Das Bluterbe der Youkaifürsten von Weissquell (Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten") ================================================================================ Kapitel 50: Not kennt kein Gebot -------------------------------- Das erste Licht des neuen Tages zeichnet sich am Horizont ab. Zwar ist es noch immer sehr früh auf Grund der Jahreszeit, doch Kouga schenkt dem kaum Beachtung. Er hängt schweigend seinen Gedanken nach. Plötzlich ist ein Geräusch hinter ihm zu hören. Jemand nähert sich mit schleppenden Schritten. Kouga hat dafür kaum eine Reaktion übrig. Er weiß auch so wer sich da gerade wieder zu ihm gesellt. Schwerfällig lässt sich Shimogawa neben ihn auf den Felsen plumpsen. Der Wolf dreht kaum den Kopf. Eine ganze Weile sitzen sie nur schweigend nebeneinander. Schließlich hält Shimogawa die Stille nicht mehr aus. „Er ist eingepennt, falls du's wissen willst“, bemerkt er wie beiläufig. „Warum sollte ich das wissen wollen?“, fragt Kouga ungerührt zurück. „Weil du dich vielleicht wunderst, dass ich jetzt erst wieder da bin und ansonsten nichts passiert“, antwortet Shimogawa zynisch. Kouga verdreht leicht die Augen. „Tu doch nicht so, als müsste ich Sehnsucht nach dir haben.“ „Dachte ja nur du kriegst vielleicht Langeweile wenn du hier nur so untätig rumsitzt“, entgegnet Shimogawa schnippisch. „Das sollte ja wohl im Augenblick deine geringste Sorge sein“, meint Kouga sarkastisch. „Auch wieder wahr“, kommt es nach ein paar Momenten ein wenig hohl von Shimogawa. Mit starrer Miene verfällt er wieder in Schweigen. Erneut huschen Kougas Augen für einen Moment zu seinem Begleiter hinüber. „Und was hat nun so lange gedauert?“, fragt er schließlich gereizt. Shimogawa rupft frustriert ein Büschel Gras neben sich aus. „Ich hab ihm Bericht erstattet. Bestimmt dreimal. Er hat immer wieder nachgefragte. Die selben Sachen. Lag vermutlich an der Riesenmenge Sake die er sich nebenbei rein geschüttet hat. Kein Wunder wenn dann da nichts hängen bleibt. Aber gehen lassen wollte er mich trotzdem nicht. Vor n paar Minuten ist er dann schließlich umgekippt und jetzt schläft er hoffentlich seinen Rausch aus und wir haben ihn n paar Stunden vom Hals.“ Nun wendet sich Kouga doch seinem Begleiter zu. „Was stimmt eigentlich mit euch Hunden nicht? Ich dachte ja schon dieser Hanyou wäre verrückt, aber ihr seid alle irgendwie nicht ganz dicht.“ Er schnauft verächtlich auf. „Ihr stürzt euch allesamt um der Ehre willen in einen aussichtslosen Kampf. Ihr lasst nicht mal eine Minimalbesetzung an Wachen für die Verbliebenen zurück. Ihr lasst eure Frauen wie aufgescheuchte Hühner rumlaufen, statt ihnen auch nur die Grundlagen der Verteidigung beizubringen und wenn dann die Kacke so richtig am Dampfen ist, dann verfallt ihr in Selbstmitleid oder besauft euch als gäb's kein Morgen. Hab ich noch was vergessen, oder ist das schon die ganze Summe eurer Dämlichkeiten?“ Shimogawa schluckt hart, dann lässt er sich kraftlos nach hinten plumpsen. Erschöpft schließt er kurz die Augen. Schließlich sagt er: „Nein, du hast ja Recht... Wenn man es so hört, klingt es schon ziemlich dämlich. Nur...“, er sucht nach den passenden Worten, „ich weiß nicht. Bisher hat es immer funktioniert.“ Wieder versinkt er eine Weile in Schweigen und Kouga richtet seinen Blick wieder der Umgebung zu. „Weißt du...“, setzt Shimogawa unerwartet zaghaft erneut an, „Ich hab schon versucht es dieser Miko zu erklären. Sie hat es nicht verstanden. Wir leben nun mal anders hier. Es gibt klare Regeln und wir leben schon sehr lange nach ihnen. Nur die Stärksten und Zähsten von uns werden Krieger. Schon wenn wir klein sind bringt man uns bei ums Überleben zu kämpfen. Wir sind ein kleiner Clan. Wir müssen das Leben aller garantieren können. Das können wir aber nicht wenn wir Schwäche zeigen. Deshalb gibt es bei uns das Ritual der Ni-banme no Shussei, der zweiten Geburt. Wenn sie nicht ganz ein Jahr alt sind, werden unsere Kinder in der Wildnis ausgesetzt mit der Anweisung aus eigener Kraft vier Tage alleine zu überleben und wenn möglich nach Hause zurückzufinden. Die meisten von ihnen schaffen es auch.“ Er hält einen Moment nachdenklich inne, dann fährt er fort. „Das erscheint hart und grausam, aber es sorgt dafür, dass nur die Zähsten überleben. So wird das Überleben für den ganzen Stamm leichter. Wir machen das schon seit tausenden von Jahren so. Jeder im Clan hat seinen festen Platz und seine Aufgabe. Die einen kümmern sich um die Versorgung, die anderen um die Verteidigung. So kann man sich ganz auf seine Pflicht konzentrieren und muss sich nicht von Nebensächlichkeiten ablenken lassen.“ Er seufzt leise. „Wir haben unsere Pflicht immer sehr genau genommen. Aber weil wir nur ein kleiner Clan sind, muss jeder einzelne Krieger mitgehen wenn der Fürst sie in die Schlacht ruft. Keiner kann sich da verwehren. Wir achten sehr streng auf Hierarchie und darauf, dass jeder an seinem Platz das Beste gibt. Niemand darf kneifen. Die Schwäche des Einen ist die Schwäche aller.“ Fast klingt es als bete er ein Mantra herunter. „Normalerweise reicht das auch völlig. Bisher hat keine Schlacht sehr lange gedauert an der der ganze Clan beteiligt war...“ Hier kommt er ins Stocken und für einen Moment muss einen schweren Kloß in seiner Kehle herunterschlucken ehe er weitersprechen kann. „Wir waren immer rasch wieder zuhause. Bei unseren Familien die wir mit unserem Leben beschützen. Das ist auch der Grund warum wir jedes Mal so verbissen und mit vollem Einsatz kämpfen. Wir wissen alle, dass ein Versagen keine Option sein kann. Wenn wir verlieren... dann ist das das Ende unseres Clans. Glaub mir, das motiviert ungemein.“ Seine Stimme klingt nun bitter. Zunächst hängt Schweigen über der Stätte dann wendet ihm Kouga noch einmal den Blick zu. „Hab ich doch gesagt, dass ihr dämlich seit“, meint er, doch irgendwie klingen die Worte etwas halbherzig. „Es ist dämlich immer alles auf eine Karte zu setzen. Niemand kann immer gewinnen. Manchmal verliert man auch und was dann?“ „Dann tun wir es eben mit Würde!“, gibt Shimogawa verärgert zurück. Kouga schnaubt verächtlich auf. „Wie schon gesagt: Dämlich!“ Shimogawas Blick geht gedankenverloren hinauf zum Himmel. „Ja, vielleicht ist das wirklich dämlich. Aber so ist es eben. Schon seit ich denken kann. Doch dadurch werden wir zu noch besseren Kämpfern, denn wir wissen ganz genau was es bedeutet zu Verlieren.“ Nun blickt er doch wieder betrübt drein. „Unsere letzte große Niederlage liegt etwa zweihundert Jahre zurück. Damals war mein Ururgroßonkel der Befehlshaber unserer Truppen. Er und sein jüngerer Bruder, mein Ururgroßvater, hatten die Aufgabe die Grenzen unseres Reiches zu bewachen. Leider taten sie das etwas zu gewissenhaft.“ Nun setzt sich Shimogawa wieder auf und lässt die Schultern hängen. „Zu der Zeit war der Fürst des Westens gerade gestorben und wir hatten noch nicht davon erfahren. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn wir davon gewusst hätten. Vielleicht auch nicht, mein Großonkel war genau so ein Heißsporn wie sein Sohn es jetzt ist. Jedenfalls entdeckte er, dass der Sohn des Westfürsten gerade ungefragt und unerlaubt die Grenze überquert hatte. Zusammen mit einer berüchtigten Abtrünnigen aus dem Ostclan. Sie hatten strikte Anweisungen diese Frau keinen Fuß auf unseren Grund und Boden setzen zu lassen. Doch nun war sie da, zusammen mit dem Prinzen des Westens. Und obwohl Sesshomaru, der jetzige Fürst, androhte jeden von ihnen zu töten, ließen sie sich nicht darauf ein und wollten sie ihn nicht passieren lassen. Beide verstießen schließlich gegen das Gesetz und wir achten das Gesetz über alles.“ Hart starrt Shimogawa vor sich hin. Dann atmet er leicht aus. „Na ja, das Ergebnis hast du ja gesehen. Deburi war einer der wenigen, die das folgende Massaker überlebten. An diesem Tag starben fast fünfzig hervorragende Krieger, durch die Hand des zukünftigen Westfürsten und seiner Verräterfreundin. Und das nur weil sie ihre Pflicht erfüllt haben.“ Er ballt kurz die Faust. „Hätte er sich einfach vorher angekündigt, wie es seine Pflicht gewesen war, hätte dieses Blutbad vielleicht vermieden werden können.“ Er lacht kurz bitter auf. „Als Inu Taihyouga ihn schließlich dafür zur Rede stellen wollte, wie es sein Recht gewesen war, musste er feststellen, dass keinerlei Einsicht von ihm zu erkennen war. Man erzählt sich noch heute davon. Der frischgekürte Fürst des Westens betrat den Palast des Nordens in seiner wahren Gestalt und voller Grimm. Er war für keinerlei Verhandlungen zugänglich und für keinerlei Kritik. Er weigerte sich Verantwortung für die Getöteten zu übernehmen. Über seine unselige Komplizin wollte er nicht mal reden. Er verkündete, er sei nur hier um dem Protokoll genüge zu tun den anderen Fürsten seine Aufwartung zu machen, und wenn es darüber hinaus ein Problem gäbe, wäre er jederzeit bereit dies in einem Zweikampf zu klären. Müßig zu erwähnen, dass es nicht dazu kam. Man munkelte noch lange hinter vorgehaltener Hand, dass Inu Taihyouga es nicht wagte Fürst Sesshomaru so aufgebracht wie er war herauszufordern. Letztlich kehrte der Westfürst in sein Reich zurück und unser Volk brauchte sehr lange um sich von diesem schmerzlichen Verlust wieder zu erholen.“ Starr blick er vor sich zu Boden. „Ich bin nicht sicher, ob wir uns diesmal wieder davon erholen. Wir haben einfach zu viele Männer verloren.“ Kouga hat die Ausführung schweigend verfolgt. Schließlich meint er: „Zumindest hast du jetzt freie Wahl bei den Frauen.“ Ein frostiger Blick Shimogawas trifft ihn. „Das ist nicht witzig!“, erklärt er humorlos. Kouga seufzt leicht.“Ja, vermutlich nicht“, gibt er gedehnt zu. „Aber bevor ihr euch mit der Reproduktion befasst, müsst ihr eh noch dafür sorgen, dass der Kerl, der das Ganze angerichtet hat, aus dem Verkehr gezogen wird. Sonst fällt er vielleicht doch noch über den Rest von euch her.“ „Ich wüsste nicht wie!“, entfährt es Shimogawa resigniert. „Wir sind kaum noch eine Hand voll Krieger. Wie sollen wir etwas schaffen, was nicht mal das gesamte Heer geschafft hat?“ „Was ist mit eurer Fürstin? Kann die nicht kämpfen?“ Unbehagliches Schweigen ist die Folge. Unwirsch knufft Kouga den Krieger neben sich in die Seite. „Hey, ich hab dich was gefragt!“ „Ich weiß es nicht!“, stößt Shimogawa gefrustet hervor. „Ok? Ich weiß es nicht! Ich weiß überhaupt nicht, was wir jetzt machen sollen, zufrieden?“ Kouga verzieht das Gesicht. „Na, dann ist es wohl gut, dass das jemand anderes für dich entscheidet. Euer Truchsess zum Beispiel.“ Shimogawa verdreht die Augen. „Erinnere mich bloß nicht daran!“ „Entschuldigung! Shimogawa-san?“, ertönt plötzlich der verhaltene Ruf hinter ihnen. Sofort drehen sich die beiden Männer um. Vor ihnen steht eine hagerer Youkaifrau in der schlichten Tracht der Palastbediensteten des Nordens. Unter ihren Augen liegen dunkle Ringe, doch unverwandt blickt sie die beiden an. Sie hält ein Tablett mit mehreren Schüsseln in der Hand. „Ich soll euch fragen, ob ihr vielleicht etwas essen wollt. O-kami-san?“ Auffordernd schaut sie zu Kouga hinüber. Shimogawas Augen werden schmal. „Und wessen Idee war das, Chii-san? Will sich Chiegusa wieder bei mir einschmeicheln jetzt wo sie merkt, dass Not am Mann ist und sie mir Unrecht getan hat?“ Die Frau schnaubt nur zynisch. „Ich denke nicht, dass sie sich im Augenblick darum schert. Dafür hat sie gerade zu viel um die Ohren. Nein, Kinokawa meint, dass unsere beiden einzigen verbliebenen Wachleute sicherlich eine Stärkung brauchen können.“ Noch immer etwas skeptisch blick Shimogawa sie an, doch dann entspannt er sich etwas und nimmt sich eine der Reisschalen. Ohne sich um den sparsamen Blick des Wolfes zu kümmern, reicht er die Schüssel an ihn weiter um sich dann selbst die Zweite zu nehmen. „Mach nicht so ein Gesicht!“, fordert er Kouga auf „Iss schon! Ist nicht vergiftet.“ Deutlich widerstrebend lenkt der Wolf ein und beginnt zu essen. Auch Shimogawa hat volle Backen und erst jetzt stellt er fest was ihm gefehlt hat. Die Hofköchin versteht einfach ihr Handwerk. Besonders wenn es darum geht angeschlagene Krieger, ob an Körper oder Geist, wieder aufzupäppeln. Mit sichtlichem Appetit stopft er die Mahlzeit in sich hinein. Mit einem belustigtem Schmunzeln beobachtet Chii die beiden. „Ich kann euch noch mehr holen wenn ihr wollt“, bietet sie an. „Wir haben auch Fleisch“, bemerkt sie wie beiläufig. „Bevor sie zur Versammlung gegangen ist, hat Kinokawa ein ganzes Schwein übers Feuer gehängt. Nur für euch beide“, fügt sie zuckersüß hinzu. Shimogawa hält mit Essen inne. „Was soll das heißen: Nur für uns beide?“ Argwöhnisch schaut er sie an. „Was führt sie im Schilde? Da ist doch was faul!“ „Was für eine Versammlung?“, greift Kouga jetzt den anderen Nebensatz auf. Sofort schert auch Shimogawa auf das Thema ein. „Ja, was für eine Versammlung eigentlich?“ Seelenruhig schöpft die Frau noch einen großen Löffel Fleischsoße über Shimogawas Reis. „Der Frauenrat tagt gerade“, erklärt sie nebenbei. „Sie besprechen was jetzt angesichts der Lage zu tun ist.“ Ein bisschen perplex starrt Shimogawa sie an. „Es gibt einen Frauenrat? Wer? Wie? Seit wann das denn?“ Arglos blickt Chii ihn an. „Na, schon immer. Was dachtet ihr denn was wir hier machen wenn ihr Kerle wieder mal loszieht um Krieg zu spielen? Rumsitzen und Däumchen drehen? Wohl kaum. Irgendwer muss ja den Laden hier am Laufen halten.“ Mit etwas dümmlichen Gesichtsausdruck sitzt Shimogawa da. “Aha...“ Bedeutsam neigt sich Kouga ihm zu. „Lass mich raten. Davon wusstet ihr nichts.“ „Natürlich nicht!“, braust nun Shimogawa aus seiner Starre auf. „Hätte Inu Taihyouga davon gewußt, hätte er ihn selbstverständlich sofort verboten!“ „Und genau das ist der Grund warum wir es bisher nicht an die große Glocke gehängt haben“, fügt Chii ernsthaft hinzu. „Ja, aber... Deburi... Er ist doch immer hier“, erwidert Shimogawa aufgebracht. „Weiß er davon? Hat er denn nichts unternommen?“ Nun fängt er sich einen sehr skeptischen Blick von der Frau ein. „Ist das dein Ernst? Bei seinem Sakekonsum ist es kein Problem etwas vor ihm zu verheimlichen. Außerdem schert er sich doch nur um die Frauen in unserem Clan, solange sie ihn mit Nachschub versorgen. Vor Chiegusa etwas geheim zu halten ist schon deutlich schwieriger. Und selbst das haben wir nun schon ein paar hundert Jahre fertiggebracht.“ Trotzig verzieht sie das Gesicht. „Und warum erzählst du es uns dann jetzt?“, ergreift nun Kouga wieder das Wort. Nun blickt die Frau sehr unbehaglich drein. Sie atmet noch einmal durch, dann sagt sie: „Weil die Lage gerade so ernst ist, dass wir es nicht mehr vor ihr verheimlichen können. Wir müssen über die Sache reden und wir haben keine Zeit zu warten bis sie aus dem Weg ist. Und wenn sie es weiß, dann erfährt es auch Deburi und wenn der es erfährt...“ „Ich verstehe schon.“ Resigniert blickt Shimogawa drein. „Im Moment schläft er noch“, fährt Chii eindringlich fort. „Aber gerade debattieren sie so laut, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er wieder auftaucht.“ Einen Moment lang halten alle drei inne und lauschen. Tatsächlich vom Versammlungsplatz des Palastes wehen wütende Stimmen herüber. Offensichtlich ist die geheime Besprechung gerade in vollem Gange. „Bitte!“, drängt Chii eindringlich. „Ihr müsst uns Rückendeckung geben. Deburi ist nicht gerade für seine Einsicht bekannt. Er wird das niemals gutheißen, völlig egal wie plausibel und vernünftig unsere Gründe sind. Für ihn zählt nur das Gesetz. Er würde eher Kinokawa und die anderen töten als einzugestehen, dass uns keine andere Wahl blieb.“ Ein bisschen wehleidig blickt Shimogawa auf die dampfende Reisschüssel in seinen Händen. Er seufzt leicht, dann stellt er sie ab. „Du erwartest, dass ich mich mit Deburi anlege?“, fragt er. „Und wofür? Um euch zu verteidigen weil ihr das Gesetz gebrochen habt.“ Nun wird Chiis Blick hart. „Wir taten das was nötig war! Ihr Kerle habt euch doch nie um uns geschert! Wir sind nur da zum Kinder kriegen, zum Putzen oder zum Kochen. Wie wir das machen interessiert euch doch nicht, Hauptsache es passiert. Würden wir uns nicht seit Jahrhunderten selbst organisieren, würde hier alles drunter und drüber gehen.“ „Der Fürst unseres Clans ist die unumstößliche Autorität!“, stellt Shimogawa klar. „Er trifft alle Entscheidungen. Wie kommt ihr dazu hinter seinem Rücken über die Geschicke unseres Clans zu beraten?“ Grimmig hält Chii seinem Blick stand. „Wir hintergehen unseren Fürsten nicht! Wir dienen ihm! Und zwar indem wir ihm unbemerkt zuarbeiten. Auch wenn der Fürst mit seinen Kriegern ausrückt und tagelang nicht zurückkommt, geht das Leben hier weiter. Der Rest des Clans hört nun mal nicht auf zu existieren wenn die Kämpfer fort sind. Auch dann müssen Entscheidungen getroffen werden.“ „Dafür habt ihr Deburi“, entgegnet Shimogawa. „Wenn der Fürst nicht da ist, trifft er die Entscheidungen.“ „Er trifft aber schlechte Entscheidungen!“, funkelt Chii grimmig zurück. „Dann richte deine Beschwerde darüber direkt an den Fürsten!“ „Als ob das irgendetwas ändern würde!“ „Willst du etwa behaupten unsere Fürstin wäre ungerecht?“, ärgerlich stemmt Shimogawa die Arme in die Seite. „Yarinuyuki wird Deburi niemals zur Rechenschaft ziehen“, lodert Chii. „Und gerade du weißt doch ganz genau warum!“ Hier hält Shimogawa inne. Er dreht genervt die Augen nach oben, dann seufzt er resigniert. „Ich kann euch nicht helfen, Chii. Ich kann Deburi nicht die Stirn bieten. Ihr seid auf euch gestellt.“ Düster funkelt die Frau ihn an. „Und ich dachte immer die Krieger unseres Stammes wären mutig.“ „Wenn ihr dann fertig seid“, meldet sich nun doch Kouga noch einmal zu Wort, „vielleicht gehen wir dann doch mal zu dieser Versammlung rüber. Ich hab nämlich den Eindruck da fliegen gleich die Fetzen.“ Vom Versammlungsplatz sind jetzt laute Schreie und wüste Beschimpfungen zu hören. Offenbar liegen dort mindestens zwei Frauen im heftigen Streit. Shimogawa schnauft verächtlich. „Ich wüsste nicht was ich da zu suchen hätte.“ Kouga wirft ihm einen schmalen Blick zu. „Dir ist schon bewusst, dass ihr gerade die Hälfte eurer Leute verloren habt. Auf ein paar mehr oder weniger kommt es dann ja wohl nicht an bei dir. Ich kriege langsam den Eindruck, dass ihr diesen Katsuken gar nicht braucht. Euer Stamm ist gerade wunderbar dabei sich selbst auszulöschen. Aber vielleicht ist dir ja noch ein bisschen Restanstand geblieben und du gehst jetzt da hin und verhinderst, dass dieser dämliche Säufer aus reiner Sturheit die Frauen umbringt die sich vielleicht noch etwas aus eurem Clan machen.“ Eisige Augen durchbohren den Krieger des Nordclans. Ein wenig unsicher erwidert Shimogawa seinen Blick. Der Wolf lässt ihn keine Sekunde aus den Augen. „Also...“, beginnt er zögerlich, „du meinst also... ich sollte vielleicht doch...?“ „Beweg dich!“, der harsche Befehl wird begleitet von einer eindeutigen Geste mit dem Finger. Shimogawa schluckt unbehaglich. Es sieht nicht so aus als ließe der verärgerte Wolf einen Widerspruch zu. Nun gut, er ist es gewohnt der Person mit dem stärksten Willen zu gehorchen und im Moment scheint der Wolf genau zu wissen was er will. Niedergeschlagen fügt er sich. Kopfschüttelnd schubst Kouga ihn vor sich her in Richtung Versammlungsplatz. „Einfach unfassbar!“, murmelt er bei sich. Auf dem Versammlungsplatz ist der heftige Disput bereits in vollem Gange. Gerade stehen sich die vornehme Dame von vorhin und eine andere hochgewachsene Youkaifrau Stirn an Stirn gegenüber und schreien sich an. „Es ist einfach ungeheuerlich, was ihr euch hier herausnehmt!“, schimpft Chiegusa gerade. „Dass ihr unseren Fürsten all die Jahre so schändlich hintergangen habt ist einfach unentschuldbar!“ „Wir haben ihn niemals hintergangen!“, wettert die andere Frau zurück. „Wir waren ihm stets treu ergeben. Doch das spielt jetzt gerade keine Rolle, denn im Augenblick haben wir ja wohl ganz andere Probleme.“ Empört reißt Chiegusa Augen und Mund auf. „Es spielt keine Rolle?“, wiederholt sie fassungslos. „Was soll das heißen? Selbstverständlich spielt es eine Rolle, du ehrloses Stück Dreck! Solch eine ungehörige Gehorsamsverweigerung gehört streng bestraft!“ Die andere Frau verdreht wütend die Augen. „Chiegusa, mir ist es ehrlich gesagt scheißegal was du davon hältst. Und ich hab auch nie behauptet, dass ich nicht beabsichtige darüber Rechenschaft abzulegen, aber gerade jetzt gibt es wichtigere Dinge zu klären.“ „Es ist nicht an dir diese Dinge zu klären. Du wirst gefälligst das tun was dir gesagt wird und nichts weiter!“, herrscht Chiegusa sie von oben herab an. „Ach ja?“, kommt es aggressiv zurück. „Na schön! Von mir aus! Na dann mal los! Was soll ich denn tun? Wo ist er denn unser großer, befehlsgewaltiger Anführer? Warum ist er nicht hier wie er sollte und kümmert sich um diese Krise wie er sollte!“ Ein hasserfüllter Blick trifft sie. „Wie Deburi sein hochherrschaftliches Amt ausfüllt unterliegt ganz sicher nicht deiner Beurteilung, Kinokawa! Er wird dich über seine Entscheidungen in Kenntnis setzen, wenn er entscheidet, dass du es zu erfahren hast und keinen Moment früher! Ich warne dich! Kritik an ihm ist Kritik am Fürsten!“ „Dass du das sagst, ist ja wohl klar!“, kommt es verächtlich von Kinokawa. „Also ob du irgendetwas gegen deinen versoffenen Gatten sagen würdest, du erbärmliches, gelacktes Hausmütterchen, du!“ In diesem Moment fliegen Chiegusas Augen auf und ein wildes Knurren dringt aus ihrer Kehle. Mit einem rohen Schrei und gezückten Krallen will sie sich auf ihre Kontrahentin stürzen, die sie augenscheinlich gebührend empfangen will, doch im letzten Moment schieben sich zwei Gestalten zwischen die beiden Gegnerinnen und halten sie nachdrücklich von weiteren Kampfhandlungen ab. „Sachte, sachte!“, meint Kouga während er unnachgiebig Chiegusas Handgelenke umschlossen hat und nun versucht die wütende Frau auf Abstand zu halten. „Lass mich auf der Stelle los, du stinkender Wolf!“, wettert sie. „Der Giftkröte kratz ich die Augen aus!“ „Ja? Versuchs doch, du arrogante Schreckschraube!“, schreit Kinokawa provokant zurück. „Meine Damen, bitte beruhigt euch doch!“, beschwört Shimogawa die Streithennen, Dabei hat er alle Hände voll zu tun, dass die Köchin in seinem Griff sich nicht freikämpft. Er fühlt sich ein bisschen überfordert. Noch nie zuvor hat er die Frauen in seinem Clan derartig aggressiv erlebt. Sonst haben sie sich immer dezent im Hintergrund gehalten und jetzt wollen sie sich am liebsten eigenhändig zerfleischen. Wer kann es ihm verübeln, dass er gerade nicht recht weiß wie er damit umgehen soll? Aber eines weiß er zumindest: Die Köchin in seinem Griff hat Kraft! Wenn er nicht aufpasst, entwindet sie sich ihm am Ende noch und dann, das steht außer Frage, gibt es ein Blutbad. Immer mehr Schaulustige scharen sich um die Kämpfenden und langsam werden auch um sie her missmutige Rufe lauter. Doch gerade in diesem Moment schallt eine wütende Stimme über den Platz: „Was zur Hölle ist hier los?“ Augenblicklich halten alle in ihrem Gerangel inne und drehen sich zum Verursacher dieser Störung um. Hoch aufgerichtet, aber leicht schwankend steht Deburi da und funkelt grimmig zu ihnen herüber. Unwirsch entzieht sich Kinokawa Shimogawas Griff und rückt ärgerlich ihre Kleidung zurecht. Auch Kouga gibt nun Chiegusas Handgelenke frei und nimmt es gelassen hin, dass die Frau ihn mit tödlichem Blick anstarrt. Doch nun richtet sich die allgemeine Aufmerksamkeit wieder auf Deburi der nun energisch auf sie zugehumpelt kommt. Groß baut er sich vor den Verursachern des Disputs und seinen Schlichtern auf. Die Fahne die ihn umgibt reicht aus, dass sämtliche Youkai in seiner Nähe angewidert die Nase rümpfen. Durchdringend starrt er Chiegusa an. „Ich will eine Erklärung für diesen Tumult und zwar auf der Stelle!“ Die Worte kommen deutlich lallend heraus, doch niemand ist so verrückt den Truchsess und seine Launen deshalb zu unterschätzen. Ergeben senkt Chiegusa den Kopf. „Eine kleine Auseinandersetzung, ehrwürdiger Gatte. Es war nötig diese Frau in ihre Schranken zu weisen. Sie und einige andere haben unsere Fürstin hintergangen und zeigten sich gänzlich uneinsichtig als sie deshalb zur Rede gestellt wurden.“ Ein Ruck geht durch Kinokawas Körper. „Du miese, kleine...!“ Doch schon im selben Moment packt Shimogawa sie, drückt ihr die Hand über den Mund und hindert sie daran erneut vorzuspringen und ihre Widersacherin anzufallen. Deburis Kopf ruckt zu Kinokawa herum. „Na sowas!“, lallt er. Seine Miene ist zum Fürchten. Und nun erstarrt auch Kinokawa in ihrer Bewegung und gibt den Widerstand auf. Mit erhobenem Haupt kommt er nun auf sie zu. Shimogawa weicht instinktiv einen Schritt zurück, so wie alle hinter ihm Stehenden ebenfalls. Jetzt steht nur noch die Köchin dem Truchsess gegenüber und man erkennt wie sich immer mehr Furcht in ihrem Gesicht abzeichnet. Nun steht er direkt vor ihr und augenblicklich sackt sie auf die Knie hinunter. Mit genüsslichem Schmunzeln blickt Deburi auf sie herab. „Du hintergehst also unsere Fürstin, hab ich das richtig verstanden?“, kommt es gefährlich freundlich von ihm. Kinokawa schluckt. „Sag schon!“, nuschelt Deburi. „Was hast du getan, ich will es wissen!“ Für einen langen Moment hängt angespanntes Schweigen in der Luft. Doch nun verliert Deburi sichtlich die Geduld. Schon will er mit der Klaue ausholen um der vor ihm knienden Frau einen Schlag zu verpassen als plötzlich jemand aus dem Kreis der Zuschauer vortritt. Es ist Chii und mit ernster Miene bietet sie Deburi die Stirn. „Sie hat nichts getan!“, sagt sie deutlich. „Niemand hier hat unsere Fürstin je hintergangen!“ Nun kann Chiegusa nicht mehr an sich halten. „Ihr habt hinter ihrem Rücken einen geheimen Rat gebildet und habt selbst Entscheidungen für den Clan getroffen, und das obwohl ihr wusstet, dass euch das nicht zustand. Ihr habt eure Fürstin missachtet und jeden einzigen Fürsten vor ihr, ihr verderbte Bande von Verrätern!“ „Wir haben niemals gegen ihre Befehle gehandelt!“, gibt Chii jetzt fest zurück. „Es ging nie darum ihre Befehle zu umgehen. Es wurden nur Sachen behandelt, zu denen sie sich nicht im Besonderen geäußert hatte. Jemand musste diese Entscheidungen treffen, sonst wäre von unserem Clan schon längst nichts mehr übrig.“ Chiegusas Augen fliegen auf. „Hört Ihr es? Sie gibt es zu! Sie bestreitet es nicht mal, dass sie Entscheidungen hinter dem Rücken der Fürsten getroffen haben. Diese Arroganz schreit geradezu zum Himmel. Und wer weiß wie viele darin involviert sind. Sie müssen bestraft werden!“ „Wir taten nur was nötig war!“, kommt es jetzt düster von Kinogawa. „Die Fürsten unseres Volkes haben sich nie sonderlich um die logistischen Vorgänge unseres Clans geschert. Für sie kam immer das Kämpfen und Ruhm und Ehre an erster Stelle. Wir Frauen mussten zusehen, dass alles andere eben einfach lief. So etwas kommt nicht von selbst ohne die kleinsten Absprachen. Jedes Mal nach einer großen Schlacht, wenn ein Großteil unserer Krieger auf dem Schlachtfeld geblieben waren... war es an uns zu beraten wie sich das wieder bereinigen ließ. Wir beratschlagten uns, wir einigten uns und wir... „, starr blickt sie zu Boden, „trafen Vorsorge, dass die richtigen Partnerschaften geschlossen wurden. Ehen die möglichst viele, starke Kinder hervorbrachten. Glaubt es ruhig. Wir haben schon seit sehr langer Zeit ein Auge darauf. Wir wissen worauf es da ankommt. Und... wir taten es stets zum Wohle des Clans und oft genug gegen das Herz. Viel zu oft!“ Wieder schluckt sie schwer. „Wir haben immer wieder im Stillen Opfer gebracht, und wir haben es getan weil es unerlässlich für das Fortbestehen unseres Clans war. Aber wir hatten niemals die Möglichkeit dieses Anliegen mit den Fürsten unseres Clans persönlich zu besprechen.“ Ein gequälter Zug legt sich um ihre Lippen. Zerknirscht schaut sie auf. „Jedes Mal wenn ein neuer Fürst an die Macht kam und jedes Mal wenn wir erneut so viele Männer einbüßen mussten, haben wir versucht vom Fürsten empfangen zu werden, doch niemals schenkte man uns Gehör. Wir waren schließlich nur Frauen. So mussten wir uns vertraulich darüber absprechen. Darüber und über all das was wir unseren Fürsten nicht vortragen konnten. Ich bereue es nicht und ich würde es jederzeit wieder tun. Und so denkt jede von uns die unserem Clan treu ergeben ist! Wenn das also eine verachtenswerte Tat sein soll, dann müsst Ihr mich bestrafen und mit mir jede andere Frau die so denkt wie ich. Denn wir werden nicht aufhören! Wir werden unserem Clan treu sein, was immer uns das kosten mag!“ Durchdringend starrt sie Deburi an und in ihrer Miene liegt eiserne Entschlossenheit. Wieder hängt gespanntes Schweigen in der Luft. Dann plötzlich macht Chii einen entschlossenen Schritt nach vorn. „So ist es!“, stellt sie entschlossen klar. Und jetzt kommt allmählich Leben in die umstehenden Frauen. Mit entschlossener Miene treten sie vor und halten Deburi mit energischen Blicken gefangen. Der Truchsess blickt sich mit wütender Miene um. Grimmig fletscht er die Zähne. Offenbar stellen sich alle Frauen hier auf die Seite der Knieneden. Nur Chiegusa steht ein Stück abseits und blickt mit steinerner Miene vor sich hin. Wütendes Schnauben entfährt Deburi. Immer aufgebrachter sieht er sich um, doch schließlich holt er blitzschnell mit der Klaue aus und schlägt Kinokawa mitten ins Gesicht. Blut spritzt hoch auf und die Youkaifrau fliegt ein ganzes Stück weiter und bleibt dann reglos liegen. „Ihr elenden Weiber!“, brüllt Deburi außer sich. „Glaubt ihr wirklich, dass entschuldigt eure Eigenmächtigkeit? Ihr habt hier nichts zu sagen! Ist das klar! Ihr habt wohl vergessen wo euer Platz ist, was? Ihr beratet nichts, ihr bestimmt nichts, und schon gar nicht, und das meine ich todernst, habt ihr darüber zu entscheiden wer hier wen heiratet? Das ist ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit!“ Er fährt herum und verpasst der Frau die ihm am nächsten steht einen heftigen Schlag. Sie knickt wortlos zusammen. Ein beunruhigtes Raunen geht durch die Menge als der Truchsess weitertorkelt und jetzt wahllos Schläge mit seinem Stab an die Umstehenden verteilt während er weiter wettert. Shimogawa und Kouga betrachten das enthemmte Gebaren des Truchsess mit zunehmender Sorge. Immer wieder schlägt der betrunkene Youkai in wilder Wut auf die Frauen ein, die es offenbar vor Angst und eingedrilltem Gehorsam nicht über sich bringen davonzulaufen. „Willst du ihn nicht vielleicht mal aufhalten?“, raunt Kouga Shimogawa zu. Dieser schüttelt nur entgeistert den Kopf. „Bist du irre? Mit dem leg ich mich bestimmt nicht an!“ „Was bist du doch für ein erbärmlicher Feigling!“, knurrt Kouga grimmig. „Habt ihr Hunde nicht mal so viel Anstand, dass ihr nicht wisst, dass man keine Frauen schlägt?“ Sprachlos starrt Shimogawa ihn an, als wäre diese Vorstellung völlig neu für ihn. Kouga verdreht die Augen. „Ich fasse es einfach nicht!“ Entschlossen lässt er die Knöchel knacken. „Dann werde ich mich eben darum kümmern!“ Doch sofort reißt Shimogawa ihn zurück. „Lass das bloß! Deburi ist viel zu stark für dich!“ In Kougas Augen lodern kleine Racheflammen: „Wollen wir wetten?“ Wieder hält ihn Shimogawa zurück. „Bitte!“, es klingt fast verzweifelt. „Er würde das als Kriegserklärung der Wölfe ansehen. Wir können nicht in eine weitere Schlacht ziehen!“ Kouga schnaubt verächtlich. „So dämlich wird er wohl kaum sein, mit drei Leuten unser Rudel anzugreifen. Wir machen euch ohne Probleme platt. Das würde überhaupt keinen Sinn machen!“ „Du begreifst das nicht!“, drängt Shimogawa flehend. „Schau doch hin! Hier geht es doch längst nicht mehr um das was Sinn macht. Nur noch um Statuten. Nur deshalb sind wir doch überhaupt in dieser Situation. Alles bricht zusammen. Du hattest Recht. Wir zerstören uns selbst. Unser Clan stirbt und nichts was wir hier tun könnten, kann daran noch etwas ändern. Es ist hoffnungslos!“ Kraftlos sackt Shimogawa auf seine Knie und senkt den Kopf. Währenddessen erteilt Deburi weiterhin wütende Schläge und wüste Beschimpfungen in alle Richtungen und Kouga ist arg hin und hergerissen was er jetzt tun soll. Vermutlich hat Shimogawa Recht. Es ist wohl wirklich eine hundeinterne Angelegenheit und wenn er sich einmischt, stachelt er womöglich noch einen Krieg an. Aber andererseits weiß er in seinem Innersten ganz genau, dass man Frauen einfach so nicht behandelt. Was würde Kagome tun? Und im Grunde kennt er die Antwort schon. Schon zückt er seine Klauen und sein Blick verfinstert sich. Gerade will er losstürmen um den Grobian zur Verantwortung zu ziehen da legt sich plötzlich von hinten schwer eine Hand auf seine Schultern und hält ihn zurück. Reflexartig wendet er sich um und nun heben sich seine Brauen verwundert. Noch immer verteilt Deburi in alle Richtungen Schläge. Inzwischen haben sich sämtliche Frauen verschreckt auf dem Boden zusammengekauert. Hier und da droht der Truchsess noch einmal mit dem Stock dann richtet er sich wieder auf. „Ihr seid der letzte Abschaum!“, nuschelt er. „Ein Haufen wertloser Müll! So wie alle Frauen. Ich glaube es wird Zeit, dass ich an euch ein Exempel statuiere. Damit ihr endlich begreift wer hier uneingeschränkt das Sagen hat!“ Er humpelt zu Kinokawa hinüber. Dann blickt er gefährlich in die Runde. „So, ich will jetzt sofort von euch wissen wer alles bei diesem kleinen Schmierentheater mitgemacht hat“, lallt er boshaft, „Na los, raus mit der Sprache!“ Manisch funkelt er in die Runde. Dann rammt er Kinogawa den Schaft seines Speers heftig in den Magen. Mit einem unschönen Gurgeln bäumt die Frau sich auf und spuckt einen Schwall Blut. „Wird's bald? Oder hat euch euer erbärmlicher Mut wieder verlassen, so wie es gehört?“, mit schwerer Zunge stößt er die Worte voller Verachtung heraus. „Ich mach euch einen Vorschlag: Wer meint hier noch immer die glorreiche Heldin spielen zu müssen, und der schwachsinnigen Meinung ist, dass es irgendeinen ehrenhaften Grund gibt warum man unseren Fürsten hintergehen sollte, der darf gerne vortreten und wird seine gerechte Strafe erhalten. Alle anderen sollten sich besser von jetzt an fügen und solche dämlichen Ideen wie Eigeninitiative gefälligst lassen.“ Unsicher blicken die Frauen auf. „Was für eine Strafe ist das denn?“, kommt die zaghafte Rückfrage. Genüsslich wendet Deburi der Fragenden den Kopf zu. „Na, was glaubst du wohl welche Strafe auf Hochverrat steht?“, grinst er verächtlich. „Du willst sie töten?“, richtet sich Chii nun empört auf. „Alle die bei unserem Rat mitgemacht haben?“ „Warum nicht?“, meint Deburi schwerfällig jedoch nicht minder ernsthaft. „Ihr habt es nicht anders verdient!“ „Das sind fast alle gewesen!“, gibt Chii aufgebracht zurück. „Willst du die alle umbringen?“ „Um so besser!“, brummt Deburi. „Dann lernt ihr dämlichen Weiber vielleicht endlich mal Respekt!“ „Das kannst du nicht machen!“, springt Chii entrüstet auf. „Dann ist von unserem Clan nichts mehr über. Du verdammst uns zur Ausrottung du dämlicher Säufer. Über so etwas schwerwiegendes kann nur Yarinuyuki-sama befinden! Nicht du!“ Sofort ist Deburi bei ihr und packt sie grob am Kragen. Wild funkelt er sie an. „Yarinuyuki ist auch nur eine Frau. Als ob sie so was entscheiden könnte. Sie ist genau so unfähig wie jede von euch. Aber ich werde euch schon zeigen wie man mit solchen wie euch umgehen muss!“ Schon hebt er die Klaue zum tödlichen Schlag, als ihn plötzlich eine frostige Stimme innehalten lässt. „So, du beschmutzt also das Ansehen von Yarinuyuki-sama? Wie tief willst du eigentlich noch sinken, du widerliches Stück Dreck?“ Alle Blicke fahren herum. Unter den Schatten eines Baumes tritt nun Samushi hervor. Sein Gesicht ist blass und auf seiner Brust zeichnet sich eine lange, zerfranste, wulstige Narbe ab aber der Blick den er dem Truchsess zuwirft ist tödlich. Deburi lässt die Klaue sinken und wendet sich dem Neuankömmling zu. „Schau an, wer da zu den Lebenden zurückgekehrt ist. Der Streuner und Dauerbefehlsverweigerer Samushi. Na, du musst dich hier gerade einmischen. Zieh Leine, das hier geht dich nichts an!“ „Es geht mich nichts an, sagst du?“, noch immer kommt Samushi langsam auf ihn zu. Seiner Miene fehlt jeglicher Humor. „Du schwachsinniger, besoffener Penner willst in einem Anfall von Größenwahn das auslöschen was von unserem Clan überhaupt noch geblieben ist, das was wir Krieger immer beschützt haben, nämlich unsere Familien, die Personen die uns nahestehen...“, sein Blick bekommt einen Moment lang etwas Starres, „und du erdreistest dich mir zu sagen es ginge mich nichts an?“ Ein beunruhigender Ton liegt nun in seiner Stimme. Mit schmalen Augen blickt Deburi dem ehemaligen Streuner entgegen. „Spiel dich nicht so auf Neffe!“, meint er verächtlich. „Als wenn jemand mit so perversen Neigungen wie du irgendwas davon verstehen würde.“ Augenblicklich fliegen Samushis Augen auf. Mit drei großen Schritten ist er an Deburi dran, packt ihn am Kragen und reißt ihn ein Stück vor sich in die Höhe. In grellem Blau funkeln seine Augen auf und seine Stimme hat Grabeskälte als er leise sagt: „Du hast absolut keine Ahnung, du dreckiger Bastard!“ Doch Deburi zeigt sich unbeeindruckt. Ebenso hasserfüllt starrt er zurück. Dann schlägt er Samushis Hände auseinander und kommt wieder auf dem Boden auf. „Suchst du Streit, Samushi? Muss ich dich daran erinnern wer hier das Sagen hat? Wenn du ein wahrer Krieger unseres Clans wärst, dann würdest du doch wissen wie das hier läuft. Du hast dich untergeordnet. Freiwillig! Du hast darauf verzichtet das Kommando zu übernehmen und jetzt hast du dich der Hierarchie zu beugen, wie sie alle hier! Also halt jetzt gefälligst den Rand und misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein.“ „Ach, dass sind deine Angelegenheiten!“, gibt Samushi mit tiefster Verachtung zurück. „Ich dachte eigentlich, dass Yarinuyuki-sama hier die höchste Instanz ist. Dein Ego ist offenbar noch gewaltiger und stinkender als deine Fahne! Vielleicht hörst du jetzt mal auf hier wahllos Frauen zu verprügeln und überlässt es Yarinuyuki-sama darüber zu entscheiden was mit ihnen passieren soll!“ Ein boshaftes Flackern liegt in Deburis Augen. „Yarinuyukis Armee wurde besiegt und sie selbst ist schwer verletzt, wen wundert's? Vermutlich ist sie bereits tot. Du kannst diese Entscheidung also getrost mir überlassen!“ Wilder Zorn zieht nun über Samushis Gesicht. Er fletscht die Zähne. „Du elender Verräter!“, grollt er. „Hältst du so deiner Fürstin die Treue? Ist das deine Loyalität? Nennst du sowas Vertrauen? Ich für meinen Teil habe keinen Zweifel daran, dass sie noch lebt, aber du schreibst sie ja offenbar schon mit Freude ab. Du hast sie doch niemals als Fürstin anerkannt und du richtest in deiner wahnwitzigen Verblendung unser Volk zugrunde! Dir muss Einhalt geboten werden!“ Herausfordernd reckt Deburi das Kinn. „Was willst du schon machen, Drückeberger der du nun mal bist? Willst du dich mit mir anlegen, Neffe? Traust du dir das zu? Selbst so“, er weist an sich herunter, “bin ich noch immer mehr Kämpfer als du je sein wirst. Niemand fordert mich heraus, hast du das noch nicht begriffen?“ Samushi knirscht mit den Zähnen. Dann sagt er mit eiskalter Miene: „Du hast da was nicht begriffen, Deburi. Niemand fordert dich heraus... weil sie alle Mitleid mit dir haben! Du bist so ein erbärmlicher Anblick, dass niemand einen Kampf unter seiner Würde führen möchte. Du hast diesen Posten nur inne, weil du nicht mehr auf Kämpfe aus ziehen kannst und sie dir dein klägliches bisschen Würde bewahren wollten. Und du weißt, dass es so ist!“ Deburi erbleicht. Wie vom Donner gerührt steht er da und seine Gesichtszüge entgleisen. Doch Samushi redet schon weiter: „Eigentlich sind wir alle übereingekommen, dir das nicht zu sagen um dich nicht zu demütigen. Was glaubst du warum wir dich so lange haben schalten und walten lassen? Warum wohl konntest du so lange den Hass auf deine eigene Unfähigkeit an anderen auslassen? Du erbärmliches Stück Dreck! Du hast diesen Posten nur aus reiner Gnade von Yarinuyuki-sama, die genau weiß was du tust und die deine Ehre nicht beschmutzen wolltest indem sie dich herabsetzt und wie dankst du es ihr?“ Kühl blickt Samushi den entgeisterten Truchsess an. „Du hast Recht, ich habe freiwillig auf einen Führungsposten verzichtet. Ich war... zufrieden mit dem was ich hatte. Doch jetzt ist alles anders. Jetzt werde ich nicht länger zusehen wie du unser Volk aus falschem Stolz auslöschst. Und wenn es nur diese Möglichkeit gibt, dann fordere ich dich hiermit heraus!“ Zunächst starrt Deburi ihn nur ungläubig an, dann zieht sich sein Gesicht zu und wird zu einer zornigen Fratze. „Ist das dein verdammter Ernst? Du wagst es, so mit mir zu reden?“ Er packt seinen Speer fester und fletscht die Zähne. „Ich werde dir eine Lektion verpassen, dass dir Hören und Sehen vergeht!“ Hämisch knackt Samushi mit den Knöcheln. „Gut, ich hatte schon befürchtet, du würdest kneifen!“ Und im selben Moment stößt er sich von der Stelle ab und nur einen Wimpernschlag später rammt er Deburi seine Faust mit voller Wucht in den Magen. Mit einem vernehmlichen Schnaufen krümmt sich Deburi zusammen und gleich darauf kippt er wie ein gefällter Baum zu Boden und rührt sich nicht mehr. Ungläubig haben die anderen das Geschehen verfolgt und nur langsam dämmert ihnen dessen Tragweite. Mit regloser Miene blickt Samushi auf. Er atmet einmal stumm auf, dann fängt er Chiegusas Blick ein. „Räum ihn weg! Er soll woanders seinen Rausch ausschlafen.“ Die Frau zögert zunächst dann nickt sie beklommen und beginnt dann damit ihren Mann aufzusammeln und zur Hütte zu bringen. Dann schaut Samushi zu Chii hinüber. „Hilf deiner Freundin“, er nickt in Kinokawas Richtung. „Kümmert euch um sie bis Ki-sama wieder zurück ist. Schließlich schwenkt sein ernster Blick zu Shimogawa und Kouga hinüber. „So, und ihr beide bringt mich jetzt auf den neusten Stand!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)