Das Bluterbe der Youkaifürsten von Weissquell (Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten") ================================================================================ Kapitel 46: Auf dem Rückweg --------------------------- Mit zügigen Schritten schreiten Sesshomaru und Inu Taishou durch ein kleines, langgezogenes Tal, das sich wie ein breiter Hohlweg durch die Landschaft schlängelt. Der Boden ist vollständig mit kleinen, scharfkantigen Kieseln bedeckt die immer mehr von den Seiten der sie umgebenen Hänge nachrutschen, je mehr dort jemand geht. Es macht das Laufen anstrengender und mehr als einmal werden ihre Füße von einer neuen Ladung Kieselsand überspült. Die Daiyoukai waten stoisch und schweigsam über den verschlungenen Pfad und das Knirschen ihrer Schritte ist das einzige Geräusch, das zu hören ist. Sie sind überein gekommen, dass es besser wäre auf dem Rückweg um den Felsen der Inuyoukai einen Umweg zu machen. Die Drei Brüder würden wahrscheinlich recht verstimmt sein, ihn so bald schon wieder zu begegnen. Er hat sich unter ihnen nicht gerade Freunde gemacht. Doch damit kann sich Sesshomaru jetzt nicht weiter aufhalten. Sein einziges Bestreben ist es, das Höllentor wieder zu durchqueren um sich dann wieder auf den Weg ins Diesseits zu machen. Nach einer ganzen Weile des Schweigens bricht Inu Taishou die Stille. „Hast du schon einen Plan was du tun wirst, wenn du das Diesseits wieder erreicht hast?“ Sesshomaru zögert kurz, dann sagt er: „Ich werde Tenmarus Seele zurück in seinen Körper bringen. Dann wird er mir helfen, die drei Reiche zu einen und gemeinsam werden wir den Eindringling bezwingen, ganz wie es die Prophezeiung besagt.“ Inu Taishou verzieht das Gesicht. „In Ordnung, das ist die offizielle Antwort. Ich gehe davon aus, dass dir bewusst ist, dass eine Prophezeiung kein Selbstläufer ist.“ Sesshomaru atmet vernehmlich durch. „Es ist mir bewusst.“ Dabei meidet er den Blick seines Vaters. „Es wäre möglich“, gibt Inu Taishou zu bedenken, „dass du auf unerwartete Schwierigkeiten treffen wirst dabei.“ Sesshomarus Kiefer mahlen unwillig. „Es ist eine große und verantwortungsvolle Aufgabe die du ihm zugedacht hast“, fügt Inu Taishou hinzu. „Hast du irgendeine Vorstellung wie er sie bewältigen könnte?“ „Woher soll ich wissen, was das Schicksal für ihn vorgesehen hat?“, brummt Sesshomaru. „Doch wenn es eine Prophezeiung ist, wird sie wohl auch so eintreffen.“ „Prophezeiungen sind nur das letzte Kapitel einer Geschichte. Sie verkünden nur was geschehen wird, doch bewirken es nicht. Was kann dein Sohn schon gegen eine dreitausend Jahre alte Clanfehde ausrichten?“ Nun blickt Sesshomaru seinen Vater wütend an. „Ihr sprecht schon ebenso wie der Rat den ihr hinterlassen habt.“ Inu Taihou hebt ein wenig die Brauen. „Oh, der existiert noch?“ „Lenkt nicht vom Thema ab!“, schnaubt Sesshomaru verärgert. „Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung was geschehen wird. Es wird auch davon abhängen, in welchem Zustand ich mein Reich vorfinden werde, wenn ich zurückkehre. Sprich, ob Inu Yasha es verhindert konnte, dass alles komplett verwüstet wurde.“ Hier geht eine kurze Regung über Inu Taishous Gesicht. „Es überrascht mich immer noch, dass du ihm die Befehlsgewalt überlassen hast. Ich bin erfreut, dass ihr euch jetzt besser versteht.“ „Es war ein... Prozess“, erklärt Sesshomaru steif. „Er ist seiner menschlichen Seite sehr zugetan. Das hat es nicht gerade leicht gemacht mit ihm auf einen Konsens zu kommen.“ „Er ist eben ein Hanyou. Er ist ein Kind beider Welten“, bemerkt Inu Taishou unverfänglich. „Der Hauptgrund weshalb er seiner dämonischen Seite den Rücken kehrt, ist wohl seine Beziehung zu dieser kleinen Menschenfrau.“ Er rümpft kurz die Nase. „Und nicht nur das. Sie ist zudem eine Miko. Eine unziemlichere Partnerin hätte er wohl kaum wählen können.“ Nun wirft ihm Inu Taishou einen sonderbaren Blick zu. „Liebe ist nicht rational“, sagt er schlicht. „Wir können nicht immer kontrollieren für wen unser Herz schlägt. Ob für einen Menschen, oder für eine Ausgestoßene.“ Für einen Moment blickt Sesshomaru seinen Vater nur verständnislos an. Dann scheint es ihm langsam zu dämmern. „Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr von Euch und mir sprecht, Chichi-ue?“ „Damit liegst du nicht ganz falsch“, nickt Inu Taishou leicht. „Ich erinnere mich nicht an die Frau die Tenmaru zur Welt brachte“, erklärt Sesshomaru ernst. „Und ehrlich gesagt, wüsste ich nicht welche Signifikanz dieses Wissen im Augenblick hätte. Die Prophezeiung spricht nur von meinem Sohn.“ Wieder blickt ihn Inu Taishou auf sonderbare Weise an. „Bist du sicher, dass du Tenmaru lediglich um der Prophezeiung willen ins Leben zurückholen möchtest?“ Nun blickt Sesshomaru für einen flüchtigen Moment zur Seite. „Welchen Grund sollte es sonst geben? Ich will mein Reich beschützen, das ist alles.“ Streng mustert Inu Taishou ihn. „Mein Sohn, du magst viele Leute täuschen können, doch ich bin dein Vater. Habe also die Güte und sei ehrlich mit mir.“ Der jüngere Daiyoukai knirscht nun unwillig mit den Zähnen. „Ich habe eine teure Schuld bei ihm abzugelten“, gibt er schließlich deutlich reserviert zu. „Ich habe damals nur seinen Status gesehen und mich blind gestellt für all das was er auf sich nahm um meine Beachtung zu finden.“ „Und das allein rechtfertigt, dass du einen solch beschwerlichen Weg bis hierher auf dich nimmst?“, kommt die bedächtige Rückfrage. Sesshomaru starrt eine Weile nur stur geradeaus beim Gehen. Dann sagt er: „Ich... kann es nicht sagen. Wenn ich mich zurückzuentsinnen versuche, entgleiten mir meine Gedanken immer wieder. Aber einer Sache bin ich mir sicher. Allein der Gedanke ihn hierzulassen, bereitet mir körperliche Schmerzen.“ Nun atmet Inu Taishou leicht durch. Dann sagt er: „Dieses Gefühl solltest du gut in Erinnerung behalten, mein Sohn.“ „Zu welchem Zweck?“, fragt Sesshomaru missmutig zurück. „Es könnte sein, dass es dir irgendwann dabei hilft die Lücken in deinem Gedächtnis zu schließen. Vielleicht fällt dir irgendwann doch noch der wahre Grund ein weshalb du deinen Sohn um jeden Preis aus der Hölle holen musstest.“ Mit diesen Worten beschleunigt Inu Taishou seinen Schritt. Verwundert blickt Sesshomaru ihm hinterdrein. „Was genau wollt ihr damit...“ Doch hier wird er genau in diesem Moment von einem schrillen, angsterfüllten Gekreische und Gewinsel unterbrochen. Reflexartig horchen beide Daiyoukai auf. Das Geschrei kommt ein Stück entfernt von über dem Rand des Kiestales. Wie sie anfangs gesehen haben, erstreckt sich dort eine weite, wüstenähnliche Sandgegend. Irgendjemand scheint dort in Schwierigkeiten geraten zu sein. Noch immer lauschen die beiden Inuyoukai angespannt auf das panische Rufen das jetzt in ein wüstes Gezeter und Geschimpfe übergeht. „Bei allen Göttern!“, keift es aufgebracht. „Das hat mir doch gerade noch gefehlt. Als hätte ich nicht schon genug Scherereien. Dass mal wieder ausgerechnet mir das passieren muss. Ich hab aber auch wirklich kein Glück. Bleibt ihr da! Bleibt ihr wohl da, ihr blödes Geröll!“ Sesshomaru atmet verstimmt aus. Die Stimme kommt ihm nur allzu bekannt vor. „Ich fürchte ich weiß wer das ist“, murmelt er entnervt. Nichtsdestotrotz entschließt er sich dazu mit einem geschmeidigen Satz den oberen Rand des Tals zu erklimmen. Mit einigen raschen Schritten überquert er die trittunsichere Dünenlandschaft, direkt auf den Ursprung der Hilfeschreie zu. Aus den Augenwinkeln registriert er, dass sein Vater ihm gefolgt ist Nur kurz darauf bietet sich ihm ein fast schon jämmerliches Bild. Vor ihm im lockeren Kiessand befindet sich ein beträchtlicher Trichter an dessen unerbittlich stets nachrutschenden Wand eine ihm wohlbekannte Person sich verzweifelt durch eifrige Krabbel- und Schwimmbewegungen darum bemüht sich vom Boden des Sandkegels fernzuhalten. Und das aus gutem Grund, denn an seinem Tiefsten Punkt lauert eine Art überdimensionaler Ameisenlöwe der mit seinen Greifarmen versucht sein kleines Opfer zwischen seine gewaltigen Maulzangen zu befördern. Es ist der kleine Höllentorwächter und bereits völlig außer Atem kämpft der alte Gnom um sein Leben. Als er nun Sesshomaru am oberen Ende der Grube entdeckt, verzieht sich sofort seine Miene. „Na toll! Du bist das schon wieder, wa'? Mir bleibt aber auch wirklich nichts erspart. Was stehst du da so blöd 'rum? Hilf mir gefälligst raus hier, du Vandale, oder hast du wirklich gar kein Respekt vor dem Alter, hä?“ Ungerührt blickt Sesshomaru auf ihn herunter. „Welchen Grund hätte ich dazu? Bin ich etwa verantwortlich dafür, dass du dich ganz allein in Schwierigkeiten gebracht hast?“ „Soll das ein Scherz sein, wa'?, entrüstet sich Doro. „Is jetzt wohl nicht der richtige Moment über so was zu diskutieren, oder?“ Verzweifelt paddelt er sich im immer schneller rutschenden Kies nach oben, während von unten scharfe Zangen nach ihm schnappen. „Wenn du's genau wissen willst“, fügt er nun giftig hinzu, „Ja, bist du! Nur deinetwegen bin ich überhaupt hier an diesem verdammten Ort. Nur weil du alles kaputt machen musst, bin ich überhaupt hier runter gekommen. Is' nicht mein Zuständigkeitsbereich hier, also kenn' ich mich nich' aus hier. Du schuldest mir was also schieb' jetzt gefälligst deinen pelzigen Hintern hier runter und hilf mir, zum Teufel noch eins!“ Sesshomaru verzieht unwillig die Mundwinkel. Dann stößt er sich kurz ab und springt hinunter in den Trichter. Mit einem raschen Griff packt er den Gnom am Nacken und mit dem nächste Schritt ist er auch schon auf der anderen Seite. Ein weiterer Satz bringt ihn wieder zurück zu der Seite wo noch immer Inu Taishou steht und ihn schweigend beobachtet. Dort lässt er Doro achtlos zu Boden fallen. Umständlich beginnt dieser nun sich wieder zu berappeln. „Erwarte jetzt bloß keinen Dank!“, brummt er, „Du hast mich freiwillig rausgeholt, also schulde ich dir nichts.“ „Bring mich besser nicht dazu es zu bereuen“, erwidert Sesshomaru kühl. „Ich nehme an ihr beide kennt euch“, meldet sich jetzt Inu Taishou beiläufig zu Wort. „Flüchtig“, bestätigt Sesshomaru verstimmt. „Pha!“, schnaubt der alte Gnom. „Das wäre noch zu viel der Ehre! Dieser rabiate Wüstling hat das Höllentor beschädigt bei dem Versuch hindurch zu gelangen.“ Inu Taishou hebt leicht die Brauen. „Ist das wahr? Beachtlich!“ „Das ist überhaupt nicht 'beachtlich'“, schnaubt Doro aufgebracht, „das ist äußerst lästig. So lästig, dass ich gerade direkt von Enma komme, nachdem ich ihm davon berichten musste. Ich sag es dir lieber gleich. Wenn du bisher beim Herrn der Unterwelt keinen Stein im Brett hattest, weil du schon wieder hier bist, so solltest du jetzt am besten für einige Jahrhunderte einen großen Bogen um ihn machen.“ Die beiden Hundeyoukai sind inzwischen wieder zu dem Tal zurückgekehrt, während der kleine Dämon ihnen wild gestikulierend hinterherstapft. „Hast du nichts besseres zu tun, als uns hinterherzulaufen?“, meint Sesshomaru missmutig. „Wirst du nicht langsam wieder am Tor gebraucht?“ „Sehr witzig, Grünschnabel!“, meint Doro sarkastisch und verschränkt die Arme. „Was glaubst du denn wohin ich gerade auf dem Weg war, bevor dieser verdammte Sandlöwe mich erwischt hat?“ „Das trifft sich gut“, entgegnet Sesshomaru zynisch, „Ich bin gerade ebenfalls auf den Weg dahin. Ich nehme an, gemessen an den Umständen wirst du dieses Mal weniger Scherereien als beim letzten Mal machen, mich hindurchzulassen.“ Für einen kurzen Moment erstarrt der kleine Dämon mitten in der Bewegung. Dann schließt er hastig wieder zu ihnen auf. „Ähm, du willst da wirklich noch mal durch?“, starrt er ihn mit großen Augen an. „Was soll die törichte Frage?“, erwidert Sesshomaru nun zunehmend verärgert. „Schon vor Tagen habe ich angekündigt, dass ich wieder zurückkomme, sobald ich meine Mission erfüllt habe.“ Mit einem schiefen Seitenblick auf den bloßen Körper über Sesshomarus Schulter murmelt Doro: „Und wie man unschwer erkennen kann, haste das wohl geschafft.“ „Abgesehen davon“, fügt Sesshomaru hinzu, „ist es wohl, nach deiner eigenen Aussage, das beste, wenn ich der Hölle so bald wie möglich den Rücken kehre, um ein Zusammentreffen mit dem Herrn der Unterwelt zu vermeiden.“ Der kleine Gnom zögert kurz dann druckst er herum: „Ähm, ja schon. Natürlich. Sicher. Ähm, aber...“ Gereizt bleibt Sesshomaru nun stehen und wendet sich Doro zu. „Wenn du etwas zu sagen hast, drück dich gefälligst klarer aus!“ Hastig schüttelt der kleine Dämon den Kopf und wedelt fahrig mit den Händen. „Ich? Etwas zu sagen? Aber nicht doch. Wie kommst du darauf? Ich hab nichts zu sagen, gar nichts! Und dir schon gar nicht, klar?“ Sesshomaru schließt die Augen und zählt innerlich bis zehn. Bei vier beugt er sich vor, packt den alten Torwächter am Hals und hebt ihn zu sich auf Augenhöhe hoch. Finster funkelt er ihn an. „Was?“ Es klingt eher wie eine Befehl als wie eine Frage. Trotzig erwidert Doro nun seinen Blick. „Das hatten wir doch schon, Jungspund! Auf diese Art erfährst du gar nichts von mir. Mal abgesehen davon, dass es gar nichts zu erfahren gibt“, fügt er noch pikiert hinzu. Nun legt sich Inu Taishous Hand auf Sesshomarus Arm. „Lass ihn schon runter!“, sagt er ruhig. Dennoch klingt es bestimmt genug, dass der junge Westfürst der Aufforderung Folge leistet. Mürrisch setzt er ihn ab. Der kleine Gnom rückt seinen Mawashi zurecht und blickt noch immer etwas beleidigt drein. Trotzdem scheint er dem Richten seiner Kleidung mehr Zeit zu widmen als eigentlich nötig wäre. „Nun, ich warte?“, bemerkt Sesshomaru ungeduldig. „Worauf denn?“, gibt Doro patzig zurück. „Ich habe gar nichts zu sagen.“ Nun lässt er seinen Blick ein wenig beliebig durch die Gegend fahren, während er hinzufügt: „Und falls du darauf spekulierst, dass ich dir was schulde, weil du mir das Leben gerettet hast, oder dass ich innerlich von deiner Beharrlichkeit so beeindruckt bin, dass ich mich sogar einem direkten Befehl Enmas widersetzen würde, dann bist du aber verdammt schief gewickelt, Bursche!“ Inu Taishou und Sesshomaru werfen sich kurz ein paar vielsagende Blicke zu. „Natürlich liegt es uns fern, dich in Schwierigkeiten zu bringen, indem wir dich nötigen gegen Enmas Befehle zu verstoßen“, lässt Inu Taishou nun betont höflich verlauten. „Doch nur aus Neugierde, was für ein Befehl wäre das denn gewesen?“ Doro richtet sich nun so würdevoll auf wie es ihm möglich ist, was allerdings, dank seiner Plauze noch immer ein recht jämmerlicher Anblick ist. „Ts, das hättest du wohl gern, Youkai, wa'?“ Mit erhobenen Kinn redet er weiter. „Wenn jetzt der Befehl gewesen wäre, dass ich euch ein paar wichtige Dinge nicht mitteilen darf, dann wäre es ja ein zutiefst verwerfliches Verhalten, wenn ich euch verraten würde, dass es dem da“, er zeigt auf Sesshomaru, „nichts bringt, wenn er wieder durch das Höllentor zurückgeht.“ Aus schmalen Augenwinkeln schielt er zu dem jungen Westfürst hinüber. „Was soll das heißen?“, faucht Sesshomaru erbost. „Warum soll mir das nichts bringen?“ Doch der kleine Gnom stellt sich dumm und verschränkt die Arme. „Weiß nicht wovon der redet“, schnappt er zynisch. „Ich könnte mir denken, der Herr der Unterwelt hatte gute Gründe dafür, dass du es uns nicht verraten darfst“, meldet sich jetzt Inu Taishou diplomatisch zu Wort. „Wie es aussieht ist er inzwischen über die Absicht meines Sohnes hier im Bilde. Hat er vielleicht auch gesagt warum es nichts bringt, und warum wir das nicht wissen sollen?“ „Enma hat immer gute Gründe für seine Entscheidungen“, entgegnet Doro gestelzt. „Er ist der Herr über die gesamte Unterwelt und er liebt es gar nicht, wenn irgend ein Grünschnabel hier immer wieder hereinspaziert und sich in seine Angelegenheiten einmischt, zumindest wäre das wohl anzunehmen, nicht wahr?“, ergänzt er noch rasch. „Soll das heißen, er will mich hier in der Hölle behalten?“, hakt Sesshomaru nun scharf nach. „Das soll heißen“, wettert Doro gegen an, „dass du von mir kein Sterbenswörtchen darüber, als Dank für mein Leben, erhalten hast, zumal du über die Umstände bereits informiert wurdest. Du bist bereits gewarnt worden, Freundchen, und deshalb hast du von mir ohnehin nichts Neues erfahren, klar?“ Nun stutzt Sesshomaru ein wenig. Er ist bereits gewarnt worden? Von Enma? Wann? Was hat das zu bedeuten? Auch sein Vater scheint darüber verwundert zu sein. „Was meint er damit?“, fragt er. Sesshomaru blickt nachdenklich drein. „Ich kann es nicht sagen. Womöglich ist es Teil dessen, was meinem Gedächtnis genommen wurde.“ Es sei denn... Urplötzlich hält er inne. Ein neuer Gedanke kommt ihm und je länger er ihn überdenkt, umso mehr zieht sich seine Miene zu. Verdammt!, schimpft er innerlich. Warum hat er das nicht bedacht? Wie hatte er das nur vergessen können? „Ich wurde gewarnt“, bestätigt er düster. „Das Tor durch das ich kam, mir wurde gesagt, ich könne es nur noch einmal durchqueren. Es war mir nicht bewusst, dass dieses Mal das letzte Mal war.“ „Das bedeutet dieser Weg ist dir von nun an versperrt“, nickt Inu Taishou langsam. „Wie willst du nun zurück ins Diesseits gelangen?“ „Ich überlege!“, faucht Sesshomaru gereizt. Der Daiyoukai steht am ganzen Körper bebend da und versucht seinen Ärger zu mäßigen. Noch mehr neue Schwierigkeiten. Als wäre er noch nicht ausreichend eingedeckt damit. Und das nur, weil Enma genug davon hat lebende Personen in seinem Reich gastieren zu lassen. Im Grunde ist er kurz davor direkt zum Herrn der Unterwelt zu gehen und die Angelegenheit mit ihm persönlich zu klären. Jedoch einer seiner ursprünglichsten Instinkte, der für die Selbsterhaltung zuständig ist, gibt ihm zu verstehen, dass das eine ganz dumme Idee wäre. Im Grunde kann er dafür dankbar sein, dass der kleine Torwächter sie über diese Umstände noch rechtzeitig 'nicht' informiert hat. So erspart es ihm viel Zeit die er vermutlich damit verbracht hätte den Ausgang vergeblich zu suchen und zu ergründen, warum er nicht zu finden ist. Und er ist ohnehin schon spät dran. Ohne es zu wissen, und vermutlich sogar ohne es zu wollen, hat der kleine Kröterich ihm einen großen Dienst erwiesen. Damit sollte die Rettung seines Lebens wohl abgegolten sein. „In dieser Situation ist es wohl als bedauerlich anzusehen, dass Tenseiga die Technik der Meido Zangetsuha nicht mehr beherrscht“, bemerkt Inu Taishou ernst. „Tenseiga wurde versiegelt, kaum, dass ich das Jenseits betrat“, entgegnet Sesshomaru unwirsch. „Selbst wenn die Fähigkeit, einen Übergang ins Jenseits zu bahnen, nicht auf das Schwert meines Bruders übergegangen wäre, es würde mir jetzt nichts nützen.“ Doch plötzlich hält er inne. Er überlegt einen Moment, dann wird seine Miene finster. „Es gibt noch eine Möglichkeit“, sagt er entschlossen. „Wir müssen noch einmal zurück.“ Mit diesen Worten setzt er sich in Bewegung und mit raschen Sprüngen macht er sich über die weiten Kiesdünen hinweg auf den Weg zurück in das Revier der Höllenhunde. Doro schiebt die Unterlippe vor. „Was heckt dieser Irre jetzt bloß wieder aus? Und seit wann isser eigentlich wieder so schnell?“ Mit unergründlicher Miene blickt Inu Taishou seinem Sohn hinterher. „Oh, schon seit einer Weile“, murmelt er bei sich. „Aber ich vermute er hat es noch nicht einmal bemerkt. Falls er es schafft in die Welt der Lebenden zurückzukehren, dürfte er einige Überraschungen erleben.“ Dann nickt er dem kleinen Höllentorwächter noch einmal zu und macht sich dann daran, seinem Sohn zu folgen. „Hey!“, ruft Doro ärgerlich hinter ihnen her. „So was Undankbares! Lassen die mich hier einfach so... Also nein, Sitten sind das!“ Mit diesen Worten dreht er sich um und schlurft vor sich hin brummelnd zurück in Richtung seines angestammten Arbeitsplatzes. - - - Es geht bereits auf Mitternacht zu. Viele Stunden sind Katsuken und seine Begleitung Richtung Süden gereist. Dabei hat der mächtige Daiyoukai der körperlichen Verfassung der Salamanderfrau kaum eine Beachtung geschenkt. Lediglich wenn sie einmal mehr soweit zurückgefallen ist, dass sie ihn kaum noch ausmachen kann, hält er zumindest solang inne um sie dann mit einer Flut an Verwünschungen zu überziehen, weil sie nicht schneller hinterher kommt und er so gezwungen ist auf sie zu warten. Sie lässt es stoisch über sich ergehen. Er hat Recht mit seinem Zorn. Es gibt nicht viel was ihrem Körper Schaden zufügen kann, doch sich so hoffnungslos mit Energie zu überladen, hat deutliche Spuren an ihrer Verfassung hinterlassen. Auch wenn sie beide ihre menschliche Gestalt behalten haben, bewegen sie sich fliegend fort, denn der Daiyoukai hat es eilig. Kein Wunder, dass er ungeduldig ist. Immer wieder fällt sie zurück. Alle ihre Gliedmaßen schmerzen heftig und sie fühlt sich so schwach wie nie zuvor. Und trotzdem käme es ihr nicht in den Sinn, zurückzubleiben. Sie wird ihm weiter folgen, ganz gleich wohin er auch geht und ganz gleich was er noch von ihr verlangen wird. Denn er hat noch immer Verwendung für sie. Sie war ihm eine wirkliche Hilfe und er war zufrieden mit ihr. Er hat sich sogar bei ihr bedankt. Nie hat sich jemals jemand bei ihr bedankt. Und er hat sie sogar berührt ohne ihr wehzutun. Seine Berührung war fast sanft gewesen. Mit regloser Miene beobachtet sie den Hundedämon der bereits wieder ein ganzes Stück voraus durch die wolkenverhangene Nacht fliegt, einem unbestimmten Ziel entgegen. Er findet sie erträglich, sagte er, und dass er noch nicht bereit ist sie zurückzulassen. Sie ist nützlich für ihn. Sie hat ihm einen wertvollen Dienst erwiesen. Sie hat ihm wieder zur vollen Stärke verholfen. Er ist ihr dankbar. Er ist ihr dankbar! Sie kann nicht beschreiben, was für Gefühle im Augenblick in ihrem Inneren toben und ihr Herz mit einer Intensität durchstechen, dass es fast schon wehtut. Niemals hat sie je so etwas empfunden. Niemand hat ihr je erklärt was das ist. Niemand hat sich jemals um ihr Wohlergehen geschert. Sie hatte zu parieren. Sie hatte zu funktionieren. Sie war immer schon nur ein Werkzeug gewesen. Nur das war sie, nichts anderes. Aber niemand hatte es je für nötig gehalten sich bei ihr zu bedanken. Er ist so unfassbar mächtig! Schon beim ersten Mal, als sie versehentlich mit seiner Energie in Kontakt kam, wusste sie er ist außergewöhnlich. Und sie spürt es mit jeder Faser ihres Körpers, dass dies die einzige Person ist, die ihrem Leiden vielleicht ein Ende bereiten kann. Der Einzige der das schaffen könnte, was keinem ihrer Freier jemals gelungen ist. Aber vielleicht... vielleicht noch nicht jetzt. Vielleicht darf sie ihm ja noch ein klein wenig länger nützlich sein. Unbeirrbar folgt sie ihm weiter durch die Dunkelheit, auch wenn er schon wieder kaum noch auszumachen ist. Doch als sie dieses Mal herankommt, erwartet sie nicht die übliche Standpauke sondern er hat sich hinab in den düsteren Wald gesenkt und dort wieder auf der Erde aufgesetzt. So wie es aussieht haben sie ihr Ziel erreicht. Mit letzter Kraft setzt nun auch sie zur Landung an und mit leichtem Taumeln vor Erschöpfung kommt sie ein Stück hinter ihm zum Stehen. Fast erwartet sie erneut Schelte für ihr langsames Vorankommen zu erhalten, doch offenbar ist seine Aufmerksamkeit gerade auf andere Dinge gerichtet. Vor ihnen, eingefasst in die gespenstisch anmutende Nachtkulisse des alten Waldes um sie, liegt die Ruine einer alten, steinernen Gebäudeanlage. Verwitterte, moosbewachsene Steintreppen führen hinauf zu einigen eingestürzten Mauern. Die Luft schmeckt muffig und auch ein wenig nach Pilzen und verrottetem Holz. Das ganze Areal ist mit verschiedenem Gestrüpp überwuchert und hier und da wächst der eine oder andere beachtliche Baum aus dem antiken Mauerwerk. Angespannt tritt Katsuken näher. Sein starres Gesicht schimmert dezent in der Dunkelheit und seine roten Augen schweifen wachsam über die Gegend. Bedächtig steigt er die hohe steinerne Treppe hinauf; seine Begleiterin beachtet er nicht dabei. Schließlich ragt sein Kopf über die oberste Stufe und gibt den Blick frei auf die vom Wald zurückeroberte Ruine die offenbar einmal eine Art Tempel gewesen sein könnte. Von dem Gebäude ist nicht mehr viel übrig. Der Zahn der Zeit hat das Seine dazu beigetragen, dieses Bauwerk aus der Geschichte zu tilgen. Katsuken beißt die Kiefer aufeinander. „Was ist hier geschehen?“, murmelt er verbissen. „Hinosei!“, winkt er die junge Frau zu sich, die hastig und schnaufend die letzten Stufen zu ihm erklimmt und an ihn herantritt. „Dies war einmal ein prächtiger Palast. Was ist damit geschehen? Was weißt du darüber?“ In seiner Stimme liegt Ärger aber auch deutliche Verwunderung. Sie sieht sich um. Viel herumgekommen ist sie ja nicht bisher, aber sie kramt dennoch in ihren Erinnerungen. Wenn ihre Einschätzung stimmt, darüber wo sie sich gerade in etwas befinden, dann könnte dies vermutlich der Ort sein, von dem sie doch ein ums andere Mal gehört hat. „Dies könnte der Madou-Odou sein. Der 'Tempel zur Unterwelt'“, gibt sie folgsam Antwort. „Man erzählt sich, dies sei ein Ort der bösen Geister und seit fast dreitausend Jahren gilt er als verlassen, denn niemand der beabsichtigen könnte, ihn wieder aufzubauen, hält es lange hier aus. Die bösen Geister vertreiben jeden Eindringling. Sie wollen wohl in Ruhe gelassen werden.“ Nun weiten sich seine Augen und ruckartig wendet er sich zu ihr um. Seine Iriden funkeln nun wie zwei Stück glimmende Kohlen. „Was sagtest du?“, faucht er scharf. Er macht zwei große Schritte auf sie zu, dann packt er sie vorne am Kragen und reißt sie zu sich. „Sagtest du 'seit dreitausend Jahren'? Ist das die Zeit, die seit dem vergangen ist?“ Seine Stimme wird nun lauter und schriller. „So erzählt man sich“, antwortet sie mit gleichmütiger Miene obgleich sein Gesicht kaum eine Handbreit von ihrem entfernt ist und nun mehr einer wutverzerrten Fratze gleicht. Für einen Moment hängen die Worte schwer in der kühlen Nachtluft doch dann plötzlich bahnt sich ein tiefes Grollen in seiner Kehle an. Die Züge in seinem aufgebrachten Gesicht nehmen nun immer animalischere Formen an und das Grollen steigert sich immer mehr an Lautstärke und Aggressivität und gipfelt schließlich in einem wilden, wütenden Ausbruch der schrecklich durch den ganzen Wald hallt und zahlreiche Tiere aufscheucht die entsetzt das Weite suchen. Im gleichen Augenblick, flammt um seine Hand an ihrem Revert ein gleißendes Licht auf und nur einen Sekundenbruchteil später geht die junge Frau in seinem Griff mit einem kurzen, heftigen Auflodern in Flammen auf. Wütend schleudert er sie zu Boden und fährt aufgebracht herum. Wild durchforschen seine Augen die Dunkelheit, und er kümmert sich nicht weiter um seine Begleiterin deren Flammen gerade hinter ihm versiegen und die nun zwar unversehrt aber deutlich eingeschüchtert auf der Erde kniet. Mit großen Schritten schreitet er das steinbepflasterte Podest ab. Dann bleibt er für einen Moment stehen und hält sinnend inne. Urplötzlich flammen überall um ihn her, in größerem oder kleinerem Abstand, zahlreiche Lichter auf. Jedes von ihnen hat eine antike Steinlaterne, in jeglichem möglichen Zustand, als Sitz. Und jetzt erkennt man zum ersten Mal wie groß das betreffende Areal eigentlich ist. Selbst noch tief entfernt im Wald, leuchten einiger der Lichter auf und es scheint klar zu sein, dass diese Ruine einmal eine riesiges Anwesen gewesen ist. „Komm mit!“, befiehlt er mit tief grollender Stimme und dann stapft er entschlossen davon, direkt auf einige der verfallenen Gebäude zu. Wie lange sie nun schon durch die tristen, nächtlichen Ruinen streifen, nur umgeben von den unheimlichen Steinlaternen die ohne jedes erkennbares Brennmittel die Nacht erhellen, lässt sich schwer sagen. Immer wieder dringt Katsuken in die unterirdischen Bereiche der Ruinen ein, gefolgt von seiner treuen Begleiterin, doch was immer er hofft hier irgendwo zu finden, bleibt sein Geheimnis und zudem weiter verborgen. Das hebt seine Laune natürlich keineswegs. Im Gegenteil. „Es ist nicht hier!“, brummt er bei sich selbst. „Und nicht der kleinste Hinweis wo es sein könnte.“ Er knirscht mit den Zähnen und frustriert macht seine Faust Bekanntschaft mit einem verfallenen Türsturz der daraufhin endlich selig in sich zusammenbröckelt. Die blasse Salamanderfrau sieht davon ab, ihm diesbezüglich eine Frage zu stellen. Es ist offensichtlich, dass dies nur einen weiteren Wutausbruch zur Folge hätte. Doch plötzlich hält Katsuken inne. Sein Blick geht über die steinerne Brüstung vor ihm hinaus. Intensiv durchforschen seine Augen die Dunkelheit zwischen den geisterhaften Lichtern. Dann mit leichten Schritten überspringt er die niedrige Mauer und schreitet auf eine große Lichtung zu. In ihrer Mitte befindet sich ein gewaltiger Baum. Seine enormen Äste streben in alle Richtungen davon; stellenweise haben sie den Durchmesser mehrerer Brustkörbe. Am Grunde des Heins wölben sich gewaltige Wurzeln über den Erdboden wie klaffende Spalten. Sämtliche Äste sind mit Moos bewachsen und parasitäre Schlingpflanzen winden sich um die Arme des Baumes bis hinauf zu dem spärlichen Blattwerk. Es besteht kein Zweifel daran, dass dieser Baum alt ist. Sehr alt. Erhobenen Hauptes tritt Katsuken auf den Baum zu. Wachsam umrundet er ihn bis er zu einer Stelle kommt an der eine große Verwucherung auf der knorrigen, zerklüfteten Borke zu erkennen ist. Seine Miene wird kühl. Einen Moment lang betrachtet er die verzerrte Rinde eingehend, dann legt er die Hand auf eine der gewaltigen Wurzeln und plötzlich flammt direkt unter ihr eine hohe Stichflamme auf und setzt die Wurzel unbarmherzig in Brand. Dann richtet er sich wieder auf und wartet. Es dauert einige Augenblicke, dann auf einmal kommt Bewegung in die konfusen Verwachsungen der Rinde und nach einigen Momenten verziehen sich die Holzschlieren zu einem grau-grünen schrumpligen Gesicht, dessen dunkelgrüne Augen für einen Moment ziellos in die Gegend stieren, sich dann fokussieren und schließlich auf Katsuken hängen bleiben. Eine klaffende Spalte, die wohl einen Mund darstellt, verzieht sich zu so etwas was wohl ein steifes Lächeln sein soll. „Schau an!“, ertönt eine Stimme, tief und dumpf wie aus einem modrigen Keller. „Wer hätte gedacht, dass ich ausgerechnet dich einmal wiedersehe, Sesshomaru!“ Ein unheimliches Schmunzeln legt sich um Katsukens Lippen. „Tokomoku“, sagt er unbehaglich ruhig. „Ich bin ebenfalls überrascht. Nämlich darüber, dass du mich nach all der Zeit noch wiedererkennst.“ Der alte Baum lässt seine dicken Äste sich gemächlich im Wind recken. Wieder ertönt die tiefe, unwirkliche Stimme: „Ich erinnere mich an alles, das weißt du doch.“ „Egal wie lange es her ist?“, kommt es gefährlich ruhig von Katsuken. „Egal wie lange“, kommt die gelassene Erwiderung. „Und wie lange ist es deiner Meinung nach her?“, folgt jetzt die zunehmend angespannte Frage des Daiyoukai. Für eine ganze Weile hängt die Frage schwer in der Luft. Dann endlich formt sich der hölzerne Spalt zu einer Antwort. „Das muss wohl jetzt etwas mehr als dreitausend Jahre her sein.“ „Gott verdammt!“, entfährt es Katsuken unwillkürlich erbost und im selben Moment lodert die Flamme auf der Wurzel zornig auf. Das hölzerne Gesicht legt so etwas wie die Stirn in Falten. „Hör mal, Sesshomaru, ich will dich nur ungern mit Nebensächlichkeiten belästigen, aber könntest du möglicherweise das Feuer an meinen Wurzeln löschen? Es beginnt unangenehm zu werden.“ Sogleich ruckt Katsukens Gesicht wieder herum. Ärgerlich blitzen seine Augen auf. „Nenn mich nicht so!“, schnaubt er. „Wenn du dich an alles erinnerst, dann hast du sicher auch nicht vergessen, dass ich diesen Namen nicht länger benutze. Und nein, ich werde das Feuer nicht löschen. Nicht solange du mir nicht einige Fragen beantwortet hast.“ Der Spalte in der Borke des Baumes entfährt etwas, dass an ein Gähnen erinnert. „Die Fragen beantworte ich dir auch so, ohne, dass es nötig ist Gewalt anzuwenden“, sagt der Baum. „Was ist mit dem Palast geschehen?“, fordert Katsuken scharf zu wissen. „Nachdem dein Vater dich in den Fuji-san geworfen hatte und seinem Ende entgegen sah, beschloss er nicht mehr in seine Heimstatt zurückzukehren. Sei ehrlich, wozu hätte er das tun sollen? Ihm blieb hier nichts mehr.“ „Er hatte seine zwei neuen Söhne“, entgegnet Katsuken bitter. „Genug Kurzweil für sein ganzes restliches, kümmerliches Leben!“ Ärgerlich spuckt er aus. „Drei, um genau zu sein“, erwidert Tokomoku seelenruhig. „Drei?“, schnappt Katsuken aufgebracht. „Durchaus“, bestätigt der Baum. „Dein Kokorokaji ist selbst für deinen Vater verehrender als man annehmen sollte.“ „Wäre es das, wäre er gleich gestorben!“, schnaubt Katsuken erbost. „Du sprichst vom mächtigsten Inuyoukai, der jemals lebte“, entgegnet Tokomoku. „Ehe er fiel formte er noch einen dritten Abkömmling. Dass sich die drei dennoch nur bekriegen wollten, brach ihm das Herz.“ Verächtlich schnauft Katsuken auf. „Das geschieht ihm Recht. Sein Herz war schwach durch all diese unsinnigen Gefühle darin. Da konnte es nur brechen. Und eines sollte dir wohl klar sein. Der mächtigste Inuyoukai der jemals lebte bin ich, Katsuken! Ich habe meinen Vater erschlagen, ich habe dreitausend Jahre im Vulkan überlebt und ich werde mein Reich wieder aufbauen, dass offenbar in Vergessenheit geraten ist.“ Grimmig blickt er sich zu den Ruinen um. „Ich werde wieder in Besitz nehmen was rechtmäßig mir zusteht und diese verachtenswerten Fehltritte, die aus den erbärmlichen Gefühlen meines Vaters entstanden, vom Antlitz dieser Erde tilgen. Ich werde herrschen und wer sich mir nicht unterordnet, wird vergehen. Und ich werde keine Schwäche zeigen wie einst mein Vater.“ Ein leichtes Knarren ist zu hören und es dauert eine Weile ehe zu erkennen ist, dass es Lachen sein soll. „Du hast dich wirklich nicht verändert, Sesshomaru!“, klingt es amüsiert von dem alten Baum. „Noch immer der selbe Heißsporn wie damals. Noch immer so von dir überzeugt und von deinen absonderlichen Idealen. Du hast noch immer nichts verstanden. Wann wirst du endlich begreifen, dass allein die sogenannte Schwäche deines Vaters der Grund dafür ist, dass du existierst?“ „Sei still!“, mit einem wütenden Aufschrei zuckt Katsukens Klaue nieder und trennt mit einem scharfen Hieb einen der dicken Äste vom Rumpf des Baumes ab. Mit lautem Krachen rauscht er hernieder und reißt dabei einiges an Laub, Ästen und Gestrüpp anderer umstehender Bäume mit sich. Mit einem geschmeidigen Satz springt er hinauf zu dem knorrigen Gesicht. Wütend funkelt er es an. „Hör auf mich belehren zu wollen. Ich bin nun der Herr aller Hunde. Herrscher über dieses Land und du solltest besser deinen Platz kennen sonst reiße ich dich mitsamt deiner Wurzeln heraus und verbrenne dich zu einem Häuflein Asche!“ „Das könntest du tun“, sagt das hölzerne Gesicht ruhig, „doch dann würdest du niemals das erfahren weshalb du hergekommen bist.“ Wild lodern Katsukens Augen auf. „Und woher willst du wissen weshalb ich gekommen bin? „Weil du Es nicht bei dir hast“, gibt Tokomoku gelassen Antwort. „Du suchst das was dir fehlt, was zu dir gehört, was dich vollkommen macht. Nicht wahr? Du suchst die Macht die dir von deinem Vater genommen wurde.“ Nun kommt Katsuken noch dichter an des Gesicht heran. Seine Miene ist eisig. „Wo ist es?“ „Es ist nicht hier“, gibt der Baum Antwort. „Vor einer Weile kam jemand und nahm es mit.“ „Wer?“, faucht Katsuken tödlich. Wieder verzieht sich die Spalte in der Rinde zu einem Grinsen. „Was glaubst du wohl? Ein Inuyoukai natürlich. Eines Seiner Kinder!“ Für einen kurzen Moment hält Katsuken wie erstarrt inne, doch dann verzerrt sich seine Miene zu einer Maske des Hasses. Ein grimmiger Schrei entfährt ihm und einen Moment später blitzt es kurz mächtig auf und augenblicklich steht der gesamte Baum in hellen Flammen. Wütend züngelt die Feuersbrunst in den schwarzen Nachthimmel. Ein unheimliches Geräusch entflieht der Spalte des Baumes. Es klingt noch einmal wie ein schauerliches Lachen. „Damit wirst du auch nichts ändern. Einer wird kommen mit der Macht dich zu bezwingen. Du hast dein Schicksal selbst gewählt, und zwar in dem Moment als du deine Mutter tötetest, Fukouryouken...“ Dann erstirbt die Stimme und nur noch ein hohes Pfeifen und knackende Zweige sind zu hören. Verächtlich wendet Katsuken sich ab. Seine Begleiterin steht stillschweigend ein Stück hinter ihm. „Komm, hier gibt es nichts mehr zu sehen, Hinosei“, meint er düster. Dann schreitet er stoisch durch die spärlich beschienene Dunkelheit davon. 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