Worlds Travel ~ Band Eins: My new Destiny von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 8: Chapter 08 ~ Die ersten Zweifel ------------------------------------------ Bevor wir Lothering komplett hinter uns gelassen hatten, trafen wir zwei Zwerge. Bodahn und Sandal. Die zwei Zwerge, die ab diesem Zeitpunkt, wie Ihr sicherlich wisst, unsere ständigen Begleiter auf Reisen waren. Meist mit einem enormen Abstand zu uns, da sie dank ihres Wagens und der darauf gelagerten Ware nicht so schnell wie wir voranschreiten konnten. Doch das war in diesem Moment der Geschichte erst zu einem späteren Zeitpunkt. In der Gegenwart meiner Erzählung mussten wir sie vor der Dunklen Brut beschützen, die davor war, mit ihnen kurzen Prozess zu machen. Wir kamen gerade noch rechtzeitig. Aus Dank gaben sie uns einige ihrer Vorräte und schon schritt unsere Truppe voraus. Einen halben Tag lang, bis ich dem Rest zu verstehen gab, dass wir lagern sollten. Sten war der Einzige, der nicht verstand, weshalb wir lagerten, doch dann erklärte ich ihm, wie unterschiedlich unsere Spezies, gerade in Form von Ausdauer, war. Er grummelte zwar, da wir seiner Meinung nach am liebsten weitergelaufen wären, doch er verstand. Gab sich meinen Argumentationen geschlagen. Ein Lächeln lag auf meinem Gesicht. Ich hatte heute frei. Wieso? Nun, mit Sten und Roland hatte ich bereits das klassische Aufnahmegespräch geführt, Leliana hatte erfragt, am heutigen Abend für uns kochen zu können, niemand hatte protestiert, und unsere drei Neulinge, Fenrir mal außen vorgelassen, hatten sich bereiterklärt, die Nachtwache zu übernehmen. Zudem wollten Alistair und Roland den Abwasch tätigen. Sollte mir alles nur recht sein. Und schlussendlich saß ich nun hier. Am Lagerfeuer. Alleine. Morrigan hatte sich wieder einen alleinigen Zeltplatz aufgebaut, Sten stand abseits von uns allen, Roland und Alistair spülten ab und Leliana hatte sich, für was auch immer, in ihr Zelt verzogen. Lediglich die beiden Vierbeiner lagen in geringer Entfernung zu mir deutlich erkennbar. Wir waren im Moment noch echte Schlaftabletten, was vielleicht daran lag, dass wir uns alle aneinander gewöhnen mussten, ehe eine gewisse Vertrautheit herrschen konnte. Ich hielt meinen Becher in den Händen und ließ den Tag in meinem Kopf noch einmal Revue passieren. Den Anfang dieser Geschichte hatte ich nun bereits getätigt. Die Herkunftsgeschichte lag hinter mir, Ostagar ebenso und selbst Lothering hatte ich nun absolviert. Nun war die erste Gruppierung zu überstehen, vielmehr zu retten, zu der wir gehen sollten. Und dass ich Hawke bei alledem getroffen hatte, war irgendwie auch etwas Besonderes für mich. Marian. Also war es hier die Standard Hawke, die eine Schurkin spielte, wie ich durch ihre beiden Dolche erkennen konnte. Bedeutete also, dass Carver sterben würde und ich dann Bethany kennenlernte. Und auch die anderen Gefährten, wobei ich mich am ehesten auf Varric freute. Doch das waren Gedanken, die ich nach der Verderbnis haben sollte, nicht zu diesem Zeitpunkt, wo die Gefahr durch den Erzdämon noch präsent war. Gedanken, die ich dann erneut in einem anderen Leben weiterführen werde. Weshalb? Nun, weil ich mir überaus sicher war, dass ich nach diesem Abenteuer nicht mehr ich selbst, sondern eine veränderte Persönlichkeit mit deutlich mehr Erfahrung und Gedanken sein würde. Jemand, der alleine in dieser Welt überleben konnte, wenn es sein musste, und nicht so unbedarft war, wie im Moment, wo er jegliche Hilfe beim Kochen in freier Wildbahn gebrauchen konnte, um ein ansatzweise vorzeigbares Essen – vielmehr essbares Essen – herzustellen. „Ihr habt mich angestarrt.“ Überrascht, aus den Gedanken gerissen, blickte ich von meinem Becher zum Rotschopf, der sich still und heimlich neben mich gesetzt hatte. Wie hatte ich sie nicht bemerken können? Sie war tatsächlich stetig auf leisen Sohlen unterwegs. Wenn sie schon so gut darin war, wie gut musste dann erst der Meuchelmörder Zevran im Anschleichen an seine Beute sein? „Wirklich?“ Ich lächelte die Frau neben mir an. „Ich war der Meinung, ich hätte soeben lediglich auf das Feuer und zu meinem Becher geblickt, als Ihr Euch dazu entschlossen habt, aus Eurem Zelt zu treten, um mir Gesellschaft zu leisten.“ „Ich meine in der Taverne.“ Ah, daher wehte also der Wind. Sie spielte auf die Aussagen an, die dieser Hauptmann und der Leutnant von Loghains kleinem Schlägertrupp erwähnte. „Ja, das habe ich. Gebe ich zu. Wie Ihr vielleicht wisst, habe ich Euch sogar, bevor dieser kleine Schlägertrupp kam, von der Theke aus zugezwinkert.“ „Weshalb?“ Wirklich? Sie wollte eine Erklärung, wieso ich einer, dem Anschein nach, wildfremden Frau zuzwinkerte? War hier flirten in der Öffentlichkeit wie in einem bestimmten Staat in Amerika ebenfalls verboten? Diese Frage kam mir überaus dämlich vor, doch ich wollte trotzdem freundlich antworten. „Nun, ich erblicke Schönheit einfach gerne. Zu solch dunklen Zeiten erst recht, erkennt man doch erst dort ihre Vergänglichkeit und lernt sie somit zu schätzen.“ Auf ihr Gesicht stahl sich der Ausdruck von Überraschung. „Ihr findet mich schön?“ Nun veralberte sie mich. Ich war mir sicher, dass sie nun eine Maskerade aufgetragen hatte, denn dass sie sich selbst nicht schön fand, geschweige denn, dass sie nicht davon wusste, dass andere dies über sie dachten, das war – wie ich wusste – eine Lüge. Gerade aufgrund ihrer Vergangenheit, was das Verführen betraf, war dies für sie doch offensichtlich. Und dass sie lange Zeit in keinen Spiegel geblickt hatte, um ihr Äußeres selbst einmal zu Gesicht zu bekommen, hielt ich ebenfalls für sehr unwahrscheinlich. „Ihr habt einen wunderschönen Kopf, ich bin mir ziemlich sicher, Euer Verstand ist noch faszinierender als Euer Äußeres, also tut nicht so unwissentlich.“ Sie sah mich weiterhin an, als ich nur aus meinem Becher trank und mich dann dem nahenden Gerumpel zuwandte, das ich vernahm. Sandal und Bodahn waren nun also endlich eingetroffen. „Geschätzte Leliana, während Ihr in Eurem Kopf doch bitte realisiert, dass Ihr aufhören sollt, mir etwas vorzumachen und ganz Ihr selbst sein könnt, werde ich nun unsere Freunde begrüßen. Sonst funktioniert das hier mit der Gruppe nicht, da wir einander vertrauen MÜSSEN, um gegen die Dunkle Brut zu siegen und das Land zu einen mit all seinen Völkern.“ Ich erhob mich und ließ den Rotschopf mit überraschtem Gesichtsausdruck zurück. Ob ich meine Worte wohl, sobald sie von meiner wahren Identität erfuhr, um die Ohren geschlagen bekommen würde? Vermutlich. Doch bis dahin konnte noch viel Wasser den Rhein entlangfließen … oder in dieser Welt wohl eher viel Wasser ins Meer von Amaranthine. „Sandal, Bodahn, ich hätte nicht erwartet, Euch sobald wieder zu erblicken“, begrüßte ich meine zwergischen Freunde, die mich lächelnd anblickten, als mich meine Schritte zu ihnen trugen. „Grauer Wächter, ich freue mich so, Euch wieder begrüßen zu dürfen. Wir haben Euer Lager gesehen und dachten uns, wir würden doch gerne Euer Angebot annehmen, wenn Ihr erlaubt. Natürlich gewähren wir Euch einen Rabatt, solange wir bei Euch sind. Und mein Junge kann auch ausgezeichnete Verzauberungen tätigen.“ Der ältere Zwerg versuchte mir sein Bleiben schmackhafter zu machen. „Nun, wir reisen durch das Land. Es könnte für Euch profitabel sein, wenn Ihr uns folgt, da Ihr stetig einen sicheren Weg vor Euch hättet, da wir im Vorfeld auf dem Weg alle Hindernisse beseitigen. Und dafür würde ich lediglich besagte Rabatte verlangen wie vielleicht auch das eine oder andere, das wir mal in Eurem Karren verstauen dürften.“ Das Gesicht Bodahns erhellte sich. „Abgemacht. Wir werden zwar nicht mit Euch mithalten können, doch wir wissen sicherlich, welchen Weg Ihr genommen habt. Sofern Ihr uns im Vorfeld auch stets darüber informiert, wohin Eure Reise führt, versteht sich.“ „Natürlich muss ich das zunächst mit meinen Kameraden besprechen, doch ich wüsste keinen Grund, etwas dagegen zu haben.“ Ich bemerkte wie Alistair und Roland sich wieder dem Lager genähert hatten und dabei waren, unsere Utensilien sicher zu verstauen oder so zu platzieren, dass ihre Säuberungsaktion nicht umsonst war. „Und am besten folgt Ihr mir kurz ans Lagerfeuer, dort werde ich die anderen fragen und sofern sie zustimmen, werdet Ihr auch sogleich unsere Reiseroute erfahren.“ „Ist gut.“ Während ich mich von dem Wagen der beiden Zwerge entfernte, als ich bemerkte, dass Bodahn seinem Jungen mitteilte, kurz auf ihn zu warten, gab ich Morrigan, die mich aus der Ferne erblickte, mit einem Kopfnicken zu verstehen, uns ans Feuer zu begleiten. Sten selbst stand zwar noch immer etwas abseits, doch für sein Qunarigehör sollte er nahegenug sein, um uns zuzuhören. Und wenn nicht, konnte er ja selbst erkennen, dass wir etwas besprachen und wenn es ihn interessierte, konnte er sich uns nähern. „Darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten?“ Die aufmerksamen Augenpaare meiner Gefährten lagen auch sogleich auf mir. „Bevor sich nun der eine oder andere schlafen legt, um sich auf unseren morgigen Gewaltmarsch vorzubereiten, wollte ich mit euch vorher über zwei Angelegenheiten sprechen.“ Neugierde lag in den Augen der meisten, während sie an meinen Lippen hingen. Wie ein Geschichtenerzähler, der eine kunstvolle Pause einlegte, um festzustellen, ob er die gewünschte Wirkung auf sein Publikum erzielte, blickte ich durch die Reihen, während sich mein linker Arm ausstreckte und auf Bodahn deutete. „Ihr werdet euch sicherlich noch an Bodahn erinnern. Ihm und seinem Sohn haben wir vorhin geholfen und aus Dankbarkeit bietet er uns an, natürlich auch gegen Schutz, den wir ihnen bieten sollen, mit uns zu reisen. Zum einen würden wir Rabatte auf all ihre Waren erhalten, und deren Sortiment werden sie ohnehin in jeder Stadt erneuern. Zum anderen würden sie eine bestimmte Menge an Traglast von uns auf ihren Wagen laden. Natürlich nicht zu hoch, müssen sie ja auch noch vorankommen. Wir müssten auch nicht auf sie warten oder etwas dergleichen, lediglich erwähnen, wohin wir des Weges sind und sie kommen nach. Wir würden sie kaum bemerken, außer wir beschäftigen uns mit ihnen. Hat irgendjemand der hier Anwesenden etwas dagegen, dass wir mit ihnen diese Vereinbarung treffen?“ Stille. Niemand sagte etwas. Ich gab ihnen noch ein paar Sekunden Zeit, ehe ich mich wieder an den Händler an meiner Seite richtete und ihm nun die Hand reichte. Er verstand die Geste und ergriff sie auch sogleich. „Dann ist es abgemacht, Bodahn. Auf eine gute Zusammenarbeit.“ „Ich danke Euch. Euch allen.“ Er verneigte sich freudig vor meinen Gefährten, ehe er nun etwas hinter mich trat. Heraus aus dem Lichtkegel der Aufmerksamkeit und doch in Hörweite, da er ja noch über unser Reiseziel informiert werden wollte. „Und der zweite Punkt betrifft unser Reiseziel.“ Mein Blick traf den von Alistair. „Verzeiht Alistair, doch wir können uns noch nicht auf den Weg nach Redcliff machen.“ „Wieso?“, wollte er sogleich erfahren. „Ich sagte ja bereits, ich hätte nichts dagegen, dorthin zu gehen, wenn wir nichts Dringlicheres hören würden, doch genau das tat ich. Auch Leliana.“ Mein Blick traf die Bardin, die überraschenderweise keine Miene verzog, der offenkundigen Lüge wegen, in die ich sie involvierte. „Als Leliana und ich zur Kirche schritten, vernahmen wir Gerüchte darüber, dass etwas Schreckliches im Zirkel der Magie vorgefallen sei. Der Sache müssen wir nachgehen, denn wenn wir helfen können, dass eine Katastrophe verhindert wird, ist das wohl in unser aller Interesse. Zudem müssen wir ohnehin dorthin. Sie könnten mächtige Verbündete für die Verderbnis sein. Sie sind in den Verträgen miteingebunden.“ „Aber der Zustand des Arls …“ „… ist nicht zu ändern, jedenfalls nicht von uns“, unterbrach ich den Sohn Marics. „Ob wir nun dort sind oder nicht. Wir haben alle von dem Zustand des Arls gehört, dank Eures Freundes, dem Ritter, den Ihr getroffen habt, wie Ihr uns mitteiltet, wie auch der Gerüchte wegen. Und wenn wir dort sind, ohne mit ihm sprechen zu können, verschwenden wir wichtige Zeit, die wir nicht haben. Auf dem Rückweg vom Zirkel der Magie können wir dort vorbeischauen, in der Hoffnung, dass es ihm besser geht und er aufgewacht ist. Ihr sagtet, Ihr würdet mir folgen, egal wie meine Entscheidung auch sein würde. Bitte haltet Euch an Eure Worte.“ Alistair schien über meine Worte nachzudenken, ehe er nach einigen Sekunden zögerlich zu nicken begann. „Ihr habt Recht.“ „Gut, dann wäre das geklärt.“ Meine Hände klatschten schon fast automatisch zusammen, während ich in die Runde blickte. „Ich wünsche allen, die jetzt schlafen gehen, eine gute Nacht und bis morgen früh.“ Und so verstreute sich auch schon unsere Gruppe, bei der ich auch Morrigans alles andere als begeisterte Laune über unser neues Ziel bemerkte. Logisch, sie war immerhin eine Abtrünnige. Und sie würde nun kerzengerade mit uns in das Heim der Templer reisen. Das musste eine verdammte Überwindung für sie sein, dessen Erwähnung ich sicherlich nicht vergessen würde. Tatsächlich gingen nach meiner kleinen Rede die meisten zu Bett, was gut war, denn so wären sie für den nächsten Tag fit. Ich jedoch konnte noch nicht schlafen gehen. Zuviel war meiner Meinung nach heute für mein Fanherz geschehen, das erst noch realisieren musste, dass dies alles die Wirklichkeit war. Mein Kopf war noch zu befüllt, also gab es nur eine Sache, die ich tätigen konnte. Ich lief zu meinem Zelt und holte mein kleines Notizbuch, besser bekannt als mein Tagebuch, hervor, in das ich zuletzt am letzten Tag von Highever unter der Herrschaft von Bryce Cousland hineingeschrieben hatte. Auch ein Tintenfass samt Feder hatte ich natürlich zur Hand genommen, ehe ich mich ans Lagerfeuer setzte. Derzeitig war es an der Bardin, Wache zu halten. „Ihr wollt noch nicht schlafen gehen?“, stellte sie mir auch sogleich die Frage, als sie bemerkte, dass ich mich erneut ihr gegenüber an das Feuer setzte, anstelle im Zelt zu verschwinden. „Mein Kopf ist noch etwas zu voll und ich muss den heutigen Tag verarbeiten.“ „Verständlich. Für Euch muss auch in den letzten Tagen viel geschehen sein. Allen voran …“ Ihre Stimme erstarb, als sie bemerkte, dass sie soeben die Schlacht um Ostagar erwähnen wollte und erkannte, wie unsensibel ihr Gesprächsthema wirken könnte. Für einen Moment sah sie tatsächlich verlegen aus, aufgrund ihres Fehlers, und als wäre sie auf der Suche nach etwas, um das Gesprächsthema zu wechseln. „Was ist das?“ Mit einem Kopfnicken deutete sie auf die Gegenstände in meinen Händen. Sie wurde scheinbar fündig. „Mein Tagebuch. Ab und an schreibe ich dort hinein, wenn meine Gedanken nicht dazu kommen, das Erlebte zu verarbeiten.“ Ihre Augen schienen für einen Moment aufzublitzen wie die eines Raben, der soeben seine Beute entdeckte. Sollte sie es ruhig versuchen, mein Tagebuch zu lesen, die Schrift meiner Welt würde sie vermutlich ohnehin nicht entziffern können. Schließlich benutzte man hier ein gänzlich anderes Alphabet. Und erneut war diese Ruhe zwischen uns geglitten. Ich vernahm sie in diesem Augenblick als angenehm, doch Leliana schien, als würde sie etwas loswerden wollen. Wieso machte sie es mir nur so leicht, ihre Körpersprache zu deuten? Fühlte sie wirklich so oder entschied sie sich für eine Rolle, die sie angenommen hatte? Im Spiel war sie in dieser Gruppe fast immer gleich vom Charakter her, bis zu dem Zeitpunkt, an dem man wählen konnte, ob man sie abhärtete oder nicht. War dies ihr wahrer Charakter, den sie an den Tag legte und sie wurde erst später mit der Zeit ihrer Tätigkeiten in all den noch bevorstehenden Jahren so wie sie schlussendlich wurde, oder würde sie die gesamte Verderbnis über eine schauspielerische Meisterleistung bringen? Ich hoffte Ersteres. Dass ich sie hier, offen und ehrlich, kennenlernen konnte. „Weshalb habt Ihr gelogen?“, erklang ihre Stimme in mein Ohr. Leise genug, so dass es niemand der anderen mitbekam, und doch laut genug, um von mir verstanden zu werden. „Bitte?“ Nun war es an mir, Überraschung im Gesicht aufzuzeigen, doch so sehr überraschen sollte mich diese Tatsache eigentlich nicht. Es war doch klar, dass sie diese Frage geklärt haben wollte, wo ich doch unsere Truppe anlog, während ich Leliana zu meinem unfreiwilligen Komplizen erklärte. „Ihr sagtet, dass wir Gerüchte aufgeschnappt hätten, dass der Zirkel der Magie in Gefahr sei. Etwas Schreckliches dort vorgefallen sein soll. Doch dies war eine Lüge.“ „Habt Ihr nichts darüber gehört?“, fragte ich vorsichtig nach, um zu erkennen, wie weit ich mich aus dem Fenster lehnen konnte mit meinen nächsten Worten, während ich mich ihrer Lautstärke anpasste. Ob ich vielleicht die Möglichkeit hatte, etwas nicht Existentes in unseren kleinen Kirchenausflug einzubauen. „Nein. Und Ihr auch nicht, schließlich waren wir auf dem ganzen Weg in einem Gespräch vertieft. Ihr hattet nicht eine Möglichkeit, solch ein Gerücht aufzuschnappen, denn ich habe Euch beobachtet. Weshalb erzählt Ihr so etwas?“ Ihre blauen Augen starrten mich durchdringend an, während sie mir mit ihren Worten den Wind aus den Segeln nahm, auch nur ansatzweise an etwas Erfundenes denken zu können, dass ich ihr aufzutischen versuchte. Eine Ernsthaftigkeit, die nicht zuließ, dass man ihr noch eine Lüge auftischte, lag in ihren Seelenspiegeln, gemischt mit meinem inneren Drang, sie nicht enttäuschen zu wollen. Diese Emotionen gingen mir durch den Kopf. Körper. Wohin auch immer, als ich ihr in die Augen blickte. Es war wie eine Fesselung meines Verstandes, was ich mir nicht erklären konnte. Ein Seufzen entwich meiner Kehle. Ich musste sie aus dem Konzept bringen, ehe dies weiter mit mir geschah und nicht mehr gescheit dachte. „Ihr seid aus Orlais, nicht?“ Verwunderung lag in ihrem Gesicht. „Woher wisst Ihr dies?“ „Der Akzent. Er ist noch leicht vorhanden, wenn auch nicht ganz so auffallend, wie ich es gewohnt bin von Personen, die ihn versuchen zu verschleiern. Und doch schwer zu verkennen, wenn man ihn bereits des Öfteren vernahm.“ Ich wusste nicht, weshalb sie tatsächlich ihren Akzent versuchte zu unterdrücken, doch sie tat dies. Vielleicht da sie, laut eigener Aussage aus dem Spiel, sich eher als Fereldnerin sah und hier nicht als Ausländerin gelten wollte, doch das war lediglich Mutmaßen meinerseits. Da ich jedoch wusste, dass sie ihn besaß und ich schon häufiger Franzosen in meiner Sprache reden hörte und dieser Sprachgebrauch unverkennbar war, war es mir ein Leichtes, dies zu bemerken. Schließlich glich die Sprache aus Orlais derer unseres Frankreichs. Hatten die anderen dies auch bemerkt oder klang es für sie normal? Ohnehin war ich verwundert, dass ich die hier gesprochene Sprache so perfekt verstand und selbst sprach, war es immerhin Englisch, das hier in Ferelden vorherrschte. Die allgemeine Sprache war und wie bei mir zuhause die Weltsprache darbot. Nur sprach ich in meiner Welt nicht ganz so gut Englisch. Verstehen ja, aber sprechen machte mir Probleme. Lag das an diesem neuen Körper? Würde ich diese Sprache noch so gut sprechen können, wenn ich mich von Aidan löste? Wieso stellte ich mir ständig so viele Fragen? Ich war manchmal ein hoffnungsloser Fall. „Ich wurde dort geboren, doch meine Mutter stammt ursprünglich aus Ferelden und ich fühle mich eher zur Seite meiner Mutter hingezogen. Doch wieso erzähle ich Euch das überhaupt, schließlich lenkt Ihr gerade nur vom Thema ab.“ Ich wägte im Gedanken meine nächsten Worte genauestens ab. Mit Leliana hatte ich eine Gesprächspartnerin, die nicht nur jedes Wort doppelt und dreifach kontrollierte, das man ihr gegenüber äußerte, sondern sich diese auch noch hervorragend merken konnte. „Anhand Eurer Kampfkunst, der Leichtfüßigkeit, die Ihr an den Tag legt und der Tatsache, dass Ihr eine Schwester seid, pardon, eine ehemalige Schwester, würde ich tatsächlich sogar so weit gehen, Euch als Bardin zu entlarven.“ Ihre Augen weiteten sich aufgrund meiner Worte. Missionsziel Leliana aus dem Konzept bringen: abgeschlossen. Und auch ich selbst war wieder klar bei Verstand, soweit ich dies beurteilen konnte. „Meine ehemaligen Beziehungen als Sohn eines Teyrn verrieten mir auch diesbezüglich so mancherlei Detail. Wenn man bedenkt, dass meine Schwägerin selbst aus Antiva stammt, einem Land, in welchem das Spiel fast so gut wie in Orlais gespielt wird, ist dies sicherlich auch nicht sehr verwunderlich. Daher denke ich, versteht gerade Ihr, wann es angebracht ist, ein Geheimnis zu lüften, und wann man noch etwas schweigt. Gerade wenn es um Wissen geht.“ Wir beide schwiegen. Die kühle Brise des Windes strich über meine Haut und ließ auch leicht ihren roten Schopf umherwehen, den sie mit einer geschickten Handbewegung sogleich wieder ordnete. Ich wollte nicht solch ein unbefriedigendes Gesprächsende mit Leliana haben. Aber ich wollte ihr auch nicht sogleich die ganze Wahrheit erzählen. Es war eine innerliche Pattsituation, wenn man dies in der Sprache eines Schachspiels betrachtete. Doch erneut seufzte ich, als eine Seite meiner Gedanken den Sieg errungen hatte. „Wir werden morgen den gesamten Tag über einen Fußmarsch Richtung des Turms der Magi machen. Am Abend schlagen wir noch einmal das Lager auf, um am nächsten Morgen frisch und ausgeruht beim Zirkel anzukommen. Vermutlich brauchen wir für unsere Angelegenheiten noch einen Tag und dann lagern wir außerhalb des Turms. Dann, wenn wir Richtung Redcliff sind oder noch einmal lagern sollten, werde ich Euch meine Beweggründe offenbaren, da mir ohnehin keine andere Wahl bleibt. Ich will, dass Ihr mir vertraut und nicht stetig mit einem Pfeil im Rücken oder etwas dergleichen rechnet.“ „Mir wäre es lieber, wenn Ihr jetzt mit der Wahrheit herausrücken würdet.“ „Geduld.“ Ich lächelte sie an, während ich die Unzufriedenheit aus ihrem Gesicht erntete. „Ich brauch meine Zeit, um mir die richtige Formulierung zurechtzulegen. Keine Lüge, versprochen. Vielmehr so, dass Ihr es nachvollziehen könnt. Versteht. Auch wenn ich eher der Meinung bin, es ist eine Frage des Glaubens anstelle des Verstehens.“ „Ihr braucht also drei Tage und dann werdet Ihr mir verraten, was das soll?“, fasste sie noch einmal zusammen, was mich zum Nicken brachte. „Exakt. Verzeih die Geheimniskrämerei, doch anders geht es nicht. Ich hätte es zwar gerne vermieden, dass ich Euch so früh schon einweihen muss, doch es ist unabdingbar, dass wir zuerst zum Zirkel reisen, und es gab kein geeignetes Zeitfenster, in welchem ich alleine war und besagtes Gerücht gehört haben könnte, ohne dass es jemand anderes auch mitbekommen hätte. Und lieber weihe ich Euch früh ein, als dass mir später Vorwürfe gemacht werden.“ Wieso es unabdingbar war, dass wir zuerst in den Zirkel reisten? Ganz einfach, da desto länger wir warteten, die Dämonen umso stärker wurden. Dies hier war Realität, nicht irgendein Spiel. Hier konnte mir tatsächlich die Zeit ablaufen in gewissen Thematiken, dessen war ich mir sicher. Zudem besaß ich so ein Gefühl, dass es das Richtige wäre, wenn wir zunächst dorthin reisen würden. Und was hatte ich schon zu verlieren? So oder so musste ich dorthin, wie bereits erwähnt. Die gebürtige Orlaisianerin blickte mich einfach an. Ruhig. Gelassen. So schien es zumindest, doch ich war mir sicher, dass es in ihr selbst anders aussah, zumindest gedanklich ratterte es bestimmt in ihrem hübschen Oberstübchen. Sie wusste nicht, wie sie mich nun einzuschätzen hatte. Was hatte ich zu verbergen? Worum machte ich so ein Geheimnis und wieso tat ich so, als wüsste ich, was im Zirkel vor sich ging, ohne überhaupt die Möglichkeit darauf zu haben, eben an selbiges Wissen geraten zu sein? Es war schon alleine ein beschissenes Gefühl, wenn eine – in den eigenen Augen – wunderschöne Frau einem scheinbar nicht traute und man dieser immer unsympathischer wurde und man nichts dagegen tun konnte. Ein ganz anderes, viel schrecklicheres Gefühl bestand darin zu wissen, dass diese besagte Frau der liebste Videospielcharakter von einem selbst war. Der Charakter, von dem man der beste Freund sein wollte. Oder bei solch einem bezauberndem Geschöpf … so vieles mehr. Doch vermutlich konnte ich mich davon verabschieden. Ich machte nun schon einen sehr merkwürdigen Eindruck und sobald ich ihr meine Wahrheit offenbarte, wer ich war, woher ich stammte und ganz nebenbei, dass ich die verdammte Zukunft kannte: Würde sie mir glauben? Klar, ihre Story, dass der Erbauer sie geschickt hat, ist an sich auch sehr merkwürdig, doch das klingt zumindest glaubwürdiger als das von mir. Viel glaubwürdiger, gemessen an unglaubwürdigem Blödsinn. Ich tat mein Bestes darin, diese zwei wunderschönen blauen Augen, die auf mir ruhten und sich auf meine Haut brannten wie bei einem Rind das Branding, zu ignorieren. Doch wie sollte ich das Gespräch nur mit ihr führen, wenn dieses Augenpaar mich alleine durch das stetige Anschauen so aus der Bahn warf, auch wenn ich mich bisher gut behaupten konnte? Ich meinte, das Gespräch bisher mit Leliana oder gar das mit Morrigan war für meine Verhältnisse sehr gut verlaufen. Doch sobald sie die Witterung aufnahmen und bemerkten, wie anfällig ich für ihr Äußeres war, konnte es gefährlich für mich werden. Schöne Frauen hatten Macht, nur durch ihre Blicke und manch eine wusste diese Macht nicht einzusetzen. Davon kannte ich viele. Leider war das Exemplar mir gegenüber nicht solch ein Wesen. Sie wusste es genau. Zumindest konnte ich so etwas ihrer Aussagen aus dem Spiel entnehmen, da sie ihre Opfer meist verführte. Schöne Frauen sind der Teufel. Also blieb mir nichts anderes übrig, als zu versuchen, meine Rolle des unbeeindruckten Anführers weiterhin zu mimen. Fleißig schrieb ich in mein Buch hinein, so verkrampft und nervös, dass ich gar nicht bemerkte, wie die Bardin sich mittlerweile direkt neben mich gesetzt hatte. „Was ist das für eine Sprache?“ Ich zuckte zusammen und blickte sie erschrocken an. Mein Herz hämmerte wie wild. Man, hatte sie mich erschreckt. Und vermutlich hatte sie meine Reaktion bemerkt und wie ein wildes Tier, das ihre Beute beobachtete, versucht ihre Chance zu nutzen. Wieso dachte ich eigentlich so negativ von ihr? „Verzeiht, ich wollte Euch nicht erschrecken.“ Sie war nun wieder freundlich zu mir. Nicht so misstrauisch. Fassade, drang sich mir der Gedanke auf, dem ich zustimmen musste. Barden wie auch Meuchelmörder wollten so viele Informationen wie möglich über ihre Zielperson, um sich eine geeignete Taktik anzueignen. Bei ihr, um mir Informationen zu entlocken. Oder war das einfach bereits eine Art von Paranoia, die sich in mir breitmachte, da ich ihre Vergangenheit und Zukunft kannte? Machte ich mir wieder einmal zu viele Gedanken? Ach verdammt, ich hatte von vorneherein gewusst, dass ich unkonzentriert und abgelenkt sein würde, sobald ich ihr begegnete. „Es ist an sich die Sprache, die wir sprechen, lediglich in einem anderen Alphabet.“ Ich ging ich nun auf ihre Frage ein, die sie mir zuvor gestellt hatte. „Und wo wird solch ein Alphabet benutzt?“ „Nicht in Thedas, soweit ich weiß. Doch ich habe es beigebracht bekommen.“ „Wo dann?“ Scheiße, was gab es denn noch für Kontinente in dieser Welt? Wussten die überhaupt von anderen Kontinenten? Gut, die Qunari wussten, dass sie von weit aus dem Norden kamen, aber mit ihren Herkunftsländern hatten sie ja selbst keinen Kontakt mehr. Und es war ein offenes Geheimnis, das die Adeligen aus Nord- und Südthedas nicht eingestehen wollten, doch die Qunari waren in vielerlei Hinsichten bereits viel fortschrittlicher. Bestes Beispiel war doch hierbei der Sprengstoff oder das Infiltrieren von Ländern. „Das ist eine gute Frage. Weder kenne ich die anderen Kontinente noch Länder, in denen solch Sprache gesprochen wird. Doch ich lernte sie und bekam sie beigebracht.“ „Von wem?“ Sie war äußerst neugierig. War sie schon immer so neugierig? Und wieso machte sie dies so auffällig? Oder hatte ich sie vielleicht mit etwas überrascht? Mit dem Alphabet? Und wenn ja, wieso? Kannte sie es irgendwoher? Obwohl ich sie kannte, brachte sie mir durch ihre Reaktionen ebenso viele Fragen, wie ich sie ihr bringen musste. „Lehrern. Es ist nie verkehrt, auch andere Sprachen oder Schriftarten zu können.“ Sie nickte. Ich versuchte aus ihrem Gesicht schlau zu werden, doch ich erkannte nichts. Eine trügerische Maske war aufgesetzt worden und mir wollte nicht klar werden, ob dies ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Ein Gähnen ließ mich dann auch schlussendlich aus meinen Gedanken driften und von ihr abwenden. „Verzeiht, doch ich werde ins Bett gehen. Ich wünsche Euch später eine angenehme Bettruhe und möge die Nachtwache nicht zu anstrengend sein.“ Mit diesen Worten stand ich nun auf und blickte ihr ins nun freundliche Gesicht. „Danke.“ Ich wollte gerade mein Buch in die Hand nehmen, als sie meine Hand in der Bewegung abfing, was mich verwirrt meine Brauen in die Höhe ziehend zu ihr blicken ließ. „Ihr habt gerade dort hineingeschrieben. Die Tinte muss trocknen. Hier am Lagerfeuer wäre der beste Platz dafür. Legt Euch hin, ich sorge dafür, dass keine Flecken entstehen und das niemand der anderen es zu Gesicht bekommt“, bot sie mir an. Wollte sie diese Sprache versuchen zu entschlüsseln und so an Geheimnisse herankommen? Ich wurde aus dieser Frau nicht schlau, trotz meines Wissens, doch ihr freundlicher Blick ließ meine Vorsicht fallen, weswegen ich schlussendlich nickte. „Nun gut. Ich vertraue Euch. Dann eine gute Nacht.“ „Gute Nacht“, erwiderte sie, zuckersüß lächelnd, meinen Abschiedsgruß und ich verschwand in meinem Zelt. Ihr mein Buch überlassend und einiges zum Nachdenken gebend. Ich blöder Idiot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)