Das Bluterbe der Youkaifürsten von Weissquell (Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten") ================================================================================ Kapitel 49: Inu no Taishou -------------------------- Ungläubig starren Inu Yasha und Kagome die riesenhafte Gestalt an die vor ihnen aufragt. Inu Yashas Lippen formen tonlos die Worte die er gerade gehört hat. Dann fasst er sich und kommt wieder auf die Beine. Unverwandt blickt er zu dem gewaltigen Hund auf. „Aber der Inu no Taishou ist tot“, wendet er ein. „Die Legende besagt, dass er im Kampf gegen seinen Sohn gestorben ist und dann von seinen Anhängern in den Süden gebracht wurde um ihn zu bestatten.“ Der mächtige Hund hält inne. Der silbrige Schein seines Felles wird matt und sein Blick geht einen Moment in weite Ferne. „Tot sagst du?“, fragt schließlich die tiefe, volltönige Stimme. „Wie kann das sein?“ Wieder verstreichen einige angespannte Momente. „Was du sagst... weckt Erinnerungen. An eine Zeit... oh, so lang her.“ „Dreitausend Jahre!“, lässt sich nun Kagome beherzt vernehmen. „Es sind dreitausend Jahre vergangen seitdem.“ „Dreitausend Jahre?“ Wieder wird die Höhle erschüttert durch die bedächtig ausgesprochenen Worte. „Ist es wirklich schon so lang her?“ Die Stimme klingt melancholisch dabei. „Es erschien mir fast wie ein Augenblick... in meinem Geist... Ich... vermag die Vergangenheit nicht zu sehen.“ „Bitte, ehrwürdiger Inu no Taishou!“ Kagome tritt umsichtig näher. „Wie kommt es, dass Ihr all die Jahre überlebt habt? Wart Ihr die ganze Zeit über in diesem Berg? Ganz... alleine?“ Treuherzig blickt sie zu ihm auf. Nun neigt sich der riesige Kopf wieder zu ihnen herunter und seine Augen werden schmal. „Und wer bist du, kleine Menschenfrau? Empfindest du keine Furcht die Lagerstatt eines Höllenhundes zu betreten?“ „Ich habe niemals Angst wenn Inu Yasha bei mir ist“, gibt sie aufrichtig zu. „Ist das so?“, der riesige Hund zieht die Brauen hoch. „Wie ist dein Name, kleines Menschenwesen? „Ich heiße Kagome Higurashi!“, gibt Kagome geflissentlich Auskunft. „Ich begleite Inu Yasha.“ „So, tust du das?“, die tiefe Stimme klingt fast schon etwas amüsiert. „Nun, ich schätze, es wäre überflüssig euch zu fressen. Ihr seid kaum den Bissen wert den ich dafür machen müsste. So denn, berichtet mir von dem Wesen, dass ihr für meinen Sohn haltet und lasst nichts aus. Ich kenne seinen Stil. Ich werde es wissen wenn ihr lügt.“ Bei diesen Worten klingt die Stimme fast schon ein wenig bitter. Es dauert eine ganze Weile bis die beiden alles wiedergegeben haben was sie über Katsuken wissen. Abwechseln schildern die beiden von den Ereignissen im Nordreich und das was sie aus Kohakus und Sesshomarus Berichten über ihn erfahren haben. Dabei vermeiden sie es noch immer die Sprache darauf zu bringen, dass der Sohn des ersten Fürsten und Inu Yashas Bruder den selben Namen tragen. Sie schildern lediglich, dass Letzterer versucht seinen verstorbenen Sohn aus der Hölle zurückzuholen, weil er ihn für das Kind aus der Prophezeiung hält und beabsichtigt die Clans im Kampf gegen Katsuken zu vereinen. Und sie erzählen vom Südclan. Dass sie das Risiko eingegangen sind von hier Hilfe zu erbitten und die Prüfung die ihnen in diesem Zusammenhang auferlegt wurde. „Nur deshalb wurden wir hierher in Euren Berg geschickt“, endet Kagome ihren Bericht. „Ich nehme an, damit Ihr überprüft ob unsere Geschichte wahr ist.“ „Sonst wären wir niemals auf die Idee gekommen Euch in Eurem Schlaf zu stören“, fügt Inu Yasha nachdrücklich hinzu. Eine ganze Weile sinnt der gewaltige Dämonenhund vor sich hin. Dann sagt er fast wie zu sich selbst: „Es war ein langer Schlaf. Länger als ich es mir ausgemalt habe.“ „Habt Ihr wirklich die ganzen dreitausend Jahre geschlafen?“, wagt Kagome behutsam nachzuhaken. Wieder schweigt der riesige Hund einen langen Moment. „Ich rechnete nicht damit jemals wieder zu erwachen“, sagt er schließlich. „Ich sah dem Tod entgegen und hieß ihn willkommen wie einen Freund. Doch der letzte Lebensfunke in mir wollte nicht verglimmen. Die Qual... die Folter... sie wollte nicht vergehen. Kein barmherziges Ende ward mir vergönnt. So wies ich meine Getreuen an mich in diese Lande zu bringen. Sie fanden für mich diese Höhle und ich befahl ihnen mich hineinzubringen und dann niemals wieder diese Stätte zu betreten. Niemand sollte jemals wieder einen Fuß hineinsetzen. Sonst, so verkündete ich, würde mein Zorn herniedergehen auf jede Kreatur die sich diesem Befehl widersetzte und auf die ganze Sippe derer die dem Ungehorsam anheimgefallen waren.“ Inu Yasha mustert den riesigen Inuyoukai skeptisch. „War das nicht ein bisschen extrem?“, fragt er. „Ich meine zu drohen den ganzen Clan zu vernichten nur weil irgendwer davon diese Höhle betreten hat?“ Der Inu no Taishou wendet nun Inu Yasha den Blick zu. „Womöglich ist dir das Prinzip von Loyalität und Gehorsam unbekannt, kleiner Fast-Hund.“ Streng blickt der Fürst auf ihn hinab. Inu Yasha fühlt sich ein wenig ertappt und rasch schwenkt er um: „Damit meinte ich: Warum so hart? Wozu solche endgültigen Befehle?“ Wieder sinnt der riesige Hund eine Weile nach, dann sagt er schwermütig: „Ich war des Lebens überdrüssig! Ich suchte den Tod doch er wich vor mir. Ich wollte nichts mehr sehen von der Welt und auch nichts hören. Ich verschloss mich selbst in diesem Heiligtum in der Hoffnung mich möge der Tod doch eines Tages ereilen. So lag ich in der Stille und wartete und dämmerte vor mich hin. Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen wurden Jahre und irgendwann glitt ich in einen Schlummer aus dem ich hoffte nie mehr zu erwachen.“ „Das klingt ja ganz schön dramatisch“, brummt Inu Yasha leise. „Muss man sich wirklich so gehen lassen?“ Nun bekommt die Stimme des Daiyoukais etwas Scharfes. „Was sagst du da, kleiner Fast-Hund? Spottest du meiner Qual? Du maßt dir an über meine Entscheidung zu urteilen?“ Bei den Worten sind Inu Yasha und Kagome erschrocken zusammengezuckt. Doch dann fasst Inu Yasha Tessaigas Griff wieder fester und hebt mit verbissener Entschlossenheit den Kopf. „Da Ihr sicher nicht wollt, dass ich Euch anlüge...“, er atmet noch einmal durch. „Ja! Ja, ich halte es für falsch sich all die Jahre in einer Höhle zu verkriechen, während die eigenen Kinder sich draußen die Köpfe einschlagen, nur weil man beschlossen hat in Selbstmitleid zu zerfließen.“ Ein Knurren dringt nun aus der Kehle des gewaltigen Hundes, dessen Echo, von den Höhlenwänden zurückgeworfen, ohrenbetäubend und wahrlich beängstigend ist. „Was erlaubst du dir für einen Ton mir gegenüber? Weißt du nicht mit wem du sprichst?“, dröhnt die Stimme und allein der Luftdruck holt Inu Yasha und Kagome von den Füßen. Nun richtet sich der mächtige Hund zu seiner vollen Größe auf. „Ich bin Kenryoku, Herr aller Hunde und der Wächter der Hölle! Solche Impertinenz muss ich mir von einer niederen Kreatur wie dir nicht bieten lassen!“ Seine gewaltige Pfote holt aus und schlägt einmal mit voller Wucht auf die Stelle an der Inu Yasha und Kagome eben noch gestanden haben. Mit einem raschen Sprung hat sich der Hanyou noch im letzten Moment seine Freundin geschnappt und ist aus dem Weg gesprungen. „Es war auf keinen Fall meine Absicht Euch zu beleidigen!“, ruft Inu Yasha ihm zu. Tessaiga hält er noch immer entschlossen in der Hand. „Aber ich bin es leid mächtigen Herrschern dabei zuzusehen wie sie sich in ihrem Elend suhlen über den Verlust eines Kindes, wenn es doch ihre Aufgabe wäre sich um die zu kümmern, die noch leben!“ Wieder schlägt die Pfote nach ihm aus und wieder bringt er sich und Kagome auf seinem Rücken gerade noch rechtzeitig in Sicherheit. „Ich hatte keinen Vater!“, ruft er verbissen. „Ich war immer auf mich gestellt. Aber Eure Söhne, die haben Euch gebraucht!“ Wieder springt er einem Pfotenhieb aus dem Weg. „Ihr hättet sie führen können. Ihr hättet sie anleiten können. Stattdessen hassen sie sich und bekriegen sich und wollen am liebsten gar nichts miteinander zu tun haben!“ Eine Schnauze mit Reißzähnen dick wie Bäume schnappt nach ihm, doch geschickt springt Inu Yasha wieder aus dem Weg. Die riesenhafte Gestalt ist verheerend stark, doch sie ist unbeholfen und langsam und hier drinnen ist kaum genug Platz für den Daiyoukai sich umzudrehen. Diesen Umstand nutzt Inu Yasha geschickt aus. Auf einem erhöhten Vorsprung kommt er wieder zu stehen. Grimmig blickt er den Inu no Taishou an. „Es wäre Eure Pflicht gewesen das zu verhindern. Es waren Eure Kinder. Wen schert es, dass es nur Abkömmlinge sind? Ich bin auch nur ein Hanyou. Eine Missgeburt wie man sagt.“ Hart beißt er die Zähne aufeinander. „Doch mein Vater kam zu meiner Rettung und zu der meiner Mutter ehe er starb. Das hat ihn das Leben gekostet. Doch solange er noch einen Funken Leben in sich hatte, hat er uns beschützt.“ Das riesenhafte gefletschte Gesicht des Daiyoukai taucht nun direkt vor ihm auf. Er knurrt gefährlich, doch er schnappt nicht nach ihnen. Mutig tritt Inu Yasha ihm entgegen. „Ich verstehe nicht, wie der Herr aller Hunde, der mächtigste Inuyoukai der jemals gelebt hat, sich so jämmerlich und entwürdigend für dreitausend Jahre in einem Berg verkriechen kann anstatt sich seiner Verantwortung zu stellen.“ Einen langen Moment halten sich die beiden grimmig mit ihren Blicken gefangen. Doch dann verstummt das Grollen des mächtigen Daiyoukais. „Du kannst das auch nicht verstehen!“, sagt er bitter. „Wie solltest du auch! Niemand kann verstehen was es bedeutet seine Frau und seinen Sohn in so kurzer Zeit zu verlieren. Ich war gebrochen! Ich war... am Boden zerstört. Ich sehnte mich so sehr nach dem Tod, dass mir alles andere gleich war. Nichts anderes spielte mehr eine Rolle als der Wunsch wieder mit ihnen im Tod vereint zu sein.“ Die mächtige Stimme klingt jetzt hohl und fast etwas kraftlos. „Sag mir, kleiner Fast-Hund, wie willst du das verstehen können?“ Für einen Moment kommt keine Antwort von Inu Yasha. Er und Kagome sehen sich an und sie werden sich bewusst, dass sie beide das Gleiche denken. Behutsam setzt Inu Yasha Kagome ab und eine fast zögerliche Frage steht ihm ins Gesicht geschrieben. Von ihr kommt ein kurzes aufforderndes Nicken und dann wendet er sich wieder zu dem Daiyoukai um, dessen Schnauze nun direkt vor ihnen hängt, so dass sie sich direkt in die Augen sehen können. Für einen kurzen Moment versucht er sich zu sammeln und ballt wie unbewusst die Faust. Als er wieder aufblickt ist sein Gesicht blass und seine Miene starr. „Ich verstehe das sehr gut“, sagt Inu Yasha so gefasst wie möglich. „Ich habe diesen entsetzlichen Schmerz bei meinem Bruder miterlebt. Er verlor die einzige Frau die ihm je etwas bedeutet hatte und nur kurze Zeit darauf seinen Sohn. Und obwohl er zwischenzeitlich einen tiefen Groll gegen beide hegte, konnte er einfach nicht anders als ihren Tod zu betrauern. Als er jedoch schließlich erfuhr, dass man ihn all die Jahre belogen hatte und dass sein Groll in keiner Weise gerechtfertigt war, erst da ist er wirklich zusammengebrochen.“ Wieder beißt Inu Yasha die Zähne aufeinander. „Ich habe ihn nie zuvor so sehr zerrüttet erlebt, nie so... verzweifelt. Wenn es ihm gelungen wäre, hätte er sich von den Klauen seines Feindes zerreißen lassen in dem Versuch ihn zu töten. Ich glaube... er konnte es nicht ertragen mit diesem Verlust und dieser Schuld zu leben.“ Wieder blickte er auf. „Glaubt mir, ich kenne diesen Schmerz. Ich habe ihn mit jeder Faser meines Körpers mitempfunden. Ich weiß... was Verlust bedeutet“, er schluckt einmal kurz. „Und doch hat er nicht aufgegeben. Er hat den Schmerz niemals vergessen. Und bis heute erträgt er das Leid und die Schuld. Bis jetzt wo er sich entschlossen hat das Unrecht wieder gutzumachen mit allen möglichen Konsequenzen. Deshalb ist er in die Hölle gegangen um seinen Sohn zurückzuholen. Ich weiß nicht was ihn das kosten wird, aber er war niemals jemand der sich hat unterkriegen lassen, oder dem eine Herausforderung zu groß war. Und er hätte sich niemals deshalb in einem Berg verkrochen. Also verzeiht mir, wenn ich vom Fürsten aller Fürsten einfach nicht weniger annehme.“ Nach diesen Worten herrscht eine ganze Weile Stille in der Höhle. Noch immer hängt das riesenhafte Gesicht des Ersten Fürsten direkt vor ihnen. Die rotglühenden Augen sind schmal und aus seiner Kehle klingt ein tiefes fortwährendes Grollen. Die gewaltigen Lefzen sind leicht angehoben, jedoch sonst rührt er sich nicht. Inu Yasha und Kagome halten angespannt den Atem an, bereit jederzeit wieder Schutz vor einem erneuten Angriff zu suchen, doch bisher kommt keine weitere Reaktion von dem Daiyoukai. Schließlich fasst sich Kagome ein Herz und tritt vorsichtig einen Schritt näher. „Ehrenwerter Inu no Taishou, uns ist klar, dass Ihr gute Gründe für Eure Entscheidung hattet. Wenn man jemanden verliert der einem wichtig ist, dann kann einen das leicht aus der Bahn werfen. Man trauert und man denkt, dass niemals jemand anderes verstehen kann wie sehr man leidet. Die Wahrheit ist aber“, sie wagt es noch einen Schritt näher zu kommen, „man ist nicht allein. Viele die das schon einmal durchmachen mussten, teilen diese Empfindungen und auch sie fühlen sich oft damit alleingelassen. Ich glaube für jeden dem so etwas widerfährt, ist es hart ja womöglich sogar unerträglich. Aber wenn man sich verkriecht, wenn man sich von allem anderen abkapselt, dann bleibt man alleine mit seinen Gefühlen und Erinnerungen und nichts ist da, was das Ganze erträglich machen könnte. Oder habt Ihr den Eindruck, dass der Schmerz über all die Zeit nachgelassen hätte?“ Noch immer regt der riesige Hund keinen Muskel doch dann legen sich langsam die großen Brauenbögen in Falten und die Lefzen sinken herab. „Nein!“, kommt die nachdenkliche Antwort des alten Fürsten. „Das hat er nicht.“ Beherzt hebt Kagome den Kopf. „Die Legenden erzählen von Euch als einem mächtigen und weisen Fürsten. Euren eigenen Worten zufolge habt Ihr dreitausend Jahre still und einsam gelitten. Wünscht Ihr denn nicht, dass das endlich ein Ende hat? Wäre es nicht vielleicht an der Zeit einen anderen Weg zu versuchen? Hieltet Ihr das nicht für... weise?“ Zunächst sagt der riesenhafte Hund kein Wort. Doch dann richtet er sich wieder auf und blickt abschätzend auf die zwei winzigen Personen vor ihm herab. „So!“, seine Stimme klingt halb spöttisch und halb herausfordernd. „Du willst also ausdrücken, ich würde mich töricht verhalten. Ist es nicht so?“ Inu Yasha und Kagome blicken sich kurz besorgt an und machen sich innerlich bereit wieder der nächsten Attacke auszuweichen. Doch der mächtige Hund redet schon weiter. „So hat schon sehr lange keiner mehr gewagt mit mir zu sprechen.“ „Na ja, seit dreitausend Jahren hat überhaupt keiner mehr mit Euch gesprochen“, rutscht es Inu Yasha sarkastisch heraus. Sogleich bereut er seine Unbedachtheit, doch nun ist es gesagt. „Das ist allerdings war“, der Klang der gewaltigen Stimme bekommt etwas Scharfes. „Und ihr glaubt, ihr könntet mich nach all dieser Zeit aufsuchen und ohne Weiteres mein Leid beenden, etwas was ich, der Herr aller Hunde seit tausenden von Jahren vergeblich versuche?“ Die Frage hängt schwer in der Luft. Doch dann hebt Inu Yasha entschlossen den Kopf. „Nein! Wir sind nicht Euretwegen gekommen. Wir kamen um unser Volk zu retten. Und um diese unselige Feindschaft zwischen den vier Hundeclans zu beenden. Wir wussten nicht einmal, dass es Euch noch gibt, deshalb haben wir auch nie Hilfe von Euch erhofft. Und wie man sieht zurecht. Denn Ihr kümmert Euch nur um Euch selbst. Ihr suhlt euch seit Jahrtausenden in Eurem Elend und habt Euch und Eure Nachkommen aufgegeben. Und wir, die wir noch am Leben teilhaben, müssen jetzt die Scherben aufsammeln.“ Mit ernster Miene wendet er sich ab. „Wir sollten jetzt gehen. Seid unbesorgt, wir werden Euch nicht weiter behelligen. Wie ich schon sagte, wir sind unfreiwillig hier und weder verlangen wir etwas von Euch noch beabsichtigen wir Euch irgendetwas einzureden.“ Noch einmal blickt er sich um. „Ihr seid der Inu no Taishou. Nichts läge uns ferner als Euch irgendwelche Vorschriften machen zu wollen. Wenn dies hier“, er macht eine umfassende Geste, „Euer Wunsch ist, wer sind wir Euch von etwas anderem überzeugen zu wollen? Komm Kagome!“ Er winkt seiner Freundin und wendet sich zum Gehen, man sieht ihm jedoch an, dass er verstimmt ist. Ein wenig unschlüssig blickt Kagome zwischen dem riesenhaften Youkaifüsten und ihrem davongehenden Freund hin und her. Doch dann beeilt sie sich rasch ihn einzuholen. Stumm streben sie dem Ausgang der Höhle zu. „Es wird nichts nützen!“, ertönt jetzt noch einmal die ernste Stimme hinter ihnen. „Meine Söhne und ihre Nachkommen werden niemals Frieden schließen können. Sie sind aus Kampf und Hass geboren. Sie werden sich bekriegen bis sie sich irgendwann selbst vernichtet haben. Und ihr beide werdet nichts daran ändern können. Sie sind nun mal so geschaffen. Außer Hass und Zerstörung wird es nie etwas anderes in ihrem Leben geben. Es ist nun mal ihr Schicksal und ihr findet euch besser damit ab.“ Nun legt sich ein gequältes Lächeln um Inu Yashas Mundwinkel. „Ach ja? Nur Hass und Zerstörung? Da habe ich aber schon andere Sachen erlebt. Ganz so einfach sind die Idioten auch nicht gestrickt.“ Unbeirrt geht er weiter. „Wieso machst du dir überhaupt die Mühe mit ihnen, kleiner Fast-Hund?“ Die tiefe Stimme klingt nun bitter. „Was kümmern sie dich?“ Nun bleibt Inu Yasha doch noch einmal stehen, atmet einmal tief durch, dann wendet er sich noch einmal um. „Weil sie nun mal zu meiner Familie gehören. Und irgendwie auch alle von ihnen. Vielleicht mag ich nicht jeden von ihnen, vielleicht könnte ich es bequemer haben, wenn ich mich einfach überhaupt nicht mehr mit ihnen abgeben würde. Ich könnte einfach behaupten: Das Ganze geht mich nichts an, und mich nur um meine eigenen Angelegenheiten kümmern, wie ich es lange Zeit getan habe.“ Seine Miene ist verkniffen. „Aber je mehr ich die ganze Bande kennen lerne, umso bewusster wird mir, sie sind nicht so wie Ihr sie darstellt. Natürlich sind sie stark und wild und aggressiv und sie lassen keine Gelegenheit aus sich zu beschimpfen und gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Aber sie können auch nett sein und verklemmt, oder mutig, nachdenklich, weise oder stolz. Sie fühlen Liebe genauso wie tiefe Trauer und sie verdienen es ab und zu ein kleines bisschen Glück zu erleben.“ Er seufzt leicht. „Aber es ist auch wie Ihr es sagt. Sie leben in ewiger Feindschaft zueinander und dieser elende Hass hat bisher nichts als Schmerz und Elend gebracht. Und eigentlich sind sie es alle Leid. Doch sie können sich von dieser Jahrtausende alten Blutfehde einfach nicht loslösen. Das geht sogar so weit, dass sie nicht einmal einander zu Hilfe kommen wollen wenn ein Feind wie Katsuken den ganzen Nordclan in einem Augenblick abschlachtet. Wenn also die Erfüllung der Prophezeiung die einzige Chance ist, dass die Clans sich irgendwann wieder aussöhnen können, dann werde ich meinen Teil dazu beitragen, so wie mein Bruder es auch gerade tut. Denn ich will mir nicht nachsagen lassen, ich wäre untätig gewesen wo ich etwas hätte ändern können.“ Mit diesen Worten dreht Inu Yasha sich um und stapft weiter in Richtung Ausgang davon. Was der Urfürst jetzt von ihm vielleicht denken mag, kümmert ihn nicht. Wenn er hier keine Hilfe erwarten kann, dann sollten sie nicht noch mehr Zeit hier verschwenden. Er hat allmählich wirklich genug. Viel zu lange hat er das Spiel der großen 'mächtigen' Youkai nun mitgespielt. Und er ist es einfach leid sich immer wieder sagen lassen zu müssen was er zu tun oder zu lassen hat. Oder besser gesagt: Was weise wäre und was dumm. Vielleicht ist er wirklich nur ein Hanyou und nicht von so adliger Abstammung wie all die anderen. Vielleicht versteht er auch nicht so viel von Diplomatie oder Politik oder diesem ganzen hochherrschaftlichen Schnick-Schnack, aber inzwischen sollte wohl klar sein, dass das Wissen darum jemanden nicht zwangsläufig zu einer respektableren Persönlichkeit macht. Yarinuyuki, Kagemori, die Südfürstin, Katsuken und selbst der legendäre Inu no Taishou. Wie ehrwürdig sind sie denn wirklich? Die Nordfürstin ist vorlaut und impulsiv und hat gerade die größte Niederlage ihres Lebens erlitten, Kagemori ist ein machtgieriger Intrigant und Wortverdreher und er traut ihm nicht weiter als er ihn werfen kann. Übrigens ein verlockender Gedanke. Die Kaba ist überheblich und misstrauisch. Die Kazeba... ist extrem überheblich und misstrauisch. Katsuken ist widerlicher, gnadenloser, blutdürstiger Massenmörder und der Inu no Taisho... Der Urfürst suhlt sich seit Jahrtausenden in Selbstmitleid. In der Tat keine große Ausbeute an Personen bei der Macht und Würde Hand in Hand gehen. Inu Yashas Miene ist hart. Auch wenn er schon mehrmals der vereinnahmenden Auren einiger dieser Kandidaten zum Opfer gefallen ist, so gibt es doch im Grunde keinen Anlass anzunehmen, dass er hinter auch nur einem dieser 'Fürsten' zurücksteht. Hat er sich nicht immer wieder behauptet? Hat er nicht schon seinen Bruder in vollem Amoklauf aufgehalten? Hat nicht er Katsuken in die Flucht geschlagen nachdem dieser sämtliche Krieger des Nordens tötete? Hat er sich nicht nach besten Kräften mit diesem sturen, verbohrten Rat in seiner Heimat herumgeschlagen, und war nicht er es der als Einziger den Mut hatte den legendären Südclan um Hilfe zu ersuchen? Er hat alle Kämpfe, alle Erschöpfung und Verletzungen, alle Schmähungen, Misstrauen und Demütigungen erduldet und hier ist er nun. Bei dem mächtigsten Inu Youkai der je gelebt hat. Und dieser schert sich noch immer lediglich um sein eigenes, persönliches Leid. Inu Yasha ist sich nicht sicher was er gerade empfindet, aber Enttäuschung, Frust und Ärger spielen dabei durchaus eine Rolle. Wenn selbst er als Hanyou mehr Selbstachtung besitzt als dieser uralte Fürst, was sollte ihn dann davon abhalten den Rest der Strecke dieses eingeschlagenen Weges weiter zu gehen und ihn zu vollenden? Allein! Nun gut, mit einer Ausnahme... Er bleibt kurz stehen und wendet sich zu Kagome um, die sich darum müht in der Finsternis mit ihm Schritt zu halten. Ein in der Dunkelheit unsichtbares, mildes Lächeln legt sich um seine Mundwinkel. Dann streckt er ihr die Hand entgegen. Dankbar fasst sie danach. „Kleiner Fast-Hund!“, die tiefe dröhnende Stimme lässt sie beide zusammenfahren. Steif wendet Inu Yasha sich noch einmal um. „Ja?“, fragt er beherrscht. „Du besitzt ein starkes Herz“, kommt die bedeutungsvolle Bemerkung. „Gib acht, dass du es dir nicht brechen lässt! Das wird helfen!“ Und in diesem Moment sehen Inu Yasha und Kagome aus dem Dunkel mehrere kleine, hellrote Lichtpünktchen auf sie zu schwirren. Wie Glühwürmchen in einem sonderbaren spiralförmigen Reigen fliegen sie auf sie zu, kommen immer näher und noch ehe Inu Yasha weiß wie ihm geschieht, treffen die winzigen Lichtkugeln auf seiner Brust auf. Im ersten Moment ist ihm, als hätte ihn dort ein Brandpfeil getroffen und für einen schrecklichen Moment fühlt er sich zurückversetzt an einen schicksalhaften Tag vor etwas mehr als fünfzig Jahren. Doch das brennende Gefühl verfliegt sehr rasch und etwas verdattert findet er sich auf dem Rücken liegend vor. Neben ihm kniet Kagome. Ein wenig verstört setzt er sich wieder auf. „Was war das?“, fragt Kagome besorgt. „Keine Ahnung“, gibt Inu Yasha zu. „Aber ich bin nicht verletzt.“ Umständlich hievt er sich hoch. „Vielleicht erfahren wir es wenn wir endlich hier raus sind.“ Entschlossen greift er noch einmal ihre Hand und wendet sich wieder dem Anstieg zu. Er verspürt keinerlei Bedürfnis zurückzugehen und um eine Erklärung zu bitten. Alles was er jetzt will, ist die Finsternis verlassen, frische Luft zu atmen und dann ein ernstes Wörtchen mit dieser Kazeba zu reden. Energisch macht er sich auf den Weg nach draußen. Endlich erreichen sie den Höhleneingang. Das helle Tageslicht, nach so langer Dunkelheit, blendet sie, sodass sie die Hände vor ihr Gesicht halten müssen. Direkt vor ihnen ist die Papierkette und umsichtig aber auch dankbar, klettern sie darunter durch. Kagome ist erleichtert. Die beklemmende Aura, die den Berg erfüllt, verflüchtigt sich, kaum dass sie die Begrenzung überquert haben. Es ist als würde ein großer Stein von ihnen abfallen. Endlich können sie wieder frei atmen und ihre Umgebung erkennen. Diese Umgebung ist allerdings gerade angefüllt mit zahlreichen Inuyoukai in Menschengestalt die sich jetzt wachsam aber auch neugierig um den Eingang scharen. Was vorher große, hellpelzige Wachhunde gewesen waren, steht nun als Schar an beachtlich hochgewachsenen, schlanken, wenn auch kräftigen Männern und Frauen in gebührendem Abstand um sie herum und lässt sie nicht aus den Augen. Ganz vorne steht die Kazeba und versucht sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. Mit stechendem Blick mustert sie Inu Yasha und Kagome und lässt nicht erkennen, ob sie glücklich oder verärgert über ihr Auftauchen ist. Ein wenig unbeholfen blinzelt Inu Yasha in das Tageslicht, doch rasch wird er sich der Lage bewusst. Ihm wird klar, dass es an ihm ist in dieser Situation den ersten Schritt zu machen, wenn er die Initiative ergreifen will. Mit erhobenem Haupt stellt er sich hin und blickt der Kazeba direkt in die Augen. „So, eure kleine Prüfung wäre geschafft! Gibt es sonst noch irgendwelche Einwände oder Zweifel was unsere Mission angeht?“ Zunächst herrscht um sie her beklemmendes Schweigen. Die Youkai wirken ein wenig verunsichert aber auch angespannt. Fast hat es den Anschein als schwankten sie zwischen Angriff oder davonlaufen. Schließlich hebt die Kazeba den Kopf und tritt einen Schritt vor. „Ihr wurdet geprüft und für lauter befunden?“, fragt sie kritisch. „Wir sind wieder hier, oder nicht?“, gibt Inu Yasha zurück. „Beweist, dass ihr euch der Prüfung tatsächlich gestellt habt!“, fordert die Kazeba unerbittlich. Inu Yashas Miene wird ernst. „Es war eure Idee, dass wir hineingehen sollten ohne genaue Anweisungen. Wenn es einen Fehlschlag bedeutet, falls wir nicht wieder auftauchen, dann bedeutet wohl, wenn wir wieder hier sind, dass wir bestanden haben!“ Die Kazeba bekommt einen schmalen Blick. Fast möchte man meinen sie wäre unschlüssig was sie tun soll. Doch dieser Eindruck hält nur einen Moment an. „Was befindet sich im Inneren der Höhle?“, fragt sie harsch. Ungerührt hebt Inu Yasha leicht die Brauen. “Prüft ihr mich oder wisst Ihr es nicht?“, fragt er leicht zynisch. Das Gesicht der Youkai wird hart. „Wenn Ihr es wissen wollt geht doch rein und schaut nach!“, fügt er ungerührt hinzu. „Aber gebt acht. Er hat grade nicht die beste Laune.“ Zu seiner eigenen Befriedigung bemerkt Inu Yasha, dass das Gesicht der Kazeba bei diesen Worte blass wird. Wild starrt sie ihn an und ihre Kiefer mahlen. „Wagt es nicht uns täuschen zu wollen!“, kommt es schneidend von ihr. „Wie habt ihr überlebt? Sagt die Wahrheit!“ Nun wird auch Inu Yashas Miene ernst. „Nennt Ihr mich einen Lügner?“, fragt er gefährlich leise. Die Kazeba gibt sich einen Ruck und kommt auf ihn zu. Erhobenen Hauptes blickt sie auf den Hanyou herunter. „Ich fordere Beweise für Eure Behauptung! Die Angelegenheit ist zu wichtig. Weist nach, dass Ihr Euch nicht um die Auseinandersetzung gedrückt habt!“ Nun richtet sich Inu Yasha zu seiner vollen Größe auf und funkelt die große Frau an. „Und einen Feigling nennt Ihr mich auch?“ Der Ärger in seiner Stimme ist unverkennbar. Die Spannung in der Luft drückt sich auf alle Umstehenden hernieder. Auch Kagome wird es nun unbehaglich zumute. Ist es wirklich nötig ihre Gastgeber so offen zu provozieren? Wäre es nicht besser die Gemüter wieder etwas zu beschwichtigen? „Er hat dich doch gezeichnet“, meldet Kagome sich jetzt hilfsbereit zu Wort. „An der Brust, nicht wahr? Das sollte doch als Beweis ausreichen.“ Sofort ruckt der Blick der Kazeba zu Inu Yashas zerrissener Vorderfront hinunter. Tatsächlich, in Herzgegend zeichnen sich unter dem Stoff einige rötliche Markierungen ab. Schon will sie danach greifen um die Brust des Hanyous zur Inspektion vollständig freizulegen, doch noch ehe sich ihre Hand dem Stoff nähern kann, wird ihr Handgelenk blitzartig ergriffen und wie in einem Schraubstock auf Abstand gehalten. Inu Yashas Augen treffen die ihren und dieses Mal liegt darin eiskalte Berechnung. „Finger weg!“, sagt er ruhig aber deutlich. Im ersten Moment ist sie überrascht, doch dann strafft sie sich wieder. „Wenn Ihr einen Beweis vorbringen könnt, so zeigt ihn!“ Noch immer hält Inu Yasha sie unverändert fest. „Ich sagte: Finger weg!“, wiederholt er nachdrücklich. „Was auch immer ich beschließe Euch zu zeigen, oder nicht zu zeigen, entscheide ich und nicht Ihr! Und jetzt geht zurück!“ Mit diesen Worten drückt er sie bestimmt von sich. Zunächst verblüfft doch dann empört starrt die Kazeba ihn an. „Du wagst es Hand an mich zu legen, Hanyou?“, schnaubt sie erbost. „Dafür zahlst du mit deinem Leben!“ Doch Inu Yasha lässt sich nicht mehr beirren. „Tatsächlich?“, fragt er herausfordernd. „Ihr wollt die Person töten, die der Fürst unserer aller Ahnen hat ziehen lassen? Glaubt mir, ihn hab ich weit mehr verärgert als Euch und dennoch ließ er uns gehen.“ Scharf mustert er die Umstehenden. Noch immer sieht er deutliche Unsicherheit in den Blicken. Selbst die Kazeba scheint jetzt wieder zu zögern. „Ihr habt das mitbekommen, nicht wahr?“, richtet er nun die laute Frage an alle. „Die Auseinandersetzung im Berg. Ihr habt gehört, dass es dort zum Kampf kam.“ Zu seiner Bestätigung werfen sich die Youkai jetzt verstohlen kurze Blicke zu. „Und ihr wollt wissen wie wir uns da drin geschlagen habt. Ist es nicht so?“ Betretenes Schweigen ist die Folge. Inu Yashas Miene wird ernst. „Die Antwort ist: Wir sahen ihm ins Gesicht, wir sprachen mit ihm und wir haben es überlebt.“ Wieder gehen verstohlene Blicke in die Runde ohne dass jedoch auch nur ein Wort fällt. Einer Eingebung folgend hebt Inu Yasha den Kopf. „Und mehr gibt es für euch jetzt nicht zu wissen. Alles Weitere werde ich nur mit der Kaba erörtern. Denn sie muss entscheiden was als Nächstes geschieht.“ Nun richtet er seinen Blick auf die Kazeba. „Also dann! Bringt mich wieder zu Eurer Fürstin, wie zugesagt, oder werdet wortbrüchig!“ Den letzten Worten mangelt es nicht an Zynismus. Das stille Ringen im Inneren der hochgewachsenen Kriegerin spiegelt sich deutlich in ihrem Gesicht wieder. Doch schließlich überwindet sie ihre offenkundige Abscheu und nickt kaum merklich. Finster wendet sie sich an Kairoku. „Haltet weiter Wache! Meldet jede Veränderung! Ihr erhaltet bald Weisung!“ Der weißblonde Krieger nickt ernsthaft. „Es wird keinen Anlass für Tadel geben, Kazeba!“ Dann wendet sie sich mit einem Ruck ab und lässt ihn stehen. Grimmig weist sie Inu Yasha mit einer halben Handbewegung an ihr zu folgen und schon steuert sie direkt auf die Palisade zu. Mit einem lautlosen Seufzen lässt Inu Yasha Kagome wieder auf seinen Rücken steigen und setzt ihr nach. Das wird ein langer Rückweg werden und es gilt über Vieles nachzudenken. Von nun an wird sich einiges ändern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)