Priester und Mörder von Gubenko-Verlag ================================================================================ Kapitel 2: Verbrecher oder Heiliger ----------------------------------- Eros fühlte unbändige Wut. Seine Schritte führten ihn schnell und gezielt durch die Straßen von Lorring, der Hauptstadt Noakas. Für gewöhnlich betrachtete er seine Umgebung ganz genau, doch in diesem Moment war alles was er vor sich sah, nur der abgetrennte Kopf Maries. In seinem Geist spielte sich die Szene immer und immer wieder ab. Der Priester, der das Schwert unbarmherzig hinabsausen ließ und der kranke Ausdruck auf Maries eigentlich hübschem Gesicht. Und dann noch ihr Kind. Es würde ohne Eltern aufwachsen. Und wieso? Weil Marie von einem Dämon besessen war? Für ihn klang all das nur nach einer Ausrede. Alles Lügen der Kirche. Und der Priester folgte diesem Wahn blind. Ein Schoßhund, minderwertig und nicht besser, als diejenigen, die er jagte. *Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Aus seiner Trance riss ihn einzig und allein das Klappern von Talern. Eros Augen richteten sich auf einen kleinen Jungen. Er saß auf einem dreckigen Stück Leinen und bewegte eine Dose aus Lehm hin und her. Darin lagen nur wenige Kupfermünzen. Erneut stieg Hass in ihm auf. Auf die Welt, die Menschen und vor allem die Verbrecher. Er wusste leider viel zu genau was den Jungen erwartete und ihm war vollends bewusst, dass seine Tat nichts daran ändern würde. Dennoch griff er in die weiten Taschen, seines schwarzen Mantels und zog einige Silbermünzen heraus. Langsam ließ er sie in das Behältnis fallen und beobachtete, wie die trüben Augen des Waisenkindes begannen zu strahlen. Er wusste, wie viel Essen das Kind davon kaufen könnte. Wusste es leider nur zu genau. Das Gefühl der Gnade anderer ausgeliefert zu sein, ebenso wie ihrer Grausamkeit. Bevor der Junge irgendetwas sagen konnte, wandte Eros sich ab und schritt schnellen Schrittes davon. Er konnte nicht alle retten. Ein zu Hause oder eine Familie konnte er niemandem bieten. Nur, dass Gold, dass ihm seine Dienste als Attentäter einbrachte. Eros erlaubte es sich, seine Opfer gezielt auszusuchen. Er nahm nur Aufträge an, bei denen es um Verbrecher ging. Rauschgifthändler, Mörder oder Anführer von Banditenbanden. Unschuldigen krümmte er kein Haar.* Marie Permont war nicht unschuldig gewesen. Sie hatte ihren eigenen Mann getötet, und doch, verstand er es nicht. Wie konnte man seine eigene Familie bewusst zerstören? Warum hatte sie es getan? Dämonen akzeptierte er als Antwort nicht. Es war viel zu einfach alles auf die Finsternis zu schieben. Nein. Es waren die Menschen, sie waren es immer. Die Abgründe einer Seele konnten tiefer sein, als die vermeintliche Hölle. Der Mord lag nun einige Tage zurück und Eros hatte nachgedacht. Ihm war egal, was die Kirche tun würde, egal was Castus sagte. Er verdiente die Wahrheit. Und, wenn sie ihm nicht gefiel, dann müsste der Priester ebenso sterben, wie Marie. Denn Verbrecher bestrafte er. Egal was es für ihn bedeutete. Eros war vieles, aber sicher nicht feige. Das Tor der Kirche erhob sich beinahe drohend vor ihm. Doch er grinste. Seine Hand tastete nach dem Dolch, welcher in seinem Mantel verborgen lag. Normalerweise war er der lauernde Tod, ein unsichtbarer Schatten, den man nicht kommen sah. Doch Castus sollte ihn sehen. Er sollte wissen, was ihm blühte. Völlig selbstsicher schritt er voran, entlang der Reihen von betenden Gläubigen, und empor die Treppe, gesäumt von Heiligen. Das Recht war auf seiner Seite. Er hielt inne, als er sah, wie Castus aus Pater Mechalis Zimmer stürmte. Er hatte dem Oberhaupt der Kirche wohl Bericht erstatten müssen. Der Priester schaute sich nicht um, sondern wandte sich sofort nach rechts. Er wollte in seine Kammer. Wie immer wollte er sich klammheimlich zurückziehen. Wen hatte er diesmal getötet? Eros folgte ihm und packte zu, kurz bevor der Priester sein Ziel erreichen konnte. Er drehte ihn zu sich herum, presste ihn gegen eine Wand und betrachtete ihn herablassend. „Wer musste diesmal sterben?“ „Hör auf mir zu folgen Eros. Das steht dir nicht zu.“ „Welches Kind darf diesmal ohne Eltern aufwachsen?“ Der Attentäter näherte sich dem Priester und zischte: „Du bist ein Monster und ich werde dich aufhalten.“ Eros sah die Wut in den Augen des anderen Mannes. Endlich eine Emotion. Doch sie wich viel zu schnell. „Du bist im Hause Gottes. Lerne Respekt.“ Frustriert stieß er Castus noch einmal gegen die Wand, bevor er von ihm abließ. „Das ist alles?! Gott, Dämonen. Und was ist deine Rolle dabei? Wieso übernimmst du keine Verantwortung für deine Taten. Du bist der Mörder! Du bist der Verbrecher!“ „Ich bin Gottes Streiter. Mein Wille ist nicht von Belang.“ Die Ernsthaftigkeit und Trauer im Blick des anderen Mannes trieben Eros Wut ins unermessliche. Dieser Priester war nicht unschuldig, nicht ehrlich. Er sollte endlich zu seinen Taten stehen. Er musste bestraft werden. „Ich will die Wahrheit Castus. Was genau war mit Marie. Was war das für Feuer. Was jagst du.“ „Dieses Wissen steht nur Priestern von Feuer und Seele zu. Geh, Eros Doran. Bevor deine Drohungen ernste Konsequenzen nach sich ziehen.“ Noch einmal näherte er sich dem Priester und betrachtete jede Regung in dem schmalen Gesicht. Augenringe, helle braune Augen, doch eigentlich ungewöhnlich schöne Gesichtszüge. Die hellen Haare waren kurzgeschoren, wie bei allen Dienern Gottes. Keine Regung sprach von Lügen oder Angst. Dieser Mann glaubte an das was er tat. „Wovor fürchtest du dich, Castus? Ist es bei deinem Gott in Ungnade zu fallen? Was würde ihm wohl missfallen?“ Ein seltsamer Gedanke durchfuhr ihn. Gewalt brachte ihn nicht voran. Aber vielleicht etwas anderes. Dieser Mann war ein Mörder. Ein wahnhafter Lügner. Anders konnte es nicht sein. Er würde ihn schon zwingen zu reden. Eros gab niemals auf. Er packte beide Hände des Priesters und presste seinen Körper gegen den des anderen Mannes. Die Augen des Priesters weiteten sich, was Eros dazu verleitete zu Grinsen. „Was der Pater jetzt wohl denken würde?“, fragte er bevor er seine Lippen grob auf die von Castus drückte. Es war kein zarter Kuss, keine Bekundung von Liebe, sondern vielmehr der Ausdruck von wahrer Abscheu. Er wollte den Mann bloßstellen. Wollte ihm zeigen, wie lächerlich sein Glaube war. Es war seine Rache. Für die Lügen und Geheimnisse. * Dieser Ausschnitt hat es tatsächlich noch ins Buch geschafft, findet sich nun also im Original und in dieser Fanfiktion Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)