Priester und Mörder von Gubenko-Verlag ================================================================================ Kapitel 4: Der Schatten ----------------------- Eros besaß Geduld, das war schon immer seine Stärke gewesen. Wie lange der Priester sich auch im Schutz der Kirche verbergen wollte, er konnte warten. Zwei Tage war es her, dass er den Priester überfallen hatte. Vielleicht war das ein wenig impulsiv gewesen. Doch Eros war nicht der Typ, der bereute. Castus Fassade hatte gewaltig gebröckelt und das würde er wieder schaffen. Egal wie. Immerhin war der Scheinheilige ein Mörder und ein Schoßhund. Blind folgte der Priester den Befehlen der Kirche und machte dabei vor nichts Halt. Nicht mal davor, das Kind der Mutter zu berauben. Erneut ballten seine Hände sich zu Fäusten. Er würde für Gerechtigkeit sorgen. Und dazu musste er die Wahrheit aufdecken. Sein Weg führte ihn durch die verschlungenen Gassen der Vorstadt von Lorring. Der innere Kreis der Hauptstadt war prunkvoll. Aufwendig verzierte Gebäude, breite, steinerne Straßen für Kutschen und mit Mustern gespickte gläserne Fenster. Doch die Randgebiete waren schäbiger. Klein und verwinkelt. An jenem Tag, als Castus Marie tötete, hatte Eros etwas von ihr an sich genommen. Einen Edelstein, eingefasst in einer schlichten goldenen Kette. Eigentlich waren es mehrere gewesen, doch zwei hatte Castus ihm abgenommen. Der Priester trug eine seltsame Apparatur, eingenäht in das Fleisch seines Handgelenks. Mithilfe dieses Geräts hatte Castus erkannt, dass er die Edelsteine bei sich trug, doch offenbar war das Signal nicht fein genug, um zu erkennen, dass er nicht alles herausgegeben hatte. Was auch immer das sogenannte ‘Insigne‘, Castus magische Apparatur, auch war, wenn es auf die Edelsteine reagiert hatte, dann waren sie auf irgendeine Art wichtig für die Kirche. Sein Weg führte ihn zu einer alten Bekannten. Relia Florant. Magiebegabt und besonders. Sie erkannte die wahre Natur hinter den Dingen, versteckte Eigenschaften oder auch Lügen. Sehr nützlich. Sie lebte in einer prunkvollen Villa. Ihre Gabe hatte ihr viel Gold eingebracht. Obwohl sie sich ein Gebäude im inneren Kreis der Stadt hätte leisten können, hatte sie die Behausung am Rande der Hauptstadt gewählt. Warum wusste Eros nicht. Ihm bedeuteten solche Dinge nichts. Materielles, Status oder Ruhm waren ihm egal. Er hatte kein zu Hause. Schon so lange nicht mehr. Das Gold das er als Attentäter verdiente investierte er in weitere Verstecke, Unterschlüpfe und Kontakte. Wer ein Schatten sein wollte, musste auch ein entsprechendes Dasein führen. Er grinste und durchschritt das Tor zu Relias Villa. Ein alter Mann begrüßte ihn und führte ihn ins Innere des Gebäudes. Eros war nicht zum ersten Mal an diesem Ort. „Madame Florant befindet sich im Obergeschoss in ihrem Arbeitszimmer, Sir“, sagte der Diener mit einer angedeuteten Verbeugung. Eros nickte und schritt die Treppen empor. Überall Bilder in goldenen Rahmen, aufwendige Teppiche und Statuen mit teils teuer aussehenden Schmuckstücken verziert. Viel zu viel für Eros Geschmack, doch Relia war schon immer extravagant gewesen. Er betrat ihr Arbeitszimmer und lächelte als die junge Frau sich zu ihm umwandte. Ihr schwarzes Haar war zu einem langen und eleganten Zopf gebunden. Ihre braunen Augen blickten ihm wach und ein wenig forsch entgegen. Während sie sich in einer fließenden Bewegung erhob und mit einer Hand die Zigarre zu ihrem Mund führte. Sie schritt ihm entgegen und pustete den Rauch aus. Direkt vor ihm kam sie zum Stehen. „Was kann ich für dich tun, Eros Doran?“, fragte sie mit ihrer samtigen Stimme. Diese Frau war eine Klasse für sich. „Ich habe das hier gefunden“, sagte Eros und holte den Edelstein aus seiner Tasche. Das Metall fühlte sich seltsam heiß an und der Stein schien in seiner Hand zu pulsieren. Es war magisch, dessen war er sich sicher. Er streckte die Hand aus und präsentierte Relia den Edelstein. „Schade wie schnell du zur Sache kommst“, sagte sie und schüttelte den Kopf, doch dann lächelte sie. „Nun gut, lass mich mal sehen“, sie griff nach dem Stein und taumelte augenblicklich zurück, ihre Augen weiteten sich. „Was … Was ist das? Woher hast du es?“ „Ich fand es bei einer jungen Frau. Sie trug mehrere dieser Steine bei sich. Ein Priester von ‘Feuer und Seele‘ hat die anderen an sich genommen.“ „‘Feuer und Seele‘. Das macht Sinn. Es ist gefährlich.“ Relia betrachtete den Stein eingehend und dann Eros. „Es fühlt sich an, als wäre etwas anderes mit diesem Stein verbunden. Er bindet die Lebenskraft von etwas Grauenhaftem. Ich verstehe die Verbindung zu der jungen Frau nicht. Alles was ich fühle ist Dunkelheit und Kälte. Ich glaube dieser Stein bindet ein Wesen an diese Welt, das nicht hierhergehört.“ „Fängst du jetzt auch mit Dämonen an?“, seine Worte waren forsch, beinahe unfreundlich. Er hatte es einfach zu oft gehört. Dieselben Ausreden. Die Menschen waren die Sünder, sie sollten aufhören Übernatürliches oder anderen Schwachsinn vorzuschieben. „Ich sagte niemals Dämon“, bemerkte Relia lächelnd. Eros Unfreundlichkeit hatte sie noch nie beeindruckt. „Aber vielleicht ja. Vielleicht nein. Ich kann dir nicht sagen, ob es Dämonen gibt. Aber das hier ist böse. Wenn du den Stein behältst stirbst du vermutlich.“ Sie sagte es ruhig und klar. Als wäre es eine schlichte Tatsache. „Ich will nur die Wahrheit aufdecken. Ich muss wissen was die Kirche plant.“ „Das wird deine eigene Dunkelheit auch nicht vertreiben. Du solltest endlich anfangen wieder zu leben und die Vergangenheit loslassen.“ „Danke für deinen Rat“, Eros Worte trieften nur so vor Sarkasmus. Er griff unwirsch nach dem Edelstein in ihrer Hand, doch sie umschloss das Schmuckstück mit ihren Fingern und entzog es ihm. „Vor einigen Jahren hast du mich gerettet, nun lass mich das Gleiche tun. Dieser Edelstein würde dir nur Leid bringen, und du könntest ohnehin nicht herausfinden was er verbirgt. Ich untersuche ihn für dich, ganz umsonst.“ Eros brummte und wandte sich um. Er war gereizt. Sollte sie den Edelstein doch behalten. Ja, ihm war klar, sie wollte ihm helfen und vermutlich könnte sie tatsächlich mehr herausfinden als er, doch immer wieder traktierte sie ihn mit den gleichen sinnlosen Floskeln. Leben, mit der Vergangenheit abschließen, abgedroschene und leere Worte. Sie hatte keine Ahnung. Erst wenn er den letzten Verbrecher mit ins Grab genommen hatte würde er Frieden finden. Mehr brauchte er nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)