Ein Leben wert von Sharry ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 - Reisen ------------------------------- Kapitel 10 – Reisen   „Ach, bin ich erledigt“, die Beine weit von sich gestreckt fläzte Rocinante sich auf dem breiten Sessel des Cafés. Früh am Morgen waren er und Law aufgebrochen, um mit der Fähre von Natsu – der Sommerinsel, auf der sie nun schon seit einigen Wochen lebten – zur Nachbarinsel Haru zu reisen. Die Überfahrt hatte kaum eine Stunde gedauert und danach hatten sie den gesamten Tag auf dem Markt verbracht, notwendige und weniger notwendige Dinge gekauft, Schausteller beobachtet, Auslagen betrachtet, sich mit allerlei Bekannten und Fremden unterhalten. Mittlerweile hatten sie beide ihre Füße wundgelaufen und waren zu einer Verschnaufpause eingekehrt, ohne auch nur die Hälfte des riesigen Marktes erkundigt zu haben. Glücklicherweise hatte nicht einmal Laws Teleschnecke geklingelt, sodass sie ihren Ausflug nicht hatten unterbrechen müssen. „Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist sich weiterhin mit den ganzen Einkäufen durch die Massen zu drängen“, wägte Law ab und nippte an seinem Kaffee. „Falls uns noch etwas fehlt, sollten wir am Ende der Woche nochmal kommen. Dieser Verkäufer von den Küchenmessern hat mir gesagt, dass dann meistens deutlich weniger los ist und einige Stände auch Rabatte anbieten.“ „Es ist aber auch alles teuer geworden“, bemerkte Rocinante und beugte sich wieder vor, um nach seinem Tee zu greifen. „400 Berry für eine Tasse Tee, 100 Berry für die Tageszeitung, 800 Berry für…“ „Cora“, unterbrach Law ihn mit einem leisen Lachen, „du beschwerst dich wie diese alten Männer am Stand eben. Das sind völlig normale Preise. Du weißt doch, dass inflationsbedingt die Preise über die Jahre ansteigen.“ „Aber Law, 2.000 Berry…“ „Ich habe dir gesagt, dass ich genug für uns beide verdiene. Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, Cora“, legte Law sofort den Finger in die Wunde. „Damals hast du dein Geld für uns eingesetzt und jetzt bin ich dran. Die Inseln hier sind wohlhabend und die Leute großzügig, ich verdiene mehr als genug, um uns ein unbeschwertes Leben zu ermöglichen.“ Rocinante schwieg und trank seinen Tee. Law hatte Recht. Es war ganz natürlich, dass die Preise im Verlauf von 17 Jahren ansteigen würden und es stimmte auch, dass Law durch seine Tätigkeit in der Praxis recht gut verdiente. Trotzdem widerstrebte es Rocinante dieses Geld einfach auszugeben. Er musste gestehen, dass er nie ein vernünftiges Verhältnis zu Geld gehabt hatte. In seinem Leben hatte er entweder Geld im Überfluss oder überhaupt keines gehabt. Bei der Marine hatte er zwar ein Gehalt bekommen, aber da er die Stützpunkte so gut wie nie verlassen hatte, hatte er auch nichts ausgeben können und nach seinem angeblichen Tod war der Rest wohl in die Staatskasse zurückgefallen. Als er zu seinem Bruder zurückgekehrt war hatte es ihn angeekelt wie dieser das Blutgeld verschwenderisch um sich geworfen hatte. Widerstrebend hatte er einiges mit sich genommen, um auf der langen Reise für Law sorgen zu können, hatte auch gestohlen, wenn es sein musste, so wie damals als Kind. Heute kam ihm alles unverschämt teuer vor. Zwar war das Geld, welches er ausgab, weder gestohlen noch erschlichen, dennoch missfiel es ihm Laws harterarbeiteten Lohn für überteuerte Güter aus dem Fenster zu werfen. „Wenn das Thema so schwierig für dich ist, dann guck dich doch nach Arbeit um.“ Überrascht sah er auf. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er wohl ganz seinen Grübeleien verfallen war. Law nickte nur beiläufig und trank einen Schluck. „Ich kann mir vorstellen, dass du nicht wirklich gelernt hast, wie ein normaler Mensch mit Geld umgehen sollte. Dein Bruder zumindest hatte seine ganz eigenen Spielregeln und ich bezweifle, dass Weltaristokraten das Konzept von Geld wirklich verstehen.“ Er zuckte mit den Achseln. „Wie gesagt, ich verdiene wirklich genug, dass du es nicht brauchst und für mich müsstest du es auch nicht tun. Aber wenn es dir so schwer fällt das Geld auszugeben, welches ich verdiene, dann überleg doch, ob du dir nicht eine Arbeit suchst. Es muss ja keine Vollzeitanstellung sein, vielleicht nur ein-zwei Tage die Woche, damit du ein Gefühl dafür bekommst.“ „Aber… aber das Haus…“ „Mit den Sachen, die wir heute gekauft haben, werden wir die Innenarbeiten in den nächsten Tagen im groben Ganzen wohl bewältigen können und die Veranda ist so oder so ein aufwendiges Projekt, da machen ein paar Tage mehr oder weniger auch keinen Unterschied. Also was denkst du?“ Law sah ihn gewohnt ernst an. Rocinante mochte diese erwachsende, kalkulierende Art, die Law schon als kleiner Junge an den Tag gelegt hatte. Law war schon immer jemand gewesen, der Situationen und Probleme im Stillen erfasste und dann nach rationalen, sinnvollen Lösungen suchte, mal mehr mal weniger empathisch. Er betrachtete die halb leere Tasse in seiner Hand. „Ich habe noch nie in meinem Leben wirklich gearbeitet“, murmelte er und sah auf, „also ehrliche, richtige Arbeit, nicht als Soldat, nicht als Handlanger eines Piraten. Ich habe doch gar keine Ausbildung, wer würde schon wollen, dass ich für ihn arbeite?“ Erneut zuckte Law mit den Schultern. „Es gibt unzählige Berufe für die man nicht eine spezielle, jahrelange Ausbildung braucht – wobei das auch eine Möglichkeit wäre, wenn du dich für irgendetwas spezielles interessierst, schließlich bist du ja noch jung – bei vielen Tätigkeiten wird man von den erfahreneren Kollegen eingearbeitet und braucht nicht viele Vorkenntnisse. Wie gesagt, für mich brauchst du das nicht machen, aber wenn du glaubst, dass es dir guttun würde, dann solltest du es tun.“ Es war seltsam von demjenigen als jung bezeichnet zu werden, den er einst auf seinen Schultern getragen hatte, aber Rocinante würde sich dran gewöhnen. Der Kellner kam herüber und Law zahlte, bevor sie aufstanden, ihre unzähligen Taschen, Körbe und Kisten einsammelten und sich Richtung Hafen aufmachten. Auf dieser Insel war es deutlich frischer als auf Natsu, sodass der Meerwind sie fast schon frösteln ließ, obwohl die frühe Abendsonne noch weit vom Horizont entfernt war. „Ich glaube, ich möchte mir wirklich eine Arbeit suchen“, entschied er, als sie auf der fast menschenleeren Fähre waren und Law seine vom Schleppen müde Hände schüttelte. „Die Arbeit rund ums Haus macht mir unglaublich viel Spaß; mir war nie bewusst, wie beglückend es sein kann, etwas zu bewerkstelligen, wie befriedigend ehrliche Arbeit sein kann.“ Law nickte nur und ergriff dann ganz unbekümmert seine Hand während sie sich hinsetzten, vor ihnen die weiten des Meeres. „Dann werde ich Frau Paipai mal fragen, ob sie etwas für dich weiß.“ Er lehnte seinen Kopf gegen Rocinantes Oberarm und drückte seine Hand leicht. „Ich bin mir sicher, du wirst eine tolle Arbeit finden.“ „Schlaf etwas, Law. Du warst heute morgen viel zu früh auf und hast die letzten Tage kaum geschlafen.“ Der andere widersprach ihm noch nicht einmal, sondern schien nur seine Augen zu schließen und wenige Sekunden später wurde sein gleichmäßiger Atem fast von den Wellen, die an der Fähre brachen, übertönt. Rocinante auf der anderen Seite lehnte sich etwas zurück gegen die Rückenlehne – stets darauf bedacht den an ihn geschmiegten Law nicht aufzuwecken – und betrachtete das Meer. Die letzten Wochen waren fast wie in einem Traum vergangen. Jeden Morgen hatte er von längst vergangenen oder kürzlich geschehenen Weltereignissen aus er Zeitung erfahren – welche Law ihm nicht selten hatte näher erläutern müssen – während er dann den halben Tag darüber nachgegrübelt hatte und seine handwerklichen Arbeiten nachgegangen war. Vieles war in der Welt geschehen und mit jedem neuen Puzzleteil wurde ihm mehr und mehr bewusst, dass der Mann, der selbst im Schlaf seine Hand so feste drückte, kein unwesentlicher Bestandteil der Geschichte war, auch wenn sein Name nur selten in Artikeln fiel, ganz anders als die Namen der verschiedenen Mitglieder der Strohhutpiratenbande. Ähnlich wie Law schienen sie sich dagegen entschieden zu haben, die neue Weltordnung, für die sie nicht ganz unverantwortlich waren, mitzugestalten, sondern bevorzugten es wohl die ganze Welt zu bereisen. Dennoch schienen immer wieder Stimmen laut zu werden, die entweder die Strohhüte als Kriegsverbrecher bestraft sehen wollten oder forderten, dass sie die neue Weltordnung gar bestimmen sollten. Die derzeit Verantwortlichen schienen in der Mehrheit irgendwelche Verbindungen zu dieser seltsamen Piratencrew zu haben und nicht selten las Rocinante den Namen von einst recht unbedeutenden Königreichen, die nun wichtige Aufgaben übernahmen und eine gerechtere Welt anstrebten. Die meisten Staaten der Welt schienen sich unter die Schirmherrschaft einer neuen Organisation gestellt zu haben, die wohl nach dem Großen Krieg gegründet worden war und die Weltregierung abgelöst hatte. Unter dem Titel der „Vereinten Völker“, auch kurz genannt „VV“, versuchte diese neue Organisation – bestehend aus ehemaligen Marinesoldaten, Weltregierungspolitikern, Verbrechern und anderen – nun die Welt zu verändern und nur die Zeit würde zeigen, ob sie dies schaffen würde. Als Zeichen der Kehrtwende wurde der Sitz dieser Organisation auf eine ehemalige Marineinsel nahe der Red Line gelegt, denn auf dieser Insel hatte wohl vor sechs Jahren die Schlacht von Marine Ford stattgefunden, welche mittlerweile nach ganz herrschender Meinung den Grundstein für die danach kommenden Unruhen, und schließlich für den Sturz der alten Regierung, gelegt hatte. Es schien wohl passend, die internationale Organisation, die die Welt vereinen wollte, an dem Ort aufzubauen, an dem ein neues Zeitalter eingeläutet worden war. Als Helden dieser Wende waren die Piraten Puma D. Ace und Edgard Newgate, auch genannt Whitebeard, in die Geschichte eingegangen. Doch so viel Zuspruch die neue Weltordnung auch hatte, so viel Zweifel und Widerstand stand ihr auch entgegen und Rocinante verstand nur zu gut, warum Law dieser Bühne den Rücken gekehrt hatte. Jetzt, gerade mal zwei Jahre nach dem Großen Krieg, an dem sowohl Law als auch die Strohhutbande nicht unwesentlich beteiligt gewesen waren, schien die Welt immer noch voller Unruhen und Auseinandersetzungen zu sein. So friedlich die Inseln, auf denen sie lebten, auch sein mochten, so sehr herrschte in der großen Welt noch Chaos und die neuen Strukturen waren kaum in der Lage der Situation Herr zu werden. Vielleicht war es deshalb für Rocinante so überraschend gewesen zu erfahren, dass die Insel Natsu, auf der sie die letzten Wochen ein undenkbar glückliches Leben geführt hatten, tatsächlich nicht weit entfernt von der Insel entfernt lag, die Rocinante noch unter dem Namen „Marine Ford“ kannte. Es gab wohl sogar einen Seezug, der die Nachbarinseln Haru und Fuyu sowohl mit der Red Line als auch mit dem Sabaody Archipel und der Insel mit dem neuen Namen „Kaikkien Maiden“ verband. Es war wohl richtig, dass zumindest die Nachrichtendienste nicht wussten, wo Law sich derzeit aufhielt, aber Rocinante hatte erwartet, dass Law einen größeren Abstand zu solchen Geschehnissen suchen würde, so wie Strohhüte es wohl immer wieder taten, die wohl vor kurzem den Rivers Mountain überquert hatten. Allerdings wusste er auch, dass Law nur durch einen Zufall auf dieser Insel geblieben war, weil Ninnins Mutter als letzte Ärztin dieser Region verstorben war und Law eine Aufgabe gesucht hatte. Dennoch fragte er sich, warum die vier Inseln nicht in der Lage gewesen waren selbst jemand fähigen zu finden, insbesondere wenn man das Sabaody Archipel innerhalb einer Tagesreise erreichen konnte. Allerdings schien die Welt wirklich nicht mehr der Ort zu sein, den Rocinante kannte und die Menschen hier mochten sich wohl sicherer fühlen, wenn einer von ihnen sie umsorgte und sie gaben ihr Bestes, dass sowohl Law als auch Rocinante das Gefühl hatten einer von ihnen zu sein. Er lugte zu Law neben ihm hinab, der immer noch friedlich schlummerte, und fragte sich mit wessen Glück er diese zweite Chance verdient hatte. Die Dinge waren anders als er sie sich damals ausgemalt hatte, aber dieses anders hatte auch etwas Schönes an sich. Rocinante hatte sich nie als Laws Vater gesehen, mehr als einen Beschützer – oder vielleicht eine gute Fee mit vielen Federn – aber vielleicht war diese neue Form ihrer Beziehung als Partner auf Augenhöhe genau das, was auch er gebraucht hatte. Wenn Rocinante ganz ehrlich war, war er früher oft mit Law überfordert gewesen. Er hatte nicht wirklich gewusst, wie man mit Kindern umging und Law war eindeutig kein normales Kind gewesen. Er hatte weder das Geld noch das Wissen gehabt, um gut für sie beide zu sorgen, ganz gleich seiner naiv gutmütigen Absichten. Doch nun schulterte er diese Aufgabe nicht mehr allein. Law hatte zwar die seltsame Angewohnheit alltägliche Dinge wie Schlaf oder Nahrungsaufnahme zu vergessen, aber er stand mit beiden Beinen fest im Leben und für Rocinante, der sich mehr als bewusst war, dass er nicht der passende Erziehungsberechtigte für ein Kind war, war es fast ein Glück, dass er das auch nicht sein brauchte. In dieser leisen Stille, nie laut ausgesprochen, war er fast dankbar, dass er nun hier saß, Law an ihn gelehnt. Er wusste, dass Law furchtbare Dinge hatte durchmachen müssen, dass die Welt hatte furchtbare Dinge durchmachen müssen, nur weil er damals nicht den Abzug betätigt hatte, aber da er diese Dinge der Vergangenheit nicht mehr ändern konnte, blieb ihm nichts anderes übrig außer in voller Demut dafür dankbar zu sein, dass er nun hier war und Law seine Hand drückte. Er mochte nicht dabei gewesen sein, als Law hatte erwachsen werden müssen, aber er war jetzt hier und wenn Law so friedlich schlummerte, dann schien es beinahe all das wert gewesen zu sein. „Ich hab dich lieb, mein Kleiner“, murmelte er und erlaubte sich einen Arm um den anderen zu legen und ihn noch näher an sich zu drücken.   „So, das wäre dann alles“, murmelte Rocinante und stellte die letzte Kiste in Laws Arbeitszimmer ab. Er war heute nochmal auf den Markt der Insel Haru gefahren, am letzten möglichen Tag, um die Besorgungen zu erledigen, die sie bei ihrem ersten Besuch nicht mehr hatten schleppen können. Eigentlich hatte Law ihn begleiten wollen, aber ein Notfall hatte ihn davon abgehalten. Deshalb war Rocinante allein gegangen, was ihm zumindest ermöglicht hatte eine Kleinigkeit abzuholen, die er Law schenken wollte, ohne dass dieser dabei war. „Cora“, hörte er den anderen schon aus der Küche rufen. „Ich komme, ich komme“, antwortete er, warf noch einen letzten Blick auf das Schwert, welches so unschuldig auf einem Brett im Regal lag, und verließ das Zimmer. Law war vor ihm Zuhause gewesen und hatte sich die Freiheit genommen Abendessen zu kochen. Unter ihnen zwei Stümpern schien Rocinante tatsächlich derjenige zu sein, der etwas fähiger am Herd war – zu seiner eigenen Überraschung – Law hingegen scheiterte schon an einfachen Dingen. Es gab nur zwei Nahrungsmittel, die er schmackhaft verarbeiten konnte: Reis und Fisch. Doch selbst eine simple Soße brannte ihm meist an und sein Gemüse schmeckte immer recht fad. Dennoch machte Rocinantes Herz zwei kleine Hüpfer als er in die offene Küche mit Esszimmer trat und der Geruch von gebratener Forelle ihn begrüßte. Law hatte sich dieses Mal wirklich selbst übertroffen; neben dem gedeckten Tisch – samt Tischdecke und Wein – hatte er sich nicht nur extra an einer kalten Bohnenpaste probiert, sondern auch noch einen Salat zubereitet. „Du warst lange unterwegs“, bemerkte Law, während er Reis und Fisch anrichtete. „Ja“, stimmte Rocinante zu und rieb sich den steifen Nacken, ehe er die Bohnenpaste probierte und ein bisschen nachwürzte, „ich kam zwei Minuten zu spät und musste dann die nächste Fähre nehmen. Tut mir leid, dass ich dich warten ließ.“ „Nicht schlimm, so hatte ich wenigstens genug Zeit zum Kochen. Hast du alles bekommen?“ Er nahm die Teller, die der andere ihm reichte, und trug sie zum Tisch. „So ziemlich, bis auf ein neues Teeset und den Hocker für ins Bad. Ich wollte einen, der nicht ganz so tief ist, wie der jetzige - da kann ich mich auch gleich auf den Boden setzten - aber die haben direkt ein Vermögen gekostet.“ „Cora, du weißt doch was ich…“ „Ich denke ich werde Herrn Sansan fragen, ob er uns einen bauen kann“, unterbrach Rocinante direkt Laws Einwand und öffnete die Weinflasche während Law die restlichen Sachen zu Tisch brachte. „Wahrscheinlich sollte ich ihm eine Niere oder so als Anzahlung bieten, für all die Sachen, die er und seine Familie für uns getan haben. Die Hälfte unserer Einrichtung haben wir von ihnen und ohne Halhal wäre jetzt nicht Wein in unseren Gläsern, sondern Regenwasser vom Dach.“ Keiner von ihnen war ein wirklicher Weinkenner, aber zu besonderen Anlässen öffneten sie schon mal eine Flasche, auch wenn Rocinante nicht wusste, warum der heutige Tag besonders sein sollte, aber alles schmeckte besser als Regenwasser aus der Dachrinne. „Wage es nicht, deine Organe darzubieten, Cora“, schollt Law ihn nur halb-ernst, „sie haben uns die Sachen geschenkt und uns freiwillig geholfen. Sie waren sehr großzügig, aber wenn man etwas freiwillig gibt, erwartet man normalerweise keine Gegenleistung.“ „Nimm nicht immer alles so todernst, Law. Das war ein Witz“, lachte er und lehnte sich vor, um Laws Mundwinkel nach oben zu ziehen, woraufhin dieser nur mit den Augen rollte. Und dann genossen sie ihren Abend. Law erzählte von der Arbeit – Frau Paipai schien ganz begeistert von der Idee zu sein, dass Rocinante eine Stelle suchte, und Ninnin war wohl ganz nervös vor ihrem ersten Hintergrunddienst – und Rocinante von seinen Erlebnissen auf Haru. Während der letzten Woche hatten sie fast alle Renovierungen im Inneren des Hauses abgeschlossen und mittlerweile fühlte es sich auch wirklich nach dem Heim an, dass sie beide daraus hatten machen wollen. Immer wieder war der eine oder andere Nachbar und Inselbewohner vorbeigekommen, zum Helfen oder nur zum Quatschen und so langsam fühlte Rocinante sich hier wirklich wohl. Auch Law schien sein Leben mehr und mehr zu genießen. Er lachte viel mehr als am Anfang, fast schon wieder so viel wie manche Tage damals, als sie zusammen auf Reisen gewesen waren, meistens nicht laut und schallend so wie Rocinante, aber mit jedem Tag wirkte er glücklicher und entspannter und das machte Rocinante ebenso glücklich. Er mochte es, wie Law in sein Weinglas prustete anstatt sich lachend im Stuhl zurückzuwerfen und er mochte es, wie Law ihn mit diesem leisen Lächeln beobachtete, wenn Rocinante von seinem Tag erzählte. Er mochte es, wie Law etwas Ernstes sagte oder ihn mit erhobener Hand tadelte, während seine Augen voller Schalk funkelten. Er mochte selbst, wie Law über den Tisch hinweg seine Hand griff und hielt, nachdem sie aufgegessen hatten. „Lass uns etwas ans Meer gehen“, meinte Law mit einem Schmunzeln, „der Abwasch kann warten.“ Rocinante konnte dem gar nicht widersprechen, als Law ihn vom Stuhl und auf die Veranda zog. Dort ließen sie Schuhe und Socken zurück, krempelten die Hosenbeine hoch und gingen die paar Stufen hinunter. Hand in Hand gingen sie im Sternenlicht am Strand entlang, lachten und erzählten, und genossen diese einfache, wertvolle Zweisamkeit. Der Sand unter ihren Füßen war kalt, aber das Wasser warm, auch wenn Law vermied mehr damit in Kontakt zu kommen als nötig, und dennoch schien er es angenehm zu finden hier mit Rocinante spazieren zu gehen. Sie hatten sich schon oft vorgenommen an einem freien Tag mal wandern zu gehen, aber bisher hatten sie es einfach nicht geschafft und das, obwohl der Wald mit den beliebten Wanderrouten direkt neben ihrem Heim lag. „Ninnin ist eine schnelle Lernerin und sehr ehrgeizig, ich denke sie wird bald auch mehr selbstständig arbeiten können, dann werde ich mehr frei haben“, bemerkte Law als sie entschieden umzukehren, „dann haben wir endlich mehr Zeit als nur die kurzen Abende.“ „Darauf freue ich mich“, gestand Rocinante ein und sah aufs Meer hinaus, „ich freue mich auf jeden Moment, den ich mit dir verbringen kann, Law.“ Sie blieben stehen und Law zog ihn zu sich hinunter, um ihn zu küssen. Mit jedem Tag, der vergangen war, war Law selbstbewusster geworden und Rocinante wehrte sich nicht, genoss die Zärtlichkeit und die Liebe des anderen. „Ich habe noch etwas für dich, Law“, flüsterte er, während Law ihm über die Wange strich. Er richtete sich auf und zog ein einfaches weißes Blatt Papier aus seiner Hemdtasche. Als er es zerriss und die eine Seite Law reichte, konnte er an dessen großen Augen erkennen, dass dieser natürlich wusste, was dieses Papier war. „Ich weiß, dass du dir immer Sorgen machst, wenn ich nicht in Blickweite bin. Ich möchte dir etwas von deiner Sorge nehmen.“ Law nahm das Blatt entgegen und sah es schweigend an. „Und egal was passieren sollte, mit dieser Vivre Card werden wir uns immer wieder finden.“ Plötzlich sah Law zu ihm auf. „Hast du vor zu gehen?“ Beschwichtigend hob er schnell beide Hände als der andere sein Geschenk offensichtlich total missverstand. „Nein, nein! Aber weißt du, irgendwann werde ich Sengoku und meinen Bruder aufsuchen müssen und wer weiß wohin dich deine Arbeit manchmal verschlägt und auf der Grand Line kann vieles passieren.“ Er griff Laws Hand. „Aber ich habe nicht vor dich jemals zu verlassen, Law. Ich bin sehr glücklich hier mit dir.“ „Ich bin auch glücklich.“ Law drückte Rocinantes Hand und schmiegte sich an ihn als sie ihren Weg fortsetzten. „Ich wünschte die Zeit würde stehen bleiben und wir könnten für immer so glücklich sein.“ Es war selten, dass Law seine Rationalität vernachlässigte und Tagträumen nachhing. Es war selten, dass er die Realität ignorierte. Dass er es tat, beunruhigte Rocinante etwas; bildete er sich zu viel ein? „Wir können nicht ändern was die Zukunft für uns bereit hält, aber wir können uns entscheiden wie wir ihr entgegentreten“, entgegnete Rocinante als in der Ferne ihr Heim auf sie wartete, „und solange wir zusammen sind, werden wir jede Krise meistern können.“ „Ja, du hast Recht.“ Doch Law klang beinahe traurig und danach schwiegen sie. Im Licht der Sterne fiel es Rocinante schwer zu erkennen, ob es nur die Nacht war oder ob Law wieder drohte von seinen Schatten eingenommen zu werden. Er vermutete, dass ihr Gespräch über Sorge, Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit Law an die Vergangenheit erinnert hatte und an die Menschen, die er verloren hatte. Nur selten sprach Law über solche Dinge und Rocinante drängte ihn nicht und so schwieg er auch dieses Mal, gab Law den Halt, den er brauchte, ohne etwas einzufordern, denn das war das was er für den anderen tun konnte. Zurück im Haus entschuldigte Law sich ins Bad zum Duschen, während Rocinante schnell den Abwasch erledigte, ehe er sich im zweiten Bad ebenfalls bettfertig machte. Er überlegte noch auf Law zu warten, bis dieser das Bad verlassen würde, aber er vermutete, dass Law nun lieber seine Ruhe haben würde, also ging er in sein Zimmer, schaltete das kleinen Nachtlicht an und zog sich um. Gerade hatte er das Fenster zum Meer hin geöffnet, als die Türe hinter ihm aufging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)