Das Bluterbe der Youkaifürsten von Weissquell (Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten") ================================================================================ Kapitel 28: Gewissensfragen --------------------------- Mehrere Stunden schon arbeitet sich Sesshomaru beharrlich durch das Gestrüpp des Canyons, klettert über Äste, biegt stachelige Ranken beiseite oder durchtrennt sie mit seinen Klauen. Es ist eine mühsame Arbeit, zumal man kaum den Eindruck hat, voran zu kommen. Immer wenn er sich kurz umwendet, erscheint es als hätte der gerade gebahnte Weg nie existiert. Mit der Zeit kommt der Daiyoukai immer mehr außer Atem. Fuß und Schulter schmerzen beträchtlich und noch immer kämpft er mit seinem unnatürlichen Gewicht, dass ihn mit jedem weiteren Schritt zu Boden ringen will. Doch Sesshomaru gibt nicht auf. Stoisch setzt er einen Fuß vor den anderen und zwingt sich weiter und weiter zu klettern. Dennoch wird er wohl bald eine Rast einlegen müssen. Allmählich schwinden ihm die Kräfte, sehr zu seinem Leidwesen. Wieder überklettert er eine dicke Ranke in Kniehöhe und nur einen Moment ist er unachtsam, als sein verletzter Fuß die Höhe falsch abschätzt und an dem Gestrüpp hängen bleibt. Unwillkürlich verliert er das Gleichgewicht und stürzt vor sich zu Boden, wobei sich erneut zahlreiche Stacheln in seinen Körper bohren. Sesshomaru beißt die Zähne zusammen. Er ist erschöpft, blutig und verschwitzt und es kostet ihn große Anstrengung sich wieder hochzustemmen. Doch gerade als er sich nicht sicher ist, ob er es schafft, streckt sich ihm plötzlich eine Hand entgegen. „Keh, also du hast wirklich schon besser ausgesehen, Sesshomaru.“ Der Daiyoukai traut seinen Ohren kaum. Die Stimme kommt ihm nur allzu bekannt vor. Schwach hebt er den Blick und zunächst entdeckt er vor sich nur zwei bloße Füße die in einem feuerroten Gewand stecken, doch je weiter er den Kopf hebt, um so deutlicher sieht er nun Gestalt und letztlich Gesicht seines Bruders vor sich, der mit einem zynischen, fast belustigten Blick auf ihn hinunterblickt und ihm noch immer die hilfreiche Hand ausstreckt. Doch das kann überhaupt nicht sein. Inu Yasha dürfte überhaupt nicht hier sein. Was also geht hier vor? Äußerst wachsam mustert Sesshomaru die Gestalt vor ihm. Demonstrativ stemmt er sich selbstständig wieder hoch und ignoriert dabei die dargebotene Hand. Inu Yasha zieht eine Flunsch. „Wohl noch immer zu fein, um sich helfen zu lassen, was? Aber das wundert mich irgendwie nicht.“ Skeptisch beäugt Sesshomaru seinen Bruder. „Wer bist du?“, fragt er ernst. Im Grunde kann es nur ein Betrüger oder eine Illusion sein. In dem vertrauten Gesicht zeigt sich nun deutliches Missfallen und die Person stemmt verächtlich den Arm in die Seite. „Wer soll ich schon sein, Blödmann? Dein ach so hoch geschätzter Bruder Inu Yasha natürlich.“ “Inu Yasha befindet sich nicht in der Hölle“, kommt es nüchtern zurück. Nun seufzt der andere vernehmlich. „Tja, wäre schön, wenn es so wäre, das kannst du mir glauben. Leider läuft es nicht immer so wie man sich das wünscht.“ Eine leichte Spur der Verunsicherung zieht über Sesshomarus Gesicht. „Du willst mir erzählen, du wärst der echte Inu Yasha? Das glaube ich keinesfalls.“ Nun wird Inu Yashas Blick ebenfalls ernst. „Glaub doch was du willst, du Besserwisser! Tatsache ist nun mal, dass dieser Kerl der dich so vertrimmt hat, mit mir noch viel weniger Probleme hatte. Es hat gar nicht lange gedauert und der Mistkerl hat mich zerfleischt. Und als ich aufwachte, befand ich mich hier, in der Hölle.“ Gehässig weist er in die Runde. Noch immer ist sich Sesshomaru unsicher was er davon halten soll. Schweigend mustert er die Person vor ihm. Doch Inu Yasha redet schon weiter. In seinen Worten klingt nun deutlicher Vorwurf mit. „Ich hatte dir gleich gesagt, dass das ne blöde Idee ist, mich zum Fürsten zu erklären. Hast du denn wirklich geglaubt, ich würde auch nur den Hauch einer Chance gegen diesen Kerl haben? Du hast doch gleich gemerkt was für ein Kaliber das ist. Wolltest du mich verheizen, oder was hattest du vor, häh?“ Zögernd steht Sesshomaru da. Kann es wahr sein? Hat eine Begegnung mit diesem übermächtigen Gegner seinen Bruder wirklich viel eher als erwartet hierher gesandt? Aber würde das nicht bedeuten, dass sein Vorhaben bereits gescheitert wäre? Ein unangenehmes Gefühl macht sich in Sesshomarus Magengrube breit. „Ich habe meinem Bruder vertraut. Deshalb überließ ich ihm diese verantwortungsvolle Aufgabe.“ Noch immer ist er nicht völlig bereit zu glauben, dass es sich hierbei wirklich um seinen Bruder handelt. „Und du hast ja gesehen wohin das geführt hat“, gibt Inu Yasha ärgerlich zurück. „Ich hab dir von vornherein gesagt, dass ich der falsche für den Job bin, aber du wolltest ja mal wieder nicht hören. Du wusstest es ja mal wieder besser. Das hast du nun davon. Ich bin tot! Verstehst du, tot! Kagome ist tot! Alle meine Freunde, die dir helfen wollten sind tot! Und über dein Reich herrscht nun dieser elende Kerl, nachdem er alles dem Erdboden gleich gemacht hat was ihm im Weg war. Und warum das Ganze?“, ereifert sich Inu Yasha. „Weil mein lieber Bruder es einfach nicht ertragen konnte, dass er vor vier Jahren einen schweren Fehler begangen hat. Gib es zu, du willst Tenmaru doch nur zurückholen um dein Ego aufzubessern, damit du dich nicht mehr so schuldig fühlst. Dein Reich ist dir doch völlig egal, sonst hättest du es doch nicht unter meiner armseligen Führung zurückgelassen.“ Sesshomaru zieht bei Tenmarus Namen unwillkürlich die Luft ein. Dann verhärten sich seine Züge. „Du bist nicht Inu Yasha. Mein Bruder würde sich nie so klein machen.“ „Ach, würde ich nicht?“, schreit Inu Yasha wütend. „Ist dir schon der Gedanke gekommen, dass ich tierisch angepisst bin, weil ich wegen dir ins Gras beißen musste? Ich mache mich nicht klein, ich sage es nur wie es ist. Ich beschönige die Realität nicht so wie du. Das habe ich nie getan, falls du dich erinnerst. Wenn es jemanden gibt, der dir hin und wieder den Kopf zurecht rücken muss, dann bin ich das, weil du einfach nicht den Schneid hast, dich deinem eigenen Versagen zu stellen, und wenn dein Reich oder deine Familie vor die Hunde geht, dann ist das ganz allein deine Schuld!“ Sesshomaru schluckt hart. So ruhig wie möglich atmet er einmal durch und bemüht sich dabei seine Fassung zu bewahren. Dann sagt er leise: „Du bist nicht Inu Yasha.“ „Da, siehst du, du tust es schon wieder“, ereifert der Hanyou sich. „Wenn dir was nicht in den Kram passt, dann wird es erst mal verleugnet. Genau wie du es mit Tenmaru gemacht hast, oder mit der Tatsache, dass die Prophezeiung ihn betrifft. Du leugnest einfach alles und andere müssen es dann hinterher ausbaden. So wie ich, oder wie Tenmaru damals.“ Sesshomarus Gesicht ist bleich, doch seine Miene verfinstert sich zunehmend. „Du bist nicht Inu Yasha, also wage es nicht noch mal Seinen Namen auszusprechen!“ „Und was sonst?“, fragt Inu Yasha spöttisch. „Willst du mich dann töten? Du kommst etwas spät. Ich bin nämlich schon tot. Und das nur weil dir dein Stolz wichtiger als alles andere war und genau diese Arroganz und Blasiertheit hat auch deinen Sohn getötet. Du mogelst dich durchs Leben und andere halten dann den Kopf dafür hin, wie zum Beispiel Tenmaru!“ Nun flackert wilde Wut in Sesshomarus Gesicht auf und im nächsten Moment hebt er die gezückte Klaue und lässt sie gnadenlos auf die Gestalt vor ihm niedergehen. „Du bist nicht Inu Yasha!“, schreit er wild. Doch seine Krallen zerfetzen nur leere Luft als seine Hand widerstandslos durch die Erscheinung vor ihm hindurch gleitet, sie wie eine Nebelgestalt zerteilt und beiseite wischt. Rasch verblasst das Bild vor seinen Augen. Lediglich ein gehässiges Lachen ist noch zu vernehmen, das ihm noch im Verhallen zuruft: „Dadurch änderst du gar nichts. Das weißt du doch!“ Dann herrscht wieder Stille um ihn her. Schwer atmend und mit heftig klopfendem Herzen steht Sesshomaru da. Er braucht einen Moment um zu begreifen was geschehen ist. Noch immer klingen die gehörten Worte in ihm nach und erneut schluckt er schwer. Ein paar Augenblicke hält er inne, dann sacken seine Schultern herab und er fährt sich schwach mit der Hand über das verschwitzte Gesicht. Nimmt das denn niemals ein Ende? Nein, er bringt es nicht fertig schon wieder über die Ereignisse von damals nachzudenken, einmal mehr seine tatsächlichen Beweggründe für alles was geschehen ist in Frage zu stellen. Ob es nun irgendeine Feindeslist, oder nur ein übler Streich ist, den sein erschöpftes Hirn ihm spielt, die Wirkung ist stets die Selbe. Dennoch ist er erleichtert, dass es nur eine Illusion war. So besteht noch Hoffnung für sein Reich und auch für seine Familie, und all das hier ist nicht vergebens. Noch immer fest entschlossen macht er sich wieder auf den mühsamen Weg. Je eher er seine Mission erfüllt, desto besser. Für alle Beteiligten. Wer kann sagen, ob ihm noch weitere Heimsuchungen solcher Art bevorstehen, und das möchte er lieber vermeiden. Es ist schon schlimm genug, dass er sich als Daiyoukai überhaupt mit solchen Gedanken herum quälen muss. Wie sehr wünschte er, Doros Worte wären wahr, und Gefühle würden für ihn keine Rolle spielen. Doch bedauerlicherweise muss er feststellen, dass dem nicht so ist. Nicht genug, dass es im Grunde unter seiner Würde ist, er macht sich damit auch angreifbar und das ist momentan äußerst ungünstig. Fast schon wünscht er sich, er wäre dieser Frau niemals begegnet. Es bewahrheitet sich mal wieder, Liebe kann für Dämonen nichts als Schmerz und Leid bedeuten. Sie sind schlicht nicht dafür geschaffen. Schwerfällig überklettert Sesshomaru eine weitere Ranke. Und dann eine Weitere, und noch eine, und noch eine. Der Dornenwald scheint einfach kein Ende zu nehmen. Seine Kräfte allerdings schon. Mit jedem Schritt wird das Vorankommen mühsamer und der Wunsch in ihm, einfach eine Pause einzulegen, auf unbestimmte Zeit, wird immer stärker. Schließlich hält er doch an. Doch diesmal aus anderem Grund. Irgendetwas bewegt sich da vor ihm. Nun kommt dieses kleine Etwas auf ihn zu gestürmt. Sofort ist Sesshomaru in Alarmbereitschaft, doch noch ehe er richtig realisieren kann, was da auf ihn zu kommt, hängt ihm auch schon eine ihm vertraute Gestalt am Hosenbein, krallt sich vehement in den Stoff und schluchzt jämmerlich. „Sesshomaru-sama!“, heult Jaken. „Wie gut, dass ich Euch gefunden habe! Ihr seid also wohlauf. Es ist ja so furchtbar! Es ist schrecklich! Also nicht, dass Ihr wohlauf seid, versteht mich bitte nicht falsch. Ich meine nur, es ist nur... Wie soll ich es Euch nur sagen? Bitte tötet mich nicht! Oh nein, verzeiht mir, dafür ist es ja bereits zu spät.“ Mit überraschter Miene hat Sesshomaru dem aufgeregtem Geplapper seines kleinen Dieners gelauscht. Zwar ist ihm nach dem jüngsten Erlebnis mit seinem Bruder klar, dass es sich hierbei auch um ein Trugbild handelt. Trotzdem verwundert ihn die Erscheinung, denn er sieht und hört den kleinen Youkai nicht nur, sondern er kann auch deutlich das Zupfen an seiner Kleidung spüren. Offenbar ist dies hier nicht auf sein müdes Gehirn zurückzuführen, sondern irgendjemand hier lässt ihn das bewusst sehen, nur wer? Verächtlich blickt Sesshomaru auf ihn herab. „Ein lächerlicher Versuch, mich in die Irre zu führen“, sagt er laut. „Doch die kümmerliche Bemühung erneut an meine Gefühle zu appellieren, ist ein sinnloses Unterfangen.“ Nun blickt Jaken groß zu ihm hoch. „Ich weiß nicht wovon Ihr sprecht, Sesshomaru-sama. Ich wollte Euch gerade mitteilen...“, er stutzt. „Es ist so schrecklich! Wir sind getötet worden, von dem Youkai der Euer Reich angegriffen hat und nun hier in der Hölle gelandet.“ „Ach, tatsächlich?“, bemerkt Sesshomaru mit so viel Verachtung in der Stimme wie ihm nur möglich ist. Doch der kleine Youkai scheint den geringschätzigen Tonfall gar nicht zu bemerken. „Ja, wirklich! Ich weiß nicht was ich tun soll, Sesshomaru-sama. Rin bewegt sich immer noch nicht!“ Bei diesen Worten krampft sich für einen kurzen Moment Sesshomarus Magen zusammen, obgleich er fast schon mit so etwas gerechnet hat. Natürlich weiß er, dass dies höchstwahrscheinlich wieder dazu dient ihn mental zu quälen und zu zermürben und nicht der Realität entspricht. Dennoch versetzt ihm der Gedanke einer leblosen Rin einen schmerzhaften Stich. Abschätzend mustert er seinen kleinen Diener. „Rin ist hier in der Hölle?“ „Ja. Ich weiß, ich hätte besser auf sie aufpassen sollen, aber sie ist so vorlaut und dickköpfig geworden, nun ja, mehr als sonst. Sie wollte nicht auf mich hören und ist mitgekommen, als Inu Yasha gegen Euren Widersacher gekämpft hat. Ich konnte sie nicht abhalten. Das hat sie das Leben gekostet. Bitte verzeiht mir. Ich habe schmählich versagt!“ Zunächst hält Sesshomaru kurz inne, dann verfinstert sich seine Miene. „Verschwinde!“, knurrt er ärgerlich. Doch so einfach lässt sich der kleine Gnom nicht abschütteln. „Ich weiß, Ihr seid sauer auf mich, und Ihr habt auch alles Recht dazu, aber ich flehe Euch an, schickt mich nicht von Eurer Seite! Ich lebe doch nur um Euch zu dienen. Ich würde für Euch sterben. Ähm, na ja, das bin ich ja schon, auch wenn es völlig sinnlos war, aber ich kann Euch noch immer dienlich sein. Ich bleibe bei Euch noch über den Tod hinaus.“ Mit diesen Worten wirft er sich vor Sesshomaru zu Boden und beginnt seinen verletzten Fuß zu küssen und zu tätscheln. Angewidert schüttelt Sesshomaru ihn ab und mit einem großen Schritt steigt er über ihn hinweg und lässt ihn hinter sich. Noch immer gellen die verzweifelten Schreie des kleinen Krötenyoukais hinter ihm her. Sesshomaru ignoriert sie eisern und würdigt sie keines Blickes. Bis sie von einem Moment auf den anderen verstummen und wieder bedrückende Stille in dem Dornenwald einkehrt. Beunruhigt wendet der Daiyoukai den Kopf und blickt zurück. Von seinem Diener fehlt jede Spur. Ein kühler Windzug fegt durch die Ebene und Sesshomarus Nackenhaare richten sich unwillkürlich auf. Ein verächtliches Schnaufen entfährt ihm und dann wendet er sich nur gleichgültig wieder nach vorne um seinen Weg fortzusetzen. Doch sofort stutzt er erneut und seine Augen weiten sich. Vor ihm einige Schritt entfernt auf dem kargen Boden liegt einen kleine, blasse Gestalt. Ihre Kleidung ist zerrissen und ihre Gliedmaßen befinden sich in unnatürlichen Positionen. Ihr Körper ist mit Blut beschmiert und unter ihr breitet sich eine verdächtige dunkle Pfütze aus. Ihr Gesicht ist von ihm abgewandt. Zunächst rührt Sesshomaru keinen Muskel. Er erkennt sehr wohl wer das sein soll, doch Rin wird ebenso wenig real sein wie Inu Yasha oder Jaken. Auch wenn diese Erscheinung erstaunlich echt wirkt, er kann sogar das Blut riechen, so wird es wohl das Beste sein, diese neue Illusion auch zu ignorieren. Lästig nur, dass sie direkt auf seinem Weg liegt. Erhobenen Hauptes bewegt er sich auf sie zu. Noch immer liegt sie reglos dort. Sesshomaru stutzt einen Moment. Was war das? Hat sich das Bild kurzzeitig verändert? Wie ein kurzes Aufflackern verändert sich die Gestalt vor ihm, immer mal wieder. Sesshomaru wird unbehaglich zumute. Die andere Erscheinung zeigt eine etwas jüngere Rin, jedoch ebenso leblos und bleich und der Daiyoukai weiß genau wo er dieses Bild schon einmal gesehen hat. Es war damals, als er dem Mädchen zum ersten Mal begegnet war, genau so zerfetzt, genau so blutend, kurz bevor er sie damals mit Tenseiga wiedererweckte. Die Miene des Youkaifürsten verfinstert sich. Ein weiteres Flackern und die andere Rin ist ein wenig gealtert, doch wieder liegt sie nur reglos da. Sesshomaru beißt die Kiefer aufeinander. Auch diese Begebenheit hat er in Erinnerung. Damals war Rin zum zweiten Mal gestorben und dieses Mal konnte er nichts dagegen unternehmen. Nie zuvor hatte er sich so machtlos gefühlt, oder so betroffen. Es war das erste Mal, dass er realisiert hatte, wie viel Endgültiges im Tod lag. Lange hatte er es sich nicht eingestehen wollen, doch die Tatsache, dass Rin damals noch einmal wiederbelebt werden konnte, hatte ihn sehr erleichtert. Er hatte sich darauf geschworen, es niemals wieder soweit kommen zu lassen. Nicht noch einmal! Erst bei der unseligen Geschichte mit den Streunern damals, war es wieder zu einer Situation gekommen, in der ihr Leben auf Messers Schneide stand. Arashitsume, ehemalige Fürst des Ostclans, hatte versucht seine Zuneigung zu dem Mädchen für sich auszunutzen und sie als Schutzschild benutzt. Letztlich hatte er damit keinen Erfolg, aber Sesshomaru kann sich des Gedankens nicht erwehren, wie die Sache ausgegangen wäre, hätte er nicht bereits kurz zuvor seinen Sohn verloren, weshalb er nicht gewillt gewesen war auch noch sein Ziehkind sterben zu lassen. Da ist er wieder, der Gedanke an den jungen Mann, der sein eigen Fleisch und Blut war. Stark, entschlossen und bedingungslos loyal. Wieder spürt Sesshomaru den vertrauten Druck in seiner Brust wenn die Erinnerungen an damals wieder in ihm hochsteigen. Es lässt ihm noch immer keine Ruhe und das ist letztlich der Grund warum er jetzt hier ist. Doch sein Ziel ist noch weit von ihm. Alles Grübeln hilft nicht, er wird weitergehen müssen. Schon fast hat er die Gestalt vor sich erreicht. Nur noch wenige Schritte, doch im diesem Moment ruckt plötzlich der Kopf herum und wendet sich ihm zu. Die halbe Gesichtshälfte ist zerfetzt und von Blut verkrustet. Unter der zerfleischten Wange ist sogar der Knochen zu sehen. Der Daiyoukai bleibt stehen, und dann öffnet das Mädchen die Augen. Sesshomaru erstarrt unwillkürlich. Ein durchdringender Blick fixiert ihn, doch was noch weit beunruhigender ist als die bisherige Erscheinung, ist die unerwartete Augenform des Mädchens. Es sind eindeutig Youkaiaugen, und sie sind violett. Sprachlos steht Sesshomaru da. Damit hat er nicht gerechnet. Nun kommt Bewegung in die Gestalt vor ihm. Das eigenartige Mädchen setzt sich langsam auf, ohne jedoch Sesshomaru dabei aus den Augen zu lassen. Mit wackeligen Beinen kommt es zum Stehen und wenn ihre geschundenen Gliedmaßen auch etwas fehlstellig aussehen, so steht sie letztlich fest auf ihren Füßen und stiert unverwandt zu ihm herüber. Der weißhaarige Youkaifürst gibt keinen Laut von sich und rührt keinen Muskel. Wie eingefroren steht er da und blickt zu ihr hinüber. Schließlich bricht das Mädchen die Stille. „Hallo, Sesshomaru-sama!“, lächelt sie schaurig. Der Daiyoukai sagt kein Wort. Es ist nur eine Illusion, sagt er sich. Doch das ihm so vertraute Menschenmädchen mit den Augen seines Sohnes vor sich zu sehen, wühlt ihn mehr auf, als er sich eingestehen mag. Langsam schwankt des Mädchen nun auf ihn zu und das selige Lächeln auf ihren Lippen bietet einen grotesken Gegensatz zu dem schwer entstellten Gesicht. Noch immer rührt Sesshomaru keinen Muskel. Schließlich hat sie ihn erreicht und baut sich vor ihm auf. Groß blickt sie ihn an. „Freust du dich gar nicht, mich zu sehen, Sesshomaru-sama?“, fragt sie unschuldig. „Du bist nur eine Illusion“, erwidert Sesshomaru knapp. „Was macht dich da so sicher?“, kommt die interessierte Rückfrage. Sesshomaru verspürt wenig Lust der Erscheinung Rede und Antwort zu stehen. Entschlossen setzt er seinen Weg fort, bemüht, sie nicht weiter zu beachten. Doch das erweist sich als schwieriger als gedacht. „Willst du mir nicht antworten?“ Rasch hat sie ihn eingeholt und schlendert neben ihm her. Der Youkaifürst ignoriert sie. Mühsam überklettert er eine weitere dicke Ranke und blickt nur starr geradeaus. Doch Rin lässt sich davon nicht beirren. „Dachtest du, ein harmloses, kleines Menschenmädchen wird wohl nach ihrem Tod kaum in der Hölle landen?“ Noch immer schenkt Sesshomaru ihr keine Beachtung, sondern klettert stur weiter. Innerlich hofft er jedoch, diese Erscheinung möge verschwinden, wenn er sie nur lange genug ignorierte. Wie erwartet wirft auch dieses Trugbild Fragen auf die er lieber vermeiden möchte. Ein amüsiertes, kleines Lachen erklingt. „Natürlich dachtest du das.“ Rin weicht nicht von seiner Seite und lächelt ihn munter an. „Du bist ganz schön naiv, Sesshomaru-sama. Ich bin jahrelang mit dir und Jaken umhergezogen. Selbst als man mir die Wahl ließ, habe ich mit Freuden die Gesellschaft von Dämonen die der Menschen vorgezogen. Dachtest du wirklich, das würde ohne Folgen bleiben? Tu nicht so, als wüsstest du nicht, dass du mich damit verdammst. Du hast es wissentlich und bereitwillig in Kauf genommen. Oder wolltest du einfach nicht darüber nachdenken?“ Sesshomaru antwortet nicht, doch Rin redet schon weiter. „Ich bin dir ans Herz gewachsen, nicht wahr?“ Wissend schmunzelt sie ihn an. „Dir einem Daiyoukai. Auch wenn du es nicht zugeben willst, du hast mich gern. Das muss wirklich sehr demütigend sein, für jemanden wie dich.“ Sie legt den Kopf schief. „Aber andererseits hast du dich ja auch wie ein wahrer Daiyoukai verhalten und deine Bedürfnisse vor die meinen gestellt. Du warst nicht bereit mich aufzugeben, also hast du mich abhängig von dir gemacht und mich bei dir behalten. Du hast mir meine kindliche Vernarrtheit nicht ausgetrieben, obwohl du tief in deinem Inneren wusstest, was das einmal für mich bedeutet. Aber vermutlich war das nicht weiter von Bedeutung für dich, hmm?“ Nun bleibt Sesshomaru doch stehen. Er atmet einmal durch, dann wendet er sich an die Gestalt neben sich. „Bist du endlich fertig?“, fragt er gereizt. „Verschwinde endlich!“ Mit diesen Worten schleppt er sich weiter. Unbeirrt gleicht sie ihr Schritttempo dem seinen an. „Ich fange gerade erst an, Sesshomaru-sama“, sagt sie freudig. „Spar dir das -sama!“, brummt Sesshomaru „Du bist nicht Rin. Sie würde nie auf diese Art sprechen.“ Nun wird das Mädchen ernst. „Vielleicht bin ich auch nur etwas reifer geworden. Vielleicht habe ich nur meine Naivität verloren, die mir dich als strahlender Held vorgaukelte.“ Sesshomaru schnaubt verächtlich. „Das Argument habe ich schon nicht der Illusion meines Bruders abgekauft. Wer oder was immer du bist, du bist keiner von ihnen, sondern lediglich ein Trugbild, dass es offenkundig gerade auf mich abgesehen hat. Oder hast du nichts Besseres zu tun als mir auf die Nerven zu gehen?“ Ein boshaftes Blitzen funkelt in den Augen des Mädchens. „Natürlich nicht, oder was dachtest du wozu die Hölle sonst da ist?“ Nun wirft Sesshomaru ihr einen kritischen Blick zu. „Bedeutet das, dass du jemand bist, der mich quälen soll, weil ich hier in der Hölle bin?“ Ein breites Grinsen erscheint über Rins zerfetzten Lippen. „Dich quält also was ich sage?“, fragt sie spitzbübisch. „Du als Daiyoukai bist also nicht über so etwas wie Gefühle erhaben?“ „Hör auf jede meiner Fragen mit einer Gegenfrage zu beantworten.“, faucht Sesshomaru ärgerlich. „Du tust es doch ebenso“, erwidert das Mädchen leichtfertig. „Abgesehen davon bin ich dir keine Rechenschaft schuldig.“ Im selben Moment ist sie verschwunden und der verletzte Daiyoukai bleibt allein zurück. Sesshomaru blickt einen Moment lang lediglich starr geradeaus. Das sind ja reizende Aussichten. Nun muss er sich nicht nur durch diesen schier endlosen Dornenwald kämpfen, sondern als ob das nicht schon genug wäre, bekommt er nun auch eine permanente Begleitung, die nicht nur seine Gedanken lesen kann, so wie es aussieht, sondern dies auch nutzt um ihm jede unausgegorene Entscheidung seines Lebens noch einmal vorzuhalten. Wenn das tatsächlich die Hölle ist, dann wird es wohl Zeit seine Aufgabe so schnell wie möglich zu beenden und dann schleunigst von hier wieder ins Diesseits zu verschwinden. Energisch stapft er weiter, als urplötzlich direkt vor ihm erneut dieses befremdliche Augenpaar auftaucht und ihn unschuldig anlächelt. „Ach, weißt du, ich habe es mir anders überlegt“, das sonderbare Mädchen verschränkt die Arme hinter dem Kopf und ihre blutige Zunge spielt durch die zerfetzte Wange hindurch mit einem Fleischzipfel, was äußerst grotesk wirkt. „Ich leiste dir noch ein wenig Gesellschaft, Sesshomaru-sama, dann bist du nicht so alleine.“ „Mir ist 'alleine' sehr recht!“, schnaubt Sesshomaru verächtlich und drängt sie aus dem Weg. Doch die fremde Rin lässt sich davon nicht beirren, sondern folgt ihm einfach weiter. „Ach, hast du mich deshalb bei dir aufgenommen?“, fragt sie zynisch, „Weil du allein sein wolltest?“ „Du bist nicht Rin“, bemerkt er trocken und versucht sie zu ignorieren. „Als ob das irgendeine Rolle spielt“, meint das Mädchen gelangweilt. „Für mich schon!“, brummt der Dauyoukai. „Aha!“, kommt er genüsslich von der falschen Rin. Im selben Moment ist sie hinter ihm verschwunden um sich ein Stück weiter vor ihm auf einer Ranke des Gestrüppes wieder zu materialisieren. „Du gibst also zu, dass du ihre Gegenwart genießt.“ „Das habe ich nie gesagt.“ „Dass du sie gern hast.“ „Wenn du meinst.“ „Dass du sie liebst.“ „Mach dich nicht lächerlich!“ Das Mädchen verzieht die Lippen zu einem breiten Schmunzeln. „Hab ich da einen wunden Punkt getroffen? „Wenn du wildes Raten 'einen Punkt treffen' nennst.“ „Aber getroffen hab ich ihn, hmmm?“ Spielerisch wippt Rin mit den Füßen. Sesshomaru verliert allmählich die Geduld. Diese kindischen Spekulationen hindern ihn daran, sich zu konzentrieren. Schultern und Fuß brennen noch immer wie Feuer, sein ganzer Körper ist zerschunden und mit jedem Schritt den er macht, fühlt er wie das immense Gewicht seiner Selbst ihn zunehmend niederdrückt. Da kommt es ihm äußerst ungelegen sich auch noch Gedanken um seine Adoptivtochter machen zu müssen. Wen kümmert es was und wie er von ihr denkt? „Verschwinde einfach!“, grollt er unwirsch. Das Mädchen zieht eine gespielte Flunsch. „Oh, nicht doch, Sesshomaru-sama!“, meint sie, „Du brauchst es gar nicht zu leugnen. Warum sonst hättest du sie adoptieren sollen?“ Sesshomaru setzt zu einer Antwort an, verzichtet aber dann doch darauf. Nichts was er sagt, wird diese Erscheinung mundtot machen, das steht fest, wozu ihr also noch weiteren Zunder liefern? Stattdessen setzt er schwerfällig seinen Weg fort wobei er bemüht ist, sie keines Blickes zu würdigen. Nun bekommt Rins Blick etwas Boshaftes. „Oh, natürlich!“, meint sie zynisch, „Du bist ein Daiyoukai. Solche tiefen wohlwollenden Gefühle sind dir natürlich fremd. Ein Dämon wie du kennt nur den puren Eigennutz, ist es nicht so?“ Nun schwingt sie sich geschmeidig von ihrem Sitz hinab und noch während sie direkt vor ihm zum Stehen kommt, schließen sich vor seinen Augen die zahlreichen Wunden auf ihrem Körper und ihre Haut wird wieder von einem dezent rosigen Teint überzogen. Mit großen, dunklen Menschenaugen blickt sie ihn nun an. „Du kannst mir nichts vormachen, Sesshomaru-sama. Ich kenne jeden deiner Gedanken, auch die von denen du denkst, niemand sonst wüsste davon.“ Nun bekommt ihre Stimme wieder etwas kindliches, „Dazu sind wir zu lange gemeinsam durch das Land gezogen. Du leugnest deine Zuneigung zu mir? Also schön, nennen wir es nicht Liebe, doch wie ist es mit Begierde?“ Direkt vor ihm steht sie nun und ein scheuer Blick geht zu ihm hinauf, während sie schüchtern eine Schulter entblößt. „Nimm mich, Sesshomaru-sama! Tu wonach du dich schon immer gesehnt hast! Und ich mich auch!“ Mit diesen Worten streift sie ihren Yukata ab und steht nun völlig nackt vor ihm, wobei eine Hand verstohlen ihre Blöße bedeckt und ein leichter Rotschimmer ihre Wangen überzieht, dabei lassen verführerische schüchterne Augen ihn nicht aus dem Blick. Sesshomaru erstarrt. Er spürt wie ihm unwillkürlich die Farbe aus dem Gesicht weicht. Im ersten Moment weiß er nicht wie er reagieren soll doch dann reckt er sich. „Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn!“, brummt er, „Denk dir was besseres aus um mich zum Narren zu halten oder verschwinde einfach. Ich habe Wichtigeres zu tun, als das hier.“ Im selben Augenblick ist die bloße Kindergestalt vor ihm verschwunden. Doch Sesshomaru rechnet nicht damit, dass seinem Wunsch nach Ruhe so rasch Rechnung getragen wird. Und damit soll er Recht haben denn schon im nächsten Augenblick spürt er einen warmen Körper direkt hinter sich an ihn geschmiegt und zwei Hände, die beginnen sinnlich über seinen Körper zu streichen. Jedoch sind es die Hände eines Erwachsenen. „Oh, sei nicht albern, Sesshomaru-sama!“, säuselt eine warme Frauenstimme ihm ins Ohr, „Vielleicht war ich damals ja noch zu jung für dich, aber was bedeutet Zeit schon für einen Youkai? Das Warten hat sich gelohnt. Ich bin nun endlich so alt wie du mich haben wolltest. Lang genug hast du mich dir hörig gemacht, und nun gehöre ich ganz dir. Du kannst mit mir tun was dir beliebt, mein Herr!“, flüstert die Stimme anzüglich in sein Ohr, während ihre Hände weiterhin sinnlich über seine Brust streichen. Sesshomaru rührt keinen Muskel sondern hält nur starr aus. Er weiß nicht was er sagen soll. Nie zuvor hat er irgendjemandem von diesen Gedanken erzählt. Ja, er selbst hat sie niemals weiter verfolgt. Er kann nicht leugnen, dass ihm von Zeit zu Zeit Gedanken dieser Art durch den Sinn gekommen sind, doch jedes Mal hat er sie als völlig absurd abgetan. Und seit den Ereignissen damals die ihn dazu veranlassten Rin zu adoptieren, war das Thema gänzlich vom Tisch. Wie kann also diese Person, wer immer sie auch ist, davon wissen, und vor allem wie und warum verwendet sie dies nun gegen ihn? Er kann sich nicht helfen, erneut mit diesen intimen Fantasien konfrontiert zu werden, löst ihn ihm so etwas wie Unbehagen aus und er braucht eine Weile um zu begreifen, dass es Scham ist. Er schließt die Augen. Wie tief soll er noch sinken, zumal er feststellen muss, dass seine Selbstbeherrschung in seinem momentanen geschwächten Zustand wesentlich weniger seiner Kontrolle unterliegt als gewöhnlich. Geschickte Finger finden zielsicher jeden seiner empfindlichen Punkte und für einen kurzen Moment ertappt er sich dabei, wie er sich den kundigen Händen, die ihn seine Verletzungen so geschickt vergessen machen könnten, nur zu gern weiter aussetzen würde. Doch noch ist sein Wille nicht gebrochen. Mit eiserner Entschlusskraft reißt er sich von den verführerischen Liebkosungen los und tritt rasch ein paar Schritte vor. Er atmet schwer, dann ruckt sein Gesicht zu der fremden Gestalt herum. Nun sieht er sie zum ersten Mal richtig. Es ist unverkennbar Rin, wenn jedoch auch inzwischen zur Frau herangereift. Noch immer ist sie völlig unbekleidet und ein lasziver Blick liegt auf ihrem Gesicht. „Hör auf damit!“, keucht Sesshomaru um seine Fassung ringend, „Wie kannst du es wagen? Leg noch einmal Hand an mich und deine Existenz endet hier und jetzt!“ Für einen kurzen Moment scheint die Fremde überrascht, doch dann kehrt das süffisante Grinsen auf ihr Gesicht zurück. „Nun tu doch nicht so, als würde dir so etwas nicht gefallen, Sesshomaru-sama. Ich kenne dich besser als du dich selbst. Würdest du nicht alles geben, um wenigstens eine Weile dieser entwürdigenden, kräfteaufzehrenden Situation zu entkommen?“ Der verletzte Daiyoukai wendet sich nun grimmig ab. „Darauf kann ich verzichten. Allein das Angebot ist eine Beleidigung!“ Ohne der nackten Frauengestalt hinter ihm noch weitere Beachtung zu schenken, stapft er wütend von dannen. Doch nur ein paar Schritte kommt er weit. In dem Moment wo er erneut eine dicke Ranke übersteigen will, übersieht er einen langen Dorn im Schatten und durch seine geschundene Fußsohle bohrt er sich bei dem Schritt von unten einmal bis hindurch zum Fußspann. Ein kurzer Schmerzenslaut entfährt ihm, dann knickt ihm der Fuß weg und dann liegt er mit verbissener Miene und unterdrücktem Schmerz auf der Seite und für einen Moment versucht er sich verzweifelt an den Grund zu erinnern warum er diese ganze Tortur auf sich genommen hat. Gerade in diesem Moment schiebt sich Rins Gestalt wieder in sein Blickfeld. Noch immer unbekleidet lässt sie sich geschmeidig neben ihm nieder und streicht ihm zärtlich durch die Haarsträhnen die jetzt verschwitzt und blutgetränkt sein Haupt hinabfallen. Wütend schlägt der Daiyoukai die Hand weg, doch zu mehr fehlt ihm einfach die Kraft. „Oh, Sesshomaru-sama“, schmeichelt die sanfte Frauenstimme, „Findest du nicht auch, dass du dir etwas Ruhe verdient hast? Was musstest du nicht alles schon erdulden um hierher zu kommen? Und das alles nur für andere? Du bist ein Daiyoukai, meinst du nicht, es wird Zeit, dass du einmal an dich selbst denkst? Wer könnte es dir verübeln? Lass mich dir ein wenig Erleichterung spenden. Ein paar flüchtige Augenblicke in den Armen der Liebsten, können sehr wohl die Leiden und Strapazen deiner bisherigen Reise aufwiegen. Dies ist ohne Zweifel ein Moment in dem man gerne egoistisch sein darf. Alles was du tun musst, ist dir ein wenig Pause zu gönnen. Ich werde mich gut um deine Bedürfnisse kümmern, Sesshomaru-sama.“ Sanft säuselt ihm Rins erwachsene Stimme ins Ohr und zu seiner eigenen Überraschung gibt es eine kleine Stimme in ihm, die ihr nur zu gerne zustimmen möchte. Er wäre wirklich verlockend eine kleine Pause einzulegen, sei es gleich was dann dabei geschieht. Er fühlt sich so geschunden und erschöpft wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr und vielleicht macht gerade das es so schwer dem Angebot zu widerstehen. Aber da ist noch immer sein Instinkt der ihn zur Vorsicht mahnt und bisher tat er stets gut daran, auf ihn zu hören. Mit aller Willensstärke die er aufbringen kann, setzt er sich wieder auf und schüttelt dabei ihre liebkosenden Hände ab. „Kein Interesse!“, grollt er. „Scher dich gefälligst weg. Ich habe auch schon ohne dich genug Scherereien hier. Und wenn du dich noch einmal ungefragt in meine Gedanken einmischst, wirst du den nächsten Tag nicht mehr erleben!“ Ein wenig erstaunt hebt Rin den Kopf. Sie scheint einen Moment zu überlegen, doch dann lächelt sie wieder. „Sei doch nicht so garstig zu einer junge Frau die dir nur gefällig sein möchte. Aber vielleicht ist dir einfach noch nicht die passende Frau begegnet.“ In diesem Augenblick vollzieht sich an ihr eine Veränderung. Ihre Haare werden länger und bekommen die Farbe von glänzendem Obsidian. Ihre Augen funkeln nun in einem strahlenden Purpur und ihre blasse Haut schimmert in einem matten, überirdischen Schein. „Gefällt dir was du siehst?“, fragt eine klare wohltönende Frauenstimme und lächelt Sesshomaru anzüglich an. Sesshomaru bringt keinen Laut heraus, er ist wie vor den Kopf geschlagen. Ein derartig starkes Deja vu hat er lange nicht mehr verspürt. Es ist als würde er Ihr noch einmal wie damals gegenüberstehen und zugleich weiß er, dass sie es nicht ist. Sie ist es nicht! Niemals kann sie es sein, die sich ihm hier so vulgär anbietet und im gleichen Maße wie ihn diese Erkenntnis nun überschwemmt, steigt auch ein unbändiger Zorn in ihm auf der nun rasch zunehmend alle anderen Gefühle in den Hintergrund drängt. Ohne an die Schmerzen in seinem Fuß zu denken, steht er auf und dreht sich dann zu seiner Heimsuchung um. Wutschnaubend fletscht er nun die Zähne und dann schließt sich seine Hand um Bakusaigas Schwertgriff. „Es steht dir nicht zu, wie Sie auszusehen!“, grollt er tödlich, „Mach das weg!“ Für einen Moment flackert Unsicherheit auf dem Gesicht der Frauengestalt vor ihm. Dann entspannen sich ihre Züge wieder. „Bist du sicher, dass du das willst, Sesshomaru-sama? Du wolltest mich doch so sehr wiedersehen. Freust du dich denn nicht, dass ich wieder bei dir bin, Liebster?“ In diesem Moment fliegen Sesshomarus Augen auf und ungezügelte Wut steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Raus aus meinem Kopf!“, brüllt er. Mit einem wilden Schrei reißt er Bakusaiga aus seiner Scheide und lässt sie mit aller Kraft auf die Gestalt vor ihm niederrauschen. Dort wo die Klinge des herabsausenden Schwertes auftrifft, entfalten sich grell züngelnde Blitze und augenblicklich zerpufft die Gestalt vor ihm und verschwindet vollständig. Jedoch setzt sich die zerstörerische Macht Bakusaigas in den umliegenden Dornenranken fort und äschern alles ein im Umkreis von gut zehn Schritt. Im selben Augenblick ertönt ein schrilles Geräusch um ihn herum, das immer mehr anschwillt und von einem heftigen Vibrieren des Bodens begleitet wird. Der geschundene Daiyoukai wird dabei heftig durchgerüttelt und er hat Mühe sich auf den Beinen zu halten. Doch dann kommt das Erdbeben wieder zum Stillstand und gehetzt blickt Sesshomaru sich um. Was war das gerade? Es hatte fast wie ein Schmerzensschrei geklungen. Doch wie kann er einem Trugbild Schmerzen zugefügt haben? Ob der Beherrscher dieser Täuschungen sich möglicherweise in der Nähe befindet? Doch wo? Es scheint fast, als hätte er die Erde selbst gegen sich aufgebracht. Oder ist es womöglich...? Sesshomaru kommt nicht mehr dazu den Gedanken zu beenden, denn in genau diesem Moment, beginnt der Boden unter ihm erneut zu beben und Sekundenbruchteile später, kommt Leben in die verbliebenen Ranken und Äste um ihn her. Mit brachialer Gewalt reißen sie sich aus dem Boden heraus und Augenblicke später stürzen die meterlangen, dornenbestückten Triebe auf ihn herab wobei sie den Himmel über ihm regelrecht verdunkeln. Der Youkaifürst überlegt nicht lange, er reagiert. Mit einer blitzartigen Kraftanstrengung springt er den peitschenden Ästen aus dem Weg. Jedoch muss er feststellen, dass sich nun hinter ihm eine gewaltige Wand aus Dornenranken aufgerichtet hat, die ihrerseits zahlreiche schwingende Äste ausstreckt um ihn zu fassen zu bekommen. Gehetzt sieht er sich zwischen zwei Fronten gefangen und in seiner momentanen Verfassung gibt es wenig Hoffnung auf ein unbeschadetes Entkommen. Schon haben die Ranken hinter ihm ihn erreicht und ehe er noch einmal die Kraft für einen rettenden Sprung aufbringen kann, knüppeln ihn die heranschwingenden Triebe erbarmungslos zu Boden und begraben ihn unter sich. Nun kommt erneut Bewegung in die Dornenwand und aus einem Pulk aus Ranken schiebt sich eine Art dickes Wurzelknäuel hervor, auf dessen Oberfläche sich nun ein humanoides Abbild abzeichnet. Die bräunliche Gestalt nimmt immer mehr menschliche Züge an und schließlich ist das Gesicht und der Oberkörper einer Frau zu erkennen. Ihre Haut ist grünlich und ihre Haare, die zu einer aufwendigen Frisur hochgesteckt sind, haben ein dunkles Blutrot. Ihre Kleidung ist ein aus unzähligen roten und schwarzen Blättern gestaltetes Gewand, jedoch nur bis zur Hüfte, denn unter dem Nabel befinden sich keine Beine sondern nur ein Gewirr aus unzähligen Dornenranken, die ihrem Schoß zu entspringen scheinen. Mit verächtlich geschürzten dunkelgrünen Lippen und missgünstig blickenden, tiefschwarzen Augen verfolgt sie nun, wie die Wogen aus Ranken sich vor ihr teilen und den vielfach durchbohrten, zerkratzten und zerschlagenden Körper des Daiyoukais zum Vorschein bringen. Mehrere Triebe winden sich nun gnadenlos um die besinnungslose Gestalt, die selbst noch in ihrer Bewusstlosigkeit den Griff ihres Schwertes, wie eine letzte Bastion, fest umklammert hält, und heben sie empor. Geringschätzig blickt die Gestalt auf den Daiyoukai hinab. „Einfältiger Narr!“, schnaubt sie. „Ich wollte es ihm angenehm gestalten, doch manche Männer bevorzugen offenbar Leiden und Schmerzen. Ein Jammer!“ Die Ranken befördern den leblosen Körper des Daiyoukais zu ihr hinauf auf Augenhöhe. Vollkommen schwarze Augen mustern ihn während der Oberkörper der Gestalt sich mit seltsam unnatürlichen Bewegungen zu ihm vorbeugt. "Recht ansehnlich für einen Inuyoukai. Es ist fast schon eine echte Verschwendung.", kommentiert sie ihre Inspektion. Aus der Masse ihrer Triebe schieben sich nun zwei schmale Ranken zu ihm hinüber und heben leicht sein Kinn an. Die Gestalt legt den Kopf schief. "So viel Trauer, so viel Leid. Du wirst mir guter Dünger sein." "Wie ich es mir dachte." In diesem Moment schlägt Sesshomaru die Augen auf und unverhehlte, grimmige Wut steht ihm ins Gesicht geschrieben, auch wenn er noch immer schwer in den ihn umklammernden Dornenranken hängt. Seine Kleidung ist inzwischen völlig zerfetzt und seine Haare hängen in blutverkrusteten Strähnen in sein zerschlitztes Gesicht. Tödlich funkelt er seine Gegenüber an. Dann im nächsten Augenblick packt er Bakusaiga fester und ein unmenschlicher Schrei entfährt seiner Kehle. Nur einen Herzschlag später lodern grelle Energien um den Youkai herum und die Ranken die ihn umschließen, zerbersten wie Papierschnipsel und geben seinen Arm frei. Im gleichen Moment da dieser frei ist, geht sein Schwert auch schon auf die nächstgelegene Ranke nieder und augenblicklich entfaltet Bakusaiga seine vernichtende Attacke die sich in Windeseile in dem Dornengestrüpp fortsetzt. Ein wildes Kreischen entfährt der weiblichen Gestalt und augenblicklich lösen sich die übrigen Ranken von Sesshomaru und lassen ihn zurück auf die Erde plumpsen. Seine Gegnerin jedoch wird augenblicklich zurückgerissen und von ihren eigenen Ranken umsponnen, während Bakusaigas Energien noch immer ein ganzes Stück entfernt den Dornenwald einäschern. Hart trifft Sesshomaru auf dem Boden auf. Er keucht vernehmlich. Der Aufschlag hat ihm die linke Schulter ausgekugelt, doch inzwischen hat es keinen Sinn mehr seine Verletzungen zu zählen, es sind mittlerweile einfach zu viele. Mühsam rafft er sich auf und packt fast verzweifelt Bakusaigas Schwertgriff, doch seine Gegnerin lässt er nicht aus dem Blick. Wild wuchernde Ranken versuchen die sonderbare Erscheinung zu beschützen und ein wütendes Zischen liegt in der Luft. Bitterböse starrt Sesshomaru zu ihr hoch. "Ich weiß zwar nicht, wie du hierherkommst, aber wer essen muss und Schmerzen verspürt, der hat einen lebendigen Körper und das bedeutet ich kann dich mit Bakusaiga vollständig und endgültig vernichten, also wage es nicht mich noch einmal anzufassen!" Für einen kurzen Moment herrscht Stille, doch dann urplötzlich erklingt hinter ihm erneut eine junge, diesmal vorwurfsvolle, Stimme. "Das ist nun der Dank dafür, dass ich es dir angenehm machen wollte. Ihr Youkai seid so unglaublich arrogant und undankbar." Sesshomaru fährt wütend herum. Vor ihm sieht er erneut Rins Kindergestalt die ihn geringschätzig anblickt. "Angenehm?", stößt er verachtend hervor, "Dachtest du ernsthaft, ich würde deine kleinen Spielchen genießen?" Unschuldig legt Rin den Kopf auf die Seite. "Du hättest dich mir nur hingeben müssen. Ich hätte dir unzählige Freuden bereitet und du hättest nicht einmal gemerkt was dann mit dir geschehen wäre. Was mehr kannst du erwarten wenn du hier so bereitwillig in mein Tal kommst?" Sesshomaru fletscht die Zähne. "Du bist also der Wächter", stellt er grimmig fest. "Du bist ein Pflanzendämon, und all diese Ranken hier", er blickt wachsam kurz in die Runde, "sind dein Körper. Deshalb bereitet es dir Schmerzen wenn ich sie zerstöre." Nun lächelt Rin unheilvoll. "Gut erkannt! Mein Name ist Kagebara-hime und wer sich in meinen Leib verirrt, den gebe ich nicht wieder her. Du wirst diesen Ort nicht mehr lebend verlassen." Wütend schnaubt Sesshomaru auf. "Das denkst du dir so. Unterschätz mich nicht!" Belustigt blickt Rin nun drein. "Sieh dich nur an! Dein Körper ist zertrümmert, du hast viel Blut verloren und ein mobiles, lebendes Wesen wie du gehört nicht in die Hölle. Es richtet dich zugrunde, du kannst es fühlen. Allein deine Sturheit hält dich noch auf den Beinen. Wie willst du da auch nur noch den Hauch einer Chance gegen mich haben? Meine Äste zerquetschen dich schneller als du auch nur deinen Schwertarm heben kannst." Nun dringt ein tödliches Grollen aus der Kehle des Daiyoukais. "Mein Name ist Sesshomaru, Herr über die westlichen Länder und du solltest es besser nicht darauf ankommen lassen!" Und im selben Moment geht sein Schwert blitzschnell hernieder und augenblicklich entfaltet sich eine mächtige Energiewelle in den Ranken die ihm am nächsten sind. Doch damit belässt es der Daiyoukai nicht. Gnadenlos lässt er die Energien weiter fließen, sodass sich die Vernichtung der Zweige immer weiter fortsetzt. Im selben Moment entfährt der Rin vor ihm ein schriller Schmerzensschrei und ihr Bild beginnt stark zu flackern. Panisch vergräbt sie ihr Gesicht in den Unterarmen. "Hör auf damit! Hör sofort auf, sage ich!" "Den Teufel werde ich tun!", schreit Sesshomaru wütend zurück. Wild schaut er sich um bis sein Blick an dem wild zuckenden Rankenbündel mehrere Meter über ihm hängenbleibt und er bleckt die Zähne. Sofort beendet er seinen Angriff und wendet sich um. Seine Sicht ist verschleiert und er schwankt. In seinen Gliedern hat er kaum noch Gefühl. Eigentlich ein Segen, denn so lässt endlich der permanente, quälende Schmerz nach, wenn das nicht bedeuten würde, dass sein Körper kurz vor der Aufgabe steht. Im Grunde hat dieses Wesen recht, lediglich sein Wille hält ihn noch aufrecht und würde er nur für einen Sekundenbruchteil zögern, wäre er nicht mehr in der Lage auch nur noch einen Schritt zu machen, doch so ist es sein lodernder Zorn der ihn zielgerichtet und unbarmherzig voranprügelt und ihn mit nur wenigen fliegenden Schritten die Höhendifferenz zu seiner verhassten Gegnerin überwinden lässt. Wild glühen seine roten Augen als er das Rankenbündel erreicht und gnadenlos sein Schwert in die Höhe reißt um es tief in den grünen Kokon aus Dornenwucherungen zu rammen. "Ein niederer Youkai wie du wird mich niemals besiegen!", brüllt er und schon will er zustechen. Doch da ertönt unmittelbar davor eine panisch kreischende Stimme: "Warte!" Aber Sesshomaru hört nicht darauf, selbst wenn er hätte innehalten können, er ist ferner denn je davon. Jedoch noch ehe er den unvermeidlichen Stoß ausführen kann, zerteilen sich urplötzlich die Ranken und der Hieb geht ins Leere. Aus dem Konzept gebracht verharrt Sesshomaru für einen Wimpernschlag, doch das genügt, dass sich erneut ein dicker Strang an Ranken um seinen Körper winden und ihn an der Bewegung hindern kann. Diesmal haben die Zweige jedoch keine Dornen. Verzweifelt reißt Sesshomaru daran und tatsächlich kann er seinen Arm befreien, nur jedoch damit sich sogleich andere Ranken um ihn winden können. Mitten in seinem wilden Kampf um seine Freiheit, teilen sich auf einmal die Ranken vor ihm erneut und nun schiebt sich die eigenartige Pflanzendämonin zu ihm heraus und nähert sich ihm scheinbar unerschrocken. Ernsthaft taxiert sie den kämpfenden Daiyoukai. "Ich bat dich einen Moment innezuhalten, Sesshomaru-sama", sagt sie und diesmal ist ihre Stimme eindringlich und fern von jeder Überheblichkeit. Wild blitzt Sesshomaru sie an. Seine Zähne sind gefletscht."Ich reiß dich in Stücke du elendes Biest!" "Ich schwöre bei den Pforten der Hölle, ich werde dir kein Leid antun, doch bitte höre mich nur einen Augenblick an!" Noch immer bäumt Sesshomaru sich auf in dem verzweifelten Versuch freizukommen. "Wenn du dich einen Augenblick beruhigst, werde ich dich freigeben", beteuert Kagebara fest. Sesshomarus Atem geht heftig. Nur allzu gern möchte er ihren Worten folgen, denn schon spürt er wie ihm sein Körper nicht länger gehorchen will. Viel weiter über sein Limit wird er sich nicht mehr treiben können. Aber schon zuvor hat sie versucht ihn mit Worten einzuwickeln. Mit Sicherheit ist das wieder ein Trick. Doch Kagebara nutzt dieses kurze Innehalten um ihren Körper noch dichter an ihn heranzubringen, bis die beiden Gesichter nur noch eine Handbreite trennt. Tiefschwarze Augen in einem anmutigen, sehr weiblichen Gesicht mustern ihn eingehend. "Hör mich an!", sagt sie, "Eine Macht wie deine ist mir noch nie begegnet. Noch nie zuvor konnte jemand meinem Körper einen solchen Schaden zufügen wie du und ich habe schon seit sehr langer Zeit nicht mehr solchen Schmerz empfunden. Du beeindruckst mich und deshalb werde ich jetzt absolut ehrlich zu dir sein." Ihr Körper entfernt sich wieder ein Stück von ihm. "Vermutlich glaubst du mir das nicht, doch ich versichere dir, dass lügen nicht zu meiner Natur gehört. Ich bin es gewöhnt meiner Beute ihre Wahrheiten zu erzählen, da gewöhnt man sich das wohl an. Also glaube mir wenn ich dir sage, dass dein Leben nur noch an einem seidenen Faden hängt. Dein Körper ist schwer verletzt und wenn du weiterkämpfst wirst du mit Sicherheit sterben." Sesshomarus Bewegungen erschlaffen zusehend doch sein Blick spiegelt noch immer seinen Kampfeswillen wieder. Er spürt, dass sie recht hat mit ihren Worten. Mit jeder Sekunde die vergeht, fühlt er wie seine Lebenskraft mit jedem weiteren Tropfen Blut aus seinem Körper rinnt. Doch er darf einfach nicht aufgeben, nicht jetzt! Nicht nach all den Entbehrungen und nachdem er schon so weit gekommen ist. So darf es einfach nicht enden, aber er spürt, dass es nicht mehr viel gibt, was das verhindern kann. Doch sang- und klanglos wird er nicht abtreten. Lieber reißt er sie mit in den Tod, als sich mit solch einem unrühmlichen Ende abzufinden. Nun nickt Kagebara ernst. "Ja, genau so habe ich dich eingeschätzt. Selbst im Angesicht des Todes würdest du deine letzten Energien darauf verwenden mich zu vernichten und höchstwahrscheinlich würde dir das sogar gelingen." Nun hält Sesshomaru doch einen Moment inne. "Du liest wieder meine Gedanken", grollt er eisig. Würdevoll nickt Kagebara mit dem Kopf. "Wer sich an meinen Dornen verletzt, dessen Gedanken sind ein offenes Buch für mich. Selbst die tiefsten Geheimnisse und intimsten Gedanken offenbaren sich mir dadurch. Ich kenne dich vermutlich besser als du dich selber kennst." "Und dann gaukelst du demjenigen Bilder von Personen vor die er kennt", stellt Sesshomaru grimmig fest. "Nein, nur von Personen, die der Betreffende gut kennt. Nur solche Erinnerungen sind schmerzhaft genug, dass ich mich davon ernähren kann." Sesshomarus Augen fliegen auf. "Du ernährst dich von Erinnerungen?" "So ist es", meint Kagebara beiläufig."Doch ich glaube nicht, dass die Art meiner Nahrungsaufnahme jetzt unser vorrangiges Gesprächsthema sein sollte, denn dir läuft die Zeit davon, Sesshomaru-sama, und wir haben Wichtigeres zu bereden." "Was sollte das sein?", stößt der Daiyoukai verächtlich hervor. Nun richtet sich die Pflanzendämonen würdevoll auf. "Ich weiß du hättest die Macht mich noch mit den letzten Energien deines Ablebens vollständig zu verbrennen, und du würdest es tun. Da ich aber an meinem Leben hänge, ist es mir ein Anliegen, dass du deines behältst. Ich schlage dir also ein Abkommen vor. Ein Abkommen mit dem wir beide unser Leben behalten und dennoch unserer Mission weiter folgen können. Interessiert?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)