Ein Leben wert von Sharry ================================================================================ Kapitel 20: Kapitel 20 - Wert ----------------------------- Kapitel 20 – Wert   „Corazón, Tee?“ Überrascht wandte er sich um als der Blondschopf – Sanji war sein Name – ihm einen Porzellanbecher reichte. „Vielen Dank.“ Er stand am Bug des Schiffes und beobachtete den Strohhut und zwei seiner Crewmitglieder beim Kartenspielen. Die anderen Crewmitglieder waren übers Schiff verteilt. Am vergangenen frühen Abend waren sie zur Insel Aki aufgebrochen. Zu Rocinantes großer Verwunderung war die Navigatorin dieses Schiffes – Nami – in der Lage Inseln selbst ohne Eternal Port anzuvisieren. Von so etwas hatte er vorher noch nie gehört und er fragte sich, wer diese Leute überhaupt waren. „Alles in Ordnung?“, fragte Sanji nun nach. „Nami sagte wir werden so in zwei bis drei Stunden ankommen. Glaubst du wir sind noch rechtzeitig?“ Rocinante zuckte mit den Schultern. Es war früher Nachmittag, zwei Tage nachdem Law ihn verlassen hatte. „Ich weiß es nicht. Allerdings habe ich meine Zweifel, dass euer Schwertkämpfer den Kampf bekommen wird, den er sich erhofft.“ Der andere lachte leicht, entgegnete jedoch nichts. „Als wir telefonierten, sagte er so etwas wie noch so einer, was meinte er damit?“ Der Smutje schmunzelte leise und sah ihn an. „Es scheint so zu sein, dass diejenigen von uns, die sich ihrer Vergangenheit stellen müssen, immer davon ausgehen, dass die beste Art, die Freunde zu beschützen, die ist, sie im Unwissenden zu lassen und die Dinge allein regeln zu wollen.“ Immer noch schmunzelnd schüttelte der andere den Kopf. „Und ein jeder von uns musste feststellen, dass das absoluter Schwachsinn ist und man nur erreicht, dass sich die Freunde noch mehr um einen sorgen. Das meinte der Spinatschädel wohl damit, noch so einer, dem man erklären muss, dass Freundschaft so nicht abläuft.“ „Eine kluge Beobachtung“, bemerkte Rocinante und trank einen Schluck Tee. „Ach, der soll von seinem hohen Ross herunterkommen. Er ist nicht besser als wir anderen.“ Dankbar über die Ablenkung ließ Rocinante sich darauf ein. „War er auch so einer?“ Sanji schnaubte leise. „Wir alle haben viel Scheiße gebaut, glaub mir, aber dieser Mistkerl hat echt den Vogel abgeschossen. Auch wenn ich sagen muss, dass Law ihn vielleicht sogar noch übertrumpft hat.“ Nun lachte Rocinante auch leise, aber es war hohl und gelogen. „Tja, ich würde ja sagen, es ist schon ziemlich spektakulär von den Toten aufzuerstehen, aber selbst das scheint ja in eurer Crew nicht ungewöhnlich zu sein.“ „Zumindest nicht das Ungewöhnlichste“, stimmte der andere ihm zu. Rocinante wusste nichts mehr zu sagen und starrte aufs Meer hinaus. Er hatte kaum schlafen können – Quatsch, kein Auge hatte er zu gemacht – und mit jeder Sekunde, die verging, wurde er ruheloser. Was wenn…, was wenn…? „Danke übrigens.“ Er wandte sich zum Smutje um. „Dass du uns angerufen hast. Law ist unser Freund, wir alle wollen helfen.“ Law hatte also wirklich gute Freunde gefunden. Rocinante seufzte. „Die Wahrheit ist, ihr wart die einzigen, die ich zu erreichen wusste. Von seiner eigenen Crew hat Law mir so gut wie nichts erzählt. Ich glaube ich kenne noch nicht einmal alle ihre Namen, geschweige denn, wo sie sich derzeit aufhalten. Law hatte gesagt, dass er jederzeit gehen würde, wenn diese Teleschnecke klingeln würde, also hatte ich einfach nur die Hoffnung, dass ihr das auch tun würdet.“ Der andere neben ihm nickte und verschränkte die Arme, dunkle Schatten legten sich über sein sonst recht freundliches Gesicht. „Ja, das damals war grausam.“ Kriege sind nie einfach, auf beiden Seiten gab es viele Verluste. „Was?“ „Oh, du wusstest es nicht?“ Sanji sah ihn leicht überrascht an und sah dann weg. „Was ist mit seiner Crew passiert?“, hakte Rocinante nach. Meine Crew habe ich vor dem Großen Krieg aufgelöst, weil ich nicht wollte, dass sie mitkämpfen. Der andere zögerte, zuckte jedoch dann mit den Achseln. „Vor drei Jahren, während wir uns auf die Schlacht vorbereitet haben, was später als der Große Krieg bekannt werden würde, gab es Unruhen in Impel Down. Wir waren viel zu weit entfernt, um einzugreifen. Aber Law hatte vorher schon entschieden, dass seine Crew nicht mit ihm an vorderster Front kämpfen würde; die Details weiß ich nicht, nur, dass es wohl ein riesiger Streit war.“ Ich habe ihnen keine Wahl gelassen. „Er hatte sie zusammen mit einigen anderen unserer Verbündeten zu unserem Kontrollpunkt nahe der Red Line geschickt, für den Fall, dass andere den Krieg ausnutzen würden, um Unruhe zu stiften.“ Aber manchmal frage ich mich, ob es all die Leben wert war, die dafür gestorben sind. „Marine Ford“, vermutete Rocinante. „Nun ja, eigentlich war es das Sabaody Archipel, aber das macht ja keinen großen Unterschied.“ Sanji seufzte. „Wie gesagt, ich weiß nichts Genaues, aber bei der Revolte von Impel Down drohte auch de Flamingo auszubrechen und Laws Crew entschied auf eigene Faust ihn aufzuhalten.“ Law hätte ihm vielleicht etwas Interessantes entlocken könne, aber er hat sich geweigert ihn noch mal wiederzusehen. Nicht, dass ich es ihm verübeln konnte. „Die meisten von ihnen haben diesen Kampf nicht überlebt und die wenigen, die es taten, werden wohl ihr Leben lang davon gezeichnet sein.“ Der andere schwieg für einen Moment. „Wir erhielten die Nachricht, dass die Revolte gestoppt wurde, während der Schlacht. Was es gekostet hatte, erst danach.“ Nach dem Krieg hatte ich entschieden, dieser ganzen Welt den Rücken zu kehren. „Ich würde gerne sagen, dass wir richtig gehandelt hätten. Aber das haben wir nicht. Der Krieg war schlimm gewesen und viele waren gestorben oder schwer verletzt. Als Law sich von uns verabschiedete mit den Worten, nach Impel Down zu reisen, hat das keiner von uns in Frage gestellt. Das war das letzte Mal, dass wir ihn gesehen haben. Er war wie vom Erdboden verschwunden.“ Rocinante schwieg, wusste nicht, was er sagen sollte. Plötzlich rief ihnen die Navigatorin zu, dass sie ihr Ziel so gut wie erreicht hatten und sich vorbereiten sollten. Tief einatmend entschied er, seine Gefühle für den Moment zu verdrängen. Er würde einen klaren Kopf brauchen, egal was ihn erwarten würde, und egal was in der Vergangenheit passiert war, das konnte er nicht ändern, er musste sich jetzt auf die Gegenwart konzentrieren. Und trotzdem… Aber es war wohl besser so. Ich habe noch ab und an mit ihnen Kontakt und sie alle führen ein glückliches, zufriedenes Leben. Wie sie es verdient haben.   Gemeinsam mit dem Strohhut, dem Schwertkämpfer, dem Smutje, der Navigatorin und dem… Waschbär… stand Rocinante vor der riesigen, schwarzen Flügeltür. Für den Fall, dass dies ein Hinterhalt war, sollten die anderen der Crew zurückbleiben als ihre Sicherheit, dennoch hatte sich weder der Kapitän noch sein griesgrämiger Schwertkämpfer davon abhalten lassen, Rocinante zu begleiten. Als Reaktion darauf, war auch der Smutje mitgekommen und Rocinante erinnerte sich daran, wie dieser Mystoria erwähnt hatte. Der… Waschbär hatte darauf bestanden mitzukommen, falls Law verletzt sein würde und die Navigatorin hatte behauptet, dass sie mitkommen würde, um ein schlimmeres Chaos zu verhindern, was auch immer sie damit meinte, während sie ihre Crewmitglieder warnend anfunkelte. Rocinante war das alles ziemlich gleich, oder viel mehr, das alles war nicht mehr von Belang, je nachdem was er hinter dieser Tür vorfinden würde. Entschieden klopfte er an und fast zeitgleich gingen die Flügeltüren wie von Geisterhand auf. Dahinter standen mehrere Angestellte, die sich verneigten, vorneweg ein breitschultriger Mann, der nicht aussah, als wäre er die hellste Leuchte. „Sie werden bereits erwartet“, bemerkte ebendieser, trat einen Schritt zur Seite und gab den Weg ins Innere der Villa frei. Er folgte dem Angestellten und ignorierte die Kabelleien der Strohhüte hinter sich. Dann betrat er endlich einen großen Saal, den er nur als überdimensionalen Konferenzraum beschreiben konnte, zu seiner Linken ein langgezogener Tisch, doch ihm gegenüber, am anderen Ende des Raumes, auf einem simplen Stuhl, ein Weinglas in der Hand, saß wohl… „Die Chefin.“ „Don Quichotte Rocinante, auch genannt Corazón, ich habe dich erwartet“, begrüßte sie ihn mit einem Schmunzeln. „Nach allem, was ich von dir gehört habe, freue ich mich wirklich darauf, dich kennen zu lernen. Auch wenn mir lieber gewesen wäre, du hättest die Aushilfen Zuhause gelassen.“ Sein Herz raste, aber davon ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen. „Du hast von mir gehört?“, entgegnete er ruhig während hinter ihm der Strohhut irgendetwas laut bemerkte und dann von einem Crewmitglied gemaßregelt wurde. Ihr Lächeln wuchs. „Natürlich, du musst jemand ganz besonderes sein. Allerdings… hattest du nicht gesagt, dass er nicht kommen würde, Trafalgar?“ Die Türe zu ihrer Linken öffnete sich wie von Zauberhand. „Ich habe nur gesagt, dass ich ihm nichts gesagt habe. Für seinen Dickkopf kann ich nichts.“ „Law!“ Rocinante rannte auf den anderen zu, doch der Strohhut war schneller, schleuderte sich selbst durch den Raum und prallte an einer unsichtbaren Wand direkt vor Law ab. „Was zur…?“ „Law!“ „Lass ihn gehen!“ Bevor Rocinante überhaupt wusste, was geschehen war, stand die Navigatorin neben dem Strohhut, der… Waschbär neben ihm, der Schwertkämpfer und der Smutje zur Linken und Rechten der Chefin, die Spitze eines Schwertes unterhalb ihres Kinns, ein Bein drohend erhoben. Sie alle waren in Kampfhaltung und Rocinante wusste plötzlich, warum sie als stärkste Crew der Welt angepriesen wurden, und sie waren noch nicht mal vollzählig. Aber eigentlich war ihm all das egal. Im Türrahmen, hinter einer unsichtbaren Wand, stand Law, ohne ihn anzusehen, den Kopf gesenkt, das Gesicht unter seiner Mütze verborgen, aber offensichtlich am Leben. Wäre die Lage nicht so ernst würde er in Tränen ausbrechen und Law ordentlich den Kopf waschen. Die fremde Frau lachte leise und stellte ihr Weinglas auf ihrer Armlehne ab. „Momo, zieh dich zurück, es ist alles unter Kontrolle.“ Erst jetzt bemerkte Rocinante, dass sich auch der breitschultrige Mann in Bewegung gesetzt hatte und sofort innehielt. Er hatte noch nicht mal darauf geachtet, dass der andere mit ihnen gekommen war, so abgelenkt war er gewesen. „Bist du dir da sicher?“, murrte der Schwertkämpfer, dessen Klinge aufblitzte. „Also meine Lieben, nur um das klarzustellen. Nicht alle Menschen nutzen ihre Fähigkeiten, um handgreiflich zu werden.“ Plötzlich schwand ihr Lächeln und eine eisige Atmosphäre fegte durch den Raum. „Und dafür solltet ihr dankbar sein.“ Einen Moment noch lag Rocinantes Blick auf Law, der sich nicht rührte, wie von unsichtbaren Fesseln gehalten, dann jedoch wandte er sich der Chefin zu. „Ich bin nicht hier, um zu kämpfen“, entgegnete er, „sondern um zu verhandeln.“ „Oh!“ Offensichtlich begeistert stand sie auf und klatschte die Hände zusammen, unbeeindruckt von der Waffe an ihrer Kehle. „Ganz nach meinem Geschmack.“ Beinahe überschwänglich wandte sie sich Law zu, die Hände immer noch gefaltet als wäre sie ganz entzückt. „Ich weiß, was du an ihm findest.“ Rocinante wusste nicht, was er erwartet hatte, aber das hier war es wohl nicht. Ohne sich von den Piraten stören zu lassen, drückte sie Schwert und Smutje mit je zwei Fingern zur Seite und ging auf Rocinante zu. „Hey“, knurrte der Schwertkämpfer, doch sie unterbrach ihn mit erhobener Hand. „Ich habe kein Interesse an physischen Kämpfen, Strohhutbande. Wenn ihr deshalb gekommen seid, rate ich euch nun zu gehen.“ Dann sah sie Rocinante an. „Wenn ihr jedoch gekommen seid, um zu verhandeln, dann seid ihr an meinem Tisch willkommen.“ Sie wandte sich um und schritt durch den Raum. „Und was ist, wenn wir nicht verhandeln, sondern einfach nur Law mitnehmen wollen?“, fragte nun der Smutje. „Das könnt ihr tun“, entgegnete sie schlicht. „Aber irrt euch nicht. Zur Fälligkeit seiner Verbindlichkeit wird Trafalgar zurückkehren und sie erfüllen.“ „Warum sollte er das tun?“, widersprach nun die Navigatorin. „Weil er ansonsten den Vertrag bricht und wer den Vertrag bricht stirbt und verliert das, was er zu Unrecht erlangt hat.“ „Was?“ Rocinante vergaß einen Moment zu atmen. „Und so einen Vertrag bist du eingegangen, Law?“ Der andere sah ihn nicht an, hatte seinen Blick immer noch unter dem Schatten seiner Mütze versteckt, als wäre er nicht mehr als eine Puppe an unsichtbaren Fäden. „Also gut“, sprach Rocinante weiter und entschied sich einem Problem nach dem anderen zu stellen, „lass mich mit dir verhandeln, Chefin, aber zuvor will ich mit ihm reden können und sichergehen, dass er unverletzt ist.“ „Warum solle ich ihn verletzten?“, entgegnete sie mit hochgezogener Augenbraue, winkte jedoch ab. „Meinetwegen. Ich lasse uns schon mal Wein bringen und ihr anderen könntet euch an den Tisch begeben. Trafalgar, du kannst kommen.“ Es war, als würde Glas lautlos zerspringen, doch als die tausend Scherben den Boden berühren sollten, verschwanden sie einfach. Law, jedoch, bewegte sich nicht einen Millimeter. Ganz anders Rocinante. Er schritt an den anderen vorbei, die ihn alle mit großen Augen ansahen, und blieb genau vor Law stehen, als wäre die unsichtbare Wand noch intakt. „Bist du unversehrt?“, fragte er, sich wohl bewusst, dass seinen Emotionen ihn zu überwältigen drohten. Er musste einen kühlen Kopf bewahren, ein Fehler und er würde Law verlieren. „Antworte mir!“ „Cora, es… es tut…“ „Danach habe ich nicht gefragt. Bist du unverletzt?“ Er konnte sehen, wie Law bebte, nicht wagte aufzusehen, die Hände zu Fäusten geballt. „Ja, ich bin unverletzt.“ „Gott sei Dank!“ Er riss den anderen in eine Umarmung, drückte ihn an sich, hielt dessen Kopf gegen seine Brust gedrückt. „Ich hatte solche Angst um dich.“ Law in seinen Armen begann zu zittern, doch Rocinante wusste, dass wenn Law jetzt brechen würde, dann würde er auch nicht mehr an sich halten können. Also legte er seine Hände auf Laws Schultern und brachte ihn auf eine Armlänge Abstand. Diese vertrauten, tiefen Augen schimmerten vor ungeweinter Tränen und Rocinante wusste genau, was er jetzt tun musste. Tief seufzte er, nahm Law seine Mütze ab, fuhr durch sein weiches Haar und dann lächelte er. „Gut, Chefin“, sprach er dann kühl, stülpte Law wieder seine Mütze auf, griff ihn am Handgelenk und schleifte ihn mit sich zum Tisch, „lass uns verhandeln.“ Die Angesprochene saß am Tischende, ein Glas Wein in ihrer Hand. Von den Strohhüten auf der anderen Seite, saßen nur der Kapitän, die Navigatorin und der… Waschbär. Smutje und Schwertkämpfer standen hinter ihnen wie zu schlecht bezahlte Bodyguards. Er drückte Law in einen Stuhl und setzte sich daneben. „Lass uns gleich zum Geschäftlichen kommen“, murrte er kühl und sah sie an. „Was verlangst du?“ Schmunzelnd trank sie einen Schluck ihres Weines. „Du bist wirklich ein Mann nach meinem Geschmack. Ein Geschäftsmann der direkt zum Punkt kommt. Was ich verlange? Gar nichts. Nur der Vertrag muss eingehalten werden.“ „Gut, dann lass mich meine Frage anders formulieren: Was muss ich tun, um Laws Position in diesem Vertrag einzunehmen?“ „Was?“ „Cora! Du kannst doch nicht…“ Er unterbrach die Strohhüte und den Mann an seiner Seite mit einem einzigen Blick, ehe er sich wieder der Herrin des Hauses zuwandte. „Also?“ Ihr Lächeln schwand und es wirkte, als würde sie die Situation nun endlich ernst nehmen. „Also, auch wenn ich wirklich liebend gerne mit jemandem wie dir einen Vertrag abschließen würde, so geht das nicht, mein Lieber.“ „Wieso?“, hakte er nach. „Aus genau drei Gründen.“ Sie hielt ebenso viele Finger in die Höhe. „Erstens: Deine generelle Existenz ist Vertragsgegenstand und es verstößt gegen Treu und Glauben sowohl Vertragspartner als auch Vertragsgegenstand zu sein. Zweitens: Es ist mir unmöglich mit jemandem einen Vertrag zu schließen, dessen Lebenszeit ich zuvor beeinflusst habe, um Sittenwidrigkeit zu verhindern. Drittens: Natürlich könnte grundsätzlich eine andere Person als Bürge Trafalgars Verbindlichkeit erfüllen. Das Problem ist jedoch, dass der Tausch nicht ein Leben für ein Leben war, sondern die Wiederbelegung eines Toten gegen das ewige Leben, umgesetzt durch die Fähigkeiten der Operationsfrucht. Da Trafalgar der einzige Nutzer dieser Frucht ist, ist die Erfüllung der Verbindlichkeit für jedermann sonst tatsächlich unmöglich. Aus diesem Grund kann kein anderer seinen Platz als Vertragspartner einnehmen.“ Tief holte Rocinante Luft. „Also ich hab das nicht kapiert“, jammerte der Kapitän der Strohhüte, „aber um ehrlich zu sein ist das mir auch ziemlich egal. Kannst du nicht einfach nett sein und Trafo gehen lassen?“ Erheitert kicherte die Frau am Tischende und wandte sich dem Strohhut zu. „Also, Kleiner, nehmen wir mal für einen kurzen Moment an, ich wäre wirklich bereit aus der Güte meines Herzens auf das zu verzichten, was mir rechtmäßig zusteht.“ Ihre Tonlage machte deutlich, dass allein dieser Gedanke lächerlich war. „Ich könnte es nicht. Ich habe von der Tauschfrucht gegessen. Ein Tausch, der mit meiner Fähigkeit abgeschlossen wurde, muss vollzogen werden, selbst wenn eine oder sogar alle Parteien es nicht mehr wollen. Also selbst wenn mich euer kitschiges Auftreten hier so sehr rühren würde, dass ich grundlos auf meinen Anspruch verzichten wollen würde, so ist es nicht möglich.“ Einen Moment überlegte Rocinante. „Dann lass uns einen weiteren Tausch machen“, bot er an. „Den Anspruch auf ewiges Leben durch Laws Teufelskräfte für was auch immer du willst.“ Ihre Augen blitzten auf und ihr Grinsen wuchs. „Interessant, mein Lieber, ich muss schon sagen mit dir zu verhandeln macht deutlich mehr Spaß als mit deinem Günstling. Allerdings kannst du mir nicht genug bieten.“ „Ich kann dir mein Leben bieten.“ „Cora!“ „Ein Leben für die Unsterblichkeit? Als würdest du einen Eimer Wasser für das Meer anbieten.“ „Ich habe Informationen und Wissen…“ „Das mich nicht im Mindesten interessiert.“ „Wir haben Gold“, rief der Kapitän der Strohhüte dazwischen, „Unmengen an… Au!“ „Es ist wertvoll!“, knurrte Rocinante und lehnte sich vor. „Ich weiß von Dingen, die…“ „Genug“, unterbrach sie ihn mit Leichtigkeit. „Lasst mich euch meine Teufelskraft erklären. Ich glaube damit sparen wir uns eine Menge Zeit.“ Sie stand auf und schritt vor ihnen auf und ab. „Meine Fähigkeit ermöglicht es mir einen äquivalenten Tausch durchzuführen. Das bedeutet, dass die Dinge auf beiden Seiten der Waage, objektiv gleichwertig sein müssen.“ Sie lächelte kurz. „Allerdings lässt diese Form viele unzufriedenstellende Lücken. Leben gegen Leben ist nicht abwägbar, der objektive Wert mancher Güter ist nicht bestimmbar und so weiter. Aus diesem Grund habe ich den äquivalenten Tausch modifiziert. Er ist ebenfalls möglich, wenn die Tauschgegenstände nach den subjektiven Werten der Vertragsparteien gleichwertig sind.“ „Hört sich nach Betrug an“, murrte der Schwertkämpfer. „Ich hab es nicht kapiert“, murmelte der Kapitän. „Dann lasst mich euch ein Beispiel geben“, sagte sie und plötzlich erschien eine gespenstisch aussehende Waage aus Nebelschwaden auf dem Tisch zwischen ihnen. „Nehmen wir doch als Beispiel…“ Sie betrachtete einen jeden von ihnen, ehe sie ihren Zeigefinger ausstreckte. „… dich.“ Der Schwertkämpfer knurrte nur als Antwort. „Also fangen wir an. Sagen wir ich hätte ein Macaron von der Konditorin Kanpeki selbst zubereitet, und du würdest es unbedingt haben wollen.“ „Oh!“, entkam es dem Smutje. „Was ist damit, Sanji?“, hakte die Navigatorin nach. „Kanpeki ist die Göttin der Macarons. Sie starb schon vor über 50 Jahren und ihre Fähigkeiten gelten als so legendär, dass es den Mythos gibt, dass Menschen, die von ihrem Essen gekostet haben, danach lieber verhungerten als Speisen minderer Qualität zu essen.“ „Ich sehe, ein Mann von Bildung“, lächelte die Chefin. „Es stimmt, also so ein Macaron wäre heutzutage in etwa genau so viel wert, wie die Schwerter, die du an deiner Hüfte trägst, Lorenor Zorro.“ Auf der einen Seite der Waage tauchte das Abbild des winzigen Gebäcks auf und auf der anderen Seite das dreier Schwerter. Die Seite des Macarons krachte auf die Tischplatte, ohne auch nur ein Geräusch von sich zu geben. „Ich dachte sie sind gleichwertig“, murmelte die Navigatorin. „Rein objektiv ja“, stimmte die andere Frau zu, „aber rein subjektiv wäre mir dieses Macaron noch wichtiger als eurem Schwertkämpfer seine Schwerter.“ „Wag es nicht“, knurrte ebendieser. Abwehrend hob sie beide Hände. „Ihr seht, objektiver und subjektiver Wert sind relevant. Meine Fähigkeit lässt mich alles Vorstellbare, sowohl materiell als auch immateriell tauschen, solange beide Tauschgegenstände objektiv oder subjektiv gleichwertig sind. Wie ihr an diesem Beispiel erkennt, ist ein einzelnes kleines Macaron mir subjektiv mehr wert, als alles was Lorenor Zorro mir bieten könnte. Ganz egal, ob es seine Schwerter, sein ehemaliges Kopfgeld, seine Arbeitskraft, seine Schwertkampffähigkeiten oder die Treue zu seinem Kapitän wä…“ Sie unterbrach sich, als die Waage plötzlich auf die andere Seite kippte und das Macaron in der Höhe schwebte. „Oh“, flüsterte sie, „interessant. Was wäre dir wohl deine Treue für deinen Kapitän wert, Lorenor Zorro?“ Ihr Blick hatte etwas Begieriges angenommen. „Ewiges Leben? Weltfrieden? Nein, nein, du bist einfacher gestrickt, viel simpler; die verlorenen Jahre deines…“ „Genug“, unterbrach Rocinante und verwischte die Waage aus Nebelschwaden, die sich zu bewegen begonnen hatte, während der Schwertkämpfer nach seinen Waffen griff. „Du sagtest, ich könnte dir nicht genug bieten. Aber deiner Wortwahl nach gibt es etwas, was dir subjektiv gesehen mindestens so viel wert ist wie das ewige Leben, nicht wahr?“ Nun funkelte sie ihn an. „Mein Lieber, wenn das hier vorbei ist, müssen wir Geschäftspartner werden.“ Ihr Grinsen wuchs. „Es gibt genau eine einzige Sache, für die ich den Anspruch auf ewiges Leben eintauschen würde. Aber du kannst es nicht besorgen.“ „Wer dann?“ Sie breitete ihre Arme aus. „Warum, glaubst du, habe ich deinen Aushilfen erlaubt mitzukommen?“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)