Broken Birdie von MyHeartInTheAttic ================================================================================ Kapitel 2: Die Mission ist Sasuke Uchiha ---------------------------------------- Konohas Himmel glich einem stahlgrauen Nebelmeer, als sich Sakura am frühen Morgen auf den Weg in das Uchiha-Viertel begab. Die Sonne war vor über einer Stunde aufgegangen, doch es schien einer jener Tage zu werden, an denen das Licht keine Kraft hatte und es nicht richtig hell wurde. Sie hielt den Kopf gesenkt und zog die Kapuze tiefer ins Gesicht, um sich vor dem penetranten Nieselregen zu schützen. Die Straßen waren fast menschenleer und je näher sie dem Dorfrand kam, desto weniger Menschen begegneten ihr. Ächzend wechselte sie die schwere Umhängetasche auf die andere Schulter. Sie hatte gewusst, dass Sasuke außerhalb wohnte, doch war ihr bisher nicht bewusst gewesen, wie weit das Viertel tatsächlich vom Zentrum entfernt lag. Es schien regelrecht abgegrenzt vom restlichen Dorf. Eine Dreiviertelstunde war sie gelaufen, als sie endlich das Tor erreichte, das den Eingang zum Uchiha-Viertel markierte. Der rot-weiße Blattfächer war plötzlich allgegenwärtig und Sakura, die keinem altehrwürdigen Clan entstammte und deren Eltern durchschnittliche Shinobi ohne nennenswerte Fähigkeiten waren, fand das ein bisschen angeberisch. Sie richtete ihre Frisur, die trotz Kapuze vom Regen in Unordnung geraten war, und atmete tief durch. Sie war nervös, angespannt und aufgeregt. Das hier konnte schlecht ausgehen. Dann trat sie mit einem beherzten Schritt durch das Tor. „Morgen.“ Sakura zuckte erschrocken zusammen und sah in die Richtung, aus der der Gruß gekommen war. Ein Mann lehnte lässig mit der Hüfte an dem Holzgeländer eines gut getarnten Wachtürmchens und blickte zu ihr herab. Sie hatte ihn überhaupt nicht bemerkt und obgleich sie nicht sonderlich aufgepasst hatte, war ihr die Nachlässigkeit ein wenig peinlich. Das war ein Anfängerfehler, verdammt, sowas dürfte ihr nicht mehr passieren. „Guten Morgen“, erwiderte sie die Begrüßung höflich und verbeugte sich leicht. Er war ziemlich attraktiv; groß, mit kurzem schwarzem Haar und den gleichen kohlefarbenen Augen, die auch Sasuke besaß, überhaupt sah er Sasuke recht ähnlich, obwohl er um die zehn Jahre älter sein dürfte und eine offenherzigere Ausstrahlung hatte. Prompt wurde sie ein bisschen rot. „Kann ich dir helfen?“, fragte er nicht unfreundlich, obzwar in seinem Blick eine gewisse Achtsamkeit lag. Er wirkte entspannt, doch sie bezweifelte nicht, dass er, wie man den Uchiha allgemeinhin nachsagte, über außerordentliche Begabungen verfügte und sie wahrscheinlich mit einem Handgriff ins Jenseits befördern konnte. Außerdem strahlte er eine Ruhe aus, die von dem Urvertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zeugte. „Nein, also vielleicht doch“, sagte sie und bemühte sich, sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. „Ich möchte zu Sasuke.“ An den Mundwinkeln des Mannes zupfte ein leises Grinsen und sie hatte das Gefühl, dass er die Situation falsch einschätzte. So, wie sie verschüchtert herumgedruckst hatte, war das ihre Schuld. Ein wenig schmeichelte ihr jedoch, dass er es zumindest theoretisch für möglich zu halten schien, dass sie ein normales Mädchen war, das Sasuke in aller Herrgottsfrühe besuchte. Vielleicht bekam Sasuke unterdessen aber auch ständig Mädchenbesuch – was wusste sie schon. „Du gehst einfach immer die Hauptstraße entlang, bis du den gepflasterten Platz erreichst. Das größte Anwesen mit den Magnolienbäumen ist es. Es ist ein ganzes Stück, aber verfehlen kannst du es nicht. Im Prinzip musst du nur geradeaus laufen. Ich würde dich bringen, doch leider kann ich hier nicht weg“, erklärte er, während er ihr mit dem Finger den Weg deutete. „Das macht nichts, ich finde es schon. Vielen Dank“, sagte sie und verneigte sich erneut. Er kniff freundlich die Augen zusammen und Sakura atmete erleichtert auf, dass er sie nicht ins Kreuzverhör nahm, was sie von Sasuke wollte. Sie folgte der angezeigten Richtung. Auch in diesem Viertel war noch nicht viel los, lediglich einige uniformierte Männer, die allesamt dem örtlichen Polizeitrupp angehörten, begegneten ihr, warfen ihr zwar misstrauische Blicke zu, stellten ihre Daseinsberechtigung aber zumindest nicht aktiv infrage. Der Mann am Tor war also nicht zufällig dagewesen, sondern bewachte den Eingang tatsächlich. Irgendwie fand sie die Vorstellung unheimlich. Fast so unheimlich wie die Tatsache, dass all diese Männer eine mehr oder minder frappierende Ähnlichkeit mit Sasuke hatten. Nach einigen Minuten kam sie an einem Senbei¹-Geschäft vorbei, vor dem eine ältere Dame, die ihr grau meliertes Haar zu einem strengen Knoten gebunden hatte, die Straße fegte. Sie hatte an diesem Morgen noch nichts gegessen und der verführerische Duft entlockte ihrem Magen ein sehnsüchtiges Knurren. Wäre es zu datemäßig, wenn sie Frühstück für Sasuke und sich kaufte? Andererseits wäre es absolut unhöflich, wenn sie mit grummelndem Bauch bei ihm aufkreuzte, sodass er sich womöglich genötigt sah, sie zu verköstigen. Aber wahrscheinlich hatte er längst gefrühstückt. Vielleicht mochte er Senbei nicht mal. Sie wollte nicht unprofessionell bei ihrer ersten eigenen Mission rüberkommen und Sasuke hatte Freundlichkeit – oder sie – schon immer mehr nervig als alles andere gefunden. Sie knabberte an ihrer Unterlippe. „Kann ich dir helfen, Kindchen?“, fragte die Frau lächelnd, der natürlich nicht entgangen war, wie sie die Auslage musterte. Kurz entschlossen wählte Sakura zwei Senbei jeder Art und während die Frau die Waren in einer braunen Papiertüte verstaute, sagte sie: „Du bist früh dran, normalerweise kommen die ersten Kunden aus dem Dorf nicht vor halb zehn.“ Sakura fiel auf, wie sie das Wort Dorf betonte, als wäre sie selbst kein Teil davon. „Ich habe hier zu tun“, erklärte Sakura, reichte der Frau das Geld und wollte ihre Waren entgegennehmen, als diese die Tüte aus ihrer Reichweite zog. „Ach?“ Auf ihrem eben noch freundlichen Gesicht lag plötzlich etwas Feindseliges. „Was kann so ein junges Ding denn in unserem Viertel zu erledigen haben?“ „Sie werden verstehen, dass ich Ihnen darauf nicht zu antworten brauche“, entgegnete sie, versuchte dabei, Sensei Kakashis Tonlage zu imitieren, der in solchen Situationen stets eine freundliche, aber unanfechtbare Autorität ausstrahlte, und entriss der Frau die Senbei auf eine Weise, die ältere Menschen gern über die ungehobelte Jugend schimpfen ließ. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag“, sagte sie, ehe sie sich mit eiligen Schritten entfernte, bevor die Frau sich entschloss, ihr irgendwelche Probleme zu bereiten, die sie schlussendlich vielleicht noch zwangen, den Grund ihres Besuches zu offenbaren. Sie war sicher, dass es weder Sasuke noch Lady Tsunade sonderlich gefallen würde, wenn zu viele Menschen Bescheid wussten. Sakura erreichte einen weitläufigen, mit grauen Natursteinplatten gepflasterten Platz, dessen einziger Zweck darin zu bestehen schien, andere Häuser großzügig von dem ummauerten Grundstück fernzuhalten. Der Mann hatte wahrlich nicht übertrieben, als er gesagt hatte, dass man das Haus nicht verfehlen konnte, und Anwesen war eine durchaus zutreffende Bezeichnung. Gütige Amaterasu², Sasukes Eltern mussten steinreich sein. Natürlich waren die alten Clans allesamt vermögend, doch bisher hatte Sakura keinerlei Vorstellung davon gehabt, was das bedeutete. Sie selbst entstammte der gehobenen Mittelschicht und plötzlich schämte sie sich, wie hoch sie die Nase Naruto gegenüber deswegen einst gehalten hatte. Die nächste Nudelsuppe, die sie gemeinsam aßen, würde definitiv auf ihre Rechnung gehen. Sie überquerte den Platz und kam vor einem Holztor zum Stehen, an dem eine altmodische Klingelschnur angebracht war. In ihren Eingeweiden schäumte die Nervosität wie Säure auf, als sie läutete und irgendwo auf dem Grundstück ein Glöckchen bimmelte. Sie richtete nochmals hastig ihre Frisur. Eine Tür wurde aufgeschoben. Sie rückte ihre Tasche zurecht und umklammerte den Gurt mit beiden Händen. Schritte näherten sich dem Tor. Sie leckte mehrmals hektisch ihre Lippen, die sich plötzlich fürchterlich spröde anfühlten. Ich bin bei Sasuke Zuhause, rotierte in Endlosschleife durch ihren Kopf. Ihr Herz hämmerte und es fehlte nicht viel, bis sie entweder umkippte oder albern quiekend wegrannte. Und dann öffnete sich das Tor und Sasuke stand in einer weiten schwarzen Stoffhose und einem engen weißen Shirt bekleidet vor ihr. Ihr Mund wurde noch trockener. „Sakura? Was machst du denn hier?“, fragte er. Gut, er war nicht wütend, nur überrascht. Sie lächelte vorsichtig, was ihn die Augenbrauen zusammenziehen ließ, dann blickte er gehetzt wirkend über die Schulter zurück, schob sich durch den schmalen Spalt und schloss das Tor leise. „Was willst du?“, fragte er und klang dabei schon deutlich aggressiver. Das Lächeln blätterte ihr aus dem Gesicht. „Dir auch einen guten Morgen, Sasuke.“ Sie hielt es für das Klügste, ihm einfach die Schriftrolle zu überreichen. Sasuke starrte diese unverwandt an, nahm sie aber schließlich entgegen, brach das Siegel und überflog den Inhalt. Seine Augen verengten sich und sie bemerkte, dass er Tsunades Anweisungen ein zweites Mal las, langsamer und sorgfältiger. „Ist das ein Witz?“, fragte er kühl. „Ich fürchte nicht.“ Er schnaubte. „Ausgerechnet du sollst mir etwas beibringen? Und dann auch noch Heil-Jutsu? Ich bin ein Kämpfer und kein Heiler.“ Sie blinzelte die Feuchtigkeit in ihren Augen vehement zurück. Sie war ihrem Heulsusen-Dasein entwachsen und sie würde nicht ausgerechnet vor Sasuke wieder damit anfangen. „Es ist eine Anordnung von der Hokage höchstpersönlich“, sagte sie nur. Er las die Schriftrolle noch einmal, wie um ihre Worte zu überprüfen, und seufzte schließlich genervt. „Und dafür“, er wedelte mit der Rolle vor ihrer Nase herum, „kommst du extra her?“ „Ich dachte, wir könnten gleich…“ „Geht nicht, ich habe eine Mission. Kann sein, dass ich ein paar Tage weg bin.“ „Hast du nicht.“ Sie fühlte sich mies, ihn so auflaufen zu lassen. „Ich weiß von Lady Tsunade, dass du bis auf Weiteres gesperrt bist.“ Sie konnte sehen, wie seine Wangen heiß wurden, doch ob ihm peinlich war, dass sie ihn beim Lügen erwischt hatte oder sie von seiner aktuellen Situation wusste, blieb unklar. Seine Finger verkrampften sich um die Schriftrolle, bis seine Knöchel weiß hervortraten. „In einer halben Stunde in der Bibliothek“, schnappte er, verschwand zurück durch das Tor und schlug ihr die Tür förmlich ins Gesicht. Sakura zwinkerte das Holz dümmlich an. Sasuke war noch nie sonderlich höflich gewesen, aber das war selbst für ihn ein arges Stück. Dreißig Minuten später saß sie im hintersten Winkel der Bibliothek und knapperte appetitlos an einem Nori³-Senbei, bei dem es sich ebenso gut um ein Stück Pappe handeln könnte. Der leichte Nieselregen entwickelte sich zu einem ausgewachsenen Herbststurm und der Wind rüttelte klirrend an den Fensterscheiben. Sie sah, wie Sasuke die Bücherei betrat, den Blick suchend durch den Saal gleiten ließ, bis er sie entdeckte, und mit entschlossenem Schritt zu ihrem Tisch kam. In seinem Haar hingen Regentropfen und er schien etwas von der Kälte mit nach drinnen zu bringen. „Du kannst nicht einfach bei mir Zuhause auftauchen“, schnauzte er grußlos und baute sich mit verschränkten Armen vor ihr auf. „Das tut mir leid, es wird nicht wieder vorkommen.“ Sakura hatte eine ganze Weile überlegt, was sie sagen sollte, denn irgendwie war ihr klar gewesen, dass er sich darüber aufregen wollte, und war zu dem Entschluss gekommen, dass sie sich ohne Wenn und Aber einfach brav entschuldigen und es dabei belassen würde. Tatsächlich schien der Plan aufzugehen, denn ihre demonstrierte Einsicht nahm ihm den Wind aus den Segeln. „Ich brauche deine Hilfe nicht.“ „Falsch, du willst meine Hilfe nicht, das ist ein Unterschied, aber, um ehrlich zu sein, habe ich weder die Zeit noch die Lust, Rücksicht auf deine Launen zu nehmen.“ Das hatte sichtlich gesessen und sie klopfte sich mental auf die Schulter. Die alte Sakura, das verknallte Fangirl, hätte Sasuke niemals Kontra gegeben. „Das hier ist doch die reinste Zeitverschwendung, ich will erst mit Tsunade sprechen“, sagte er gepresst. Sein Kiefer war so angespannt, dass sie sich ein bisschen Sorgen machte, er könne ihn sich versehentlich selbst brechen. „Das steht dir natürlich frei“, entgegnete sie ruhig und faltete die Hände auf der Tischplatte. Aber sie wussten beide, dass er keine andere Wahl hatte, als sich den Anweisungen zu beugen, ansonsten hätte er sie bereits vor seiner Haustür abgefertigt und wäre nicht hier. Seine Fäuste waren geballt und zitterten leicht; die Situation schien ihn wirklich zu frustrieren, was sie unweigerlich versöhnlicher stimmte. „Wieso setzt du dich nicht erst mal und lässt uns anfangen? Danach sehen wir weiter, okay?“, schlug sie lächelnd vor und machte eine einladende Geste Richtung Stuhl. „Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn. Ich muss trainieren, ansonsten werde ich niemals…“ Er kniff die Lippen zusammen und schaute zur Seite weg. Diesen Blick hatte sie schon mal an ihm gesehen, als er in einer spektakulären Niederlage gegen Sensei Kakashi verloren hatte. Damals hatte sie geglaubt, dass die daraus resultierende Demütigung an ihm nagte, doch als sie ihn zu trösten versucht hatte, dass es keine Schande sei, als Genin gegen einen Jōnin zu verlieren, hatte er ihr auf seine gewohnt charmante Art zu verstehen gegeben, dass sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern solle. „So wie ich das sehe, hast du momentan nichts so viel wie Zeit, immerhin verschwendest du die von uns beiden überaus freigiebig.“ Sie seufzte. „Wenn du ein bisschen kompromissbereiter wärst, könnten wir schon halb mit unserer heutigen Lektion durch sein, danach kannst du, was mich betrifft, machen, was du willst.“ Sasuke sah sie stechend an. „Wieso du? Wenn du glaubst, dass du mir wegen gestern was schuldig bist, dann…“ „Das ist es nicht“, sagte sie schnell. „Ich bin dir natürlich dankbar für deine Hilfe, aber diese Sache hat rein gar nichts mit heute zu tun. Lady Tsunade übertrug diese Aufgabe an mich, weil ich ihre beste Schülerin bin.“ Sie zögerte kurz, ehe sie weitersprach: „Und weil sie annahm, dass es dir lieber wäre, von einer ehemaligen Teamkameradin unterrichtet zu werden. Nichts davon ist auf meinem Mist gewachsen, aber ich konnte ja schlecht nein sagen.“ Das war freilich ein wenig geflunkert, schließlich hatte Tsunade betont, dass sie sie nicht zwingen würde, aber es würde ihm hoffentlich das Gefühl vermitteln, dass sie im selben Boot saßen. „Hat sie dir davon erzählt, warum ich…?“ Er biss die Zähne abermals viel zu fest aufeinander und dieses Mal hörte sie seinen Unterkiefer tatsächlich knacken. Sakura holte Luft, viel zu tief für das kurze Ja, das sie von sich gab und das trotzdem irgendwie atemlos klang. Sein Blick verdüsterte sich, aber bevor sie den Ausdruck deuten konnte, drehte er sich von ihr weg, nahm auf dem Stuhl ihr gegenüber Platz und schlug eines der Bücher auf, die sie bereitgelegt hatte. Sie dachte, dass sie vielleicht Schuldgefühle in seinem Gesicht gesehen hatte. Sie jedenfalls würde sich schuldig fühlen, wenn ihretwegen fast jemand gestorben wäre. „Können wir dann?“, fragte er ungeduldig. Sie verbiss sich einen Kommentar darüber, dass er derjenige gewesen war, der sich unnötig quergestellt hatte, setzte stattdessen ein Lächeln auf und stellte einen der beiden Pappbecher vor ihm ab, die mit inzwischen kaltem – und ziemlich scheußlich schmeckendem – Milchkaffee gefüllt waren. In ihrer Anfangszeit unter Tsunade, als sie Tage und Nächte Bücher in der Bibliothek gewälzt hatte, hatte sie von diesem Zeug gelebt. „Ich dachte, wir beginnen damit, Flüssigkeiten voneinander zu trennen.“ „Du dachtest? Hast du überhaupt eine Ahnung, was du tust?“ Sie ignorierte die Stichelei. „Das ist der grundlegendste Schritt, wenn man erste Hilfe an einem vergifteten Kameraden leisten muss. Tod durch Vergiftung ist, noch vor zu hohem Blutverlust, die häufigste Spätfolge von nicht letalen Verletzungen. Man filtert das Gift mit Chakra aus dem Blut, damit es die Organe nicht schädigen kann; je nach Fähigkeiten verkapselt man das Gift anschließend, leitet es aus dem Körper oder, was am besten ist, neutralisiert es.“ Sakura griff nach dem zweiten Kaffeebecher und zeigte ihm den hellbraunen Inhalt, obwohl er gar nicht hinsah und insgesamt nicht wirklich aufzupassen schien. Die Übung war nicht sonderlich schwer, doch sie erinnerte sich daran, dass er damals Probleme mit seiner Chakrakontrolle gehabt hatte, und obgleich sie bezweifelte, dass ihm das noch immer Schwierigkeiten bereitete, so war diese Aufgabe doch ein klein wenig anspruchsvoller, als Chakra einfach nur in einem bestimmten Teil seines Körpers zu bündeln. Sie wischte sich ein paar Schweißperlen von der Stirn, weil sie plötzlich furchtbar nervös war, dass sie es vermasseln könnte, positionierte ihre Hände dann links und rechts vom Becher und konzentrierte ihr Chakra auf die Flüssigkeit, die nach einigen Sekunden zu wirbeln begann und sich schließlich in Milch und Kaffee separierte. „Tada“, grinste sie, hauptsächlich vor Erleichterung, dass sie sich keine Blöße vor ihm gegeben hatte. Sasuke, der sich vorgebeugt hatte, um ihr besser zusehen zu können, ließ sich unbeeindruckt auf seinem Stuhl zurückfallen. „Deine kleine Demonstration wäre sinnvoller gewesen, wenn du ein durchsichtiges Gefäß genommen hättest“, wusste er. „Ich musste kurzfristig improvisieren“, sagte sie achselzuckend. Immerhin hatte sie diese Übung bei ihm zu Hause machen wollen und wenn sie wetten müsste, ob es Gläser bei den Uchihas gab, würde sie diese Wette vermutlich gewinnen. „Jetzt du.“ Er gab einen abfälligen Laut von sich und sie fragte sich, womit sie seiner Meinung nach diese Verachtung verdient hatte. Das konnte doch nicht nur an dem Zwischenfall mit Hidan liegen. Sie wollte ungern diese Karte ausspielen, doch wenn er sie nicht alsbald mit mehr Respekt behandelte, würde sie ihn darauf hinweisen müssen, dass er ihr derzeit quasi unterstellt war. Der Schwarzhaarige zog den Pappbecher zu sich heran und konzentrierte sein Chakra auf die hellbraune Flüssigkeit, zumindest ging sie davon aus, dass er ebendas versuchte, denn wirklich viel tat sich in den ersten Minuten nicht. Träge rotierte der Milchkaffee im Becher herum, schien sich aber nur stärker zu vermischen, statt zu trennen. Sie hielt sich zurück; ungebetene Ratschläge kamen schließlich selten gut an. Ein klitzekleines bisschen wollte sie sich vielleicht auch die Genugtuung gönnen, dass er sie von sich aus um Hilfe bitten musste. Sasuke starrte auf die gleichmäßige Rotation und sie bemerkte, wie sein Blick zusehends abwesender wurde, wie wenn man in eine Flamme schaute und mit den Gedanken ganz woanders war. Er schien ihre Anwesenheit völlig ausgeblendet zu haben und sie nutzte die Gelegenheit, um ihn ungeniert zu betrachten. Sasuke war wirklich hübsch. Natürlich hatte sie ihn schon immer für gut aussehend befunden, dich irgendwie hatte er es in den letzten drei Jahren geschafft, vollkommen makellos zu werden. Ob er wohl eine Freundin hatte? Oder ein Mädchen, an dem er interessiert war? Vermutlich stand die holde Weiblichkeit noch immer Schlange bei ihm, ein ganzes Bataillon an Inos und Sakuras, das alles für ihn tun und sich alles von ihm gefallen lassen würden. In ihrer Brust krampfte sich etwas zusammen und sie riss sich gerade noch rechtzeitig genug von seinen perfekt geformten Wangenknochen los, um festzustellen, dass der Kaffee gefährlich zu brodeln begonnen hatte. „Vorsicht“, rief sie aus und schlug den Becher mit der Handkante vom Tisch. Die Flüssigkeit fraß sich in den Holzboden. Wahrscheinlich hatte sie damit ihr Privileg, in der Bibliothek essen und trinken zu dürfen, unwiderruflich verspielt. „Spinnst du“, schnappte er. „Ich hatte es fast.“ „Das Einzige, was du fast gehabt hättest, sind Verbrennungen zweiten Grades“, entgegnete sie scharf. Sie war wütend, am meisten auf sich selbst, weil sie nicht aufgepasst hatte und er deswegen sich selbst und möglicherweise sie beinahe verletzt hätte, aber immerhin war ihr nun klar, wie er überhaupt in diese Misere hineingeraten war. Lady Tsunade hatte zwar erwähnt, dass seine Teamkameraden seine Geistesabwesenheit kritisiert hatten, doch so richtig hatte sie das bis zu diesem Moment nicht glauben können, denn Unkonzentriertheit sah dem Sasuke, den sie kannte, gar nicht ähnlich. Sie streckte ihre Hand nach seiner aus, aber er zog sie weg, ehe sie ihn berühren konnte, was ihren Versuch nicht nur enorm peinlich, sondern höchst unprofessionell machte. „Geht es dir gut, Sasuke? Du schienst mit deinen Gedanken ganz weit weg zu sein.“ „Kümmere dich um deinen eigenen Kram“, blockte er nüchtern ab. „Ich meine ja bloß“, sagte sie und gab sich redlich Mühe, nicht beleidigt zu klingen. „Wenn du dermaßen unkonzentriert bist, hat das hier wirklich keinen Sinn.“ Er sah schweigend aus dem Fenster. Regen klatschte gegen die Scheiben. „Richtig.“ Er nickte und erhob sich. Sakura war viel zu verdattert, dass er sie allen Ernstes sitzen ließ, um sofort zu reagieren. „Sasuke, warte doch mal“, rief sie, eilte ihm hinterher und bekam ihn schließlich am Ellbogen zu fassen. Er schüttelte ihre Finger gröber als unbedingt nötig gewesen wäre ab. Ein heimlicher Beobachter musste denken, dass sie ein eins a Beziehungsdrama ausfochten. „Wo willst du hin?“ „Du hast gesagt, dass ich gehen kann.“ Hatte sie nicht und das wusste er natürlich, aber es war eine aufschlussreiche Demonstration, wie dringend er offensichtlich von ihr weg wollte. „Lass es uns noch mal zusammen versuchen, okay?“ Seine Antwort bestand in einem frustrierten Seufzen, sein Blick wanderte sehnsüchtig Richtung Ausgang. Na gut, sie wusste, wann sie sich geschlagen geben musste. Außerdem war eine verlorene Schlacht noch lange kein verlorener Krieg. „Fein, machen wir Schluss für heute, ich habe dich ja auch wirklich überfallen. Morgen, selbe Zeit, selber Ort?“ „Da kann ich nicht“, sagte er sofort. „Ach nein? Was hast du denn Dringendes vor?“ Sakura versuchte, es nicht wie einen Vorwurf klingen zu lassen, aber er machte es ihr wahrhaft schwer. „Stell dir vor, ich habe trotzdem noch genügend andere Verpflichtungen“, entgegnete er ärgerlich, beschloss dann jedoch offenbar, ihr wenigstens den Ansatz einer Erklärung zu liefern, damit sie ihn nicht bei der Hokage anschwärzen konnte. Nicht, dass Sakura vorgehabt hätte, Sasuke derart in die Pfanne zu hauen. „Mein Vater hält morgen eine Clan-Versammlung ab und als Sohn des Oberhauptes muss ich noch einige Vorbereitungen treffen.“ „Sohn des Oberhauptes?“, echote sie dünn. Er legte den Kopf schief. „Das wusstest du nicht? Falls du mir nicht glaubst, lässt sich das leicht überprüfen.“ „Nein, also doch, ich glaube dir“, beeilte sie sich zu sagen, obgleich diese neue Information sie schier überwältigte. Ob Ino davon wusste? „Passt es dir übermorgen?“ Er nickte ohne den geringsten Enthusiasmus, ehe er fragte: „Warum machst du das?“ „Was?“ „Das.“ Er schloss den Lesesaal mit einer ausschweifenden Handbewegung ein. „Das hatten wir doch schon“, erklärte sie. Sasuke durchbohrte sie mit seinen dunklen Augen. „Ich lüge nicht“, rechtfertigte sie sich. „Du wolltest dich doch sowieso bei Lady Tsunade beschweren, da kannst du sie gleich fragen, aber wenn es dich irgendwie beruhigt, versichere ich dir gern, dass ich keinen perfiden Plan ausgeheckt habe, um mir ein Date mit dir zu erschleichen. Ich bin keine zwölf mehr, Sasuke.“ Es war, wenigstens halb, als Scherz gemeint, doch so wie er sie ansah, befürchtete er genau das oder aber ihr Humor verfehlte seinen Geschmack meilenweit. „Na, dann.“ Er wandte sich zum Gehen und sie griff erneut nach seinem Arm. „Warte mal.“ Sie klang wie eine kaputte Spieluhr. „Was denn noch?“, fragte er nun wieder eindeutig genervt. Den Tag, an dem sie andere Emotionen als Gleichgültigkeit oder Genervtheit in ihm hervorrief, würde sie sich rot im Kalender markieren. „Ich habe dir ein paar Bücher mitgebracht, von denen ich möchte, dass du sie bei Gelegenheit mal durchsiehst.“ Sie ging zu ihrem Tisch zurück und weil sie ihre Finger sowieso noch um seinen Arm geschlungen hatte, zog sie ihn einfach mit sich mit. Erstaunlicherweise ließ Sasuke es sich ohne größeres Murren gefallen, was sie einfach mal als Punkt für sich wertete. „Die hier“, sie deutete auf den größten Stapel, „befassen sich mit der Theorie, Chakra, Fingerzeichen, medizinische Ninjutsu, Aktion und Reaktion, die Grundlagen eben. Die anderen behandeln fortgeschrittenere Themen. In dem hier geht es beispielsweise um den offensiven Einsatz medizinischer Jutsu, ich dachte, das könnte dich interessieren“, sagte sie und tippte auf das entsprechende Buch. Sasuke sah kein Stückchen interessiert aus. „Ist das dann alles?“ Sie atmete geräuschvoll durch die Nase aus und entließ ihn mit einer unwirschen Geste. Wenn er so wenig Motivation hatte, hier zu sein, war es für sie beide bloße Quälerei, und ihr blieb nur zu hoffen, dass er bei ihrem nächsten Treffen besser drauf sein würde. Ansonsten… Ja, was sonst…? Sie wollte ihn weder wie ein schmollendes Kleinkind bei Tsunade verpetzen noch seine Achtung auf anderem Wege erzwingen, also blieb ihr wahrhaftig nur die Hoffnung, mit freundlicher Kompetenz irgendwie zu ihm durchzudringen. Wenn er erst einmal verstanden hatte, dass sie nicht der Feind war, dass sie sich durchaus zu einer achtenswerten Persönlichkeit weiterentwickelt hatte, würde alles leichter werden. Sakura verstaute die Bücher für ihn in ihrer Tasche. Kein Danke, kein Wort des Abschieds kam ihm über die Lippen, doch als sie ihm die schwere Umhängetasche reichte, packte er sie an den Oberarmen und zog sie dicht zu sich heran. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast und einen absurden Moment lang glaubte sie, dass er sie küssen wollte. „Das bleibt unter uns, verstanden? Wenn ich mitbekomme, dass du irgendwas hiervon rumtratschst, dann…“ Das Unausgesprochene schwebte als dunkle Drohung zwischen ihnen. „Was dann?“ Sie wusste nicht, was schmerzhafter war, sein eiserner Griff oder wie wenig er offenkundig von ihr hielt. „Du tust mir weh, Sasuke.“ Er ließ ruckartig von ihr ab, für den Bruchteil einer Sekunde spiegelte sich Verwirrung auf seinem Gesicht, dann entriss er ihr die Bücher und stürmte aus der Bibliothek. Erschöpft sank sie auf dem Stuhl zusammen und vergrub den Kopf in den Handflächen. Das hätte besser laufen können, aber auch schlechter, nicht viel schlechter, aber immerhin ein bisschen. Es war zumindest keine totale Katastrophe gewesen, tröstete sie sich. Demotiviert machte sie sich daran, den Kaffee vom Boden aufzuwischen und sich das Donnerwetter des Bibliothekars abzuholen. Für Sakura war unvorstellbar, dass noch nicht einmal zwei Stunden vergangen waren, seit sie bei Sasuke auf der Matte gestanden hatte, wo sie sich körperlich, aber vor allem mental so entkräftet wie nach einem extra harten Training fühlte. Wahrscheinlich sollte sie ihm dankbar sein, dass er ihr quasi den ersten freien Tag seit Monaten spendiert hatte, doch die deprimierende Wahrheit war, dass sie nichts mit sich anzufangen wusste. Ziellos wanderte sie durch Konoha, bis sie zu Ichiraku kam. Sie hatte den Nudelshop nicht bewusst angesteuert, doch als sie Naruto entdeckte, der in Unterhose jede Falte seines Kleiderhaufens durchsuchte, hob sich ihre Laune unweigerlich. „Hinter deinem Stirnband, wie immer“, grinste sie, rutschte auf einen der Hocker und bedeutete Teuchi, zwei Portionen fertig zu machen. „Du bist eine echte Lebensretterin“, sagte der Blonde und hielt den Nudelsuppen-Gutschein wie eine Trophäe in die Luft. „Ich wusste doch, dass ich den noch habe.“ „Lass stecken, ich lade dich ein.“ Naruto ging dramatisch vor ihr auf die Knie und umfasste ihre Hand mit seinen. „Ich liebe dich, Sakura, echt jetzt.“ „Spinner“, sagte sie errötend und entzog ihm ihre Finger. Es war kein Geheimnis, dass Naruto in sie verliebt gewesen war, doch im Verlauf der letzten drei Jahre hatte er irgendwann aufgehört, sie ständig um Dates zu bitten, weil er eingesehen hatte, dass sie seine Gefühle niemals auf diese Art und Weise erwidern würde. Ihrer Freundschaft hatte das gutgetan und mittlerweile konnte man Naruto Uzumaki mit Fug und Recht als ihren engsten Freund und Vertrauten bezeichnen. Im Prinzip saßen sie im selben Boot; er war chancenlos in sie verliebt gewesen, aber nicht wirklich in sie, sondern in das hübsche Mädchen, als das er sie gesehen hatte, und sie war chancenlos in Sasuke verliebt gewesen, aber nicht wirklich in Sasuke, sondern den coolen und begabten Mädchenschwarm. Naruto hatte das erkannt und war seiner infantilen Schwärmerei entwachsen. Aber was war mit ihr? Gestern noch hätte sie Stein und Bein geschworen, dass sie nichts mehr für Sasuke Uchiha empfand, heute hatte er ihr dummes Herz zum Stolpern gebracht. Er rieb sich breit grinsend den Hinterkopf und ließ sich dann auf dem Hocker neben ihr nieder. „Willst du dich nicht wenigstens anziehen?“, fragte sie amüsiert. „Wieso? Mache ich dich verlegen?“ Er ließ die Augenbrauen anzüglich hüpfen. „Wer deinem Sexy Jutsu so oft wie ich ausgesetzt war, den bringt so schnell nichts mehr in Verlegenheit.“ Dass sie kursiver FlirtparadiesFlirtparadies, Sensei Kakashis Lieblingsbuch, gelesen hatte, hatte ebenfalls einen Großteil ihres Schamgefühls abgetötet. Wenn man erst einmal realisierte, dass der eigene Lehrer die ganze Zeit Pornos las, während er drei Minderjährige betreute, stumpfte die Unschuld beträchtlich ab. „Es gehört sich aber nicht, sich halb nackt vor einer jungen Frau zu zeigen“, schimpfte Teuchi und zog ihm die Kelle über den Schädel. „Sowas dulde ich hier nicht.“ „Aua“, meckerte der Blonde und schob schmollend die Unterlippe vor. „Sakura sieht mich doch ständig nackt, also reg dich ab.“ „Naruto!“, rief sie empört aus und bedeckte beschämt die Augen mit den Händen. „Wenn du das so sagst, dann klingt es, als… Liebe Güte.“ Teuchi sah aus, als stünde er kurz vor einem Herzinfarkt, und wischte sich die Schweißperlen mit seiner Schürze von der Stirn. „Was denn? Ist doch so.“ „Es ist überhaupt nicht so wie es klingt“, versicherte Sakura dem alten Mann, der ihren Blick tunlichst zu meiden versuchte, als er die Schüssel mit Miso⁴-Ramen⁵ vor ihr abstellte. Für eine Weile war nur Narutos zufriedenes Schlürfen zu hören. Sakura hatte eigentlich gar keinen Hunger und als er fragte, ob sie ihre Portion noch essen wolle, schob sie ihm die Schüssel wortlos zu. „Was machst du eigentlich hier?“, fragte er, während er sich den vollen Bauch rieb. „Ich habe heute meinen freien Tag“, log sie. „Und den wolltest du mit mir verbringen, kann ich verstehen“, lachte er, ehe er sich verschwörerisch an Teuchi wandte: „Die Mädels stehen alle auf mich.“ Sakura verdrehte die Augen, konnte aber nichts dagegen sagen. Es stimmte immerhin, objektiv betrachtet sah Naruto gut aus und neuerdings fiel das, sehr zu Hinatas Leidwesen, immer mehr Frauen auf. Allerdings war ihr nicht bewusst gewesen, dass er das erwachende weibliche Interesse an seiner Person mitbekam, schließlich war Hinata seit Jahren mehr als offensichtlich in ihn verknallt und das wiederum schien er keineswegs wahrzunehmen. Oder war das seine Art, sie abzuweisen, ohne sie vor den Kopf zu stoßen? Und wieso dachte sie überhaupt darüber nach? Schlussendlich war Hinatas Schwärmerei für Naruto ebenso albern wie seine ehemalige Schwärmerei für sie oder ihre für Sasuke. Sie biss sich auf die Unterlippe. „Hast du eigentlich mal wieder was von Sasuke gehört?“ Aus dem Augenwinkel bekam sie mit, wie er im genüsslichen Reiben seines gefüllten Magens innehielt. Keiner von ihnen hatte es jemals direkt ausgesprochen, doch sie waren stillschweigend übereingekommen, dass Sasuke Uchiha eine Art Tabuthema zwischen ihnen war, weil es ihr lange Zeit zu wehgetan hatte, über ihn zu reden, und weil Naruto sich von ihm verraten gefühlt hatte, als er ohne Ankündigung ihr Team verlassen hatte. „Wieso?“ Sie hörte sein Misstrauen und die implizierte Frage, ob sie ihn noch immer liebte. Aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. „Ich habe ihn gestern zufällig getroffen“, erklärte sie beiläufig klingend. „Er schien… bedrückt.“ Sie spielte mit ihren Fingern, bis die Gelenke knackten. Die Versuchung, Naruto ihr Herz auszuschütten, war groß, aber sie hatte Sasuke versprochen, genau das nicht zu machen. Mehr oder weniger zumindest. „Nee“, brummte er, während er die leeren Schüsseln mit dem Finger auswischte. „Ich hab nur Zeug über ihn gehört.“ „Ach ja?“ Naruto zuckte die Achseln; es war eindeutig, dass er lieber nicht darüber sprechen wollte, aber er tat es trotzdem. „So Sachen von wegen Polizeiwillkür und so. Sein Trupp soll wohl schon mehrmals ziemlich brutal Zivilisten zusammengeschlagen haben und angeblich erpressen die Schutzgelder von den Leuten.“ „Das ist ja schrecklich.“ Sie schlug die Hände erschrocken vor den Mund. „Wenn’s wahr ist“, stimmte er zu, schlug dann jedoch energisch mit der Faust auf den Tresen. „Sasuke ist vielleicht ‘n Arschloch, aber sowas macht der nicht, echt jetzt. Selbst wenn an den Gerüchten was dran ist, hängt das nicht zwangsläufig mit ihm zusammen.“ „Ja, wahrscheinlich hast du recht.“ Sie lächelte dünn. „Bestimmt“, sagte er im Brustton der Überzeugung. „Mit den ganzen Friedensverhandlungen zwischen den Reichen und all den fremden Shinobi, die momentan in unserem Dorf sind, ist die Polizei einfach voll ausgelastet und ein paar nutzen das aus, um Ärger zu machen. Solche gibt’s doch immer.“ Sakura wünschte, dass sie nur halb so zuversichtlich wie Naruto sein könnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)