicht Last genug? Er wünschte sich all den Tod und das Blut nicht. Doch es gab keinen anderen Weg. Nur so konnte er die Seelen der Menschen befreien, die einen Pakt mit einem Dämon geschlossen hatten. Elisa war nicht verloren. Sie hatte ihre Seele nicht verkauft. Wenigstens etwas Gutes, ein wenig Gerechtigkeit. Eros würde niemals begreifen. Er war verblendet und arrogant. Er war es tatsächlich nicht wert. Der Attentäter würde Castus nicht dazu bringen seine Prinzipien zu verraten. Niemals. Bist du dir sicher? Ich habe seine Worte heute als eindeutiges Angebot verstanden. ‘Hier gibt es nur uns beide. Egal was ich tue, niemand sieht es’. Wir könnten unseren Horizont erweitern. Verdammt, er hatte doch vom Heiligen Wasser getrunken. Fahrig führte er die Ampulle erneut zu seinen Lippen. Etwas fehlte. Das Gefühl von Erlösung blieb aus. Die Klarheit kehrte nicht zu ihm zurück. Es ist noch nicht zu spät für ein wenig Spaß. Wenn du verklemmt bist, können wir auch einfach in einer Bar eine schöne Frau verführen. „Hör auf!“, rief er. Niemand außer ihm war in der dunklen Gasse. Zum Glück. Meistens schaffte er es die Worte in seinem Kopf zu ignorieren, doch an diesem Tag war Cartan, sein altes Ich, hartnäckig. Wenn dir alles zu viel ist, dann lass mich übernehmen. Castus biss die Zähne zusammen und schritt voran. Er musste zur Kirche, dort könnte er das Heilige Wasser wieder auffüllen. Irgendetwas stimmte nicht. Die Schritte fielen ihm schwer, überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen, wurde immer schwerer. „Ich will meine Sorgen vergessen, ich will keine Erlösung“, die Worte verließen seinen Mund, ohne dass er es hätte aufhalten können. Das waren nicht seine Gedanken. Panik befiel ihn. Was war das? Warum verlor alles an Kontur, seine Sicht verschwamm. Er musste stark sein, er war Gottes Streiter. Nur er konnte die verlorenen Seelen retten. Von seinem alten sündhaften Ich hatte er sich losgesagt. Dann wurde er plötzlich gepackt. Starke Arme hielten ihn fest. In seinem derzeitigen Zustand konnte er nichts dagegen tun. Etwas legte sich über seinen Mund. Jeder Atemzug ließ die Umgebung mehr verschwimmen, bis ihn nur noch Schwärze umhüllte. *** Kopfschmerzen waren das erste was Castus fühlte. Seine Augen öffneten sich langsam, nur, um ob des Lichtes sofort wieder zuzufallen. Es dauerte ein wenig bis er seine Umgebung wieder wahrnehmen konnte. Nur Kerzenlicht erhellte den Raum. Eigentlich ein sanftes Licht, doch in diesem Moment, wäre einzig und allein Dunkelheit erlösend. Wenn das wenigstens ein Rausch wäre, den wir versuchen auszuschlafen… Nicht schon wieder. Warum? So oft suchte ihn die Stimme sonst nicht heim. Beinahe instinktiv wollte er nach der Ampulle um seinen Hals greifen, doch seine Hände waren gefesselt. Nicht nur das, auch seine Beine konnte er kaum bewegen. Sein Blick wanderte seinen Körper hinab. Die Roben waren ihm offenbar ausgezogen worden. Nur ein einfaches Hemd aus Stoff und seine Unterwäsche waren ihm geblieben. Auch die Ampulle fehlte. Er biss die Zähne fest aufeinander und wandt sich mit aller Kraft. Doch keine Chance. Alles was er dadurch gewann waren Schmerzen. Die Seile reizten seine Haut bei jeder Bewegung ein wenig mehr. Ein seltsames Schaudern durchlief seinen Körper. Schmerzen waren für ihn schon immer Erlösung gewesen. Erschrocken über seine eigenen Gedanken stellte er jegliche Bewegung ein. Es war sinnlos, auf diese Weise würde er nicht entkommen. Schämst du dich etwa für deine besonderen Vorlieben? Vielleicht ist der Attentäter gar nicht so schlecht für uns. Er kann dich bestrafen… „Nein, nein, nein!“, rief Castus und fühlte Verzweiflung in sich aufwallen. Das war nur eine Prüfung. Ein weiterer Test durch seinen Gott. Er würde nicht versagen, er würde nicht erneut in Ungnade fallen. „Na endlich, ich dachte du würdest gar nicht mehr aufwachen.“ Natürlich, diese Stimme. Es war Eros. Wer auch sonst würde es wagen so weit zu gehen? „Mach mich auf der Stelle los“, grollte Castus mit unverhohlener Wut. Der Attentäter war bereits viel zu weit gegangen. „Ich tue nur was ich für richtig halte. Die Konsequenzen sind mir egal. Ich werde der Kirche keinen einzigen Verbrecher mehr bringen, nicht bevor ich die Wahrheit kenne.“ Der Attentäter stand nun neben dem ans Bett gefesselten Priester. Der ganze Raum war karg und heruntergekommen. Wahrscheinlich befanden sie sich in einem leerstehenden Haus. In Lorring gab es viele schäbige Viertel. „Du denkst, dass ich dir alle Geheimnisse der Kirche offenbare, nur, weil du mich gefesselt hast?“ Eros beugte sich über den Priester und grollte dicht vor seinem Gesicht: „Nicht nur, weil ich dich gefesselt habe. Hier kann ich tatsächlich alles tun. Und es gibt unzählige Möglichkeiten jemanden leiden zu lassen.“ Bin ich der einzige, der das erregend findet? Castus knurrte und begann erneut sich zu winden. Wieso befand er sich in einer solchen Situation? Erregend, von wegen. Eros hatte ihm Folter angedroht. Das würde ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen. So etwas konnte die Kirche nicht vergeben. Der Attentäter war dabei Hochverrat zu begehen. Eros hatte sich zurückgezogen und kramte in einer Truhe. Castus versuchte irgendetwas zu erkennen, doch, da er sich nicht aufrichten konnte, gab es keine Chance den Inhalt der Kiste zu sehen. Noch dazu verdeckte Eros breiter Rücken ohnehin fast alles. Mit einem Seufzen gab er die Anspannung auf und ließ sich mehr oder minder ergeben in die Leinendecken sinken. Er konnte nichts tun. Ihm blieb nur Eros zu überzeugen. Seine Magie wirkte nicht gegen Menschen. Und so dämonisch der Attentäter sich auch benahm, sein Insigne schlug nicht aus. Hieß, Eros war trotz allem nur ein Mensch. Der andere Mann kehrte zurück und hielt eine Feder in der Hand. Damit wollte er ihn foltern? Ich habe da so eine Idee, in welche Richtung diese Folter gehen könnte… Eros Grinsen war teuflisch und in dem Moment als der Attentäter das Hemd des Priesters nach oben schob und begann die Feder ganz leicht an seiner Seite entlang zu bewegen begriff Castus. Es kitzelte und er konnte sich nicht wehren. Alles in ihm verkrampfte sich, es war Ewigkeiten her, dass er das letzte Mal gelacht hatte und er wollte es gewiss nicht in diesem Moment tun. Nicht so, nicht vor Eros. Vor dem Mann, den er mehr als alles andere hasste. Als die Feder schließlich seine Füße berührte konnte er nicht mehr, er begann zu lachen, erst zögerlich, dann immer unkontrollierter. Tränen rannen seine Wangen hinab. Es tat fast schon weh und Eros hörte einfach nicht auf. Zwischen dem Lachen und Weinen schaffte er es kaum noch nach Luft zu schnappen. Und ein Teil von ihm mochte dieses Gefühl. Alle Probleme, alle Last schien so fern. Nur dieses Gefühl, er fühlte nur seinen Körper. Dann endete es und er war beinahe enttäuscht. Eros sah ihn mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an. „Wieso hörst du auf? Das war der Strafe nicht genug“, forderte er mit einer Stimme, die ihm unendlich fremd schien. Das waren nicht seine Worte. Cartan, warum konnte er sich seiner Sinne bemächtigen, er konnte fast nicht mehr denken. Er wollte mehr, er wollte Schmerzen. „Tu mir weh. Tu mir richtig weh, bring mich zum Reden!“ Eros wich erstaunt zurück. Doch er holte ein weiteres Spielzeug. Eine Art Zange. Der Attentäter beugte sich über ihn und zerriss schließlich kurzerhand das Hemd des Priesters. „So willst du es also? In Ordnung, dann bekommst du Schmerzen.“ Und mit diesen Worten klemmte er Castus Brustwarze mit der Zange ein und zog daran. Der Priester schrie auf. Es tat so weh, doch gleichzeitig fühlte er sich endlich wieder lebendig, ja, es war erregend. Endlich lässt du dich darauf ein, lass uns Spaß haben. Es ist viel zu lange her. Als Eros von ihm abließ fühlte er warmes Blut an seiner Brust, doch es reichte nicht, noch lange nicht. „Mehr. Ich brauche mehr“, grollte er. Doch Eros Blick wanderte an eine ganz andere Stelle. In Castus Unterhose zeichnete sich ganz deutlich die Erregung ab. „Was zum… Du…“ „Was denn, oh mächtiger Attentäter? Hat es diesmal dir die Sprache verschlagen? Du hast mich doch rausgelockt, um zu spielen. Danke für den speziellen Trank, diesmal war es kein Weihwasser oder?“ Was, was für Worte verließen seinen Mund. Castus fühlte sich gefangen in seinem eigenen Körper und doch so frei wie lange nicht mehr. Cartans Stimme hallte nicht mehr nur in seinem Kopf wider, nein, auch Eros hörte sie. Er sprach die Worte aus. „Wer bist du?“, fragte Eros, seine Augenbrauen zogen sich zusammen. „Deine Gottesfurcht wirkte immer ehrlich, ich habe es nicht verstanden, aber das hier? Das soll die Wahrheit sein?“ Castus merkte wie sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. Kontrolle hatte er längst keine mehr. „Gottesfurcht, Wahrheit, so hochtrabende Worte. Ich bin Cartan. Das wahre Ich des Kirchenjägers. Und ich stehe zu meinen Gelüsten, statt sie zu verbergen.“ Niemand sollte es wissen, niemand durfte es erfahren. Eros Blick brannte auf seiner Haut. Wie sollte es nun weiter gehen? Der Attentäter hatte sein größtes Geheimnis gelüftet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)